Benedikt Baur: Liturgische Betrachtungen: I. Teil: Advents- und Weihnachtszeit

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Werde Licht ! '"

Liturgische Betrachtungen an den Sonn- und Wochentagen des Kirchenjahres
I. Teil: Advents- und Weihnachtszeit

Benedikt Baur OSB, Erzabt von Beuron

Quelle: Benedikt Baur OSB, Werde Licht ! Liturgische Betrachtungen an den Sonn- und Wochentagen des Kirchenjahres, I. Teil: Advents- und Weihnachtszeit, Herder & Co. G.m.b.H. Verlagsbuchhandlung Freiburg im Breisgau 1942 (DIN 6; 402 Seiten, Sechste Auflage, Imprimatur Friburgi Brisgoviae, die 13 Iunii 1938 Rösch Vic. Gen.).

Vorlage:Überarbeiten

Vorwort zum Gesamtwerk

1. "Auf ! Werde licht, Jerusalem! Siehe, es kommt dein Licht. Die Herrlichkeit des Herrn ist über dir aufgegangen. Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker: über dir aber geht der Herr auf, und Seine Herrlichkeit erscheint in dir. Völker wandeln in deinem Lichte und Könige im Glanze deines Aufganges (d. i. der in dir aufleuchtenden Sonne, Christus)" (Is. 60, I-3). Jerusalem ist die Kirche des Neuen Bundes, unsere heilige Kirche. Sie ist die Lichtstadt, von der Herrlichkeif der sie erleuchtenden, ÜbernatÜrlichen Sonne, Christus, erfüllt. Wir kommen im liturgischen Opfern und Beten zu ihr, um im Lichte der Kirche selber Licht zu werden. In diesem SlIlne trägt das vorliegende Werk den Titel: "Werde Licht!"

2. ,,\Vir alle schauen den Glanz des Herrn und werden immer mehr in das nämliche Bild umgewandelt, durch den Geist des Herrn" (2 Kor. 3, I8). Das ist die Frömmigkeit der Liturgie: sie schaut unverwandt den Glanz, das Lichtantlitz des Herrn. Sie denkt zuerst an das, was Er ist, was Er fÜr uns getan und beständig fÜr uns und in uns tut und wirkt. Es ist eine Frömmigkeit des Dankes, der Anbetung, des Lobpreises, des freudigen Bewußtseins, daß der Vater uns in Seinem eingeborenen Sohne alles geschenkt hat und alles schenkt; des Bewußtseins, daß der Herr mit uns ist und daß wir In Ihm alles vermögen (Phi!. 4, I3). Die liturgische Frömmigkeit ist eine Frömmigkeit der Freude an Gott und Seinem Walten, eine Frömmigkeit des siegesgewissen, mutigen Vertrauens. Sie ist auf den Ton gestimmt, den der Apostel angibt, da er an die Römer schreibt: "Wenn Gott fÜr uns ist, wer ist dann wider uns? Wenn Er Seines eigenen Sohnes nicht geschont, sondern Ihn fÜr uns alle

VI

VorwOrt zum Gesamtwerk.

dahingegeben hat, wie sollte Er mit Ihm uns nich alles schenken? Wer soll uns trennen von der Lieb Gottes, die da ist in Christus Jesus? Etwa TrÜbsa oder Bedrängnis oder Verfolgung? In all dem blei ben wir siegreich durch Ihn, der uns geliebt hat' (Röm. 8, 3I ff.). Indem wir in der Mitfeier der hei ligen Liturgie unverwandt den Glanz des Herfl anschauen, werden wir selber immer mehr .in den Glanze erstrahlen, der vom Herrn ausgeht.

3· Das vorliegende Werk will den Gläubigen die Feiern, Lehren und Gedanken des Römischen Meß. buches in der Weise nahebringen, daß sie fruchtbarer Gegenstand des innerlichen Gebetes und eim Hilfe und StÜtze des christlichen Lebens werden Die Lehren und Anregungen der Meßfeiern une Meßformulare sind unerschöpflich. Was wir hieI bieten, kann deshalb nur ein Versuch sein, eine Wegweisung und ein Ansporn zu eigener Arbeit nicht ein Letztes.

Ungezwungen und einfältig folgen wir den liturgischen Gegebenheiten. Wir zwängen das, was die Meßtexte bieten, nicht in ein zuvor aufgestelltes Schema oder in ein System des geistlichen Lebens ein. Wir lassen uns von der heiligen Liturgie, d. i. von der betenden und opfernden Kirche, fÜhren, belehren und anregen und wissen, daß wir so sicher den rechten Weg gehen und gesunde und kräftige Nahrung haben.

Wir behandeln die Meßtexte der Sonn- und Wochentage. Die Festtage, die zum Bestand des Kirchenjahres gehören, sind alle aufgenommen. Ebenso einzelne wichtige Feste der Gottesmutter und der Heiligen.

Die Sonntagsmesse -ist durch eine eingehendere liturgische EinfÜhrung ausgezeichnet. Dieselbe will den innern Gedanken der sonntäglichen Opferfeier herausstellen und ist zunächst als Vorbereitung auf die liturgische Mitfeier der Sonntagsmesse, nicht als Betrachtung gedacht .

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Gebetsieben keinen Eintrag. Werden uns HiEHt jeele§" mal neue Gedanken geboten, Clann erwecKen -wrr = so mehr Affekte. Wir können und sollen immer neu glauben, neu vertrauen, neu lieben, neu uns hingeben, uns freuen, danken, anbeten, lobpreisen, jubeln, bereuen und um Verzeihung, Licht und Gnade .bitten. Die Liturgie hält sich ohnehin im allgemeinen mehr auf der Linie des Affektgebetes als der Verstandeserwägung. Sie ist in erster Linie ja nicht Doktrin, Lehre, System, Wissen, sondern Handlung: das Leben des in Seinem mystischen Leibe, in der Kirche, in den Seelen weiterlebenden, weiterbetenden, weiterkämpfenden und siegenden Herrn, des Hauptes, jdas alle Seine Glieder in sich zusammenschließt uüd in Sein Beten und Opfern hineinhebt. Deshalb ist die Frömmigkeit der Liturgie wesenhaft von außen her bestimmt, von den objektiven Gegebenheiten der Heilsökonomie, VOll dem ÜbernatÜrlichen Wirken Gottes an und in der Menschheit. Von der Tatsache der Menschwerdung des Sohnes Gottes, von den Geheimnissen Seiner Person, Seines Lebens und Sterbens, Seiner Erniedrigung und Erhöhung, vorzÜglich von dem Geheimnis der beständigen geheimnisvollen Durchdringung und ErfÜllung Seines mystischen Leibes, der Kirche, mit Seiner Wahrheit, mit Seiner Gnade und mit Seinem Leben. Daher ist die liturgische Frömmigkeit zuvörderst Schauen, Bewundern, Anbeten, Huldigen, Danken, Mitleben.

Die von der Liturgie genährte Seele wird notwendigerweise und fast wie von selbst gott- und christuserfÜllt und zugleich der Gemeinschaft der Kirche innigst verbunden. Sie kann nicht umhin.

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Vorwort zum Gesamtwerk.

das, was sie erkannt, geschaut, erlebt, bewundert, angebetet, lieben und schätzen gelernt und aufgenommen hat, im praktischen Leben auszustrahlen und fruchtbar zu machen, zur Verherrlichung Gottes und Christi, zum Nutzen ihrer selbst und der ganzen Kirche, mit deren Leben und Interessen sie sich innigst verwachsen weiß. Durch "die Schau der Herrlichkeit des Herrn wird sie in das nämliche Bild umgewandelt".

Beuron-Rom, am Feste des HeUigen Vaters Benediktus I937.

P. Benedikt Baur O. S. B.

Zu m Gelei t.

1.

Das christlich-religiöse Leben im heiligen Jahr der Kirche.

I. Das religiöse Leben ist in uns Christen nichts Geringeres als ein Mitbesitz und ein Mitleben des, göttlichen Lebens. Es ist das Leben Gottes in uns. Es wird uns gegeben durch eine Geburt, d. i. durch das heilige Sakrament der Taufe.

Erstmals kam dieses Leben in der Menschwerdung des Sohnes Gottes in diese 'Welt, da Maria in Nazareth ihr "Fiat" sprach. Da brach in Christus Jesus das göttliche Leben in unsere menschliche Natur ein. In Ihm fließt es uns seitdem zu. Er ist gekommen, damit wir "das Leben haben, und es überreich haben" (loh. IO, ro). Nicht bloß im Keime: so ist es uds in der heiligen Taufe in die Seele gelegt. Der Keim muß sich entwickeln und muß zur Vollendung gelangen. Wir so~len in unserem Wesen und in unserer Person dem "Bilde Seines Sohnes gleichgestaltet werden" (Röm. 8, 29). Deshalb besteht das christliche Leben, die christliche Heiligkeit in der Vollendung des uns in der Taufe eingesenkten göttlichen Lebens, d. i. in dem vollkommenen Mitleben des Lebens Jesu. Er, der Weinstock, lebt in uns, den Rebzweigen (Joh. IS, S)· Unsere persönliche Aufgabe ist die stete, freudige, gläubige Bereitschaft fÜr die Fülle dieses Lebens: daß wir es bewahren, es nähren, es zur Vollendung bringen.

Wie es im Sakrament der heiligen Taufe in uns eingesenkt wurde, so vollendet es sich im sakramentalen Mitleben mit der Kirche, dem Leibe Christi.

Baur, Werde Licht! l.

a**

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Zum Geleit.

In Seiner Kirche ist Christus unter uns gegenwärtig. In ihr hat Er die Quellen des ÜbernatÜrlichen Lebens erschlossen: in dem Opfer der heiligen Messe und in den heiligen Sakramenten, zentral im Sakrament der heiligsten Eucharistie. Weder die Vollkommenheit des Erdenlebens noch die Vollendung im Himmel ist außerhalb der Kirche zu erreichen. In ihr lebt der Herr sichtbar Sein Leben weiter. Das Leben der Kirche ist eins mit dem Leben Christi, ist Christi Leben. Es gibt also kein ÜbernatÜrliches Leben, das nicht in irgend einer Form ein Mitleben des Lebens der Kirche wäre.

2. Wie wird das göttliche Leben in uns zur Entfaltung und Vollendung gebracht? Leben, auch das heilige Leben, wächst organisch, als Ganzes. Nicht systematisch. So wenig wie am Baum zuerst und allein nur die 'Nurzein sich ausbilden, dann allein und nur der Stamm.

Gott hat es nun so bestimmt, daß das Leben der Kirche hier auf Erden in den Ablauf eines Jahre~ eingebaut ist. Ja das christliche Leben ist nach Gottes Anordnung selbst ein heiliges Jahr. Im Rahmen eines beginnenden, aufsteigenden, sich vollendenden Jahres lebt der in der Kirche fortlebende Herr Sein Leben in sakramentaler Gegenwart und in sakramentalem Wirken weiter. Und wer in Christus sein und leben will, der muß dieses Leben . Christi in Seiner Kirche mitleben - im liturgischen

Jahr, im Kirchenjahr. Alle Jahre beginnen wir aufs neue. Alle Jahre versuchen wir, zur Vollendung zu gelangen. Wir erreichen sie nicht. Gott gibt uns ein neues Jahr des Heils. Wir versuchen es wieder. Dadurch, daß wir alljährlich es neu unternehmen, im Mitleben mit Christus und Seiner Kirche das Samenkorn, das uns in der heiligen Taufe eingesenkt worden, zur Reife zu bringen vollendet sich in uns das christliche Leben. Dadurd wird unser Wollen, aus uns selber unzulänglich, vor

Zum Geleit.

XI

der Kraft des Geistes und Lebens Christi, des Weinstockes, getragen. Unser Streben und Ringen um Heiligkeit erhält einen ewig fruchtbaren Nährboden: den im Kirchenjahr fortlebenden Herrn in Seiner Person und in Seinen Nachbildern, den lieben Heiligen. Wir gehen in den Geist, in die Frömmigkeit der vom Herrn durchlebten, christuserfÜllten Kirche ein. Wir lassen uns im Ablauf des Kirchenjahres immer wieder von ihrem Gebet, ihrem Fühlen, Empfinden und-Geiste leiten. Da haben wir die sicherste FÜhrung: durch Christus, den verklärten Herrn. Wir brauchen uns nur im Laufe des Kirchenjahres dem Wirken des Herrn in der Gemeinschaft des Leibes Christi gläubig vertrauend, verlangend zu öffnen. Dann übt das Kirchenjahr an uns seine erzieherische Aufgabe aus. Es vollendet sich in uns allmählich das christliche Leben.

Allzu leicht bilden wir uns ein, wir könnten das Leben, das doch Gott allein gibt, und die Gesetze des Lebens, die doch Gott allein festgelegt hat, mit unserer Weisheit, Berechnung und Systematik meistern. Vlir gehen entschieden sicherer, wenn wir uns auch fÜr das innerliche Beten an dem Grundsatz orientieren, den der hl. Benedikt für die Verrichtung des Chorgebetes aufstellt: "Mens nostra concordet voci nostrae" - "Unser Geist stehe in Einklang mit dem Worte, das wir aussprechen" (Regel, Kap. I9). Es ist derselbe Gedanke, den Paulus in seiner tiefen Art also ausspricht: "Wir alle schauen die Herrlichkeit des Herrn und werden dadurch immer vollkommener in das nämliche Bild umgewandelt, durch den Geist des Herrn" (2 Kor. 3, 18). Das gläubige Anschauen des Herrn, dessen Herrlichkeit in der heiligen Liturgie aufleuchtet, gibt uns nach und nach ein neues Wesen und wandelt uns in Christi Bild um - "durch den Geist dei Herrn", nicht zuerst durch unsere Berechnung und Anstrengung.

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Zum Geleit.

Ir.

Die liturgische Betrachtung.

I. Wie die liturgische Frömmigkeit Überhaupt, so ist auch die liturgische Betrachtung wesenhaft und zuerst von außen her bestimmt, vom objektiv Gegebenen, von dem Gnadenwirken Gottes an der Menschheit, an der Kirche, an der einzelnen Seele. Sie schaut grundsätzlich und zuerst auf das, was Gott uns geworden ist und an uns Großes getan hat und tut, in Christus und in der Kirche. In der liturgischen Betrachtung leben wir deshalb vor allem und zuerst in dem Großen und Herrlichen, das Gott der Gesamtheit der Kirche geschenkt hat und ihr ununterbrochen in ihrer Ganzheit und in ihren einzelnen Gliedern schenkt und wirkt. Die Grundrichtung und Grundhaltung der Liturgie und der liturgischen Frömmigkeit ist die der Gottesmutter, da sie, von Gott gesegnet und mit Gnaden überhäuft, das Magnifikat anstimmt: "Hochpreiset meine Seele den Herrn, und mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heilande. Denn Er hat angesehen die Niedrigkeit Seiner Magd. Großes hat an mir getan der Mächtige, dessen Name heilig ist und dessen Erbarmen währt von Geschlecht zu Geschlecht" (Luk. 1,46 ff.).

2. Wie jedes Gebet, so ruft auch die liturgische Betrachtung nach einer entsprechenden Vor b e re i tun g. Die entfernte Vorbereitung ist das gesamte tägliche Leben, so gestaltet, daß es dem Leben und Geist des Gebetes förderlich ist: ein Leben der gewissenhaften Abtötung der Sinne und der Leidenschaften, der heiligen Sammlung und der demÜtigen 'Hingabe an die Zulassungen, Fügungen, Gebote und Forderungen Gottes. Die nähere Vorbereitung besteht darin, daß wir am Abend zuvor den Gegenstand der morgigen Betrachtung bestimmen bzw. aufmerksam durchlesen und uns einprägen.

Die Betrachtung selbst beginnen wir damit, daß wir uns von allen Arbeiten und Ablenkuugen weg zu

Zum Geleit.

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Gott und Christus wenden und in inbrünstigem Gebet die Hilfe von oben auf unser Unternehmen herabrufen.

Der Betrachtungsmethoden gibt es verschiedene.

FÜr die vorliegenden liturgischen Betrachtungen empfiehlt sich neben der allbekannten Methode des hl. Ignatius von Loyola in hervorragender Weise die Methode der Schule von St-Sulpice.

Die Methode des hl.·Ignatius umfaßt:

I. Die üb u n g des G e d ä c h t n iss e s. Wir rufen uns den am Vorabend durchgesehenen Betrachtungsstoff ins Gedächtnis zurÜck bzw. lesen ihn langsam, aufmerksam und nachsinnend durch.

II. Die üb u n g des Ver s t a n des. Wir fragen uns: Was ist für mich bei dem betreffenden Geheimnis oder Gegenstand besonders wichtig ? Welche praktische Folgerung muß ich daraus ziehen? Wie habe ich diesen Punkt bisher befolgt? Wie muß ich künftighin handeln? Aus welchen Gründen? Welche Hindernisse habe ich zu entfernen? Welche Mittel habe ich anzuwenden?

III. Die übung de.s Willens in Affekten, welche die übung des Verstandes begleiten, sowie in klar und bestimmt gefaßten Entschlüssen und Vorsätzen.

Den Abschluß bildet eine kindliche Aussprache mit Gott, mit Christus, mit Maria oder den Heiligen.

Die Methode von St-Sulpice umfaßt:

I. Die An be tun g (adoratio). Wir erheben den Blick zu Christus dem Herrn. Wir schauen Ihn in Seiner Person, 'in Seinen Geheimnissen, in Seiner Kirche, in Seinen Gliedern, in uns selbst. In Seinem Leben, in Seinen Tugenden, Worten, Lehren und Werken. In Seinem Wirken in der Kirche, im heiligen Opfer, in den Sakramenten, in

XIV

Zum Geleit.

den Heiligen. \Vir beten an, bewundern, danken lobsingen, lieben, freuen uns, jubeln Ihm zu.

11. Den Mit b e si t z (participatio). Wir verlangen das Leben Jesu, des Hauptes, mitzuleben, Seine Ge sinnung, Seinen Geist, Seine Tugend und Heiligkei in unsere Seele hinÜberzupflanzen, an Seinem Leber und Leiden, Seinem Tod und Seiner Verk1ärung teil· zunehmen. Wir schauen auf uns selbst und bereuen die Vernachlässigungen und Verfehlungen des vergangenen Lebens; wir verdemütigen uns ob der Unvollkommenheit unseres gegenwärtigen Zustandes und wollen uns fÜr die Zukunft bessern. Deshalb verlegen wir uns in der Betrachtung nachdrÜcklich auf das Bittgebet und flehen um Verzeihung, um Licht, um Kraft, um Gnade, um Tugend und Wachstum in der Liebe, um den Geist Christi, des Hauptes

IIl. Die Mit wir k u n g (cooperatio). Wir fassen einen klaren, bestimmten Entschluß fÜr den Tag und fÜr das Leben.

Zum Abschluß der Betrachtung danken wir dem Herrn für die uns gewordenen Gnaden, Erleuchtungen und Anregungen, bitten um Verzeihung ob der Fehler und Mängel, deren wir uns in der Betrachtung schuldig gemacht haben, und erflehen uns den Segen des Herrn fÜr die Aufgaben des Tages.

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1. DER HEILIGE ADVENT

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Ei n führung.

I. Ohne sie voneinander zu trennen, unterschei(let die heilige Liturgie des Adventes eine z w e i f ach e An k u n f t Christi. Die erste Ankunft, da der Sohn Gottes im Fleische auf Erden erschien, im Schoße der Jungfrau vom Heiligen Geiste empfangen. Derselbe Gottessohn, der vor 2000 Jahren in die Menschheit hereingeboren wurde, wird heute, wird morgen, wird im Laufe der Heilsgeschichte hier auf Erden, in die Kirche und in jede einzelne Seele hineingeboren und nimmt in ihr beständig Gestalt an. So 1st die ganze gegenwärtige Erdenzeit fÜr die Kirche als solche und fÜr die Einzelseele die Zeit der erste-n Ankunft des Herrn, ein Advent, eine Zeit der Erwartung, der Ausschau, des Verlangens, eine Zeit, in welcher Christus in uns Gestalt zu gewinnen, uns mit Seinem Geiste und mit Seinem Leben zu erfÜllen und der Enderlösung, der zweiten Ankunft Christi entgegenzuführen hat. In der zweiten Ankunft, in der Wiederkunft am JÜngsten Tage, wird Er mit Macht kommen, Sein Erlöserwerk auf Erden abzuschließen und die Seinigen zur Teilnahme am vollendeten Heil, zum Genuß des ewigen Lebens heimzuholen.

2. Der tragende Gedanke des Adventes ist der

Gedanke an die erste Ankunft Christi, d. i. an die durch die Ankunft des Sohnes Gottes vor nahezu 2000 Jahren begonnene und in der Kirche und in den Seelen stets weitergewirkte und weiterzuwirkende Erlösung. Diese erste, die ganze gegenwärtige Weltzeit umfassende Ankunft Christi ist der heiligen Liturgie zugleich Vorbereitung, Einleitung und Vorspiel der zweiten Ankunft Christi und der ewigen Weihnacht im Himmel.

Die erste Ankunft Christi in Gnaden zum Zweck der Erlösung ist der Meßliturgie zugleich Vergangenheit - und gnadenvolle Gegen- 1*

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1. Der heilige Advent.

waTt: der Herr kommt täglich in der Feie ller heiligen Messe und im Opfermahl der he ligen Kommunion in Seine Kirche und in d Seelen. In der ersten Ankunft im Fleische sieht d Liturgie zugleich die Ankunft des Herrn in d( Seelen, durch Opfer und Sakrament, mit. So ist d Ankunft Christi, der Advent, immerfort greifba Gegenwart. Die heilige Liturgie fÜhrt uns zu Altare. Da "erwarten wir" voll Glauben und Seh sucht in der Vormesse die Ankunft des Herrn, d in der heiligen Wandlung und in der heiligen Kor munion erfolgt. Die Liturgie der heiligen Mes legt den Nachdruck sichtlich darauf, daß wir unse Seele auf diese Ankunft des Herrn in der heilig, Messe mit Eifer zubereiten. Daß wir unser Herz i heiligen Advent möglichst reinigen und heilig und es zu einem des Herrn wÜrdigen BethlehE gestalten: durch Buße, Abtötung, Wachsamke Gebet und Sammlung, in einem sehnsÜchtig Verlangen nach EntsÜndigung, nach Licht, Gna(

Erlösung. ~

Die erste Ankunft Christi ist der heiligen Liturg Gegenwart auch insofern, als der an Weihnacht unter uns erstmals erschienene und in der heilig Meßfeier täglich neu erscheinende Herr ununt. brochen inS ein e r Kir c h ewe i t e r leb t u I w e i t e r wir k t, das Haupt in den Gliedern, ( Weinstock in den Zweigen: in der Gesamtheit ( Kirche, in ihrem sichtbaren Haupte, dem Paps in den Bischöfen, im Priestertum, in jeder einzeln Seele. Wir glauben an diese geheimnisvolle, gnad( volle Nähe des Herrn; wir danken, wir bewunde wir öffnen dem in Seiner Kirche und in uns w kenden Erlöser unsern Geist und unser Herz, e sagen den Torheiten und Eitelkeiten des Erd, lebens und lassen uns ganz von Christus ergreif daß Er in uns geboren werde und Gestalt gewin "Ziehet den Herrn Jesus Christus an" (Epistel e ersten Adventsonntag-es).

Einführung.

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3. Die Meßliturgie des Advents weist uns auf den Täufer in der WÜste, den Bußprediger und Wegebereiter und auf die Jungfrau von Nazareth hin: wir sollen im heiligen Advent Johannes der Täufer, wir sollen die Jungfrau von Nazareth sein.

"Tut Buße!" Wir wissen uns im Advent als SÜnder; wir fühlen unsere Unerlöstheit, . unsere Verderbtheit, Sündhaftigkeit, Unreinheit und UnwÜrdigkeit; wir fühlen es, daß wir aus uns nicht imstande sind, uns aus unserem sittlichen Elend, uns unserer UnwÜrdigkeit und Unheiligkeit herauszureißen, die SÜnde zu meiden, die Triebe und Leidenschaften zu meistern und dem Geist zu unterwerfen. Wir brauchen den Erlöser und rufen im GefÜhl unserer ErlösungsbedÜrftigkeit : "Biete Deine Macht auf, Herr, und komm uns zu Hilfe." Wir gehen Ihm entgegen und ebnen, selber ein Johannes der Täufer geworden, dem kommenden Herrn den Weg in unsere Seele: durch Abtötung, Buße, Wachsamkeit, Gebet. Der Täufer ist uns Vorbild, Mahner, Führer.

"Siehe die Jungfrau." Die in Demut, Glauben und ganzer Hingabe an den Wunsch und Willen des Allerhöchsten ihr "Fiat" spricht. "Und das Wort ist Fleisch geworden." Die große Kommunion der Jungfrau von N azareth! Nun ist sie die Vermittlerin der Erlösung, die Ursache unserer Freude, die Gottesträgerin, die Bringerin des Heils. Maria ist der Liturgie der lebendige Advent: in Reinheit. in innigster Gottvereinigung, in heiligem Schweigen, in Gebet, in Gehorsam, in Erwartung, in Liebe. "Siehe die Jungfrau." Ein Vorbild, ein Symbol und Typus der Kirche und der christlichen Seele!

4. So erschließt der Advent unserm Beten und Sinnen eine reiche vVelt von Tatsachen, Geheimnissen, Vorbildern, Typen, Gedanken und Anregungen. Sie sollen in uns den Adventsgeist pflanzen, pflegen, vertiefen und mehren,

Die liturgische Meßfeier des ersten Ad ventssonn tags.

1. "Wecke auf, 0 Herr!" So haben wir am letzten Sonntag des Kirchenj ahres gebetet. Mit demselben "Wecke auf, 0 Herr!" beginnen wir das neue Kirchenjahr. "Wecke auf, 0 Herr, Deine Macht und komI;lle!" Ein gewaltiges Sehnen und Rufen nach dem Erscheinen Christi, nach Seiner Wiederkunft war es, was die letzten Wochen des verflossenen Kirchenjahrs kennzeichnete. Es begleitet uns in das neue Kirchenjahr hinÜber und schwillt zu einem mächtigen Gebetssturm an: "Komm, 0 Herr!" Advent ist die Erwartung Seiner Ankunft in Gnaden. Wir bedÜrfen eines Erlösers, wir bedÜrfen stets neuer Hilfen und Kräfte, und wer kann sie uns geben außer derjenige, in welchem allein der Welt das Heil und die Erlösung wird? Wir feiern den stillen Advent nicht bloß für uns persönlich, wir fÜhlen die ErlösungsbedÜrftigkeit unserer Brüder und Schwestern, wir teilen ihre sittlich-religiöse Not und Armut, wir stellen uns in ihre Reihen und erheben in ihrem Namen, im Namen der ganzen unerlösten, nach Gott schreienden Menschheit Herz und Stimme und rufen nach dem Erlöser.

2. Wieder das Eva n gel i u m mit der AnkÜndigung der Wiederkunft Christi, ganz wie am vergangenen Sonntag! Aber mitten im Dunkel der Katastrophen in der Natur und in der Menschheit strahlt die Erlösung auf: "Wenn nun das alles geschieht, so schaut auf und erhebt euere Häupter, denn es naht euere Erlösung ... ihr sollt erkennen, daß das Reich Gottes nahe ist." Diesem Tage der Erlösung, dem nahen Gottesreich ziehen wir vertrauensvoll entgegen. "Zu Dir erhebe ich meine Seele, auf Dich vertraue ich" (Introitus), so jubeln wir, den Blick auf den im Evangelium an ge-

Die liturg. Meßfeier des ersten Ad\·entssonntags. 7

kÜndigten Erlöser gerichtet. "Herr, zeige mir den Weg zu Dir, lehre mich die Pfade, die zu Dir hinfÜhren": denn bei Dir ist Erlösung. Ein Ruf nach dem Erscheinen des Erlösers und dem nahen Gottesreich mit seinem Segen und Heil ist das Kyrie eleison und das innig flehende Kir c h eng e b e t. "Wecke auf, 0 Herr, Deine Macht und komme!" Eine göttliche Macht allein ist imstande, uns einzelne und die Gesamtheit den Gefahren des Heils zu entreißen und uns Erlösung zu schaffen. Denn groß ist das Werk, das die Erlösung an uns und mit uns vollbringen soll. Es heißt sterben "den Werken der Finsternis, den Schwelgereien und Trinkgelagen, der Wollust und Ausschweifung, dem Zank und der Eifersucht"; und es heißt "die Waffen des Lichtes anziehen", ja es heißt nichts Geringeres, als "den Herrn J esus Christus anziehen" (Epistel). Dann, wenn Er in uns gestaltet worden ist, wenn wir gleichsam aufgehört haben zu leben und Er in uns lebt (Gal. 2, 20), dann ist uns die vollkommene Erlösung geworden, dann hat sich das Reich Gottes in uns niedergelassen. Daß dieses heilige Werk an uns allen geschehen möge! Darum Hehen wir im Graduale und Alleluja.

3. Freudig vernehmen wir die Kunde: "Erhebet ellre Häupter, denn es naht eure Erlösung, das Gottesreich." Schon wissen wir in den stillen Adyentswochen um das Geheimnis der jungfräulichen Gottesträgerin Maria. Sie rÜstet sich zum 'vVeg nach Bethlehem. Da wird euch in der Stadt Davids der Erlöser geboren! "Es naht eure Erlösung." Aber sie naht noch in einer andern Gestalt, ebenso gnadenvoll und segenspendend, jetzt in der Feier der heiligen Messe. Gesegnet sei der Augenblick, wo der Priester sich Über der Hostie beugt und dann anbetend vor der Frucht seiner Lippen, seines Priesterwortes, in den Staub sinkt. Da ist er und ist der Altar zum Gottesträger geworden. "Es naht ~ure Erlösung!" Und nun gehen wir unserem Er-

8 i. Der heilige Advent: Erste Woche.

löser sehnsuchtsvoll entgegen: "Zu Dir erhebe ich meine Seele." In den Gaben von Brot und Wein tragen wir unsere Seele, unser Ich, unser Herz mit seinem Sinnen und Trachten zum Altar, Christo dem Herrn entgegen. Wir verlassen opfernd "die Werke der Finsternis" und entsagen allem, was dem Reiche, Dem Leben und Wirken Gottes in uns entgegen ist, und "ziehen Christus an", indem wir ein Opferpriester und ein e Opfergabe mit Ihm werden, ein e s Strebens und ein e s Geistes mit Ihm. In das kostbare Gewand Seines Opfergeistes, Seiner Reinheit und Tugend, Seiner Selbstlosigkeit und Hingabe an den Vater gehÜllt, halten wir Sinn und Herz dem Ewigen, dem Heiligen, dem Vater zugewandt und sprechen: "Vater unser, geheiligt werde Dein Name; zukomme uns Dein Reich", das Reich Deiner Gnade, Deines Heiles. "Dein Wille geschehe." "Zu Dir erhebe ich meine Seele." 'iVahrlich, die Mitfeier der heiligen Messe im SinIl der Kirche ist nicht eine leere, äußere Formel, sie nimmt vielmehr den ganzen Menschen in Anspruch. Sie greift ihm ans Herz, an die Neigungen, an das Liebste und macht es zu einer Opfergabe fÜr Gott. Sie reißt ihn los von Welt und Fleisch! "Es naht eure Erlösung, das Gottesreich."

Aber welch wunderbarer Segen ruht auf der Mitfeier der heiligen Messe! "Es naht eure Erlösung, das Gottesreich", im Genuß der heiligen Kommunion. "Der Herr gibt den Segen, und unser Land gibt seine Frucht" (Communio). Eine zarte Anspielung auf die gc~egnete Gottesträgerin Maria; sie hat in der Stunde, als der Engel ihr die Botschaft brachte, ihre große Kommunion erlebt; in ihr bringt unsere Erde, d. i. das Menschengeschlecht, die Edelfrucht, Christus. 'iVenn wir in der Mitfeier der Messe die heilige Eucharistie empfangen, dann erfahren auch wir den Segen Gottes Über uns; und unser Erdreich, unsere Seele, wird überreich an Christus und seiner Gnade unq

Sonntag: "Es naht die Erliisun); I" 9

Erlösung. Was das EvangelJLlm uns 111 Aussicht gestellt hat, ist in der Kommunion Wirklichkeit geworden: das Gottesreich ist nahe. Wir haben Christus angezogen, wir legen fÜr heute und fÜr die ganze Woche die Werke der Finsternis ab und ziehen die Waffen des Lichtes an, wir sind mit Maria lichte Gottes- und Christusträger I

Erster Adventssonntag.

"E s nah t die E rl ö s u n g !"

1. "Erhebet eure Häupter, denn es naht eure Erlösung!" (Evangelium.) Die Wiederkunft des Herrn zum Gericht, von der das Evangelium spricht, bedeutet fÜr die Kirche, fÜr uns alle Erlösung. Mit Sehnsucht schaut die Kirche, hier in der Zeit von allen Seiten bedrängt, von den vielen SÜnden und Fehlern ihrer Kinder belastet, dem Tage der Erlösung entgegen. Er hat seinen Anfang genommen, da der Sohn Gottes im Schoße der Jungfrau Mensch wurde. Er dauert die ganze Weltzeit hindurch fort und wird seinen Abschluß finden in der zweiten Ankunft des Herrn am JÜngsten Tage. "Erhebet eure Häupter, es naht eure Erlösung!" Unser Leben ist ein steter' Advent, in welchem wir der Erlösung entgegengehen.

2. "Z u Dir e r heb e ich m ein e See I e."

Der Advent bedeutet ein Hin zu Gott, Hin zu Christus, in einem mächtigen, tiefen Sehnen nach dem Erlöser. "Biete Deine Macht auf, 0 Herr, und komme. Dann werden wir den Gefahren entrissen, die UIIS wegen unserer SÜnden drohen" (Otatio). Noch sind wir in vielen StÜcken unerlöst. Noch laufen wir immer Gefahr, zu sÜndigen, die Gnaden Gottes zu mißbrauchen, die Beute unserer Triebe, des niederen Menschen mit seinen Leidenschaften zu werden. Noch sind wir der Versuchung aus-

. gesetzt, rein natÜrlich-menschlich zu denken unq

10 1. Der heilige Advent: Erste-\Voche.

zu urteilen, des ÜbernatÜrlichen, wahren Lichte, beraubt, 'Irrwege zu gehen und Gott zu verlieren. Das ernste Wort des Apostels' gilt uns allen, solange wir in diesem Leibe sind: ,,"Ver glaubt, er stehe, sehe zu, daß er nicht falle" (I Kor. 10, 12). Wer kann uns gegenÜber diesen Möglichkeiten und Gefahren, gegenÜber den Lockungen der Welt und des Fleisches, gegenÜber der unheimlichen Macht unserer Eigenliebe und Selbstsucht einen sicheren Halt geben und uns vor dem UnglÜck, in die SÜnde zu fallen, die Gnade zu mißbrauchen, verblendet Z\l werden, Gott zu verlieren, schÜtzen? Nicht unser eigenes Einsehen, nicht unsere Erwägungen und V arsätze, sondern allein die Gnade Gottes. N UI "beim Herrn ist Erlösung" (Ps. 129, 7). So werden wir zum Erlöser hingedrängt. "Zu Dir erhebe icb meine Seele. Mein Gott, auf Dich vertraue ich. Herr, zeige mir Deine Wege, und Deine Pfade lehre mich."

"D i e S tun dei s t da, vom Sc h la fe aufzust;hen." Der Advent bedeutet ein entschlossenes Weg von der SÜnde. "Die Nacht ist vorgerÜckt, der Tag bricht an. Lasset uns also ablegen alle Werke der Finsternis und anziehen die "Vaffen des Lichtes. Wie am Tage laßt uns ehrbar wandeln, nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht iu Unzucht und Ausschweifung, nicht in Zank und Eifersucht" (Epistel). Wir haben bisher "geschlafen", in vielen SÜnden und Untreuen dahingelebt. "Nun ist die Stunde da, vom Schlafe aufzustehen", mit allem grÜndlich aufzuräumen, was dem Herrn mißfallen muß, wenn Er kommt. Aufstehen im Geist der Buße und SÜhne fÜr die bisherigen SÜnden und Untreuen. Aufstehen in einem unermÜdlichen Eifer zum Kampf gegen das Unreine und Verkehrte, gegen die Halbheit und Nachlässigkeit. Advent ist die Zeit der Läuterung und Reinigung vom Weltgeist, von der Veräußerlichung, von der Hingabe an die Sinnlichkeit, von dem zu natÜr-

Sonntag: "Es naht die Erlösung I" I I

lichen Denken und Handeln, von allen unreinen lind nicht ganz auf Gott bezogenen Absichten und BeweggrÜnden. "Bereitet den Weg des Herrn. Macht gerade Seine Pfade. Jedes Tal soll ausgefüllt, jeder Berg und HÜgel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll ebener Weg werden! Und alles Fleisch wird das Heil Gottes schauen" (Luk. 3, 4 ff.).

3. "Bereitet dem Herrn den Weg!" Er feiert Seine Ankunft jetzt, heute, da Er in der heiligen Wandlung auf unsere Altäre niedersteigt. Er feiert sie in der Einkehr in die Seele beim Empfang der heiligen Kommunion. Er feiert sie in den unablässigen Gnadenrufen, mit denen Er an die TÜre unseres Herzens klopft. "Siehe, Ich stehe an der TÜre und klopfe" (Offb. 3, 20). Ein steter Advent, eine beständig neue, gnadenvolle Ankunft des Herrn. Daher gilt jeden Augenblick der Adventsruf: "Die Stunde ist da, vom Schlafe aufzustehen. Lasset uns ablegen alle Werke der Finsternis." "Bereitet dem Herrn den Weg."

"Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe" (Matth. 3, 2). Das ist die Predigt des Täufers in eier WÜste. Es ist auch der Anfang der Predigt Tesu: "Bekehret euch, denn das Himmelreich ist ;lahe" (Matth. 4, I7). Ehedem heiligten die Christen den Advent durch Enthaltsamkeit, durch Fasten, vermehrte Gebete. Wir heiligen ihn durch sittlichen Ernst, durch ein aufrichtiges In-Üns-selber-gehen; dadurch, daß wir es mit unserem Frömmigkeitsleben ernster nehmen, daß wir die Zeit besser verwerten, daß wir den Kampf gegen unsere Trägheit, Bequemlichkeit und Opferscheu, gegen die Fehler unseres Charakters und Temperamentes entschiedener führen als bisher; dadurch, daß wir geduldiger, liebevoller gegen die andern sind, der Eigenliebe und den eigenen Wünschen entsagen. So bereiten wir dem Herrn und Seinen Gnaden den Weg.

12 1. Der heilige Advent: Erste Woche.

"Es naht die Erlösl\1ng." "Der Heilige Geist wird auf dich herabsteigen, Maria. FÜrchte nicht, du wirst in ·deinem Schoß den Sohn Gottes tragen" (Rahmenvers zum Benedictus der Laudes). Maria ist der heili.gen Litmgie nicht blaß die JungfrauMutter in N azareth und Bethlehem, sie ist ihr ebensO' die Kirche, die christliche Seele. "FÜrchte nicht, du wirst in deinem Schoße den Sahn Gottes tragen", in der heiligen Kammunion.

"Es naht die Erlösung." Die erste Ankunft des Erlösers ist der er·ste Schritt zur zweiten Ankunft am Ende der Tage, zur Enderlösung. An jenem Tage wind auch unser Leib der Erlösung teilhaft werden. Die Bande des Todes werden gebrochen. Unser Leib wird aus dem Grabe erstehen und in das Gewand der himmlischen Herrlichkeit gehÜllt werden. In den lichten \Vahnungen des Himmels darf er mit der Seele ewig selige Erlösung feiern.

Ge b et.

Ps. 24. Zu Dir, 0 Herr, erheb' ich meine Seele; mein Gott, auf Dich vertraue ich und werde nicht

Zlusc.handen.

Nioht sollen meine Feinde meiner spatten;

denn wer auf Dich vertraut, wir,d nicht enttäuscht. Zeig Deine Wege mir, 0 Herr, und lehr mich Deine

Pfade wandeln.

Den W·eg der Wahrheit fÜhre mich und lehre mich, denn Du bist meines Heiles Gott.

Ja, Herr, gedenke Deiner GÜte

und Deiner Gnade, die seit ewig ist.

Vergiß die SÜnden meiner Jugend und alle mellle

Torheit.

In Deiner großen Huld gedenke mein. Der Herr ist gÜtig und getreu,

Erbarmen ist der Weg des Herrn ,und Treue

fÜr alle, die an Seinen Bund und Sein Gesetz sich halten.

Um Deines N.am·ens willen, Herrl vergib mir meine

Schuldl

Montag: "Der Tag bricht an."

13

Biete Deine Macht auf, 0 Herr, und komm, wir bitten Dich. Dann werden wir aus den Gefahren, die uns wegen unserer Sünden drohen, durch Deinen Schutz entrissen und durch Deine Erlösertat errettet. Der Du lebst und herrschest von Ewigkeit zu Ewig-keit. Amen.

Montag der ersten Adventswoche.

"D er Tag b r ich t an."

r. "Handelt in richtiger Erkenntnis der Zeit. Es ist ja fÜr euch die Stunde da, vom Schlafe aufzustehen. Denn jetzt ist unser Heil näher als damals, da wir zum Glauben kamen. Die Nacht ist vorgeschritten. Der Tag bricht an. Laßt uns also die Werke der Finsternis ablegen und die WaffenrÜstung des Lichtes anziehen" (Epistel).

2. "D er Tag b r ich t a n." Es ist der Tag der Wiederkunft des Herrn, der Tag, an welchem Er in Macht und· Herrlichkeit erscheinen wird, zu richten die Lebenden und die Toten (2 Tim. 4, I). Mit großer Eindringlichkeit weist uns die Liturgie der ersten Adventswoche auf den Tag des Jüngsten Gerichtes hin. "Handelt in der richtigen Erkenntnis der Zeit." Es ist die Stunde, vom Schlafe aufzuwachen. "Unsere Zeit ist ja schon näher als damals, da wir (in der heiligen Taufe) zum Glauben kamen." Der Tag bricht an, nämlich der Tag des Gerichtes. Er kommt mit jedem Augenblick, mit jeder Stunde näher, unaufhaltsam näher, In dem Grade, als die Tage, die Jahre, die Jahrhunderte vergehen, nahen wir uns der Stunde der Auferstehung von den Toten, der Zulassung zur ewigen Herrlichkeit wie der Seele, so auch dem Leibe nach. Mit jeder Wiederkehr des Advents ist es wieder wahr: "Unser Heil ist näher als damals, da wir zum Glauben kamen." Unser Leben geht unaufhaltsam seinem Ende entgegen. Die Tage und Stunden,

14 1. Der heilige Advent: Erste Woche.

die wir "verschlafen", kehren nicht wieder. Was wir an Lebenszeit unnÜtz verloren haben, bleibt ewig verloren. Es ist also höchste Zeit, daß wir uns vom Schlafe erheben. "Laßt das Träumen! Aufgewacht! Denn Christus strahlt schon durch die Nacht" (Adventhymnus). Es schliefen nicht nur die törichten, sondern auch die klugen Jungfrauen ein, da der Bräutigam lange auf sich warten ließ (Matth. 25, 5)· Auch die eifrigen Seelen werden leicht schläfrig, schlaff, nachlässig und verrichten ihre Pflichten ungenau, mechanisch, geistlos, unvollkommen. Darum der energische Anruf der heiligen Liturgie, der Kirche, zum Beginn des heiligen Adventes: "Es ist Zeit, daß ihr vom Schlafe aufsteht." Der Mahnruf gilt auch uns, auch mir!

"Der Tag ist angebrochen." Die Epistel versteht dieses Wort noch in einem zweiten Sinn. Der Tag ist, im Gegensatz zum frÜheren Leben in der Nacht des Heidentums, der helle Tag des christlichen Lebens. Der Tag ist angebrochen, bedeutet: unser Leben als Christen ist bereits von den ersten Strahlen der aufgehenden Sonne des zukÜnftigen verklärten Lebens erleuchtet. Oder ist es nicht ein Anfang. ein Beginn jenes glorreichen Lebens, das uns am J Üngstell Tage in seiner ganzen Herrlichkeit geschenkt werden soll? Am Horizont unseres christlichen Lebens leuchtet bereits der Glanz des Tages unserer Auferstehung und vollkommenen Erlösung fiir Leib und Seele auf. Die Nichtchristen, die Heiden, sind noch in der' Finsternis. Wir Christen wandeln im hellen Tageslicht. Was folgt daraus? "Handelt in richtiger Erkenntnis der Zeit. Laßt uns die Werke der Finsternis, des heidnischen, unchristlichen Lebens, ablegen und die WaffenrÜstung des Lichtes anziehen." Die Werke der Finsternis sind "Schwelgerei und Trinkgelage", GenußnIcht; "Unzucht und Ausschweifung", SinnlichKei.t und Unsittlichkeit jeder Art; "Zank und Eifersucht", jede Form der Lieblosigkeit gegen den

Montag: "Der Tag bricht an."

15

Nächsten. FÜr diese vVerke der Finsternis haben wir Christen nur ein entschiedenes Nein. Unser Programm als Christen kann nur lauten: "Ziehet den Herrn J esus Christus an." Denken, urteilen, wie Jesus denkt und urteilt; lieben, was Er liebt, den Willen des Vaters, das Heil der Seelen, die Armut, die Demut, das Verachtetwerden, das Leiden, das Kreuz; leben, wie Er auf Erden gelebt, ein Leben der Einfachheit, des Blickes auf Gott, des steten Gebetes, der treuen Pflichterfiillung, vor allem uer hingebenden, großmÜtigen Liebe zum Vater. Das ist der wahre Christ: eine Ausstrahlung des Geistes Christi, eine Darstellung Christi, ein anderer Christus. Dazu ruft uns die Liturgie so nachdrÜcklich auf. Dieses Ziel haben wir im neuen Kirchenjahr zu verfolgen: "Ziehet den Herrn Jesus Christus an."

3. "Der Tag bricht an." Der Gerichtstag. Jeden Augenblick, mit jedem Atemzug, den wir tun, bin ich ihm wieder einen Schritt näher gekommen. Der erste Gerichtstag kommt in unserer Todesstunde. Wir werden dann beruhigt und getröstet sein, wenn wir jetzt, heute uns vom Schlafe, von jeder Schlaffheit und Halbheit tapfer erheben und zum ersten Eifer zurÜckkehren. Der sog. fÜhlbare Eifer mag fehlen, aber nie der Eifer des Willens, inmitten der Eintönigkeit des geistlichen Lebens, inmitten der Versuchungen und Schwierigkeiten; der Eifer des Willens macht uns treu und pünktlich, auch wo wir unter einer innern Unlust zum Gebet und zu den MÜhen und Opfern des Alltags leiden; auch wo wir Mißerfolg haben, matt und müde sind. Wie weit haben wir den Eifer des Willens?

Wie weit habe ich den Herrn J esus Christus angezogen? Wir beten viel, machen täglich unsere Betrachtung, unsere geistliche Lesung; wir kommen täglich zur heiligen Messe und empfangen Tag für Tag die heilige Kommunion. Wir haben so viele Anregungen und Gnaden von Gott. Und trotz-

16 I. Der heilige Advent: Erste Woche.

dem sind wir noch weit davon entfernt, ein andere I Christus zu sein, zu denken, zu lieben, zu leben WiE Christus, der Herr. Es ist höchste Zeit, daß wir vom Schlafe au fstehen und ein neues, ernstere~ Streben beginnen.

"Der Herr gibt Seinen Segen, und unser Lane bringt seine Frucht" (Communio). Die trostvolh Verheißung fÜr das neue Gnadenjahr. In der hei· ligen Kommunion gibt Gott, der Vater, uns SeineI Segen, Christus Jesus, den Erlöser, Seinen ge· liebten Sohn. J esus wird unsere Nahrung und gib' uns Sein Fleisch und Blut, Seinen Geist und Seir Leben. In der Kraft der heiligen Kommunion bring das Erdreich unserer Seele seine Frucht, der Tu gend, Heiligkeit und Gottvereinigung. Die Kircht ruft uns zum großen Heiligungsmittel der heiliger Kommunion. Aus ihr vor allem holen wir die An regung und die Kraft, deren wir zur ErfÜlIun§ unserer Aufgabe bedÜrfen. Täglich zur heiligel Kommunion. Aber j eden Tag mit noch reinerem glÜhenderem Herzen!

Ge b e t.

Biete Deine Macht auf, 0 Herr, und komm, wi' bitten Dich. Dann werden wir aus den Gefahren die uns wegen unserer SÜnden drohen, durch DeineI Schutz entrissen und durch Deine Erlösertat er rettet. Der Du lebst und herrschest von Ewigkei zu Ewigkeit. Amen.

Dienstag der ersten Adventswoche.

A d v e n t s gab e - A d v e n t s f r u c h t.

r. "Zu Dir erhebe ich meine Seele." So rufeI wir aus dem Bewußtsein unserer sittlichen Not um unserer ErlösungsbedÜrftigkeit zum Himmel empor Wir wissen es: keine geschaffene M acht kann uno in Wahrheit Erlösung und Befreiung schaffen. Nu allein Jesus Christus, der mcnschgewnrdene Gottes

Dienstag: Aclventsgabe - Adventsfrucht. 17

sohn. Er steht vor der Türe. Im Geheimnis der heiligen Weihnacht kommt Er, uns Erlöser zu sein. In diesem Glauben und Vertrauen rufen wir: "Zu Dir erhebe ich meine Seele." Wir besinnen uns auf unsere Adventsgabe und auf die Frucht, die der Advent uns bringen will.

2. Uns e r e A d v e n t s gab e. Zum Opfergang der heiligen Messe sprechen wir: "Zu Dir erhebe ich meine Seele." Der Priester hebt die Patene und den Kelch empor. Im Geiste legen wir in diesem Augenblick unsere Seele, unsere Kräfte des Geistes und Körpers, unsere Fähigkeiten, unser Herz, unser Leben, unser Ich auf die Patene. Wir wollen mit dem Brot und Wein zusammen eine Opfergabe an Gott sein. Wie Brot und \Vein in der heiligen Wandlung sterben und auferstehen, d. i. in den Leib und in das Blut des Herrn umgewandelt werden, so wollen auch wir zum Beginn des neuen Kirchenjahres sterben. Sterben dem eigenen Geist, den irdischen vVÜnschen und Gedanken, Neigungen und Absichten, Plänen und Berechnungen. Wir wollen auferstehen: zu einem Leben aus dem Geiste Christi, umgewandelt in Christus, Sein Wesen und Seine Art. "Ziehet den Herrn J esus Christus an." Vom Geiste Christi erfÜllt und getragen, christusdurchlebt, kennen wir nichts anderes mehr als Gott und Gottes heiligen Willen. Gott allein genÜgt. "Zu Dir erhebe ich meine Seele."

Uns e r e A d v e n t s f r u c h t. "Der Herr wird Seinen Segen geben, und unser Erdreich wird seine Frucht tragen" (Communio). Das ist die Antwort auf unser: "Zu Dir erhebe ich meine Seele", auf unsere Adventsgabe. Unendlich reich wird die Frucht sein, welche in dem Erdreich unseres I nne rn an \Veihnachten gezeitigt werden soll. Es ist die Frucht, welche die reinste Jungfrau bereits in ihrem Schoße trägt. Es ist die Frucht des geopferten Brotes und Weines, der "Segen" des himmlischen Vaters, mit dem Er auf die Hingabe Ullse,'er

Haur. \\ I'nle LiCht! L 2

18 1. Der heilige Advent: Erste Woche.

selbst antwortet: Jesus Christus, Gottes Sohn. "Hat Er (der Vater) mit Ihm uns nicht alles geschenkt?" (Röm. 8, 32.) Was sind alle irdischen Werte und Güter, alle Weihnachtsgeschenke, die sich die Menschen geben, gegenÜber diesem Segen, dieser Adventsfrucht, J esus Christus!

3. "Wer spärlich sät, wird auch spärlich ernten.

Wer aber in Segensfülle sät, der wird auch in Segensfülle ernten" (2 Kor. 9, 6). Wir geben alles: unsere Zeit, unser Können, unsere Gesundheit, unsere Ehre bei den Menschen, unser Denken, unser Wollen, unsere Zukunft. Alles legen wir auf die Patene.

Unser Opfergang in der heiligen Messe ist nur der Beginn, die Einleitung. "Zu Dir erhebe ich meine Seele" den ganzen Tag, jeden Augenblick. Im Geist und in der Tat eines lebendigen Glaubens, der in allem und jedem Ihn sieht, Seine Nähe, Sein Wirken, Seinen heiligen Willen, Seine Zulassung, FÜhrung und FÜgung. Im Geiste und in der Tat einer vollkommenen überlassung an Seine Hand und FÜhrung, ohne Angst, ohne Vorbehalt. Im Geist und in der Tat einer starken, treuen, zu allen Opfern, Demütigungen, Leiden und Verzichten bereiten Liebe, die alles meidet, alles tut, allem sich unterwirft, was Er will, wie Er will und weil Er es so will, schickt, gibt und nimmt.

"Zu Dir erhebe ich meme Seele." Wir schauen in der ersten Ankunft des Herrn den Beginn der zukünftigen, zweiten Ankunft, da Er mit großer Macht und Herrlichkeit kommen wird, die Lebendigen und die Toten zu richten, die Guten zu be' lohnen, die Bösen zu bestrafen. Das wird der Tag der vollendeten Erlösung sein. Unser wartet deI Himmel. "Selig die Armen im Geiste. Selig die Sanften. Selig, die reinen Herzens sind. Selig, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen. Freut euch, euer Lohn ist groß im Himmel" (Matth. 5, 4-12).

Mittwoch: Erlösung.

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Ge b e t.

Zu Dir erhebe ich meine Seele; mein Gott, auf Dich vertraue ich. Drob werd' ich nicht erröten, noch sellen meine Feinde mich verlachen. Denn all die vielen, die auf Dich warten (vertrauen), werden nicht enttäuscht (Introitus).

Herr, tue mir Deine Wege kund und lehre mich Deine Pfade. Den Weg der Wahrheit fÜhre mich und lehre mich: bist Du mein Heiland doch, mein Gott, den ganzen Tag harre ich auf Dich. 0 Herr, gedenke Deiner GÜte und Deiner Huld, der ewig alten. Vergiß die SÜnden meiner Jugend und alle meine Torheit. Ob Deiner großen GÜte, Herr, gedenke mein in Gnade (Ps. 24, 1-7).

Mittwoch der ersten Adventswoche.

Erlösung.

r. "Erhebet eure Häupter, sehet, es naht eure Erlösung" (Evangelium). Das ist die Frohbotschaft des Advents. "Den Erlöser erwarten wir" (Phi!. 3, 20), in "seliger. Hoffnung der Herrlichkeit der Ankunft unseres großen Gottes entgegen harrend, des Heilandes Jesus Christus" (Tit. 2, r8). Weihnachten bringt uns Erlösung, die Verzeihung der SÜnden und die Heilung unserer Wunden.

2. "E r wir d Sei n V 0 I k von des sen S Ü nden er lös e n." Der Mensch hat gesÜndigt und durch die SÜnde den unendlichen Gott von sich gestoßen, sich gegen Ihn empört, Ihm eine unendliche Schmach und Beleidigung angetan. Die SÜnde ist ein gottesschänderisches Attentat, ein Angriff auf Gott, ein Versuch, Gott vom Throne zu stÜrzen und aus der Welt zu schaffen: Er, der Herr, soll nichts mehr zu sagen haben. Wer kann diese Schmach, die wir in unserer SÜnde Gott, dem Herrn, angetan haben, wieder gutmachen? Der Mensch bnn es nicht. \Vie soll er dem Unendlichen einen

2*

20 l. Der heilige Advent: Erste Woche.

Ersatz von unendlichem Werte bieten? Alle Menschen, alle Geschöpfe zusammen können es nicht: was sie bieten können, sind und bleiben immer nur geschöpfliche, beschränkte Leistungen, die nie an die Unendlichkeit der beleidigten Majestät des Allerhöchsten heranreichen. Auch Gott kann die Schuld, die wir begangen, nicht sühnen: die unendliche IVfajestät kann sich nicht erniedrigen oder demÜtigen, wie es die SÜhneleistung, die Abbitte gegenÜber dem Beleidigten, verlangt. So bleiben wir in unserer SÜnde und Kinder des Zornes, solange Gott auf einer wahren, gebÜhrenden Wiedergutmachung der Beleidigung besteht und sich nicht einer findet, der, Gott und Mensch zugleich, die Schuld der Menschheit auf sich nimmt und sÜhnt! Da wird Gottes Sohn.Mensch, uns gleich, die SÜnde ausgenommen. Er entäußert sich selbst, legt allen äußern Glanz Seiner Gottnatur ab, erniedrigt sich, nimmt die Knechtsgestalt an und wird gehorsam bis zum Tode am Kreuze (PhiI. 2, 7 ff.). Sterbend hat Er "den wider uns lautenden Schuldschein ausgelöscht und vernichtet, indem Er ihn ans Kreuz heftete" (KaI. 2, 14). Er gibt Sein Blut als Lösepreis, als SÜhnegeld. Nicht die Tränen, 'nicht die Gebete, nicht die Bußwerke, Leiden und Nöten der ganzen Menschheit, nicht die Hingabe aller Menschen in den Tod kann auch nur ein e n Tropfen des Blutes des Gottmenschen aufwiegen. Er, Er allein konnte uns von unsern SÜnden erlösen. Er hätte uns in unserer SÜnde liegen lassen können: wir wären alle ewig verloren, ewig ohne Gott. Abel' Seine Liebe drängte Ihn, daß Er kam, Sein Volk von seinen SÜnden zu erlösen. Wie innig mÜssen wir Ihm danken 1

"V 0 n dei n e n W und e n wer deI c h d ich he i I e n" (Jer. 30, 17). Er kommt, unsere Wunden zu heilen. Er ist der barmherzige Samaritan, der sich in Liebe zu dem Armen, den sie halb totgeschlagen haben, herabläßt, ihn aufhebt, ihm 01

Mittwoch: Erlösung.

21

und Wein in die Wunden gießt und sich nicht zufrieden gibt, bis Er ihn geheilt weiß. Weihnachten bringt uns Heilung von der tiefen 'vVunde unserer geistigen Blindheit, in der wir uns törichterweise auf das Irdische werfen und mit ihm Götzendienst treiben. Ehebruch nennt es die Schrift. Weihnachten bringt uns Heilung von der Genußsucht, von der Erwerbgier, von der ungeordneten Geschäftigkeit, von ungehemmter Sinnlichkeit, von der SelbstgenÜgsamkeit, von der wahnwitzigen Wichtigtuerei, von dem Hunger nach Geltung, Ehre und Macht. Weihnachten bringt uns 'Heilung von der Wunde, aus welcher der Mensch von heute blutet: von dem Entwurzeltsein aus dem einzigen Boden, auf dem der Mensch gedeihen kann, aus dem bergenden Lebensschoße Gottes. Heute ist alles Gott geworden: das Geld, der Sinnengenuß, die Asthetik, die Athletik. Nur von Gott will man verschont sein. Ihn empfindet man als Last. Da tritt Gott selbst in Menschengestalt in unsere Mitte. Er bietet uns Seine Wahrheit. Er lebt uns das einzig wahre, tiefe, volle, glückliche Leben, das göttliche Leben, in menschlicher Form vor. Er zeigt uns den Weg, den einzigen vVeg aus dem \iVirrwarr und der sittlichen Not heraus, in der wir heute gefangen liegeIl. Er senkt göttliches Licht und göttliche Kräfte in unsere Seele, in die Menschheit. Er gießt vVein und 01 in unsere Wunden und wird nicht mÜde, fÜr uns alles zu geben und zu tun, bis unsere \iVunden geheilt sind. Mit dieser Erlöserabsicht tritt Er an vVeihnachten neu vor uns hin, gleichsam als käme er das erste Mal, und reicht uns die Erlöserhand. "Friede den Menschen auf Erden!" "Von deinen Wunden will Ich dich heilen." Selige Ankunft des Herrn!

3. Wir fÜhlen die tiefe sittliche Not unserer entchristlichten, entkirchlichten, entgotteten Zeit lebendig mit. Die Not der einzelnen, die Not der Gesamtheit. Wir machen uns zu Sprechern und An-

22 J. Der heilige Advent: Erste \Voche.

wälten der armen Menschheit von heute und erflehen, erwarten fÜr sie die Stunde der Begnadigung, der Erlösung, der Heilung. "Zu Dir, 0 Herr. erhebe ich meine Seele." Wir rufen in unserem Namen, im Namen der Kirche, im Namen der Menschheit nach dem Erlöser. "Erzeige uns, 0 Herr, Deine Barmherzigkeit und schenke uns Dein Heil", den Erlöser. "Biete Deine Macht auf, 0 Herr, und komme!" Du wirst Dein Volk von seinen Sünden erlösen. Du wirst seine Wunden heilen!

Wir heben in der heiligen Messe unsere "reine, heilige, makellose Opfergabe", den Leib und das Blut unseres Herrn, zum Vater empor und flehen im Namen der Gesamtheit: Um dieses Deines Sohnes, um Seines Leidens und Sterbens willen, erbarme Dich, 0 Gott. "Vergib uns unsere Schuld. FÜhre uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel" unserer SÜnden, unserer Gottvergessenheit, unseres Abfalls von Gott und Seinem Gebot, von dem Übel der Unbußfertigkeit, der Verblendung, der ewigen Verdammnis.

"Zu Dir erhebe· ich meine Seele. Gott, auf Dich vertraue ich." So betet die Kirche. Sie weiß, Er wird uns von den Gefahren, die uns ob unserer SÜnden drohen, d. i. von der ewigen Verdammnis, schÜtzen und uns retten. Er kommt in Liebe als Erlöser, als Retter! Wir glauben. Wir vertrauen. Wir danken. Wir bereiten dem kommenden Erlöser den Weg.

Ge b e t.

Biete Deine Macht auf, 0 Herr, und komm, wir bitten Dich. Dann werden wir aus den Gefahren, die uns wegen unserer SÜnden drohen, durch Deinen Schutz entrissen und durch Deine Erlösertat gerettet. Der Du lebst und herrschest von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Donnerstag: Erlöst I

23

Donnerstag der ersten Adventswoche.

Erlöst!

J. "Erhebet eure Häupter, eS naht eure Erlösung" (Evangelium). Wir erwarten den Erlöser, die Erlösung. Weihnachten wird uns die Kunde bringen:

"Erlösung brachte der Herr Seinem Volke, fÜr immer hat Er Seinen Bund mit ihm geschlossen" (Ps. I IO, 9). Wir rufen aus der Tiefe unserer Unerlöstheit und geistlich-sittlichen Not. Wir vertrauen auf den nahen Erlöser, daß Er uns Hilfe bringen wird. "Denn beim Herrn ist Erbarmen, und Erlösung ist bei Ihm in FÜlle. Er wird Israel von allen seinen SÜnden erlösen" (Ps. 129, 7).

2. "E r wir d Sei n V 0 I k von des sen S i.i nden erlösen." Mit diesen 'vVorten kommt der Engel zum hl. Joseph. "Trage kein Bedenken, Maria. deine Gemahlin, zu dir zu nehmen. Denn was aus ihr erzeugt ist, stammt vom Heiligen Geiste. Sie wird einen Sohn gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben: denn er wird Sein Volk VOll dessen SÜnden erlösen" (Matth. 1,20 f.). Jesus tritt in die \\felt ein und vollbringt das 'vVerk der Erlösung. "Es ist vollbracht" (J oh. 19, 30). Wir sind erlöst. Die SÜnde ist wirklich Überwunden. Der Zorn Gottes ist wirklich besänftigt. Die Macht der Hölle ist gebrochen. Der Feind dieser Welt ist hinausgestoßen. Der Tod ist besiegt. Der Himmel ist aufgeschlossen. Und dies alles kraft der Erlösung, die Christus gewirkt. Das ist die große Tatsache und die tröstliche 'vVahrheit, die uns im heihgen Advent vor Augen gestellt wird: wir sind erlöst. Wir sind gerettet. "Ihr waret tot durch eure Vergehen und Sünden. Wir wandelten in unseren fleischlichen GelÜsten. \Vir taten, was das Fleisch und Herz begehrten und waren von Natur aus Kinder des Zornes. Gott aber, an Erbarmen reich, hat in Seiner großen Liebe zu uns uns mit Christus lebendig gemacht - aus Gnade seid ihr er-

2.+ I Der heilige Advent: Erste \Voche.

rettet worden -, hat uns in Christus Jesus mit auferweckt und mit ins Himmelreich versetzt, zufolge Seiner Güte gegen uns in Christus J esus. Ja, aus Gnade seid ihr gerettet worden. Nicht euer Verdienst ist es, es ist Gottes Geschenk" (Eph.2, 1-9). Kein Zweifel: wir sind erlöst. Wir sind gerettet. Können wir etwas anderes tun als uns freuen, als danken, als uns glÜcklich machen im Bewußtsein:

Wir sind erlöst? Uns steht der Himmel offen.

"E r heb e t e ure H ä u P t er, e s nah t eu r e Er lös u n g." Wir sind erlöst. Und doch wird uns zugleich gesagt: "Eure Erlösung naht." Sie kommt erst. Oder ist es nicht Tatsache, daß noch viele Menschen mit Gott nicht versöhnt sind? Daß noch viele unter der Last und Schuld der SÜnde seufzen? Daß noch viele unter der Herrschaft des Teufels stehen? Daß die Macht des Bösen, der Leidenschaften, der verkehrten Triebe, der Sinnlichkeit, des Stolzes, der Habsucht in vielen noch nicht gebrochen ist? Daß noch viele "Kin.der des Zornes" sind und daß ihre Schuld gegenÜber dem heiligen gerechten Gott nicht abgetragen ist? Hat die Kirche also nicht recht, wenn sie uns im Advent eine Erlösung in Aussicht stellt, die erst noch kommen soll? Ja, es ist so. Viele sind noch nicht mit Gott versöhnt. Viele sind noch in ihren SÜnden tot. Wir selber tragen noch viel Unerlöstheit in uns, viel Knechtscbaft gegenÜber den GÜtern der Erde und den Lockungen der Welt, des Fleisches, des Diesseits, gegenÜber den 'WÜnschen, Neigungen und Regungen des eigenen Ich, dei Selbstsucht. "Erhebet eure Häupter, es naht eure Erlösung." Vertraut! In der Ankunft des Erlösers wird uns Rettung werden. Schwer empfinden wir unsere innere Not, unsere Geneigtheit zum Bösen, zum Gemeinen, unsere Schwerfälligkeit zum Guten, unsere Langsamkeit gegeniiber dem Anklopfen und Zug der Gnade, unsere Opferscheu und Menschenfurcht. So viele Bande, die uns fesseln! Wer kann

Donnerstag: Erlöst!

uns retten? "IVer uns von uns selbst befreien? Allein der Erlöser. Und Er kommt! Er kommt in keiner andern Absicht, als uns zu erlösen, jeden einzelnen, jeden so wie er es braucht und es zu seinem Besten ist. Er kommt: Ihm ist "alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden" (Matth. 28, 18). Er ist der Stärkere, der den Starken, elen Teufel, überwindet (Lu!<. Ir, 22). Auf Seinen Schultern ruht die Herrschaft (Is. 9, 6). Er kommt als Derjenige, der "mich liebt und sich fÜr' mich hingibt" (Gal. 2, 20); als der gute Hirte, der Sein Leben fÜr Seine Schäflein gibt (Joh. 10, 1 I). "Eine größere Liebe hat niemand als der, welcher für seine Freunde sein Leben gibt" (Joh. 15, 13)· Darf ich da von Ihm nicht alles erhoffen? "Zu Dir, Herr, erhebe ich meine Seele. Auf Dich vertraue ich. Ich werde nicht zuschanden" (Introitus).

3. Das Geheimnis des Advents! Wir sind erlöst, wirklich erlöst. Wir sind aber ebenso in eineI1l wahren Sinn des Wortes noch unerlöst. Wir sind erlöst: es gibt eine Gesamterlösung der Menschheit. Die Schuld der Menschheit ist getilgt. Gott ist mit der Menschheit versöhnt. Die Gnaden sind fÜr die 1Ilenschheit flüssig gemacht. Das Reich Satans ist zerstört, der Himmel ist fÜr die Menschheit geöffnet. Es gibt eine Gesamterlösung. Wir haben als Einzelmenschen nur daran teilzunehmen. "IVir haben in das herrliche Reich der Gesamterlösung nur einzutreten und auch wir werden erlöst. Die Schätze der Erlösung sind niedergelegt in Christus und Seiner Kirche: wirklich existierende Werte von unaussprechlicher Erhabenheit, Geistigkeit und Herrlichkeit. Wir sind erlöst, als Gesamtheit, als Menschheit, als Kirche. Aber es bleibt jedem von uns die Pflicht, in dieses Reich einzugehen, uns seine Herrlichkeiten anzueignen und so stets vollkommener die von Christus gewirkte Erlösung uns anzueignen.

26 1. Der heilige Advent: Erste Woche.

Wir sind erlöst. Aber wir sind zugleich noch nicht, nämlich noch nicht vollkommen erlöst. Wir sind Kinder Gottes, Kinder der Gnade, Zweige an Christus, dem Weinstock, von Seinem Leben getragen. Aber wir sind e~ noch nicht vollkommen. Wir können und mÜssen in der Kindschaft Gottes, in der Gnade, in der Tugend und Gottvereinigung, im Glauben, in der Hoffnung, in der Liebe noch immer wachsen, täglich fester, eifriger, vollkommener werden! Um diese Gnade flehen wir im heiligen Advent, daß mit Gottes Gnade unsere Erlösung vollkommen, vollendet werde. Vollkommenheit ist das Ziel, um das wir ringen. Ja keine Halbheit, ja kein Stehenbleiben !

Wir sind erlöst. Und wir sind zugleich noch unerlöst. Selbst wenn mit Gottes Hilfe unsere Erlösung in vollkommener Reinheit, Gnade und Tugend vollendet sein sollte, sind wir noch immer in der Gewalt des Todes. Auch von ihm müssen wir erlöst werden. Zu dieser Enderlösung wird der Herr am Jüngsten Tage erscheinen. Er ruft UI1Sern armen Leib, daß er sich der Seele vereinige und ewig an ihrem GlÜck und Gottesbesitz teilnehme. Dann ist unsere Erlösung endgÜltig vollendet. "Kein Auge hat es gesehen, kein Ohr hat es gehört, in keines Menschen Herz ist eine Ahnung davon aufgestiegen, was Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben" CI Kor. 2, 9). "Es naht eure Erlösung. "

Ge b e t.

Wir bitten Dich, 0 Herr, festige in unsern Seelen die Geheimnisse des wahren Glaubens und laß uns zur ewigen Freude gelangen. Durch Christus unsen1 Herrn. Amen.

Freitag: "Ziehet den Herrn Jesus Christus an!" 27

Freitag der ersten Adventswoche.

"Z i ehe t den Her r n Je s u s C h r ist usa n!"

I. "BrÜder, ihr wisset, die Stunde ist da, vom Schlafe aufzustehen. Laßt uns also ablegen die Werke der Finsternis und anziehen die Waffen des Lichtes. Ziehet an den Herrn Jesus Christus!" (Epistel.)

2. "D i e S tun dei s t da, vom Schlafe aufzustehen." Es ist an der Zeit! So mahnt der Apostel, die Kirche, nicht etwa die Heiden, die Ungläubigen, sondern uns, die wir glauben, die wir getauft sind, die wir um das ein e Notwendige wissen. Uns, die wir täglich unsere Betrachtung machen, die heilige Messe mitfeiern, die heilige Kommunion empfangen, geistliche Lesung machen und so viele übungen der Frömmigkeit pflegen. Und doch immer noch schlafen! Wenn nicht den Schlaf der schweren Sünde, so doch den Schlaf der Nachlässigkeit und GleichgÜltigkeit, der Routine und Lauheit. Wie sehr sollten wir fÜr die Interessen Gottes und unseres Heilandes eifern! FÜr die Ehre und Verherrlichung Gottes und fÜr unsere Vereinigung mit Gott und unserem Heiland! Eifern fÜr die vollkommene Reinheit unserer Absichten und BeweggrÜnde, fÜr das Leben der Sammlung, des Gebetes, der SÜhne und Buße fÜr unsere eigenen SÜnden und fÜr die SÜnden unserer BrÜder in Christus! Wie sollten wir glÜhen fÜr die Rettung und Heiligung der Seele des Mitmenschen! Verdient Gott, das ewige Leben, das Er mir verspricht, es nicht, daß ich Ihm und Seinem heiligen Willen ganz lebe, in allem, bis zum Letzten, mit ganzer Hingabe und ganzem Eifer? Und wie denke, lebe ich In Wirklichkeit? Wahrlich, es ist an der Zeit, daß ich vom langen Schlafe aufstehe. Heute, an der Schwelle des neuen Kirchenjahres, in diesem heiligen Advent!

"Z i ehe t den Her r n J es u s C h r ist usa n:'

28 1. Der heilige Advent: Erste Woche.

Der neue Mensch muß in uns erstehen. Er lebt aus ]esus. Er lebt den Geist, die Art, das innere une! bis zu einem bestimmten Grade auch das äußere Leben J esu mit und weiter. Der Herr will uns nicht bloß Lehrer sein. Und nicht bloß Beispiel und Vorbild. Er will und muß uns vor allem andern das Leben sein, der Weinstock, der sein Leben in die Zweige hinaussendet, in den Zweigen BlÜten treibt und FrÜchte bringt. "Ziehet den Herrn Jesus Christus an." Lebet Sein Leben! Lieben, was Er geliebt hat: die Armut, die Verachtung, die Verborgenheit, das Kreuz, den Umgang mit dem Vater. Leben dem, dem Er gelebt hat: dem Willen und Wohlgefallen Gottes in allem, der Ehre des Vaters, der Rettung der Seelen. Mitleben und weiterleben Seine Demut, Seine Bescheidenheit, Seine Geduld, Seine GÜte und Milde gegen alle, Seine Feindesliebe, Seinen Abscheu vor der SÜnde und vor allem, was Gott, dem Vater, mißfallen mÜßte. "Ziehet den Herrn ]esus Christus an." Werdet ganz ein Zweig an Ihm, dem lebendigen Weinstock, Sein Leben, Seine Art zu sehen und zu denken, zu handeln, Seine Reinheit und Heiligkeit in euch aufnehmend' und lebendig widerstrahlend! Das ist der eindringliche Ruf des heiligen Advents. "Heute, wenn ihr Seine Stimme höret, verhärtet eure Herzen nicht" (Ps. 94, 8). Es ist die Stunde da, daß wir vom Schlafe aufstehen, neue Menschen werden, in Christus J esus!

3· Ein gewaltiges Programm: "Ziehet den Herrn Jesus Christus an!" Das ist meine Arbeit im neuen Kirchenjahr. Auf die Eingliederung in Christus, auf das täglich sich vollkommener in Christus Einsenken kommt fÜr mich alles an. So viel werde ich im neuen Kirchenjahr an der Gnade und der Erlösung Christi teilhaben, als ich mich in Christus hineinlebe, mich Ihm einverleibe. Alles Heil und aller innere Fortschritt ist fÜr uns wesenhaft an das Maß unserer Einverleibung in Christus ge-

Samstag: Ave Maria!

knÜpft, an das "Ziehet den Herrn Jesus Christus an!"

"Ziehet den Herrn J esus Christus an." Dazu will mir die Liturgie des Kirchenj ahres verhelfen. Sie gibt mir die Mittel an die Hand, vorzÜglich das Mittel der heiligen Eucharistie als Opfer und als Kommunion. Wir sehen nicht nur die Größe der Aufgabe vor uns: wir schauen ebenso auf die Kraft der Mittel, die uns angeboten sind. "Der Herr gibt Seinen Segen, d. i. die heilige Eucharistie, J esus in der heiligen Kommunion. Und unser Land, das Erdreich unserer Seele, bringt seine Frucht" (Communio). Wozu also vor der GI-öße der Aufgabe erschrecken! "Ich kann alles in dem, der mich stärkt" (Phi!. 4, 13). Ich halte mich an die Kirche und ihre heilige Liturgie: sie fÜhrt mich zur tiefern Eingliederung in Christus, zu den Strömen der Gnade und des Heils.

Ge b e t.

Schirme uns, 0 Herr, die wir Deinen heiligen Geheimnissen uns widmen, damit wir, den göttlichen Dingen ergeben, mit Leib und Seele Dir dienen. Amen.

Ich beschwöre Dich, Herr, sende Ihn, Den Du zu senden vorhast. Siehe an die Not Deines Volkes. Wie du es versprochen hast, komme und erlöse uns (Responsorium der Mette).

Samstag der ersten Adventswoche.

Ave Maria!

I. Der Gottesdienst des ersten Adventssonntags wird in Maria Maggiare gefeiert (statio ad S. Mariam Maiorem). Wir gehen also in das Heiligtum, in das Haus der Gottesmutter und erleben mit ihr die Gottesempfängnis. "Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft, und sie empfing vom Heiligen Geiste." Wir finden das Heil in Maria, in der heiligen Kirche.

30 1. Der heilige Advent: Erste Woche.

2. "D e rEn gel des Her r n b r ach te M; r i a die Bot s c h a f t." In Maria, der Gottesmutte in deren Haus wir versammelt sind, finden w Christus, die Erlösung. Die Jungfrau glaubt ur spricht in ganzer Unterwürfigkeit unter den AI trag des Engels ihr Fiat. "Und das Wort i Fleisch geworden" im Schoße der Jungfrau. "S gegrüßt, du Gnadenvolle. Der Herr ist mit dir. 1:: bist gebenedeit unter den Weibern." Maria, d Jungfrau, die Gottesträgerin, die Brücke, auf d. Christus, das Heil, zu uns gelangt. Wer immer d; Heil, die Verzeihung der Sünde, die Gnade d. Kindschaft Gottes, die Wahrheit, das Leben habt will, ist an Maria gewiesen, die Jungfrau-Mutte "Wer mich findet, findet das Leben" (Sprichw. 35). "Sei gegrüßt, Maria, voll der Gnade, der He ist mit dir. Der Heilige Geist wird über di< kommen und die Kraft des Allerhöchsten wird di< überschatten. Es wird ein Kind aus dir gebore] Sohn Gottes ist Sein Name" (Responsorium d, Mette).

M a r i ais t der h eil i gen L i t u r g i e nic bloß eine historische Persönlichkeit der Vergange heit; sie ist ihr ebenso Typus, Bild der heilig< Kirche: Maria ist Gegenwart und lebt in der hE ligen Kirche geheimnisvoll weiter. In der Jungfr, von Nazareth geht die Kirche 'Weihnachten en gegen. In Maria hat die Kirche in ihrem Schol das Heil empfangen. In Maria ist in der Kirche d Wort Fleisch geworden und hat unter uns Seil Wohnung genommen. Von der Jungfrau-Mutt, (Kirche) gilt: "Der Herr ist mit dir." Die Kircl ist die Gottesträgerin, Christusträgerin des Adven1 Wer immer Christus, die Wahrheit, die Gnade, d Leben aus Gott haben will, ist an die Kirche g wiesen. "Wer mich findet, findet das Leben." W finden es allein in der Gemeinschaft der glaubende opfernden, betenden Kirche!

3. 'Vir sind heute im Haus Mariens, gleichsa

Samstag: Ave Maria!

31

im stillen Heim von Nazareth, und erwarten in der Feier der heiligen Messe die Ankunft des Sohnes Gottes. Der Engel kommt, der Priester, und bringt uns die Botschaft: "Siehe, die Jungfrau, die Kirche, wird in dieser Stunde vom Heiligen Geiste empfangen." Er beugt sich über dem Brot und über dem Kelch: "Das ist Mein Leib, das ist Mein Blut." Der Heilige Geist schwebt über dem Brot und über dem Kelch. Die Kirche glaubt, betet an und bekennt jubelnden, dankbaren Herzens: "Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns Wohnung genommen." Ein heiliger Advent, ein gnadenvolles Erscheinen des Herrn im Hause Mariens, in der Gemeinschaft der Kirche! Und wenn Er gar in der heiligen Kommunion in unsere Seele einkehrt und Wohnung nimmt, in der gleichen Wirklichkeit wie einst in der Jungfrau von N azareth! Ein g'nadenvoller, seliger Advent, "Der Herr ist mit dir."

Das Heil, die Erlösung, die Gnade ist nicht an die Einzelperson, an das Ich und Du gebunden, sondern an das Wir, an die Gemeinschaft, an die Kirche. So innig sind wir in unserem natürlichen und übernatürlichen Sein und Leben, Denken und Wollen, Fühlen und Handeln auf das "Vir bezogen und miteinander verkettet; und so solidarisch ist unser Leben, unsere Tugend und unsere Sünde, daß wir für Gott und für die Erlösung nur als Ganzheit, als Einheit, als Gemeinschaft in Betracht kommen. An dem Wir, an der Gemeinschaft vollzieht sich zunächst die Erlösung. Und soweit haben wir die Erlösung und Christus, als wir zu Maria, zur Gemeinschaft der Kirche gehören: mit der Kirche leben, glauben, hoffen, beten, fühlen. Heraus aus der Enge und Isoliertheit unseres kleinen Ich! In der Gemeinschaft, in dem Wir, in der Kirche und durch sie kommen wir zu unserem ganzen Selbst und werden wir weit und 'offen fÜr die Gnade, fÜr Weihnachten. "Wer mich findet, die Gemeinschaft der Kirch, der findet das Leben." In dem Eingehen

32 I. Der heilige Advent: Erste Woche

in die Kirche. Ja. Wir geben uns au die Kirche hin. Sie ist uns Maria, die Gnadenvolle. "Der Herr ist mit dir." Wir schließen uns ihrem Opfern und Beten an. In der Gemeinschaft der Kirche sind wir stark, allmächtig, fruchtbar.

In der Gemeinschaft der Kirche fiuden wir auch die Enderlösung. Wie sehr sehnt sich die Kirche nach der großen Stunde der Wiederkunft des Herrn! Weihnachten läßt in ihrem Herzen das Verlangen nach der Vollendung des Heils neu aufflammen. "Erzeige uns Dein Heil", das Heil des ewigen Lebens im Himmel! Wir können es nur erhalten durch Maria, durch die Kirche. Weh' dem, der sich der Gemeinschaft des mystischen Leibes Christi entziehen wollte! Nein, mit ganzer Innigkeit gehen wir täglich mehr in die Gemeinschaft des Glaubens, des Betens, des Opferns der heiligen Kirche ein. Dann finden wir in Ihm nicht den furchtbaren Richter, sondern den Erlöser.

Ge b e t.

Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum. Bene: dicta tu in mulieribus, et benedictus fructus ventris, tui Iesus.

Erzeige uns, 0 Herr, Deine Barmherzigkeit und schenke uns Dein Heil. Durch Maria, durch die heilige Kirche und in Deiner heiligen Kirche zeige uns Dein Antlitz, und wir werden gerettet sein. Amen.

Die liturgische Meßfeier des zweiten Ad yen tssonntags.

1. Bezeichnend fÜr die Liturgie des zweiten Adventssonntags ist die Stationskirche zum Heiligen Kreuz in Jerusalem, In dieser Kirche Roms ist gleichsam das Jerusalem der Juden zu den Heiden gewandert und das Heil, das in erster Linie den Juden zugedacht war, auf die Heiden Übertragen worden. So ist das J erusalem, das Sion, das Israel der heutigen MeßIiturgie zuvörderst die heilige katholische Kirche, die Trägerin Christi und Seines Heils, sodann die christliche Seele und das Gotteshaus von Stein, in dem wir im Opfer der heiligen Messe heute die Ankunft Christi, des Erlösers, ersehnen und erwarten.

2. Wir treten in die Hallen unseres Gotteshauses (] erusalem) ein, Jubelklänge nehmen uns auf: "Volk Sions, der Herr kommt, die Heiden zu erlösen." Der Erlöser, aus dem Schoße des israelitischen Volkes geboren, kraft der den Vätern gemachten Verheißungen SprößIing, Glied und Erlöser des auserwählten Volkes, nimmt Seinen Weg Über die Grenzen des Judenvolkes hinaus und trägt Seine gesegneten Erlöserschritte in die weite Welt der Heiden, "Der Herr kommt, die Heiden zu erlösen." Wo wäre das Volk der Heiden, wenn nicht der Herr es in Erbarmen aufgesucht hätte! So schlägt unser Herz in lautem Dankesjubel, wenn uns die Kunde wird: "Volk Sions, der Herr kommt, die Heiden zu erlösen", um die in der Heidenwelt, in der Kirche, in uns begonnene Erlösung zu vollenden. Um Erhaltung, vVachstum und Vollendung des Erlöserheils in der Kirche als Ganzes und in den vielen noch kranken, blinden, lahmen, unerlösten Gliedern der Kirche flehen wir im Kyrie eleison und in der Oratio. Dann tritt Paulus, der Baur. "'erde Lichtl I. 3

34 I. Der heilige Advent· Zweite Woche.

Lehrer der Heiden, vor uns hin und belehrt uns .Über die gnadenvolle Berufung aus dem HeidentunI. Den Heiden soll die Erlösung werden. "Christus Jesus hat sich der Beschneidung unterworfen um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, (nämlich) um die den Vätern gegebenen Verheißungen zu erfÜllen; die Heiden aber (die der Kirche angehören) verherrlichen Gott um Seiner Barmherzigkeit willen" (Epistel). Die Juden haben eine Art Recht darauf, daß Christus zu ihnen kommt und ihnen Sein Heil bringt; nicht so die Heiden. Wenll Christus mit Seinem Heil sie heimsucht, so ist es Gnade, reines ErDarmen. Um so dankbareren Herzens gehen wir Ihm entgegen. Schon leuchtet vom himmlischen Sion her uns Sein Glanz entgegen (Graduale); schon ergeht an uns der Ruf, im Opfer uns versammelt zu halten, Ihn zu empfangen (Alleluja). Schon steht der Täufer und Wegbereiter auf seinem Posten: "Siehe, ich sende meinen Boten vor Mir her, damit er Mir den Weg bereite" (Evangelium).

3. Wenige Augenblicke, und Er selbst ist in der. heiligen Wandlung in unserer Mitte. Vom Offertorium an bereiten wir Ihm den Weg, Mit Johannes dem Täufer verlassen wir die Bequemlichkeiten und GenÜsse, wir gehen in die WÜste, entsagen, bereuen und reinigen Geist und Herz. "Siehe, der Herr kommt, die Heiden zu erlösen." Wir sind die Blinden und Lahmen des Evangeliums, die Aussätzigen, die Tauben, die Toten. Nun kommt Er, uns zu erlösen. "Wendest Du Dich zu uns, so erweckst Du uns zum Leben" (Offertorium). Getragen vom Bewußtsein unserer Erlösungsbedürftigkeit, getrieben von dem Sehnen nach dem Wachstum und der Vollendung unserer Erlösung, der Befreiung von SÜnde, von Fehlern und bösen N eigungen, schauen wir voll Glauben und Vertrauen zum Erlöser auf, der in unserer Mitte erschienen ist. Er heilt uns von unsern Krankheiten 11nd W3n-

Sonntag: "Siehe der Herr kommt!" 3 5

delt uns in den reineren Mellschell UI11, uer in Gott und aus Gott lebt. Den ganzen Segen und Reichtum Seiner Ankunft erfahren wir in der Kommunion. "Jerusalem, steh auf und stelle dich auf eine steile Höhe und sieh die Freude, die dir von deinem Gotte kommen wird" (Communio). Die Ankunft Christi in dem Jerusalem der Kirche und der Einzelseele durch die heilige Kommunion ist zugleich eine 'Vegbereitung und ein Unterpfand jener letzten Ankunft Christi, in welcher Er J erusalern, die ganze Kirche in allen ihren Gliedern, zu den Höhen der jenseitigen Welt emporhebt: dort soll sie ewig die Freude schauen, die ihr im Besitz und Genuß Gottes wird. "Ich freue mich, daß man mir sagte: wir gehen in das Haus des Herrn (Allelujavers), d. h. in die Gemeinschaft der heiligen katholischen Kirche, welche, eine andere Jungfrau von Nazareth, den Erlöser trägt und elen Menschen bringt; in das Gotteshaus mit seiner Feier des heiligen Opfers und mit dem Opfermahl der Kommunion, in das himmlische Jerusalem, den Ort der seligen Gottanschauung unu ewigen Erlösung.

Zweiter Adventsonntag.

"Siehe der Herr kommt!"

1. "Populus Sion, ecce Dominus veniet - Volk von Sion, siehe der Herr kommt" (Introitus), Sion ist der Liturgie J erusalem, das neue J erusalem der Kirche, das Jerusalem der ewigen Herrlichkeit des Himmels, zugleich das Gottesreich der christlichen Seele. Die Liturgie lebt heute ganz in dem Gedanken: Der Herr kommt in Seine Stadt, in Sein Reich, in das Gottesreich der heiligen Kirche und der christlichen Seele. "Bereitet dem Herrn den Weg", ebnet die Straßen, bessert sie aus, fÜr den großen Augenblick, da der Gottkönig Christus, der Herr, in Seine Stadt einziehen will (an Weihnachten, an Epiphanie).

3*

36 1. Der heilige Advent: Zweite Woche.

2. Der Her r kom m t zum V 0 I k von S ion,

d. i. in Seine heilige Kirche. "Volk von Sion, siehe, der Herr wird kommen. Er wird hören lassen Sein majestätisches Wort zur Freude eures Herzens" (Introitus). "Wie freue ich mich, da man mir sagt: wir wallen zum Hause des Herrn" (Allelujavers), zum Sion des Neuen Bundes, in das Gottesreich der heiligen Kirche, zu der auch wir berufen sind, Hier, in der heiligen Kirche, finde ich Ihn. hier sehe, hier höre ich Ihn, hier berÜhre ich Ihn hier habe ich von Ihm die Erlösung, die Verzeihung der Sünden, die Gnade, das Leben. Christus, das Heil, die Erlösung, ist den Menschen gegeben in der Gemeinschaft der heiligen Kirche. Je mehr einer in der Gemeinschaft eies Glaubens. des Betens, des Opferns, des Leidens, des Apostolates der heiligen Kirche aufgeht, um so vollkommener besitzt er die Erlösung und das Heil VOll Gott. "Wie freue ich mich, da man mir sagt: wir wallen ins Haus des Herrn", denn ich gehöre zur Gemeinschaft der heiligen Kirche, zum Leibe Christi!

"Um die Heiden zu erlösen." Er ist eier Erlöser des Volkes Israel. Dieses hat die Verheißung, daß aus seinem Schoß der Messias kommen wird. Es hat eine Art Recht auf den Erlöser. "Die Heiden aber verherrlichen Gott um Seiner Barmherzigkeit willen." Sie haben nicht die Väter (Patriarchen), nicht das Gesetz (des Moses), nicht die Verheißungen, die dem Abraham gemacht worden; sie gehören nicht zum auserwählten Volk. Sie sind Fremde und haben keinen Anspruch auf den Erlöser. Aber Er kommt auch für sie, fÜr uns, auf daß wir um so mehr ein Lobhymnus auf Seine Barmherzigkeit seien. Sie verherrlichen Gott um der Barmherzigkeit willen, die Er an ihnen getan! "Wie freue ich mich, da man mir sagt: Wir (Heiden) ziehen zum Hause des Herrn" (Allelujalied) : auch wir sind berufen, in die Gemeinschaft des ]e-

Sonntag. "Siehe der Herr kommt!" 37

rusalem der Kirche des N euen Bundes, des Leibes Christi einzugehen; zum Volk von Sion zu gehören. "Volk von Sion, siehe, der Herr wird kommen, die Heiden zu erlösen." "Gott will, daß alle Menschen selig werden und zur Erkenntnis der vVahrheit gelangen" (I Tim. 2, 4). Auch wir Heiden. Wahrhaftig. "Gott ist die Liebe" (I Joh. 4, 8). "Die Liebe Gottes zu uns hat sich darin geoffenbart, daß Gott Seinen eingebornen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch Ihn leben. Darin besteht die Liebe Gottes: Nicht daß wir Gott (zuerst) geliebt haben, sondern daß Er uns zuerst geliebt und Seinen Sohn gesandt hat" (I Joh. 4, 9 L), auch uns, dem Volk der Heiden. So "verherrlichen wir Gott um Seiner Barmherzigkeit willen" und "lobsingen Seinem Namen", nicht mit bloßen \Vorten, vielmehr mit unserem Leben: im folgsamen Anschluß an den Erlöser, in dem Eingehen in den geheimnisvollen Leib Christi, in den wir durch cJie heilige Taufe hineingeboren wurden. "Der Gott eier Hoffnung erfÜlle euch mit jeglicher Freude und mit Frieden, durch cJen Glauben, damit ihr iiberstrlimt von Hoffnung und von der Kraft des Heiligen Geistes" (Epistel) in der Gemeinschaft der Kirche, des glÜcklichen Volkes von Sion.

3. "Der Hcrr kommt." "Von Sion her erstrahlt Seiner Schönheit Glanz" (Graduale). Im Gottesreich eier heiligen Kirche nimmt Er Einkehr. Hier lebt er Sein Leben weiter. Der Kirche Leben ist Christi Leben. 'Ner am Lcben Christi teilhaben will, muß teilnehmen am (sakramcntalen) Leben der Kirche. "In domum Domini ibimus. - Wir gehen in das Haus des Herrn." "Vir leben uns im heiligen Advent bewußter, tiefer und treuer in die Gemeinschaft der Kirche ein. Wir "sind ein e s Sinnes untereinandcr, um einmÜtig, mit ein e m l\Iunde, den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus zu verherrlichen" (Epistel). Ein Herz und ein e Seele, ein Glauben, Hoffen, Licbcn,

38 1. Der heilig'e Advent: Zweite \\'ochc.

Beten und Opfern. Communicantes: "In Gemeinschaft stehend!" Nur soweit, als wir in die Gemeinschaft unserer BrÜder und Schwestern in Christus eingehen und mit ihnen ein Herz und ein e Seele sind, können wir vollkommen opfern, den Vater durch J esus Christus verherrlichen und die "Freude schauen, die uns von unserem Gott kommt" (Communio) im Empfang der heiligen Kommunion, im Geheimnis der Weihnacht, im seligen Weihnachten des Himmels.

Gott hat Seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt, damit wir "durch Ihn leben" (I Joh. 4, 9)· "In Ihm, dem Sohne Gottes, war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen" (Joh. T, 4)· Er kam und gab auch uns, den Heiden, "die Macht, Kinder Gottes zu sein. Von Seiner FÜlle haben wir Gnade um Gnade empfangen" (Joh. I, 12 16). Ein neues Leben. Göttliches Leben. Ein Reichtum über alle ReichtÜmer, eine Größe über alle andere Größe! Im Vergleich zu diesem Leben ist das bisherige Leben wie ein Tod. ,,"Vir wissen, daß wir vom Tode zum Leben gebracht sind"(I Joh. 3, 3 14). "Laßt uns also in der Neuheit dieses Lebens wandeln" (Röm. 6, 4) als Kinder Gottes, teilhaft der göttlichen N atur. Wir tragen das göttliche Leben in uns - in der Gemeinschaft der Kirche. Haben wir heilige Ehrfurcht vor ihm! "J erusalem, christliche Seele, stehe auf und stelle dich auf hohe Warte und schau die Freude, welche dir von deinem Gotte kommt" (Communio). Das neue Leben ist schon gegenwärtig. Wer den Sohn hat - in der Gemeinschaft der Kirche, in der heiligen Eucharistie -, der hat das Leben" (I Joh. 5, 12). Er wird es in seiner ganzen FÜlle und Herrlichkeit haben, wenn der Herr am Jüngsten Tage wiederkommt. Diesem Tage s~hnt sich die Kirche entgegen. "Schau die Freude, welche dir von deinem Gotte kommt", wenn Er dich am Ende der Zeiten mit sich in den Himmel nimmt!

Montag: "Bi,;t Du es, der da kommen soll?" 39

Geuet.

Wir bitten Dich, Herr, lehre uns durch die Teilnahme am Geheimnisse der heiligen Eucharistie das Irdische verachten und das Himmlische lieben.

Amen.

Montag der zweiten Adventswoche.

"B ist Du es, der da kom m e n soll 7"

1. ,,.Als Johannes (der Täufer) im Gefängnis von den Werken Christi hörte, sandte er zwei von seinen JÜngern" zu Ihm (Evangelium). Heute tritt in der Adventsliturgie zum ersten Mal der Täufer auf. Er schmachtet im Gefängnis, weil er dem ehebrecherischen König Herodes gesagt hatte: "Es ist dir nicht erlaubt, das Weib deines (noch lebenden) Bruders zu haben" (Matth. 14,4)· In seinen Gedanken lebt Er bei Jesus, dem er die Wege bereitet

hatte.

2, J 0 h a n n e s sen d e t sei n e J Ü n ger zU

Je s u s. Er hatte während seines Wirkens am J ordan viele JÜnger um sich gesammelt. Er wollte sie zu J esus fÜhren. Mit einigen war es ihm gelungen. Die andern dagegen lehnten J esus ab: Er ist in Seinem Auftreten gewinnender, als J ohannes es gewesen war. Er flößt den Leuten mehr Vertrauen ein, als Johannes dies verstanden hatte, Der TÜufer war am Jordan geblieben und hatte die Leute zu sich pilgern lassen. J esus zieht landauf, landab und bietet sich den Leuten an. J ohannes war ein strenger, rauher Aszet. J esus ist milde. Er liebt die Sünder und ißt mit ihnen (Matth. 9, I I; Luk. 15, 2). FÜr die Kranken und Armen wirkt Er sogar Wunder auf Wunder. Das ist nicht ihr Mann. Sie verlangen nach einem harten, strengen Bußprediger, wie J ohannes einer gewesen war. Sie ärgern sich an Jesus und spielen Johal1nes gegen Ihn aus. Sie kommen zu J ohal1nes und klagen bei ihm: Wir können dein Werk nicht weiterfÜhren: jener steht

40 1. DeI heilig-c Advent: Z\\eite \Vochc.

uns im Wege. Er zieht das Volk an sich. Johannes aber läßt sich auf solche Zumutungen nicht ein. Ihm ist nur darum zu tun, daß seine Jünger J esu Jünger wÜrden. Er steht Über allem Neid und Über allen Schmeicheleien. Er will nichts davon wissen, daß seine JÜnger sich an seine Person verlieren und so dem Meister ferne bleiben. Er wählt zwei der Unzufriedenen aus und sendet sie zu Jesus ab. Sie sollen Ihn fragen: "Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir einen andern erwarten?" Es ist die Sorge des Johannes um seine Jünger, daß sie zu Jesus kommen und in Ihm die 'Wahrheit und das Leben finden. Er sucht nichts fÜr sich, er lebt nur den Interessen Jesu und dem Seelenheil seiner JÜnger! J ohannes, der Wegebereiter, Symbol der Kirche: sie führt uns Über sich hinaus, zu dem, der da kommen soll, zu Jesus.

"B ist D u es, der da kom m e n soll, oder sollen wir auf einen andern warten?" Diese große Frage der Johannesjünger, des Volkes Israel, der Menschheit! Und Jesus gibt die Antwort, klar, jedem verständlich. Ein machtvolles : Ja, Ich bin es. Nicht in Worten, sondern in Werken: "Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden gereinigt, Taube hören, Tote stehen auf. Armen wird die frohe Botschaft verkÜndigt." Das Reich Gottes trägt das Kennzeichen der helfenden, werktätigen Liebe an sich. In Jesus ist also in Wahrheit das Reich Gottes auf Erden erschienen. Er ist die personifizierte erlösende, helfende Liebe, die sich der Armen annimmt, die sich zu den Kranken herabläßt und sie heilt, die selbst vor dem Aussatze nicht zurückschreckt und den Tod meistert. So kommt Er heute in der heiligen Messe, in der heiligen Kommunion in unsere Mitte, in unser Herz und lebt Tag und Nacht im Tabernakel, um uns mit Seiner helfenden Liebe zu beglÜcken. Wir sind der heiligen Liturgie die Blinden, die Lahmen, die Unreinen, die Toten. Liebend steigt Er zu uns

Montag: "Bist Du es, der da kommen soll?" 4 1

hernieder, heute, morgen, Übermorgen, täglich neu, um an uns Sein Werk der erlösenden, helfenden, heilenden Liebe zu wirken. "Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Tote stehen auf." Nein, wir brauchen auf keinen andern zu warten. Er ist's, der da kommen soll. Er ist da! Wir bejahen Ihn freudig, dankbar, mit ganzer Seele. Wir gehen in Ihn ein und lassen uns in dem Opfer der heiligen Messe und im Empfang der heiligen Kommunion uns Ihm neu einverleiben, um Sein Leben mitzuleben. Hier, im Opfer der heiligen Messe und in der heiligen Kommunion, zu FÜßen des Tabernakels erfahren wir es täglich aufs neue, daß Er es ist und daß Er in uns wirkt: Blinde sehen, Gelähmte gehen, Tote stehen auf. Er ist es, dell wir erwartet haben, den wir brauchen. Er genÜgt uns, Er allein, In Ihm haben wir alles, die Wahrheit' den Weg, das Leben, Gott, den Himmel.

3. "über dir, Jerusalem, geht (wie die Sonne am Morgen) der Herr auf, und Seine Herrlichkeit leuchtet in dir auf." So singt die Kirche in diesen Tagen. J erusalem ist der heiligen Liturgie Maria, die Gottesträgerin; die Kirche; die religiöse Gemeinschaft der Pfarrei, der christlichen Familie, des Klosters, über dir, Jerusalem, geht der Herr auf: in der Feier der heiligen Messe, im Empfang der h.eiligen Kommunion, an Weihnachten. Und die Frucht? "Seine Herrlichkeit", Sein Geist, Sein Leben, Seine Tugend, Seine Geduld, Seine liebende Hingabe an den Nächsten, Seine werktätige, helfende Liebe strahlt in der christusdurchlebtell Kirche, Gemeinschaft, Seele auf. Der Christ ist ein anderer Christus,

"Der Gott der Geduld und des Trostes verleihe euch, daß ihr ein e s Sinnes untereinander seid nach dem Vorbilde Jesu Christi, damit ihr einmÜtig, mit ein e m Munde den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus verherrlichet, Daher nehme ein jeder von euch sich des andern an,

42 1. Der heilige Advent: Zweite Woche.

wie auch J esus sich euer angenommen hat, zur Ehre Gottes" (Epistel). Daß nur die heilige Liturgie mit diesen WOI-ten nicht tauben Ohren predige! Wie weit sind wir noch vom wahren Adventsgeist entfernt!

Ge b e t.

RÜttle auf, 0 Herr, unsere Herzen, auf daß WIr Deinem Eingeborenen die Wege bereiten und Dir zu dienen vermögen mit einem Herzen, geläutert durch die Ankunft Dessen, der mit Dir lebt und herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Erzeige uns, Herr, Deine Barmherzigkeit und gib uns Dein Heil (Christus).

Dienstag der zweiten Adventswoche.

Johannes der Täufer.

1. . In dieser "'"oche führt die heilige Liturgie die imponierende Adventsgestalt des Täufers ein. Er ist bereits im Gefängnis. Aber auch im Gefängnis arbeitet er, der Wegbereiter, fÜr die Sache Jesu und sucht diejenigen, die bisher sich an ihn angeschlossen hatten, zu J esus zu führen. Er kennt nur Jesus.

2. Der T ä 11 f erd erG e s chi c h t e, der Vergangenheit, hat schon in jungen Jahren alles verlassen und hat sich in die rauhe WÜste mit ihrem Schweigen zurÜckgezogen. "Der Knabe wuchs und erstarkte im Geiste. Er lebte in der WÜste bis zu dem Tage, da er vor Israel auftrat", berichtet der heilige Lukas (I, 80), Er ist ein Mann des Geistes, der Innerlichkeit, des Schweigens, des Umgangs mit Gott. Nie hat er die WÜste verlassen, um die Seinen zu besuchen, oder um Denj enigen einmal zu sehen, dem er die Wege zu bereiten hatte. Wie zog es ihn zu Ihm hin! Aber er kannte nur eines: den Auftrag Gottes, die Stimme des Heiligen Geistes, der ihn leitete. Er trägt ein Kleid aus Kamcl-

Dienstag: johallnes der T~iufer. 43

haaren und einen Gürtel aus Leder. Seine Nahrung bilden Heuschrecken und wilder Honig, das wenige, was die WÜste bieten kann. Keine Bequemlichkeit: eine Felsenhöhle ist seine Wohnung, ein Stein seine Lagerstätte. Der Tag ist angebrochen, da er 'ior Israel auftreten soll. Er kommt an den Jordan. Er predigt Buße, denn das Gottesreich ist nahe. Er tauft die Massen: sie wollen mit dieser Taufe das Bekenntnis ihrer SÜnden und die Bereitschaft zur Buße und SÜhne ablegen. Tausende und Tausende kommen, den Täufer zu hören. Sie glauben, er wäre der verheißene Messias, oder Elias. Aber er verkÜndet es laut und deutlich: "Ich bin es nicht. Ich bin nur die Stimme des Rufenden in der WÜste: Bereitet den Weg des Herrn. Ich taufe mit Wasser. Aber der nach mir kommt, ist mächtiger als ich. Ich bin IJicht wert, Ihm die Schuhe zu tragen. Er wird euch mit dem Heiligen Geiste und mit Feuer taufen" (Matth. 3, I ff.; Joh. I, 20). Ihm stellt der Herr im Evangelium das Zeugnis aus:

"Was seid ihr hinausgegangen in die WÜste? Was wolltet ihr denn sehen? Etwa ein Schilfrohr, das vom Winde hin und her getrieben wird? Oder einen Mann in weichlichen Kleidern? ... Oder einen Propheten? Ja, ich sage euch, mehr als einen Propheten. Er ist es, von dem geschrieben steht: Siehe, Ich sende Meinen Boten vor Dir her, daß er Dir den Weg bereite." Johannes, der Mann der ZurÜckgezogenheit, der heiligen Sammlung, des Lebens mit Gott, der Charakterfestigkeit, der Pflichttreue, der Abtötung und Selbstzucht, des lebendigsten Glaubens an Jesus, der heiligsten Ehrfurcht vor Ihm, ncr tiefsten Demut. Siehe da, wer dem Herrn den Weg bereitet, ins eigene Herz, in die Herzen der andern! Sieh da die Verkörperung des Advents! Uns ein Vorbild, ein Weg!

Der Täufer als Typus der heiligen Kir c h e, Johannes ist längst gestorben. Sein Haupt ist unter der Hand des grausamen Henkers ge-

4-1 I. Der heilige Advtnt Zweite \\'oche.

fallen. Er ist das Opfer der Rachsucht des Weibes geworden. Indes er lebt weiter in der Kirche. Seine Mission ist auf die heilige Kirche Übergegangen. Sie ist in der heiligen Liturgie des Advents der Wegebereiter am Jordan. Sie lebt sein Leben der ZurÜckgezogenheit, des Gebetes, des Umganges mit Gott, der Abtötung und Buße im heiligen Advent weiter und predigt Buße. "Bringet wÜrdige FrÜchte der Buße", ruft sie im Advent ihren Kindern zu. "Verlaßt euch nicht darauf, daß ihr sagt: Wir haben Abraham zum Vater", wir sind getauft, Christen. "Denn ich sage euch, Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen hier Kinder erwecken. Schon ist die Axt an die Wurzel gelegt. Jeder Baum, der keine guten FrÜchte trägt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen." Tut Buße! Der Herr ist nahe. "Mit der Wurfschaufel in Seiner Hand wird Er Seine Tenne reinigen: den Weizen wird Er in Seine Scheune bringen, die Spreu aber in unauslöschlichem Feuer verbrennen" (Matth . .3, 8 ff.). Ein and-erer Johannes weist uns die Kirche auf den im Opfer der heiligen Messe, im Geheimnis der Weihnacht. und Epiphanie erscheinenden Heiland hin: ,Ecce agnus Dei - Siehe das Lamm Gottes, das die SÜnden der V..relt hinwegnimmt" (Joh. I, 29). Ja, sie gibt uns Jesus, den Erlöser und Seine Gnade in der heiligen Taufe, im Sakrament der Buße, insbesondere im Sakrament der heiligen Eucharistie, im Tabernakel. Die heilige Kirche die Wegebereiterin. An Hand ihres Glaubens, ihres Dogmas, ihrer Sittenlehre, ihrer Sakramente, ihrer Liturgie, ihres Geistes, gehen wir zu Christus, dem Erlöser. Wir lauschen ihrer Adventspredigt. Wir gehen ganz in ihre Adventsstimmung, in ihr Adventssehnen, in ihre Adventsliturgie ein! An der Hand der Kirche zu Jesus!

3. Adventsbereitung. Jeder von uns muß ein Wegebereiter, ein J ohannes sein. Von jedem von uns muß der lIerr bezeugen können: Er ist •• icht

Mittwoch: Gott wendet sich zu uns. 45

"ein Schilfrohr, das vom Winde hin und her geworfen wird". Er ist vom Geiste gefestigt, unwandelbar in seinen christlichen Grundsätzen, treu in der PflichterfÜllung. Ob man ihn lästert, ob man ihn lobt und ihm schmeichelt, ob ihm das GlÜck hold sei oder clas UnglÜck ihn verfolge: er wankt nicht. So sehr ist er im Glaube'n und in der Liebe zu Gott und Christus gefestigt. Er "trägt nicht weichliche Kleider". Er ist ein Johannes, ein Mann der Abtötung, der Buße, der christlichen Selbstzucht. Als ein anderer Täufer, als Männer von Charakter und Selbstzucht, als christliche Persönlichkeiten gehen wir dem Herrn entgegen, so oft Er in der heiligen Messe, in der heiligen Kommunion, in der heiligen Weihnacht erscheint!

Wir leben in diesen Wochen mit der Liturgie der Kirche. So bereiten wir uns am sichersten und fruchtbarsten auf Weihnachten vor und machen uns der Gnade und Segnungen der Weihnachtsfeier teilhaftig - in der Gemeinschaft der heiligen Kirche.

Ge b e t.

RÜttle auf, 0 Herr, unsere Herzen, auf daß wir Deinem Eingeborenen die vVege bereiten und Dir zu dienen vermögen mit reinem Herzen, geläutert durch die Ankunft dessen, der mit Dir lebt und herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Mittwoch der zweiten Adventswoche.

G 0 t t wen d e t s ich z u uns.

1. "Volk von Sion, siehe, der Herr wird kommen, die Heiden zu erlösen. Und der Herr wird hören lassen Sein majestätisches vVort zur Freude eures Herzens" (Introitus). Das Wort der Erlösung:

"Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf, Armen wird uas Evangelium verkündet." Die trostvolle Bot-

46 1. Der heilige Advent: Zweite Woche.

schaft des Advents an das Volk von Sion, an uns. Wir sind der Liturgie des Advents die Blinden, die Lahmen, die Unreinen, die Tauben. Wir sehnen uns nach dem Erlöser und flehen im Opfergang der heutigen Messe: "Gott, wende Dich zu uns und gib uns neues Leben. Dann wird Dein Volk in Dir sich freuen" (Offertorium).

2. "Gott, wende Dich zu uns." Nie empfinden und durchleben wir die Schrecken der Unerlöstheit und die Sehnsucht nach dem Erlösergott so tief, so wuchtig, wie in diesen Wochen des Advents. Nie fühlen wir uns so sehr als die Blinden, die Lahme'n, die Aussätzigen, die Tauben und Toten des heutigen Evangeliums. Wir sind erlöst. Wir dürfen glauben, daß wir im Stande der Gnade und der Gottverbundenheit sind, lebendige Glieder des Gnadenorganismus des mystischen Leibes Christi. Wir anerkennen dankbar, was die Gnade in uns wirkt. Aber dabei bleibt es wahr: wir sind nicht, was wir sein sollten und entsprechend den Gnaden, die wir beständig vom Haupte Christus eingeströmt" erhalten, sein könnten und sein müßten, Noch sind wir in vieler Hinsicht nicht vollkommen erlöst. In vielen StÜcken sind wir noch blind, den Täuschungen durch die Dinge der Erde, durch die Menschen, durch Satan, durch die Eigenliebe, durch die Leidenschaften unterworfen. In vielen Stücken sind wir gelähmt, unfrei, abhängig von Leidenschaft, von Menschenrücksicht, von bestimmten Einflüssen von außen, von bestimmten Gelegenheiten und Gewohnheiten. Das Opfer der Unbeständigkeit, der Laune, der Unruhe, der Aufregungen, der Übertriebenen Angstlichkeit und der Skrupel. Unrein in unseren Gedanken, Absichten, BeweggrÜnden: auch das Gebet, die heiligsten Bestrebungen und Werke sind von unserer Eitelkeit, Eigenliebe, Ehrsucht, Selbstgefälligkeit befleckt. So viel Unerlöstes in uns, so viel Halbes, Unvollkommenes, Unreines! Aus der Not unserer

M itlwQch: Gott wendet sich zu uns. 47

Unerlöstheit schauen wir voll Vertrauen und Sehnsucht zu Demj enigen empor, der in der heiligen Messe, in der heiligen Kommunion, an Weihnachten zum Volk von Sion, in das neue Jerusalem der Kirche, der christlichen Seele kommt: "Gott, wende Dich zu uns. Erzeige UllS, 0 Herr, heute in Deiner Ankunft auf dem Altar, in unseren Herzen, Deine Barmherzigkeit und schenke uns allen, der Gesamtheit der hl. Kirche und jedem einzelnen aus dem Volk von Sion Dein Heill"

"Und gib uns neues Leben." Lebenssteige_ rung. Neues Blut, neuer Mut, neue Frische, neue Kraft, neue Lebensfreude aus elen Quellen des Erlösers. Sie fließen am Altar. Wir legen im Opfergang der heiligen Messe durch die Hand des zelebrierenden Priesters unsere Gaben auf den Altar:

Brot und Wein. Im Brot und Wein uns selbst, unsere ganze Person, unser Herz, unser Leben. Wenige Minuten, dann senkt sich die Kraft des Allerhöchsten Über das Brot und Über den Wein: sie sind umgewandelt in den wahren Leib und in das wahre Blut des Herrn. Der lebendige, lebenspendende, verklärte Herr. Was an Brot und Wein vor sich geht, das vollzieht sich in der heiligen Messe geheimnisvoll an uns. Der Herr kommt in der heiligen Wandlung, in der heiligen Kommunion, am heiligen Weihnachtsfest, um uns mit Seinem Leben zu erfÜllen. Sein Leben ist Licht und heilt unsere Blindheit. Sein Leben ist Kraft und Frische und heilt unsere Lahmheit. Sein Leben ist Reinheit, Lauterkeit und befreit uns von aller Unreinheit. Sein Leben ist Hingabe an den Willen und das Wohlgefallen des Vaters und heilt unsere _Taubheit. Sein Leben ist Unsterblichkeit, unendliche Fülle und erweckt uns zum vollen heiligen Leben. "Ich bin gekommen, auf daß sie das Leben haben und es Überreich haben" (Joh. 10 10). Wir haben das Leben der Gnade, der Tugenden. Aber wir haben es noch nicht in seiner FiilJe. Es will. e~ muß

48 1. Der heilige Advent: Zweite Woche.

wachsen: in der heiligen Kirche, in unserer Familie, Gemeinschaft, in unserer eigenen Seele. "Wer gerecht ist, werde gerechter, und wer heilig ist, werde heiliger" (Geh. Offb. 22, II). Wie viel kräftiger, herrlicher sollte das Leben der Gnade in uns erblÜhen i Wie vollkommener müßte unser Denken, unser Streben, unser Beten sein! Unsere Hingabe an Gott, unser Gehorsam, unsere Abtötung und Loslösung von dem, was nicht Gott ist. Unsere Liebe zum Nächsten! Wir fÜhlen es im heiligen Advent: wir brauchen neues, kräftiges, frisches Leben in unsern Adern. Weihnachten will es uns geben.

3. "Wenn wir (in der heiligen Taufe) mit Christus gestorben sind, glauben wir, daß wir auch mit Ihm leben werden. Wir wissen ja, daß Christus, von den Toten auferstanden, nicht mehr stirbt. Sofern Er gestorben ist, ist Er ein fÜr allemal der SÜnde tot; sofern Er lebt, lebt Er fÜr Gott" (Röm. 0, 8 ff.), "In Christus Jesus leben auch wir, der SÜnde tot, fÜr Gott" (Röm. 6, II). Wir leben Jesu Leben mit. Wir leben es weiter. Wir die Zweige, Er der Weinstock. Ein Leben in dem Weinstock und in den Zweigen. Auf uns kommt es an, daß wir uns Seinem Leben aufschließen. Daß wir es mit verlangendem Herzen aufnehmen. Daß wir ihm nicht den \"Veg verlegen, wenn es sich uns in der heiligen Weihnacht, in der heiligen Kommunion, in den Einsprechungen und Anregungen der Gnade ins Herz senken will.

,Esurientes implevit bonis, et divites dimisit inanes - Die Verlangenden erfÜllt Er mit GÜtern (Gnaden), die Satten läßt Er leer ausgehen" (Luk. I·, 53).

Ge b e t.

Gott, wende Dich zu uns und gib uns neues Leben. Dann wird Dein Volk in Dir sich freuen. Erzeige uns, 0 Herr, Deine Barmherzigkeit und schenke uns Dein Heil.

Vigil \'on Mariä Empfangnis: "Auf heiligen Bergen." 49

Wir bitten Dich, 0 Herr, laß Dich versöhnen durch unsere demÜtigen Gebete und Opfergaben. Und da keine eigenen Verdienste zu unsern Gunsteq sprechen, so eile uns mit Deinem Schutze zu Hilfe. Durch Christus unsern Herrn. Amen .

.vigil des Festes

der Unbefleckten Empfängnis Mariä.

"A u f he i I i gen Be r gen."

1. "Wer ist denn jene, die dort erscheint, gleich wie aufleuchtendes Morgenrot, schön wie der Mond, erlesen wie die Sonne, furchtbar gleich einem Heere in Schlachtordnung?" (Communio). Die Morgenröte der Erlösung bricht an, in Maria der Unbefleckten. Wir begrÜßen sie freudig. "Feindschaft will ich setzen zwischen dir (Satan) und dem Weibe, zwischen deinem Samen und ihrem Samen: er wird dir den Kopf zertreten ... " (I Mos. 3, 15)·

2. "D i eWe i s h e i t hat s ich ein Hau s e rbau t" in Maria, der Unbefleckten. "Sieben Säulen ließ Sie darin erstehen." Die starken Säulen der GnadenfÜlle und der Tugenden: der drei göttlichen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe und der vier ÜbernatÜrlichen Kardinaltugenden der Klugheit (vVeisheit), der Gerechtigkeit, der Mäßigkeit und der Stärke, "Voll der Gnade." "Auf heiligen Bergen liegt Seine Gründung." Sein ganzes menschliches Dasein und Lehen, Wirken und Leiden hat der Herr auf heiligen Bergen, auf Maria, die Reine, Unbefleckte, begrÜndet, da Er sie sich zur Mutter auserkor und aus ihr unsere Natur annahm. Maria ist der heilige Berg, alle andern Berge und HÜgel, d. i. Menschen und Engel, an Gnade und Heiligkeit himmelhoch ÜberrageJl(I. Wahrlich, "der Herr liebt die Tore Sions mehr als alle Wohnstätten Jakobs". Er liebt Maria mehr und tut an ihr mehr als an irgend jemand anders,

RaIlT. '\\'-erdp Licht! r

4

50 1. Der heilige Advent: Zweite Woche.

seien es Menschen, seien es Engel. Maria soll Ihm ja Mutter sein! Wir freuen uns Über das Große, das der Herr an Maria, unserer lieben Mutter, gewirkt, und danken Ihm dafÜr (Graduale).

"E i n e m We ins t 0 c k gl e ich b r i n g' ich sÜße, duftende Früchte hervor, und meine BlÜten tragen herrliche Edelfrucht. Ich bin die Mutter (die Quelle) der schönen Liebe und der Gottesfurcht, der Erkenntnis und der heiligen Hoffnung. Bei mir ist alle Gnade (Christus, der Urquell der Gnade) des guten Wandels und der 'Vahrheit (d. i. die Gnade zu einem guten Wandel und zum rechten Verhalten gegen Gott und gegen die Menschen), bei mir ist alle Hoffnung des Lebens und der Tugend (Christus, der Urgrund des Lebens und der Tugend, die wir erstreben, erhoffen), Kommet alle zu mir, die ihr mich begehrt, und sättigt euch an meinen FrÜchten. Die mich genießen, hungern nach mehr, und die mich trinken, dürsten nach mehr. Wer auf mich hört, wird nicht zuschanden, und wer um mich sich müht, sÜndigt nicht. Wer mich verherrlicht, erhält das ewige Leben" (Epistel).

3. Maria, das Haus, das sich die ewige Weisheit erbaut, und der Weinstock voll herrlicher EdelfrÜchte, Sie hat J esus, das Heil. "Kommet alle zu mir." Ja, wir kommen, Maria zu schauen und bei ihr Jesus zu finden, unser alles. "Wer ist denll jene, die dort erscheint, gleich wie aufleuchtendes Morgenrot, schön wie der Mond, erlesen wie die Sonne?" So singt die Kirche zur Ausspendung der heiligen Kommunion. Maria, die Unbefleckte, ist die Morgenröte: durch sie, die Reine, haben wir die Gnade der heiligen Eucharistie, der heiligen Kommunion.

"Auf heiligen Bergen liegt Seine GrÜndung." Wo Er sich eine Wohnstätte sucht, da verlangt Er, daß sie heilig sei. Was also, wenn Er heute in der heiligen Kommunion in mir Seine WohnsÜtte

. 8. Dez.: Fest Mariä Empfiingnis: "Ganz schön bist du." 5 1 . nimmt? Da flÜchte ich mich zur Reinen, zur Mutter, daß sie mich in ihre Reinheit hÜlle.

"Auf heiligen Bergen liegt Seine GrÜndung."

Was also, wenn Er am Ende der Tag-e wiederkommt, uns heimzuholen in die lichten, heilig-en Gezelte des himmlischen Sion? Dort ist lautere Heiligkeit. Und nichts Unreines kann dorthin eingehen. Wie rein, heilig muß also der Advent meines Erdenlebens sein, daß ich zum seligen Weihnachten des Himmels zugeiassen werden kann!

Ge b e t.

o Gott, Du bewahrtest die Mutter Deines Eingeborenen bei ihrer Empfängnis wunderbar vor der Erbschuld; laß uns, wir bitten Dich, durch ihre FÜrsprache beschirmt, reinen Herzens an ihrem Feste teilnehmen, Durch Ihn, unsern Herrn J esus Christus, Amen.

8. Dezember: Fest Mariä Empfängnis.

"Ganz schön bist du."

I. Mitten in den Advent hinein stellt die heilige Liturgie das Lichtfest Mariä Empfängnis. In Maria geht uns die Sonne der Erlösung auf und wird die heilige Weihnacht eingeleitet. Der Sohn Gottes meldet Seine Ankunft an.

2. "Ganz schön bist du, Maria: die ErbsÜnde ist nicht an dir." Wenn wir Adamskinder ins Dasein treten, ergießt sich Über uns im gleichen Moment, da wir zu sein beginnen, der Schmutz und der Fluch der ErbsÜnde. Vom ersten Augenblick unseres Lebens an sind wir Kinder des Zornes Gottes, ein Gegenstand Seines Abscheues und Ekels. So häßlich, so unschön, abstoßend und unwert hat uns die SÜnde gemacht, die ihren Schlamm Über unsere Seele und unsere Person ergossen hat. Anders Maria. In ihr ist vom ersten Augenblick ihres Daseins an alles Reinheit, Gnade, Heiligkeit, Gott-

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S2

I. Der heilige Advent.

gefälligkeit, himmlische Schönheit und Herrlichkeit. Sie allein, die einzige aus dem gesamten M enschengeschlecht, ist vom Hauche der SÜnde völlig unberÜhrt, die unversehrte Lilie. Ganz Reinheit, Licht. "Ganz schön bist du, Maria. An dir ist keine Makel der ErbsÜnde. Dein Kleid ist weiß wie Schnee, dein Antlitz lichtstrahlend wie die Sonne. Du bist der Ruhm Jerusalems (der Kirche), du die Freude Israels, du die Ehre unseres Volkes." "Nichts Unreines ist an ihr. Sie ist ein Abglanz der ewigen Sonne, ein Spiegel ohne Flecken, reiner als die Sonne, weißer als Schnee" (Antiphonen der Vesper, Responsorien der Mette). Ja, so muß diejenige sein, in welcher Gott Wohnung nehmen will. Licht, Reinheit, Unbeflecktheit, ein reiner Spiegel der Herrlichkeit und Heiligkeit Gottes! Zum Reinen kommt Gott.

"Gaudens gaudebo in Domino - Voll de'i Frohlockens bin ich im Herrn" (Introitus). Freudig stimmen wir mit der heiligen Kirche in diesen Jubel ein, der aus dem dankbaren Herzen der unbefleckt Empfangenen zum Throne Gottes emporsteigt. Es ist auch unser Dankesjubel. Wir wissen uns ja mit der Unbefleckten eins, im mystischen Leibe Christi. Wir bewundern Maria nicht bloß, wir wissen uns eins mit ihr: die Unbefleckte, die Reine, die Gnadenvolle ist unser. Ihre Gnade, ihre Reinheit, ihre Tugend gehört uns. Sie hat diese Schätze nicht so sehr fÜr ihre Person, als vielmehr fÜr uns, ihre Kinder, für die Gemeinschaft des Leibes Christi empfangen. In der Kraft ihrer Unbeflecktheit und absoluten Reinheit konnte und clurfte sie den Sohn Gottes empfangen. In der Kcaft der Unbefleckten Empfängnis konnte sie, die zweite Eva, die jungfräuliche Gehilfin des zweiten Adam, an dem Erlösungswerke des Herrn dienend mitwirken und uns die Versöhnung mit Gott, die Verzeihung unserer Sünden, die Gnade und das zeitliche und ewige Heil mitverdienen. Alles, was

8. Dez.: Fest Mariä Empfangnis: "Ganz schön bist du~" 5 3 wir an Gnade und innern ReichtÜmern besitzen, haben wir von Gott durch Christus und Seine unbefleckte Mutter, die treue Gehilfin am Werke der Erlösung. Mariens Unbefleckte Empfängnis, Reinheit, GnadenfÜlle gehört uns, der Gemeinschaft des Leibes Christi. Deshalb jubeln wir, in der Einheit des Leibes Christi mit Maria eins geworden, aus dem Herzen Mariens und aus dem Herzen der heiligen Kirche: "Voll des Frohlockens bin ich im Herrn, und meine Seele jauchzt auf in Gott; denn Er hat mich in Gewänder des Heils (der Gnade) gekleidet, hat mich umhÜllt mit dem Mantel der Gerechtigkeit (Heiligkeit, TugendfÜlle), wie eine Braut im Schmucke ihres Geschmeides" (Is. 6T, TO).

3. "Ganz schön bist du, Maria. In dir ist nicht der ErbsÜnde MakeL" "Ave Maria. Sei gegrÜßt, du Gnadenvolle, der Herr ist mit dir. Du bist gesegnet unter den Frauen" (Offertorium), "Sei gegrüßt, du Gnadenvolle, Über alle Heiligen, heilig, erhabener als die Chöre der Engel, erhaben Über jede Kreatur. Sei gegrÜßt, du reine Taube, die du den ölzweig trägst und den nahen Erlöser verkÜndigst, der uns der geistigen Sintflut entreißt. Sei gegrüßt, du herrliches Paradies, von Gottes Hand im Osten· (Aufgang der Sonne) gepflanzt, in welchem die unvergleichliche Rose (Christus) aufblÜht, zur Heilung derer, die im Westen (Untergang der Sonne) den Gifttrank des Todes getrunken" (Lesung der Mette).

"Ganz schön bist du, Maria." Ganz rein muß die Seele sein, in der Gott Wohnung nehmen will. "Domum tuam, D0mine, decet sanctitudo - Die Stätte, die Du Dir, Herr, zur Wohnung nimmst, muß heilig sein" (Ps. 92, 5)·

Reinheit, Heiligkeit, heiligmachende Gnade, Tugend, Gottvereinigung, das sind die Dinge, die vor Gott Wert haben. Nicht irdischer. Besitz, mensch-

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l. Der heilige Advent.

liche Größe und Werte, körperliche Schönheit, Geltung bei den Menschen, Ehre und irdischer Glanz. "Trahe nos post te - Ziehe uns, Unbefleckte, dir nach!" Wir verlangen nach Reinheit! Erlange du, Reine, uns Reinheit!

Ge b e t.

Gott, Du hast durch die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Deinem Sohne eine wÜrdige Wohnstatt bereitet. Nun bitten wir Dich: wie Du sie in Voraussicht des Todes Deines Sohnes vor aller Makel bewahrt hast, so laß auf ihre FÜrbitte auch uns rein zu Dir gelangen. Durch denselben Christus, Deinen Sohn, unsern Herrn. Amen,

Erster Tag

in der Oktav des Festes Mariä Empfängnis.

"Gesegnet bist du, Maria'"

I. "Ganz schön bist du, Maria. In dir ist nicht der ErbsÜnde Makel. Alleluja." So jubelt heute die heilige Kirche der Jungfrau, Mutter zu. Wir schließen uns ihr an.

2. "Der Herr besaß mich (die ewige Weisheit) im Anfang Seiner Wege, von Anbeginn an, noch bevor Er etwas geschaffen" (Epistel). Maria ist gleichsam in d·ie ewige Weisheit, die einst Mensch werden soll, aufgenommen, in Sie gekleidet, Ihrer Person, Ihrer Reinheit, Ihrem Glanz, Ihrem Schaffen auf Erden engstens verbunden. Im gleichen Ratschluß, mit dem Gott die Menschwerdung Seines ewigen Sohnes beschlossen, sind auch die Anfänge der zukÜnftigen Gottesmutter miterdacht und mitgewollt. "Der Herr besaß mich im Anfang Seiner Wege." Maria ist von Ewigkeit her von Gott in ihrer engsten Verbundenheit und Einheit mit dem Sohne Gottes, der göttlichen Weisheit, die in ihr Fleisch annehmen wird, ersonnen und

?ktav von Mariä EmpHingnis: "Gesegnet bist du," 55 gesehen. Sie steht ganz drinnen in dem Lichte, in der Reinheit, im strahlenden Glanze der göttlichen Weisheit und ist so selber ganz Weisheit, Reinheit, Licht, Heiligkeit. So schauen wir sie bewundernd mit der heiligen Liturgie, die in die göttliche Weisheit geKleidete Jungfrau, den Sitz der Weisheit. "Meine Kinder, höret auf mich. Selig, die auf meine Wege achten. Selig, wer auf mich hört und an meinen Türen wacht alle Tage. Wer mich findet, findet das Leben und schöpft das Heil vom Herrn."

Maria ist der Liturgie des heutigen Festes die s t a r k e Fra u, die der Schlange den Kopf zertritt und die Feinde des Gottesreiches der heiligen Kirche und der Einzelseelen siegreich überwindet. Maria ist die Judith des neuen Gottesvolkes. Sie rettet die Kirche, die Seelen aus der Hand des Holofernes. Jubelnd, dankerfÜllten Herzens gehen wir ihr entgegen und begrÜßen sie am Tage ihres Sieges Über die ErbsÜnde und Über Satan:

"Gesegnet bist du, Jungfrau Maria, vom Herrn, dem großen Gott, vor allen Frauen der Erde. Du bist der Ruhm Jerusalems (der heiligen Kirche), du die Freude Israels, du die Ehre unseres Volke,;" (Graduale). Du wirst auch heute der Schlange den Kopf zertreten, die mit so unerhörter Wut gegen Christus und die Christen ankämpft .. Wir flüchten uns zu dir, der Unbetleckten, Unbesiegten, der starken Jungfrau.

Maria ist der heiligen Liturgie die G n ade n voll e. "In jener Zeit ward der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt Galiläas zu einer Jungfrau namens Maria gesandt. Der Engel trat bei ihr ein und sprach: ,Gegrüßet seist du, voll der Gnade. Der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Weibern'" (Evangelium). "Voll der Gnade." "Er hat mich gekleidet in das Gewand des Heils (der heiligmachenden Gnade) und hat mich umhÜllt mit dem Mantel der Gerechtigkeit (Heilig-

I. Der heilige Advent.

keit), wie eine Braut im Schmuck ihres Geschmeides" (Introitus). Im ersten Augenblick ihres Daseins, in ihrer Empfängnis schon die Gnadenvolle. Reicher an Gnade als irgend ein Engel oder Erzengel des Himmels. Reichel an Gnade und schöner an ÜbernatÜrlicher Herrlichkeit, als es der Heiligste der Heiligen unserer Kirche am Ende seines Lebens ist, im Vollglanz seiner geistlichen Reife und Vollendung ist. "Ganz schön bist du, Maria."

3· "Des Stromes vVogendrang (= der Gnaden Überreiche Fülle) erfreut die Gottesstadt (Maria). In ihrer Mitte wohnet Gott: darum wankt sie nicht. Gott schÜtzt sie schon am frühen Morgen (in ihrer Empfängnis). Kommt her und schauet J ahwes Taten, die herrlichen, die Er vollbracht auf Erden (an Maria). Er scheucht die Kriege bis .alls Ende der Erde, zerbricht den. Bogen, knickt die Lanze (Satans, der ErbsÜnde), verbrennt den Schild im Feuer. So erwäget und erkennet: Ich bin Gott, erhaben Über alle Völker, Über alle Welt. Der Herr der Heere ist mit uns (in Maria), und Jakobs Gott ist unser Schirmherr" (Ps. 45, 5 ff.).

Reinheit ist Gottverbundenheit, Gottesbesitz. Reinheit ist Kraft und Sieg. Reinheit ist Reichtum an Gnade, "Selig, die reinen Herzens sind" (Matth. 5, 8).

"Trahe nos post te, virgo immaculata - Ziehe uns dir nach, unbefleckte Jungfrau,"

Ge b e t.

Gott, Du hast durch die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Deinem Sohne eine wÜrdige Wohnstatt bereitet. Nun bitten wir Dich: wie Du sie in Voraussicht des Todes Deines Sohnes vor aller Makel bewahrt hast, so laß auf ihre FÜrbitte auch uns rein zu Dir gelangen. Durch denselben Christus, Deinen Sohn, unsern Herrn. Amen,

Oktav von :-hriä Empfangnis FrucJnbarc Reinheit. 57

Zweiter Tag

in der Oktav des Festes Mariä Empfängms.

F r u c h t bar e R ein h e i t.

1. Das Geheimnis der Jungfrau-Mutter, die uns in der heiligen Weihnacht den Erlöser schenkt, gründet auf der Unbefleckten Empfängnis, auf der Reinheit. Weihnachten verlangt reine Herzen und reinen Sinn.

2. "Deus, qui per Immaculatam Virgin i s Co n c e pt ion e m dignum Filio tuo habitaculum praeparasti - Gott, der Du durch die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Deinem Sohne eine würdige Wohnstatt bereitet hast," Eine würdige Wohnung. Deshalb eine Mutter, die vollkommen rein ist: frei von jeder persönlichen SÜnde, von jeder ungeordneten Regung; eine Mutter, nicht erst nach dem Beginn ihres Daseins vom Schmutz der Erbsünde gereinigt, sondern vor jeder BerÜhrung mit der ErbsÜnde vollkommen bewahrt, "Feindschaft will Ich (Gott) setzen zwischen dir (der Schlange, dem Teufel) und dem Weibe (Maria)", eine vollkommene, absolute Feindschaft (r tI'los. 3, 15). So tritt Maria ins Dasein, in makelloser Reinheit und Schönheit, ganz erfüllt vom Lichte und von der Herrlichkeit der göttlichen Gnade, ein wÜrdiges Zelt des heiligen Gottes, dem sie Mutter werden soll. Zum Reinen kommt der Heiland. Weihnachten verlangt reine Herzen.

"T 0 t a pul c h r a es M ar i a - Ganz schön bist du, Maria." Ein Geist, vom reinsten Lichte erhellt, ein Wille, ganz dem Willen Gottes geeint, ein Herz, frei von jeder ungeordneten Regung und Begierlichkeit, Ein tiefster Abscheu vor jeder Sünde, ein machtvoller Drang zum Guten, eine beständige Vereinigung mit Gott, ein gänzliches Vergessen ihrer selbst. "Ganz schön bist du, Maria, und kein Makel ist an dir." Ave, gratia plena Sei gegrüßt, du Gnadenvolle, Weil rein, deshalb

I. Der heilige Advent.

der Gnaden voll, weil voll der Gnaden, deshalb ist der Herr mit dir und bist du die Gebenedeite unter den Weibern. Ave, Maria. Durch dich, die Reine, haben wir das Leben, das Heil, Christus, den Himmel. Fruchtbare Reinheit!

3. "Gott minnt mit ganz besonderer Treu des keuschen Herzens Reinigkeit, Weil Er dies zarte Ordenskleid an Seiner heiligen Mutter fand.

Wer in demselben wird erkannt, dem ist Er mehr als allen hold

Und gibt ihm solcher Liebe Sold, wie Er ihn nie-

mand sonst verleiht."

"Selig, die reinen Herzens sind, sie werden Gott schauen": in der heiligen Weihnacht, täglich beim Empfang der heiligen Kommunion, ununterbrochen in der liebenden Aufmerksamkeit auf den der Seele lebendig nahen Gott. Vollkommen, wenn sich unser Auge fÜr diese Welt geschlossen und fÜr die selige Welt des Jenseits'aufgetan haben wird. "Sie wer-

• den Gott schauen."

Der Advent, Weihnachten will reine Herzen. Das Wort des Herrn: "Feindschaft will Ich setzen zwischen ßir (Satan, Sünde) und dem Weibe", gilt auch der heiligen Kirche, auch uns. So haben wir es in der heiligen Taufe geschworen: "Ich widersage." Ich will Feindschaft halten, unversöhnliche Feindsch",ft mit Satan, SÜnde, ·Welt.

Der Hen will an Weihnachten in uns Wohnung nehmen und in uns Gestalt gewinnen. Er verlangt eine "wÜrdige Wohnung", ähnlich wie Er sie sich in der Unbefleckten Empfängnis Mariens zubereitet hat. Bin ich Ihm eine wÜrdige Wohnung?

Maria, die Unbefleckte, sei uns Vorbild und leuchtendes Ideal!

Maria ist uns auch mächtige FÜrbitterin. An sie wenden wir uns, auf daß sie uns die Gnade erflehe, eine würdige Wohnung des kommenden Herrn zu

Oktav von ~1 ariä EmpHingnis Cröße vOr Cott. 59

sein. "Verleihe uns", so beten wir mit der heiligen Kirche im Stillgebet der Festmesse, "verleihe uns, daß wir durch ihre, der Unbefleckten, FÜrbitte von aller Schuld befreit werden."

Maria ist uns Fürbitterin. An sie wenden wir uns, daß sie uns die Gnade erlange, immer reiner und heiliger zu denken, zu streben, zu leben, auf daß wir mit Freude und Zuversicht dem Tage Seiner Wiederkunft zum Gerichte entgegensehen können,

Ge bet.

Herr, wir bitten Dich, nimm. unsere SÜnden von uns weg und laß uns mit reiner Seele in das Allerheiligste eingehen. Durch Christus unsern Herrn. Amen. (Gebet des Priesters zu Beginn der heiligen :\1esse.)

Dritter Tag

111 der Oktav des Festes Mariä Empfängnis.

G r ö ß e vor Go t t.

I. Mit der heiligen Liturgie bewundern wir die Unbefleckte: "Ganz schön bist du; dein Gewand ist weiß wie Schnee, dein Antlitz leuchtet wie die Sonne. Gesegnet bist du, Jungfrau Maria, vom Herrn, vor allen Frauen auf der Erde." Dann flehen wir mit der Liturgie: "Trahe nos - Zi'ehe uns dir nach, unbefleckte Jungfrau, wir~vollen dir nacheilen. "

2. "D a s, was der We I t n ich t s gi I t, das hat Gott erwählt, um das, was etwas ist, zu heschämen" (1 Kor. I, 28). Menschliche Größe: die Größe des Talelltes, des Wissens, des KÜnstlers, des Erfinders .... Größe vor Gott: Vereinigung mit Gott, Besitz der Gnade, der übernatÜrlichen ReichtÜmer! Größe vor Gott: die Reinheit von aller Si}nde, Freiheit von der Tyrannei der ungeordneten Regungen, der Leidenschaften, der bösen Begierlich-

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I. Der heilige i\<.!venl.

keit. Größe vor Gott: Gotteskindschaft mit dem Reichtum heiliger Tugend, des Glaubens, der heiligen Liebe, ähnlich wie wir es an der Unbetleckten schauen. Größe vor Gott: "Der Herr ist mit dir." Wir in Christus, Er in uns. Wir in Ihm, dem Weinstock. Er in uns, den Zweigen. Ein Leben, ein Geist, ein Lieben und Hassen. "Der Herr ist mit dir." Deshalb ist sie die Gebenedeite unter den Weibern. "Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter" (Magnifikat). "Trahe nos! - Ziehe uns, Jungfrau, dir nach, hinauf zur wahren, echten Größe, zur Größe vor Gott."

"G n ade n voll e." In der Gnadenfülle, in der Gottvereinigung ist Maria die vollendete menschliche Größe und Schönheit. "Ganz schön bist du." Die Harmonie von Innerem und Außerem, von Seelischem und Leiblichem, von Geist und Herz, von Wille und Affekt, von Natur und Gnade. Maria, die Gnadenvolle, ist der neue Mensch, an dem nichts fehlt, nichts verbildet ist, weder innerlich noch äußerlich, nicht im Charakter, nicht im Denken und Wollen, nicht im Gefühl, nicht im äußern Benehmen: eine Größe, eine Schönheit ohne jeden Flecken, eine Vollendung, wie sie sich sonst in keinem bloßen Menschen je gefunden hat. So heilt, erhebt und vollendet die Gnade unsere Natur. "Ganz schön bist du, Maria. Ziehe uns dir nach."

3. Soviel Mühen um bloß menschlich-natürliche Größe und Werte bei den Menschen, bei den Christen! Bemühten wir uns doch zuerst um Gott, um die Dinge der übernatur, um die Gnade, um den Glauben, um die Vereinigung mit Gott! "Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit (d. i. daß wir vor Gott recht seien), und alles andere wird euch dazugegeben werden" (Matth. 6, 33).

Trahe nos post te! Ziehe uns dir nach, Jungfrau, Unbefleckte! Du führst uns' den Weg zur wahren Größe, zur Vereinigung mit Gott.

,.\V as die Welt töri<;ht nennt, hat Gott auserwählt,

Oktav von Mariä Empf.: Vor de~Erbsünde bewahrt. 61

um die Weisen zu beschämen. Was die Welt schwach nennt, hat Gott auserwählt, um das Starke zu beschämen. Was der Welt niedrig und verächtlich, ja was ihr nichts gilt, hat Gott auserwählt, um das, was etwas gilt, zunichte zu machen" (I Kor. 1,27 ff.). Und wir fliehen das, was Gott auserwählt hat, das Törichtsein in den Augen der Welt, das N ichtsgelten, das Vergessensein, Verachtetsein ! Wie wenig sind wir noch erleuchtet! "Ziehe uns dir nach", Unbefleckte .. Du weiseste Jungfrau, bitt für uns, daß wir endlich weise seien!

In l\Iaria erkennen wir die Kirche. Das tiefste, innerste Wesen unserer gelieblen, von der Welt geschmähten, verstoßenen Mutter Kirche. "Das, was der Welt nichts gilt, hat Gott erwählt, um das, was etwas ist, zu beschämen." Ihr Wesen ist Größe vor Gott. Ihr Wesen ist: "Der Herr ist mit di.r." Heil uns, die wir die Mutter kennen, lieben, mit ihr leben, glauben, vertrauen, lieben, beten, opfern!

Ge b e t.

GegrÜßt seist du, l\1aria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus. Heilige Maria, l\lutter Gottes, bitte fÜr uns SÜnder jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

Vierter Tag

in der Oktav des Festes Mariä Empfängnis.

Maria vor der J<:rbsÜnde bewahrt.

1. In der Oration des Festes beten wir: "Gott, Du hast Maria in Voraussicht des Todes Deines Sohnes vor aller Makel bewahrt." "Vir beherzigen diese Worte.

2. Maria ist die Fr u c h t der Er 1 ö s u n g, des Erlösungstodes Christi am Kreuze. Maria ist erlöst und bedurfte der Erlösung. Freilich ist sie in einer andern und vollkommeneren Weise erlöst als wir.

62

l. Der heilige Advent.

Die ErbsÜnde hatte uns bereits im ersten Augenblick unseres Eintrittes in das Dasein vergiftet und der Hölle überantwortet. In der heiligen Taufe wurde sie, kraft der Barmherzigkeit Gottes, von uns hinweggenommen. Maria aber ist vor der Erbsünde bewahrt geblieben. Die schmutzige Flut der Erbsünde, die jedes andere Adamskind erreicht und zum Gegenstand des Abscheues Gottes macht, 'wollte sich auch an Maria vergreifen: aber Gottes Gnade und Allmacht gebot der alles in den Abgrund reißenden Flut Einhalt. So ist Maria durch ein ganz besonderes Eingreifen Gottes vor der Befleckung mit der Erbsün"de verschont geblieben. Wir freuen uns darüber, daß Maria auf diese erhabenste Weise erlöst ist. Wir beglÜckwünschen sie zur Gnade, die Gott an ihr gewirkt. Wir bewundern die Macht, die Weisheit, die Liebe Gottes und die Schönheit eIer Seele Mariens.

Maria ist die erste und her r 1 ich s t e Fr u c h t des ErlösungstoeIcs Christi. Ihre unbefleckte Empfängnis bedeutet Bewahrung vor der Erbsünde und Bewahrung vor den traurigen Folgen der Erbsünde. Von uns ist in der heiligen Taufe die Erbsünde weggewaschen. Auch die ewige Höllenstrafe ist uns erlassen. Wir sind erlöst. Aber die Folgen der ErbsÜnde sind in uns zurückgeblieben. Und wie schwcr tragen wir an ihnen! Unser Verstand ist verdunkelt, im Streben nach der Erkenntnis eIer Wahrheit, vor allem der wichtigsten, der religiössittlichen "Vahrheit, gehemmt, leicht dem Irrtum und seinen Folgen unterworfen. Der Wille ist zum Bösen geneigt, zum Guten schwerfällig. träg: er scheut die Anstrengung, die Opfer, den Kampf und ist der Versuchung gegenÜber schwach. Zu alledem die böse Begierlichkeit, die sich der Leitung und Herrschaft der Vernunft und der Gnade entzieht und deli Menschen in tausend Sünden stÜrzt. Maria ist von all dem verschont geblieben. So machtvoll hat die Erlösergnacle an ihr gewirkt. Gibt

Oktav von l\1ariä Empfängnis: Die hL Kommunion. 63 es ein rellleres, ein schöneres, herrlicheres Adamskind, als Maria es ist?

3. In M aria, der unbeReckt Empfangenen, zeigt uns die Liturgie des Advents, was der an Weihnachten kommende Erlöser an uns wirken will:

Freiheit von der Sünde, Freiheit vom Irrtum, von der geistlichen Lahmheit und Schwerfälligkeit, die Kraft zur Herrschaft Über die Leidenschaften und die Macht der bösen Begierlichkeit.

So Rehen wir mit der Oration des Festes: "Wie Du, 0 Gott, Maria in Voraussicht des Todes Deines Sohnes vor aller Makel bewahrt hast, so laß auf ihre Fürbitte hin auch uns rein zu Dir gelangen."

"Ziehe uns, unbefleckte Jungfrau." Wir sind noch so sehr unter der Herrschaft der SÜnde, der Leidenschaften, des Irrtums, der Verständnislosigkeit für das ein e Notwendige, für Gott unel das Ewige, unter eier Macht der Begierlichkeit. Ziehe uns, daß wir dir nachfolgen, daß wir wie du der Gnade Gottes in allem treu entsprechen und zur Reinheit gelangen.

Ge b e t.

Herr, durch Deine zuvorkommencle Gnade ist Maria von jeder Makel unberührt geblieben: verleihe uns, daß wir durch ihre Fürbitte von aller Schuld befreit werclen. Durch Christus unserll Herrn. Amen (Stillgebet).

Fünfter Tag

in der Oktav des Festes Mariä Empfängnis.

Die h eil i ge Kom m uni 0 n.

1. Während der Priester und die Gläubigen die heilige Kommunion empfangen, begrüßt die heilige Liturgie die Unbefleckte mit den Worten: "Gloriosa dicta sunt de te, Maria" - "Herrliches ist (von Gott) Über dich gesprochen (bestimmt), Maria: denn Großes hat an dir getan der Allmächtige"

I. Der heilige Advent.

(Culllmunio). Beim Empfang der hei'ligen Kommunion sieht die Liturgie in uns eine andere Jungfrau von N azareth, von Gott gesegnet.

2. "H e r r 1 ich e s ist übe r die h ge s p r oehe n, M ar i a", d. i. von Ewigkeit über dich von Gott ersonnen, erdacht, bestimmt, beschlossen. Unbefleckte Empfängnis mit der Gnade der vollkommenen Freiheit von der bösen Begierlichkeit, der Finsternis des Verstandes, der Schwäche des Willens; dazu die Fülle der Gnade und der Gaben des Heiligen Geistes, der Weisheit, der Wissenschaft, de; Verstandes, des Rates, der Frömmigkeit, der Furch1 des Herrn; der Gaben des Gebetes, der heiligen Beschauung, der vollendeten Liebe, des Glaubens; diE Fülle jeglicher Tugend. Endlich die erhabene WÜrdE der Gottesmutterschaft. Maria ist ja die Unbefleckte die Gnadenvolle, um die Mutter Gottes zu werder in der erhabenen Kommunion, da der Engel ihr diE Botschaft bringen wird. Maria spricht in Demu1 und Gehorsam ihr "Fiat": "Und das Wort ist (ir Maria) Fleisch geworden und hat unter uns Woh, nung genommen." "Wahrlich, Herrliches ist vor Gott über dich gesprochen, Maria, und Großes hai an dir der Allmächtige getan." Ave, Maria!

Maria ist der Liturgie Typus del ehr ist 1 ich e n See 1 e. Was die Liturgie bei del Kommunion der heiligen Messe von Maria sagt das sagt sie auch von mir, der ich in der heiliger Kommunion den menschgewordenen Sohn Gotte: empfangen darf. "Herrliches ist von Gott über dicl gesprochen, christliche Seele! Du bist Gottesträgerit wie Maria, ein heiliger Tempel des Allerhöchste! wie Maria, eine zweite Jungfrau von Nazareth Großes hat der Allmächtige an dir getan: dir da:

Unterpfand Seiner Liebe und Gnade geschenkt, it Seinem eigenen Sohn. "Hat Er uns mit Ihm nich alles geschenkt?" (Röm. 8, 32), die Verzeihung de Sünden, die Kraft zur Reinheit, zur Tugend, zu Heiligkeit. zum Sieg über das Böse. das Anrech

Oktav von Mariä Empfängnis: Die hl. Kommunion. 65 auf alle Gnaden, auf das Erbe mit den Heiligen im Reiche des Sohnes Seiner Liebe? "Herrliches ist über dich erdacht und für dich bestimmt, christliche Seele. Das Unterpfand dafür und zugleich die Quelle all dessen, was Er über dich Großes ersonnen und dir in Liebe zugedacht hat, besitzest du in der heiligen Kommunion.

3. Der Christ im. Empfang der heiligen Kommunion eine andere Jungfrau von N azareth! So denkt die Kirche, die heilige Liturgie von uns. Besinnen wir uns einmal ernstlich darauf, was das sagen will. Schauen wir uns die Jungfrau von Nazareth gut an. Ich soll sie sein! In meinen Gedanken, meinen Wünschen, meinen Neigungen, Affekten, Absichten, Handlungen und Werken! Rein, unbefleckt, gottverbunden wie sie. Wie weit bin ich noch davon entfernt?

Was könnte, was sollte die Gottesempfängnis der heiligen Kommunion, die ich so oft erlebe, in mir wirken und aus mir machen? Schauen wir auf die Jungfrau von N azareth nach ihrer Gottesempfängnis! Ihr Leben der Heiligkeit, des Gebetes, der Geduld, der Demut, des Starkmutes, der Liebe zu Gott und zum Nächsten! Und wir? Wo fehlt es denn? Sicher nicht an Ihm, der bei uns einkehrt. Er will in mir Großes wirken. Ob es also nicht an mir fehlt? ...

"Herrliches ist über dich gesprochen", Kirche, christliche Seele. "Kommt, ihr Gesegneten Meines Vaters, und nehmet das Reich in Besitz, das für euch von Anbeginn der Welt her bestimmt ist" (Matth. 25, 34). Seliger, ersehnter Tag der Wiederkunft des Heilandes! Er eröffnet der Kirche, uns allen, endgültig und in ganzer Vollendung den seligen, unverlierbaren Besitz und Genuß Gottes. Ein seliges, ewiges, vollkommen sättigendes Mitleben des reinen, heiligen, glückseligen Lebens Gottes. Komme, Herr! Gib uns Dein Heil in der ewigen, letzten, nie endenden Kommunion des ewigen Lebens. Baur. Wenl. Weht! 1. 5

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I. Der heilige Advent.

Ge b e t.

Unversehrt, unverletzt, ganz rein bist du, Mari die strahlende Türe des Himmels! 0 hehre Mutti Christi, allerteuerste, nimm unsern Lobpreis au Dich flehen wir mIt Herz und Mund an: Erwirk daß auch wir an Leib und Seele rein selen. Durc deine gottgenehmen Bitten erflehe uns Verzeihun auf ewig! 0 du GÜtige! 0 "Königin! 0 Maria, d du allein unversehrt geblieben bist.

Ave, Maria. Gegrüßt seist du, Maria, voll d( Gnade. Der Herr ist mit dir.

Sechster Tag

in der Oktav des Festes Mariä Empfängnis.

Unbefleckt!

1. "Voll des Frohlockens bin ich im Herrn, un meine Seele jauchzt auf in Gott" (Introitus). S jubelt die Kirche im Anblick der unbefleckt Emp fangenen. "Großes sagt man von dir, Maria: de\1l Großes hat an dir getan der Mächtige" (Communio)

2. Am 8. Dezember 1854 hat Papst Pius IX. den Erdkreis es als Glaubenssatz verkündet: "Die Lehre welche sagt, daß die allerseligste Jungfrau Mari, im ersten Augenblick ihrer Empfängnis, kraft eine: besondern Privilegs (Ausnahmegesetzes) im Hin blick auf die Verdienste J esu Christi, des Erlösen der Menschheit, von jeder Befleckung der ErbsÜnd( rein bewahrt worden, ist von Gott geoffenbart une deshalb von allen Christgläubigen festzuhalten. Wollte jemand anders denken, so soll er wissen, daß er sich selber das Verdammungsurteil gesprochen, am Glauben Schiffbruch gelitten und sich selber von der Einheit der Kirche ausgeschlossen hat." Maria dankt ihr Privileg den Verdiensten ihres göttlichen Sohnes, die Gott vorausgesehen. Sie ist eine Erlöste wie wir: aber sie ist in vollkommener Weise erlöst, d. i. vor der Erbsünde bewahrt. Weil ohne Erb-

Oktav von Mariä Empfängnis: Unbefleckt! 67

~ünde, ist sie auch ohne jede persönliche Sünde, ihr ganzes langes Leben lang. Ganz Reinheit im Denken, im Fühlen, im Wollen, im Leben. Weil ohne Erbsünde, deshalb Jungfrau an Geist und Körper. Weil ohne Erbsünde, deshalb Mutter des Sohnes Gottes. "Die verschlossene Türe, durch die der Herr, der Gott Israels, eingegangen ist (in der Menschwerdung): sie ist für Ihn reserviert, den Gottkönig: Er thront im Heiligtum des jungfräulichen Schoßes" (Ez. 44, 2 f.; Capitulum der Sext). Weil die Unbefleckte, ist sie wenige Tage nach ihrem Tode wieder zum Leben erweckt und auch dem Leibe nach in den Himmel aufgenommen worden. "Das große Zeichen am Himmel: das Weib, in die Sonne (Christus) gekleidet, den Mond zu ihren Füßen, auf dem Haupte die Krone von zwölf Sternen" (Offb. 12, I; Capitulum zur Non), die Siegerin über Sünde, Satan, Tod, Welt. "Ich will Feindschaft setzen zwischen dir (der Schlange, Satan) und dem Weibe: sie wird dir den Kopf zertreten" (Antiphon zum Benedictus der Laudes). Wahrlich, "Großes sagt man von dir, Maria". Wir bejahen freudig den Glauben unserer heiligen Kirche. "Großes hat an dir getan der Mächtige."

Die Kir c h e hat heute eine einzige, dringende Bitte, die Bitte um Reinheit. Um Reinheit betet sie in dem Kirchengebet, in dem Stillgebet, in dem Schlußgebet (Postcommunio). Es genügt der heiligen Liturgie nicht, daß wir Maria bewundern, ihr huldigen, sie preisen. Gewiß, schon damit stellen wir uns dem Geist und Verlangen nach auf die Seite der Reinen und vollziehen wir in der Seele eine geheimnisvolle Angleichung an das, was wir bewundernd schauen, lieben und verehren. Die Liturgie führt uns aber tiefer. Sie erkennt in der Unbefleckten diejenige, welche sich zwischen uns Unreine, Sünder, Unwürdige und den reinen, heiligen Gott stellt, die "Fürbitterin". Diejenige, welche im entscheidenden Augenblick, da unsere Bitte VClr

5 •

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1. Der heilige Advent.

Gott zu gelangen hat, "dazwischentritt" (intercedit): unsere Bitte gelangt an das Ohr Gottes, nicht mehr aus dem Munde der Unreinen, sondern aus dem Munde der Reinen, Unbefleckten. Die Bitte um Reinheit. Deshalb lebt die heilige Liturgie der überzeugung, daß in der Festfeier der UnbeHeckten Empfängnis sich in der Kirche im großen, in den einzelnen religiösen Gemeinschaften, in den einzelnen Seelen das Wunder vollzieht, daß wir SÜnder "durch ihre Fürbitte rein zu Dir (Gott) gelangen können" (Kirchengebet), daß wir "durch ihr Dazwischentreten von allen Sünden befreit werden" (Stillgebet), ja, daß "die Sakramente, die wir empfangen !raben, die Wunde jener Schuld an uns ausheilen, vor der Gott Maria in ihrer unbefleckten Empfängnis bewahrt hat" (Postcommunio). So muß es kommen, daß kraft der Festfeier die Kirche, die einzelne Seele sich nach und nach in jene reine, erhabene Schönheit und Gottesherrlichkeit kleidet, die in ungeschmälerter Fülle in der unhefleckt Empfangenen aufsh:ahlt. "Die Wunden der ErbsÜnde werden ausgeheilt", die Macht der Augenlust, der Fleischeslust, der Hoffart des Lebens in uns gebrochen in der Festfeier der Unbefleckten Empfängnis. So betet, glaubt und vertraut die heilige Kirche. So beten, glauben, vertrauen auch wir.

3. Die heilige Kirche will rein sein. Sie ist die jungfräuliche Braut Christi. Ihr Gewand ist Reinheit, Heiligkeit. Rein nicht bloß als Idealkirche und als Kirche in der Verklärung des Himmels: rein auch als Kirche hier auf Erden, in ihren Kindern allen, in den einzelnen Gemeinschaften, vorab in den jungfräulichen gottgeweihten Seelen. Rein auch in mir. Darum fleht sie so dringend um Reinheit.

Reinheit ist der Kirche Ideal. Reinheit, Jungfräulichkeit im Vollsinn sei auch unser Ideal und unser Streben! Gerade j etz-t, in den Wochen vor Weihnachten. In reine, jungfräuliche Herzen kommt der Herr, Sie sind Ihm ein wnnnig-es Rethlehem.

Erste 0-Antlphull.

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Ge b e t.

Herr, unser Gott, die Sakramente, die wir (in der heiligen Kommunion) empfangen haben, mögen m uns die Wunden jener Schuld heilen, vor der Du die selige J llngfrall Maria bei ihrer unbefleckten Empfängnis einzigartig bewahrt hast. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

17.-23. Dezember: Die O-Antiphonen 1. 17. Dezember: 0 Sapientia.

1. ,,0 Weisheit, aus dem Munde des Allerhöchsten hervorgegangen, du reichest von einem Ende zum andern, ordnest alles kraftvoll und milde: Komm, lehre uns den Weg der Weisheit."

2. ,,0 We i 5 h ei t." Der Erlöser, den wir als das schwache Kind in der Krippe anbeten werden, ist die Weisheit, von Ewigkeit her vom Vater ausgegangen. Die ewige Weisheit, die im Erlöser zu uns kommt, hat alles, was da ist, das ganze Universum, Himmel und Erde, Engel und Menschen, Stoff und Geist ersonnen. Sie hat allen "\'esen ihre Art, ihre Gesetze, ihre innere und äußere Gestalt und Ordnung bestimmt. Sie hat die wunderbare Ordnung- der Natur mit ihren Gesetzen festgelegt. Sie hat alles in der Hand, auch mich, und leitet und lenkt alles, das letzte Atom, das geringste Stäubchen, milde und kraftvoll zugleich, mit einer Weisheit, die ihre göttlich heiligen, göttlich großen Absichten immer und überall erreicht. Ewige Weisheit, ein Kind geworden, im Schoße der Mutter, in der engen Krippe, ich glaube an Dich, ich bete Dich an_ Wie bist Du groß im Werk der Erschaffung, der Onl-

1 Obwohl nicht zur Liturgie der heiligen Messe gehörig, sollen die O-Antiphonen hier einen Platz finden. In ihnen spricht sich das Empfinden und Beten der heiligen Kirche in den letzten sieben Tagen vor Weihnachten in ganz besonderer Weise aus.

l. Der heilige Advent.

18. Dezember: 0 Adonai.

!. ,,0 Adonai (starker Gott) und Führer des Hauses (Volkes) IsraeL Du bist dem Moses im F euer des brennenden Dorn busches erschienen, Du hast ihm auf Sinai das Gesetz übergeben: komm, strecke Deinen Arm aus und rette uns,"

2. 0 A don a i. Der Erlöser, den wir erwarten, ist der Erlöser bereits der Kirche des Alten Bundes. Er ist Derselbe, der dem Moses im brennenden Dornbusch in der Wüste erschienen und ihm den Auftrag gegeben, Israel aus der Knechtschaft Agyptens zu retten. Er hat durch Moses in Agypten die grüßen Zeichen getan; Er hat Sein Volk der Gewalt und den Nachstellungen des Pharao entrissen, es mit Macht durch das, Rote Meer geführt, ihm am Sinai das Gesetz gegeben, es durch die Wüste gelt'itet, es gekleidet, gespeist und getränkt, ihm die Tore des Gelobten Landes erschlossen. Er kommt als der Erlöser auch der Kirche des Neuen Bundes. Er ist der Retter und Führer der Getauften, der heiligen Kirche, unser aller. Kind der Krippe, so klein, so schwach, so stumm, wie bist Du mächtig, uns der Gewalt des Satans, der Sünde, der Leidenschaften, der Verführung zu entreißen! Wir glauben an Deine Macht, wir vertrauen auf Deinen starken Arm, auf Deine Führung, Dein sicheres Geleite. Wir folgen Dir!

o A don a i, s t r eck e Dei n e n Arm aus und rette uns! Mächtig erhebt der Feind des Heils, der Seelen, der Kirche, des Christentums sein Haupt, den Gottesglauben, den Christusglauben, die christliche Religion zu vernichten! Weithin kehren die Menschen dem wahren Gott den RÜcken und wählen sich selbstgemachte Götter! Weithin eine totale Entgottung des Denkens und eine tetale Entgottung des Lebens. Von Gott will man verschont sein. Alles andere läßt man sich gefallen und nimmt man an, seien es auch noch so törichte Ideale

Zweite O-Annphon.

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und Wünsche! "Schauet, ihr Himmel; ihr Himmelspforten, trauert, spricht der Herr. Mein Volk hat zwei böse Dinge getan. Es hat Mich, den Quell des Lebens, verlassen und hat sich durchlöcherte Zisternen gegraben, die kein Wasser halten können" (J er. 2, 13). Nirgends Friede und Eintracht unter den Menschen, den Völkern. Alles ist verkäuflich:

Unschuld, Treue, Ehre, Ehrlichkeit, selbst der Eid. Kaum kann man noch einem Menschen trauen. Volk steht wider Volk, Mensch wider Mensch. Wenig wirkliche Pflichttreue. Wenig Opfersinn und ganze Hingabe an den Mitmenschen. Dabei ein rastloses, aufgeregtes Schaffen und Treiben, Studieren, Schreiben, Lesen. Und bei allem Schaffen kein Erfolg. Die Menschen werden nur müder, leerer, werden seelenlos. Man will es machen ohne Gott, ohne Christus. Und doch ist unter dem Himmel "den Menschen kein anderer Name gegeben, in dem sie selig werden können", als der Name Jesu. Nur Er, der starke Gott, kann uns retten.

3. "Du bist dem Moses im Feuer des brennenden Dornbusches erschienen." "Ich habe die Unterdrückung Meines Volkes in Agypten wahrgenommen. Ich habe sein Rufen gehört, mit dem sie ob der Grausamkeit derer zum Himmel schreien, welche die Fronarbeiten leiten. Ich bin also herniedergestiegen, um es aus der Hand der Agypter zu befreien und es in ein gutes und weites Land zu führen, das von Milch und Honig fließt." Also spricht der Herr aus dem Dornbusch, der brennt und nicht verbrennt. Ein deutliches Vorbild des Niedersteigens des Sohnes Gottes iu die schwache Menschennatur, die Er annimmt. Sie steht mitten in den Flammen und Gluten der göttlichen Natur drinnen und verbrennt nicht!

Wir nahen uns mit Moses dem brennenden Dornbusch, dem Gottmenschen Christus in der Gestalt des Kindes in der Krippe, in der Lichtgestalt der konsekrierten Hostie und beten an. "Ziehe die

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l. Der heilige Advent.

Schuhe aus. Der Ort, an dem du stehst, ist heiliger Boden! Mein Name ist: Ich bin, der Ich bin."

Adonai, starker Gott, in der Schwachheit des Kindes, des Gekreuzigten. Du der starke Gott! Stark in den Wundern, die Du gewirkt. Stark in der Führung, Erhaltung, Mehrung Deiner Kirche. "Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen" (Matth. 16, 18). Stark in der Rettung und Heiligung der Seelen! Stark in der Liebe zu uns Unwürdigen. Stark im Erbarmen. Stark im Helfen in jeder Not. Komm, rette unsl

"Strecke Deinen Arm aus und rette uns." Ein Ruf der Kirche nach der zweiten Ankunft des Herrn, am Jüngsten Tage. Die Wiederkunft Christi bringt die vollkommene Erlösung. "Kommt, ihr Gesegneten Meines Vaters. und nehmt das Reich in Besitz, das euch bereitet ist" (Matth. 25, 41).

Gebet.

o Adonai, 0 starker, allmächtiger Gott, Du bist dem Moses im Feuer des brennenden Dornbusches erschienen; Du hast ihm auf Sinai das Gesetz übergeben: komm, strecke Deinen Arm aus und rette unsl Amen.

19. Dezember: 0 radix Jesse.

I. ,,0 Wurzelsproß J esses, Du stehest da als ein aufgestelltes Panier für die Völker; vor Dir verschließen Könige ihren Mund, Heidenvölker suchen Dich auf. Komm, rette uns, zögere nicht länger."

2. C h r ist u s, der K ö ni g, der Her r! Gottes Weisheit, Adonai, der starke Gott, ist zugleich Mensch mit Fleisch und Blut, aus dem Hause des Jesse, des Vaters Davids, des Königs. "Vohl ist das Haus David der KönigswÜrde beraubt. Wohl ist die ehemalige Königsfamilie ruhmlos geworden, ein abgehauener, unansehnlicher Wurzelstumpf. Aber aus diesem Stumpf blüht ein Sproß auf, der König der Welt. "Er wird hcrrschell VUIl einem (\leere zum

Dritte O-Antiphon.

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andern; vor Ihm werden sich niederwerfen die Athiopier, die Könige von Tharsis und den Inseln (des Mittelmeeres) werden ihm Gaben bringen, die Könige von Arabien und Saba Ihm Geschenke reichen. Es werden Ihn anbeten alle Könige, alle Völker Ihm dienen" (Ps. 71). Zu Ihm spricht Gott:

"Mein Sohn bist Du. Dir gebe Ich die Völker zum Besitze, zu Deinem Eigentum die ganze "Velt" (Ps. 2, 7). "Er wird groß sein. Ihm gibt der Herr den Thron Davids, Seines Vaters, und Er wird im Hause Jakob ewig König sein, und Seines Reiches ist kein Ende" (Luk. I, 32). Er wird einst der .römischen Weltmacht gegenüber erklären: "Ich bin

König" (Joh. 18, 37). An den Kreuzesthron werden sie es in den drei Sprachen der alten Welt anbringen: "Dieser ist der König der Juden" (Joh. 19, 19). Er wird Seine Apostel senden: "Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Gehet also hin und lehret (machet euch zu Schülern) alle Völker und lehret sie alles halten, was Ich euch befohlen habe" (Matth. 28, 20). Vor Ihm wird ein Herodes zittern, nicht weniger als ein N ero und Domitian und Diokletian. Ein Julian wird bekennen müssen: "Galiläer, du hast gesiegt." Allem Widerstand und aller Verfolgung zum Trotz wird Er in der Welt Sein Reich aufrichten, das Reich der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Gnade, der heiligen Kirche. Der von den Menschen Geächtete, ans Kreuz Geschlagene, macht das Kreuz zu seinem Königsthron, zum Zeichen für die Völker, zum Panier. "Der Herr ist König vom Kreuze herab." Ihm schlagen dankbar, begeistert, liebend die Herzen von Millionen, Ihm folgen sie, Ihm zulieb verlassen sie die Welt, das Irdische, Vater und Mutter, Ihm zulieb geben sie Blut und Gesundheit und Leben. "Wurzelsproß Jesses, du stehest da als ein Panier der Völker, Könige verschließen ihren Mund" (schweigen in Ehrfurcht vor Dir).

"K 0 m m, r e t t e uns, Z Ö ger e n ich t." Der

L Der heIlige Advem.

Ruf der Welt nach Christus dem König, der "den Fürsten dieser Welt hinausstoße" (Joh. 12, 31). Satan, "der Gott dieser Welt" (2 Kor. 4, 4) hat infolge der Erbsünde die Herrschaft über uns Menschen an sich gerissen. Er übte seine Herrschaft über die Menschheit vorzüglich dadurch aus, daß er sie zum Abfall von Gott verführte, sie zum schlimmsten Götzendienste verleitete und in den Tempeln und Heiligtümern der Heiden sich selber anbeten ließ. Wagte er es ja, sogar an den Herrn heranzutreten, da Er vierzig Tage in der Wüste gebetet und gefastet hatte, und an Ihn das Ansinnen zu stellen, daß Er, Christus, vor dem Teufel niederfalle und ihn anbete. Und wenn der Herr in Seinem Erlösungstode uns aus der Knechtschaft Satans losgekauft hat, so betätigt er gleichwohl, mit Gottes Zulassung, auch an uns Christen seine Macht. "Er geht ja wie ein brüllender Löwe umher, suchend, wen er verschlinge" (I Petr. 5, 8). Von den Lüften herab erspäht er, einem Raubvogel gleich, die günstige Gelegenheit (Eph. 6, 12), uns zu täuschen und zur Sünde zu verleiten. Oft genug gibt er "sich sogar die Gestalt eines Lichtengels" (2 Kor_ Il, 14). Der geschworene Hasser und Widersacher Gottes und Christi und alles Guten, geht sein ganzes Sinnen und Wirken dahin, das widergöttliche Reich, das Antichristentum, das Reich der Finsternis und der Sünde aufzurichten. Seine Macht über den armen Menschen betätigt er in ganz augenscheinlicher Weise, wenn er vom Leib des Menschen Besitz ergreift und sich so bedient desselben, als wäre er, Satan, die den Leib bestimmende, bewegende und belebende Seele. Oder wenn er den Menschen wenigstens in der Weise beeinflußt, daß er ihn in seinem äußern Tun und Wirken hemmt und h~ndert, wie wir es nicht selten bei gotterfÜllten, heiligen Menschen erfahren. Wer spürt heute, in den Zeiten, wo der Glaube an Gott und Christus im großen Stil schwindet, wo eine Gottlosenpropaganda

Vierte ü-Antiphon.

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hemmungslos sich breitmacht, wo die Mächte der LÜge und des Umsturzes so kühn ihr Haupt erheben, um Gott vom Throne zu stürzen, wer spürte heute nicht die Macht des Teufels? Ist es nicht, als ob wir uns mit schnellem Schritte jenen Zeiten näherten, in denen der Geist des Abgrundes wieder losgebunden und losgelassen wird (Geh. Offb. 20, 3), um Zeichen zu tun, die selbst die Auserwählten verführen möchten? (Matth. 24, Ir.)

3. "Komm, zögere nicht!" Si~he, wie sehr die Menschheit von heute sich dem Reiche Satans verschrieben hat. Alle guten, heiligen Mächte sind von der Menschheit gewichen: die Treue, die Gerechtigkeit, der Friede, der Glaube aneinander, die Liebe Richte Du unter uns Dein Reich auf! Es ist ein Reich der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Liebe, des Friedens und der Eintracht. "Komm, zögere nicht!"

Zu uns komme Dein Reich!

Ge b e t.

o Wurzelsproß Jesses, Du stehest da als ein aufgestelltes Panier für die Völker. Vor Dir verschließen Könige ihren Mund, Heidenvölker suchen Dich auf. Komm, rette uns, zögere nicht.

20. Dezember: 0 clavis David.

1. ,,0 Schlüssel Davids und Szepter des Hauses Israel. Du öffnest, und niemand kann schließen, Du schließest, und niemand kann öffnen. Komme und führe den Gefangenen aus dem Kerker heraus, in welchem er in Finstet-nis und Todesschatten -schmachtet. "

2. Er hab e n e Mac h t des kom m end e n E r- 1 öse r s! Ihm ist der Schlüssel, die Verwaltung des Hauses David (Is. 22, 22), d. i. des Reiches Gottes, übergeben_ Er hat über die Gnaden und Güter der Kirche. über die Seelen. Üher den Geist,

I. Der heilige Advent.

über den \Villen, über die Herzen der Menschen ungehinderte, uneingeschränkte Gewalt. Er hat die Geschicke der Kirche in Seiner Hand. Er hat die Macht über die Stürme, die gegen die Kirche und die Seelen wüten, über die Feinde, über die Irrlehren und falschen Grundsätze, über den Unglauben, über alles Gott- und Christusfeindliche, über den Widersacher und seine Helfer, über die Welt, das Fleisch, die Leidenschaften .. _. Ihm "ist alle Gewalt gegeben" (Matth. 28, 18). "Du öffnest, und niemand schließt." Du hast eine Macht, gegen die keine andere Macht etwas vermag. Du hast die Geschicke der Seelen, auch meiner Seele, die Geschicke der heiligen Kirche, fest in Deiner Hand. Du bist der Herr. "SchlÜssel Davids", ich glaube an Deine Macht, ich vertraue auf sie, mitten in den tausend Rätseln der Geschichte der Kirche, der Seelen, meiner eigenen Seele.

"Komm, führe den Ge fan gen e n aus dem Kerker heraus." Mit Seiner Macht, mit Seinem Schlüssel, tritt der Erlöser an den Kerker heran, in dem der arme, sündige Mensch in Finsternis und Todesschatten schmachtet: der Gefangene Satans; der Gefangene der Sünde, die ihn entwÜrdigt, entehrt, ihm den Adel des' Gotteskindes nimmt, ihn zum Tiere herabzieht, in den Kot des Lasters und der Verworfenheit stürzt; die den Geist in Finsternis hüllt, das Herz mit bösen Trieben und Neigungen anfüllt, es zur Wohnung der unreinen Geister macht, den Tempel Gottes entweiht. Der Gefangene der Leidenschaften, der Sinnlichkeit, des Stolzes, des Neides, der Augenlust, der Fleischeslust, der Hoffart des Lebens. "Schlüssel Davids, komm und führe den Gefangenen aus dem Kerker heraus" zur Freiheit. Es ist die Bitte der Kirche um die Kraft, daß wir uns von der Sünde, auch von der kleinsten bewußten Sünde und Untreue losmachen. Die Bitte an Gott, Er möge uns vor den Strafen der SÜnde, vor Seinem Zorn, vor einem

Vierte O-Antiphon.

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bösen Tode, vor der Hölle bewahren. Die Bitte der Kirche, Gott möge uns von einem Herzen befreien, das an der \t\Telt hängt, von einem Geist, der sich in der Weltlichkeit gefällt; er möge uns von der Sklaverei gegenüber den Menschen, von der Mensehen furcht befreien, so daß wir, frei geworden, auf ihren Hohn und Spott, auf ihre Verleumdungen und Verfolgungen ebensowenig geben als auf ihren Beifall und ihre Gunst. Die Bitte der Kirche an den Erlöser, Er möge uns von uns selber befreien: von unserer Eigenliebe und von aller verborg-enen Gemeinheit. Die Bitte der Kirche an den Erlöser, Er möge uns alle über jede ungeordnete Hingabe an das Irdische erheben. Nur wer vom Irdischen losgeschält ist, es wertet als das, was es in Wahrheit ist, nur der ist frei! Niemand aber kann losgeschält sein, wenn er nicht freudig alles geben und alle Opfer bringen kann, die das Leben für Gott von ihm fordert.

3. "Schlüssel Davids, komm, und führe den Gefangenen heraus!" Bring uns bei Deiner Ankunft die Freiheit von allen Banden, die uns von Gott zurückhalten. ~Bring uns die Freiheit, die Erlösung der Seele, die ganze Hingabe an Gott! So flehen einer für alle, alle für einen!

Glücklich die vom Herrn aus der Gefang-enschaft zur christlichen Freiheit geführte Seele! Sie atmet Himmelsluft. Ihr Wille wird immer getan, denn er ist immer eins mit dem Willen Gottes, der alles fÜgt und leitet, gibt und nimmt, anordnet und zuläßt. Ihre Weisheit ist himmlisch, dem irdischen Sinnen unverständlich. Ihr Friede ist tief, gegenüber allen Störungen gesichert. Ihre Freude ist voll, in dem Mitbesitz des freudigen, unendlich glückseligen Lebens Gottes. "Schlüssel Davids", komm, gib uns allen die Freiheit, ungehemmt Gott und Christus zu leben und über allem zu stehen, was nicht Gott, nicht Christus ist 1

80

l. Der heilige Advent.

Was will uns der Herr 111 Seiner Ankunft Großes, Himmlisches bringen!

Und erst in Seiner zweiten Ankunft! Wenn in der Auferstehung von den Toten der letzte Feind beSIegt und die letzte Fessel gefallen sein wird. Sieg und Triumph für die Kirche, ihre Lehre und ihr Wirken, wenn sie im Weltgericht vor der Geschichte und vor der gesamten Menschheit als das anerkannt werden wird, was sie in Wahrheit ist: der Leib Christi, christusdurchJebt, christuserfüllt, die Arche, welche die Menschheit gerettet hat. Ewige, selige Freiheit in Gott fÜr uns alle, die wir uns im Erdenleben ChrIsto und Seiner Kirche angeschlossen haben und nun die Einladung vernehmen dürfen: "Kommet, ihr Gesegneten Meines Vaters, und nehmet das Reich in Besitz, das euch von Anbeginn der Welt bereitet ist" (Matth. 25, 34).

"Erhebet eure Häupter, es naht eure Erlösung" (Luk. 21, 28).

Ge b e t.

o Schlüssel Davids und Szepter des Hauses Israel! Du öffnest, und niemand kann schließen. Du schließest, und niemand kann öffnen. Komm und führe den Gefangenen aus dem Kerker heraus, in welchem er in Finsternis und Todesschatten schmachtet.

21. Dezember: 0 Oriens_

I. ,,0 Aufgang, Abglanz des ewigen Lichtes, Sonne der Gerechtigkeit: komme, erleuchte uns, die wir in der Nacht, im Schatten des Todes sitzen."

2. "I h r war e t ein s t F ins t ern i s" (Eph. 5, 8): Finsternis, Nacht, Tod, Erstarrung, Unfruchtbarkeit, Chaos. Es fehlte das Licht, es fehlte alles, es fehlte die Sonne. Sie weckt Leben, sie gibt den D111gen Glanz und Schönheit, Gestalt und Farbe, sie verleiht \Vachstum und Fruchtharkeit, in der

Fünfte O-Antiphon.

81

physischen Welt so gut wie in der geistig-sittlichen Welt der Menschen. Die arme Menschheit, sich selber überlassen, sitzt in Nacht und Todesschatten, in der Nacht des Irrtums, des quälenden Zweifels, der Unsicherheit, der sittlichen Verirrung, der Schuld, der Verzweiflung, der unheimlichen Angst vor dem Sterben, vor dem, was kommen soll, in der Nacht der äußersten inneren Bedrängnis und Not. Woher? Wohin? Wozu? Wozu das Leben, die Leiden, das Sterben? Keine Antwort. Nur ungelöste Rätsel. Nacht des Heidentums, des Unglaubens, des Lebens ohne Christus. Alles hat der Mensch versucht, das Rätsel zu lösen, die größten Opfer gebracht, die äußersten Anstrengungen ~emacht: Tierdienst, Schlangenverehrung, Menschenopfer, Selbsthinopferung, Selbstverstümmelung, Aszese bis zur vollständigen Weltverneinung, Mystizismus bis zum Verfall des Geistes, zur Geistesumnachtung. Und immer keine Lösung, kein Licht, keine Ruhe, kein Friede! Es fehlt die Sonne, das Licht, Christus.

Ein e r ist die So n n e, der Erlöser, den wir erwarten: "Ich bin das Licht ( die Sonne) der Welt" (Joh. 8,12). Das Licht der Welt durch den heiligen Glauben, den Er in die Seele hineinsenkt, durch Sein Wort, mit dem Er uns lehrt, durch Sein Beispiel in der Krippe, in Nazareth, am Kreuze, im Tabernakel, durch die Gnade, in die Er unsere Seele wie in ein Lichtgewand kleidet, durch Seine heilige Kirche, die Er uns gegeben. Im Lichte dieser Sonne ist alles hell, haben wir neue Erkenntnis, wahre, sichere Erkenntnis über unser Woher und Wohin, über unsern Gott, den liebenden Vater, der uns als Seine Kinder ansieht und behandelt und uns dazu beruft, daß wir ewig Sein Leben mitleben und mitgenießen sollen. Neue Erkenntnis über den Unwert des Menschlichen, Irdischen, der Erdengüter und Erdengenüsse; über den Sinn der Arbeit, des Leidens, der Widerwärtigkeiten, über den Sinn eines Ba"r. W .. nie Lieht I L 6

82

1. Der heilige Advent.

mit <!:hristus armen, verborgenen, demÜtigen, gekreuzigten Lebens, Über unsern Nächsten, Christi Bruder und Kind des Vaters im Himmel. Neue Kräfte, neue Hoffnungen, neue Ideale! "Ich bin das Licht", die Sonne der Welt. "Sonne der Gerechtigkeit", von Dir kommt uns alles wahre Leben, alle Einsicht, alles Glück, alle Kraft, aller Reichtum, alle Fruchtbarkeit. Wo Du nicht aufgegangen. ist Nacht, Tod, Unseligkeit. Komm, erleuchte uns alle, die wir in Nacht und Todesschatten sitzen.

3. "Nun aber seid ihr Licht im Herrn" (Christus) (Eph. 5, 8). In der heiligen Kirche ist uns "das Licht" erschienen, am ersten Weihnachtstag, am Tage der heiligen Taufe, täglich in der heiligen Messe, im Empfang der heiligen Kommunion, in den vielen Erleuchtungen, Einsprechungen, Anregungen der Gnade. Wie müssen wir danken? Wie sehr auch bereuen?

"Vievie1 mehr sollten wir noch im Lichte des Aufgangs, der Sonne Christus wandeln? Im Lichte des Glaubens, des Aufblickes auf Seine Hand und Führung, auf Seine Vorsehung und Schickung. Statt dessen lassen wir uns zumeist noch von unserer Leidenschaft, von der Aufwallung des Augenblickes, von unserer Eigenliebe leiten, auch wir Priester, Ordensleute. Wie sehr muß ich mit der heiligen Liturgie rufen und flehen: 0 Aufgang, Sonne der Gerechtigkeit, komme und erleuchte uns, die wir noch in der Fin~ternis der Leidenschaften, des zu natürlichen Denkens, der Eigenliebe ... sitzerJ!

"Licht im Herrn" vollkommen, wenn wir dereinst von Ihm bei Seiner zweiten Ankunft heimgeführt sein werden zum Vater. Dann werden wir in das Licht der Verklärung gekleidet "im Reiche des Vaten leuchten wie die Sonne" (Matth. 13, 43). "Gesä1 wird in Unansehnlichkeit, auferweckt in Herrlichkeit" (I Kor. 15,42). Tag des Lichtes, komme baldl

Sechste O-Antiphon.

Ge b e t.

o Aufgang, Abglanz des ewigen Lichtes, Sonne der Gerechtigkeit: komm, erleuchte uns, die wir in der Nacht, im Schatten des Todes sitzen.

22. Dezember: 0 Rex gentium.

1. ,,0 Völkerkönig, Du Sehnsucht der Heiden, Du Eckstein, der Juden und Heiden verbindet:

Komme, rette den Menschen, den Du aus Staub gebildet hast."

2. "Ein Mann von edler Abkunft zog in ein fernes Land, sich einen Königsthron zu erobern und dann heimzukehren" (Luk. 19, 12). Dieser Edelmann ist der Gottessohn Christus, der K ö ni g übe r all e V ö 1 k er, alle Geschlechter, alle Zungen und Zeiten. Seine Herrschaft erstreckt sich auf alle Dinge und auf alle Menschen nach Leib und Seele. Alles hat Er in Seiner Hand, als Gott und als Gottmensch. Aber ein anderer ist in Sein Reich eingebrochen und hat sich zum Zwingherrn der Menschen gemacht, Satan, der "Fürst dieser Welt". Nur ein kleiner Rest, das Volk der Auserwählung des Alten Bundes, stand noch unter dem Zepter des rechtmäßigen Königs. Da zieht dieser, der Sohn Gottes, in ein "fernes Land"; Er wird Mensch, um hier auf Erden mit den "Vaffen der Erniedrigung, des Gehorsams, der Demut, der Armut, des freigewählten Leidens, des Kreuzes, den Fürsten dieser "Velt hinauszustoßen und die bisher dem Teufel unterworfenen Heidenvölker dem auserwählten Volke in der ein e n Kirche für Zeit und Ewigkeit zu vereinigen. Völkerkönig, Eckstein, mit dem Zepter der Demut, des Erbarmens, des Kreuzes, der Liebe in der Hand! Herr, ich glaube.

"K 0 m m, re t ted e n M e n s ehe n, den Du aus Erdenstaub gebildet hast." Was ist der Mensch? Ein Häuflein Staub, Elend, Nichtigkeit. Dazu durch die Sünde von Gott getrennt, vom Urquell der

6-

1. Der heilige Advent.

Wahrheit und des wahren Lebens abgeschnitten, der ewigen Gottferne, der Finsternis, der ewigen Unseligkeit überantwortet. In der Hülle von Stauh wohnt der Funke des Geistes mit dem unstillbaren Drang nach Wahrheit, nach der FÜlle alles Guten, nach Glück, nach Frieden, nach Gott. Wer kann ihm Gott geben? Nur Gott selbst. So ruft die Kirche zum Herrn: "Komm, rette den Menschen, den Du aus Erdenstaub gebildet hast." Rette ihn, der so schwach und hinfällig ist, eine Handvoll Staub. Gedenke seiner Nichtigkeit. Gedenke der vielen Feinde, die ihm nachstellen, um ihm Gott zu rauben, ihn zur Sünde zu verlocken. Gedenke seiner Unkenntnis, seiner Geneigtheit zum Bösen, der Irrtümer, der Begierlichkeit, der Leidenschaften, denen er unterworfen ist. Gedenke der Lokkungen der Welt, der Verführung durch die Mitmenschen, der Einflüsterungen des Teufels und seiner Helfer. Die Kirche fühlt in diesen Tagen vor Weihnachten lebendig die ganze. tiefe Not der unerlösten Menschheit und ruft zum Herrn: "Komm, rette den Menschen." Sie :-uft 1m Namen aller mit dem Psalmisten zum Himmel empor: "Miserere mei, Deus - Erbarme Dich meiner, Herr, nach Deiner großen Güte, in Deiner Huld tilge meine Schuld. Wasch meinen Frevel gänzlich weg von mir, von meiner SÜnde mach mich völlig rem Fürwahr, in Schuld bin ich geboren, in SÜnden empfing mich meine Mutter. Wend ab Dein Angesicht von meinen Sünden und tilge gnädig alle meine Missetaten" (Ps. So, 3 ff.). Wir schließen uns dem Beten der Kirche an.

3. Jesus der Völkerkönig! "Es haben sich die Könige der Erde erhoben und hielten Rat die Mächtigen gegen Gott und.Seinen Gesalbten (Christus)." "Auf, laßt uns sprengen ihre Bande und von uns werfen ihre Fesseln. Doch der in den Himmeln thront, lacht ihrer, der Herr spottet über sie. Dann aber donnert Er sie in Seinem Grimme an: .Ich

Sechste O-Antipl1wn.

hab' zum König Ihn (den Gesalbten, Christus) gesetzt auf Sion, Meinem heiligen Berge. "Es sprach zu Mir (dem Gesalbten) der Herr: ,Mein Sohn bist Du, heute' hab' ich Dich gezeugt. Verlang von Mir, ich geb' die Völker Dir zum Erbe und zum Besitz der Erde Enden'" (Ps. 2, I ff.). Wohl wird ein Herodes dem neugeborenen König nach dem Leben trachten. Wohl werden im Lauf der Zeiten viele Könige und Völker sich gegen den von Gott gesetzten König, Christus, auflehnen. Gleichwohl wird Er der König seiri. Ihm "ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden" (Matth. 28,18). Ihm haben sich alle Kniee zu beugen, und alle müssen es bekennen, daß Er der Herr ist (Phi!. 2, 10). Je mehr die Mächte der Erde sich dem Königtum Jesu, des Gekreuzigten und beim Vater Erhöhten, entziehen, um so treuer stehen wir zu Ihm!

Jetzt kommt Er in der lieblichen Gestalt des Kindes. Einst wird Er vor dem Vertreter der römischen Macht auf die Frage: "Bist Du ein König?" mit einem kräftigen "Ja, Ich bin ein König", antworten. Hernach wird Er, unserem Auge unsichtbar, auch in Seiner Menschennatur die Macht und Herrlichkeit des Vaters teilen, der allbeherrschende, alles leitende König der Menschheit. Am Ende der Tage werden Ihn alle sehen, in Sein Königsgewand gehüllt. Mit großer Macht und Herrlichkeit wird Er wiederkommen. Vor der ganzen Menschheit wird Gott Vater es allen kundgeben: "Ich habe Ihn zum König gesetzt auf Sion, Meinem heiligen Berge" (Ps~ 2,6), d. i. in der Kirche. Und alle werden Ihm als König huldigen müssen, alle Völker, alle Zeiten, alle Kulturen: "Du bist der König der Herrlichkeit."

Mit der Kirche flehen wir heute immer wieder:

"Rette den Menschen, den Du aus Staub gebildet hast."

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1. Der heilige Advent.

Gebet.

o Völkerkönig, Du Sehnsucht der Heiden, Du Eckstein, der Juden und Heiden verbindet: komm, rette den Menschen, den Du aus Staub gebildet hast.

23. Dezember: 0 Emmanuel.

1. ,,0 Emmanuel (Gott-mit-uns), unser König und Gesetzgeber, Du Erwartung der Völker und ihr Retter: komm uns zu retten, Herr, unser Gott!"

2. I m nah e n E r 1 öse r b e s i t zen wir den E m man u e 1, den Gott-mit-uns. Gottes "eingeborener Sohn, vor aller Zeit aus dem Vater geboren, Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, ein e s Wesens mit dem Vater: durch Ihn ist alles gemacht. Für uns Menschen und um unseres Heiles willen ist Er vom Himmel herabgestiegen, hat durch den Heiligen Geist aus Maria, der Jungfrau, Fleisch angenommen und ist Mensch geworden." Gott mit uns, ein und derselben menschlichen Natur mit uns, in allem uns gleich, die Sünde ausgenommen. Er wird arm mit uns; Er betet mit uns; Er fühlt mit uns, leidet mit uns. Er nimmt unsere Schuld auf sich und stirbt stellvertretend für uns, unser Bruder, freiwillig, in grenzenloser Liebe, am Kreuze. "Gott mit uns" schenkt Er uns Seine Liebe, Seine Wahrheit, Sein Herz, Seine Gnade, Sein Blut, sich selber in der Krippe, am Kreuze, im Opfer der heiligen Messe, im Tabernakel, in der heiligen Kommunion. Und dereinst Seinen schönen, seligen Himmel in alle Ewigkeit. Er kann nicht ohne uns sein. Und das alles schenkt Er uns Sündern, uns Unwürdigen, uns, nachdem wir Ihm hundertmal den RÜcken gekehrt und Seiner Liebe uns unwert gemacht haben. Bewundere, danke, bereue, bete an.

"Komm, rette uns." Der große, heilige Gott mit uns unwürdigen SÜndern, nicht um uns zu vernichten, wie einst Sodoma und Gomorrha, sondern

Siebte O-Antiphon.

um uns zu retten. Und wie Er uns errettet! Nicht einfach dadurch, daß Er an unsere Stelle tritt und unsere Sünden büßt, uns im übrigen aber uns selber überläßt. Vielmehr dadurch, daß Er uns in sich selber aufnimmt, uns sich einverleibt, uns in Sein Leben hineinzieht, ähnlich wie der Stamm das Pfropfreis aufnimmt. "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Zweige" (Joh. 15, 5). Gott mit uns! Wir sind ein Stück Christus, so wie das Glied ein Stück

. des Leibes, der Rebzweig ein Stück, ein Teil des "Veinstockes ist. Wir gehören zu Christus, gehören nicht mehr uns selber an, sind nicht mehr isoliert, auf uns allein, auf uns selber gestellt. Wir sind gleichsam, in ganzer Wirklichkeit, ein Teil der konsekrierten Hostie, ganz ein s mit Ihm. Welche Gnade, welche Größe, welcher Adel! Der Vater sieht in uns nicht mehr den armen Menschen, sondern ein Stück Christus. Und wenn Er auf J esus sieht, dann sieht Er Ihn zusammen mit uns, einen Baum mit vielen Zweigen. Noch das letzte Blättchen, das am äußersten Aste im Winde zittert, gehört mit zum Baum und lebt vom Lebenssaft des Baumes. Konnte Er uns vollkommener retten als dadurch, daß Er uns in Sein eigenes, göttliches Leben hineinstellte und hineinhob? Wenn wir es bedenken wollten!

3. Ein Stück Christus! Ein StÜck der konsekrier-

ten Hostie, wenn wir so sagen dürfen I Wie sehr muß also Christus in mir Gestalt gewinnen? Wie sehr muß es an mir wahr werden: Der Christ ein anderer Christus! Im Denken, Urteilen, im Werten, im ganzen Sinnen und Trachten, in der Hingabe an den Vater, in der Loslösung von dem, was nicht Gott ist, von der Welt und ihrer Eitelkeit. Ein anderer Christus im Arbeiten, im Leiden, im Beten, in der heiligen Liebe zu den Brüdern in Christus. Auch im Bruder darf und soll ich Christus sehen, ehren. Gott mit uns, in unsern Brüdern. So nahe, so wirklich 1

88

1. Ver heilige Advent.

Gott mit uns! Dazu kam Er in der ersten Weihnacht in Bethlehem, daß Er mich aus dem Staube erhebe und in Sein eigenes Leben hineinhebe. Dazu kommt Er jetzt an Weihnachten, um dieses Werk an mir weiter zu vollziehen. Dazu kommt Er in jeder heiligen Messe, in jeder heiligen Kommunion, in den vielen Erleuchtungen und Einsprechungen der Gnade. Dazu wird Er einst in Seiner zweiten Ankunft kommen, daß Er uns alle in den vollendeten Mitbesitz und Mitgenuß Seines verklärten Lebens im Himmel aufnehme: selige Gottschau, selige Liebe, seliger Genuß Gottes ohne Ende, ewig, ewig!

Wie gut ist der Herr!

Ge b e t.

o Emmanuel, unser König und Gesetzgeber, Du Erwartung der Völker und ihr Retter: komm, uns zu retten, Herr, unser Gott!

Die liturgische Meßfeier des dritten Ad yen tssonn tags.

1. Die Adventsidee und Adventsstimmung hat einen großen Schritt voran gemacht. Schon heißt es nicht mehr: "Der Herr kommt", sondern: "Der Herr ist nahe". Eine ungeheuere Spannung hat sich der Liturgie bemächtigt. Sie löst sich in dankbarer, kindlicher Freude aus. Es ist, als klängen schon die Weihnachtsglocken. Die Liturgie der h!. Messe ist vom Erlösungspsalm (Psalm 84) durchsetzt (Introitus und Offertorium); die rosarote Farbe der Paramente ruft auf zur Freude.

2. "Der Herr ist nahe!" Dies ist das Leitmotiv der heutigen Meßfeier ebenso wie der in diese Woche einfallenden Quatembermessen. Klar und bestimmt hebt das Einzugslied das Thema heraus:

"Freut euch im Herrn (d. i. in Christus) immerdar. Der Herr ist nahe. Macht euch (also) keine Sorgen", vielmehr werfet alle Sorgen in Gebet und Danksagung auf Ihn. Er ist nahe, und zwar als Erlöser und Erretter: "Du hast Dein Land gesegnet, Herr, beendet die Gefangenschaft Jakobs" (d. i. des Volkes Israel, das in der babylonischen Gefangenschaft schmachtete; der Menschheit und der Einzelseele) (Introitus). "Der Herr ist nahe." Derselbe, der einst als Erlöser in Bethlehem geboren wurde, und den wir in seiner zweiten Ankunft am Ende der Weltzeit als "den Erlöser erwarten, der (selbst) unseren Leib dem Leibe Seiner Herrlichkeit gleichgestalten wird" (Phi!. 3, 21). "Maran atha - Komm Herr" (I Kor. 16,22) flehten die Christen der en;ten Zeiten. Diesen Sehnsuchtsruf beten wir heute in unser Kyrie eleison und in die Oratio hinein. "Neige Dein Ohr zu unserem Flehen und erhelle die Finsternis unseres Geistes

1. Der heilige Advent.

durch die Gnade Deiner Heimsuchung", die wir erwarten. Die Epistel gibt uns aufs neue die Versicherung: "Der Herr ist nahe." Sie lehrt uns zugleich, wie wir uns angesichts der Nähe unseres Erlösergottes zu verhalten haben. An erster Stelle heilige, herzliche Güte und Liebe zum Nächsten, zu allen und jedem; sodann Abkehr des Herzens von den quälenden Erdensorgen und ganze Hinkehr der Seele zu Gott in Gebet und Danksagung; endlich Geist und Sinn verklärt vom heiligen Frieden Gottes, begründet auf innerer Freiheit und seelischer Harmonie. Ein herrliches Adventsprogramm ! Noch einmal drängt es uns zum bewegten Aufruf:

Herr, weck auf Deine Macht und komme (Graduale). Und siehe, Er kommt, Er ist schon ganz nahe. Schon wird Er von Seinem Herold, dem Täufer, gemeldet. So laut ertönt des Johannes Stimme am Jordan, daß man sie bis nach Jerusalem hört. In solcher Menge zieht das Volk zu Johannes, daß auch die Behörde zur Sache Stellung nehmen muß. Johannes muß sich ihr gegenüber ausweisen, und er tut es meisterlich. Jetzt muß es allen klar sein:

"Der Herr ist nahe" (Evangelium).

3. Er ist nahe, ja, "Er steht in eurer Mitte", jetzt, in dieser Stunde, im Opfer der heiligen Messe. In diesem Augenblick verewigt und verwirklicht Er Seine erste Ankunft. Wir erwarten und wir besitzen Ihn, den Erlöser aus der Knechtschaft, den Befreier von der Sündenschuld (Offertorium). "Freuet euch im Herrn, und wiederum freuet euch: der Herr ist nahe." Schon weilt Er unter uns im Symbol des Altars, auf den wir im Opfergang unsere und der ganzen Kirche Sorgen, Gebete und Danksagungen niederlegell. Er weilt unter uns in Seinem Vorlä1Jfer. der von sich bekennt, daß er nicht würdig ist, Ihm, der da kommt, die Schuhriemen aufzulösen. Endlich erscheint Er unter uns ttt Seitt~r Person, in der heiligen V/andlung. "Freut euch im Herrn", in Christus. Hier gilt es, u,nsere

13. Dez.: Die hl. Lucia, der verkörperte Advent. 91

Gedanken und Neigungen von dem Irdischen loszulösen und unser ganzes Interesse, unsere Liebe und ganze Kraft "dem Herrn" zuzuwenden. "Lasset die Sorgen", die übertriebenen Kümmernisse um das Vergängliche und leget sie alle dem Herrn, der als unsere Opfergabe und uns.er Erlöser in unserer Mitte steht, ins Herz. "Was ihr wünschet und bedürfet, das tragt mit Beten und Bitten danksagend" (d. i. die Eucharistie feiernd) durch Christus, die Opfergabe und den Mittler, "vor Gott" den Vater. "Durch Ihn und mit Ihm und in Ihm ist Dir, Gott, die ganze Ehre und Verherrlichung", uns aber jegliches Heil und jede Gnade.

"Der Herr ist nahe." Er kommt in der heiligen Kommunion in unsere eigene Seele. Ob wir etwa würdig sind, Ihm die Schuhriemen zu lösen? "Ihr Verzagten, seid getrost und fürchtet euch nicht:

Siehe, unser Gott kommt und rettet uns." Unser Rufen und Flehen: "Weck auf Deine Macht und komme, uns zu erlösen" ist erhört, unsere Bitte ist erfüllt. Wir sind Erlöste! Seine erste Ankunft vor fast 2000 Jahren in Bethlehem ist in uns in der heiligen Kommunion gleichsam wiederholt, unsere Seele ist ein Bethlehem geworden; Seine zweite Ankunft wird uns den Eingang zur seligen Kommunion des Himmels eröffnen, sie ist in der Ankunft, die wir heute im Opfer und Opfermahl der heiligen Messe erlebt haben, bereits eingeleitet, begonnen und angebahnt. Maran atha, komm Herr I

13. Dezember:

Die hl. Lucia, der verkörperte Advent.

I. Eine Adventsgestalt! Die "Leuchtende", die hl. Lucia. Lucia schaut nach der Ankunft des Bräutigams aus, dem sie lebt, den sie sehnsüchtig erwartet, dem sie mit der Ampel der Liebe in der Hand entgegeneilt, über alles Irdische hinweg. "Laßt uns gerecht und fromm leben in dieser Zeit,

92

1. Der heilige Advent.

in der Erwartung der Ankunft unseres Gottes und Herrn" (Tit. 2, 13).

2. Lu c i a pi I ger t mit der kranken 1\1 utter zum Grab der hl. Agatha. Die Mutter erhält die Gesundheit. Lucia aber bittet die Mutter, Jungfrau bleiben und ihr Vermögen den Armen geben zu dürfen. Nach Syrakus heimgekehrt, verkauft sie ihre Güter und gibt den Erlös den Armen. Auf die Ehe mit dem Mann, dem die Eltern gegen ihren Willen sie versprochen hatten, verzichtet sie. Dieser klagt sie deshalb beim Statthalter des Verbrechens an, daß sie Christin sei. Lucia erleidet standhaft den Martertod, um das Jahr 304. Lucia verzichtet auf alles, was nicht der Bräutigam Christus ist. "Du liebst 'das Rechte", Christus, den Bräutigam, und "hassest das Unrechte" (Introitus), gibst alles hin, was nicht Er ist, was nicht zu Ihm führt oder gar von ihm zurückhält: Lucia, die verkörperte Sehnsucht nach der Ankunft des Herrn, der Seine Braut heimholen wird; Lucia, der verkörperte Advent. Das echte Christentum I

L u c i ais t der h eil i gen L i t ur?: i e Typ u s, Bild der heiligen Kirche und der christlichen Seele. In Lucia sehnt sich die heilige Kirche, die SeeJ.~ der Ankunft des Bräutigams entgegen, Seiner Ankunft in der heiligen Kommunion, im Tode, am Jüngsten Tage. Lucia, die Kirche, die Seele hat den Blick über das Zeitliche hinaus auf das "Himmelreich" gerichtet: auf das Himmelreich der Vereinigung mit Gott, der Brautschaft mit Christus, auf das Himmelreich der Gnade und Heiligkeit, auf das Himmelreich, das Christus selber ist, auf das Himmelreich der ewigen Vermählung mit dem Geliebten. Sie hat erkannt, daß das Himmelreich einem "verborgenen Schatze" gleicht: wer ihn entdeckt, gibt freudig alles andere hin, um ihn zu erwerben. Sie hat erkannt, daß es eine "kostbare Perle" ist, die verdient, daß man alles andere opfert, nur um sie zu erwerben (Evangelium).

13. Dez.: Die hl. Lucia, der verkörperte Advent. 93

3. Lucia, die der Vermählung mit dem Herrn Entgegenharrende, die im Martyrium aus heiliger Christusliebe sich Opfernde sei mir Vorbild. "Afferentur virgines post eam." In der Opferfeier der heiligen Messe wird zum König Christus der hl. Lucia "Jungfrauengefolge geführt" (Offertorium), die heilige Kirche, wir alle mit. Wir wollen in dieser heiligen Opferstunde mit Lucia mitgeopfert werden, uns mit ihr zu einem Opfer der Liebe machen. Die Mitfeier der heiligen r,lesse wird sich in dem aufrichtigen, liebenden "Fiat" zu den Opfern, Mühen, Leiden, Verzichten des Tages fortsetzen und auswirken. Wir wissen uns heute als mit Lucia und dem König der Martyrer, Christus, Mitg-eopferte, als Martyrer der Liebe zu Christus, zu Gott!

"Dilexisti iustitiam - Du liebst das Rechte und hassest das Unrechte." Lucia muß ich selber sein. Das wäre die wahre Frucht der Opferfeier des heutigen Tag-es!

Frei, ledig aller Bindungen durch das Irdische, harre ich mit der hI. Lucia, mit der heil igen Kirche, im Advent des Erdenlebens der Ankunft des Bräutigams entgegen. Er sei mir der verborgene Schatz, die kostbare Perle, Er allein habe für mich noch Interesse und Wert. "Ich erachte (alles andere) geradezu für Kehricht, nur um Christus zu gewinnen und in Ihm erfunden zu werden (Phil.

3.8f.).

Gebet.

Erhöre uns, Gott, unser Heil, und wie wir uns des Festes Deiner heiligen Jungfrau und Martyrin Lucia freuen, so laß uns auch" 111 der Gesinnung kindlicher Hingabe geschult werde'n. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

94

1. Der heilige Advent.

15· Dezember: Oktav von Mariä Empfängnis.

"D e r Her r ist mit dir."

I. "Hochpreiset meine Seele den Herrn: denn Großes hat an mir getan der da mächtig und dessen Name heilig ist." "Frohlockend freue ich mich im Herrn, und meine Seele jubelt auf in meinem Gott; denn Er hat mich bekleidet mit dem Gewand des Heiles und mit dem Mantel der Gerechtigkeit (Gnade) mich umhüllt, wie eine Braut, die ihr Brautgeschmeide angelegt" (Introitus).

2. Das er s t e W und e r an M ar i a. Die Liturgie führt es uns mit den vVorten des hl. Epiphanius (gest. 403) vor: "Gott allein ausgenommen, steht Maria über allen ... ; sie ist herrlicher als die Chöre der Engel. Sie zu preisen reicht keine Zunge aus, auch die der Engel nicht. 0 selige Jungfrau, reine Taube, himmlische Braut, Maria, du Himmel, du Tempel, du Thron der Gottheit, du trägst die im Himmel und auf Erden erstrahlende Sonne, Christus. Die Jungfrau ist die unbefleckte Lilie; aus ihr ist die unverwelkliche Rose gewachsen, Christus. Ein staunenswertes vVunder im Himmel: das Weib mit der Sonne umkleidet, die Sonne in ihren Armen! Ein staunenswertes Wunder im Himmel: die Jungfrau, die den Sohn Gottes trägt: der Herr der Engel ist der Sohn der Jungfrau geworden. "Maria, die Gnadenvolle, die goldene Urne, die das himmlische Manna birgt; die Gnadenvolle, die die Dürstenden mit der Süßigkeit der unversieglichen Quelle tränkt. Sei gegrüßt, heilige, unbefleckte Mutter, die du Christus geboren, der vor dir war! Sei gegrüßt, du königlicher Purpur, der den König Himmels und der ErQe kleidet! Sei gegrüßt, du nie auszulesendes Buch, das der Welt das Wort, den Sohn des Vaters zu lesen gegeben."

Das zweite Wunder an Maria: Maria kennt keinen Stolz, kein ungeordnetes Vertrauen

15.Dez,: Oktav von Mariä Empfängnis. 95

auf das eigene Wollen und Können. Maria erhält in ihrer Empfängnis überreiche Gnade: aber der Plan der Vorsehung Gottes über Maria ruht auf einer Gnade der tiefsten Demut, auf einer Gnade des vollkommenen Mißtrauens auf sich selbst, der Wachsamkeit, der Vorsicht, der Flucli.t. Staunenswertes Wunder auf der Erde! Maria kennt keinen Stolz. Sie ist ganz Demut, ganz Bekenntnis des eigenen Nichts, ganz Vergessenheit ihrer selbst. Elisabeth erinnert sie an ihre hohe Würde: "Selig du." Aber Maria wendet sich zum Herrn: "Magnificat anima mea Dominum - Hoch preiset meine Seele den Herrn." Denn "Er hat Großes an mir getan." Nichts für sich selber, nichts von sich selber: alles für Ihn, alles von Ihm. Ihm alle Ehre! Für sich selber nur das Bekenntnis der eigenen Nichtigkeit, Gebrechlichkeit. Deshalb das Mißtrauen auf sich selbst, der Zug zur Zurückgezogenheit, der Wachsamkeit, der Flucht. Auf einem solchen Boden kann die Gnade Wurzel fassen und wachsen.

3. So grÜßen wir sie heute mit der heiligen Liturgie: "Ave, Maria, gratia plena, Dominus tecum, benedicta tu in mulieribus."

Bei dem Übermaß der Gnaden, das zwischen Maria und der Sünde einen fast unendlichen Abstand herstellt, glaubt Maria dennoch, sie könne nur durch Wachsamkeit, Zurückgezogenheit, Entsagung, Treue die Gnade bewahren. Und ich? Erhalte nicht auch ich große, reiche Gnaden? Bin ich genügend bemÜht, sie zu bewahren, sie zur Entfaltung kommen zu lassen?

Maria kennt keinen Stolz, keine Einbildung, keinen Eigendünkel, keinen geistlichen Größenwahn. Und wir? Nicht umsonst meint der Verfasser des "Geistlichen Kampfes", Scupoli: "Hätte eine Seele ein so großes Mißtrauen auf sich selbst wie Maria, sie würde in der Gnade verharren, ohne je den geringsten Fehler zu begehen.

Dritter Adventsonntag.

96 1. Der heilige Advent: Dritte Woche.

Ge b e t.

o Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir ullsere Zuflucht zu dir nehmen.

Mutter des Erlösers, gib uns den Erlöser, der uns befreie von aller Sünde, und der uns bewahre vor uns selbst, vor unserem angeborenen Stolz und unserer Selbstüberhebung, der uns rein mache und rein bewahre! Amen.

Ave, Maria ...

"Freuet euch im Herrn!"

I. "Vir feiern dell Gottesdienst in St. Peter in Rom, im Hause des Petrus, in der Gemeinschaft der auf Petrus gegründeten Kirche. Wo Petrus ist, da ist Christus, der Erlöser. "Der Herr ist nahe." Wir sind nicht verloren. Wir haben nichts zu fürchten, trotz aller unserer Schwäche, Unwürdigkeit und Sündhaftigkeit. Wir haben den Erlöser, wir sind erlöst. "Der Herr ist nahe", stets am Werk, unsere Erlösung und Heiligung der Vollendung entgegenzuführen.

2. "Freuet euch im Herrn" (Introitus; Epistel). Die Grundstimmung des wahren, gesunden, christlichen und geistlichen Lebens ist die Freude im Herrn. Als wir in der heiligen Taufe zu Gliedern Christi geweiht, zu Gotteskindern gemacht und der Mutter Kirche übergeben wurden, da wurden über uns die Worte gesprochen: "Auf daß er Dir (Gott) freudig in Deiner Kirche diene." Das ist mehr als eine bloße Erlaubnis zum Frohsein. Es ist ein Befehl. "Der Herr ist (uns Christen) nahe." Und darum ist der Christ, der Getaufte, der in den Leib Christi Aufgenommene und Eingegliederte der rechtmäßige Besitzer der wahren Freude, der "Freude im Herrn", unserem Erlöser. Wie sollen wir uns in Ihm nicht freuen? "Hat uns Gott mit

Sonntag: "Freuet euch im Herrn I" 97

Ihm nicht alles geschenkt?" (Röm. 8, 32.) In Ihm, d. i. Ihm durch die heilige Taufe und den Besitz der heiligmachenden Gnade eingegliedert, ein Zweig am Weinstock, haben wir die Verzeihung der Sünde, das Glück der Gotteskindschaft. In Ihm ist Gott unser liebender, sorgender Vater, der über uns wacht, uns bei der Hand nimmt und weise, liebend führt. In Ihm besitzen wir das Glück des heiligen Glaubens, der untrüglichen Wahrheit, des Tabernakels, der heiligen Kommunion; das Glück der sicheren Hoffnung auf ein ewiges, seliges Leben am Herzen des Vaters. Trotz unserer Unwürdigkeit und Sündhaftigkeit. Sollen wir uns nicht freuen im Herrn, unserem Erlöser? "Freuet euch im Herrn allezeit."

"Freuet euch allezeit", auch mitten in den Nöten und Bedrängnissen, Sorgen und Kümmernissen, Schwierigkeiten und bösen Erfahrungen des Lebens, in den Versuchungen, Kämpfen und Leiden der Gegenwart. "Denen, die Gott lieben, gereicht ja alles zum Besten" (Röm. 8, 28). Die Arbeiten und Mühen: mit ihnen erkaufen sie kraft der' heiligen Liebe Zuwachs an Gnade und an ewiger Herrlichkeit. Die Leiden: es sind Leiden mit Christus, der in den Seinigen Sein Leiden weiterführen und fruchtbar machen will. Die Kämpfe: Christus kämpft mit uns, in uns, um durch uns den Satan zu besiegen und um uns einst die Siegespalme reichen zu können. Selbst unsere Armseligkeiten, Unvollkommenheiten und unser geistliches Elend: wir lernen dadurch uns selber kennen; wir lernen demütiger werden und weniger auf uns selbst vertrauen; wir lernen um so mehr unsere Zuflucht zum Gebete, zum H'errn nehmen und vertrauend uns an Ihn halten. "Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Heil." "Der Herr ist nahe." Es gilt, die Leiden und Schwierigkeiten des gegenwärtigen Lebens nicht für sich allein. isoliert, zu nehmen, sondern ß!lI)r, W.rd~ T.lohtJ I, 7

98 I. Der heilige Advent: Dritte Woche.

den richtigen Hintergrund und Rahmen dazu zu sehen: das große Leben Gottes, in das wir aufgenommen sind, unser "In-Christus-sein". "Der Herr ist nahe." Wir leben das Leben Christi mit, als Erlöste, als Kinder Gottes. Unser In-Christussein, unsere Christusverbundenheit und ChristusdurchlebtJ:!eit ist der richtige Rahmen, in dem wir unser Leben mit seinen Leiden und Widerwärtigkeiten sehen müssen. "Der Herr ist nahe." Er der Weinstock, wir die Zweige daran. Er das Leben unseres Lebens. Darum ist unser Leben, das Leben des Gliedes, des Zweiges, nichts anderes als ein allzeit "Frohsein im Herrn" (Phil. 4, 4), als ein frohes Sich-"im-Herrn-rühmen" (I Kor. I, 31), auch in den Leiden und Armseligkeiten des Erdenlebens.

3. "Der Herr ist nahe." Wir sind erlöst, in Christus, Ihm lebendig eingegliedert und angegliedert. Glied Christi sein, sich in Christus wissen, sich erlöst wissen, Christi Leben und Kraft in sich tragen, sich als Gotteskind wissen und ein trauriges, gedrücktes, unfrohes, verängstigtes Leben führen, ist ein Widerspruch. Eigentlich ein Unrecht an Gott und an Christus, dem Erlöser. "Der Herr ist nahe." Wenn wir es nur tiefer erfaßten und leben· dig dar an glaubten!

"Möge er Dir freudig in Deiner Kirche dienen."

Unser Christenleben ist Abtötung, Sterben, Opfer, Entsagen, ja. Aber es ist ebenso und wesenhaft Lebensgewinn und Frohsein, heilige Freude im Herrn Zwei Gesichter, aber ein e Sache, ein Wesen.

Gebet.

Wir bitten Dich, 0 Herr, schenke unsern Bitten Gehör und mache hell die Finsternisse unseres Geistes durch die Gnade Deines Kommens. Amen,

Montag: "Um nichts macht euch Sorgei" 99

Montag der dritten Adventswoche.

"Um nichts macht euch Sorge!"

I. Die heilige Liturgie sieht den Herrn nahe.

Darum mahnt sie uns: "Um nichts macht euch Sorge; sondern stets sollen in innigem Gebet und unter Danksagung eure Anliegen vor Gott kund werden" (Epistel).

2. "Um nichts macht euch Sorge." Eine fast befremdende Zumutung! Sind wir doch aus uns völlig unvermögend, unser Heil zu wirken und der ewigen Verdammnis zu entgehen. "Vir bedürfen des Lichtes, der Gnade, der Führung und Kraft unseres Heilandes, schon um überhaupt einmal aus der Sünde herausgerissen zu werden; sodann um vor dem Rückfall in die Sünde bewahrt zu bleiben, der uns jeden Augenblick droht; endlich, um in der Gnade zu wachsen, das übernatürlich Rechte und Gute zu tun, um zu beten. gottgefällig zu leben, Tugend zu üben, verdienstliche Werke zu tun, Fortschritte zu machen. "Ohne Mich vermögt ihr nichts" (Joh. 15, 5). Alles muß die Gnade in uns beginnen und wirken, und nur kraft ihrer Anregung und Hilfe vermögen wir das unsrige zu tun, immer armselig genug! So sehr sind wir aus uns nichts, unfähig zum Guten, unvermögend, das Heil zu wirken. Und da ruft die heilige Liturgie uns zu: "Um nichts macht euch Sorge!" Warum? "Der Herr ist nahe." Er ist uns nahe, uns zu erlösen, uns Licht und Kraft zu geben. Schaue auf Ihn, glaube an Seine Nähe, an Seine Liebe, an Seine Sorge um dich! Und wir? Wir vergraben uns so gern in unser Elend, in unsere Sündhaftigkeit, in unsere Mißerfolge im geistiichen Streben, beschäftigen uns nur mit uns selber und unserem Elend. Wir werden mutlos, verzagt, verwirrt und entfernen uns so von Gott, vom Heiland, Das ist wahrlich nicht Adventsgeist. "Um nichts macht euch Sorge."

"I n in n i gern Ge b e t und Flehen sollen unter

7-

100 1. Der heilige Advent: Dritte Woche.

Danksagungen eure Anliegen vor Gott kund werden." Das ist die Adventsbotschaft qer heutigen Liturgie:

Beten! Uns ist das große Mittel des Gebetes gegeben. Unsere Ohnmacht und sittliche Not muß uns zu Gott, zum Erlöser drängen. "Der Herr ist nahe", mit Seiner Liebe, mit Seinem Erbarmen, mit Seinem Erlöserherzen. "Werfet eure Sorge auf den Herrn!" Je elender wir aus uns selbst sind, um so mehr wenden wir uns an den Herrn, um so mehr beten wir, dankend, flehend, bittend ohne Unterlaß. Und der Herr, so sagt es uns der Introituspsalm, wird Sein Land, Sein Erbteil, uns segnen und uns aus der Gefangenschaft unserer Sünden, Leidenschaften, bösen Gewohnheiten heimführen, erretten. "Der' Herr ist nahe."

3. "Der Herr ist nahe" - dem, der betet, der mit reinem Herzen, mit Demut, mit Vertrauen, mit Beharrlichkeit den Herrn bittet. "Bittet, und ihr werdet empfangen, klopfet an, und es wird euch aufgetan' werden" (Matth. 7, 7)·

"Der Herr ist nahe" - jetzt in der Feier der heiligen Messe. Da erscheint Er, der Hohepriester und Mittler, Christus, in der heiligen Wandlung in unserer Mitte, damit wir all unsere Anliegen vertrauensvoll in Seine priesterlichen Hände legen: Er wird sie in eigener Person vor den Vater bringen und sie bei Seinem Vater vertreten. "Werfet alle Sorge auf den sich für uns in der heiligen Messe opfernden Herrn." Er dankt, sühnt, bittet an unserer Statt und bietet dem Vater jetzt, in der Feier des heiligen Opfers, Seine Verdienste, Sein Leiden und Sterben, Sein Blut, Sein Herz an - für uns, zu unserem Besten, damit wir Verzeihung, Gnade, Kraft und Hilfe erhalten. Was machen wir uns also noch Sorgen? Wir üb~rgeben Ihm unser Ich, unser Hoffen und Fürchten, Gegenwart und Zukunft, Zeit und Ewigkeit: da ist alles in guten Händen. "Um nichts milcht euch Sorge. der Herr ist nahe."

Dienstag: "Laßt alle Menschen eure Güte erfahren tU 10 I

Gebet.

Wir bitten Dich, 0 Herr, schenke unsern Bitten Gehör und mache hell die Finsternisse unseres Geistes durch die Gnade Deines Kommens. Amen.

Dienstag der dritten Adventswoche.

"Laßt alle Menschen eure Güte erfahren!"

I. "Freuet euch im Herrn. Laßt alle Menschen eure Güte erfahren: denn der Herr ist nahe." Das ist der Aufruf des Introitus und der Epistel der dritten Adventswoche.

2. "L aßt all e M e n s ehe neu r e G ü tee rfa h ren." Unsere Freude im Herrn muß und wird sich nach außen drängen: in der Form der Güte, des gütigen, lieben Wesens gegenüber dem Mitmenschen, gegenüber allen Menschen, jedermann. So betont es die Epistel ausdrücklich. "Laßt alle Menschen eure Güte erfahren," Gütig sein, eine lebendige Darstellung der Güte des menschgewordenen Gottessohnes gegen uns. Je mehr wir uns bemühen, innerlich, gottverbunden zu leben, um so schwerer wird es uns, wahrhaft gütig zu sein. Das intensive Streben nach Gott schärft unser Urteil über die andern. Wir haben ein neues Maß, mit dem wir messen. Ein neues Licht, ein neues Auge, mit dem wir sehen. Eine neue Art, die Dinge, Vorkommnisse, der Menschen Tun und Lassen anzuschauen. Leicht werden wir deshalb ungütig in unserem Denken und Urteilen. Wir sind versucht, hart, schonungslos über Menschen und Verhältnisse zu denken. Wir verstehen es nicht, mit freundlichen, gütigen Worten zu gewinnen. Man merkt uns eine gewisse Kälte gegen die Umgebung an, einen Mangel an wahrem Interesse, eine gewisse überlegene Miene, eine affektierte, unnatürliche Haltung, eine gewisse Tadelsucht und einen Drang, zu belehren, zu korrigieren, ein vornehmes. tadelndes

102 I. Der heilige Advent: Dritte Woche,

Schweigen, mit dem wir verraten, daß wir innerlich das Wesen der andern ablehnen oder sie geringschätzen. "Laßt alle Menschen eure Güte erfahren." Laßt es jedermann wissen, fühlen, erfahren, daß ihr gütig seid im Denken, im Reden. Die Zunge beherrschen, und wo wir über andere zu reden haben, nur Worte der Güte, der Anerkennung des Guten, das sie an sich haben oder tun. Nur Worte der Güte, die eine gewisse Art und ein gewisses Tun der andern liebevoll, wohlwollend auslegt und entschuldigt. Güte im Werke, im Benehmen, im Alltag. Eine Güte, eine mit Güte spendende, helfende, dienende Hand gegen alle Menschen. So wünscht es die Liturgie der dritten Adventswoche.

"D e n n der Her r ist nah e." Er ist uns nahe in Maria, der Jungfrau-Mutter, die vom Heiligen Geiste empfangen hat. Er ist uns nahe in der Opferfeier der heiligen Messe, im Empfang der heiligen Kommunion. Ja. Aber gar zu gerne vergessen wir, daß Er uns nahe ist im Mitmenschen, in jedem, dem wir begegnen und mit dem wir zu tun haben. "Mitten unter euch steht derjenige, den ihr nicht kennt. Er ist vor mir (ewig). Ich bin nicht wert, Ihm die Schuhriemen aufzulösen" (Evangelium). Im Mitbruder, in der Mitschwester, im Mitmenschen, mit dem ich lebe, arbeite, repe. umgehe, steht Er vor mir. Und leider, ich kenne, ich sehe Ihn nicht. Er lebt im Mitmenschen, das Haupt im Gliede, der Weinstock im Rebzweige. Und wir bleiben so leicht beim Außern stehen, beim Menschen von Fleisch und Blut, von dieser oder jener Art, und sehen in ihm nicht den Herrn, das Haupt, den Weinstock, das "In-Cltristus-sein". "Was ihr dem Geringsten der Meinigen getan, das habt ihr Mir getan. Und was ihr dem Geringsten der Meinigen nicht getan, das habt ihr Mir nicht getan" (Matth. 25, 40 45). Wie sind wir vergeßIich! Hätten wir doch das Auge und den Glauben der Christen früherer Jahrhunderte! Sie waren von dem

Dienstag: "Laßt alle Menschen eure Güte erfahren I" 1°3 Grundsatze beherrscht: "Fratrem vidisti, Dominum vidisti - Du hast den Mitbruder gesehen, du hast (im Mitbruder) den Herrn gesehen." Im Mitmenschen das Glied Christi, Christus sehen! Dann werden wir durch die Frömmigkeit nicht hart, kalt, abstoßend, ungÜtig, sondern erst in Wahrheit fromm, liebevoll, selbstlos, mild, gütig, verzeihend, ertragend, dienstbeflissen. Eine Jungfrau von Nazareth, die den Sohn Gottes empfängt und von diesem Augenblick an die Güte ihres Wesens und Herzens im hellsten Glanze aufleuchten läßt: sie eilt ins Gebirge, zu Elisabeth, ihr zu dienen, ihr zu helfen, ihr Liebe zu erweisen. "Den du, 0 Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast." Die erste Frucht der Ausstrahlung der Güte Mariens ist die Heiligung des Täufers noch im Mutterschoß.

3. "Laßt alle Menschen eure Güte erfahren: denn der Herr ist nahe." Er ist uns nahe im Mitmenschen, im Gliede Christi. Er ist uns nahe -in uns selbst, das Haupt in uns, Seinen Gliedern. Weil Er, als das Haupt, Sein Leben in uns, den Gliedern, lebt, drängt Er uns, daß wir eine lebendige Ausstrahlung Seiner Güte und Seines edlen, milden Wejlens seien. Ein Christentum der Güte, des selbstlosen Wohlwollens, Dienens, Freudemachens verlangt der heilige Advent von uns, eben weil Christus in uns lebt und Sein Leben, Seinen Geist sichtbar in uns darstellen und ausstrahlen will. Wir verstehen unser Christentum, unser In-Christus-undSeiner-Kirche-sein so wenig. Wir sind noch so sehr ichbezogen, eng, selbstsüchtig, unerlöst.

Die Liturgie der dritten Adventswoche darf und soll mich nicht vergebens mahnen: "Laßt alle Menschen eure Güte erfahren, denn der Herr ist nahe", im Mitmenschen, in mir selbst. Ich will, ich muß eine Ausstrahlung der GÜte und Milde Christi und eine zweite Jungfrau von N azareth werden. Dazu sichert mir die heutige Meßfeier eine besondere Gnadenhilfe zu. Ich fühle meine Unerlöstheit,

104

1. Der heilige Advent.

meinen Mangel an Güte, mein Versagen. Ich fühle, wieviel mir noch dazu fehlt, allen Menschen gegenüber eine lebendige, sic!1tbare, greifbare Darstellung der Güte J esu zu sein, der in mir lebt. Ich rufe inständig zu Ihm, daß Er mich von den Banden meiner Enge, Ungüte, Kälte, Ichbezogenheit erlöse. Ich stütze mich auf die Worte der Communio: "Ihr Kleinmütigen, seid getrost, fürchtet euch nicht. Seht, unser Gott kommt (in der heiligen Kommunion) und erlöst uns."

Ge b e t.

Herr, der Du thronst über den Cherubim, biete Deine Macht auf und komm. Hab acht, Du Hirte Israels (der Kirche, unserer Seelen), der Du J oseph (uns) wie Schäflein hütest. Biete Deine Macht auf, Herr, und komm, uns zu erlösen. Wend unsere Lage, zeige uns Dein Huldantlitz, und wir sind gerettet. Amen.

Quatember-Mittwoch im Advent.

"Siehe, die Jungfrau wird empfangen."

I. Stationskirche Groß-St.-Marien (Maria Maggiore) in Rom. Die heilige Liturgie ruft uns in das Haus der Jungfrau von Nazareth, Zeugen der Begegnung des Engels mit der Jungfrau zu sein. Ehrfürchtig, den Blick auf die Jungfrau gerichtet, lauschen wir dem hehren Geheimnis der Menschwerdung des Erlösers.

2. Der Eng eid e s Her I' n b r i n g t M a r i a die Bot s c h a f t: "Siehe, du wirst empfangen und einen Sohn gebären und man wird Seinen Namen heißen: Sohn des Allerhöchsten. Er wird im Hause Jakob herrschen in Ewigkeit." Wie soll das geschehen? "Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten." Maria glaubt. Sie kennt dem Antrag Gottes gegenüber nur blinden Gehorsam, vor-

Quat.-Mittw.: "Siehe, die Jungfrau wird empfangen." 105 behaltlose Hingabe und überlassung: "Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach Deinem Wort." In diesem Augenblick "ist das Wort Fleisch geworden" - die Frucht der Liebe Gottes und zugleich der Reinheit, des Glaubens, des Gehorsams der Jungfrau. "Selig, die du geglaubt hast!"

"D a s W 0 r t ist F lei s c h g e w 0 r den" im Schoße Mariens, in deren Haus wir versammelt sind. Maria ist der "Himmel" geworden: "Tauet, ihr Himmel, den Gerechten"; Maria ist die "Erde", die den Gerechten, den Heiland, umschließt und hervorsprossen läßt (Introitus); Maria ist das lichte "GezeIt", das die Sonne, Christus, umschließt (Introituspsalm). In der Verkündigung erfüllt sich, was der Prophet Isaias vor siebenhundert Jahren vorausgesagt hat: "Der Herr selber wird euch ein Zeichen (Wunderzeichen) geben: Seht, die J ungfrau wird empfangen und (Jungfrau bleibend) einen Sohn gebären. Sein Name wird sein: Gott mit uns" (zweite Lesung). "Und das Wort ist Fleisch geworden" (Joh. I, 14) aus Maria, der Jungfrau. Sie hat empfangen vom Heiligen Geiste. Kommt, laßt uns anbeten! Die Jungfrau von N azareth ist das heilige Zelt, die Bundeslade, in der Gott uns in Person nahe ist. "In der letzten Zeit (d. i. in der Zeit des Messias) wird der Berg, auf dem das Haus des Herrn ruht (d. i. Sion, Maria, die Gotteswohnung), herrlich dastehen als der höchste der Berge. Er (Maria, die Christusträgerin) wird alle Hügel überragen, und alle Völker werden zu ihm strömen, Die Völker werden sich aufmachen und sprechen: "Kommt, laßt uns hinaufsteigen zum Berge des Herrn und zu dem Hause des Gottes Jakobs (Maria). Denn von Sion (Maria) geht das Gesetz (d. i. das Wort, Christus) aus und das Wort des Herrn (Christus) von Jerusalem (Maria)_ Kommt, laßt uns wandeln im Lichte des Herrn, unseres Gottes", der uns in Maria aufleuchtet (erste

106

I. Der heilige Advent.

Lesung). Wir versenken uns glaubend, anbetend in das Geheimnis, das sich in der jungfräulichen Gotteswohnung, in Maria, vollzogen hat. "Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft, und sie empfing vom Heiligen Geiste." Anbetend beugen wir das Knie und staunen: "Das Wort ist in Maria Fleisch geworden und hat unter uns Wohnung genommen."

3, Wir sind in Maria Maggiore, im Hause Mariens. Maria ist das neue Jerusalem, die Wohnung des Erlösergottes. Wenige Tage noch, und sie schenkt uns die gebenedeite Frucht ihres jungfräulichen Schoßes.

"Ecce, Virgo concipiet", singen wir zur Communio. Da, wo der Engel der Jungfrau die Botschaft bringt und sie vom Heiligen Geiste empfängt, erlebt Maria das Glück ihrer ersten großen heiligen Kommunion. Eine Kommunion voll der Gnade, voll der seligsten Wonnen, voll des Segens für Maria und für die ganze Menschheit. So oft die Kirche in ihren Kindern an den Altar tritt, die eucharistische Kommunion zu empfangen, wiederholt sich in ihr die Gottesempfängnis der Jungfrau: Siehe, die Jungfrau, die Kirche, empfängt den Sohn Gottes, Christus, das Heil. Im Empfang der heiligen Kommunion sind wir der heiligen Liturgie die Jungfrau von Nazareth. Wir dürfen an uns dieselbe Gottesempfängnis erleben, die wir heute in Maria Maggiore feiern. Die Gottesempfängnis, die große Kommunion Mariens miterleben, in Wahrheit nacherleben, den Sohn Gottes, das Kind der JungfrauMutter mitempfangen, in unser Herz aufnehmen, ebenso wirklich, ebenso wahr wie Maria: "Seht, die Jungfrau (Maria, die Kirche, die kommunizierende Seele) wird empfangen: Sein Name ist Emmanuel, Gott mit uns." Würden wir doch vollkommen mit der Liturgie glauben, empfinden!

"Ecce, Virgo concipiet." Die jungfräuliche Seele!

Sie lebt Gott und Christus, un~eteilt. Sie tut eHe

Donnerstag: "Siehe, die Jungfrau tU 1°7

Tore weit auf, daß einziehe der König der Herrlichkeit. Sie ist die Jungfrau mit reinen Händen und reinem Herzen (Graduale). Die Jungfrau, die Gottes Ruf gegenüber nur die Antwort hat: "Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach Deinem Worte." Als die Jungfrau von Nazareth sollten wir jedesmal zur heiligen Kommunion kommen! Ach, wäre dem so!

"Siehe, die Jungfrau wird empfangen." Mit der heiligen Liturgie erkennen wir in der jungfräulichen Gottesträgerin Maria die heilige Kirche. Sie trägt Christus in ihrem Schoß, die 'Wahrheit, die Erlösung, das Heil, die Gnade. Nur bei ihr kann die Menschheit Christus finden. "Kommt, laßt uns auf derr Berg des Herrn (den Berg Sions), zum Hause des Herrn (Tempel in Jerusalem, Wohnung Gottes, Maria, die Kirche) hinaufsteigen! Da (in Seinem Tempel, der heiligen Kirche) wird Er uns Seine Wege lehren." Wir stehen treu zur Christusträgerin, der heiligen Mutter Kirche.

Gebet.

Gott, Du wolltest, daß Dein Wort im Schoße der seligsten Jungfrau Maria Fleisch (die menschliche Natur) annehme. Sei unserem Flehen willfährig und laß uns durch die Fürsprache jener geholfen werden, von der wir glauben, daß sie wahrhaft Mutter Gottes ist. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Donnerstag der dritten Adventswoche.

"Siehe, die Jungfrau!"

1. "In jener Zeit ward der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt Galiläas, namens N azareth, zu einer Jungfrau gesandt. Sie war verlobt mit einem Manne namens Joseph, aus dem Hause Davids. Und der Name der Jungfrau war Maria" (Luk. 1, 26 _ Evangelium des Quatember-Mittwochs).

~. 'IZU einer Jungfrau.." Nie vorher und

108

I Der heilige Advent.

nie nachher ist im Evangelium so ausführlich und feierlich vom Senden eines Engels erzählt worden. Warum diesmal so anders als sonst? So feierlich? Er wird zu "einer Jungfrau" gesandt, und "der Name der Jungfrau war Maria" (Luk. I, 26 f.). Das war das Neue, das Große. Und darum die Ausführlichkeit, die Feierlichkeit. "Der Name der Jungfrau war Maria." Darin liegt der Triumph unserer heiligen Religion über jede andere Religion vor ihr und neben ihr: daß das Christentum still und schlicht und unbemerkt in die Welt einzieht; in allem andern gewöhnlich, aber in dem ein e n ungewöhnlich, nämlich in der himmlischen Reinheit dieser ersten Stunde. Ein reiner Engel Gottes tritt vor die reine Jungfrau. Es gibt also noch einen Sieg über das Fleisch und den unreinen Geist in der Menschheit. Er ist verbürgt in der Verkündigung des Engels an die Jungfrau von Nazareth. An die reine Jungfrau ergeht der Antrag des reine!l Gottes: auf den Pfaden der Reinheit, der Jungfräulichkeit tritt das Göttliche in die Menschheit ein. Die Reinheit, die Jungfräulichkeit zieht Gott an.

"S e i ge g r ü ß t, du G n ade n v 0 I I e. Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade gefunden bei Gott. Siehe, du wirst empfangen in deinem Schoße und einen Sohn gebären." "Sei gegrüßt, du Gnadenvolle." Maria schweigt. Sie denkt nach, was der Gruß des Engels bedeute. Das Gleichgewicht der jungfräulichen Seele Mariens ist durch die Worte des Engels fast ins Wanken gekommen. Es ist der Ehrung und Auszeichnung beinahe zu viel. Aber der Engel hat ihr noch viel zu sagen. Erst das ermutigende: "Fürchte dich nicht." Dann die große Botschaft Gottes an die Jungfrau: "Siehe, du wirst ~mpfangen und gebären." Endlich die Enthüllung des ganzen Erlöserplanes Gottes: "Er wird groß sein, der Sohn des Allerhöchsten. Gott wird Ihm den Thron Davids geben. Er wird Herrscher, König sein, und Seiner Herrschaft wird kein Ende sein."

Donnerstag: "Siehe, die Jungfraui" 109

Maria soll nicht bloß ihr Mutterwerden erfahren. Die ganze Fülle des Gottesplanes sollte gleich in der ersten Stunde vor ihrem Geiste stehen. Seine kostbarsten, heiligsten Pläne und Geheimnisse breitet Gott zuerst vor der Jungfrau und vor ihr allein aus. Wie ehrt Gott Maria, die Jungfrau! Wie ehrt Er in ihr die Jungfräulichkeit. Wie ist Er freigebig, offen gegen die Jungfrau! Wie gibt Er ihr alles, Sein Innerstes! Der Reinheit, der Jungfräulichkeit vertraut Gott Seine Geheimnisse an, "Selig, die reinen Herzens sind, sie werden Gott schauen" (Matth. 5, 8).

3. "Siehe, die Jungfrau!" Sie steht am Anfang des Vollzuges unserer Erlösung. Menschlich gesprochen, ist unser Heil ganz in die Hand der Jungfrau gelegt. Es hängt davon ab, ob sie ihr "Fiat" spreche oder nicht. Sie sagt Ja. "Ich bin eine Magd des Herrn. Mir geschehe nach deinem (des Engels) Worte." Aber ehe sie ihr Jawort gibt, mUß sie die jungfräuliche Frage stellen: "Wie soll das geschehen, da ich doch keinen Mann erkenne?" Jungfräuliche Entschlossenheit! Maria will Jungfrau bleiben. Sie hat es als Gottes Willen erkannt, daß sie in ungeteilter Hingabe an Ihn den Weg des jungfräulichen Lebens gehen soll. Sie hat in der Fülle des Lichtes, das Gott ihr eingesenkt, den unvergleichlichen Wert, den die Jungfräulichkeit vor Gott und Gott gegenuber hat, erkannt. Sie verlangt mit ganzer Seele, um Gottes willen Jungfrau zu sein und zu bleiben. Im freigewollten Entschluß zur Jungfräulichkeit sieht Gott alle Hingabe an Ihn, den höchsten Glauben, die reinste Liebe beschlossen.

"Siehe, ich bin eine Magd des Herrn." Sie braucht um ihre Jungfräulichkeit nicht zu fürchten. Auch Gott, der ihr den Engel gesandt, ist um die Unberührtheit der Jungfrau von Nazareth besorgt. Die Jungfräulichkeit Mariens wird Er nie verletzen. Im Gegenteil. In ihr schafft Er sich Sein reines Heiligtum. Der Heilige Geist kommt über iie, die

110

I. Der heilige Advent.

Kraft des Allerhöchsten überschattet sie, der Sohn Gottes senkt Sich in ihr jungfräuliches, unberührtes, reines Wesen hernieder. Von Gottes heiligen Händen gebildet, bewahrt und getragen, von Gott zu Seinem jungfräulichen Heiligtum erwählt und hergerichtet, gehört sie Ihm. Sie ist Sein eigen. Und Seine Magd. Sie kennt nur Seinen heiligen Willen und das, was Ihm lieb ist. So steht sie da, an der Wende der Zeiten, den Menschen die Wege zu künden, auf denen das Göttliche in die Menschheit kam und kommt - und um in der wunderbaren Wachheit und Helle ihres Wesens uns den Weg voranzugehen, der zu Gott führt. "Siehe, ich bin ,eine Magd des Herrn."

Wir werden täglich in der heiligen Kommunion der Gottesempfängnis der Jungfrau von Nazaretb in uns selber inne! Welche Größe, welche Gnade! Wieviel Reinheit, bewußte, entschlossene Jungfräulichkeit müssen wir an die Kommunionbank mitbringen! Wieviel Bereitschaft zum Magdsein geRenüber dem Herrn und Seinem heiligen Willen! Eine Jungfrau von Nazareth sollen wir sein.

Gebet.

Gruß dir, Stern der Meere, Gottes Mutter hehre, Allzeit Jungfrau reine, Himmelspfort' alleine.

N ahmst aus Engels Munde Jenes A ves Kunde, Evas Namen wende, Und uns Frieden spende.

Lös das Band der Sünden, Bringe Licht uns Blinden, Allem Bösen wehre, Alles Heil begehre.

Dich als Mutter zeige, Daß dem Flehn sich neige, Der für uns geboren Und dich auserkoren.

Einz'ge Jungfrau milde, Mach nach deinem Bilde Frei von Schuld und Fehle Mild und keusch die Seele, Schenk uns reines Leben, Unsern Pfad mach eben, Daß wir Jesus schauen Froh in Himmelsauen.

Gott und Seinem Sohne auf dem höchsten Throne Und dem Geist, dem hehren, Bringet gleiche Ehren.

. Amen.

Quatember-Freitag: Maria, die Christusträgerin. 111

Quatember-Freitag im Advent.

M a r i a, die C h r ist u s t r ä ger i n.

I. "Nahe bist Du, Herr, und alle Deine Wege sind Güte (Gnade)" (Introitus). Er ist uns heute nahe in Maria, der Jungfrau. Sie hat den Sohn Gottes empfangen, um Ihn uns zu schenken. Wir sindheute Zeugen des Segens, den sie in das Haus des Zacharias und der Elisabeth bringt; sie bringt Christus. Durch ihre Vermittlung ist Elisabeth vom Heiligen Geiste erfüllt und Johannes der Täufer im Mutterschoße geheiligt. Maria die Christusträgerin, die Vermittlerin der Gnaden. "Den du, 0 Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast."

2, Die ge s chi c h t li ehe n Vor g ä n g e. Maria, von Christus voll, eilt ins Gebirge in eine Stadt des Stammes Juda, zu Elisabeth und grÜßt sie. VIlie Elisabeth den Gruß M ariens vernimmt, hÜpft das Kind (Johaunes der Täufer) freudig in ihrem Schoße auf. Elisabeth selber wird vom Heiligen Geiste erfÜllt und erkennt das Geheimnis der Jungfrau: "Gebenedeit bist du unter den Weibern, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes. Und woher geschieht mir, daß die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Selig, die du geglaubt hast ... " Maria ist die lebendige Monstranz, die Christus trägt, die Gnadenvermittlerin: Johannes ist im Mutterschoße geheiligt, von der Erbsünde gereinigt, mit dem Gewande- der heiligmachenden Gnade angetan - durch die Vermittlung Mariens. Wie gerne hätte Maria, nachdem sie den Sohn Gottes empfangen, in stiller, ungestörter Zurückgezogenheit der Beschauung gelebt! Aber Gott ruft sie zum Dienste der Nächstenliebe, zum Apostolat: und Maria kennt nur Gottes Willen. Gesegnetes Apostolat, gesegnete Tätigkeit der Seele, die Christus in sich trägt. Sie kennt keine Ermüdung, keine Hindernisse, keine Schwierigkeiten. Wer von Christus voll ist, ist auch voll, Liebe, voll Eifer, voll grüß er Gesinnung, Und ich?

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I. Der heilige Advent.

Die I d e e. Stationskirche zu den heiligen Zwölf Aposteln in Rom: Maria ist der Liturgie Apostel, Christusbringerin, Gnadenvermittlerin. Maria ist die \Vurzel, aus welcher der BlLitenzweig aufsproßt, Christus, voll der Gnade und Wahrheit (Epistel). "Und von Seiner Fülle haben wir alle empfangen" und empfangen wir unablässig "Gnade um Gnade" (loh. r, r6). Aber nur durch die Vermittlung Mariens. Wir sind heute J ohannes, der durch die Vermittlung der Jungfrau-Mutter geheiligt wird. Dankbar sprechen wir mit dem Graduale: "Du hast, 0 Herr, Dein Land (Maria und durch sie uns, die Kirche) gesegnet und Jakob (uns) heimgeführt aus der Gefangenschaft (der Sünde, des Teufels, der ewigen Verdammnis)," Alles durch Maria.

3. "Siehe der Herr kommt und alle Seine Heiligen mit Ihm. An jenem Tage erstrahlt ein großes Licht" (Communio). Die Ankunft des Herrn in der heiligen Kommunion leitet die Ankunft Christi am Ende der Tage ein. Da erscheint Er, im Glanze Seiner Engel und Heiligen, um uns, die Kirche, zur ewigen Kommunion, zum seligen Weihnachten im Himmel heimzuholen. Die heilige Kommunion ist uns das Unterpfand des seligen Genusses und Besitzes des Herrn, im "großen Licht" des Himmels.

Durch Maria wirkt der Herr an den Seelen da~ Heil. Er hat sie Sich zur Mutter genommen, damit sie in ihrem Erdenleben als die neue Eva zusammen mit dem neuen Adam und in Abhängigkeit von Ihm am Werk unserer Erlösung mitwirke. Wie sie uns alle Gnaden, deren wir teilhaftig werden, dereinst mit ihrem Sohne mitverdient hat, so ist sie jetzt im Himmel die Vermittlerin aller Gnaden an uns. Jede Gnade, die uns geschenkt wird, hat M aria uns mitverdient. Und deshalb ist sie auch an der Austeilung der Gnaden an uns beteiligt. Wir haben alle Gnade von Gott durch Christus und Maria, unsere Mutter. So sehr will der Herr Seine Mutter ehren. Und so sehr sollen wir alle von

Quatember-Freitag: Maria, die Christusträgerin. 113 Maria, der Vermittlerin der Gnaden, abhängig sein! Das ist die demütige, gehorsame Magd des Herrn, die reine Jungfrau!

Der helligen Liturgie ist die gebenedeite Christustriigerin und Heilsvermlttlerin des heutigen Quatemberfreitags Bild und Symbol der Kirche. Sie, die heilige Kirche, trägt Christus, den Erlöser in ihrem jungfräulichen Schoß (in der heiligen Eucharistie, im Tabernakel). Sie gibt uns Ihn in den heiligen Sakramenten, in dem hochheiligen Opfer, in der dauernden Nähe und Gegenwart im Tabernakel. "Gegrüßet seist du, voll der Gnaden, der Herr ist mit dir", heilige Kirche.

Die erste Frucht der Gottesempfängnis, der heiligen Kommunion, Mariens ist dienende, helfende Nächstenliebe. "Den du, 0 Jungfrau, vom Heiligen Geiste empfangen hast." Und sogleich: "Den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast." Kommunion und Nächstenliebe gehören zusammen!

Maria gleicht der Arche des Bundes. Sie ist von innen und außen mit Gott bekleidet. Von innen durch die heilige Sammlung und Beschaulichkeit, von außen durch das Magdsein gegenüber Elisabeth, durch ihren Eifer der Nächstenliebe, der Caritas. Maria und Martha in einer Person. Aber das Magdsein gegenÜber den Menschen gründet bei Maria im Magdsein gegenüber Gott. "Siehe, ich bin eine Magd des Herrn", in der Vereinigung mit Gott, in der fortwährenden Abhängigkeit von Seiner Gnade, von Seinem Willen, Seiner -Anregung, Seinem Wohlgefallen. Sie redet und handelt unter der Leitung der Gnade und findet sich bei dem vVirken nach außen mit Gott und ihrem Heiland allzeit wieder. Du wunderbare, du weise Jungfrau!

Gehet.

Wecke auf, Herr, wir bitten Dich, Deine Macht und komme, damit wir durch Deine Hilfe von jedem Unheil befreit werden.

Baur, Werde Licht! I.

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1. Der heilige Advent.

Maria, Vermittler in der Gnaden, bitte für, uns, daß wir von uns ern Sünden, Schwächen und Unvollkommenheiten erlöst, ein heiliges Leben beginnen. Amen.

Gegrüßt seist du, Maria, voll der Gnaden, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus, den du 0 Jungfrau zu Elisabeth getragen hast.

Quatember-Samstag im Advent.

Erlösung!

1. Die Kirche der früheren Zeiten feierte heute Nachtgottesdienst: er schloß mit der Meßfeier in der Frühe des Sonntags ab. Ein Symbol: aus der N acht sehnt sich die Kirche und in ihr die Menschheit nach dem Lichte, der Sonne, Christus.

2. E rI ö s u n g sb e d ü r f t i g k e i t. Wir fÜhlen uns mit der heiligen Liturgie als N acht, als Finsternis, als die öde, unwegsame, unfruchtbare Wüste, als die Blinden, die Lahmen, die Stummen, die Schlaffen (zweite Lesung); als die Gefesselten, die in den Banden der Sünde, der verkehrten Gewohnheiten und Anhänglichkeiten, der Leidenschaften, der Eigenliebe, Selbstsucht und Sinnlichkeit schmachten (vierte Lesung); als die Unwürdigen, die von der Schuld der SÜnde niedergedrückt sind (zweite Oration), die unter dem Joche der Sünde in alter Knechtschaft seufzen (erste Oration). vVir alle, auch wir Priester und Ordensleute, die wir berufsmäßig der Vollkommenheit leben, die wir täglich zelebrieren oder die heilige Kommunion empfangen, die Betrachtung machen, so viel beten und lesen: auch wir sind nicht, was wir sein sollen, in vielen Dingen noch an unsere Eigenliebe und Selbstsucht gefesselt, unfrei für Gott, für Christus, für die vollkommene Liebe, blind, lahm, unfruchtbar. Brauchen wir nicht dringendst den Erlöser? "Tauet

Quatem ber·Samstag: Erlösung! I I 5

Himmel von oben; ihr Wolken, regnet den Gerechten. Es öffne sich die Erde und sprosse den Heiland hervor. Und zugleich soll erstehen Gerechtigkeit. Ich, der Herr, schaffe dies" (dritte Lesung).

Er lös e r s e gen. Der Herr kommt jetzt in der heiligen Messe. Er kommt an Weihnachten, unsere Blindheit und Finsternis zu erleuchten. Erleuchtete Augen! Er kommt, die unfruchtbare Wüste umzuwandeln. "Sie wird sprossen und grünen und frohlocken. Die Herrlichkeit des Libanon wird über sie ausgegossen werden; die Anmut des Karme1berges und ( des Küstenstriches) Saron wird ihr gegeben werden. Die Augen der Blinden werden sich öffnen, die Ohren der Tauben sich auftun" (zweite Lesung). Erlösung! Es fallen die Ketten der Unfreiheit. Es weicht die Nacht der Sünde, der Blindheit! Es wird uns Verzeihung und Gnade. Wir erhalten das Leben. "Ich bin gekommen, daß sie das Leben haben und es überreich haben" (Joh. 10, 10). Das Leben, das uns geschenkt wird, ist Teilnahme am Leben Gottes; ist Mitbesitz und Mitgenuß des über alles andere unendlich erhabenen, reinen, seligen Lebens, das Gott im Heiligtum der Heiligsten Dreifaltigkeit mit Sich selber führt. Wir dürfen es in der Gnade der Gotteskindschaft mitbesitzen und mitleben. Der Sohn Gottes hat uns in Seiner Menschwerdung in Seine Person aufgenommen, uns Sich ein- und angegliedert und uns damit in die Herrlichkeit des göttlichen Lebens hinau fgehoben. Kann es für uns ein größeres Gut, ein größeres Glück geben? Vater, Sohn und Heiliger Geist treten mit uns, dem Staub, in wirklichste, innigste Lebens- und Gütergemeinschaft. Wahrhaftig' wir sind erlöst: nicht bloß von der Sünde gelöst, nein, wir sind des Lebens Gottes teilhaftig geworden, erfüllt, getragen vom Leben Gottes. Wir sind geliebte Kinder Gottes!

3. "Die Liebe Gottes hat sich an uns dadurch geoffenbart, daß Gott Seinen eingeborenen Sohn in S~

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I. Der heilige Advent.

die Welt gesandt hat, damit wir durch Ihn leben. Darin besteht die Liebe, nicht daß wir Gott geliebt haben, sondern darin, daß Er uns geliebt und Seinen Sohn als Sühnopfer für unsere Sünden gesandt hat" (I Joh. 4, 9).

Erlösung! Das göttliche Leben kommt an um heran, und unser Leben wird ,zum göttlichen erhöht. Der Strom des göttlichen Lebens, der vom Vater in den Sohn einmündet, ergießt sich in der Menschwerdung des Sohnes auf die von Ihm angenommene Menschennatur. Diese wird ein Ozean des göttlichen Lebens. Aus ihm strömt das göttliche Leben

- uns zu. Wir öffnen die Seele dem Eindringen des göttlichen Lebens in Glaube, Ehrfurcht, Liebe, Dankbarkeit, Verlangen. Und Gott umkleidet unsere Seele, durchwirkt sie mit Seiner Liebe, mit Seiner Reinheit und Heiligkeit.

Wir glauben, wir danken. Wir wissen uns als Erlöste und leben das "neue Leben", das uns der Erlöser gebracht hat, dankerfÜllten Herzens mit.

Ge b e t.

Allmächtiger Gott, durch alte Knechtschaft sind wir niedergedrückt unter dem Joche der Sünde und bitten Dich, gib, daß wir frei werden durch die erwartete neue Geburt Deines Sohnes, der mit Dir lebt und herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

"Komm, zeige uns Dein Angesicht, 0 Herr, und wir sind gerettet" (Introitus).

H y m nu s (Dan. 3, 52-59).

Gepriesen bist Du, Herr, Gott unsrer Väter. Ja, lobwürdig und glorreich in Ewigkeit.

Gepriesen ist der Name Deiner Herrlichkeit, der heilige. - Ja, lobwürdig und glorreich in Ewigkeit.

Gepriesen bist Du in dem heiligen Tempel Deiner Herrlichkeit, Ja, lobwürdig und glorreich in Ewigkeit.

Quatember-Samstag: Erlösung! I 17

Gepriesen bist Du auf dem heiligen Throne Deines Königtums. Ja, lobwürdig und glorreich in Ewigkeit.

Gepriesen bist Du ob des Zepters Deiner Gottheit. Ja, lobwürdig und glorreich in Ewigkeit.

Gepriesen bist Du, der Du thronest über den Cherubim, Du, dessen Blick alle Tiefen ergründet. Ja, lobwürdig und glorreich in Ewigkeit.

Gepriesen bist Du, daherfahrend auf Sturmesflügeln und Meereswogen. Ja, lobwürdig und glorreich in Ewigkeit. Preisen sollen Dich all' Deine Engel und Heiligen. Ja, sie sollen Dich loben und verherrlichen in Ewigkeit,

Preisen sollen Dich Himmel, Erde, Meer, samt all ihren Wesen. Ja, sie sollen Dich loben und verherrlichen in Ewigkeit.

Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste. Ja, Ihm, dem Lobwürdigen und Glorreichen in Ewigkeit.

Wie es war im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen. Ja, Ihm, dem Lobwürdigen und Glorreichen in Ewigkeit. Gepriesen bist Du, Herr, Gott unsrer Väter. Ja, lobwürdig und glorreich in Ewigkeit.

Die liturgische Meßfeier des vierten Ad ven tssonntags.

I. Die große Quatemberfeier des jetzigen Quatembersamstags wurde in früheren Zeiten in der Nacht des Samstags auf den heutigen vierten Sonntag im Advent vollzogen. Der Nachtgottesdienst in St. Peter in Rom dauerte bis in die Morgenstunden des Sonntags hinein. Die Feierumfaßte neben den Psalmen, Lesungen und gemeinsamen Fürbitten die Predigt des Papstes, die Abgabe des Zehnten der 01- ernte, die Feier der heiligen Messe mit der Erteilung der sieben Weihen. Spätere Geschlechter ließen den Nachtgottesdienst fallen und verlegten ihn, verkürzt, auf den frühen Morgen des heutigen Quatembersamstags. So mußte für den Sonntag eine neue MeßIiturgie geschaffen werden, die Messe, die wir jetzt am vierten Adventssonntag feiern. Sie führt den Adventsgedanken nicht weiter, sondern greift auf die Liturgie der Quatembertage, insbesondere des Quatembermittwochs zurück. Sie nimmt den Grundgedanken des ersten Adventssonntages, den Gedanken der Reinigung und Wegbereitung, wieder auf.

2. Wir stehen in Erwartung des nahen Kommens des Herrn. "Tauet, ihr Himmel, von oben. Ihr Wolken, regnet den Gerechten. Es öffne sich die Erde und sprosse den Heiland hervor" (Introitus). Schon hat sich über der Jungfrau von Nazareth der Himmel aufgetan. Die Kraft des Allerhöchsten hat sie überschattet. Sie hat das Heil empfangen, von oben, vom Heiligen Geist. Schon haben also die Himmel getaut, die Wolken den Gerechten geregnet. Wenige Tage noch, und die Erde wird sich auftun: der jungfräuliche Schoß Mariens wird uns den Heiland ~chenken. So flehen wir, Gott möge das Kommen

Die liturg. Meßfeier des vierten Adventssonntags. I 19 des Herrn beschleunigen. Wir bedÜrfen so dringend des Erlösers und Seiner Gnaden. "Biete Deine Macht auf und eile uns mit starkem Arm zu' Hilfe. Dein Erbarmen beschleunige das Heil, das unsere SÜnden noch aufhalten" (Oratio). Die E p is tel lenkt unsern Blick auf die Neugeweihten. Sie sind durch die heilige Weihe "Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes" geworden, berufen, ähnlich wie Maria, als Diener der Christusträgerin Kirche in ihren jungfräulichen Händen Christus zu tragen und, jungfräulich rein, Christus den Seelen zu reichen, im vVort, im Gebet, im Sakrament, in der heiligen Eucharistie. "So betrachte man uns als Diener Christi", voll der Gnade und voll eier Verantwortung vor dem Herrn. Seine geweihten Diener haben sich vor Ihm zu verantworten. Deshalb die ernste Mahnung an uns:

"RIchtet nicht vor der Zeit, Cd, i.) ehe der Herr (zum Gericht) kommt." überlaßt das Gericht Über Seine Diener dem Herrn. "Er wird auch das im Finstern Verborgene an das Licht bringen und die Absichten des Herzens offenbaren." Der Herr wird in Seiner Wiederkunft am JÜngsten Tage als dei' Richter erscheinen, vor dem sich alle zu verantworten haben. Die erste Ankunft in Bethlehem und die Ankunft auf dem Altar im Opfer der heiligen Messe und in unsern Seelen in der heiligen Kommunion, weist auf die zweite und letzte Ankunft Christi hin, wenn Er mit großer Macht und Herrlichkeit kommen wird, jedem zu vergelten nach seinen Werken. "Nahe ist der Herr" (Graduale) in dem Diener Christi. Schon steht Er bereit, das heilige Opfer zu feiern. Mit heiliger Ungeduld rufen wir im A I I e lu ja: "Komm, Herr, und säume nicht, und nimm den Druck der Sündenlast von uns." Und Er kommt! Schon predigt und tauft Johannes, der Vorläufer, am Jordan und weist auf "den Herrn" hin, dem er die Wege zu ebnen gekommen ist. Der Eva n gel ist gibt mit sonst un-

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120 I. Der heilige Advent: Vierte Woche.

gewohnter Datierung und Feierlichkeit den Zeitpunkt an, in den das Wirken des Täufers fällt. Wir fühlen es: wir stehen am Wendepunkt der Zeiten. Der Herr ist nahe! Im Offertorium begrüßen wir die Gesegnete, voll der Gnade. "Der Herr ist mit dir, die gebenedeite Frucht deines Leibes." So nahe ist der Herr!

3. "Nahe ist der Herr allen, die nach Ihm rufen" {Graduale). Opfernd wenden wir uns von dem Vergänglichen und Verkehrten ab und schauen nach dem Herrn und Seiner Erlösung aus. Wir sind im Opfergang die Kirche, Maria, die Jungfrau und Magd. Jungfrau, d. i. losgelöst von dem, was nicht Gott ist und für Gott ist. Und Magd, in restloser, demütiger Hingabe an Gott, ganz frei, offen für Gott und Seine Gabe. Nun kann Er uns ganz erfüllen. "Tauet, Himmel, von oben." In der heiligen Wandlung tut sich der Himmel über Maria, über der um den Altar versammelten Kirche auf. Die Wolken regnen Ihn herab, wie dereinst das Manna, in den Schoß der Kirche. Nun ist Er mit der Fülle Seines Heiles unter uns gegenwärtig, um uns Seine Erlösung zu bringen. Er betet für uns, Er opfert sich für uns, Er wird unser Opfer der Sühne und bietet dem Vater eine vollwertige Genugtuung für alles an, was wir haben fehlen lassen. Wir gehen in Sein Opfer ein und bieten Ihn, Seinen Leib, Seine Seele, Sein Blut dem Vater an, als unser Opfer der Huldigung, des Dankes, des Lobpreises, der Sühne. 'vVas als Opfer vom Altar und aus unsern Händen und Herzen emporsteigt, kehrt als Gnade, als Segen von oben wieder. "Wolken, regnet Ihn herab", in unsere Herzen! In der heiligen Kommunion sind wir Maria, die Jungfrau, die Magd. "Siehe, die Jungfrau, die Kirche, die christliche Seele, wird empfangen." "Tauet, Himmel, von oben." In der heiligen Kommunion erlebt die Kirche, erleben wir die Gottesempfängnis Mariens. "Sein Name ist Gott-mit-uns" (Communio). "Nahe ist der

Sonntag: "Tauet, Himmel, von oben r 121

Herr allen, die zu Ihm rufen, allen, die in Wahrheit zu Ihm rufen", in der demütigen Anerkennung des eigenen Nichts, in der gänzlichen Loslösung von dem, was nicht Gott ist, in der Gesinnung der Jungfrau-Magd!

Vierter Adventssonntag.

"Tauet, Himmel, von oben!"

1. Drei Adventsgestalten und Adventsprediger treten in der heutigen Meßfeier auf: Isaias, der Prophet, im Introitus, d. i. auf dem Weg zum Heiligtum; Johannes der Täufer, im Evangelium, in der Vormes.se, in der Vorhalle der Opferfeier; endlich Maria, die Jungfrau-Mutter, im Offertorium und im Kommunionlied, also bereits im Heiligtum, inmitten der Opferfeier. Alle drei erinnern sie uns daran: Der Herr ist nahe, bereitet Ihm den Weg! Alle drei kehren in jeder Meßfeier wieder und deuten uns den Sinn der Meßfeier.

2. Die Vor m e s seist das Anklopfen der Gnade an die Türe der Seele. Der Gnadenruf ergeht an sie durch Isaias und den Täufer, durch die Texte, Gesänge, durch die Lesung der Epistel und des Evangeliums. Sie sind ein geheimnisvolles: "Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft." Da steht sie, die Gnade an der Türe unseres Herzens, das Ave auf den Lippen, und bittet um Einlaß. Sie kommt im schlichten Gewande menschlicher Worte, Text'e, Gebete, Erzählungen. Wir lauschen, wie die Jungfrau von Nazareth, und erwägen, was dieser Grutl der Gnade, Gottes, was diese Belehrungen, Ermahnungen, Unterweisungen und Gebete zu bedeuten haben.

Der Opfergang ist das "Fiat", das freudige Jasagen der Seele zu dem Ave, zu dem Anklopfen der Gnade in den Gebeten und Lesungen der Vormesse. In der Darbringung von Brot und Wein spricht

122 I. Der heilige Advent: Vierte Woche.

Maria, die Kirche, die Seele, ihr: "Ecce ancilla Domini - Siehe, ich bin eine Magd des Herrn." Ich übergebe mich Deinem heiligen Willen und Wohlgefallen: Leib und Seele, Zeit und Gesundheit, Talent und Kräfte, alles lege ich auf den Altar und übergebe es meinem Gott und Herrn, daß ich Sein Gebot erfülle, ungeteilt Seinem Wohlgefallen lebe. "Bereitet dem Herrn den Weg." Wir brechen mit aller Sünde, mit allem, was Ihm mißfallen müßte, auf daß unsere Gedanken, Pläne, Absichten und Wege gerade seien, daß jeder Hügel der Selbstüberhebung, des Stolzes abgetragen sei, und wir nirgends mehr uns selber leben wollen: "Siehe, ich bin eine Magd des Herrn." Ganze Hinopferung an Gott und Sein Wohlgefallen. "Mir geschehe nach Deinem Wort."

In der he i I i gen W a n d I u n g schauen wir ehrfürchtig das "Heil Gottes", Jesus, den Sohn Gottes. den Emmanuel, d. i. Gott-mit-uns. "Das Wort ist Fleisch geworden" einmal im Schoße der Jungfrau Jetzt täglich, dauernd Im Schoß der hetllgen Kirche, auf dem Altar in der heiligen vVandlung, mem Besitz und Eigentum, wie einst das Kmd, das Eigentum der Jungfrau war. Ich glaube, ich bete an, Ich nehme den Emmanuel zitternd in meine Hände und opfere Ihn in der Gemeinschaft der Kirche dem Vater auf. In der heilt gen Kommunion darf ich Ihn in mem Herz aufnehmen.

"Ecce, virgo conclplet - Siehe, die Jungfrau (die Kirche, meine Seele) wird empfangen" (Communio). Glückliche Stunde! Mit Maria bin ich "gesegnet". Ich berühre das Heil Gottes leibhaftig. Es wirkt in mir die Fülle der Gnaden für das gegenwärtige Leben, die Auferstehung des Fleisches am Jüngsten Tage und das ewige Leben im Himmel. Dort schaue ich das Heil Gottes ungehemmt, unverlierbar, unverhüllt. Nach diesem \i\f eihnachten schaut die heilige Liturgie des Advents aUS: "Erzeige uns, 0 Herr,

Sonntag: "Tauet, Himmel, von oben I" 123

Deine Barmherzigkeit und Dein Heil gib uns", das vollendete Heil in der Auferstehung von den Toten und in der seligen Schau Gottes im Himmel. Unser Weihnachten hier auf Erden ist nur Anfang. Und ein Unterpfand.

3. "Der Herr ist nahe." Bereits ist J ohannes, der Vorläufer und Wegbereiter, auf dem Plan und am Werk. "Im fünfzehnten Jahre der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Landpfleger von Judäa war, unter den Hohenpriestern Annas und Kaiphas, erging das Wort des Herrn an Johannes in der Wüste" (Evangelium). Er predigt Buße. "Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe. Bereitet den Weg des Herrn!"

"Bereitet den Weg des Herrn", daß Er ungehemmt zu euch kommen könne! "Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll ebener Weg werden." Lebendiger Glaube an den Kommenden, Reinheit von Sünden und Verkehrtheiten, Akte der Buße, der Reue und der Demut, eine gute heilige Beicht, heilige, gottbezogene Gedanken und Gesinnungen. "Der Herr ist nahe."

"Ecce, virgo concipiet - Siehe die Jungfrau wird empfangen", ruft uns die Liturgie beim Empfange der heiligen Kommunion zu. Jungfräulich reine Hände und Herzen und eine jungfräuliche Bereitschaft, Ihm ungeteilt zu leben, der zu uns kommt. So, wie die Jungfrau von Nazareth. Die Frucht der heiligen Gottesempfängnis muß sein "Emmanuel", der neue, gotterfüllte, christuserfüllte, Christi Leben ausstrahlende Mensch.

Ge b e t.

Biete Deine Macht auf, 0 Herr, und komm, wir bitten Dich; eile uns zu Hilfe mit starker Macht, damit Dein verzeihendes Erbarmen durch den Beistand Deiner Gnade das Heil beschleunige, das unsere Sünden noch aufhalten. Amen.

124 I. Der heilige Advent: Vierte W ochc!:.

Vierter Adventssonntag.

"T aue t, H i m m e I, den Ger e c h t e n."

1. "Die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und Sein Name wird sein: Emmanu el. Gott-mit-uns" (Communio). Die Jungfrau der heutigen Liturgie ist Maria, ist die Kirche, ist unsere Seele. Jahr für Jahr erneuert sich die Kirche, unsere Seele in der Feier des heiligen Advents durch Reue und Buße und läutert sich zu reinerer Hingabe: sie wird vollkommener Jungfrau, um dann das Göttliche fruchtbarer als bisher in sich aufnehmen und es in sich Fleisch werden lassen zu können. "Nahe ist der Herr allen, die Ihn in der Wahrheit anrufen" (Graduale), d. i. in der demütigen, reumütigen Anerkennung und Bejahung der eigenen Unwürdigkeit, Unreinheit und Sünd· haftigkeit. In einer Seelenhaltung, die nichts von sich selbst, dafür alles von Gott erwartet.

2. "A v e, M ar i a, g rat i a pIe n a - Sei gegrüßt, du Gnadenvolle, der Herr ist mit dir" (Offertorium). Mit diesem Gruß im Herzen und auf den Lippen macht die Kirche den Opfergang. Maria, die Reine, die Jungfrau. Voll Glauben und voll der Demut hat sie ihr "Fiat" gesprochen. Sie hat ihre Seele weit aufgemacht. Jetzt kann die Kraft des Allerhöchsten sie überschatten, und kann sie den Sohn Gottes empfangen. Sie empfängt Ihn zuerst

-im Geiste, sagen uns die Väter der heiligen Kirche, d. i. im Glauben, in der jungfräulichen Reinheit, in der Demut, in der vollkommenen Unterwerfung unter Gott, im Gehorsam, in der Anerkennung ihres Nicrüs und ihrer Unwürdigkeit. Dann empfängt sie Ihn leiblich. Erst muß sie Jungfrau sein, losgelöst von allem, was nicht Gott ist, und Magd in der demütigen, vorbehaltlosen Hingabe an Gott und Gottes heiligen Willen: dann kann Gott sie ganz

Sonntag: "Tauet, Himmel, den Gerechten." 125 erfüllen, und dürfen wir sie grüßen: "Ave, Maria. Dominus tecum - Der Herr ist mit Dir, Dein Kind, die gebenedeite Frucht deines Leibes.

"E c ce, vi r g 0 co n c i pie t - Siehe die Jungfrau wird empfangen" (Communio). Um \N eihnachten zu feiern und um das Göttliche fruchtbar in die Seele aufnehmen zu können, müssen wir Maria werden, Jungfrau und Magd. Maria, die Jungfrau, in der Reinigung von jeder Sünde, vom Stolz, von der Eigenliebe. Jungfrau im Aufschauen zu Gott, im Offensein für die Kraft des Allerhöchsten, für das Licht, die Einsprechungen und Anregungen von oben. Maria, die Magd, in der Bereitschaft zur völligen, liebenden Hingabe an das, was dem Herrn gefällt. Magd in der demütigen und starken Treue, die sich kellles freiwilligen Fehlers bewußt ist und sich nichts vorzuwerfen hat (Epistel); die alle Opfer bringt und sich nichts daraus macht, daß sie von der Umgebung mißverstanden, falsch gedeutet und verurteilt wird. "Wer mich richtet, ist der Herr. Ich mache mir (deshalb) nichts daraus, von euch gerichtet zu werden oder von einem menschlichen Gerichtstag (Gerichte). Ich richte auch nicht mich selbst" (Epistel). Magd in der demütigen, glaubensvollen Unterwerfung unter "die Diener Christi und die Verwalter der Geheimnisse Gottes" (Epistel). Sie schaut in ihnen nicht das Menschlich-Zufällige, sondern das Göttliche, die Berufung, d. i. Christus selbst, der in ihnen und durch sie, Seine Stellvertreter, opfert und die heiligen Sakramente spendet: Christus, der in Seinen Dienern und durch sie die Seele reinigt, heiligt und der VergöttIichung entgegenführt. Magd in der demütigen Einordnung in die Gemeinschaft der Kirche, des mystischen Leibes Christi: je mehr sie ihm sich einordnet und lebt, um so mehr wird sie vom Geiste und Leben Christi erfaßt und erfüllt.

3. "Ecce, virgo concipiet - Siehe die Jungfrau wird empfangen." Mit ganzer Sehnsucht rlehen

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1. Der heilige Advent.

wir mit der heiligen Liturgie: "Tauet, ihr Himmel, den Gerechten", Christus den Herrn und mit Ihm die Gnade, die Kraft, das göttliche Lehen. "Es öffne sich die Erde und sprosse den Heiland hervor!" (Introitus.) Die jungfräuliche Erde, der Schoß der Jungfrau von N azareth. Die Erde, auch unsere eigene Seele, unser Herz. Diese Erde ist in der heiligen Adventszeit durch Buße, Reue, Gebet. Erlösersehnsucht und Abtötung aufgegraben und gelockert. Nun kann das Samenkorn, Christus uno Seine Gnade, in das zubereitete Erdreich fallen und Frucht bringen. Die Frucht ist der "Emmanuel", der Gott-mit-uns, der neue Mensch.

"Bereitet den Weg des Herrn. Macht gerade Seine Pfade. Jedes Tal soll ausgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll ebener Weg werden. Dann soll alles Fleisch das Heil Gottes schauen" (Evangelium).

Ge b e t.

Biete Deine Macht auf, 0 Herr, und komm, wir bitten Dich; eile un~ zu Hilfe mit starker Macht, damit Dein verzeihendes Erbarmen durch den Beistand Deiner Gnade das Heil beschleunige, das unsere Sünden noch aufhalten. Amen.

Tauet, ihr Himmel, den Gerechten, ihr vVolken, regnet Ihn herab! "Komm, Herr, und säume nicht, und nimm den Druck der Sündenlast von Del11em Volke Israel" (Kirche).

2 1. Dezember: Fest des heiligen Apostels Thomas.

"Mein Herr und mein Gott!"

1. "Fürchtet euch nicht: noch vier Tage, und der Herr kommt zu euch." So ruft uns heute die heilige Liturgie zu. Wir sinken mit dem Apostel Thomas in die Kniee und bekennen: "Mein Herr und mein

2 I. Dez.: Der hl. Apostel Thomas. 127

Gott." Uns gilt heute das Wort des Heilandes an Thomas: "Selig, die nicht sehen, die aber glauben." Herr, mehre uns den Glauben!

2. "I h r war e t tot durch eure Vergehen und Sünden, in denen ihr einst nach dem Geiste dieser Welt gewandelt seid, nach dem Willen des Herrschers im Reiche der Luft (d. i. Satans), des Geistes, der noch jetzt unter den Kindern des Ungehorsams (d. 1. unter denen. die nicht zu Christu~ gehören) wirksam ist. Unter diesen wandelten wir einst alle in unsern fleischlichen Gelüsten. Wir taten, was das Fleisch und das Herz begehrten, und waren von Natur Kinder des Zornes (Gottes). Ihr lebtet getrennt von Christus, ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt dahtn" (Eph. 2, I ff.). Das wäre unser Leben, wäre der Sohn Gottes nicht er· schienen, uns aus der Gottferne und aus der Gefangenschaft der Sünde und ewigen Hülle heimzuholen zum Vater.

"Ihr seid nicht mehr Fremde, sondern Mitbürger der Heiligen, Hausgenossen' Gottes (zur

- Familte Gottes, der heiligen Kirche gehörig), aufgebaut auf dem Grunde der Apostel und Propheten (die den Erlöser verkündigt haben), und Christus selber ist der Eckstein (Grundstein, das Fundament). In Ihm werdet auch Ihr mitaufgebaut zu einem Tempel Gottes im Geiste" (Epistel). Das alles hat das erste Weihnachten gebracht: wir sind durch Christus erlöst, Ihm durch die heiltge Taufe zu ein e m Leib verbunden, mit Ihm Kinder Gottes und haben als Kinder den Zutritt zum Vater: "Vater unser." Wir sind in die Familie Gottes, d. i. in die heilige Kirche aufgenommen und haben da5 Recht auf den Anteil an ihren Gütern und Segnungen. Als Kinder der Kirche sind wir lebendige Bausteine am großen heiligen Gottesbau, dessen Fundament Christus ist, dessen Grundmauern die Apostel sind, und werden durch den großen Bau-

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I. Der heilige Advent.

meister, den Heiligen Geist, in den Gottesbau eingefügt: Er meißelt und hämmert uns durch Seine Gnaden, Führungen, Schickungen aller Art, damit wir' täglich vollkommener in den Gottesbau eingepaßt werden können!

3. "So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen eingeborenen Sohn dahingab, damit, wer an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern das ewige Leben habe" (J oh. 3, r6). "Gott ist die Liebe." Wie sehr ist der Mensch, bin ich dieser Liebe unwert! Was hatten wir, was hatte ich von Rechts wegen verdient? "Es ist das Erbarmen Gottes, daß wir nicht zu Grunde gegangen sind" (Jer. 3, 22). Gott, ich glaube an Deine Liebe.

Wir sind Thomas, der Apostel. Der Herr erscheint. "Sei nicht ungläubig, sondern habe Glauben." Wir gehen dem Herrn entgegen, wenn Er an Weihnachten in der heiligen Messe und in der heiligen Kommunion kommen wird, um das zu wirken und der Vollendung entgegenzuführen, was die Epistel verheißt. Er kommt dereinst in Macht und Herrlichkeit, das Werk, das Er in Seiner ersten Ankunft in der Menschheit und in uns begonnen hat, abzuschließen. Wir glauben! "Selig, die nicht sehen und doch glauben."

"Mein Herr und mein Gott!" Ja, Du sollst es sein - Du, das schwache Kind der Krippe; Du unsere Opfergabe auf dem Altar; Du unsere Speise beim Empfang der heiligen Kommunion; Du in den seligen Momenten; in denen Du uns zu Deinem heiligen Tabernakel rufst, uns mit Deinem Lichte und Deiner Liebe zu beglücken; Du dereinst in den Höhen des Himmels, in den Seligkeiten Deines unverhüllten Besitzes. Mein, Herr und mein Gott, mein Alles in Zeit und Ewigkeit! Selig, die nicht sehen, sondern glauben! Einmal kommt das Sehen. Dann schauen wir Ihn von Angesicht zu Angesicht' Der Lohn des Glallh("n~'

21. Dez.: Der hI. Apostel Thomas.

Gebet.

Wir entrichten Dir, 0 Herr, unsern schuldigen Dienst und flehen in Demut, Du mögest auf die Fürbitte des heiligen Apostels Thomas Deine Gaben in uns schützen, die wir das Lobopfer zur Feier seines ehrwürdigen Festes Dir darbringen. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

H. DIE HEILIGE WEIHNACHTSZEIT 1. \Ve ihn ach te n.

Einführung.

I. Im Mittelpunkt der heiligen Weihnachtszeit steht die Tatsache der Geburt des menschgewordenen Gottessohnes Jesus Christus. Der im Advent sehnsüchtig Erwartete ist gekommen. Wahrer Gott und wahrer Mensch, unser Heiland und Erlöser, "voll der Gnade und Wahrheit, und von Seiner Fülle haben wir alle empfangen" (Joh. 1, 14 15)' "Niemand kommt zum Vater als durch Mich" (Joh.

14, 6).

Weihnachten ist das Fest der erbarmenden Liebe

Gottes. "So sehr hat Gott die vVelt gebebt, datl Er Seinen Eingeborenen dahingab, damit, wer an Ihn glaubt, das ewige Leben habe" (Joh. 3, 16). So viel ist Gott an uns, an unserer Rettung und an unserem ewigen Heil gelegen.

Der heiligen Liturgie der \Veihnachtszeit ist das Kind von Bethlehem nicht so sehr das schwache, hilflose, süße Kind, als vielmehr der große, erhabene Gottkönig, der überzeitliche, himmlische Christus und Herr. Weihnachten hat in der Liturgie wesentlich dogmatischen Charakter, anders als in der Volksfrömmigkeit. Beide Arten der Frömmigkeit haben an der Krippe ihr Recht. Der Liturgie, dem Meßbuch ist der von der Jungfrau Geborene Gottes Sohn, Gott. Er ist König und Herrscher und erscheint in Seiner Kirche, um in ihr, in der Menschheit, in der christlichen Seele Gestalt zu gewinnen und Seinen Herrscherthron aufzuschlagen. Er will, Er mutl König sein. Deshalb betont die Liturgie von Weihnachten und Erscheinung zugleich mit der ewigen Geburt aus Gott insbesondere die Herrscherrnacht des Kindes, das uns geboren ist.

2. Was an Weihnachten in Bethlehem einmal geschehen ist, ist der heiligen Liturgie Vergangenheit und zugleich stete Gegenwart. In jeder heiligen

134 II. Die heilige Weihnachtszeit.

Wandlung feiert sie Weihnachten. Unser Bethlehem ist der Altar und ist die christliche Seele. Im Opfergang bringen wir, gleich den Hirten von Bethlehem, unsere Gaben zur Krippe, d. i. zum Altar. Inc einem "hochheiligen Austausch" nimmt Er sie, wenn Er in der heiligen Wandlung gekommen ist, an und gibt sie uns in der heiligen Kommunion mit Seinem Leben und Seinerµ Geiste erfüllt zurÜck, "damit wir durch diesen Austausch Ihm gleichförmig würden" (Stillgebet der ersten Weihnachtsmesse). Da, in der heiligen Kommunion, legt Ihn Maria, die heilige Kirche, in der Krippe unseres Herzens nieder. In unserer Seele will der Herr neu geboren werden, leben, Gestalt gewinnen. Der alte Mensch muß weichen: ein neues Leben strömt ein, das Leben, der Geist des menschgewOldenen Gottessohnes. Der Herr schlägt in Seiner Kirche, in unserer Seele Seinen Königsthron auf und durchdringt, durchlebt, durchherrscht die Kirche, uns alle neu mit Seinem Geist, Seinem Licht, Seiner Kraft und Seinem Leben. "Nicht mehr ich lebe, vielmehr lebt Christus in mir" (Gal. 2, 20). Das ist die Absicht und die Gabe der I heiligen Weihnacht.

Weihnachten ist der heiligen Liturgie zugleich auch Unterpfand, Vorspiel und Beginn der einstigen glorreichen Wiederkunft des Herrn, welche am Jüngsten Tage für die Menschheit als Ganzes, am jeweiligen Tage des Todes fÜr jeden einzelnen erfolgen wird. An Weihnachten erscheint Er unter uns als der himmlische, verklärte Herr, als welcher Er dereinst "wiederkommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten". Noch ist diese Verklärung unsern Augen verhüllt. Wir schauen sie im Glauben und im Symbol: in der Fülle des Lichtes. mit dem die Kirche die heilige Nacht erhellt.

Wir erleben also in der liturgischen ·Weihnachts. feier die Ankunft des Gott-Königs im Fleische. Se,ine stete gnadenvolle Ankunft im Bethlehem un-

Einführung.

135

serer Gotteshäuser und unserer Seele. Endlich Seine zukünftige Wiederkunft, die Parusie. In der Parusie findet die Ankunft des Sohnes Gottes im Fleische ihre letzte Vollendung und Erfüllung. In ihr erleben die Erlösten, wir, die Kirche, Christus, den ersehnten Tag des Sieges und der Freude, den Tag, der keinen Abend mehr kennt, das ewige Weihnachten.

3· Neben dem Gott-König wird uns in der heiligen Weihnachtszeit d! Jungfrau-Mutter M ar i a vor Augen gestellt; als geschichtliche, heilige und hehre Gestalt, die den Gott-König gebiert, Ihn al" Mutter nährt und großzieht, Ihn im Tempel opfert, Ihn nach Agypten flüchtet, von Ihm in Kana das erste Wunder erwirkt. Sodann als Typus der heiligen Kir ehe, die, eine andere Maria, in Liebe und Teilnahme die Geheimnisse des Herrn miterlebt und deren Gnaden dankbar entg-egennimmt. "Sie bewahrt alle diese Worte Cd. i. alles, was mit Jesus vorgeht) und erwägt sie in ihrem Herzen" (Luk. 2, 19)· Endlich als Typus der ein z eIn e n See I e: sie geht in die Gesinnungen und Affekte der Gottesmutter ein, nimmt mit der Liebe und Treue Mariens alles entgegen, was die heilige Liturgie der Weihnachtszeit ihr von Jesus berichtet und bietet, und lebt, eine andere Maria, ganz in J esus, für J esus und mit J esus.

4· Was uns Weihnachten im Sinne der heiligen Litocgie bringt, ist die "N eu e Ge bur t". Wie Maria den Sohn Gottes nach Seiner menschlichen Natur geboren und der Kirche geschenkt hat, so gebiert auch die Jungfrau-Mutter Kirche aus dem Heiligen Geist ihre Kinder zum neuen Leben "in Christus". Darum verkünden die Gebete und Texte der Weihnachtsliturgie immer und immer die Neue Geburt des Herrn. Er wird in uns erstmals in dem Bade der Wiedergeburt, der heiligen Taufe, geboren; täglich neu und vollkommener, soweit es auf Ihn ankommt, im Empfang der heiligen Kom.

136 I!. Die heilige Weihnachtszeit.

munion, der Frucht des Opfers der heiligen Messe und in den Gnaden, die Er uns, Seinen Gliedern unaufhörlich einströmt. Die Geburt Christi alt! Maria ist uns Bürgschaft und Unterpfand für di( Wahrheit der Geburt Christi in uns, Bürgschaft fÜI die Wahrheit unserer Neuschaffung (2 Kor. 5, I7) und Aufnahme in das Leben Christi, des Wein. stockes, Bürgschaft und Unterpfand für die vVahr. heit unserer einstigen Auferstehung von den Toten und des ewigen Lebens in Gott, unserem Erbteil, der Fülle alles Guten.

Vigil von Weihnachten.

Der Herr kommt.

1. Die heilige Liturgie nimmt uns heute mit ins Heiligtum der hehren Gottesmutter, nach S. Maria Maggiore in Rom. Sie lenkt unsern Blick auf Maria, die uns das Heil zu geben im Begriffe steht. Morgen sollen wir es "schauen".

2. M ar i aha t vom H eil i gen Gei s tee m pfan gen'. "Was in ihr geworden ist, stammt vom Heiligen Geiste" (Evangelium). Eine Empfängnis erhaben über jede andere Empfängnis. Hier versagt die menschliche Erfahrung und Einsicht. Nur der Glaube schaut das Wunder, das hier geschehen, und bekennt: "Empfangen vom Heiligen Geiste." "Du bist die Gebenedeite unter den Weibern .... " Maria hat auf menschliche Empfängnis freiwillig verzichtet: dafür erhält sie die Macht, den Sohn Gottes selber zu empfangen. Aus ihrer Substanz bildet der Heilige Geist das Blut, den Leib, das Herz, die Hände, die Augen des menschgewordenen Gottessohnes. "Er hat angesehen das Nichts Seiner Magd. Er hat Großes an mir getan, der da mächtig ist." Glücklich "die Magd des Herrn". Glücklich, wer um Gottes willen verzichten kann: "Wer sein Leb.en verliert, der wird es gewinnen" (Matth. IO, 39)·

Maria hat den Sohn Gottes empfangen, um Ihn uns zug e ben. Schon zieht sie von Nazareth nach Bethlehem. Hier erwartet sie die Stunde, da sie uns ihr Teuerstes, ihr Alles geben soll. Für uns, zu unserem, zu meinem Besten hat sie Ihn empfangen, hat sie Ihm neun Monate liebend Mutterdienste getan. Wie sehnt sie sich, was läßt sie es nicht kosten, daß sie Ihn uns, mir geben kann! Einen langen, harten Weg in der rauhen

138 11. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. Winterszeit, die unbarmherzige Verstoßung aus Bethlehem hinaus, hinein in die Nacht, in die Armut, Not und Kälte des Stalles: alles läßt sie über sich ergehen, wenn sie nur uns das Heil, den Erlöser schenken kann. So liebt sie uns, so verlangt sie ihr Glüc1< mit uns zu teilen.

3· "Ihr Tore (Bethlehems, der Kirche, der Seele), werdet höher, ihr ewigen Pforten, werdet weit: denn Einzug halten will der König der Herrlichkeit" (Offertorium). Bedenke es wohl: Derselbe, der heute nacht im Stall von Bethlehem geboren wird; Derselbe, der im Schoß der Jungfrau Wohnung ge. nommen hatte, will jetzt, in der Feier der heiligen M esse, auf dem Altar erscheinen, um sich für uns zu opfern; Er will in der. heiligen Kommunion in das Bethlehem der Seele hineingeboren werden, um in ihr Gestalt zu gewinnen und täglich, stündlich zu wachsen. Da soll ich Denjenigen aufnehmen, den Maria getragen, den sie geliebt, dem sie gedient, dem sie alles geopfert, dem sie gelebt, der ihr alles gewesen ist. Wie sehr muß ich also der Jungfrau ähnlich sein, wenn ich Weihnachten entgegengehe, wenn ich an die Kommunionbank herantrete! Wie ist Maria so voll des Glaubens, der heiligen Ehrfurcht, der heiligen Liebe! Wie ist sie rein, losgelöst, abgetötet, in allem vollkommen Gott zugekehrt!

Wenn ich Jesus in der heiligen Kommunion empfangen habe, muß Er dann nicht auch mir, wie Maria, täglich mehr der alleinige Gegenstand meiner Gedanken, meiner Liebe sein? Muß ich Ihm dann nicht, wie Maria es getan, alle meine Kraft, meine Zeit, mein ganzes Herz schenken?

"Heute sollt ihr wissen: der Herr kommt, uns zu erlösen; und morgen sollt ihr Seine Herrlichkeit schauen" (Introitus nach 2 Mos. 16, 6 f., wo Moses dem Volke mit diesen Worten das Manna ankündigt): Christus, das wahre Manna, das vom Himmel herniedersteigt im Bethlehem der heiligen Weih-

fFff:[f ~8ff ~ ~;rHffEIHHr Vi~i~ vOE .Weihnachten.
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1. "Hodie scietis, quia veniet Dominus - Heute sollt ihr wissen: der Herr kommt, uns zu erlösen: und morgen sollt ihr Seine Herrlichkeit schauen" (Introitus und Graduale). Das Leitmotiv der heutigen Liturgie. Heute ein Tag der gespannten, sehnsüchtigen Erwartung. Morgen der Tag des Schauens!

2. Sei n eHe r r I ich k e i t s c hau e n mit dem k ö r per li c h e n Au g e, in lebendiger, greifbarer Gegenwart und Wirklichkeit. "Ein Kind, in 'WindeIn gewickelt, in der Krippe liegend" (Luk. 2, 12), draußen vor der Stadt, in einem Stall. Neben [hm in stiller Anbetung und seliger Mutterschaft die Jungfrau-Mutter, die Ihn soeben geboren hat. Und mit ihr, in anbetendem Schweigen und Schauen, der hl. J oseph. Stille Nacht, heilige Nacht! Wir schauen das Kind, arm, auf hartes Stroh gebettet, jeder Annehmlichkeit beraubt, weil die eigenen Volks- und Stammesgenossen für Ihn in der Stadt keine Herberge hatten. "Er kam in

Vigil: Erwartung.

I39

nacht, im Bethlehem der heiligen Kirche. Er kommt, "uns zu erlösen". Weihnachten ist der Tag der Verzeihung, der Gnade. Deshalb soll die Vigil von Weihnachten ein Tag eifriger, aufrichtiger Buße (kirchliches Fasten) sein, der Sühne, der Abbitte, de8 Gebetes, heiliger Sammlung, der Erwartung. Sursum cordal

Gebet.

Gott, Du erfreust uns allj ährlich durch die Erwartung unserer Erlösung; so gib denn, daß wir Deinen Eingeborenen, den wir freudig als Erlöser aufnehmen, einstens auch als Richter mit Zuversicht kommen sehen, unsern Herrn Jesus Christus. Amen.

Vigil von Weihnachten.

E rw a rt u ng.

1. "Hodie scietis, quia veniet Dominus - Heute sollt ihr wissen: der Herr kommt, uns zu erlösen: und morgen sollt ihr Seine Herrlichkeit schauen" (Introitus und Graduale). Das Leitmotiv der heutigen Liturgie. Heute ein Tag der gespannten, sehnsüchtigen Erwartung. Morgen der Tag des Schauens!

2. Sei n eHe r r I ich k e i t s c hau e n mit dem k ö r per li c h e n Au g e, in lebendiger, greifbarer Gegenwart und Wirklichkeit. "Ein Kind, in Windeln gewickelt, in der Krippe liegend" (Luk. 2, 12), draußen vor der Stadt, in einem Stall. Neben [hm in stiller Anbetung und seliger Mutterschaft die Jungfrau-Mutter, die Ihn soeben geboren hat. Und mit ihr, in anbetendem Schweigen und Schauen, der hl. J oseph. Stille Nacht, heilige Nacht! Wir schauen das Kind, arm, auf hartes Stroh gebettet, jeder Annehmlichkeit beraubt, weil die eigenen Volks- und Stammesgenossen für Ihn in der Stadt keine Herberge hatten. "Er kam in

140 II. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. Sein Eigentum, aber die Seinen nahmen Ihn nicht auf" (Joh. I, 1 I).

Mit den A u gen des G lau ben s. "Im An. fang war das Wort, und das Wort war bei Gott." Ja, es war selber Gott. Es ist Licht, Leben. "Und das Wort ist Fleisch geworden. Und wir haben Seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des Eingeborenen vom Vater, voll der Gnade und Wahr. heit" (Joh. I, 1 14). In diesem Kind der Krippe "sind alle Schätze der Weisheit und des Wissens verborgen". "In Ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit" (Kol. 2, 3 9). "Er ist das Ebenbild Gottes, des Unsichtbaren, der Erstgeborene vor aller Schöp. fung. Denn in Ihm ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist, Sichtbares und Unsicht. bares: alles ist durch Ihn und für Ihn erschaffen. Er steht an der Spitze von allem, und alles hat in Ihm seinen Bestand. Er ist das Haupt des Leibes der Kirche. Er ist auch der Anfang, der Erst. geba;ene unter den Toten. So sollte Er in allem den~orrang haben; denn es war der Wille Gottes, in Ihm die ganze FÜlle wohnen zu lassen und durch Ihn alles mit sich zu versöhnen, alles auf Erden und alles im Himmel, indem Er durch sein Blut am Kreuze Frieden stiftete" (Kol. I, 15 ff.). Wir schauen das Kind. Seine menschliche Seele ist ganz in die Herrlichkeit und in den Glanz der Gottheit getaucht: im Genuß der seligen Anschauung Gottes ist sie voll der Erkenntnis und des vVissens. Sie schaut mit klarem Auge die Zukunft, schaut auch mich, weiß um mich, denkt unaufhörlich an mich, betet und opfert sich für mich. In den Händen dieses Kindes ruht die Herrschaft über Himmel und Erde, über Engel und Menschen, über die Geister und Herzen. "Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden" (Matth. 28, 18).

3· "Dieser ist Ihm (Gott) dem Fleische nach aus dem Geschlechte Davids geboren worden. Seinem heiligen Geiste (das ist Seiner göttlichen Natur)

Vigil: Erwartung.

141

nach ist Er durch Seine Auferstehung von den Toten als der machtvolle Sohn Gottes kundgetan worden, Jesus Christus, unser Herr. Durch Ihn haben wir (die Apostel) die Gnade des Apostelamtes empfangen, um alle Völker zu Ehren Seines Namens dem Glauben zu unterwerfen. Unter diesen seid auch ihr von J esus Christus berufen" (Epistel). Wir bejahen freudig unsere Berufung, ktaft deren wir zu Ehren Seines Namens dem Glauben unterworfen sind. Wir glauben mit ganzer Seele an Ihn, den wahren Menschen, aus unserem Geschlechte geboren, einer aus uns, unser Bruder geworden. Wir glauben ebenso an Ihn, den wahren Gott, in Seiner Auferstehung von den Toten untrüglich als Gottessohn erwiesen und kundgetan.

"Der König der Herrlichkeit will Einzug halten" in die Menschheit, in die Völker, in die Familien, in die Herzen, ihnen allen Erlösung zu bringen. "Ihr Tore, werdet höher, ihr ewigen Pforten, werdet weit!" Im Glauben an Ihn, in der Sehnsucht nach Ihm, in der Erwartung Seines Reiches: es ist ein Reich der Gnade, der Liebe, des Friedens mit Gott, mit den Menschen, mit uns selbst. Wir machen uns bereit. Wir reinigen unsere Seele, unsere Gedanken und Herzen. Wir wollen Ihm eine Krippe sein, in der Er mit Freuden vVohnung nimmt.

"Einzug halten will der König der Herrlichkeit", jetzt in der Niedrigkeit des den Leiden und dem Tode unterworfenen Erlösers, dereinst in der Herrlichkeit des Weltenrichters. Weihnachten ist der Auftakt zur Ankunft des Herrn am Jüngsten Tage. Glücklich diejenigen, die Ihn jetzt in Seiner Niedrigkeit aufnehmen, an Ihn glauben, Ihm sich anschließen. Sie dürfen Ihn dann mit Zuversicht auch als Richter kommen sehen.

Ge bet.

Gott, Du erfreust uns alljährlich durch die Erwartung unserer Erlösung; so gib denn, daß wir

142 I!. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. Deinen Eingeborenen, den wir freudig als unserr Erlöser aufnehmen, einstens auch als Richter mi' Zuversicht kommen sehen, unsern Herrn J esUi Christus. Amen.

Zu Bethlehem geboren ist uns ein Kindelein.

Das hab' ich auserkoren, Sein eigen will ich sein

In Seine Lieb' versenken will ich mich ganz hinab Mein Herz will ich Ihm schenken, und alles, wa!

ich hab'.

o Kindelein, von Herzen will ich Dich lieben sehr In Freuden und in Schmerzen, je länger, mehr um mehr.

Dazu die Gnad' mir gebe, bitt' ich aus Herzensgrund Daß ich allein Dir lebe, jetzt und zu aller Stund'

Vigil von Weihnachten.

"Einziehen will der Herr."

I. "Ihr ewigen Tore, werdet weit" (Opferungs lied der Vigilmesse). Der Ruf der vor den ewige! Toren flehenden Menschheit. Hinter den Toren steh Gottes Sohn, der Erlöser. Er schließt sie auf une tritt durch sie hervor, um uns die Eriösung Zt bringen.

2. Die he i I i g e P f 0 r t e, das Tor, hinter den wir heute den kommenden Erlöser uns nahe wissen ist Maria, die Jungfrau. Sie ist der heiligen Liturgit die "Regis alti ianua et porta lucis fulgida", dit Türe, durch die der erhabene König zu uns kommt die strahlende Pforte, durch die uns das Licht, dÜ Sonne, Christus aufgeht. Als die lichte Pforte durch die der Sohn Gottes als der Erlöser in di( Welt einzieht, uns die verschlossenen Pforten de! Paradieses zu öffnen, steht Maria heute im Evan· gelium der heiligen Messe vor uns: "Sie hat vom Heiligen Geiste empfangen. Was in ihr geborer worden ist", so versichert uns der Engel, "stamm1

Vigil: "Einziehen will der Herr." 143

vom Heiligen Geiste", nicht von einem Menschen. Er, den die Jungfrau vom Heiligen Geiste empfangen, wird Sein Volk von seinen Sünden erlösen. Wir drängen uns zur Pforte, durch die Er hervorgeht, "Gott und Mensch, Licht und Leben, der Schöpfer des Alls" (Mette der Weihnacht), zu Maria, zum heiligen Tabernakel, in welchem Er thront. Wir glauben, wir hoffen. Wir flehen: "Zeige uns, gib uns J esus, die gebenedeite Frucht Deines Leibes. 0 milde, 0 süße Jungfrau Maria."

Hinter den heiligen Pforten steht Er be r e i t zu kom m e n. Er ist "der Sohn Gottes, dem Fleische nach (d. i. der menschlichen Natur nach) aus dem Geschlechte Davids geboren, Seinem heiligen Geiste (d. i. der göttlichen Natur) nach als der machtvolle Sohn Gottes erwiesen, J esus Christus, unser Herr" (Epistel). Gott und Mensch in ein e r Person. Er ist der geliebte Sohn, an dem der Vater Sein Wohlgefallen hat (Matth. 3, 17). Alles ist Ihm von Seinem Vater übergeben worden (Matth. II, 27). Er ist, schon bevor Abraham war (Joh. 8, 58), und hatttt Seine Herrlichkeit beim Vater, schon ehe die Welt bestand (Joh. 17, 5). Ihm ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden (Matth. 28, 18). Himmel und Erde werden vergehen, aber Seine Worte werden nicht vergehen (Matth. 24, 35). Er ist Gott. Er will Gott sein, Er will und muß von uns gleich ernst und heilig genommen werden wie der Vater. Er beansprucht unsern Glauben, unsere Huldigung, unsere Liebe. Er duldet über sich keinen andern Namen, in weIchem uns das Heil werden soll (Apg. 4, 12). Er ist Gott und Er ist Mensch, der Sohn der Jungfrau, Fleisch von unserem Fleisch, unserem Geschlechte entstammt, mit einem Leib, mit einer Seele und mit Nerven wie wir, mit einem menschlichen Fühlen und Verstehen. Er ist der Menschensohn, wie Er sich mit Vorliebe nennt, Mensch mit uns, unser Bruder, unser Hoherpriester und Erlöser, voll der

144 11. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. Gnade und Wahrheit. "Und von Seiner Fülle haben wir alle empfangen" (Joh. I, 16). Er ist der Gottmensch, der sich schon bei Seiner Geburt die Engel und Sterne dienstbar macht. Der Gottmensch, dem die Winde und die Wellen gehorchen, der den Krankheiten befiehlt und dem. in dem Augenblick Seiner tiefsten Erniedrigung und Schmach Himmel und Erde Zeugnis ablegen: die Sonne verfinstert sich, die Erde tut sich auf, die Felsen bersten. Dieser ist es, der hinter den heiligen Pforten steht. Morgen wird Er heraustreten und zu uns kommen, um uns zu erlösen!

3· Dreimal versichert uns die heutige Vigilmesse, daß Er hervortreten werde, zu uns zu kommen: im Introitus, im Opfergang und beim Empfang der heiligen Kommunion. vVas wir im heiligen Advent sehnsüchtig erwartet haben, heute wird es Wirklichkeit. Er kommt bestimmt. Er kommt morgen. Er kommt durch Maria. "Machet weit auf eure Tore", eure Herzen, ihr Kinder der Kirche, daß einziehen kann der König der Herrlichkeit!

"Heute werdet ihr erfahren, daß der Herr kommt." Sein Kommen in der heiligen Messe und im Opfermahl der heiligen Kommunion ist uns das sichere Unterpfand, daß wir "morgen Seine Herrlichkeit schauen werden" (Introitus). Weihnachten ist das große Schauen Seiner Herrlichkeit. Sie leuchtet sichtbar auf in der Jungfrauengeburt (Evangelium der Vigil), in dem Jubel der Engel, in der Kleinheit, in der freigewählten Schwäche des Kindes, in der Armut des Stalles, in der Holdseligkeit der Augen, mit denen Gottes Sohn uns anschaut. Das ist Jener, den die Propheten des Alten Bundes vorausverkündigt haben. Er stammt "dem Fleische nach aus dem Geschlechte des David. Seinem Geiste (d. i. der göttlichen Natur) nach ist Er durch Seine glorreiche Auferstehung von den Toten als der machtvolle Sohn Gottes erwiesen" (Epistel), als der Oberwinder der Sünde und des

Vigil: "Einziehen will der Herr.u 145

Todes, als der König und Herr des Alls. Er wird noch einmal sichtbar kommen, in der Fülle Seiner Majestät und Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten. Da werden alle "Seine Herrlichkeit schauen". "Morgen", d. i. bei Seiner glorreichen Wiederkunft. Wir nehmen unsern ganzen weiten, tiefen Glauben über J esus, Gott und Mensch, Erlöser, König, Herr und Richter zusammen und lassen Seine Herrlichkeit vor unserem Geiste aufstrahlen, die "Herrlichkeit des Eingeborenen vom Vater, voll der Gl'Jade und Wahrheit" (Joh. 1, 14).

Wir drängen uns heute lauschend, ehrfürchtig an die Pforte, Maria, die Jungfrau-Mutter. Gib uns J esus, den Erlöser!

Ge b e t.

Gott, Du erfreust uns allj ährlich durch die Erwartung unserer Erlösung; so gib denn, daß wir Deinen Eingeborenen, den wir freudig als Erlöser aufnehmen, einstens auch als Richter mit Zuversicht kommen sehen, unsern Herrn J esus Christus. Amen.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott, wie wir die Vorfeier der anbetungswürdigen Geburt Deines Sohnes begehen, so laß uns Seine ewigen Gaben freudig erlangen. Amen.

Wir leben heute ganz unter dem Eindruck der feierlichen Ankündigung der Geburt des Erlösers, die in der Prim vorgenommen wird:

"Im Jahre 5199 seit der Erschaffung der Welt, Im Jahre 2759 seit der Sintflut,

Im Jahre 2015 seit der Geburt Abrahams,

Im Jahre 15IO seit dem Auszuge des Volkes Israel aus Agypten,

Im Jahre 1°32, seitdem David zum König gesalbt worden,

In der 65. Jahreswoche nach der Weissagung Daniels,

In der 194. Olympiade,

Baur, Werde Licht I 1.

10

r 46 I l. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. Im Jahre 752 nach Erbauung der Stadt Rom,

Im 42. Jahre eier Regierung des Oktavianus Augustus, da die ganze Welt Frieden hatte,

Im 6. Zeitalter der Welt:

da wollte Jesus Christus, ewiger Gott und Sohn des ewigen Vaters, die Welt dur c h Sei n e g n ade n \' 0 II e A n k u n f t h eil i gen. Er war vom Heiligen Geiste empfangen worden; und nun, nach Ablauf von neun Monaten

(hier werfen sich alle in die Kniee).

ist Er zu Bethlehem im Stamme JL~da als Mensch aus Maria, der Jungfrau, ge .. boren worden:

die Ge bur tun s e res Her r n J e s u s C h r is t u s i m F 1 eis c h e. "

Die liturgische Feier der dritten W e ihn ach t s m e s s e.

1. Seit den Tagen Gregors des Großen (t 604) feiert die römische Kirche am 'Weihnachtsfest dreimal das heilige Opfer: während der Nacht in Groß-Sarlkt-Marien, in der Morgenfrühe in der Auferstehungskirche St. Anastasia, am Tag, früher in St. Peter, jetzt in Groß-Sankt-Marien. über der ersten Messe in der Nacht liegt noch das geheimnisvolle Dunkel des Advents: die Menschheit steht noch im Dunkel der N acht, sehnend und harrend; die Engel schweben leuchtend über die Erde; von den Menschen ist nur ein e Seele dem im Fleische erschienenen Sohn Gottes nahe, Maria. In der Morgenfrühe ist das Dunkel schon etwas zurückgewichen. Die Sonne steigt empor, denn die wahre Sonne, Christus, der Erlöser, kommt dem Menschengeschlecht nahe. Seine höchste Entfaltung erfährt der Weihnachtsgedanke in der dritten Weihnachtsmesse. Hier sehen wir erfüllt, was wir im heiligen Advent so sehnsuchtsvoll erfleht haben. Der Gottessohn kommt, der König, die Herrschaft über die ganze Welt auf seinen Schultern: Christus, der Erlöser, der Weltenherrscher.

2. Klar verkündet das Einzugslied den Grundgedanken der liturgischen Feier. "Ein Kind ist uns geboren"; aber dieses Kind in der Krippe ist der Herrscher über alle Welt: "Auf Seinen Schultern ruht die Weltherrschaft, und Sein Name ist: Engel des großen Rates", d. h. Vermittler, Ausführer des großen Planes der Welterlösung. Ihm singen wir voll Dank und Bewunderung den Psalm 97, der das Weltkönigtum Christi feiert. Das "Kyrie eleison" ist die große Bitte an den Weltenkönig, Er möge uns in das Reich Seiner Gnade und Erlösung aufnehmen. Ihm huldigen wir freudig im "Gloria in ex-

10·

148 11. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. celsis": "Du bist der Sohn des Vaters; Du nimmst die Sünden der Welt hinweg; Du thronest zur Rechten des Vaters", König und Herrscher über Engel und Menschen, über Himmel und Erde: "Du allein bist der Heilige; Du allein der Herr, Du allein der Allerhöchste, J esus Christus, mit dem Vater und dem Heiligen Geiste." In der Oratio kehren wir wieder zum Bittgebet zurück: wir flehen um Erlösung und Befreiung aus den Ketten und aus der Herrschaft Satans und der Sünde und um die Aufnahme in das Reich Christi. Dann tritt Paulus vor uns hin und enthüllt uns die Fülle und Herrlichkeit des in der Krippe liegenden Gotteskindes. Er ist der Sohn, Er ist "der Erbe des Weltalls", alles ist Ihm untertan, Er trägt das Universum, Er thront zur Rechten' der Majestät in der Höhe. Sein Thron steht ewig, Seine Herrschaft ist eine Herrschaft der Gerechtigkeit. Erde und Himmel werden vergehen, "Du aber wirst bleiben" Christus, der Weltenkönig (Epistel). Das Graduale gibt den geeigneten Kommentar zum Hymnus, den Paulus angestimmt: Seine Herrschaft ist eine Herrschaft der Gnade, der Erlösung und Befreiung des armen Menschengeschlechtes: "Alle Gaue der Erde schauen unseres Gottes Heil, der Herr hat Sein Heil geoffenbart." "Heute stieg das große Licht, die göttliche Sonne, zur Erde nieder", singt das Alleluja. Das Evangelium nimmt diesen Gedanken auf. Selig, die das Licht aufnehmen! Ihnen wird die Gnade zuteil, in der Kraft dieses Lichtes, des ewigen Sohnes Gottes, Gotteskinder zu werden. Das ist das große Geheimnis des Weihnachtstages: der Sohn Gottes wird Mensch, um uns Menschen durch die Mitteilung der Gnade zu Gotteskindern zu machen. Das ist die Weltherrschaft Christi.

3. So kommen wir im Opfergang, unsere Gaben in der Hand, und legen sie vor dem Gott-König Christus nieder: "Dein sind die Himmel, Dein die Erde", Dein sei auch mein Besitz, mein Herz, mein

Weihnachtsfest: Kommt, laßt uns anbeten! 149 Leib und meine Seele, alles, was ich bin und habe. Ich trage es in den Gaben von Brot und Wein durch die Hände des Priesters zum Altar und lege es in Dein Herz. Als Opfergabe an den Vater, aufgenommen in die Opfergabe, die Du selber hist, im Verein mit der ganzen mitopfernden Kirche auf Erden und im Himmel. - Bald tut sich über dem Altar der Himmel auf: "Das große Licht steigt hernieder." Der Altar ist der Thron geworden, von dem aus Er das Zepter über alle Menschen führt, um allen die Reichtümer Seines Heils zukommen zu lassen. "Ein Kind ist uns geboren; die Herrschaft ruht auf Seinen Schultern." Wir dürfen es nicht bloß schauen, wir dürfen es in unsere Hand nehmen und Gott dem Vater als unsere Gabe anbieten, stellvertretend für uns, als Opfer des Lobpreises und der Anbetung, der Danksagung, Sühne und Bitte. "Hat Er uns mit Ihm nicht alles geschenkt?" (Röm. 8, 32.) Und auch über unserem eigenen Herzen öffnet sich der Himmel. In der heiligen Kommunion wird's in unserer Seele Weihnachten: Er kehrt ein und begründet in unserem Herzen die Herrschaft Seiner Gnade. "Alle Gaue der Erde", auch mein Herz', "schauen das Heil Gottes." "Ein Kind ist uns geboren. Die Herrschaft ruht auf Seinen Schultern. ". Sei Du auch König und Herrscher über mich und über alle die Gaue und Bezirke der weiten Welt meines Geistes und Herzens! Sei König über alle Menschenherzen, allen Heil und Erlösung spendend!

Weihnach ten.

Kommt, laßt uns anbeten!

1. Die Liturgie nimmt uns heute mit nach Bethlehem, an die Krippe des neugeborenen Gott-Königs. Wir folgen. Wir werfen uns anbetend nieder und stammeln in tiefer Ehrfurcht und Ergriffenheit die Worte des Credo und des Evangeliums.

150 I!. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten.

2. "I c h gl a u b e an den ein e n Her r n ~ s u s ehr ist u s, Gottes eingeborenen Sohn. Er aus dem Vater geboren vor al1er Zeit, Gott v Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahr Gott, gezeugt, nicht geschaffen, ein e s Wesens r. dem Vater. Durch Ihn ist al1es geschaffen. Für u Menschen und um unseres Heiles wil1en ist vom Himmel herabgestiegen. Er hat Fleisch ang nommen durch den Heiligen Geist, aus Maria d Jungfrau und ist Mensch geworden."

"Im Anfang war das Wort, und das Wc war bei Gott, und Gott war das Wort. Durch d Wort ist al1es geworden. In Ihm war das Lebe und das Leben war das Licht der Menschen. VI das Licht leuchtet in der Finsternis, aber die Fi sternis qat es nicht begriffen. Das wahre Licht, d; jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. I war in der Welt. Die Welt ist durch Ihn geworde aber die Welt hat Ihn nicht erkannt. Er kam i Sein Eigentum, aber die Seinen nahmen Ihn nicl auf. Al1en aber, die Ihn aufnahmen, gab Er Mach Kinder Gottes zu werden, jenen, die an Seine Namen glauben, die nicht aus dem Geblüte, nic!aus dem Begehren des Fleisches noch aus dem Bt gehren des Mannes, sondern aus Gott geboren si ne Und das Wort ist Fleisch geworden und hat llnte uns gewohnt, und wir haben Seine Herrlichkeit ge sehen, die Herrlichkeit des Eingeborenen vom Vatel voll der Gnade und Wahrheit. Von Seiner Fün haben wir alle empfangen, Gnade um Gnade" (Joh I, I ff.).

3· Wie, wenn wir al1es das ganz lebendig glaub ten! Müßte dieser Glaube uns nicht zur Liebe Zl Dem entflammen, der um unseretwil1en sich selbs! entäußert, sich erniedrigt und gehorsam wird bi, zum Tode, zum Tode am Kreuze? Vnd wir lieber so wenig.

Müßte der lebendige Glaube an das Weihnachtsgeheimnis uns nicht unaussprechlich glücklich ma-

Weihnachtsfest: Wir sind erlöst! 151

ehen! Gab uns doch Gottes Sohn die Vollmacht, mit Ihm zusammen Kinder des Vaters zu sein, teilhaft des göttlichen Lebens, das sich vom Vater in den Sohn und kraft der Menschwerdung vom Sohne in unsere Menschennatur ergossen hat? "Von Seiner FÜlle haben wir alle empfangen, Gnade um Gnade." '-IVir leben so wenig in diesen \Virklichkeiten'

Gott gibt sich uns in dem Geheimnis der Menschwerdung ganz hin, mit allem, was Er ist und hat. Er weiß, daß alles andere uns nicht genügen kann. Und wir hängen uns trotz alle dem an den Staub und leben tausend Eitelkeiten' Er so großmÜtig gegen uns, und wir so wenig großmütig gegen Ihn.

Ge b et.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott, gib, daß der heute geborene Heiland der Welt, wie Er fÜr uns der Urheber der Gotteskindschaft ist, ebenso auch der Spender der Unsterblichkeit sei, der mit Dir lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Weihnachten.

Wir sind erlöst'

1. In der zweiten Weihnachtsmesse weist uns die Liturgie an die Krippe des Herrn. "Das Licht leuchtet heute Über uns: denn geboren ist uns der Herr. Sein Name ist: der Wunderbare, Gott, Friedensfürst, Vater der Zukunft. Sein Königtum nimmt Ilie ein Ende. Der Herr ist König, mit Hoheit hat Er sich umhÜllt. Dem Herrn dient Heldenkraft als Kleid und Gurt" (Introitus der zweiten Weihnachtsmesse). Den Blick auf den in der Krippe thronenden Gott-König gerichtet lauschen wir den Worten des Apostels.

2. "E ins t war e n aue h wir unverständig und unbotmäßig, gingen in die Irre, frönten allerlei LÜsten und Leidenschaften, führten ein Leben in Bosheit und Neid, ein Gegenstand des Abscheus

152 I!. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. (Gottes) und voll Haß gegeneinander" (Tit. 3, I ff.) "Ihr waret tot durch eure Sünden und Vergehen in denen ihr einst gewanqelt seid, nach dem Will er des Herrschers im Reiche der Luft, des Geiste~ (Satans), der noch jetzt unter den Kindern des Uno gehorsams wirksam ist. Unter diesen wandeltet einst wir alle in unsern fleischlichen Gelüsten. Wir taten, ~as das Fleisch und das Herz begehrte'n, und waren von Natur Kinder des Zornes gleich den andern" (Eph. 2, 1 ff.). Der Mensch der Unerlöstheit, der Gottferne, ohne Christus, ohne das göttliche Leben, ohne die Gnade der Gotteskindschaft! Das waren wir und sind wir aus uns, uns selbst überlassen.

"D an n ab e r ist erschienen die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes, unseres Heilandes. Nicht wegen der Werke der Gerechtigkeit (der guten Werke), die wir getan, sondern nach Seinem Erbarmen hat Er uns gerettet, durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung im Heiligen Geiste (Taufe). Diesen hat Er in reichlichem Maße über uns ausgegossen durch J esus Christus, unsern Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerechtfertigt, Erben des ewigen Lebens werden, das wir erhoffen" (Tit. 3, 4 ff.) (Epistel der zweiten Weihnachtsmesse). Wir sind erlöst! Das ist die Weihnachtsbotschaft. Unser Herr hat uns in Seiner Menschwerdung und in Seiner Geburt aus der Jungfrau die Erlösung gebracht.

3· Wir sind erlöst! In Christus, dem Kinde der Krippe. Er hat uns alle Güter der Erlösung erworben. Wir dürfen nur an sie glauben, an sie denken und sie uns aneignen. Aus reinem Erbarmen, hat Gott uns Unwürdige "der Gewalt der Finsternis (der Sünde, der Leidenschaften, Satans, der Hölle) entrissen und in das Reich Seines geliebten Sohnes versetzt. In Ihm haben wir die Erlösung durch Sein Blut, die Vergebung der Sünden" (Kol. 1, 13). Die Ketten, mit denen uns Satan gefangen

Weihnachtsfest: Wir sind erlöst I 153

hielt, sind gesprengt. Wir sind seiner Hand entkommen. Wir sind in das Reich des Sohnes Gottes aufgenommen und besitzen die Güter der Erlösung: die Wahrheit, die Gnade, die Einwohnung Gottes in unserer Seele, die Liebe Gottes, die lebensvolle Eingliederung in Christus und die Kirche, die Teilnahme am Leben des göttlichen Weinstockes, die Sakramente, das Tabernakel, die Verheißung und das Unterpfand der einstigen Auferstehung des Fleisches und des Besitzes des ewigen Lebens. Alles das ist unser. Das Kind der Krippe hat es uns gebracht. "Nicht wegen der Werke der Gerechtigkeit, die wir getan, sondern nach Seinem Erbarmen." "Die Liebe Gottes zu uns hat sich darin geoffenbart, daß Gott Seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch Ihn leben.

, Darin besteht die Liebe: Nicht daß wir Gott geliebt haben, sondern daß Er uns geliebt und Seinen Sohn gesandt hat als Sühnopfer für unsere SÜnden. Gott ist die Liebe" (I Joh. 4, 8 9).

"Er hat sich fÜr uns hingegeben, um uns von aller Ungerechtigkeit zu erlösen und sich so ein reines, in guten Werken eifriges Volk zu eigen zu machen" (Tit. 2, 14). Reinigung und Heiligung der Welt ist die Absicht Gottes. Um sie zu erfüllen, gibt der Sohn Gottes sich selber hin. Im Leiden und Sterben ist der Sieg, die Erlösung, die Auferstehung und Verklärung. Im Wasser der Wiedergeburt, in der Mitfeier des eucharistischen Opfers, im Empfang der heiligen Sakramente gibt uns der Herr Anteil an Seinem verklärten, gotterfüllten Wesen. Täglich gewinnt Er so vollkommener Gestalt in uns. Mit dem Apostel spricht die Kirche und sprechen wir: "Ich lebe, doch nicht mehr ich, vielmehr lebt Christus in mir" (Gal. 2, 20). Wir sind erlöst! Wenn wir Ihn nur Seine Erlöserabsichten an uns erfüllen ließen. An Ihm fehlt es nicht!

Der Christ ist ein anderer Christus! Dazu kommt Er täglich auf den Altar und in der heiligen Kom-

154 LI. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. munion in das Bethlehem der christlichen Seele, daß er sie in die Fülle Seines Lebens aufnehme und uns in sich neubilde. Wieweit habe ich mich VOll Ihm ergreifen und in Sein Bild umgestalten lassen? Was antwortet mir die Krippe, die Liebe zur Armut, zur Abtötung, zum Kreuz, die Liebe zu den Seelen, die Liebe zu Gott, die hier zu mir spricht?

Gebet.

"Aus den Tiefen rufe ich zu Dir, 0 Herr: Herr, erhöre meine Stimme. Laß Deine Ohren auf mem lautes Flehen merken. Will'st Du die Sünden aufbewahren (nicht vergeben bis zum Tag des Gerichtes), Herr, wer könnte da bestehen? Doch nein, bei Dir ist Vergebung, daß man Dich fürchte (liebe). Ich hoffe auf den Herrn, es hofft meine Seele. Meine Seele harrt des Herrn. Ja, harre Israel des Herrn: denn bei dem Herrn ist Erbarmen und überreiche Erlösung. Er wird Israel erlösen von allen seinen Sünden" (Ps. 129).

26. Dezember: Fest des hl. Stephanus.

Voll des Geistes!.

1. Die Liturgie stellt an die Krippe in vorderster Reihe den hl. Stephanus, den Mann voll der Gnade und des Heiligen Geistes, den ersten Blutzeugen für Christus. Stephanus ist der heil igen Liturgie n:cht bloß eine historische Person, er ist ihr zugleich eine Idee: die Ankunft des Herrn, Weihnachten muß sich in der heiligen Kirche, in dem Christen ähnl ich auswirken wie in Stephanus, nach innen als Fülle der Gnade und Tugend, nach außen als Kraft des Geistes, als Glaubensrnut, als Liebe zu Christus und den Seelen, als Mut zum blutigen Bekenntnis, zum Martyrium: Christus muß in uns siegen. Er fordert das Letzte, das Leben!

2. Die GI ä u b i gen w ä h I e n auf Anregung <;ler Apostel sieben Männer aus, "voll des Heiligen

26. Dezember: Fest des hl. Stephanus. ISS

Geistes und der Weisheit", darunter den jungen Stephanus, "voll des Glaubens und des Heiligen Geistes". Sie bringen sie vor die Apostel. Diese beten über sie und legen ihnen die Hände auf (Diakone). Unter den Sieben ragt Stephanus hervor. "Voll der Gnade und Kraft wirkt er große Zeichen und Wunder." 1\1 uti~ verkündet er Christus. In treuer Hingabe an J esus erduldet er den Tod der Steinigung durch eben die, denen er in Liebe Jesus bringen wollte. Blutüberronnen, dem Tode nahe, betet er: "Herr, nimm meinen Geist zu Dir. Herr, rechne ihnen ihre Sünden nicht an." So stirbt Stephanus, der Mann des Glaubens, der Liebe zu J esus und den Seelen, ein Gebet der Verzeihung für seine Mörder auf den Lippen. Also wirkt sich die Ankunft des Herrn, das Geheimnis der Weihnacht in Stephanus aus.

Stephanus ist an der Krippe Typus der he i li gen Kir c h e, des echten Christen. Die Ankunft des Sohnes Gottes im Fleische ist nicht nur eine liebliche Idylle, eine anziehende Hirtenszene, ein harmloses Spiel, ein irgendwie einmal Gewesenes wie so vieles andere: sie ist Kraft, die sich im Leben der hei1igen Kirche, im Leben des Christen auswirken will und muß. Wer Weihnachten richtig christllch feiert, muß an der Krippe ein Stephanus sein und werden. ein Mann des Glaubens, der Weisheit, der Gnade, der Kraft, des Heiligen Geistes. Er stellt sein Leben in den Diellst des Herrn J esus, er wird im Drange der Liebe zu den Menschen, zu den unsterblichen Seelen ein Apostel Christi. Bald wird es geschehen, daß "die Seinigen ihn nicht mehr aufnehmen" (J oh. 1, 1 I), ihn nicht mehr verstehen; denn er hat Christi Geist. Er muß Martyrer Christi werden. Er muß es bald erfahren. daß Christus nicht gekommen ist, "den Frieden Zil geben, sondern das Schw(!rt" (Matth. 10, 34)· Christus will, Christus muß in uns König sein. Er trennt unbarmherzig vom alten Menschen, von den Grund-

156 LI. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. sätzen, den Anschauungen, den Urteilen, den B strebungen der Welt, des Menschen der Sünc "Wer nicht mit Mir ist, ist wider Mich" (Luk. 1 23). Wer ganz zu Christus steht, wird es bald; sich erfahren, was vom Sohne Gottes geschrieb! ist, da Er an Weihnachten in die Welt kommt: "D Seinigen nahmen Ihn nicht auf" (Jah. 1, rr). ~ erlebt es die Kirche, so erlebt es, wer zu Christi hält. Das ist das Zeugnis des Stephanus in d! Liturgie des heutigen Tages.

3· "Es sitzen die Fürsten zu Gericht, und spn ehen gegen mich: böse Menschen verfolgen micl Ich (aber) sehe den Himmel offen und Jest zur Rechten der Kraft Gottes stehen" (Gradual und Al1elujavers): Stephanus, die heilige Kircht der wahre Christ!

"Die Steine, die ihn trafen, waren Stephanus süß ihm folgen alle heiligen Seelen" (Antiphon de Laudes), Stephanus ist Symbol der Kirche. Si trägt seinen Geist in sich. Und in ihr alle, die wahr haft Christen sind.

Im Opfergang der heiligen Messe bringen wir iI den Gaben von Brot und Wein unser Ich, Lei! und Seele, Blut und Leben, zum Altar und sprechen ein anderer Stephanus: "Herr Jesus, nimm meiner Geist auf". Nimm al1es hin und herrsche übel mich, König und Herr!

In der heiligen Kommunion sind wir heute ganl Stephanus. Wir erwarten die Wiederkunft des Herrn im Tode und beten: "Herr Jesus, nimm meinen Geist auf." Nimm mich mir und gib mich Dir'

Ge b e t.

Wir bitten Dich, 0 Herr, laß uns nachahmen, was wir feiern, so daß wir lernen, selbst unsere Feinde zu lieben; denn wir begehen ja das Geburtsfest dessen, der es verstand, sogar für seine Verfolger unsern Herrn anzuflehen, Jesus Christus, Deinen Sohn, der mit Dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen.

27. Dezember: Fest des hl. Apostels Johannes. 157

27. Dezember: Fest des heiligen Apostels Johannes.

Sein Zeugnis ist wahr.

1. Neben dem neugeborenen Gott-König finden wir heute zusammen mit der Jungfrau-Mutter den jungfräulichen Apostel Johannes, im Hause Mariens (Stationskirche: Maria Maggiare), in Bethlehem, in der heiligen Kirche.

2. J 0 h a n n e s ist die leb end i g e Au ss t rah I u n g und Darstellung der Güter, die uns der Herr in Seiner Geburt gebracht hat. Johannes, jungfräulich rein, der Mann der Beschauung, der am Herzen des Heilandes geruht hat, erfÜllt VOll der heiligen Weisheit. "Inmitten der Kirche ließ ihn der Herr den Mund auftun; Er erfÜllte ihn mit dem Geiste der Weisheit und des Verstandes (der Einsicht)" (Introitus). Er lebt ganz in Christus, der menschgewordenen Weisheit. "Sie kommt ihm entgegen wie eine hochgeehrte Mutter. Sie speist ihn mit dem Brote des Lebens und der Einsicht und tränkt ihn mit dem Wasser heilsamer Weisheit. Sie ist ihm Stütze, daß er nicht wanke; sie hält ihn, auf daß er nicht zuschanden werde. Sie läßt ihn hervorragen unter seinen Genossen. Inmitten der Gemeinde läßt sie ihn seinen Mund auftun und erfÜllt ihn mit dem Geiste der Weisheit und des Verstandes und kleidet ihn mit dem Gewand der Ehre. Sie überhäuft ihn mit Freude und Wonne. Und ewigen Ruhm gibt ihm als Erbe der Herr, unser Gott" (Epistel). Solche Gnade wirkt das Kind der Krippe, der Gott-König Christus, die ewige Weisheit an Johannes, in der Kirche. Daß auch wir an der Krippe der menschgewordenen Weisheit ein Johannes wären, es würden! Das sollte die Frucht der heiligen Weihnacht sein.

Johannes ist der untrügliche Zeuge der Menschwerdung und Geburt des Gott-Königs:

Gestern hat Stephanus für Denjenigen, den wir als hilfloses Kind in der Krippe schauen, sein

158 11. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. Zeugnis abgelegt, durch das Wort und durch das Blut. Heute vernehmen wir das Zeugnis des Apostels und Evangelisten ]ohannes. Er hat es in seinem EvangelIUm niedergelegt: "Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, voll der Gnade und Wahrheit" (Joh. 1, 1 14). "Und wir wissen, daß sein Zeugnis wahr ist", jubelt die heilige Liturgie heute im Evangelium und im Allelujavers. Johannes ist ja ob der Reinheit und Innigkeit seiner Liebe zu ] esus dessen Person und Geheimnissen näher gekommen als irgend einer der übrigen Apostel. Er hat - und das unterstreicht die Liturgie des heutigen Tages besonders - an der Brust des Herrn geruht und hat "die ReichtÜmer seines Evangeliums unmittelbar aus der Quelle des göttlichen Herzens geschöpft und die Gnade des 'Wortes Gottes über den Erdkreis hin ausgegossen" (Mette). Aus seiner Heilandsliebe und Beschaulichkeit heraus ist er voll der Weisheit und der Einsicht in das Geheimnis Christi. Wir haben an Johannes einen vollwertigen Zeugen. Wir wissen, daß sein Zeugnis wahr ist:

"Im Anfang war das Wort, und das Wort ist Fleisch geworden." Wir glauben, wir beten an, wir danken, wir lieben.

3· An Johannes erfüllt sich die Verheißung der Epistd: "Wer Gott fürchtet, tut Gutes, und wer sich an dlie Gerechtigkeit hält, wird sie, die göttliche Weisheit, erlangen. Sie speist ihn mit dem Brote des Lebens und der Einsicht. Sie ist ihm Stütze, daß er nicht wanke." In Johannes erkennen wir uns selbst. In der Feier der heiligen Messe speist uns der Herr mit dem Brote des Lebens und der Einsicht.

Im Hause Mariens, in der heiligen Kirche, haben wir die untrügliche Wahrheit. Johannes bezeugt sie durch 6ein Evangelium und durch sein Leben: es ist e;"e Ausstrahlung der menschgewordenen Weisheit, die in der Krippe liegt, ein Leben der Reinheit, der

28. Dezember: Fest der Unschuldigen Kinder. 159 Abkehr von de~ Finsternis der Sünde, ein Leben der Beschauung, des steten Blickes auf Christus, das Licht, ein Leben der heiligen Liebe zum Herrn, die sich ganz für den Herrn verzehrt.

Auch wir, die wir Weihnachten feiern, haben mit Stephanus und mit J ohannes Zeugen fÜr den an Weihnachten gekommenen Herrn zu sein. "Das Licht leuchtet in der Finsternis, aber die Finsternis erfaßt es nicht" (Joh. 1, 5). Wir sollen mit Johannes Lichtträger sein, mit unserm Glauben, mit unserm Bekenntnis, vornehmlich mit unserm Leben der Reinheit, der Liebe zu J esus, der Abkehr VOll allem, was nicht zur Krippe paßt und nicht ins Haus Mariens gehört.

Gebet.

Erleuchte gnädig Deine Kirche, Herr, damit sie, durch die Lehren Deines heiligen Apostels und Evangelisten J ohannes erhellt, die Gaben des eWigen Lebens erreiche. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

28. Dezember: Fest der Unschuldigen Kinder. 'A u sKi n der m und ...

1. Mit Stephanus und dem Apostel Johannes legen heute sogar unmündige Kinder für den neugeborenen König Zeugnis ab. "Aus dem Mund von Kindern und Säugiingen, 0 Gott, verschaffst Du Dir Lob, Deinen Feinden (Herodes) zum Trotz" (Introitus). Kinder, kindliche einfältige Seelen sind auserwählt, dem Heiland nahe zu sein. "Laßt die Kleinen zu Mir kommen" (Matth. 19, 14).

2. Je s u s hat Sei n e Fe i n d e. "Das Licht kam in die Welt, und die Welt erkannte es nicht" (Joh. 1, 9). "Das Kind der Krippe ist zum Zeichen gesetzt, dem man widersprechen wird" (Luk. 2, 34). Schon lauert im nahen Jerusalem der Feind. Er sinnt darauf, das Kind zu vernichten und läßt die Knäblein

160 11. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten.

von Bethlehem und der Umgegend grausam ermorden. Wo Christus auftritt in Seiner Person, in Seiner Lehre, in Seinem Geiste, in Seinen Geboten, in Seiner Kirche, in Seinen Gliedern, insbesondere in Seinen heiligen, vollkommenen Gliedern, findet Er Widerspruch, Haß. "Sie hassen Mich und Meinen Vater" (Joh. 16, 24). Das ist das Kennzeichen Christi und des echten Christentums, der wahren Kirche Christi und jedes echten christlichen Lebens: "Wäret ihr von der Welt; so würde die Welt das Eigene lieben. Aber ihr seid nicht von der Welt, vielmehr habe Ich euch von der Welt auserwählt: und deshalb haßt euch die Welt" (Joh. 16, 18).

Je s u s hat Sei n e Z eu gen. Die Propheten, Johannes der Täufer, die Engel, die Hirten, die Armut, der Stern, die Weisen aus dem Orient, di'e Unschuldigen Kinder, die um Christi willen ihr Leben opfern: lauter Zeugen fÜr Christus. Weithin verkünden die Knäblein durch ihren grausamen, unschuldigen Tod und durch den Jammer der untröstlichen MÜtter und der Familien in Bethlehem die Ankunft Dessen, dem Herodes den Tod geschworen, der aber seinen Nachstellungen glÜcklich entronnen war. "Eritis mihi testes - Ihr werdet Mir Zeugen sein" (Apg. 1, 8).

3· Entweder Feind oder Zeuge; entweder für Christus oder gegen Ihn (Matth. 12, 30). Neutralität gibt es da nicht.

GlÜcklich die Kinder von Bethlehem, die für den Gott-König Christus, den Gehaßten und Verfolgten, ihr Leben geben durften: Sie gehören jetzt zu jenen Glücklichen,die "den Namen des Lammes und den Seines Vaters auf ihren Stirnen geschrieben tragen. Sie singen ein neues Lied vor dem Throne. Sie sind's, die enthaltsam lebten und jungfräulich geblieben sind. Sie sind erkauft aus den Menschen als Erstlinge für Gott und das Lamm: ohne Makel sind sie vor dem Throne Gottes" (Epistel). "Der

28. Dezember: Fest der Unschuldigen Kinder. 161

Feind hätte den glÜcklichen Kleinen durch Entgegenkommen niemals soviel nÜtzen können, als er ihnen durch seinen Haß genützt hat" (hI. Augustinus in den Lesungen der Mette). Für Christus und Seine Sache leiden und sterben, ist nicht Verlust, sondern Gewinn. "Wer sein Leben in dieser Welt haßt, wi rd es fÜr das ewige Leben retten. Wer Mir dienen will, der folge Mir: denn wo Ich bin, da soll auch Mein Diener sein" (Joh. 12, 25 26).

Im Opfergang der heiligen Messe sind in den Unschuldigen Kindern wir selber dargestellt. Wir tragen in der heiligen Messe unser Leben, Leib und Seele, Gut und Blut, zum Altar und übergeben es Christus, dem Gott-König, fÜr Ihn Zeugnis abzulegen. Wir sind glÜcklich, uns Ihm hinopfern zu dürfen. Durch die Opfer- und Lebensgemeinschaft mit Ihm werden wir von den Schlingen der SÜnde, der Welt, des Fleisches, des sÜndigen Ich frei. Deshalb jubeln wir mit den Unschuldigen Kindern im Offertorium: "Unsere Seele entwich wie das Vöglein aus der Schlinge des Jägers. Zerrissen ward die Schlinge, und wir sind frei."

Ein Tausch! "Sie sind nicht mehr. Rachel, der natÜrliche Mensch, weint" (communio). Sie aber, Rachels Kinder, leben und haben "Kommunion", Gemeinschaft mit dem Leben, mit dem verklärten Christus und Herrn. Nieder mit dem bloß natÜrlichen Menschen: so werden wir fÜr die "Kommunion", d. i. für die Gemeinschaft mit Christus, frei. Stirb und werde!

Ge b e t.

Gott, am heutigen Tage haben die Unschuldigen Kinder Dein Lob verkÜndet, nicht durch Worte, sondern als Martyrer durch den Tod; ertöte in uns alle Verderbnis der Sünde, damit wir den Glauben an Dich, den unsere Zunge bekennt, auch durch sittlichen Wandel im Leben betätigen. Durch Christus, unsern Herrn. Amen.

Baur. Werde Li cht I 1. 11

162 II. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten.

Sonntag in der Oktav von Weihnachten.

Kin der Go t t e s.

1. Einst stieg das Wort Gottes, mitten in der N acht hernieder, in alle Häuser der Agypter, und schlug deren Erstgeburt. Israel war aus der Gefangenschaft Agyptens befreit. An diesen Vorgang erinnert der Introitus: "Tiefes Schweigen hielt alles umfangen. Die Nacht hatte in ihrem Lauf die Mitte ihres Weges erreicht: Da kam Dein allmächtiges Wort vom Königsthron des Himmels hernieder" (Weish. 18, 14 ff.) und erlöste Israel aus den Ketten, in denen es in Agypten schmachtete. Ein Vorspiel und ein Beginn des Herabsteigens des Sohnes Gottes in der heiligen Weihnacht.

2. "G 0 t t san d t e Sei n e n Sah n, dem G eset z e untertan" (Epistel). "Um uns, die unter dem Gesetze standen, zu erlösen, damit wir an Kindes Statt angenommen würden." Das Geheimnis der Weihnacht, d. i. der Liebe, Weisheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes. Wir waren Sklaven, in den Ketten und in dem unrÜhmlichen Dienste Agyptens, der Welt, des Fleisches, der Begierlichkeit, der Sünde, Satans. Was tut Gott? Er sendet Seinen eigenen, geliebten Sohn und macht Ihn zum Sklaven, damit wir befreit würden. Er unterwirft Ihn dem Gesetze des menschlichen Geborenwerdens, Wachsens, der Körperlichkeit, der leiblichen Bedürfnisse und Abhängigkeit aller Art; dem Gesetze des Leidens, des Sterbens, gleich als kennte Er, uns gleich, die Sünde. Er unterwirft Ihn insbesondere dem Gesetz des Moses, das dem sündigen, hartnäckigen, eigenwilligen Volk Israel gegeben ist und es auf Schritt und Tritt einschnürt, hemmt, zÜgelt und erdrÜckt. Heute finden wir Gottes Sohn, das allmächtige Wort, das vom Himmel herabgestiegen ist, mit Maria und Joseph im Tempel, damit an Ihm das Gesetz des Moses erfüllt würde, gleich als wäre Er wie die andern in Sünden emp-

Oktav-Sonntag: Kinder Gottes. 163

fangen und geboren, aus dem Blut mellschlicher Eltern, aus dem Gelüste des Fleisches, aus dem Begehren des Mannes, und nicht aus Gott (J oh. I, 13). Gottes Sohn unterwirft sich freiwillig, freudig dem Gesetz, der Gebundenheit und Unfreiheit. Er ist Sklave, um uns, die Sklaven, zu befreien. Er, der Herr! Wer mag diesen heiligen Austausch erfassen! Diese Liebe, diese Herablassung des Wortes Gottes. Vom Königsthron des Himmels in die Ketten des Gesetzes, das dem sÜndigen Menschen gegeben ist, um unsere Ketten zu lösen! Haben wir es je bedacht?

"Um uns zu erlösen, damit wir an Kindes Statt angenommen wÜrden." Eine volle Befreiung aus der Sklaverei: sie fÜhrt uns aus der Knechtschaft empor zum Mitbesitz der Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes Gottes. "Damit wir an Kindes Statt angenommen würden und in unsern Herzen der Geist der Kindschaft herrsche, der da ruft: Abba, Vater. So bist du nicht mehr Sklave, sondern Kind. \Nenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott." Die Erlösung, die Gottes Wort an uns wirkt, ist nicht nur Befreiung aus der Sklaverei des Gesetzes der SÜnde, des Fleisches, der Begierlichkeit, der Augelliust, der Hoffart des Lebens, sie ist Erhöhung, Erhebung in eine neue Sphäre, in eine neue Ordnung. "Allen, die Ihn aufnahmen, gab Er die Macht, Kinder Gottes zu werden, jenen, die an Seinen Namen (d. i. an Ihn) glauben, die nicht aus dem GeblÜte (aus dem zweifachen Blute der menschlichen Eltern) noch aus dem Begehren des Fleisches oder dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind" (Joh. 1, 12). Kinder Gottes, in jungfräulicher Geburt aus Gott geboren im Wasser und im Heiligen Geist erfÜllt und beseelt vom Geiste "Seines Lebens", vom Geiste der Kindschaft Gottes, der sie zum Vater sprechen läßt: Abba, Vater unser. Geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe

lJ'

164 I!. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. an uns, durch uns. Eine Erlösung, wie sie nur d Allmacht, Weisheit und Liebe Gottes des Vater des Sohnes und des Heiligen Geistes ersinnen uni vollziehen kann. Eine neue Menschheit, in de Kraft des menschgewordenen Gottessohnes, d Kindes der Weihnacht. Es ist dem Gesetz unter werfen und zugleich König, das Zepter der All macht in der schwachen Hand haltend. Seine Königsthron umsteht im Evangelium des heutige Sonntags das neue Geschlecht, das Er erzeugt: di Jungfrau-Mutter Maria; St. Joseph, ihr jungfräu, licher Gemahl; der greise Simeon, ganz Gott zu' gewandt, vom Heiligen Geiste g-edrängt, erleuchtet, die große Prophezeiung auf den Lippen: "Dieser ist gesetzt zum Falle und zur Auferstehung vieler, zum Zeichen, dem widersprochen wird. Und deine Seele, so weissagt er der Mutter, wird ein Schwert durchdringen"; endlich Anna, die Prophetin, die keusche '-IVitwe, die nichts kennt, als Gott dienen in Abtötung und Gebet, Tag und Nacht. Das neue Geschlecht, hineingehoben in die Welt der Gnade des Heiligen Geistes. Die neue Zeit, die Zeit der Kraft des Geistes Gottes, des jungfräulichen Le. bens und Strebens, der Geistigkeit, des Lebens "überreich an guten Werken" (Oratio). "Gott sandte den Geist Seines Sohnes in eure Herzen."

3· Der menschgewordene Sohn Gottes unterwirft sich dem Gesetze, um uns aus der Sklaverei des Gesetzes zu befreien und mit königlich souveräner Macht uns über die Gesetze, die der sündigen Na. tur gegeben sind, in die Welt des Lichtes und der Kraft Seines Geistes, des Heiligen Geistes, emporzuheben. "Dem Gesetz untertan" steht Er über allem Gesetz, um uns über das Gesetz der sündigen Natur emporzufÜhren zur königlichen Freiheit der Kinder Gottes, der heiligen Geistigkeit, Gottvereinigung.

Dankbaren Herzens beten wir an und jubeln Ihm zu: "Der Herr ist König, mit Hoheit hat Er sich

Oktav-Sonntag: Kinder Gottes. 165

umhÜllt: dem Herrn dient Heldenkraft als Kleid und Gurt" (Introituspsalm). "Schöner bist Du als die Menschenkinder alle: Deine Lippen sind von Anmut Übergossen" (Graduale): die Herrlichkeit des Gott-Königs, des Wortes Gottes, des Abglanzes des Vaters, aufleuchtend in den Augen, in dem Lächeln des Kindes der Krippe, des um unseretwillen dem Gesetze der Kindheit und kindlichen Schwachheit untertanen Eingeborenen vom Vater, unseres Bruders und Heilandes.

"Aus meinem Herzen strömt ein hohes Lied: Ich weihe mein Werk dem König" (Graduale). Die heilige Kirche, die Braut des Gotteskönigs, bringt sich Ihm als Opfer dar. In der Feier der heiligen Eucharistie steigt das allmächtige Wort Gottes unsichtbar auf den Altar hernieder und kehrt in der heiligen Kommunion in das Bethlehem der Kirche und der einzelnen Kinder der Kirche ein, um das zu erfüllen, was die Epistel und das Evangelium verkÜnden: Er kommt, dem Gesetze (der von Ihm selbst gegebenen Eucharistiefeier , des Priesterwortes) untertan, im Opfer und Opfermahl "die zu erlösen, die unter dem Gesetze (der sündigen N atur) standen, damit wir an Kindes Statt angenommen wÜrden. Weil ihr nun Kinder seid, sandte Gott den Geist Seines Sohnes in eure Herzen, der da ruft: Abba, Vater. So bist du denn nicht mehr Sklave, sondern Kind. vVenll aber Kind, dann auch Erbe durch Gott."

"Lernet von Mir." Freiwillig dem Gesetze des Gehorsams, des Berufes, der Standespflichten, des Willens Gottes untertan sein! "Wer sich erniedrigt, wird erhöht."

Gebet.

Allmächtiger, ewiger Gott, lenke unser Tun nach Deinem Wohlgefallen, damit wir im Namen Deines geliebten Sohnes an guten \Verken Überreich werden, der mit Dir lebt und regiert in alle Ewigkeit. Amen.

166 LI. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten.

Sonntag in der Oktav von Weihnachten.

A n gen 0 m m e n a n Kin des S tat t.

1. Die Epistel weist auf die Menschen des Alten Bundes hin, die unter dem strengen Zuchtmeister des mosaischen Gesetzes standen, das nur Vorschriften kannte und Strafen fÜr die Übertretungen, aber keine innere Kraft geben konnte, die Vorschriften zu erfüllen. Es sagte, was Sünde ist, aber es konnte von der Sünde nicht reinigen noch davor bewahren. Nun ist in der Geburt Christi "die Fülle der Zeiten" gekommen. Da hat "Gott Seinen Sohn gesandt, aus dem Weibe geboren, dem Gesetze untertan, um die zu erlösen, die unter dem Gesetze standen, damit wir an Kindes Statt angenommen wÜrden."

2. Der Sah n Go t t e s kommt zu uns Menschen, nimmt unsere Natur an und wird einer aus uns, um uns mit sich zusammen zu Kindern Gottes zu machen. Was sind wir aus uns? Ein Nichts. Was sind wir durch die SÜnde, mit der wir in Adam gesÜndigt haben? Kinder des Zornes, des Fluches Gottes, wert, ewig von Gott verstoßen zu werden. Was tut Gott? Er sendet Seinen Eingeborenen, den geliebten Sohn, daß Er uns nachgehe und uns mit sich zu Kindern Gottes mache. Gottes Sohn wird Kind "des Weibes", der Jungfrau. Wunderbare Veranstaltung Gottes! Der Heiland in der Krippe ist die untrÜgliche Garantie dafÜr, daß wir nicht mehr verstoßen, daß wir nicht für eine ewige Unseligkeit' geboren sind. Mit Christus dürfen wir die Ehre und Würde teilen, Kinder des Vaters zu sein, Gegenstand Seines Wohlwollens, Seiner väterlichen Sorge, Seiner unendlich weisen und liebevollen Führung und Leitung. KindGottes! Was im Schoße der Gottheit sich ewig vollzieht, da der Vater Seinen Eingeborenen zeugt; was im Stall von Bethlehem, am Jordan, auf Tabar, was im Tabernakel geheimnisvoll vor sich geht, da der Vater spricht:

Oktav-Sonntag: Angenommen an Kindes Statt. 167 "Mein Sohn (Kind) bist Du"; das wird in der heiligen Taufe und in der heiligen Kommunion auf uns ausgedehnt und Über uns ausgesprochen: "Mein Kind bist du", "versetzt in das Reich des Sohnes (Meiner) Liebe" (KaI. 1, 13), teilhaft des Namens, des Adels, der Güter und Rechte, der Erbschaft und der Freuden des Sohnes Gottes. "Erbe Gottes und Miterbe Christi" (Röm. 8, 17), "Bruder" Christi (Röm. 8, 29). Er Sohn durch Geburt und Natur, ich Kind Gottes durch gnadenvolle Annahme an Kindes Statt. Das ist die Frohbotschaft der Krippe!

"We i I ihr nun Kin der sei d, darum hat Gott den Geist Seines Sohnes in eure Herzen gesandt, der da ruft: Abba, Vater" (Epistel). In uns, den Kindern Gottes, lebt und wirkt der Geist des Kindes, des Sohnes Gottes, der Geist Christi, derselbe Geist, der Jesus das ganze Leben hindurch erfüllt, drängt und leitet. Er drängt auch uns, daß wir wie Jesus und mit Jesus zum Vater gehen, uns Ihm hingeben, mit dem Vater sprechen: im Geiste des kindlichen Vertrauens, der kindlichen Ehrfurcht, der dankbaren, kindlichen Liebe. Im Gebet, in der Erfüllung unserer Obliegenheiten, in Freud und Leid sind wir uns bewußt: wir sind in der Liebe, in der weisen, mächtigen, liebenden Hand des Vaters geborgen. Er sorgt und wacht Über uns. Er weiß um uns und kÜmmert sich um uns. Zu Ihm haben wir freien Zutritt: Ihm dÜrfen wir alles sagen und anvertrauen: Er versteht uns, Er hört uns, wir kommen nie ung-elegen. Wir sind uns bewußt, daß wir, weil Kinder, auch Erben sind. Eine herrliche Erbschaft. "Die Leiden der Gegenwart sind nichts im Vergleich zur Herrlichkeit, die unser wartet" (Röm. 8, 18). Wir sind uns bewußt, daß wir, Kinder Gottes, auch BrÜder Christi sind. "Vir wissen diesen Adel zu schätzen. \Vir halten treu und fest zu unserem erstgeborenen Bruder und gehen mit Ihm den Weg, den Er uns vorange-

168 LI. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. gangen: den Weg des Gehorsams bis zum Tode, den Weg der restlosen Hingabe an den Vater, den Weg der Liebe zur Armut, zur Demut, zum Kreuze. Dieser Weg führt zum Ziel.

3· "Seht, welche Liebe uns der Vater erwiesen hat, daß wir Kinder Gottes sind und heißen" (r Joh. 3, 1). DÜnkt es uns etwa gering, daß wir, die wir doch nur Staub und Asche sind, Kinder des lebendigen Gottes, Brüder und Miterben des menschgewordenen Wortes sind? vVie vielen ist an den Gütern der Erde, an der Gunst der Menschen mehr gelegen als an der Kindschaft Gottes! Leider!

Gotteskind, belebt vom Geiste Christi, denkend, lebend, strebend, liebend aus dem Geiste Christi. Diesen Geist studier,en wir an der Krippe. Ihn erflehen wir uns, wenn der Herr in der heiligen Kommunion in 'unser Herz einkehrt: Er möge un~ vom eigenen Geist, vom Menschengeist, vom Geist des Stolzes, der Ichsucht, der Sinnlichkeit erlösen!

Gotteskinder, BrÜder und Schwestern Christi sind auch alle meine Mitmenschen. Daß wir hinter allen Menschlichkeiten das Gotteskind sehen lernen! Darf ich das Gotteskind, den Bruder Christi, verachten? Den Fehler hassen, den Bruder in Christus aber lieben, achten!

Gebet.

Allmächtiger, ewiger Gott, lenke unser Tun nach Deinem Wohlgefallen, damit wir im Namen Deines geliebten Sohnes an guten Werken Überreich werden, der mit Dir lebt und regiert in alle Ewigkeit. Amen.

Sonntag in der Oktav von Weihnachten.

"Nimm das Kind!"

I. "Nimm das Kind und Seine Mutter und ziehe in das Land Israel; denn die dem Kinde nach dem Leben trachteten, sind gestorben" (Matth. 2, 20).

Oktav-Sonntag: "Nimm das Kindi" 169

Joseph gehorcht dem \Vort des Engels und zieht von Agypten hinauf ins Land Israel. Er läßt "sich in einer Stadt mit Namen N azareth nieder". Die heilige Liturgie bringt heute diese Worte mit der heiligen Kommunion in Verbindung und bezieht sie auf die Eucharistie.

2. "N im m das Kin d!" Die Zeit der Verbannung in Agypten ist vorbei. Es waren Jahre harter Entbehrung, in einem fremden Land, unter fremden Leuten, mit anderer Sprache, andern Sitten und Anschauungen, mit einer andern Religion. Jahre vieler Unannehmlichkeiten und Ver demütigungen. Vor der Flucht nach Agypten war dem hl. Joseph befohlen worden: "Bleibe Jort, bis ich (der Engel) dir Weisung gebe." Maria und Joseph harren in der Prüfung aus. Sie tun nichts, um die Zeit der Prüfung abzukürzen, um die RÜckkehr in die Heimat zu beschleunigen oder zu erzwingen. Sie überlassen sich gänzlich der Vorsehung Gottes. "Siehe, da erschien dem Joseph im Traum der Engel des Herrn und sprach: Stehe auf, nimm das Kind und Seine Mutter und ziehe in das Land Israel." J oseph tut ungesäumt, wie ihm der Engel befohlen. Beide legen sie, Maria und Joseph, alles andere aus der Hand und folgen in Einfalt und Vertrauen der Stimme des Herrn! Er sorgt für die, welche blind auf Ihn vertrauen!

"Ziehe in das Land Israel." Dazu ist der Sohn Gottes gekommen, um uns aus der Verbannung des Erdenlebens zu befreien und in das Gelobte Land der Ewigkeit zu fÜhren. "Nimm das Kind und Seine Mutter", mahnt uns die heilige Liturgie, da sie uns die heilige Kommunion reicht. In der Kraft der heiligen Kommunion, Christo einverleibt, von Christi Leben erfüllt, ziehe in das Land der seligen Ewigkeit. "Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und Ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken. Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der

170 Ir. D!e heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. bleibt in Mir und Ich bleibe in ihm. Wer dieses Brot ißt, wird leben in Ewigkeit" (Joh. 6, 54 ff.). Die heilige Eucharistie ist eigentliehst das Sakrament des Lebens, der Gnade. Auch die andern Sakramente wirken in uns das Leben: aber sie wirken es nur in der Kraft der heiligen Eucharistie und wegen ihrer Hinordnung auf jenes Sakrament, das allein den Urheber des Lebens leibhaftig. in sich birgt. Ohne die heilige Eucharistie aber, oder doch ohne den vVillen zur heiligen Kommunion, gibt es hier kein Heil. "Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht eßt und Sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch" (Joh. 6, 53). Nur und nur in der Kraft dieser Speise können wir den weiten und rauhen Weg in das Land der Ver-, heißung gehen und die Erlösung finden. Eine dringende Mahnung der heiligen Kirche, daß wir die heilige Eucharistie lieben, sie oft empfangen. "Nimm das Kind", den Sohn Gottes in der heiligen Eucharistie, und "ziehe in das Land Israel."

3. "Nimm das Kind und Seine Mutter und ziehe in das Land IsraeL" Wollen wir das Ziel der seligen Heimat erreichen, clann brauchen wir das Kind, Christus in der heiligen Eucharistie. Und win brauchen die Mutter. Maria, die Mutter Christi dem Fleische nach, ist unsere Mutter dem Geiste nach. Sie hat uns denjenigen geboren, dessen Fleisch und Blut wir in der heiligen Eucharistie empfangen. Sie hat uns in treuer Hingabe und Mitarbeit mit ihrem Sohne, als die gott bestellte Gehilfin des neuen Adam Christus, in Abhängigkeit von Ihm und Unterordnung unter Ihn, das Heil, die Gnade miJerworben. Sie erlangt uns durch ihre Fürbitte bei Gott jegliche Gnade, das ÜbernatÜrliche Leben. Sie ist die Mutter und Frau im Reiche Gottes. An sie hat sich zu wenden, wer von Gott Gnade begehrt. Was wir an Gnade Und an Gaben von Gott erhalten, das erhalten wir durch sie. Ohne Maria Gnade suchen, ist vergebliches Bemühen. "So groß, so gnadenvoll,

Oktav-Sonntag: "Nimm das Kind" I 7 I

so auserwählt (bist du, Maria), daß, wer da Gnade sucht, nur nicht durch dich, zu fliegen ohne Flügel sucht und fällt" (Dante, Paradies 33, 13 ff.).

"Die dem Kinde nach dem Leben strebten, sind gestorben." Siehe da das Werk, das die heilige Kommunion in der Seele wirkt. "Ich bin das' Brot des Lebens. Eure Väter haben das Manna in der \Vüste gegessen und sind gestorben. Dieses aber ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist, damit der, welcher von ihm ißt, nicht sterbe" (Joh. 6, 50). Es ist das, Brot, das uns die Kraft verleiht, den Versuchungen zu widerstehen und sie siegreich zu Überwinden. Es ist das Brot, das uns Kraft und Stärke gibt, den vielen Feinden des Gnaden- und Tugendlebens zu trotzen. Es ist dieses Brot "gleichsam ein Gegengift, das uns vor Todsünden bewahren soll" (Konzil von Trient), das Brot, dessen Genuß die Seele täglich mehr von ihren Schwächen heilt und insbesondere die böse Begierlichkeit in uns vermindert. Es kann ja nicht anders sein, nachdem wir im Genuß der heiligen Eucharistie ein Leib mit Christus werden und ein Blut (hl. Cyrill von Jerusalem). Er selbst, der Herr, fließt in der heiligen Kommunion wie ein Feuerstrom in unser Herz, um uns an sich zu ziehen und in sich umzugestalten. Da sterben in unserer Seele täglich mehr die Feinde, das zu natÜrliche Denken, der eigene Geist, der eigene vVille, der Stolz, die Trägheit. So wird der Weg frei, auf daß wir ungehemmt in das Land Israel ziehen!

"Nimm das Kind und Seine Mutter." Im Zentrum der kirchlichen Frömmigkeit steht Christus in der heiligen Eucharistie und mit Ihm die Mutter. Christus in der heiligen Eucharistie und mit Ihm Maria muß auch im Mittelpunkt der Frömmigkeit des Christen stehen. An erster Stelle das Wesentliehe: das Opfer der heiligen Messe und der Empfang der heiligen Kommunion. Im Zusammenhang damit Maria, die Mutter Jesu, unsere Mutter, die

172 Ir. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. Vermittlerin aller Gnaden. Die Sorge, daß wir die heilige Messe täglich gut mitfeiern, daß wir in guter und bester Verfassung zur heiligen Kommunion herantreten, und die Sorge, daß wir echte Kinder Mariens seien, in der Gemeinschaft des mystischen Christus, der heiligen Kirche.

Ge b e t.

Allmächtiger, ewiger Gott, lenke unser Tun und Lassen nach Deinem Wohlgefallen, damit wir im N amen Deines geliebten Sohnes an guten Werken Überreich werden, der mit Dir lebt und regiert in alle Ewigkeit. Amen.

An der Krippe.

ehr ist i T h r 0 n er heb u n g.

1. Mit der heiligen Liturgie erkennen wir im schwachen Kind der Krippe den großen, starken Gott-König, den Herrn des Alls, den BegrÜnder des Reiches "der Wahrheit und des Lebens, der Heiligkeit und Gnade, der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens" (Präfation des Christ-König-Festes). Der Glaube sieht die Krone und das Zepter, welche das körperliche Auge nicht sehen kann.

2. Mit S tau n e n sc hau e n wir die T h r 0 nerhebung des Königs. Gott der Vater spricht:

"Ich habe Dich zum König gesetzt auf Sion, Meinem heiligen Berge" (Kirche; Ps. 2, 6). Der neue König aber verkündete es aller Welt: "Er sprach zu Mir:

Mein Sohn bist Du, heute habe Ich Dich gezeugt. Verlange von Mir, ich geb' die Völker Dir zum Erbe und zum Besitz der Erde Enden. Mit eisernem Zepter, magst Du sie leiten, zerschlagen sie wie ein Geschirr der Töpfer" (Ps. 2, 7 ff.; Introitus der ersten Weihnachtsmesse). Hier, in der Krippe, ist Er. "Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden" (Matth. 28, 18). Ich glaube an Dein Königtum, ich beuge mich Deinem Zepter, ich bin glücklich, von Dir geleitet und gefÜhrt zu

An der Krippe: Christi Thronerhebung. 173

sein. Dir, Deiner Herrschaft, vertraue ich mich vorbehaltlos an. Dir will ich dienen, in Deinem heiligen Reiche leben und sterben.

Die G run d p f eil erd e s Re ich es, welches das Kind von Bethlehem unter uns Menschen aufrichtet, sind nicht Fleisch und Blut, Abstammung und Herkunft, vVaffen und Armeen, nicht die Gunst der Menschen, nicht Intelligenz, Bildung, Talent und Wissen, Stand und Amt, nicht Geld und Besitz, sondern Gottes Gnade und die Bereitschaft des Menschen, die Gnade aufzunehmen. Gottes Gnade:

"Niemand kommt zu Mir, wenn nicht der Vater ihn zieht" (Joh. 6,44). Die Bereitschaft des Menschen, den Gnadenruf zu hören und ihm zu folgen. "Jeder, der vom Vater hört, der kommt zu Mir" (Joh. 6,45)· Das sind die, welche aus der Wahrheit sind. "Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört Meine Stimme" (Joh. 18, 37). Jeder, der "lauteren Herzens" (Matth. 5, 8) für das Wahre und Gute aufgeschlossen ist, der guten Willens ist, der schlicht und einfach bereit ist fÜr das Wahre und Gute, der kommt in Christi Reich. So weit, so einfach, so universell sind die Grundlagen dieses heiligen Reiches. Ein großer Trost: Von dem guten, lauteren Willen aus führen die Wege in Christi Reich, in Seine heilige Kirche, das Reich der Wahrheit und Gnade, des Friedens. "Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen" (Matth. 18, 3). Auf den Kindessinn im Menschen vertraut das Kind von Bethlehem für den Aufbau Seines Reiches. Darauf, daß der Mensch sein Auge schlicht und einfältig offen habe fÜr das Licht, das jeden Menschen erleuchtet. An Gott soll es nicht fehlen. Er will ja, daß "alle Menschen selig werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen" (1 Tim. 2, 4). "Die Gnade Gottes ist allen erschienen", verkÜndet uns der Apostel (Tit. - 2, II). Gott gibt allen, selbst den Verblendeten und den Verstockten, zu seiner Z"eit die notwendige Gnade. Und wozu?

174 Ir. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten.

Um uns, den Menschen, der doch nur Staub und Asche ist, der Eitelkeit so sehr unterworfen, daß er sich in der Eitelkeit des Bösen sogar gefällt (Sir. 17, 29); um den Menschen,. dessen Sinnen und Trachten von Jugend an auf das Böse gerichtet ist (1 Mos. 6, 5), zu Seinem Kinde, zum Gegenstand Seiner Liebe zu machen. Um in uns durch den Heiligen Geist die Liebe Gottes auszugießen, auf daß wir Tempel des Heiligen Geistes seien, Im Heiligen Geiste geheiligt, der göttlichen Natur teilhaftig, das göttliche Leben mitbesitzend und mit· lebend. Welche Gnade und Liebe Gottes! Und bei alledem, was Er fÜr uns und an uns getan hat, erweist Er uns noch das Vertrauen und tut uns die Ehre an, daß wir Sein Werk in uns durch unsere eigene Tat vollenden sollen. Gott will uns in die Höhen Seines Lebens hinaufheben. Zu diesem Werke dÜrfen wir mitarbeiten. Wir sollen das Leben Gottes mitbesitzen dÜrfen nicht bloß durch die Gnade, die Er uns gibt, sondern zugleich dadurch, daß wir Gott in unserem Wandel nachahmen, daß wir J esus Christus anziehen, den neuen Menschen, der in Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit nach Gott geschaffen ist (KaI. 3, 9). Was sollen wir dazu sagen?

3. An Gott fehlt es nicht. Um so mehr am Menschen. "Das Licht leuchtet in der Finsternis, aber die Finsternis hat es nicht ergriffen, Er kam 111 Sein Eigentum, und die Seinen nahmen Ihn nicht auf" (Joh. 1,5 II). Es fehlt am demÜtIgen K111dessinn. Der Mensch von heute gefällt sich in der Geste der Kraft, des Selberkönnens und des Wissens. Er ist überklug, Es fehlt ihm die SchlichtheIt, die Einfalt und Demut des Kindersinnes, der Sinn für das Kindsein vor Gott!

Wir glauben lebendig an das Wort des Apostels J ohannes: "Seht, welche Liebe uns der Vater geschenkt hat, daß WI r K moer Gottes heißen und

An der Krippe: Weisheit Gottes. 175

sind" (I Joh. 3, I). Das ist die Frohbotschaft der Krippe.

Wir beten für die vielen, die heute das Kindsein vor Gott nicht verstehen. Wir leben ihnen dieses Kindsein vor! Das ist Katholische Aktion und wirksames Apostolat im Geiste des Weihnachtsgeheimnisses.

Ge b e t.

Reiche, 0 Herr, vom Himmel her Deine helfende Hand, damit wir alle Dich mit ganzem Herzen suchen und erlangen, um was wir in Demut bitten. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

An der Krippe.

W eis h e i t G 0 t t e s.

I. Mit der heiligen Liturgie knieen wir bewundernd an der Krippe: "Der König des Himmels, der die Welten umschließt, ist in einen engen Stall gebettet; er liegt in der Krippe und herrscht als König in den Himmelshöhen." "Er liegt auf Stroh, Er schreckt vor der Krippe nicht zurÜck; Er, der jedem Vögelein zu essen gibt, läßt sich mit ein wenig Milch nähren."

2. Wir hab e n von A d a m ein e d r e i f ach e Uno I' d nun g mitbekommen, die die Ursache alle< Übels in der Menschheit ist: die Augenlust, d. i. die Anhänglichkeit an die irdischen Güter; die Fleischeslust, d. i. die böse Begierlichkeit und die Neigung zur Sinnlichkeit in ihren tausend Formen und Arten; die Hoffart des Lebens, d. i. das Verlangen nach Ehre, Geltung, Macht, Ansehen, Einfluß. Der neue Adam aber, das Kind der Krippe, weist uns einen andern Weg: den vVeg der freiwilligen Armut, der Losschälung von aller ungeor"dneten Anhänglichkeit an Erdengut und an die Geschöpfe, heißen sie wie immer; den Weg demÜtiger Unterwerfung unter das Leiden und die Entbehrungen,.

176 Ir. Die heIlige Weihnachtszeit: Weihnachten.

den Weg der Demut, der Niedrigkeit, des Kleinseins. "Lernet von Mir."

Im Kind des Stalles haben WH die We i s h e i t Go t t e s menschgeworden, sichtbar, grei fbar vor uns. "Dieser ist Mein geliebter Sohn, Ihn sollt ihr hören" (Matth. 3, 17). "Kommet alle zu Mir. Nehmet Mein Joch auf euch, denn Mein Joch ist süß und Meine Bürde ist leicht. Lernet von Mir, Ich bin sanftmütig und demütig von Herzen" (Matth. 11, 29). In seinen geliebten Philippern ruft der Apostel Paulus uns die eindringlichen Worte zu: "Seid so gesinnt, wie Jesus Christus es ist! Er war in Gottesgestalt. Gleichwohl hat Er sich selbst entäußert, hat Knechtsgestalt angenommen, sich selbst verdemütigt und ist gehorsam geworden bis zum Tode, zum Tode am Kreuze" (Phil. 2, 6 f.). Ja, so sieht Gottes Weisheit aus, wenn sie unter uns Menschen sichtbar erscheint:

"Ein Kind, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegend" (Luk. 2, 12). Wie sehr wird durch die Weisheit in der Krippe von Bethlehem unser Stolz und 'EigendÜnkel, unser ewiges, unruhiges Bemühen um Geltung, um zeitliche GÜter, um ein bequemes Leben beschämt! Wenn uns die göttliche Weisheit in der Krippe nicht heilen wird, wer kann uns dann noch heilen? "Lernet von Mir."

3. Wir werfen uns anbetend vor dem Kinde der Krippe nieder und flehen: ,,0 Sapientia - 0 Weisheit, komme, uns den Weg der Weisheit zu lehren!" Lehre uns einsehen, daß alles, was gegen Deine Lehre und gegen Dein Beispiel ist, Torheit ist und Verlust und Tod. Laß es uns erkennen, daß alles, was Weltsinn und Fleischesweisheit ist, nichts ist als Torheit und Verlust.

"Was mir einst als Gewinn galt, das habe ich um Christi willen fÜr Schaden erachtet, Ja, ich halte alles für Verlust, weil die Erkenntnis meines Herrn ]esu5 Christus, um dessentwillen ich auf alles verzichtet habe. über alles erhaben ist. Ja, ich erachte

An der Krippe: 0 wunderbarer Tausch! 177

alles als Kehricht, um Christus zu gewinnen und in Ihm gerecht erfunden zu werden. Ich möchte Ihn erkennen und die Macht Seiner Auferstehung und die Teilnahme an Seinem Leiden, und Ihm will ich im Tode ähnlich werden in dem Gedanken, daß ich zur Auferstehung von den Toten gelange" (Phi!. 3,7ff.).

Der Gott-König in der Krippe, die Weisheit Gottes wird Mensch und wählt für sich freiwillig die Armut, die Verborgenheit, die Schwachheit, die Entbehrung, das Leiden. Diesen Weg führt Er Seine Kirche und j eden, der Ihm wahrhaft nachzufulgen entschlossen ist. "Ich bin der Weg" (J oh. 14, 6). Wir brauchen an der Kirche nicht irre werden, wenn sie arm ist, vor den Augen der Welt schwach, machtlos, voll der Leiden von innen und von außen. Das ist der Weg, den Jesus gegangen und in Seiner Kirche weitergeht!

Ge b e t.

Kind der Krippe, Du bist als der Ewige vom Vater im Lichte der Heiligen gezeugt und wolltest im Stalle geboren werden. Du besitzest die Höhen der Himmel und steigst in die Tiefe herab. Dir singen und dienen die Engel, und Du schlägst im Stalle Deine Wohnung auf und lässest Dich von armen Hirten suchen und finden. Gib uns ein von allem ungeordneten zeitlichen Verlangen freies Herz, daß wir Dich suchen und finden und immerdar bei Dir bleiben, hier im Glauben, dereinst in dem Lichte der Glorie. Amen.

An der Krippe.

o wunderbarer Tausch!

1. ,,0 wunderbarer Tausch! Der Schöpfer des Menschengeschlechtes hat einen menschlichen Leib und eine menschliche Seele angenommen und hat sich herabgelassen, von einer Jungfrau geboren zu werden. Er ist Mensch geworden und hat uns dafür Baul'. Werde Licht I 1. 12

178 Ir. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. Seine Gottheit geschenkt" (Antiphon an der Oktav von Weihnachten).

2. Der Sah n G 0 t t e sen t 1 e h n t von u nse rem Ge s chI e c h ted i e me n s chi ich e N atu r. Im Stall von Bethlehem ein neugeborenes Kind! Daneben die Mutter, im Hintergrund der hl. Joseph. Maria und ]oseph sind nach Bethlehem gekommen, um sich in den Listen der Volkszählung als Nachkommen Davids eintragen zu lassen. Da gebiert Maria das Kind. Sie bettet es in die Krippe, nährt es, pflegt es, kleidet es, wie eben eine Mutter für ihr Kind zu sorgen pflegt. Der Glaube enthÜllt uns hinter der äußern Hülle des schwachen, hilflosen Kindes die göttliche Fülle: "Der Herr sprach zu Mir: Mein Sohn bist Du, heute habe Ich Dich gezeugt" (Introitus der ersten Weihnachtsmesse). Ein schwaches, neugeborenes Kind - und zugleich Gottessohn, ein er Wesenheit und Natur mit dem Vater, Erschaffer, Erhalter des Alls, der Allwissende, alles Leitende. Er hat unser Fleisch, unsere Natur angenommen! Gott und Mensch in einer Person!

o w und erb a ~ er Tau s eh! Der Sohn Gottes nimmt von uns Menschen die menschliche Natur an! Einen Leib, wie wir ihn haben, tausend BedÜrfnissen und Armseligkeiten unterworfen, dem Hunger, dem Durst, dem Schmerz, den Leiden. Eine Seele, wie wir sie haben, voll des feinsten Empfindens für alles Edle, Wahre, Schöne, und ebenso für alles Unedle, für jede Kränkung, Zurücksetzung, Entehrung und Schmach. Er nimmt unsere Natur an, in uns durch die Erbsünde verdorben, ihrer Schönheit und Würde beraubt, voller Blindheit, innerer Verkehrtheit, zum Bösen geneigt, im Banne der Begierlichkeit, der Leidenschaften, der Eigenliebe, der niedrigsten, gemeinsten Triebe. "Er hat sich selbst erniedrigt, hat die Natur des Knechtes angenommen und ist uns gleich geworden" (Phil. 2, 6), "Seinen Brüdern ähnlich, die Sünde

An der Krippe: 0 wunderbarer Tausch I 179 ausgenommen" (Hebr. 2, 17). Er nimmt von uns die Menschennatur an, um sie zu reinigen, zu adeln, zu vergöttlichen, in die göttliche Natur hineinzutauchen ! Kind der Krippe, was soll ich zu diesem Tausche sagen? Wo denkst Du hin? Wirklich, Deine Liebe zu uns hat Dich töricht gemacht!

3. 0 wunderbarer Tausch! Wir geben dem Sohne Gottes unser Elend, unser Nichts. Er gibt uns dafür den Mitbesitz Seiner Gottnatur : die heiligmachende Gnade, die Gotteskindschaft, die Auferstehung des Fleisches, den ewigen Mitbesitz und das ewige Mitleben des Lebens der Herrlichkeit und Seligkeit Gottes. "Kein Auge hat es gesehen und kein Ohr hat es gehört und in keines Menschen Herz ist eine Ahnung davon aufgegangen, was Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben" (d. i. die im Stande der Gnade, Kinder Gottes sind; I Kor. 2,9).

o wunderbarer Tausch! Im Opfergang der heiligen Messe tragen wir heute in den Elementen von Brot und Wein unser Ich, unser Herz, unsern Leib, unsere Seele, unser Elend, unsere SÜnden, unsere sittliche Not zum Altar. "Suscipe Domine Nimm an, Herr, unsere Gabe!" Er nimmt sie an. In der heiligen Wandlung wandelt Er sie um, erfüllt sie mit Seiner Gottnatur, mit Seinem Licht und mit Seinem Leben und gibt sie uns in der heiligen Kommunion zurück. Nicht mehr Brot und Wein, nicht mehr unser nichtiges, unwürdiges Menschentum: Sein eigen Fleisch und Blut, Seine Gottnatur und Seine Menschennatur, rein, heilig, voll der göttlichen Kraft und voll des göttlichen Lebens. "Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der bleibt in Mir und Ich bleibe in ihm ... , der wird üurch Mich leben, wie Ich durch den Vater lebe"'J er wird leben in Ewigkeit" (Joh. 6, 56).

Ge be t.

Es sei Dir, Herr, die Opfergabe der heutigen Festfeier genehm, damit wir mit dem Beistand 12*

180 I I. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. Deiner Gnade durch diesen hochheiligen Tausch Demjenigen gleichförmig erfunden werden, durch den unsere Natur mit Dir vereinigt ist. Amen. (Sekret der Mitternachtsmesse.)

An der Krippe.

Der Gottheit teilhaftig!

1. ,,0 wunderbarer Tausch! Der Schöpfer des Menschengeschlechtes hat einen menschlichen Leib und eine menschliche Seele angenommen und hat sich herabgelassen, von einer Jungfrau geboren zu werden. Er ist Mensch geworden und hat uns dafür Seine Gottheit geschenkt." Er hat von uns die menschliche Natur entlehnt. Das ist die erste Seite des Tausches. Er hat uns dafür, als Gegengabe, Seine Gottheit geschenkt. Das ist die zweite Seite des Tausches, den die heilige Liturgie meint.

2. "E r hat uns Sei n eGo t t h e i t ge g e ben."

Gott schuldet uns nichts, auch wenn wir Ihm wirklich etwas geben würden. Aber was Er tut, tut Er in göttlicher Weisheit. Deshalb hat Er unsere Natur von uns nicht ohne eine göttlich würdige und erhabene Absicht entlehnt. Diese Seine Absicht war, uns Seine Gottheit zu schenken, uns Menschen an Seiner göttlichen Natur teilnehmen zu lassen, uns Sein göttliches Leben mitleben und mitgenießen zu lassen. Welch wunderbarer Tausch! Für die menschliche Natur, die Er von uns empfängt, gibt Er uns Anteil und Mitbesitz an Seiner Natur. Im Kinde der Krippe wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig (KaI. 2,9). "Ich bin das Leben" (Joh. 14, 6). "In Ihm war das Leben. Und von Seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade um Gnade" (Joh. 1, 4 16). Wunderbarer Tausch! "Ich lebe (das göttliche Leben), und auch ihr sollt (es) leben" (Joh.14, 19), Mein Leben mitbesitzen und mitleben. Wir besitzen es in der heiligmachenden Gnade. Wir leben es mit in eiern Leben der Tugenden Christi,

An der Krippe: Der Gottheit teilhaftig! 181

Seiner Liebe zum Vater, zu den Menschen, zum Gehorsam, zur Demut, zur Armut, zur Reinheit.

Der Mensch, Staub und Asche (I Mos. 18, 27), der Eitelkeit und Nichtigkeit unterworfen (Röm.8, 20), der Mensch, dessen Sinnen und Trachten von Jugend an aufs Böse gerichtet ist (I Mos. 6, 5), eIerseIbe Mensch wirel im Geheimnis der Weihnacht in den Strom des göttlichen Lebens hineingerissen. Die SÜnde wird weggenommen. Die Seele wird in den Glanz unel die Schönheit des göttlichen Wesens und Lebens gekleielet, erfaßt und mitgerissen vom Leben, das vom Vater in den Sohn, vom Sohn in die von Ihm angenommene Menschennatur, von dieser mittels Taufe unel Eucharistie in uns, die Zweige am Weinstock Christus, Überströmt "Ich bin eier Weinstock, ihr seiel die Rebzweige" (loh. J 5, 5). Ein neues Leben, erhaben über elie Bedürfnisse, Ansprüche, Neigungen des natÜrlichmenschlichen Lebens; ein neues Sehen und Erkennen, ein neues Auge, ein neues Licht, ei n neue~ Wollen, Lieben, Suchen, Streben, neue höhere Kräfte. "Nicht mehr ich lebe, vielmehr lebt Christus in mir" (Ga1. 2, 20). Dieses Leben ergreift mein Denken, mein Wollen, mein Wirken, alle Augenblicke meines Daseins unel gestaltet sie um, "konsekriert" sie, daß sie teilhaben an der Würde, elem Werte, dem Segen, eier Fruchtbarkeit des Weinstockes Christus. 0 wunderbarer Tausch! Wir geben Ihm unsere armselige Menschennatur, Er gibt uns als Gegengabe Seine Gottheit!

3. So knieen wir mit der heiligen Liturgie an eier Krippe, glaubend, bewnndernel, elankend, das große Geheimnis eier Herablassung Gottes erwägend.

"Laßt uns Gott dem Vater durch Seinen Sohn im Heiligen Geiste Dank sagen ob der großen Liebe, mit eier Er sich unser erbarmt hat. Da wir durch die Sünde tot waren, hat Er uns mit Christus lebenelig gemacht, auf daß wir in Ihm ein neues

182 11. Die heilige Weih!2.achtszeit: Weihnachten.

W e~en seien. So laßt uns den alten Menschen mit seinen Werken ablegen und, des Lebens Christi teilhaft geworelen, den Werken des Fleisches entsagen. Erkenne, Christ, deine Würde! Der göttlichen Natur teilhaft geworden, kehre nicht durch böse Werke zur alten Gemeinheit zurück. Beelenke, daß du Glied am Haupte Christus bist .. _" (h1. Leo

d. Gr. in den Lesungen der Weihnachtsrnette).

Wie in Christus, so ist auch in der Kirche, im Getauften ein zweifaches Leben_ Wie in Christus das Göttliche dominiert, so muß auch in der Kirche, in mir das göttliche Leben, das Leben eier Gnade, des Glaubens, des Gottvertrauens, der heiligen Liebe zu Gott, der Liebe zur Reinheit, zur Unterwürfigkeit, das Zepter führen und das natürliche Leben, die Vernunft, den Willen, die Begierden, Triebe, Leielenschaften sich dienstbar machen!

Der geringste Grad dieses übernatürlichen Lebens in der Kirche, in einer Seele ist mehr wert als Wissen, als Talent, als Ehre und Besitz, als Gesundheit und Wirken!

Unser geistliches Leben bedeutet wesenhaft ein Hineinwachsen in Christus, das Haupt, elen Weinstock_ Da muß alle Weltklugheit und Fleischesklugheit, alles bloß natürliche, eigensüchtige Wünschen, Wirken, Sinnen ausgeschaltet werelen. Der neue Mensch muß erstehen, nachgebildet dem menschgeworelenen Sohne Gottes, Sein Leben mitlebend, weiterlebend ! Christliches Leben, wie bist elu erhabenl

G eb et.

Allmächtiger Gott, durchflutet vom neuen Lichte Deines menschgewordenen Wortes, bitten wir, laß in unsern Werken widerstrahlen, was durch den Glauben in der Seele leuchtet. Durch Ihn, Christus, unsern Herrn. Amen.

I. Januar: ,,]esus.u

I. Januar: Fest der Beschneidung Christi.

"J e s u s."

1. Die heilige Liturgie feiert heute den achten Tag nach der Geburt Christ:, elen Tag der Beschneidung und ersten BlutvergieBung des Kindes von Bethlehem. Bei der Beschneidung erhält das Kind elen Namen "Jesus", Heiland, Erlöser.

2. 0 b w 0 h I Her r des Ge set z es und ihm nicht unterworfen, unterzieht sich unser Heiland freiwillig und gewissenhaft, nach den Vorschriften eies Zeremoniells, der schmerzhaften Beschneidung. Der Heilige der Heiligen, vollkommen sündelos und der Sünde unzugänglich, will in den Augen der Menschen als Sünder erscheinen und das Mal der Sünde an Seinem Körper tragen. Er verbirgt Seine Gnaden- und T,tgendfül!e und Seine alles überstrahlende Heiligkeit unter dem Schein des Sünders, der sich durch die Beschneidung gleich jedem andern Menschenkinde von der Sünde reinigen lassen muß. So tief neigt sich der Sohn Gottes zu uns Sündern herab. Welche Selbsterniedrigung, welche Demutl So handelt die ewige Weisheit!

"Es ward Ihm der Name Jesus gegeben."

Er verdemütigt sich in der Beschneidung tief. Und Gott erhöht Ihn, weil Er sich so tief verdemütigt hat. In dem gleichen Augenblick, da Er sich der Beschneidung unterzieht, wird Ihm der Name "J esus" gegeben. Der Name, der über alle Namen ist. "Im Namen J esus haben sich alle Kniee zu beugen, derer, die im Himmel und auf der Erele und in der Unterwelt sind_ Und alle Zungen haben zu verkünelen: Jesus Christus ist der Herr" (Phi1. 2, 9 f.). In demselben Moment, da der Herr sich in der Beschneielung so tief erniedrigt, wi rd Er "J esus" genannt, der Erlöser. Alle Menschen, angefangen von Adam nach dem Sündenfall bis zum letzten Menschenkind, das einmal geboren werden wird; alle, die das Heil erlangen; alle, die irgend

184 Ir. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. eine Gnade, eine innere Erleuchtung oder Anregung zum Guten erhalten; alle, die aus der SÜnde herausgerissen und in die Herrlichkeit der Kindschaft Gottes hinaufgehoben werelen ; alle, die ausharren bis ans Ende und ihre Seele retten - alle danken es Ihm, ihrem Erlöser. Alle sind sie abhängig von Ihm. "Er steht an der Spitze von allem, und alles (in der Ordnung der Gnade und ewigen Seligkeit) hat seinen Bestand in Ihm (eiern Erlöser). Er ist das Haupt des Leibes. Er ist der Anfang, der Erstgeborene unter den Toten. Er muß in allem den Vorrang haben. Denn es war Gottes Wille, in Ihm die ganze Fülle (der übernatürlichen Güter und Gnaden) wohnen zu lassen" (KaI. J, 17 ff.). So ist es heiliges Gesetz der Übernatur : "Wer sich erniedrigt, wird erhöht" (Matth. 23, 12).

3. Tief ergriffen steht die Kirche da und schaut die freigewählte Ernieelrigung des menschgewordenen Gottessohnes. Sie hört Ihn sagen: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Joh. 14, 6). "Wer Mir nachfolgt, wandelt nicht in der Finsternis, sondern wirel das Licht des Lebens haben" (Joh. 8, 12).

"Lernet von Mir!" Nicht Wunder tun! Nicht staunen erregende , bahnbrechende, weltbewegende Taten verrichten. Sondern: von Herzen elemütig sein. Das ist's, was der Herr uns lehren wollte. Er kennt unsere Krankheit: sie heißt Stolz. Hier ist der Beginn unseres Verderbens, unserer Unfruchtbarkeit im innern Leben und Streben. "Den Stolzen widersteht Gott, den Demütigen gibt Er Seine Gnade" (I Petr. 5, 5).

Ein lichter Wegweiser am Eingang in das Dunkel des neuen Jahres. "Wer sich erniedrigt, wird erhöht." Wir wählen aufs neue den Weg Christi, den Weg der Demut! Wir haben vom Geiste Christi so viel, als wir wahre Demut besitzen. Dazu kommt Er heute mit Seinem erhabenen Beispiel (Evangelium VOll der Beschneidung), mit Seinem

I. Januar: Unser Programm.

185

hochheiligen Opfer und gibt sich uns in der heiligen Kommunion, daß Er uns den Weg der Demut lehre und Sein Leben der Demut in uns lebe. Die Demut ist eier Weg zur Gnade, zur Gottvereinigung.

Würden wir doch in Wahrheit in das Innere der heiligen Liturgie eingehen und aus ihr leben!

Ge be t.

Gott, Du widerstehst den Stolzen und gewährst Deine Gnade den Demütigen. Verleihe uns die Tugend wahrer Demut, als deren Vorbild Dein eingeborener Sohn sich den Gläubigen vor Augen gesteilt hat. Laß uns niemals durch Überhebung Deinen Unwillen herausfordern, sondern durch Unterwürfigkeit uns für die Geschenke Deiner Gnade empfänglich machen. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

I. Januar: Neujahrstag.

U 11 se r Pro g I' a m m.

1. Die Liturgie feiert den Beginn des neuen Jahres nicht. Gleichwohl stehen wir dem Neujahrstag nicht teilnahmslos gegenüber, sondern lassen seinen ganzen sittl icben Ernst auf uns wirken. Wir erwägen aufmerksam das Programm, das uns die Kirche am Beginn des neuen Jahres vorlegt. Es umfaßt ein Negatives unel ein Positives.

2. "D erG 0 t t los i g k e i tun d den we I tli c h e n L ü s t e n e n t sag e n und besonnen, gerecht und fromm leben." Das ist die Lehre und das Beispiel des uns Menschen erschienenen Erlösers. Er verkündet uns mit Seiner Ankunft im Fleische, daß vor Gott nur ein e s einen Wert hat, elas übernatürliche Heil der unsterblichen Seele. Die Arbeit im neuen Jahre gehört in erster Linie der Rettung und Heiligung der Seele, der eigenen Seele und der Seele der andern. Also Schluß mit der unseligen Gottvergessenheit, in die wir Christen der neuen Zeit zu verfallen versucht sind. Das moderne

186 11. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. Leben ist so aufdringlich, so laut, so geschäftig, daß es uns ganz in seinen Bann zu bringen elroht. Darüber vergessen wir die Seele. Die Menschen, wir selbst, werden uns Nummern_ Das Leben wird laisiert, einzig dem Irdischen geopfert. Die Seele hat den Schaden. Darum das Programm der Epistel:

"Entsagen der Gottvergessenheit." Und entsagen den weltlichen Lüsten und Vergnügungen, die uns nur zerstreuen, den sittlichen Ernst rauben und eiern Menschen so leicht zur Versuchung werden. Dafür positiv: "Besonnen, gerecht, fromm leben". "Besonnen", nüchtern in unserem Denken, in unseren Entschlüssen, in unserem Urteilen, Reelen, Tun - alles nach elen Grundsätzen, Beweggründen und Zielen der vom Glauben erleuchteten Vernunft und in der Kraft des von heiliger Gottes- und Christusliebe erglühenden Herzens. "Gerecht", in der Kraft jener Gesinnung, elie jedem das Seine zuteilt: Gott, dem Mitmenschen, dem eigenen Selbst, dem Körper und dem Geist, eier Natur und der Gnade_ "Fromm", d. i. getragen vom Geist der Kindlichkeit gegenüber Gott, dem weisen, starken, allvermögenden, mich göttlich liebenden Vater im Himmel, dem ich in Christus Kind bin, der mich um Christi willen mit der Fülle Seiner Vaterliebe liebt, leitet, führt, retten und heiligen wird.

"I n sei i ger Hof f nun g eier Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes, des Heilandes J esus Christus entgegenharrend. " Das Zeitliche vergeht. Es weist über sich hinaus: auf ein Bleibendes, ein Dauerndes. Das Ewige allein ist für uns groLl genug. So stehen wir da, den Blick auf den Tag gerichtet, der für uns die Ewigkeit heraufführt, auf den Tag der glorreichen Wiederkunft des Herrn. Er kommt am Jüngsten Tage. Er kommt für jeden von uns persönlich in eier Stunde des Toeles. Wir leben im lebendigen Glauben an die selige Ewigkeit, die uns der Tod erschließen wird; an die Wiederkunft des Herrn am Ende der Tage, die unsere ver~

1. Januar: Unser Programm.

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klärte Seele mit dem vom Grabe auferweckten Leibe wieder vereinigen wird; an den Endsieg des Herrn und Seiner Kirche und all jener, die dem Herrn in Seiner Kirche treu gefolgt sind. Unser Alltag ist verklärt elurch eliese selige Hoffnung auf die Wiederkunft des Herrn, auf das ewige Leben, auf das selige Weihnachten im unvergänglichen Lichte Gottes. In dieser Hoffnung gewinnen das neue Jahr und alle Tage und alle Mühen und Opfer, Freuden und Leiden, Arbeiten und Pflichten, die es für uns bringen wird, einen tiefen Sinn und einen wahren, unvergänglichen Wert.

3. Fern aller Gottvergessenheit und allem Weltsinn, besonnen, gerecht, fromm, uns als Kinder Gottes wisseneI, an der Hand des liebenden Vaters, getragen von der seligen Hoffnung auf den Tag der Ewigkeit! So gehen wir ins neue Jahr!

Die Liturgie gibt uns zugleich auch die Kraft zum großen Werk. Sie gibt uns Christus. "Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Auf Seinen Schultern ruht die Weltherrschaft." Christus, der Herr des Alls, ist uns geboren, uns geschenkt. Er ist unser in der menschlichen Natur, die der Gottessohn angenomm~n hat. Er ist unser im heiligen Opfer: da ist Er unsere reine, heilige, makellose Gabe an Gott und zugleich unsere Opferspeise. In der heiligen Kommunion wird Er unser Besitz und Eigentum, mit all Seiner Kraft und Reinheit, mit Seinem Geiste und Leben_ Christusdurchlebt, als Zweige an Ihm, dem Weinstock, werden wir unser Programm erfüllen können. "Wer in Mir bleibt und in wem Ich bleibe, der bringt viele Frucht. Getrennt von Mir vermögt ihr nichts" (loh. 15, 5)·

Wir erneuern am Neujahrstage den Schwur, den wir in der heiligen Taufe abgelegt haben. "Ich wielersage der Welt und ihrer Eitelkeit. Ich widersage Satan und der Sünde. Ich glaube (ich weihe mich) an Gott den Vater, an Gott den Sohn, an

188 11. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten. Gott den Heiligen Geist in der Gemeinschaft der heiligen Kirche Christi."

Alles für Gott, alles für J esus. Alles nach Seinem heiligen Willen. Alles gestützt auf Seine Kraft und nach Seinen Interessen, zu Seiner Ehre.

Herr, nimm mich mir und gib mich Dir.

Ge be t.

Schütze uns, 0 Herr, die wir uns Deinem heiligen Dienste widmen, damit wir im neuen Jahr, den göttlichen Dingen ergeben, mit Leib und Seele Dir dienen.

"Dein sind die Himmel, ,Dein ist die Erde. Du schufest den Erdkreis und was er umschließt" (Offertorium). Dein bin auch ich. Und Dein will ich sein, jeden Augenblick des neuen Jahres. Ich lege das ganze kommende Jahr mit all seinen Aufgaben, Pflichten, Mühen, Opfern, Leiden auf die Opferpatene und vereinige es mit Deinem heiligen Opfer, zur Verherrlichung Gottes, zum Nutzen der heiligen Kirche, zur Rettung der Seelen, zum Wachstum in der Gnade und Tugend.

Du schenkst uns, 0 Gott, ein neues Jahr. Gib uns Deine Kraft, auf daß wir in diesem Jahr nicht sündigen, sondern in Gedanken, V';orten und Werken nur immer Deinem heiligen Willen leben und Dir

,wohlgefallen. Amen.

2. Januar: Beschneidung des Herrn.

1. Wir verweilen heute beim Geheimnis der Beschneidung unseres Herrn. Die Kirche stellt die Mutter so sehr in dieses Geheimnis hinein, daß dieses Fest im liturgischen Offizium ganz den Charakter eines Marienfestes trägt (Antiphonen der Laudes, der Vesper).

2. M a r i a n i m m t m ü t t e r I ich e n A n t eil an der Beschneidung ihres Kindes. Wir fühlen ihr Mitleiden mit Jesus lebendig nach. Indes mit der

2. Januar: Beschneidung des Herrn. 189

heiligen Liturgie erkennen wir in Maria in diesem Augenblick nicht die in Welt und Mitleid zerflossene Mutter des Kindes, sondern die starke Frau, die auch hier mit ganzer Kraft ihr "Fiat" spricht und am Opfer ihres Kindes teilnimmt. Jesus opfert Sein erstes Blut, das Er vergießt, für uns Menschen auf, uns zu erlösen. Maria geht in das Opfer Jesu ein und opfert Gott das Erlöserblut zu unserer Erlösung auf. Gerne leidet sie, wenn sie nur zu unserer Rettung beitragen kann. Sie denkt nicht an sich, sondern an uns und unser Heil. Das ist elie heldenhafte Liebe unserer himmlischen Mutter zu uns.

M a r i ais t Typ u s der Kir ehe. Voll zarten Mitleids betrachtet die Kirche das erste Blutvergießen des göttlichen Kindes. Eine andere J ungfrauMutter Maria nimmt sie das hochheilige Opferblut Christi in ihre Hände und opfert es ohne Unterlaß, täglich, stündlich, Gott auf, für die Rettung der armen, verirrten, sündigen Menschheit. Sie weiß, daß der Sohn Gottes auf diese Welt gekommen ist und Sein Blut vergossen hat, um Seelen zu retten_ Sie weiß, die Seele allein ist es wert, daß die Kirche sich um sie sorge. Sie weiß, was es heißt, verloren gehen. Sie weiß, daß Jesus für jede Seele Sein Blut und Leben gegeben hat. Sie läßt sich seit zweitausend Jahren von der Welt verkennen, schmähen, verleumelen, verfolgen. Sie achtet all dessen nicht, wenn sie nur Seelen retten kann. Darum tritt sie in ihren tausenden und aber tausenden Priestern täglich an den Altar und hebt Christi h.,ochheiliges Blut zum Vater empor. "Vergib uns unsere Schuld; führe uns nicht in Versuchung. Erlöse uns, bewahre uns vor dem übel" der Sünde, des ewigen Verderbens. Darum bietet sie uns das heilige Sakrament der Buße an, das gnadenvolle Sakrament der heiligsten Eucharistie. Darum die vielen Anregungen, Belehrungen, Unterweisungen. Darum das ununterbrochene liturgische Gebet ihrer Priester und Ordens-

190 11. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten_ leute. Darum die Einführung einer ganzen Reihe von religiösen Genossenschaften, Vereinigungen, Kongregationen, die für die Rettung der Seelen beten, opfern, Buße tun und Sühne leisten. Nicht wenige Ordenshäuser haben es sich zur Aufgabe gemacht, unaufhörlich das Erlöserblut für die Rettung der Seelen aufzuopfern.

3. Wir fühlen den Mutterschmerz mit, den Mari, bei der Beschneidung des Kindes empfindet. Wil danken ihr, daß sie mit diesem ihrem Schmerze zt unserer Erlösung beigetragen hat. Dafür, daß si( sich selbst vergißt und nur um unsere Rettung be· sorgt ist.

Wir schätzen uns glücklich, der Kirche Jest Christi anzugehören. Sie ist in Wahrheit eint zweite Jungfrau-Mutter Maria, ganz vom Geist( Mariens beseelt und weist sich so als die wahn Kirche Christi aus. Sie kennt nur ein Ziel, di, Rettung und Heiligung unserer Seelen. Diesen Ziel dient das Dogma, die Moral, die Liturgie de heiligen Kirche. Wie sehr müssen wir, was di, Kirche uns anbietet, schätzen und benützen! J treuer wir uns an die Kirche halten, um so sichere werden wir gerettet.

Muß der Seeleneifer der Kirche nicht auch i· den Gliedern der Kirche leben? Die Leielenschaf für die Seelen muß j eIde Seele erfüllen, die J esu wahrhaft liebt! Lebt der Eifer für die Seelen i mir? Lebe ich also das Leben eier Kirche ganz mit Liebe ich also J esus aufrichtig?

Wir feiern heute den Oktavtag des Festes des h' Stephanus. Wie hat der vom Heiligen Geiste er füllte, von Liebe zu Christus glühende Erzmartyrc um di·e Seelen geeifert! Im Ringen um elie Seelen h<l er sich die Krone des Martertums erobert. Und sei Mühen und Sterben hat e.ine wunderbare Frucht ge zeitigt_ Jener Jüngling, der den Mördern des hl. Ste ;phanus die Kleider hielt. bis sie ihn zu Tode gestei

Fest des heiligsten Namens Jesu 191

nigt hätten, ist kein anderer als Saulus. Kurze Zeit, und Saulus wird ein Paulus. Des hl. Stephanus Opfertod und Gebet um Seelen hat Frucht gebracht!

Ge b e t.

Gott, Du hast durch die fruchtbare Jungfrauschaft Mariens dem Menschengeschlechte die Schätze des ewigen Heiles geschenkt. Laß uns, wir bitten, die Fürsprache jener inne werden, durch die wir den Urheber des Lebens empfangen durften, J esus Christus, unsern Herrn_ Amen.

Fest des heiligsten Namens Jesu.

Jesus ist Sein Name.

1. In den Tagen, die dem Geheimnis der Beschneidung des Herrn folgen, feiert die heilige Kirche das Fest des heiligen Namens Jesu. Bei der' Beschneidung "ward Ihm der Name Jesus gegeben" (Evangelium). Mit inniger Freude kommen wir zum Herrn, Sein Namensfest zu feiern. Es sagt uns so viel.

2. "I m Na m e n Je sub e u g e sie h je des K nie, im Himmel und auf eier Erde und unter der Erde; und jede Zunge bekenne, daß Jesus der Herr ist" (Phi1. 2, 10; Introitus). "Herr, unser Herr, wie wunderbar ist doch Dein Name allüberall auf Erden!" (lntroituspsalm). Deinem Namen, dem Namen des vom Vater über alle Kreatur Erhöhten, haben sich Himmel und Erde zu beugen, jede Intelligenz, jeder Wille, jede Zeit, jede Kultur- "In Ihm allein ist das Heil. Denn es ist den Menschen kein anderer Name gegeben, in dem wir selig werden können" (Epistel). Jesus "ist der Stein, den die Bauleute verworfen haben; Er ist zum Eckstein (Grundstein) geworden" (Epistel). Und "niemand kann einen andern Grund legen als den, der gelegt worden ist, Christus Jesus" (1 Kor. 3, II). Ein Name, im Himmel gegeben und durch den Engel Gabriel vom Himmel gebracht und

192 I!. Die heilige Weihnachtszeit: WeIhnachten.

bei der Verkündigung der Jungfrau mitgeteilt: "Du wirst einen Sohn gebären und Ihm den Namen Jesus geben" (Luk. I, 31). Ein Name voll wunderbaren Inhaltes. Jesus ist Erlöser, Heiland. Der Name J esus besagt ein vVesen, voll unendlicher Liebe zu uns, eine Liebe, die es stark macht, sich für uns Unwürdige zu opfern; ein vVesen voll unendlicher Größ~, dessen Opfer einen unendlichen Wert besitzt, die Kraft, Gott mit uns zu versöhnen, unsere Schulel vor Gott gutzumachen, uns mit dem göttlichen Lelien zu erfüllen und so zu Kindern Gottes und Erben Gottes zu machen. "Herr, unser Herr, wie wunderbar ist Dein Name!" vVunderbar im Himmel, wo Du den gerechten Zorn Gottes über uns zurückhältst. Wunderbar auf Erden, wo Du unzählige Wunder wirkst, wie die Epistel eines berichtet, und wo Du die Seelen mit Licht, Mut, Gnade, Tugend und Heiligkeit erfüllst! "Herr, wie wunderbar ist Dein Name." Der Name Jesus enthüllt uns den Sohn des Vaters, für uns Mensch geworden; den ewigen Hohenpriester, der sich einmal am Kreuz, immerwährend in unblutiger Weise auf unsern Altären für uns dem Vater hingibt; den Gottmenschen, der in Seiner Person die Majestät der Gottheit mit der Armseligkeit der Menschennatur vereinigt und diese in elie Höhen der Fülle des göttlichen Lebens und die Teilnahme an der Macht und Herrschaft Gottes hineinhebt. Der Name J esus enthüllt uns die Reichtümer und Herrlichkeiten der erlösten Menschheit, der Kirche, der in der Kirche niedergelegten Wahrheit, Sakramente, die Wonnen der Heiligen und Seligen des Himmels! Heilig ist dieser Name, über jeden Namen, der einem Menschen gegeben werden kann, erhaben.

"D u bis t gut und I i e b und r eie h a n E rbar me n" (Offertorium). "Wer J esus nennt, spricht das Liebenswürdigste, das Süßeste aus, das es für uns Menschen geben kann. Wer Jesus nennt, nennt seinen treucsten, verstehendsten Freund, der sich

Fest des heiligsten Namens Jesu. 193

vorbehaltlos für ihn hingibt und einsetzt. Er nennt seinen Freund, der in göttlicher Liebe ganz ihm lebt, der beständig um ihn sich sorgt und bemüht; unaufhörlich im Himmel und vom Tabernakel aus, seine wahren Interessen vor dem Vater vertritt unel sich täglich für ihn im eucharistischen Opfer darbringt, um aJll des Freundes Statt und in seinem Namen, für seine Person, Gott anzubeten, zu lieben, Dank zu sagen, zu besänftigen, Gnade zu erwirken. Wer Jesus nennt, nennt den Abglanz des Vaters und zugleich den gehorsamen, den gütigen und demütigen Jesus, seinen Liebhaber, seine Zuflucht, den Vater der Armen, den guten Hirten, die unendliche Güte, den Inbegriff der Wahrheit, der sittlichen Kraft, der Zartheit, der Keuschheit, jeglichen Seelenadels und a1!.er Tugendschönheit. "Jesus, im Munde Honig, im Ohr eine liebliche Musik, im Herzen ein Freudenjubel" (hl. Bernhard). Jesus, unser Alles! Durch Ihn haben wir das Heil. In Seinem Namen bett';n wir zum Vater und finden Erhörung (loh. 16, 23)- Im Namen Jesu spendet die heilige Kirche die Sakramente. Im Namen J esu verrichtet sie ihr Gebet. Im Namen J esu heiligt sie und segnet sie die Häuser, die Felder, die Kranken. Im Namen J esu gebietet sie den bösen Geistern und schlägt sie in die Flucht. Im Namen Jesu spricht sie über uns, wenn wir heim dürfen, das "Proficiscere anima christiana - Gehe heim, christliche Seele", und das "Requiem aeternam - Herr, gib ihm die ewige Ruhe." "Wer immer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden" (Apg. 2, 21). J esus, unser Alles!

3. Die Apostelgeschichte berichtet uns heute in der Lesung von dem Lahmgeborenen, den der Apostel Petrus im Namen Jesu gesund gemacht: "Gold und Silber habe ich nicht. Was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen J esu Christi von N azareth steh auf und gehe" (Apg. 3, 6). Petrus nimmt diesen aufsehenerregenden Vorfall zum Anlaß, zum Volke Baur. Werde Licbtl 1. 13

194 11. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten\

zu reden und ihm Jesus zu verkünden. Die Behör· den ziehen ihn zur Verantwortung. Da predigt Pe· trus auch den Behörden von der Kraft· des Namen:

Jesu: "Durch den Namen Jesu Christi von Nazareth den ihr gekreuzigt habt, den aber Gott von der Toten auferweckt hat, durch Ihn steht dieser Manr gesund vor euch. Er ist der Stein, der von end Bauleuten verworfen ward, der aber zum Ecksteir geworden ist. In Ihm allein ist Heil" (Apg. 4, Ja) Im Sinne der heiligen Liturgie sind wir der Lahm· geborene. In der Kraft des Namens ]esu sind wil durch Petrus, durch die heilige Kirche, von unseren Siechtum (Erbsünde; persönliche Sünde, Leiden schaften) geheilt (Taufe, Eucharistie, Bußsakra ment). Wir "halten uns, wie der Lahmgeborene dei Epistel, an Petrus fest" (Apg. 3, II) und stimmer elankt:rfüllten Herzens in die Worte Petri ein "Durch Ihn, Jesus, steht dieser Mann gesund val euch (sind wir geheilt, gesund). In Ihm allein is das Heil."

Wir feiern das Namensfest unseres Heilandes Es ist ein Tag der Gnade, der Verzeihung. Wi! legen unsere Reue, nnsern Dank au f die Patene une sprechen: "Ich will Dich preisen, Herr, von meinen ganzen Herzen und Deinen Namen rühmen ewig lieh. Denn Du, 0 Gott, bist gut und mild und ar Erbarmung reich für alle, die zu Dir rufen. Alleluja" (Offertorium).

Gebet_

Gott, Du hast uns erschaffen und erlöst. Gießt uns Deine Gnade ein und gewähre uns die Freude daß unter dem glorreichen Namen ']esu auch unsen N amen im Himmel eingeschrieben seien. Durcl Christus unsern Herrn. Amen.

Gebet.

Iesu, dulcis memoria, Dans vera cordis gaudia Sed super mel et omnia Eius dulcis praesentia.

3. Januar: Der Jünger der Liebe. 195

Nil can'itur suavius, Nil auditur iucundius

Nil cogitatur dulcius Quam Iesus Dei Filius.

lesu, dulcedo cordium, Fons vivus, lumen mentium Excedens omne gaudium Et omne desiderium ....

J esus, wer Deiner nur gedenkt,

Dess' Herz ist voll der wahren Freud'. Doch wem Du erst noch eingewohnt, Der kostet Honigs Süßigkeit.

So wonnevoll ertönt kein Sang, Entzückender klingt nie ein Ton, Nichts füllt so selig das Gemüt

Als J esus Christus, Gottes Sohn.

Jesus, Du Trost den Büßenden,

Wie gut bist Du den Bittenden,

Wie liebreich den Dich Suchenden, Wie selig den Dich Findendenl

Der Zunge hier das Wort gebricht, Der Schrift das rechte Zeichen fehlt; Nur wer schon Jesu Lieb' verspürt, Weiß, welche Wonnen sie enthält_

o Jesus, unsre Freude sei,

Sei Lohn auch in der Ewigkeit. In Dir allein nur wollen wir

Uns rühmen jetzt und allezeit. Amen. (Hymnus des Festes.)

3 Januar: Oktav des Festes des hl. Johannes.

Der J ü n ger der L i e b e.

1. "Erleuchte, Herr, Deine Kirche, damit sie, durch die Lehren des heiligen Apostels Johannes erhellt, zu den ewigen Gaben gelange" (Oratio). Wir lassen uns heute von den Worten des heiligen Apostels Johannes erleuchten und lauschen gelehrig dem Evangelium, das er der Kirche und uns übergehen hat.

196 11. Die heilige Weihnachtszeit: Weihnachten.

2. Joh. 3,11 ff.: "Wahrlich, wahrlich, Ich sage dir (Nikodemus) : WIr reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben. Niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen, außer dem, der vom Himmel herabstieg, der Menschensohn, der im Himmel ist. Wie Moses in der Wüste die Schlange erhöhte, so muß der Menschensohn erhöht werden, damit, wer immer an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern das ewige Leben habe. Denn so sehr hat Gott die 'Welt geliebt, daß Er Seinen eingeborenen Sohn dahingab, damit, wer immer an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern das ewige Leben habe. Denn Gott hat Seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit Er elie Welt richte, sondern damit die Welt durch Ihn gerettet werde. Wer an Ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat. Das ist das Gericht: das Licht ist in die Welt gekommen, aber die Menschen wollten lieber die Finsternis als elas Licht, da ihre Taten böse waren. Denn jeder, der Böses tut, haßt das Licht und geht nicht an das Licht, damit seine Werke nicht ans Licht kommen."

Joh. 17, 19ff.: "Für sie (die Du mir gegeben hast) weihe Ich Mich, damit sie in Wahrheit geweiht seien. Doch nicht allein für sie bitte Ich, sondern auch für jene, die durch ihr Wort an Mich glauben, damit sie alle eins seien, wie Du, Vater, in Mir bist und Ich in Dir bin. So sollen auch sie in Uns eins sein, damit die Welt glaube, daß Du Mich gesandt hast. Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, elie Du Mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie Wir eins sind. Ich werde in ihnen sein wie Du in Mir bist, auf daß sie vollkommen eins seien, damit die Welt erkenne, daß Du Mich gesandt und sie geliebt hast, wie Du Mich geliebt hast- Vater, laß jene, die Du Mir gegeben hast, bei Mir sein an dem Orte, wo Ich bin, damit sie die

3. Januar: Der Jünger der Liebe. 197

Herrlichkeit sehen, die Du Mir verliehen hast. Ich habe ihnen Deinen Namen kundgetan und werde ihn ferner kundtun, damit die Liebe, mit der Du Mich liebtest, in ihnen sei und Ich in ihnen."

3. "So sehr hat Gott die Welt geliebt", mich geliebt. Lange schon ist Er suchend dem Menschen, mir, nachgegangen: im Paradies, im brennenden Dornbusch der Wüste, im Blitz und Donner des Sinai, in der Rauch- und Feuersäule, in der Bundeslade, in der Predigt und deil Wundern der Propheten des Alten Testamentes. Nun ist Er selber Mensch geworden. Wir haben es jetzt nicht mehr schwer, Ihn zu finden und uns von Ihm finden zu lassen. Vorbei ist das Drohen des Sinai, vergessen ist das fressende Feuer, das Elias vom Himmel herabgerufen hat; vergessen sind die Schrecken, mit denen Gott sich im Gedächtnis der Menschen lebendig erhalten mußte: Er ist da, hier vor unsern Augen, in der hilflosen Ohnmacht des Kindes. Konnte Er noch mehr tun, mehr lieben? "So sehr hat Gott die Welt, mich, geliebt."

"Damit sie eins seien." Eins in der Hingabe an den menschgewordenen Gottessohn. Er ist gekommen, die durch die Sünde entzweiten Geister und Herzen der Menschen zu einigen. "Daran erkennt man, daß ihr Meine Jünger seid, daß ihr einander liebet" (loh. 13, 35). Und nicht in bloßen Worten und Gefühlen, vielmehr in Taten, in Werken der gebenden, helfenden, dienenden Liebe, die Er uns in eier Krippe vorlebt.

Ge b e t.

Erleuchte, Herr, Deine Kirche, damit sie, durch die Lehren Deines heiligen Apostels und Evangelisten Johannes erhellt, zu den ewigen Gaben gelange. Durch Christus Ul1sern Herrp.. Amen,

198 11. Die heilige Weihnachtszeit. Weihnachten. 4. Januar:

Oktav des Festes der UnschUldigen Kinder.

Geistliche Kindheit.

1. Staunend schaut die Liturgie des heutigen Tages die Wunder der Führung und Vorsehung Gottes_ "Herr, Gott, wie wunderbar ist Dein Name auf der ganzen Erde" (Introituspsalm). Herodes wutentbrannt; alle Knaben in Bethlehem und Umgebung von zwei Jahren und darunter grausam ermordet; die Mütter voll Trauer und Klagen; die Kinder, triumphierend, Palmen in den Händen und Kronen auf dem Haupte, schauen immerfort das Angesicht des Vaters im Himmel. "Herr, Gott, wie wunderbar ist Dein Namel"

2. Die Uns c h u I d i gen Kin der können noch nicht lieben. Gleichwohl wacht Gottes Sorge über ihnen. In den Augen der Menschen erleiden sie Verlust, werden grausam gemordet und haben vom Leben nichts: "In Rama wird getrauert, Rachel weint über ihre Kinder und will sich nicht trösten lassen" (Evangelium). Aber das, was in den Augen der Menschen Verlust ist, ist den Kindern Gewinn:

"Unsere Seele ist entwischt wie der Vogel der Schlinge des Voglers" (Graduale). Des Herodes Grausamkeit, der Soldaten Schwert wird den Kindern zum ewigen Heil. "Herr, Gott, wie wunderbar ist Dein Name", Deine Vorsehung! "Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Heil." Der Mensch denkt, und Gott lenkt 1

"D e n e n, die G 0 t t I i e ben, ger e ich t a 11 e s zum H eil." Alles, alle Fügungen, alle Schickungen der Vorsehung, alle Zulassungen Gottes, alles, was Gesundheit, Besitz, guten Namen angeht; alle Verhältnisse, in die sie hineingestellt sind, alle Unannehmlichkeiten, Schwierigkeiten, Leiden, Mißerfolge, auch alle Vorgänge im innern Leben, Trockenheiten, Versuchungen, Kämpfe, sogar die

4. Januar: Oktav der Unschuldigen Kinder. 199 eigenen Fehler und Sünden, die sie bereuen und über die sie sich ver demütigen, wie David, wie Petrus getan. Hinter allem steht und wirkt die liebende Vorsehung des Vaters im HimmeL Er hat alles in der Hand, Er lenkt alles und ordnet alles mit göttlicher Weisheit und göttlicher Liebe an. Deshalb "gereicht denen, die Gott lieben, alles zum Heil". "Herr, Gott, wie wunderbar ist Dein Name", Deine Vorsehung!

3. "Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Heil." Also gibt es für mich nichts Vorteilhafteres und Wichtigeres, als mich ganz in Gottes Hand und Gottes heiliges Wohlgefallen zu geben. "Wer sein Leben findet, der wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert (hingibt), der wird es finden" (Matth_ 10, 39).

Alles ist für mich von einer göttlichen Weisheit erdacht, ersonnen, zugedacht, zugemessen, abgewogen, bestimmt und angeordnet und alles in meinem Leben wie in jedem Augenblick desselben wirkt für mich, zu meinem ewigen Heile, nach der Anordnung einer göttlichen Weisheit und einer göttlichen Liebe zusammen. Wie würde ich viele Dinge in meinem Leben, die Menschen, die Schwierigkeiten usw., ganz anders anschauen, mich mit allem versöhnen, ja freudig alles Harte und Bittere im Leben begrüßen und bejahen, wenn ich lebendig glaubte, daß der Vater mir alles in Liebe zugedacht hat und daß Er alles lenkt!

Daß auch ich ein "infans" wäre, ein Kind, das wie die Unschuldigen Kinder sich ganz der Hand Gottes übergeben würde; ein Kind, das nicht über sich selber verfügt, keine Pläne macht, nichts anordnet und bestimmt außer in der völligen Untera werfung unter das Wohlgefallen und die Fügung Gottes; ein Kind, das nichts fürchtet, nichts verlangt, sich um nichts ängstlich sorgt, sondern blind sich der Hand des Vaters im Himmel überläßt, in der heiligen, vertrauenden, dankbaren, jubelnden

H. DIE HEILIGE WEIHNACHTSZEIT

2.D as zwei te Hochfest der Weihnach tszei t:

Epipha_nie.

200 Ir. Die heilige Weihnachtszeit: \Veihnachten. Liebe zu Gott und zu Seinem heiligen Willen und Wohlgefallen! Geistliche Kindheit. "Aus dem Munde eier Kinder bereitest Du Dir Ehre" (Introitus). "Lass~t die Kleinen zu Mir kommen, ihrer ist das Himmelreich" (Mark_ 10, 14).

Ge b e t.

Gott, am heutigen Tage haben die Unschuldigen KineIer Dein Lob verkündigt, nicht durch Worte, sondern als Martyrer durch den Tod. Ertöte in uns alle Verderbnis der Sünde, damit wir den Glauben an Dich, den - unsere Zunge bekennt, auch durch sittlichen Wandel im Leben betätigen. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Einführung.

Ursprünglich das eigentliche Fest der Geburt des Herrn, ist das Fest der Erscheinung älter als Weihnachten. Heute ist es das zweite Hochfest der Weihnachtszeit- In dem Fest der Erscheinung wird Weihnachten vollendet: der in der Stille der Nacht, in der Abgeschiedenheit des Stalles, in der Schwachheit des Kindes unbemerkt in diese Welt eingetreten ist, erscheint "in der Herrlichkeit" Seines Gottkönigtums, um zu herrschen, um König zu sein. Durch die Passion und die Auferstehung ist "Er in Seine Herrlichkeit eingegangen" (Luk. 24, 26), d. i. auch als Mensch zum Herrn und König des Alls gesetzt. Als der Herrscher, als der König hält Er heute in Seiner Stadt, der Menschheit, der heiligen Kirche Seinen Einzug unel feiert mit eier Menschheit, Seiner Braut,' das Fest der Vermählung, der Allmacht und Herrschaft Seiner Liebe zu uns Menschen. Zu diesem Hochzeitsfest beruft Er in den drei Weisen aus dem Osten alle Völker der Erde: alle sollen wir am Hochzeitsmahle der ewigen "Herrlichkeit" teilhaben. Der Weg zu diesem Hochzeitsmahle führt über das Mahl der heiligen Eucharistie, in dei- Stadt des großen Königs, in der heiligen Kirche.

Erscheinung, Epiphanie, ist das Fest des Offenbarwerdens der Herrlichkeit der Gottheit und des Königtums des Kindes der Krippe. Sie wird im Sinne der heiligen Liturgie offenbar in der Berufung der drei Weisen, d. i. der Völker, der Heielen. Sie wird offenbar in dem Zeugnis, das der Vater bei der Taufe Christi für J c!sus ablegt: "Dieser ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe." Sie wird offenbar in dem ersten öffentlichen Wunder, elas der Herr auf der Hochzeit zu Kana wirkt, da Er das Wasser in Wein verwandelt.

204 I I. Die heilige WeihnachtszeIt: Epiphanie.

Erscheinung 'weist deutlich auf das Erscheinen des Herrn zum Weltgerichte hin. Das Kind von Bethlehem wird dereinst als der König des Alls und als der Richter aller "in großer Macht und Herrlichkeit" (Matth. 24, 30) wiederkommen (Parusie)_ Alle werden Ihn anerkennen und Ihm die Kniee beugen und bekennen, daß Er der Herr ist, der Kyrios (Phi1. 2, 10). Wir nehmen in der heiligen Liturgie der Epiphaniezeit diese Huldigung voraus.

In den drei Weisen kommen wir, um dem Herrn und König zu huldigen. Vlir kommen, um in der Gemeinschaft der heiligen Kirche Christo, dem Herrn, huldigend, uns hingebend vermählt zu werden. In dem Hochzeitsmahl der Eucharistie lassen wir uns von dem Geiste, der Kraft, dem Leben und den Gesinnungen des Herrn erfüllen und so in Seine "Herrlichkeit" aufnehmen. Also von Seinem Geist und Wesen erfaßt und erfüllt, werden wir selber eine lebendige Erscheinung und Offenbarung, eine Epiphanie der Herrlichkeit, d. i. der Kraft, eies heiligen, himmlischen Lebens Christi des Herrn.

Der Christ ist eine sichtbare Epiphanie des Herrn.

In ihrer Vollendung tritt uns diese Erscheinung des Herrn in den Heiligen entgegen. Sie sind der heiligen Liturgie die konkrete, greifbare, praktische Darstellung des Geistes des Herrn, Brechungen des einen großen Lichtes, das an Epiphanie über der Kirche aufgegangen ist, und das ihnen jetzt im Bethlehem des Himmels unverhüllt leuchtet und sie erfüllt. "Sie leuchten wie die Sonne im Reiche ihres Vaters" (Matth. 13, 43)'

5. Januar: Vigil von Erscheinung_ H eil i g e s S c h w e i gen.

1. Morgen feiern wir Epiphanie, den festlichen Einzug eies Königs und Herrn in Seine Stadt, in Sein Reich, d. i. in die Menschheit, in die Kirche, in die Einzelsee1e. Er will, Er muß König sein. Herades, der Feind, ist tot (Evangelium der Vigil). Nun ist der Weg für den König frei.

2. "Tiefstes Schweigen hielt alles umfangen. Die Nacht hatte in ihrem Lauf die Mitte ihres Weges erreicht. Da kam, 0 Herr, aus dem Himmel vom Königsthrone herab Dein allmächtiges Wort" (Introitus). Das Göttliche kommt in der Stille, im Schweigen. Friede, heilige Stille muß herrschen. In der Gemeinschaft, in den Herzen jedes einzelnen. Der Mund, die Augen, das Herz, die Neigungen, Triebe, Leidenschaften müssen schweigen. Dann hält das Göttliche seinen Einzug und feiert dort Erscheinung. So steigt Gottes Wort vom Königsthrone herab. Aber fernab von dem Lärm und Getriebe der lärmenden, mit Fremden überfüllten, unruhigen Stadt Bethlehem. Im Schweigen der reinen, von jeder ungeordneten Regung und jeder Leidenschaftlichkeit freien Jungfrau Maria kehrt das Göttliche ein. "In pace locus Eius - In der Stille, da wo Ruhe ist, ist Sein Aufenthalt" (Ps. 75, 3). So ist es heiliges Gesetz der Heilsordnung.

"D e r Her r ist K ö ni g, mit Hoheit hat Er sich umhüllt, dem Herrn dient Heldenkraft als Kleiel und Gurt" (Introituspsalm). Im Stall, in der Krippe, in dem Gewand der Armut, der Verborgenheit, der Hilflosigkeit und Schwachheit ist Er der König, der Starke. Stark zum Werke unserer ErIÖ!l,ung, unserer Erhebung aus dem Sumpfe der

206 11. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie.

Sünde, aus eier Gewalt Satans, des Fürsten dieser Welt. Stark zum Werk unserer Erhebung zur Höhe der Gotteskindschaft, des Mitbesitzes des Lebens Gottes, der Herrlichkeit, die Jesus sich durch Sein Leiden und Seine Erniedrigung erworben hat. Wir lassen uns von Ihm ergreifen und in die Niedrigkeit Seiner Armut, Seiner Demut, Seines Gehorsames, Seiner Schwachheit hineinziehen. Dann wird Er König in uns. Dann, sind wir stark. "Das, was nichts ist vor der Welt, hat Gott erwählt, um das, was etwas zu sein glaubt, zu beschämen. Und das, was der Welt als schwach gilt, hat Gott auserwählt, um das Starke zu beschämen. So soll kein Mensch sich vor Gott rühmen können" (I Kor. I, 27). "Wenn ich schwach bin, bin ich stark" (2 Kor. 12, 10).

3· Vigil von Erscheinung. Ein Tag heiligen Schweigens und stiller Erwartung. Das Göttliche wie jedes wahrhaft Große naht sich dem Menschen im Schweigen, in der Stille und Einsamkeit.

"Als Herodes gestorben war, erschien dem Joseph in Ägypten im Traume der Engel des Herrn und sprach: "Stehe auf, nimm das Kind und Seine Mutter und ziehe in das Land Israel. Da stand er au f, nahm das Kind und Seine Mutter und kam in das Land Israel" (Evangelium). Im Schweigen der Nacht erfährt der hl. Joseph die freudige Nachricht, daß die Zeit der Verbannung in Agypten beendet ist. Im Schweigen ist die Seele wach für die Eingebungen und Erleuchtungen des Herrn. Im Schweigen ist sie stark, unverzüglich sich dem erkannten Willen Gottes zu beugen, ohne Unruhe, ohne Neugierde, ohne Angst oder Bedenken. "Da stand er auf, nahm das Kind und Seine Mutter und ging in das Land Israe1." Wie ganz anders die ausgegossene Seele, die neugierige Seele, die zerstreute Seele I

Vigil von Erscheinung! Eine Vigil, eine Nachtwache ist unser christliches Leben. In Zurück-

8. Januar: Vigil von Erscheinung. 207

gezogenheit, in Gebet, in ganzer Loslösung von den Erelendingen und Erdengenüssen, von der Welt und dem, was sie bietet, harren wir eier Erscheinung der Herrlichkeit eies Herrn entgegen, wenn sie um in unserer Todesstunde aufleuchten wird. M itten in der Nacht, da, wo wir nicht daran denken, wird Er kommen, um uns in Seine Herrlichkeit heimzuholen, zur ewigen Vermählung und Hochzeit im Himmel. Glücklich wir, wenn wir in stetem Schweigen, d. i. in steter Abkehr von der Unruhe und den übermäßigen Sorgen und Geschäften des Erdenlebens, die brennende Ampel in der Hand, dem kommenden Herrn entgegengeharrt haben!

Vigil von Erscheinung! Am Ende der Weltzeit wird Er kommen, in Macht und Herrlichkeit. Da wird Er auch unsern armen Leib zum Leben erwecken und Seine Getreuen, die gesamte Kirche, Seine Braut, heimholen, zum Mitbesitz und Mitgenuß der Herrlichkeit, die Er vom Vater empfangen. Was kann und darf unser christliches Leben anders sein als ein stetes Harren, als ein Ausschauen nach der Erscheinung des Herrn, eine dauernde Vigil von Erscheinung? So steht die Kirche da, immerfort das Auge und das Herz nach oben gerichtet, flehentlich bittend, daß Er komme, die Braut heimzuführen! Wie wenig denken wir an die Erscheinung des Herrn! Wie wenig leben wir im Sehnen nach der Erscheinung Seiner Herrlichkeit! Allzusehr sind wir im Banne des Zeitlichen, des Diesseitigen, unserer Mutter Kirche so unähnlich!

Ge b e t.

Allmächtiger, ewiger Gott, lenke unser Tun nach Deinem heiligen Wohlgefallen, damit wir im Namen Deines vielgeliebten Sohnes überreich werden an guten Werken, der mit Dir lebt und regiert in der Einheit des Heiligen Geistes Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen .

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20S Ir. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie.

Fest der Erscheinung Christi.

"Werde Licht!"

1. Die heilige Weihnacht hat uns das "Neue Licht" gebracht. Wie nach Weihnachten die Sonne gleichsam sich aufs neue erhebt, so steigt in der Feier der heiligen Liturgie in der Zeit nach Weihnachten die geistige Sonne, Christus, höher und beginnt, die W eh zu erleuchten und mit ihrem Segen zu beglücken.

2. "Surge Ierusalem - Jerusalem, Kirehe, e r heb e die h. Du sollst dich freuen, und von Freude überströmen" (Epistel). Und die Kirche jubelt. Es ist, als könnte sie sich an der Herrlichkeit des Herrn nicht satt sehen. Es ist, als erlebte sie .sehge Taborstunden wie einst Petrus, Jakobus und Johannes. "Herr, hier ist gut sein" (Matth 17, 4). Heiliger Optimismus erfüllt das Herz der Kirche. Wohl sind mancherorts die Verhältnisse für die Kirche in unsern Zeiten wenig erfreulich, fast entmutigend. Man erträgt die Kirche nicht mehr. Man will sich von ihr keine Vorschriften und Bindungen mehr gefallen lassen. Man weist ihre Lehre, ihre Sakramente, ihr Priestertum, ihren Anspruch auf die Seelen zurück. Man verlangt von ihr, daß sie sich dem Zeitgeist anpasse, daß sie ihr bisheriges Dogma verleugne. Und weil sie das nicht tut, deshalb kehrt man ihr den Rücken. Viele wandern von ihr ab. Eine Menge von Schriftstellern aller Gattungen ist eifrig am Werk, dem Volk die Kirche zu verleiden, sie vor dem Volk verächtlich zu machen und in den Kot zu ziehen. Die Kirche 'ist heute der Stein des Anstoßes geworden. Sie ist vom Herrn für j edes Volk bestimmt, daß es durch sie gerettet und glücklich werde: und sie stößt man hinausl Wie mag die Kirche heute inmitten des Unglaubens und des Abfalls, der Gottlosigkeit noch jubeln, noch optimistisch denken, noch ihre alten Lieeler singen wie einst in den Zeiten des Glaubens?

Fest der Erscheinung. 209

"S i ehe, F Ins t ern i s be d eck t die Erd e und Nacht die Völker, über dir aber, Kirche, ist der Herr aufgegangen, und Seine Herrlichkeit wird 111 dir geschaut." Das ist die Botschaft des Epiphanietestes. Epiphanie enthüllt der Kirche Wesen und Geheimnis: sie ist nicht eine bloße menschliche Größe. In ihr lebt der Herr, der menschgewordene Gottessohn. In ihr und nirgendwo anders ist Er erschienen. Wer Ihn finden will, muß Ihn im Bethlehem der Kirche suchen. In Seiner Kirche lebt Er und wirkt Er Sein Erlösungswerk an der Menschheit weiter. Je demütiger, gläubiger einer mit der Kirche lebt, um so sicherer hat er Anteil an Christus und Seiner Erlösung. Das ist die Frohbotschaft der Epiphanie: In der Kirche und llur in ihr ist der Herr erschienen. Die Kirche ist nicht nur die Stellvertreterin Christi, sie ist die sichtbare Erscheinung Christi. Sie ist der durch die Geschichte der Menschheit wandernde, die Menschen erlösende Christus. "Sie fanden das Kind mit Seiner Mutter." Durch Maria bekommen .die Weisen aus dem Morgenland das Kind zu sehen, zu hebkosen_ Nur durch M aria. Maria aber ist die Kirche. Durch sie erhalten wir Christus und Sein Heil. "Die Herrlichkeit des Herrn ging strahlend über dir auf, 0 Kirche. Denn sieh, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker: über dir aber geht (als die Sonne) der Herr auf, und Seine Herrlichkeit erscheint in dir. Völker wandeln in deinem Lichte und Könige im Glanze deines Aufganges. Erhebe deine Augen und schaue ringsum: sie sammeln sich und kommen zu dir" -(Epistel). Bei dir, bei dir allein finden sie Christus, das Heil. "Siehe, Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Zeiten" (Matth. 28., 20). "Die Mächte der Hölle werden sie nicht überwältigen" (Matth. 16, 18). Der Herr ist im Schifflein Petri, im Schiffle in der Kirche. Wenn es an der Zeit ist. gebietet Er den Wogen und Stürmen. Baur. Werde Lieht I 1. 14

210 11. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie.

Darum feiert die Kirche, ohne Angst, ohne Ver· wirrung. Sie weiß um ihr Geheimnis.

3. "Seine Herrlichkeit wird in dir geschaut Kirche." Er läßt sie in der Kirche ausstrahlen als "die Herrlichkeit des Eingeborenen vom Vater voll der Gnade und Wahrheit" (Joh. I, 14). Wit die Sonne in der Frühe aufgeht und die Nach' verscheucht, so geht Christus die geistige Sonnt über der Kirche auf. Ringsum Nacht, Irrtum, Fin· sternis, Unsicherheit. In der Kirche aber leuchte uns die Sonne der Wahrheit und des Lebens ,,\Ver Mir nachfolgt, wandelt nicht in der Finster· nis, sondern wird das Licht des Lebens haben.' (Joh. 8, 12).

Wir teilen den Optimismus der Kirche und ihre!

Liturgie So sehr wir den Schmerz der Kirche mitempfinden, ebenso teilen wir ihren unerschütter· lichen Glauben: "über dir ist der Herr aufge gangen. Seine Herrlichkeit wird in dir geschaut.' "Ecce advenit dominator Dominus - Siehe, dei Ge1:)ieter, der Herrscher ist da" (Introitus), ir Seiner Kirche. "Der Herr ist in ihrer Mitte, si( hat nichts zu fürchten" (Ps. 45, 6). Wir erkenner und sehen den Herrn in Seiner Kirche. Er durch lebt sie. Er hält sie. Er leitet sie sicher durch all( Stürme und Wellen. Epiphanie! Uns ist das Weser der Kirche aufgegangen: Christus in ihr.

Ge b e t.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott. Was wir ir festlichem Gottesdienste feiern, laß durch das Ver· ständnis eines geläuterten Geistes unser eigen wer· den. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Fest der Erscheinung Christi.

Dem Herrn vermählt I

I. Christus ist in Seiner Kirche. Er ist als die Sonne "über ihr aufg-egangen". Noch mehrl Er

Fest der Erscheinung.

211

ist mit Seiner Kirche eins geworden: ein Wesen, ein Gnadenorganismus, sie beide "e i n e mystische Person", wie die Theologen sich ausdrücken.

2. "H 0 die co eie s t i s p 0 n s 0 i une t a es t E c c I e s i a - Heute ist dem himmlischen Bräutigam die Kirche vermählt worden"; denn im Jordan (Taufe Christi) wusch Christus ihre Sünden ab. Es eilen die Magier mit Geschenken zur Königshochzeit und an den aus dem Wasser gewordenen Wein laben sich die Gäste" (Antiphon zum Benedictus). Ein Hochzeitsbild! "Erhebe ringsum deine Augen, Kirche, und schau! Sie alle versammeln sich und kommen zu dir. Deine Söhne kommen von der Ferne und deine Töchter erheben sich von allen Seiten. Da wirst du schauen und von Freude überströmen" (Epistel des Festes). Eingangstor in die heilige Kirche ist die Taufe (Erster Sonntag nach Erscheinung). Die letzte Höhe des Epiphaniegedankens der heiligen Liturgie ersteigen wir im Evangelium des zweiten Sonntags nach der Erscheinung: im Evangelium von der Hochzeit zu Kana: die Völker treten durch die heilige Taufe in die heilige Kirche ein, um mit dei Kirche, durch sie und in der Gemeinschaft mit ihr Christus, dem Herrn, vermählt zu werden und am Hochzeitsmahl teilzunehmen. Zunächst am Hochzeitsmahl der heiligen Kommunion. Endgültig am Hochzeitsmahl im Kana des Himmels. Dort erleben wir vollkommene Epiphanie, Erscheinung des Herrn. Epiphanie ist Vermählung. Darum nimmt die Kirche in der Matutin des Festes das Brautlied in den Mund: "Ich frohlocke und freue mich im Herrn und es jubelt meine Seele in meinem Gott: denn Er hat mich mit dem Gewande der Gnade bekleidet und mit dem Kleide der Gerechtigkeit mich umhüllt, gleich der Braut im Brautgeschmeide" (Is. 61, 10). Das ist das Geheimnis der Kirche, unser eigenes Geheimnis und unsere Größe: Die Kirche und mit ihr und durch sie wir

14*

212 11. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie.

selbst, sind in die Lebenseinheit mit ChfiStuS aufgenommen. Wir gehören zu Christus. Der ganze Christus ist Er und wir zusammen, in heiliger Vermählung. Die irdische Vermählung kann nur eine Einheit des Strebens, des Willens, der Liebe und des Ineinander-Aufgehens schaffen. Die Vermählung Christi mit Seiner Kirche und mit uns ist die Einheit des Hauptes mit den Gliedern, des \Neinstockes mit den Rebzweigen, eine innere Einheit des Lebens. Himmelhoch erhaben über die Einheit der irdischen Vermählung. Christus und Seine Kirche, Christus und wir leben ein und dasselbe Leben. Welche Gnade! Welche Größe! "Gaudens gaudebo - I eh frohlocke und freue mich im Herrn und es jubelt meine Seele in meinem Gott":

Ich bin in das Leben, in die Person Christi aufgenommen, eins mit Ihm, in der heiligen Kirche und durch die heilige Kirche.

"E r heb e dei n e Au gen und sc hau e." Erkenne das Geheimnis: Christus, der Herr selbst ist es, der in der Kirche lebt und wirkt. Sein göttlicher Geist beseelt die Gläubigen und verbindet sie mit sich und in sich zum Leibe Christi. Es ist Sein Geist, der als das Lebensprinzip der Kirche durch sie, Seinen Leib, Sein Organ, Seine Erlösertätigkeit an der Menschheit ausübt. Die Kirche ist Er selbst, Sein Leib, die sichtbare Erscheinung Christi auf Erden. Sie ist nicht eine Zwischeninstanz zwischen Christus und der Seele, nicht eine neue Mittlerschaft zwischen Gott und' den Menschen, sie ist nur die Form, in welcher Christus, der Mittler und Erlöser, an uns Menschen herantritt und Sein Erlösungswerk verwirklicht. Sie ist eine immerwährende Epiphanie, Erscheinung des Herrn. Sie ist von Christus und Seinem Geist und Wesen so wenig zu trennen wie der lebendige Leib von der Seele. Trotz ihrer menschlichen Erscheinung ist sie in die Sphäre des Göttlichen hinaufgehoben. In ihr, in ihrem

Fe~l der Erschemung.

213

Priestertum, in ihrer Lehre, in ihrem Wirken erkennen wir Christus, Christi Priestertum, Christi Wahrheit und Gnade, Christi Gewalt und Autorität. "Wer euch hört, hört Mich" (Luk. 10, 16).

3. "Ecce advenit Dominator Dominus - Siehe, der Gebieter, der Allherrscher ist da. In Seiner Hand ruht Königsrnacht, Gewalt und Weltherrschaft" (Introitus). Er, der Gott-König, hat sich liebend Seiner Kirche vermählt. In der Kirche hat Er Sein Leben zu unserem Leben, unser Leben zu Seinem Leben gemacht. Er lebt in der Kirche, Er lebt in jedem von uns, den Kindern der Kirche. "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Rebzweige" (Joh. 15, 5). Der Weinstock lebt in den Zweigen, sie tragend, sie belebend, sie mit seiner Kraft durchströmend, sie im Leben erhaltend, stets fort nährend, ihnen Fruchtbarkeit verleihend. Die Zweige leben das Leben des Weinstockes mit. Das ist der Kirche, das ist unsere Größe! Werde Licht. "Jerusalem, die Herrlichkeit des Herrn ist über dir aufgegangen", Kirche, christliche SeeleI

"Ecce advenit Dominator Dominus!" Siehe, Er ist auch in jedem Glied der Kirche, im Nächsten. Der Nächste ist uns eine Epiphanie des Herrn, eine Erscheinung Christi. Christus sehen, ehren, lieben wir im Nächsten! Christus dienen wir im Nächsten. "Was ihr dem Geringsten der Meinigen getan habt, das habt ihr Mir getan" (Matth. 25,41).

"Ecce advenit Dominator Dominus." Klar steht der Liturgie die Stunde vor Augen, da der Herr in Seiner Herrlichkeit wiederkommen wird, um Seine Braut, die Kirche, die einzelnen Christen, zur seligen Vermählung im Himmel heimzuholen. "Erhebe dich, J erusalem, werde Licht!"

Ge b e t.

\Vif bitten Dich, allmächtiger Gott. Was wir im festlichen Gottesdie~st feiern, laß durch das Ver-

2 14 I I. Die heilig-e Weihnachtszeit: Epiphanie

stä ndllIS eines geläuterten Geistes unser eigen werden. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

6 Januar: Fest der Erscheinung Christi.

Der Allherrscher.

1. "Ecce advenit Dominator Dominus - Siehe, gekolllmen ist der Herrscher, der Herr: in Seiner Hand ruht das Königszepter, die Macht und die Allherrschaft" (Introitus). So steht es auf uem Obelisk des St.-Peter-Platzes in Rom in goldenen Lettern weithin sichtbar geschrieben: "Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat Christus ist Sieger, Christus ist König, Christus ist Allherrscher."

2. C h r ist u s ist K ö n i gin der G e s chi c h te der sichtbaren Schöpfung. "Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden" (Matth. 28, 18). "Ihm ist alles unterworfen" (Ps. 8, 8; Hebr. 2, 8; 1 Kor. 15, 27). Kraft dieser Machtfülle gründet Er Sein Reich auf Erden, die heilige Kirche. Er wählt und beruft Seine Jünger und Apostel und sendet sie, ausgerüstet mit Seiner M acht, zu lehren, sich die Geister autoritativ zu unterwerfen, und mit der Macht, zu binden und zu lösen. Er stirbt. In Seinem Tode und in Seiner Auferstehung besiegt Er den Tod, die Sünde, die Hölle, den Fürsten dieser Welt und stellt in sich jene Verklärung und Vollendung her, welcher die gesamte sichtbare Schöpfung entgegengeführt werden soll. Den Glanz der Verklärung, der Ihn einhüllt, wird Er dereinst über die Seinen ausströmen. Sein Sieg über Tod und Nacht und Hölle wird ihr Sieg sein. "Eine kleine Weile noch", und die ganze sichtbare Schöpfung soll Auferstehung feierll "und Seines Reiches wird kein Ende sein" (Luk. T, 33). Allen nahe zieht Er als der Erhöhte "alles an sich" (Joh. 12, 32), bis Ihm alles unterworfen sein wird (I Kor. IS, 24). "Alle Tage bleibt Er

Fest der Erscheinung. 215

bei den Seinen bis ans Ende der Welt (Matth. 28, 20), und wo zwei oder drei in Seinem Namen yersammelt sind, da ist Er in ihrer Mitte (Matth. 18, 20). Der König, alle Reiche und Stufen der Schöpfung mit Seinem Geiste durchherrschend. Was immer auf Erden sehnt und verlangt, ringt und strebt, arbeitet und streitet, trägt und duldet, glaubt und vertraut, das alles ist ausgegangen von Ihm, der als König alles leitet, durchherrscht, liebend schirmt, Seinen Geist in die Herzen sendet und die Seelen mit göttlichen Kräften durchwaltet. "Ecce advenit Dominator Dominus!" - "Kommt, laßt uns Ihn sehen, Ihn begrüßen, anbeten, Ihm dienen!"

Christus ist König in den Seelen. Er gibt der Seele die Anregungen und Impulse zum Guten. Er durchdringt den Geist mit Seinem Licht und unterwirft ihn machtvoll Seiner Wahrheit, dem Gesetz des heiligen Glaubens. Er herrscht im Gewissen und diktiert, belohnt, bestraft. Er legt dem Willen Sein Gesetz auf, nach dem er sich zu richten hat. Er führt und leitet die Schritte jeder Seele, in jedem Augenblick, mit sicherem Auge und festem Ar'Il. Es gibt keinen Zufall im Leben der Seele: alles hat Er III Seiner starken Hand. Wunderbar waltet Er in den Seelen, die Er zur ewigen Herrlichkeit berufen hat: mit Seiner allvermögenden Gnade erleuchtet Er das Auge, bewegt Er das Herz, gießt Er überirdisches Licht in den Geist, übermenschliche Kräfte in die Seele und entlockt Er dem Willen die kostbaren Früchte des Heiles. "Einem jeden von uns ist die Gnade in dem Maße verliehen, in dem Christus sie ausgeteilt hat. Von Ihm allS (Christus) wird der ganze Leib der Kirche durch den Dienst eines jeden zusammengefügt, und so vollzieht sich das Wachstum des Leibes, bis er in Liebe auferbaut ist" (Eph. 4, 7 16). Wie wundervoll erstrahlt die Macht Seines Köni~tums in den

216 11. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie.

Seelen unserer lieben Heiligen: sie sind der Triumph des machtvollen Waltens der Gnade Christi. Wie wird Sein Königtum erst aufleuchten am Tage des großen Gerichtes, da Er in Herrlichkeit und Majestät wiederkommen wird? Welches Entzücken, wenn .wir in der Ewigkeit den Glanz Seines Königtums unverhüllt, ewig schauen werden!

3· Christus, der König! Die ganze Schöpfung ist Sein Reich. Alle die Wesen im Himmel und auf Erden, sie gehören Ihm, dem Gott-König in der Krippe, im stillen Tabernakel. Alles ist Ihm unterworfen und zu Füßen gelegt, alles von Seiner Hand getragen und unendlich weise geführt. Wir glauben. Wir huldigen.

"Er ist das Ebenbild Gottes des Unsichtbaren, der Erstgeborene vor aller Schöpfung. Denn in Ihm ist alles geschaffen, was im Himmel und au f Erden ist, Sichtbares und Unsichtbares: alles ist durch Ihn und für Ihn erschaffen. Er steht an der Spitze von allem, und alles hat in Ihm seinen Bestand. Er ist auch das Haupt des Leibes, der Kirche. Er ist auch der Anfang, der Erstgeboren~ unter den Toten. So sollte Er in allem den Vorrang haben. Denn es war Gottes Wille, in Ihm die ganze Fülle (des göttlichen Lebens, der Gnade und Glorie) wohnen zu lassen Ulld durch Ihn alles mit sich zu versöhnen" (Kol. I 15 ff.). Wir glauben! Wir huldigen I

Gebet.

"Benedicite omnia opera Domini Domino _ Preist alle Werke des Herrn den Herrn, erhebt und lobt Ihn über alles in Ewigkeit. Des Herrn Engel, preist den Herrn, erbebt und lobt Ihn in Ewigkeit. Ihr Himmel, preist den Herrn, erhebt und lobt Ihn in Ewigkeit. Des Herrn Mächte alle, preist den Herrn, erhebt und lobt Ihn in Ewigkeit. Du Sonne und du Mond, lobpreise den Herrn, erhebt und lobt Ihn in Ewigkeit" (Dan. 3, 57 ff.).

Fest der Erscheinung.

217

Fest der Erscheinung Christi.

"Wir haben Seinen Stern gesehen."

I. Mit der heiligen Liturgie erleben wir heute das Offenbarwerden Christi in Bethlehem. "Als J esus zu Bethlehem geboren war, kamen Weise aus dem Morgenlande und fragten: ,Wo ist der neugeborene König der Juden?' Die Hohenpriester und Schri ftgelehrten antworteten ihnen: ,In Bethlehem im Lande Juda.' Sie machten sich auf ihren Weg. Sie traten in das Haus ein und fanden das Kind mit Maria, Seiner Mutter, fielen nieder und beteten es an" (Evangelium).

2. I n den W eis e n, die zur K I' i p p e g eruf e n s i n d, erkennen wir die Menschheit der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Zu allermeist uns selber. Wir sind es, die, von der erleuchtenden, aufweckenden und zuvorkommenden Gnade des Herrn angeregt, den Weg zu Christus gehen. Der heilige Glaube ist uns der Stern, der uns durch die Nacht und Not des Erdenlebens hindurchführt, so daß wir von der Bosheit des Herodes nicht beirrt und abgeschreckt werden. Alles ist Seine unverdiente Gnade. "Nicht ihr habt Mich erwählt, sondern Ich euch" (Joh. 15, 16). Seine Gnade hat uns Ihn finden lassen. Sie läßt uns Ihn immer wieder neu entdecken in den heiligen Evangelien, in der heiligen Kirche, in den heiligen Sakramenten, vor allem in der heiligen Eucharistie; in den unaufhörlichen Erfahrungen Seiner liebenden Nähe und Führung. Sie läßt Ihn uns immer noch I\ollkommener finden in uns selbst, den Weinstock in den Rebzweigen, das Haupt, das in den Gliedern wirkt und sie mit Seinem Leben erfüllt. Eine kleine Weile noch, dann läßt sich der Stern für uns endgültig nieder, und wir finden Jesus mit Maria, Seiner Mutter, thronend im Vollglanze Seiner Macht und Herrlichkeit 2m Rechten des Vaters. ,.Der Herr ist uns erschienen, kommt, laßt uns anbeten." Glück-

21 g I I. Die l,cilig-c Weihnachtszeit: Epiphanie.

I iche Stunde, in der wir Seine Herrlichkeit schauen dÜrfen, unverhüllt, unverlierbar, ewig! Dann ist Erscheinung des Herrn, die Vollendung der heiligen Weihnacht.

\Vir bejahen mit ganzer Seele unsere gnadenvolle Berufung. Wir bejahen freudig den Stern des Glaubens und folgen seinem Lichte und seiner Führung. W(r bejahen unsere heilige Taufe, die uns erstmals mit Christus verbunden hat. \ Vir bejahen unsere heilige Kirche, das gesegnete "Haus, in welchem wir das Kind und Seine Mutter" gefunden und stets wieder finden. Mit den Weisen des Morgenlandes verlassen wir, was uns die Erde an Annehmlichkeiten bieten möchte, gehen an allem vorbei, was uns vom Wege abziehen oder uns auf dem Wege zu Christus aufhalten könnte, und eilen Christo entgegen, Ihm unsere Gaben zu weihen; das Gold unseres Glaubens und unserer Treue, den vVeihrauch unserer Huldigung und Anbetung, die Myrrhe unserer Bereitschaft zu allen Mühen und Opfern, Pflichten, Leiden, Entsagungen, Kreuzen und Verdemütigungen.

3· "Wir haben Seinen Stern gesehen und sind gekommen, Ihn anzubeten." Er ist i\t[ ensch und Gott, in der Einheit der Person, der Sohn Gottes,

,der das Leben in sich hat (Joh. 5, 26). Ein und dasselbe göttliche Leben ist es, das dem Vater gehört und das auch die Menschheit Christi erfüllt. In dem Kinde, zu dem uns der Stern führt, wohnt "die Fülle der Gottheit leibhaftig" (Kot. 2, 9). Wir beten an.

Diese Fülle des göttlichen Lebens, das in dem Kinde der Krippe niedergelegt ist, soll sich von Ihm· auf uns, auf alle Menschen ergießen. Die Kindschaft Gottes, die Er von Natur aus besitzt, soll sich durch die Gnade bis zu uns erweitern, so daß Jesus, nach dem Plane Gottes, der "Erstgeborene unter vielen BrÜdern" (Röm. 8, 29) ist. Wir sind qUs Gnade Kinder Gottes, dasselbe, was Er

Sonntag m der Oktav von Erscheinung. 2 19

von Natur und durch Seine Geburt aus dem Vater ist. Wir empfangen die Kindschaft Gottes von Jesus und durch Ihn. Von Ihm und durch Ihn haben wir die Gnade und das ewige Leben. Christsein bedeutet also Teilnahme an Jesus Christus, Mitbesitz der Kindschaft Gottes durch Jesus und in Jesus, dem wir, wie die Glieder dem Haupte, angehören. Nur wer Christus besitzt, nur wer zu Ihm kommt, kann das Leben des Kindes Gottes, die Gnade und das ewige Leben haben. Uns hat der Stern des Glaubens, der Gnade Gottes zu J esus geführt. Nicht ob unseres Verdienstes oder weil wir dessen mehr würdig gewesen wären als andere: es ist reine Gnade und Erbarmung Gottes. Wir danken! "Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin" (1 Kor. 15, 10).

Wie sind wir reich in Christus, der uns erschi.enen und aufgegangen ist! Um so mehr flehen wir:

"Daß Du alle Irrenden zur Einheit der Kirche zurückführen und alle Ungläubigen zum Lichte des Evangeliums führen wollest I V/ir bitten Dich, erhöre uns."

Ge b e t.

Gott, Du hast am heutigen Tage den vom Stern geführten Heiden Deinen Eingeborenen geoffenbart. Führe uns, die wir Dich bereits durch den Glauben kennen, huldvoll bis zur Anschauung des vollen Glanzes Deiner Herrlichkeit. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Sonntag in der Oktav von Erscheinung.

J e s u 0 P f erg a n g.

I. Die Liturgie läßt uns heute Zeugen des ersten offiziellen Opferganges sein, zu dem der zwölfjährige Jesus nach Jerusalem hinaufpilgert. Er muß "in dem sein, was des Vaters ist". Er bringt sich dem Vater zum Opfer dar. Dann kehrt Er nacb

220 11. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie.

N azareth zu~ück und führt dort Sein Opfer im stillen Kreis der Familie weiter; "Er war ihnen untertan"; Gehorsam, Arbeit, Niedrigkeit. Zwanzig Jahre später vollendet Er Sein Opfer in Jerusalem, am Kreuze. Wir schließen uns dem Opfergange des Jesusknaben an, wie uns die Epistel mahnt: "Bringet euern Leib als lebendiges, heiliges, gottgefälliges Opfer dar: das sei euer vernünftiger Gottesdienst. "

2. ] e s uso p f e r t. Seit langen Jahrhunderten pilgern' sie aus allen Gauen des Landes nach J erusalem, um zu opfern. Ununterbrochen lodert die heilige Opferfiamme im Vorhof des Tempels. Immer neue Tiere werden geschlachtet und wird ihr Blut an den Brandopferaltar gespritzt. Aber an diesen Opfern hat Gott kein Wohlgefallen. Sie können den Menschen nicht entsündigen oder vor Gott gerecht machen. Sie können auch Gott keine würdige Verherrlichung verschaffen. Ein neues Opfer muß kommen und wird kommen. "So spricht der Herr: Geschenke (Opfer) will ich nicht aus eurer Hand. Vom Sonnenaufgang bis zum Niedergang wird Mein Name groß sein unter den Heiden und wird an jedem Orte (nicht bloß in Jerusalem) Meinem N amen ein Opfer dargebracht, ein reines Speiseopfer" (Mal. I, 10 11). Heute beginnt das neue Opfer: Der menschgewordene Sohn Gottes steigt, erstmals als vollj ähriger Israelite, den Tempelberg hinan und vollzieht da, unauffällig, unbeachtet, Sein Opfer. Er opfert mit Maria und ]oseph die unscheinbare Gabe der Armen: aber in diese Gabe legt Er Sein Innerstes hinein, Sein ganzes Ich, die Bereitwilligkeit zu allem, was der Vater von Ihm wünscht. "Siehe, Ich komme, um Deinen Willen zu erfüllen, 0 Gott" (Hebr. 10, 7). Ein heiliges Opfer, an dem der Vater Sein ganzes Wohlgefallen hat!

Je s u s ni m m tun sau f Sei n e m 0 p f e 1'ga n gern i t. "Ich ermahne euch, Brüder, bringet euern Leib als lebendiges, heiliges, Gott wohlgefäl-

Sonntag in der Oktav von Erscheinung. 22 I

liges Opfer dar. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst." Mit dem Opfer des Heilandes vereinigen wir das Opfer unser selbst. Im Opfergang der heiligen Messe geben wir alles. Wir machen unser Ich, Seele und Leib, zu einer "heiligen",· von Sünden reinen Opfergabe. Zu einer "vernünftigen", d. i. durchgeistigten, vom Geiste, von der Gnade, vom Glauben, von der heiligen Liebe beseelten Opfergabe. Unser Opfergang beginnt nicht erst in der heiligen Messe und ist mit dem Opfergang der heiligen Messe nicht abgetan: er umschließt das ganze tägliche christliche Leben. So sagt es uns die Epistel, wenn sie fortfährt: "Gestaltet euch nicht nach (den Grundsätzen, Anschauungen, Werken) der Welt, sondern wandelt euch um durch die Erneuerung eures Geistes." Ein "neuer Geist", Christi Geist, muß in uns einkehren und uns erfassen: daß wir das lieben, was Er liebt, hassen, was Er haßt, tun, was Er befiehlt und wünscht, un(] daß wir nach dem Beispiel leben, das Er uns gegeben hat. Im "neuen Geiste" verstehen, lieben und tun wir, was "Gott von uns wünscht, was gut, was vollkommen ist" (Epistel). "Bringet euern Leib als lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer dar". in engster Opfergemeinschaft mit dem sich heute in unserer Mitte und mit uns opfernden Herrn und Heiland.

3. Christsein heißt den Opfergang Jesu nach Jerusalem mitmachen, sich mit Ihm mitopfern lassen in der heiligen Messe, wie im täglichen Leben. "Ich habe euch ein Beispiel gegeben" (loh. 13, 15)·

"Bringet euern Leib als ein heiliges Opfer Gott dar." Unser Körper ist mehr als bloß der Kerker der Seele; mehr als bloß der Sitz aller Verdorbenheit und Sinnlichkeit; mehr als bloß die böse Materie, der Quell aller Sünden. Er hat die Ehre und die Aufgabe, eine heilige Opfergabe an Gott zu werden. Wir machen ihn durch den neuen Geist zu einer Hostie, die dann in der Auferstehung von

222 II. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie.

den Toten die große, ewige Konsekration erfährt. "Gesät wird in Verweslichkeit, auferweckt in Unverweslichkeit" (I Kor. 15, 42).

Ge b e t.

Schirme uns, Herr, die wir uns Deinem Dienste weihen, damit wir, den göttlichen Dingen ergeben, mit Leib und Seele Dir leben. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Sonntag in der Oktav von Erscheinung.

Christus der Gottkönig.

I. "Christus ist uns erschienen", der große GottKönig. Die heilige Liturgie führt uns heute zu Ihm, daß wir. Ihm huldigen. Er sitzt auf einem erhabenen Throne. Engel beten Ihn an. "Da, seht Ihn, dessen Reich (Herrschaft) ewig währt. Frohlocket Gott, ihr Lande all, dienet dem Herrn in Freude" (Introitus).

2. Wir be w und ern die Go t te seI' s ehe inun g im zwölf jährigen Knaben Jesus im Tempel. Er ist nicht, wie J oseph und M aria vermutet hatten, nach Nazareth zurückgekehrt. Er ist im Tempel zurückgeblieben. Da hat Er sich unter die ergrauten Gesetzeslehrer Israels gemischt und hat sie durch Seine Fragen und Antworten in Staunen gesetzt. "Alle staunten über Seine Weisheit und Seine Antworten." Auch Maria und Joseph "wunderten sich", als sie Ihn so im Tempel wiederfanden. Maria' redet Ihn an: "Kind, warum hast Du uns das angetan?" Sie erinnert Ihn an Seine Kindespflicht. Er aber erinnert die Mutter an die höhere Pflicht, die Ihn an den Vater, an Seinen Vater, bindet. "Wußtet ihr nicht, daß Ich in dem sein muß, was Meines Vaters ist?" Das erste Wort aus dein Munde Jesu, das uns die Evangelisten berichten. Das einzige aus Seiner Kindheit. Es spricht, wie Sein letztes am Kreuze, vom Vater, von Seinem

Sonntag in der Oktav von Erscheinung. 223

Vater. Eine Epiphanie, ein Aufleuchten, eine hellstrahlende Offenbarung Seines Bewußtseins, daß Er der wesensgleiche Sohn des Vaters ist. Ein Bekenntnis, daß Er dem Vater gehört, ganz dem Vater und Seinem Auftrag. Ein Bekenntnis zur vollkommenen Hingabe an den Vater und Seinen Willen. Der Knabe inmitten der Gesetzeslehrer, strahlend im Glanze einer nie dagewesenen Weisheit. Gottessohn' Und der Knabe, der Gottessohn, geht mit Maria und J oseph in die Verborgenheit nach Nazareth - und "war ihnen untertan". Ergriffen, anbetend, staunend steht die heilige Liturgie vor der Gotteserscheinung im zwölf jährigen Knaben. "Jubelt Gott, alle Lande, dienet dem Herrn in Freude. Tretet frohlockend vor Ihn hin: denn Er, der Herr, ist Gott" (Offertorium). Er kommt in dieser Stunde in unsere Mitte, in der Feier der heiligen Messe. Eine heilige Epiphanie auf dem Altar' "Seht Ihn, dessen Herrschaft in Ewigkeit währt."

Epiphanie soll und will das Fest der Huldigung an Christus, den Gott-König, 5 ein. Wir huldigen Ihm mit unserem Gebet, mit der Feier der heiligen Liturgie, zusammen mit der heiligen Kirche im Himmel und auf Erden. Wir huldigen Ihm mit unserer Einsicht und beugen sie dem Glauben an Sein Wort, an Seine Lehre, an Sein Evangelium, an Seine Kirche und ihr Dogma. Und wenn alle weggehen sollten, sprechen wir mit St. Petrus, wir bleiben Dir treu: "Du hast Worte des ewigen Lebens" (Joh. 6, 69). Wir huldigen Ihm mit unserem Willen, in der vollen Unterwerfung unter Sein Gebot, Seine Anordnungen, Seine Sakramente, Seine Kirche. "Wer Meine Gebote hält, der ist es, der Mich liebet" (Joh. 14, 21). "Wer euch (die Kirche) hört, hört Mich, wer euch verachtet, verachtet Mich" (Luk. 10, 16). 'Wir huldigen Ihm in der Unterwerfung unter Sein \Virken in uns und an uns, unter die Fügungen

224 11. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie.

und Schickungen, Heimsuchungen, VerdemÜtigungen, innern Reinigungen und Läuterungen, unter die Obliegenheiten und Pflichten des täglichen Lebens. Wir huldigen Ihm, indem wir das Gute, das wir vollbringen, nicht uns selber zuschreiben, unserer Kraft, unserem guten Willen und Streben, sondern mit dem Apostel bekennen: "Er ist es, der in uns das Wollen und Vollbringen wirkt" (Phil. 2, 13), und dankbaren Herzens sprechen: "Nicht uns, Herr, nicht um, sondern Deinem Namen gib die Ehre" (Ps. 113, I). Wir huldigen Ihm, indem wir die Mahnungen der heutigen Epistel ins Leben umsetzen, unsern Leib und unsere Seele zu einer lebendigen, heiligen Opfergabe an den Vater machen, uns umgestalten in den Geist und in das Bild Christi und in Wahrheit nur dem leben, was Gottes Wille ist, was gottgefällig, vollkommen ist, in der Gemeinschaft der heiligen Kirche.

3. Christus ist König. Das ist die Botschaft des Festes der Erscheinung, "Wir haben Seine Herrlichkeit gesehen" (Joh. I, 14), die Herrlichkeit des Königs, des Herrn, des Kyrios. Er hat sie sich durch Sein Opfer am Kreuze erworben. Ohne Opfer und Kreuz kann es deshalb auch für die Kirche, für den Leib und die Glieder Christi keine Herrlichkeit geben. "Mußte nicht Christus so (durch Leiden und Tod) in Seine Herrlichkeit eingehen?" (Luk. 24, 26.)

Darum bringen wir "unsern Leib", alles, was wir sind und haben als Opfergabe zum Altar. Wi'r teilen des Herrn Passion und Sterben: so gehen wir der Herrlichkeit entgegen. Opferung, Wandlung und Kommunion.

Wir bringen unsern Leib als lebendiges, heiliges, gottgefälliges Opfer dar. Nicht bloß in der Stunde der Meßfeier, sondern im Alltag, im praktiscben Leben. Wir gestalten uns nicht nach dieser Welt, sondern wandeln uns um durch die Erneuerung unseres Geistes. Wir prüfen, was Gottes Wille,

Fest der heiligen Familie.

225

was gut, gottgefällig und vollkommen ist. Wir leben insbesondere in dem Bewußtsein, daß wir alle zusammen ein e n Leib in Christus (in der Gemeinschaft der K i rehe) bilden, einzeln aber untereinander Glieder sind, in Christus Jesus unserem Herrn (Epistel). Wir leben dem Ganzen, der Gemeinschaft, dem Leib Christi. Das ist Huldigung an den Herrn. "Das ist Mein Gebot, daß ihr euch einander so liebt, wie Ich euch geliebt habe" (Joh. 15, 42).

Christus sei König über mich, über meine Gedanken, meinen Willen, meine Affekte, meine Neigungen, mein ganzes Tun und Lassen! Sein ·Wille in allem! Das sei mein Bekenntnis in der Mitfeier der heiligen Messe. Ich weihe mich Ihm, durch Ihn und in Ihm dem Vater.

Gebet.

Wir bitten Dich, 0 Herr, führe das Verlangen des demütig flehenden Volkes in himmlischer VatergÜte zum Ziele. Laß es erkennen, was zu tun ist, und gib ihm die Kraft, das Erkannte zu vollbring-en. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Fest der heiligen Familie ]esus, Maria und ]oseph.

Die ehr ist 1 ich e F ami I i e.

I. Die heilige Liturgie führt uns heute nach Nazareth, daß wir einen Blick in das Leben der heiligen Familie tun. Aus dem Schoße der Familie sind wir entsprossen, im Schoße der Familie herangewachsen, für das Leben in der Familie sind wir bestimmt, sei es in der natürlichen, sei es vor allem in der übernatÜrlichen Familie der heiligen Kirche (durch die Taufe) oder des Klosters (durch die heilige Profeß). So gehen wir alle nach N azareth, das Vorbild zu schauen und uns danach zu bilden.

2. Das Familienleben in Nazareth wird uns im heutigen Evangelium gezeichnet: die ganze DauT. - Werde I.icht: L 15

226 11. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie. Familie zieht hinauf in den Tempel in Jerusalern, das vorgeschriebene Opfer darzubringen. Maria und J oseph verlieren das Kind, suchen es mit Schmerzen und finden es endlich im Tempel wieder. Jesus ist Maria und J oseph untertan. Das Leben der Familie von N azareth ist gekennzeichnet durch den Eifer für die Religion und das Gebet, durch die Liebe, die Maria mit Joseph und sie beide mit dem Kinde verbindet, endlich durch den rührenden Gehorsam des Kindes, des Sohnes Gottes, gegenüber Maria und Joseph: "Er war ihnen untertan." Kommet und sehet, vergleichet und lernet!

Den Farn i I i eng eis tun d die Farn i I i e ntu gen den stellt uns die Epistel des Festes vor Augen. "Brüder, als Auserwählte Gottes, als Heilige (durch die heilige Taufe) und Geliebte ziehet an mitleidiges Erbarmen, Güte, Demut, Bescheidenheit, Geduld. Ertraget einander und verzeihet einander, wenn einer sich über den andern zu beklagen hat; wie der Herr euch vergeben hat, so sollt auch ihr tun. Vor allem aber habt die Liebe, sie ist das Band der Vollkommenheit. Und der Friede Christi (die Liebe zur Eintracht, wie Christus sie will: ,daß sie alle eins seien') frohlocke (triumphiere über alle Schwierigkeiten) in euern Herzen: denn dazu seid ihr ja als ein Leib berufen. Zeiget euch dankbar. In reicher Fülle wohne,Christi Wort (Christi Lehre, das Evangelium) in etlch. Belehret euch und mahnet einander in aller Weisheit."

3· Ein leuchtendes Vorbild! Kostbare Unterwei-' sungen! Das genügt der heiligen Liturgie nicht. Sie öffnet uns auch die Quellen der Kraft, die für das christliche Familienleben notwendig ist - im Opfer der heiligen Messe, im Opfermahl der heiligen Kommunion und im Gebet.

Ein kostbares Gut für die natürliche wie für die geistliche Familie ist der Familiensinn, sind die Familientugenden: der Wille und das ehrliche Bemühen, daß wir mit den andern ein Herz und

In der Oktav von Erscheinung. 22>

ein e Seele seien, in aufrichtiger Liebe, in wirklichem Wohlwollen ihnen zugetan, jedes ertragend, jedem alles verzeihend, jedem dienend, uns ganz im Dienste der Gemeinschaft verzehrend und in das Gemeinsame einfÜgend, alles meidend, was die Liebe, das gegenseitige Sichverstehen, das gegenseitige Vertrauen beeinträchtigen müßte. Der christliche Familiensinn verlangt Opfer, den Verzicht auf viele eigene Wünsche, eine beständige Abtötung, und, soll er vollkommen sein, die überwindung der Eigenliebe. Er verlangt eine hohe Tugend, eine ernste, tiefe Frömmigkeit, einen lebendigen Glauben und viel Gebet und Gottvereinigung.

Ge b e t.

Herr, wir bringen Dir das Opfer der Versöhnung dar und bitten in Demut, Du wollest durch die Fürsprache der jungfräulichen Gottesmutter und des h1. Joseph unsere Familien in Deinem Frieden und in Deiner Gnade befestigen. Amen.

Herr Jesus Christus, Du warst Maria und Joseph untertan und hast das häusliche Leben durch unaussprechliche Tugenden geheiligt; laß uns unter dem Beistand der bei den durch das Vorbild Deiner heiligen ·Familie unterwiesen werden und die ewige Gemeinschaft mit ihr erlangen. Amen .

. Erster Tag der Oktav von Erscheinung.

H eil i g e Gab e n.

I. Die drei \Veisen öffnen ihre Schätze und opfern. In diesem Vorgang erkennt die heilige Liturgie den Opfergang, den die heilige Kirche und den mit der Kirche wir täglich in der Feier der heiligen Messe machen. Von der Kirche, von uns. singt das Offertorium des Festes der Erscheinung:

"Die Könige von Tharsis und den Inseln nahen opfernd mit Gaben; die Könige von Arabien und Saba kommen herbei mit Geschenken. Ihn beten an alle Könige der Erde, und alle Völker dienen 111m."

1;) •

228 II. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie.

2. In den Gab e n, die ehedem die Gläubigen beim Opfergang der Messe zum Altare brachten und die heute der Priester im Brot und 'Nein im Namen der opfernden Kirche zum Altare bringt, geben wir uns selber als Opfergabe an Gott hin: die Opfergabe ist ja naturhaft steUvertretend für den, der sie opfert. Wir opfern Gold, das Beste und Kostbarste, was wir haben: unser Ich, unser Herz mit seinen Wünschen und Neigungen, unsern Willen, unsere Freiheit und Selbstbestimmung. "Siehe, ich komme, Deinen Willen zu tun" (Hebr. 10, 9). Ihm gehört alles, was wir sind und haben. Wir opfern Weihrauch: wir anerkennen und beten Ihn an als unsern Gott, unser alles. Unser Leben soU ein Leben des Gebetes und der immerwährenden Erhebung unserer Gedanken und Affekte zu unserem Herrn und Gott sein, ein "sursum corda" "aufwärts die Herzen". "Laß mein Gebet wie Rauchwerk vor Dein Angesicht kommen" (Ps. 140, 2). Wir opfern Myrrhe: wir entsagen, wie die Weisen tn der Krippe, der ungeordneten Anhänglichkeit , n Fleisch und Blut, verlassen Vater und Mutter, Il-.ll Ihm zu leben. Wir entsagen der ungeordneten Hingabe an die Güter und Genüsse des Erdenlebens und teilen freiwiUig die Armut des Gottkönigs in der Krippe. Wir wählen ein Leben der bewußten Abtötung des innern und äußern Menschen und weihen Ihm diesen unsern WiUen. "Ein Myrrhenstrauß ist Mir Mein Geliebter" (Hohe!. I, 12).

I n der he i I i gen W a n d lu n g ist unsere Gabe .von Brot und Wein der lebendige Christus geworden. "Herr, schaue gnädig auf die Gaben Deiner Kirche. Sie bringt Dir nicht mehr Gold, Weihrauch und Myrrhen dar, sondern Ihn se1bs~, den diese Geschenke versinnbilden, der jetzt unser OpfeJ; und unsere Speise wird, Jesus Christus, Deinen Sohn, unsern Herrn" (StiUgebet). Da nimmt die Kirche und nehmen wir in der Gemeinschaft der opfernden Kirche diese "reine, heilige, makellose Opfergabe"

In der Oktav von Erscheinung. 219

in die Hand und bringen sie dem· Vater dar: das Gold der göttlichen Person des Eingeborenen vom Vater, den Weihrauch Seiner unendlich heiligen, Gottes vollkommen würdigen Anbetung, Huldigung, Lobpreisung, Danksagung und Verherrlichung, die Myrrhe Seines in heiligster Liebe zu Gott und zu uns Menschen erduldeten Todes am Kreuze. Mit dieser hochheiligen Opfergabe geben wir Gott, was Gottes ist (Matth. 22, 21). "Durch Ihn und in Ihm und mit Ihm ist Dir, Gott, alle Ehre und Verherrlichung" (Kanon der heiligen Messe), uns die Verzeihung der Schuld und die Fülle jeglicher Gnade.

3. "Die Könige von Tharsis und den Inseln, die Könige von Arabien und Saba nahen opfernd mit Gaben." Wieviel haben diese es sich kosten lassen! Wieviel haben sie hingegeben und verlassen, um dem Herrn opfern zu können! Wieviel Glauben und Opfersinn haben sie mitgebracht! Und mit wieviel Freude haben sie ihr Bestes gegeben! Und wenn wir zur heiligen Messe kommen zu opfern? Was geben wir denn eigentlich? Haben wir wirklich je einmal alles gegeben: unsern ganzen Willen, ohne Vorbehalt? Jeden eigenen Wunsch, jedes eigene Verlangen, um nur und allein nach Seinem Gebot, Willen und Wohlgefallen zu leben? Haben wir wirklich geopfert, alles gegeben, auf alles verzichtet, so wie der Herr es von uns verlangte?

Opfern, den Opfergang der heiligen Messe mitmachen, kostet mehr als bloße Worte und Gebetsformeln. Was wir im Opfergang der heiligen Messe und in der heiligen Wandlung tun, ist nur ein Anfang, der erste Schritt. Wir kehren in den Alltag zurück. Aber "auf einem andern Wege". Die drei Opferer in Bethlehem kehren "auf einem andern Wege" in die Heimat, in den Alltag, zurück. Sie sind neue Menschen geworden. Sie brechen mit den alten Wegen, der bisherigen Art und der bisherigen Gesinnung. Das wahre Mitopfern der heiligen Messe schafft einen neuen Geist, einen neuen Menschen.

230 I I. Die heilige Weihnachtszeit Epiphanie.

Er tritt in den Alltag hinein, entschlossen, seinem Herrn und Heiland alles zu opfern. Er erkennt den Herrn in seinen Brüdern und Schwestern, in allen, mit denen er zu tun hat. Er tut die Schätze seines Herzens auf und weiht den Gliedern Christi seine Liebe, seine Zeit, sein Talent, seine Kraft, seinen Arm. Er weiht ihm, wo er ihn in Not sieht, den gebührenden Anteil an seinen Gütern und öffnet ihm bereitwillig, freigebig seine Hand. In den Werken der Liebe zu den Armen, den Enterbten, den Gebeugten, den Kranken, den seelisch WundeIl beweist er, daß es ihm mit seinem Opfergang in der heiligen Messe ernst gewesen ist. Und wir?

Ge b e t.

Wir bitten Dich, 0 Herr, schau gnädig auf die Gaben Deiner Kirche (Brot und Wein). Sie bringt Dir in ihnen nicht mehr Gold, Weihrauch und Myrrhe dar, sondern Ihn selbst, den diese Geschenke versinnbilden, der jetzt unser Opfer und unsere Speise wird: Jesus Christus, Deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Zweiter Tag der Oktav von Erscheinung.

Der G 0 t t e s s t ern.

I. Zum Empfang der heiligen Kommunion legt uns die Liturgie des Festes der Erscheinung die Worte der drei Weisen in den Mund: .,Wir haben Seinen Stern gesehen und sind gekommen, Ihn anzubeten." So gewinnen diese Worte eucharistischen Sinn und Inhalt.

2. "W ir hab e n Sei ne n S t ern ge s ehe n."

Im Stern erkennt die heilige Liturgie die heiligste Eucharistie. "Wir haben Seinen Stern gesehen", ln der Feier der heiligen Messe, in dem Empfang derheiligen Kommunion, in dem stillen Verweilen beim Tabernakel. Unser Bethlehem ist der Altar. Durch das Licht des Glaubens sind wir hierher geführt

In der Oktav von Erscheinung-. 231

worden und haben Ihn hier gefunden. Ihn, den Stern, die eucharistische Sonne, von der alles Leben, aller Segen, alle Gnade, alles Gute ausgeht. "Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben und Ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken. Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der bleibt in Mir und Ich in ihm. Wie Mich der lebendige Vater gesandt hat und Ich durch den Vater lebe, so wird auch der, welcher Mich ißt, durch Mich leben" (Joh. 6, 54 ff.). \Vi rklich die Sonne, der Quell des übernatürlichen Lebens, der Gnade, des Heils! GlÜcklich wir, die wir den Stern gesehen! Täglich leuchtet er uns auf in der heiligen Messe, in der heiligen Kommunion, in dem liebenden Verweilen beim Tabernakel. Die Eucharistie sei unser Stern! Oft am Tage schauen wir zu ihm auf. Oft kommen wir zum Tabernakel, um den Stern zu sehen und uns von Seinem Lichte erleuchten, ermutigen, durchdringen zu lassen. Da., ist der Höhepunkt des GlÜckes der drei vVeisell". sie haben den Stern gesehen. Das sei die Fülle auch unseres GlÜckes, j eden Tag unser höchstes und beglückendstes Erlebnis: "Wir haben den Stern gesehen und sind gekommen, Ihn anzubeten", Jesus, unser Alles, in der heiligsten Eucharistie.

"M i t Gab e n in den H ä n den sind wir gekommen, Ihn anzubeten." Im Lichte und in der Kraft des Sternes, der uns am frühen Morgen in der heiligen Messe, in der heiligen Kommunion aufgegangen, wird der neue Tag ein Tag reich an heiligen Gedanken, an heiligen Affekten, an heiligen Werken, an gottgeweihten Entsagungen und Opfern, ·an vollen Garben. Die Glut der Liebe, durch den Genuß des heiligen Sakramentes neu angefacht, durchdringt das gesamte Tun und Lassen und verleiht auch dem an sich Unbedeutendsten in unserem Alltag den vollkommensten Wert für die Verherrlichung Gottes, für das Wohl der heiligen Kirche, für die eigene Seele. J eden Morgen will uns die

232 11. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie. heilige Eucharistie mit noch größerer, noch reinerer Liebe durchglühen. Dann ist jeder Gedanke, jede Arbeit, jedes Opfer vollwertig, eine würdige, heilige Gabe an Gott. "Mit Gaben in den Händen" wallen wir, in der Kraft der heiligen Eucharistie, dem Herrn entgegen, dem seligen Bethlehem des Himmels, der Heimat, um Ihn dort ewig anzubeten, zu lieben, liebend selig zu besitzen.

3· "Wir haben Seinen Stern gesehen." Vom Opfer und Opfermahl kehren wir in das Berufsleben zurück. Der Stern, den wir in der Frühe gesehen haben, folgt uns allüberallhin nach. Aus dem Aufblick auf ihn, d. i. aus der Erinnerung an das heilige Opfer und an die heilige Kommunion, schöpfen wir stets neue Frische, neuen Mut, neue Opferfreude, neue Kraft.

"Wir haben Seinen Stern gesehen und sind mit Gaben gekommen, Ihn anzubeten." Der Stern der heiligen Eucharistie ging auch über der Seele unseres Nächsten auf. Wir haben an der gleichen heiligen Messe teilgenommen. Wir haben an der gleichen Kommunionbank das Aufleuchten des Sterns in der Seele erlebt. Wir haben gesehen, wie der Stern sich auch über der Seele des Bruders in Christus niederließ, um sie mit Seinem Licht, mit Seiner Kraft, mit Seinem Leben zu erfüllen. Das muß die Frucht und Wirkung der heiligen Messe und der heiligen Kommunion sein, daß wir in unserem Bruder, in unserer Schwester Christus sehen, den Stern. Daß wir durch alles Äußere und Menschliche hindurch Christus sehen, drts Haupt, das das Glied durchlebt und trägt. Dann werden wir freudig "mit Gaben kommen", Ihn in Seinem Gliede anzubeten. Ihm im Mitmenschen zu dienen, zu trösten, zu helfen, Freude zu machen, ihn zu unterstützen. "Was ihr dem Geringsten Meind Brüder getan habt, das habt ihr Mir getan" (Matth. 25, 41). Das richtig verstandene Mitopfern in der heiligen Messe, der richtig verstandene Empfang

In der Oktav von Erscheinung. 233

der heiligen Kommunion muß sich im praktischen Leben in der Liebe, in der wirksamen und tatkräftigen Liebe zum Gliede Christi bewähren. Wie wenig ist das im allgemeinen der Fall I

Gebet.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott: was wir in festlichem Gottesdienste feiern, laß durch das Verständnis eines geläuterten Geistes unser eigen werden. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Dritter Tag der Oktav von Erscheinun'g.

"L aßt uns Ihn a n b e t e n !"

I. "Christus ist erschienen: Kommt, laßt uns Ihn anbeten" (Invitatorium der Mette). Die Liturgie ist heute ganz Huldigung an den Gott-König: "Siehe, der Gebieter, der Allherrscher ist da; in Seiner Hand ruht Königsrnacht, Gewalt und die Weltherrschaft" (Introitus). In der Epistel kommen die Völker in die Stadt des Gott-Königs, Ihm zu huldigen; im Evangelium und Offertorium die Weisen aus dem Osten. Mit der Liturgie huldigen auch wir.

2. Mit uns e rem GI a u ben. Die Sinne trügen, die Vernunft kommt nicht mit, nur der Glaube beugt sich demütig dem schwachen Kind der Krippe und betet in Ihm den ewigen Sohn Gottes an, den Gebieter, den Herrn des Alls, Denj enigen, dem "alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden" (Matth. 28, 18). "Ich glaube an Jesus Christus ... Gott von Gott, Licht vom Licht ... , dem Vater wesensgleich ... , der wegen uns Menschen und wegen unseres Heiles vom Himmel herabgestiegen ist, empfangen vom Heiligen Geist, geboren aus Maria, der Jungfrau, gelitten, gekreuzigt, gestorben, begraben, auferstanden, aufgefahren in den Himmel, thronend zur Rechten des Vaters:' Wir glauben an Seine Person, an jedes Seiner Worte, an jede Seiner Verheißungen; an Seine Kirche, an ihre

234 0. Die heilige \Veihnachtszeit: Epiphanie. Lehre, an ihre Sakramente. Wir glauben "an die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben." Au f diesem Fundament bauen wir unser gesamtes Denken und Streben, Tun und Lassen auf. "Ein anderes Fundament kann niemand legen" (I Kor. 3, 11).

Mit uns e rem Will e nun d Leb e n. Wir unterwerfen dem Gott-König Christus unsern Willen: Seinem Gebot, Seinem Gesetz, Seinem Evangelium, Seinem sichtbaren Stellvertreter, dem Papst, den Bischöfen. Wir unterwerfen uns blind Seiner Vorsehung, Seinen FÜgungen, Anordnungen, Seinem Wohlgefallen. Zu allem, was Er uns an Arbeiten, Pflichten, Verantwortungen, an Anstrengungen, MÜhen, Verzichten und Opfern auferlegt, sprechen wir, allem Widerstand der Natur zum Trotz, unser "Fiat": "Wie es Dir lieb ist." Und alles Harte, alle PrÜfungen, Schwierigkeiten, Versuchungen, Krankheiten, Unglücksfälle, Verdemütigungen von innen und von außen, nehmen wir in ganzer Unterwerfung an, auch wenn der Mensch in uns davor zurückschreckt. "Weil es Dir so lieb ist."

3· Die Völker, die in der Epistel zum Gott-König pilgern; die Weisen, die im Evangelium aus dem Osten kommen; die Könige von Tharsis und den Inseln im Offertorium der Meßfeier sind wir selber: das Leben des Christen ist eine Huldigung an Christus, den Herrn. Am vollkommensten huldigen wir Ihm damit, daß wir betend und betrachtend in den Geist des Herrn eindringen, nicht bloß, um Ihn kennen zu lernen, sondern um Sein Wort zu erfüllen und Sein Beispiel so vollkommen nachzuahmen, als es nur immer möglich ist. "Ziehet den Herrn Jesus Christus an" (Röm. 13, 14). Nachahmung Christi des Herrn im Äußern: wir tragen an uns das ununterbrochene Gebet, die Abtötung, die Bescheidenheit und Milde, die Selbstlosigkeit und Güte, die Selbtsbeherrschung und Sanftmut des Herrn herum, damit "das Leben ] esu auch an

In deI Oktav von Erscheinung. 235

unserem sterblichen Leibe offenbar werde" (2 Kor. 4. ro). Innerlich: wir bilden unser Denken und Wollen nach Seinem Geiste und machen uns Seme Sammlung, Seine Liebe zu Gott und zum Nächsten, Seinen Eifer für die Ehre Gottes und Seine Hingabe an den Willen des Vaters zu eigen, so daß wir, eingewurzelt und festgegrÜndet in Ihm (Kol. 2, 7), mit Paulus sagen können: "Ich lebe, doch nicht mehr ich, vielmehr lebt Christus in mir" (Gal. 2, 20).

In jeder heiligen Messe erneuern und festigen wir die Huldigung an den Herrn. Im Brot und Wein übergeben wir unsern Willen und unsere Wünsche dem Herrn und König. In der heiligen Wandlung kommt Er hernieder, nimmt unsere Gabe entgegen und verschmelzt sie mit Seinem Beten und Opfern. So erhält sie ihren ganzen Wert vor Gott. In der heiligen Kommunion besteigt Er sodann den Thron unseres Herzens, um den Tag über König unserer Gedanken, Regungen, unseres gesamten Tuns und Lassens zu sein. Alles in uns ist Ihm geweiht und durch Ihn und in Ihm dem Vater. Unter all den vielen Dingen, die wir im Laufe des Tages tun, ist nicht ein einziges, das nicht eine Huldigung an J esus und an den Vater werden und so der Ehre Gottes, den Interessen Jesu und der Kirche oder dem Heil der Seelen dienen könnte. Es braucht nur den Akt der Aufopferung, mit dem wir unser Tun und Lassen immer und immer wieder mit der Hingabe unseres Herrn und Heilandes vereinigen und es so durch Ihn zu einem Opfer des Lobes und der Anbetung an den Vater machen. In Jesl1s sind wir so reich Ünd gewinnt unser Leben einen \Vert, dessen Größe wir nicht zu ahnen vermögen.

Ge b e t.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott: was wir in festlichem Gottesdienste feiern, laß durch das Ver·

236 11. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie. ständnis eines geläuterten Geistes unser eigen werden. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Vierter Tag der Oktav von Erscheinung.

Ein neuer Wegl

1. Die Weisen aus dem Osten haben den Heiland gefunden und Ihm geopfert. "Nachdem sie durch ein Traumgesicht gewarnt worden, daß sie nicht mehr zu Herodes zurückkehrten, zogen sie auf einem andern Wege in ihre Heimat zurück" (Matth. 2, 12).

2. "A u f ein e man der n Weg e." Der hl. Gregor der Große erklärt uns die Worte des Evangeliums also: "Die Weisen aus dem Morgenlande geben uns eine beherzigenswerte Lehre, wenn sie auf einem andern Wege nach Hause gehen. Sie befolgen, was der Engel ihnen gesagt und geben damit zu verstehen, was wir zu tun haben. Unsere Heimat ist das Paradies. Wenn wir einmal J esus erkannt haben, dürfen wir nicht auf dem Wege in die Heimat zurückkehren wollen, auf dem wir gekommen sind. Wir sind von daheim weggegangen auf dem Wege der Selbstüberhebung, des Ungehorsams, der Hingabe an das Sichtbare des Genusses der verbotenen Frucht. Also müssen wir zur Heimat zurück auf dem Wege der Tränen, des Gehorsams, der Verachtung des Irdischen, der Abtötung. Wir kehren deshalb auf einem andern Weg in die Heimat zurück: wir haben uns durch die irdischen Genüsse von den Freuden des Himmels abbringen lassen. Also gehört es sich, daß wir auf dem Wege der Buße dahin zurückkehren.

"I m m erd a r be den k e n wir, von heiliger Furcht erfÜllt, auf der einen Seite unsere Schulrl, auf der andern Seite das strenge Gericht. Bedenken wir, wie streng der Richter ist! Er droht das Gericht an, und verbirgt sich. Er droht den SÜndern die Strafen an, und wartet immer zu. Er zögert

In der Oktav von Erscheinung. 237

deshalb mit Semem Kommen, damit Er an uns weniger Strafwürdiges finde. Weinen wir also über unsere Sünden. Lassen wir uns von den Genüssen des Lebens nicht gefangen nehmen und uns nicht von den irdischen Freuden verführen. Der Richter steht vor der Türe. Er hat gesagt: Wehe euch, die Ihr jetzt lacht und fröhlich seid: ihr werdet weinen und trauern. Ebenso sagt Salomon: Das Ende der (irdischen) Lust ist Weinen. Und wiederum: Das Herz der Weisen ist da, wo Trauer ist, das Herz der Toren aber da, wo Freude ist."

3. "Pensemus!" Laßt es uns wohl bedenken, mahnt der heilige Papst. Epiphanie erinnert uns mit Nachdruck an den Herrn, der einst in Seiner Herrlichkeit wiederkehrt, zu richten die Lebendigen und die Toten. Auch uns.

Wer einmal· Christus erkannt, erfaßt hat, der wird ein neuer Mensch. Er schlägt "einen andern Weg" ein. Er beginnt, sich von den Freuden und Eitelkeiten des gegenwärtigen Lebens loszulösen und zurückzuziehen. Er trennt sich von Herodes und den Juden. Er hält seinen Blick und Sinn auf den Himmel gerichtet. Er lebt ein wahrhaft heiliges, übernatürliches Leben. So tun es die drei Weisen des Evangeliums.

Die neue Erkenntnis und Einsicht, welche die Magier an der Krippe geholt, stellt nach ihrer Heimkehr an sie große Anforderungen. Mitten unter der heidnischen Umgebung, unter ihren Verwandten und Bekannten, halten sie die Begegnung mit dem Herrn und den Glauben an Ihn fest und hoch. Sie ernten Widerspruch, Kritik, Tadel. Sie werden als Betrogene hingestellt, die sich vom Stern haben täuschen lassen. Aber sie bleiben dem bei Jesus, Maria und Joseph Erlebten treu und werden Heilige! Das sind die Wege Gottes und Seiner Gnade.

Wir begegnen dem Herrn täglich in der heiligen Messe. Wir tun unsere Schätze auf und opfern Ihm Gold, Weihrauch, Myrrhe. In der heiligen Kom-

238 rt. bie heilige Weihnachtszeit: Epiphanie munion berühren wir Ihn, Er uns. Und die Frucht! "Auf einem andern Weg" kehren wir jetzt heim. Wir verlassen die vVege des bisherigen unvollkommenen, allzu menschlich, irdisch gesinnten Menschen. "Wir haben den Herrn gesehen." Wir leben Ihm, ganz Ihm. Wir leben Sein Leben der Hingabe an den Vater, der Liebe zu den Seelen, der Innerlichkeit mit.

Gebet.

Wir bitten Dich, ewiger Gott, laß das, was wir in der heiligen Liturgie feiern, durch das Verständn is eines geläuterten Geistes unser eigen werden. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

13. Januar: Oktavtag von Erscheinung.

Tau f e ChI' ist i.

1. Mit der heiligen Liturgie begehen wir heute das Andenken an die Taufe Christi im Jordan. Der Himmel öffnet sich über Jesus. Der Vater verherrlicht Ihn: "Dieser ist Mein geliebter Sohn, an Ihm habe ich Mein Wohlgefallen." Der Heilige Geist kommt sichtbar, in Gestalt einer Taube auf Ihn herab: die große Epiphanie, Gotteserscheinung am Jordan. Sie ist der Liturgie eine Gotteserscheinung der Vergangenheit ebenso wie der Gegenwart und der Zukunft.

2. ChI' ist u s wir d ge tau f t. Der Heilige stellt sich unter die Unreinen, die Sünder. Der Sohn Gottes beugt sich freiwillig der Hand des Täufers: die Epiphanie der Demut und die Epiphanie des Erlöserbewußtseins und des Erlöserwillens unseres Heilandes. In der Taufe am Jordan weiht Er sich Seinem Berufe als Erlöser: "Siehe das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt auf sich nimme' (JOh. l, 29). Er bedeckt sich mit der SÜndenschuld der ganzen Welt und begräbt sie in den Wassern des Jordan. Er denkt an uns, an mich. Er weiht sich dem opfervollen Dienste der Rettung der Seelen.

13· Januar: Oktavtag von Erscheinung. 139

Er bej aht mit göttlich heiliger Energie den Beruf, den Ihm der Vater gegeben, daß Er für das Heil unserer Seele sich selbst, Sein Blut, Sein Leben einsetzen will. Es verlangt Ihn, "mit einer Taufe (im eigenen Blute) getauft zu werden, und wie sehr drängt es Mich, bis sie vollendet ist" (Luk. 12, 50). In diesem Augenblick erfolgt die große Epiphanie. Det: Himmel öffnet sich über Ihm. Die Stimme des Vaters erschallt: "Dieser ist Mein geliebter Sohn: an Ihm habe Ich Mein Wohlgefallen." Der Heilige Geist kommt auf Ihn herab und ruht auf Ihm. Wir sind heute mit dem Täufer Johannes Zeugen dieser Gotteserscheinung am Jordan. Wir hören die Stimme des Vaters. Wir freuen uns, daß unser Herr und Heiland vor aller Welt vom Himmel feierlich als der Sohn Gottes proklamiert wird. V/ir beten an und sprechen mit dem Gloria der heiligen Messe: "Herr Jesus Christus, eingeborener Sohn. Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters. Du nimmst hinweg dje Sünden der Welt, erbarme Dich unser. Du nimmst hinweg die Sünden der Welt: nimm unser Flehen gnädig auf."

Die ein s t mal i g e E p i p h a nie am Jordan ist bleibende Gegenwart. Sie wiederholt sich, sooft ein Menschenkind das Sakrament der heiligen Taufe empfängt. Da taucht es mit dem Herrn unter, begräbt seine Schuld in den Wassern der heiligen Taufe und ersteht zum Leben des Kindes Gottes. "Das ist Mein geliebtes Kind: an ihm habe Ich Mein Wohlgefallen." Der Heilige Geist senkt sich mit der Fülle Seiner Gnaden und Gaben in die im Wasser gereinigte Seele. Sie wiederholt sich ununterbrochen in der Feier der heiligen Messe. Da tauchen wir opfernd mit unter in den Tod des Heilandes, sterben mit Ihm der Sünde und aller Verkehrtheit; wir werden mit der Brotsubstanz umgewandelt, konsekrierte Menschen, Gott geweiht und hingegeben in der Gotteserscheinung der heiligen Wandlung. Sie wird endlich gnadenvolle Gegen-

240 11. Die heilige Weihnachtszeit: Epiphanie.

wart im Opfermahl der heiligen Kommunion: da erfüllt uns Christus mit Seinem Leben und Geist. In lebendiger Einverleibung zieht Er uns in Seine Person und in Sein Ich hinein. Wir sind eins mit Ihm, mit Ihm Kinder des Vaters. Und der Vater läßt über uns Seine Stimme erschallen: "Dieses ist Mein geliebtes Kind: an ihm habe Ich Mein Wohlgefallen."

Es folgt die Gotteserscheinung im H im m e 1. Im Sterben werden wir in den Tod Christi, unseres Heilandes unte'rtauchen, um dann jenseits der dunklen Pforte zu einem reinen, heiligen, ewig seligen Leben aufzutauchen, zum Leben der vollendeten Gotteskindschaft. Da wird sich der Himmel über uns auftun und alle seine Schätze und Seligkeiten über uns ergießen, ewig, ewig. Und ewig wird über uns die Stimme des liebenden Vaters erschallen: "Dieses ist Mein geliebtes Kind, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe." Die Epiphanie im Himmel.

3. Da, wo Jesus sich erniedrigt, wird Er vom Himmel verherrlicht und erhöht. Das sind die Wege Gottes. "Wer sich erniedrigt, wird erhöht."

Wir glauben an Jesus, den Sohn Gottes, des Vaters. Wir schätzen uns glücklich, in der Mitfeier der heiligen Messe, im Empfang der heiligen KQIllmunion täglich die Gotteserscheinung am Jordan miterleben zu dürfen. Wir flehen, daß wir sie. ewig miterleben und mitgenießen dürfen, wi r alle, alle. Wir dürfen nicht ohne die andern zum Vater kommen.

Gebet.

Mit himmlischem Lichte komme uns, 0 Herr, wir bitten Dich, immer und überall zuvor, damit wir das Geheimnis, an dem Du uns teilnehmen lässest, mit reinem Auge schauen und mit geziemender Andacht in uns aufnehmen. Durch Christus 'unsern Herrn. Amen.

Die liturgische Meßfeier des zweiten Sonntags nach Erscheinung.

1. In seiner ganzen strahlenden Größe ist der Gott-König Christus am Feste der Epiphanie der Welt "erschienen". Still und verborgen hat Er Seinen Fuß in die Welt gesetzt: an Epiphanie hält Er feierlich Einzug in Seine Stadt, in Sein Eigentum, die Menschheit. Die Kirche, die Völker aller Länder und Zeiten machen sich auf den Weg, Ihn aufzusuchen, Ihm zu huldigen und Ihm ihre Gaben zu weihen. Diesen Gedanken des Epiphaniefestes entwickelt die Liturgie in der Erzählung von der Ankunft der Magier aus dem Osten. Eine zweite Offenbarung Christi erfolgt in dem zweiten Festgeheimnis des Erscheinungsfestes, in der Taufe Christi. Da tut sich der Himmel über dem demütigen Täufling im Jordan auf und proklamiert Ihn vor aller Welt als den Sohn Gottes: "Ihn sollt ihr hören." Und eine dritte Offenbarung der Herrlichkeit des Gott-Königs erfolgt in der dritten Begebenheit, die an Epiphanie mitgefeiert wird, auf der Hochzeit zu Kana: "Damit machte Jesus den Anfang Seiner Wunder zu Kana in Galiläa: so offenbarte Er Seine Herrlichkeit, und Seine Jünger

glaubten an Ihn" (loh. 2, II). I

2. Die Offenbarung Christi als des Sohnes Gottes, als des Königs und Herrn über das All, ist der Gegenstand des heutigen Sonntags. Sie ist an das Wunder auf der Hochzeit von Kana geknüpft. Wir treten in das Gotteshaus ein, um das heilige Opfer mitzufeiern. Vor unsern Augen leuchtet in blendender Pracht und unvergleichlicher Majestät der König auf, der Herr, auf dem Throne Seiner Herrlichkeit sitzend, die Erde, das All zu Seinen Füßen hingeworfen, Ihm huldigend, das Baur, "-erde Lichtl I. 16

242 11. Die h1. Weihnachtszeit: 2. \Voche n. Erscheinung. eigene Nichts erkennend und anerkennend (Introitus). "Herr, erbarme Dich", so löst es sich spontan und tief empfunden von unsern zitternden Lippen. Dann hören wir der Engel Gesang: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede, Heil, den Menschen auf Erden!" Wir stimmen in ihr Gloria jubelnd, anbetend, lobpreisend, dankend, bittend ein und fügen das inhaltsvolle Gemeinschaftsgebet an: schenke unseren Zeiten, unserer Kirche, unserer Gemeinde, unseren Familien, den Geistern und Herzen Deinen Frieden" (Oratio), Dein Heil, Deine Gnade und Kraft! "Dein Friede" ist immer auch Friede der Menschen, der Geister, der Herzen untereinander, ist Kraft zur Erfüllung des Berufes, zur Bescheidenheit und Zufriedenheit, zur ungeheuchelten Liebe, zum Erstreben des Guten, zum Segnen und Gutestun (Epistel). Wie leuchtet in einem solchen Christenleben die Kraft und Herrlichkeit des den Christen durchherrschenden und in ihm wirkenden "Herrn" und Königs Christus auf! Wahrlich, "Gott sandte Sein Wort ( den Sohn) und heilte sie" (Graduale), sie umschaffend, mit neuem Leben und mit der Fülle göttlicher Kraft ausrüstend. "So lobsinget dem Herrn" (Alleluja).

3. Staunend hören wir vom Wunder auf der Hochzeit: wie der "Herr" mit göttlich-souveräner Hoheit und Macht dem Wasser befiehlt, und es' hört auf, Wasser zu sein; es wird Wein, guter, köstlicher Wein zum Hochzeitsmahl. Wirklich, Er ist der Herr! Die Elemente, die Natur beugen sich gehorsam Seinem Willen und beten Ihn an. Im Opfergang der heiligen Messe bringen wir Ihm im Symbol des Wassertropfens unser Herz, unsere Neigungen, unsern Willen, unser Arbeiten, Gebete und Leiden; alles nur bedeutungsloses, wertloses Wasser. Da kommt Er, der "Herr", in der heiligen Wandlung und erneuert mit allmächtigem Willen und Wort das Wunder von Kana: das Wasser, 'das in den Kelch gegossen worden, wird zusammen mit

Sonntag: Die Hochzeit zu Kana. 243

dem Wein konsekriert, umgewandelt in Christi hei· liges Blut; wir selber, unsere Herzen, unsere Ge· danken, unsere Arbeiten, Gebete und Leiden werden in Christus umgewandelt, konsekriert, nehmen e'ine neue Natur an, erhalten ein neues Sein und einen Wert, den sie "ungewandelt" nie besitzen könn~: sie tragen von nun an die Marke Christi. Der Vater erkennt in ihnen die Kraft, den Geist, die Liebe Seines ,göttlichen Sohnes und hört aus ihnen die Stimme, das Lob, den Dank, die Anbetung und liebende Hingabe Seines Sohnes heraus. "Geheiligt werde Dein Name! Dein Wille geschehe! Vergib, Vater. Erlöse uns von dem Ubel." Wunderbare Gemeinschaft unseres Opferns, Tuns, Betens mit Christi Opfern, Tun und Beten! Selige Konsekration! Sie ist nur der Anfang der Verwandlung UI'lseres irdischen Menschen in den himmlischen, in den Menschen der Auferstehung, der ewigen Seligkeit. Dort trinken wir den "guten Wein", in ewiger, wonniger Vermählung mit unserem himmlischen Brautigam Christus, nachdem wir hier auf Erden im Opfermahl der heiligen Messe bereits den Anfang und das untrÜgliche Unterpfand des himmlischen Hochzeitsmahls erhalten haben. Dort ist dann in der seligen Gottschau die Epiphanie, das Offenbarwerden Christi· des Herrn vollendet und verewigt.

Zweiter Sonntag nach Erscheinung.

Die Hoc h z e i t z u K a n a.

1. Die dritte Gotteserscheinung auf der Hochzeit zu Kalla, in dem Wunder der Verwandlung von Wasser in Wein. "So offenbarte Er Seine Herrlichkeit, und Seine Jünger glaubten an Ihn" (Evangelium).

2. N ach der E p i p h a nie in B e t h I ehe 111 und am Jordan erleben wir heute die Epiphanie im \Vunder von Kana. Das erste Wunder im öffent- ..

16'

244 11. Die hl. Weihnachtszeit: 2. Woche n. Erscheinung. lichen Leben Jesu, veranlaßt durch die Not und Verlegenheit der armen Hochzeitsleute und durch die Bitte Mariens, der Mutter Jesu. Die Jünger, die Jesus um sich gesammelt, sollten heute Sein'e Herrlichkeit sehen: im Menschen die Gottheit, in der Schwäche der Menschennatur die Kraft der Gottnatur, in der Niedrigkeit der äußern Erscheinung die Allmacht Gottes. "Was Er euch sagen wird, das tut", belehrt die um die Not der Brautleute besorgte Mutter Jesu die Diener des Hauses. Und Jesus gebietet ihnen: "Füllet die Krüge mit Wasser." Die Diener stellen sechs Krüge bereit. Sie haben sie bis an den Rand mit Wasser gefüllt. Jesus tritt herzu. Dann gebietet Er ihnen: "Schöpfet jetzt und bringt da von dem Speisemeister. " Der Speisemeister kostet das zu vVein gewordene Wasser. Er kennt sich nicht mehr aus. Woher kommt der Wein? Und dazu ein so vorzüglicher V/ein? Jesus hat in aller Stille, ohne ein Wort zu sagen, ohne Aufhebens zu machen, das Wasser in den Krügen in Wein verwandelt. "So offenbarte Jesus Seine Herrlichkeit." Die Jünger glauben an Ihn und folgen Ihm nach. So sehr hat sie das Große überwältigt, das sie hier in Kana erlebt. Die Liturgie erkennt in der historischen Tatsache und Wirklichkeit ein Bild dessen, was die Kirche, was wir, die. Jünger J esu, heute und täglich erleben: die Verwandlung von Kana wird vor unsern Augen täglich in der Verwandlung des Brotes und des Weines in den Leib und in das Blut des Herrn neu Wirklichkeit und lebendige, anschauliche Gegenwart. Da sind wir Zeugen Seiner Herrlichkeit und Gotteskraft. Wir glauben an Ihn. Wir folgen Ihm in unverbrüchlicher Treue, in restloser Hingabe. Wir schauen "Seine Herrlichkeit als die des Eingeborenen vom Vater, voll der Gnade und Wahrheit" (loh. I, 14) und jubeln: "Die ganze Erde bete Dich an und lobsinge Dir, ein Loblied singe sie Dir, dem Allerhöchsten" (Introitus).

Sonntag: Die Hochzeit zu Kana. 245

"D u h ast den gut e n W ein bis z u let z t auf g e s par t", bemerkt der Speisemeister dem Bräutigam. Das tut doch sonst niemand. "Jedermann setzt den guten Wein zuerst vor. Wenn dann die Gäste bereits genug getrunken haben, dann den geringeren. Du aber hast den guten Wein bis zuletzt aufgehoben." Die heilige Liturgie erkennt in dem "guten Wein", den der Herr durch Seine Gotteskraft aus dem Wasser hergestellt hat, die heiligste Eucharistie (Kommunionlied). Sie ist bis zuletzt aufgespart, d. i. den gnadenvollen Zeiten des Neuen Bundes, uns vorbehalten. Den Zeiten der geheimnisvollen Hochzeit, Vermählung des himmlischen Bräutigams mit der Menschheit, der Kirche, den Seelen, eingeleitet und grundgelegt in der Menschwerdung des Sohnes Gottes, da der Eingeborene vom Vater im Schoße der Jungfrau von Nazareth unsere menschliche Natur annahm. "Du hast den guten Wein bis zuletzt aufgespart." Die heilige Eucharistie ist die Frucht der Verwandlung des Brotes und Weines, eine stete Epiphanie, eine Gotteserscheinung im Kleide der Brotsgestalt. "J ubelt Gott, ihr Lande all, singt Psalmen Seinem N amen. Kommt und hört, was der Herr meiner Seele (in der heiligen Eucharistie) Großes getan" (Offertorium). In der heiligen Eucharistie schauen wir Seine Herrlichkeit. Wir glauben an Ihn. Wir folgen Ihm. Wir lassen uns in der heiligen Eucharistie jeden Tag noch vollkommener von Ihm und in Ihn verwandeln und umgestalten und werden Ihm täglich inniger verbunden. Eine heilige, gnadenvolle Vermählung! Die Einleitung und Zubereitung zur ewigen Vermählung im Kana des Himmels.

3. "In jener Zeit war eine Hochzeit in Kana, Die Mutter Jesu war dabei, und auch Jesus und Seine Jünger waren zur Hochzeit geladen" (Evangelium). Ganz der Epiphaniegedanke der heiligen Liturgie! Die Vermählung des Sohnes Gottes mit uns Menschen, um uns aus der Niedrigkeit zu er-

246 II. Die hl. \Veihnachtszeit: 2. \Voche n. Erscheinung. heben und uns in die Herrlichkeit und die Fülle Seines göttlichen Lebens aufzunehmen. Dankbaren Herzens bekennen wir: "Der Herr sandte Sein Wort (Seinen Sohn) und heilte sie (uns Menschen). Darum sollen sie den Herrn für Sein Erbarmen und fÜr Seine Wundertaten an den Menschen preisen" (Graduale),

Zur Hochzeit gehört ein hochzeitliches Gewand "Die Liebe sei ungeheuchelt. Hasset das Böse, verharrt im Guten. Seid in brüderlicher Liebe einander zugetan. Kommt einander in Ehrerbietung zuvor. Erlahmt nicht im Eifer. Erglühet im Geiste, eiern Dienste des Herrn ergeben. Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der TrÜbsal, beharrlich im Gebet. Kommt den Heiligen (den Mitchristen) in ihren Bedrängnissen zu Hilfe. Befleißigt euch der Gastfreundschaft. Segnet, die euch verfolgen: segnet und fluchet (ihnen) nicht. Freuet euch mit den Fröhlichen. Weint mit den Weinenden. Seid ein e s Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern seid mit dem Niedrigen zufrieden" (Epistel). Trage ich in Wirklichkeit das hochzeitliche Gewand? Darf ich es wagen, zur Hochzeit zu kommen? Wenn Er in der heiligeIl Messe, in der heiligen Kommunion sich mir neu vermählen will? Wir prüfen uns ernstlich auf die Weisungen der Epistel.

Gebet.

Allmächtiger, ewiger Gott, Du lenkest gleicher Weise Himmel und Erde. Erhöre huldvoll das Flehen Deines Volkes und schenke Deinen Frieden uns ern Zeiten. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Montag der zweiten Woche nach Erscheinung.

H eil i g e Ver w a n d I u n g.

1. "Die ganze Erde bete Dich an, 0 Gott, und lobsinge Dir" (Introitus), dem Gottkönig, Der Du täglich in der Feier der heiligen 1Iesse in unserer

Montag: Heilige Verwandlung.

_ 247

Mitte Erscheinung feierst, das Wunder der Verwandlung von Brot und Wein in Deinen heiligsten Leib und in Dein heiligstes Blut vollziehst und uns im Hochzeitsmahl der heiligen Kommunion Dein Fleisch und Blut zu essen und zu trinken gibst. Wir glauben und flehen mit der heiligen Kirche: "Zunehmen möge in uns das Wirken Deiner Kraft: dann werden wir, durch die göttlichen Sakramente belebt, dafür bereitet werden, zu erlangen, was sie verheißen" (Schlußgebet).

2. Was in der F-e i erd e r h eil i gen M es s e voll zog e n wir d, ist Symbol unserer Umwandlung vom alten in den neuen Menschen. Vom Menschen der Sünde, des Weltgeistes, der Leidenschaften, der Unvollkommenheiten in den Menschen des heiligen, gotterfüllten Lebens, in den echten Christen. So deutet uns die heutige Epistel den Sinn des Wunders von Kana. Wenn wir heute die heilige Messe mitfeiern und die heilige Kommunion empfangen, dann werden wir als andere, als neue Menschen heimkommen. Wir leben dann das Leben, das die Epistel von uns wünscht: "Hasset das Böse, verharret im Guten. Seid in brÜderlicher Liebe einander zugetan, kommt einander in Ehrerbietung zuvor. Erlahmt nicht im Eifer, erglühet im Geiste. dem Dienste des Herrn ergeben. Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Trübsal, beharrlich im Gebete. Kommet den Heiligen (Mitchristen) zu Hilfe in ihren Bedrängnissen, befleißigt euch der Gastfreundschaft. Segnet, die euch verfolgen; segnet und fluchet nicht. Fre1,1et euch mit den Fröhlichen, weinet mit den Weinenden. Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern seid mit dem Niedrigen zufrieden." Siehe da, der neue, der umgewandelte Mensch! Lebt er auch in l1lir?

Was in der Feier der heiligen Messe ge s chi e h t, ist Unterpfand der Umwandlung unseres ganzen \i\Tesens bei der Wiederkunft des

2-18 I I. Die hl. Weihnachtszeit: 2. Woche n. Erscheinung. Herrn am Jüngsten Tage, wenn Er in Seiner Herrlichkeit erscheinen wird. Die große Epiphanie vor aller Welt, die Entfaltung Seiner Herrlichkeit vor aller Augen! Und wenn Er gekommen, dann nimmt Er die letzte und endgültige Verwandlung und Konsekration an uns vor: "Wie in Adam alle sterben, so 'Nerden in Christus alle das Leben erhalten. Ein jeder, wenn die Reihe an ihn kommt: Christus als Erstling, so dann jene, die Christus angehören. Gesät wird in Verweslichkeit, auferweckt in Unverweslichkeit; gesät in Unansehnlichkeit, auferweckt in Herrlichkeit; gesät in Schwachheit, auferweckt in Kraft; gesät wird ein sinnlicher Leib, auferweckt ein geistiger Leib. Wie wir das Bild des irdischen (des ersten Adam) an uns getragen haben, so werden wir auch das Bild des himmlischen (des zweiten Adam, d. i. Christi) an uns tragen. Dies Verwesliche muß mit Unverweslichkeit, dies Sterbliche mit Unsterblichkeit bekleidet werden" (r Kor. r 5, 22 42 53)· Er "wird unsern armseligen Leib umwandeln und Seinem verherrlichten Leibe gleichgestalten" (Phi!. 3, 2r), mit der gleichen Macht, mit der Er in Kana das Wunder der Verwandlung vollzogen und mit der Er täglich in unserer Mitte das Wunder der Verwandlung von Brot und Wein vollzieht. Auferstehung von den Toten. Und das. ewige Leben wie für die Seele, so auch für den Leib.

3· "Seid fröhlich in der Hoffnu,ng." Gott hat uns "in Seiner großen Barmherzigkeit durch die Auferstehung J esu Christi von den Toten zu lebendiger Hoffnung wiedergeboren, zu einem unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das im Himmel für euch aufbewahrt wird. Durch Gottes Kraft werdet ihr für, das Heil bewahrt, das am Ende der Zeiten offenbar werden soll. Dann werdet ihr frohlocken, möget ihr auch jetzt ein wenig durch mancherlei Prüfungen Trübsal erleiden. Ihr werdet unaussprechliche und verklärte Freude ge-

Dienstag: Der göttliche Bräutigam. 249

nießcn, wenn ihr das Ziel eures Glaubens, das Heil der Seele, erreicht habt" (I Petr. I, 3 ff.).

"Ihr habt zwar jetzt Trauer. Aber Ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude wird niemand von euch nehmen" (J.oh. 16, 22). "Ich bereite euch das Reich, wie es Mein Vater Mir bereitet hat, daß ihr esset und trinket an Meinem Tische in Meinem Reiche" (Luk. 22, 29). "Freuet euch und frohlocket, euer Lohn ist groß im Himmel" (Matth. 5, 12).

Was jetzt ist, vergeht. Gott macht alles neu.

"Wer spärlich sät, wird spärlich ernten. Wer reichlich sät, wird auch reichlich ernten" (2 Kor. 9, 6). "Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit jeglicher Freude und mit Frieden durch den Glauben, auf daß ihr überreich seid an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes" (Röm. 15, 13).

Gehe t.

Zunehmen möge in 'uns, 0 Herr, das Wirken Deiner Kraft. Dann werden wir durch die göttlichen Sakramente belebt und durch Deine Gnade dafür bereitet werden, zu erlangen, was sie verheißen. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Dienstag der zweiten Woche nach Erscheinung.

Der g ö t t I ich e B r ä u t i g a m.

1. "In jener Zeit war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa. Die Mutter Jesu war dabei, und auch Jesus und Seine Jünger waren zur Hochzeit geladen." Die Liturgie des zweiten Sonntags nach Epiphanie ist ein Bild der Vermählung des Gott-Königs Christus mit der Menschheit, mit der Kirche. Es ist eine Lieblingsidee der Liturgie: die Kirche ist Christi Braut. Von dieser Vermählung versteht die Liturgie das Hohelied, das der Heilige Geist einem der Frommen des Alten Testamentes eingegeben hat. Von dieser Vermählung versteht sie den Psal-

-.

250 11. Die hl. Weihnachtszeit: 2. Woche n. Erscheinung. misten, da er den Psalm 44 anstimmt: ,,~lein Herz strömt aus 'ein hehres Lied., Mein Lied sing ich dem König," Von dieser Vermählung, vom unermüdlichen Ringen und bräutlichen Werben Gottes um die Liebe Seines auserwählten Volkes im Alten und Neuen Testament versteht sie die Propheten, die in den verschiedensten Weisen die Ehe, den Ehebund, die Brautschaft Gottes mit der Kirche besingen. "Siehe, die Zeit der Liebe war für dich (Israel) gekommen. Da breitete Ich (Gott) Meinen Mantel über dich und verband Mich dir mit einem Eid und trat mit dir in einen Bund" (Ez. 16, 8). "Dein Gatte ist der, der dich erschuf. Wie ein verlassenes Weib hat dich der Herr zurückgerufen, ein Weib geliebt in ihrer Jugend. Nun lieb' Ich dich mit ewiger Liebe" (Is. 54, 5 ff.). Gott, Bräutigam der Menschheit, der Kirche, in Christus, dem mensch· gewordenen Gott-König. Wir vertiefen uns in den Ps. 44, das Hohelied der Brautschaft Christi mit Sei ner Kirche.

2. Der K ö n i g - B I' ä u t i garn, ChI' ist u s.

"Du schönster aller MenschenkindeI'l Von Anmut sind Deine Lippen umgossen. Darum hat Gott Dich auf ewig gesegnet. Dein Schwert gürt um die Lenden, den Bogen spann, tritt ein für Wahrheit, Milde und Gerechtigkeit. Dein Thron, 0 Gott. steht fest fÜr ewig. Du liebst das Recht und hassest allen Frevel. Drum salbte Dich der Herr, Dein Gott, mit Freudenöl vor den Genossen. Nach Myrrhe, Aloe und Kassia duftet Dein Gewand, und Saitenspiel aus den Elfenbeinpalästen schafft Dir Ergötzen. Dein Ehrengeleite bilden Königstöchter. An Deine Rechte tritt die Königin, in goldenem Gewand, in Pracht gehüllt." Der König-Bräutigam, Gott und Mensch in ein e r Person! Das Göttliche durchglüht die menschliche Natur mit ihrem Licht und ihrem Glanz. Seine Lippen künden die Güte und Herablassung Gottes, die uns in Ihm erschienen ist (Tit. 3, 4). In Seiner Hand ruht das Schwert.

Dienstag Der göttliche Bräutigam. 25 I

die richterliche Gewalt, mit der Er alles Gottfeindliche niederschlägt. Er tritt ein für die Wahrheit und Erfüllung der von Gott gegebenen Heilsverheißungen und gründet, allem Widerstand der Menschen und der Hölle zum Trotz, das Gottesreich der Kirche. Er tritt ein für die Milde: Er wird das, was gebeugt ist, aufrichten, das geknickte Rohr wieder emporheben, den glimmenden Docht zu neuer Glut anfachen. Er tritt ein für die Gerechtigkeit:

Er versöhnt Gott mit den Menschen und die Menschen miteinander und pflanzt auf die Erde die heilige Gottesgerechtigkeit. Er ist Gott, der GottKönig, der Herr des Alls, der Welten, der Menschen, der Geister und Herzen. Ihm kann niemand widerstehen. Alle sind Seinem Willen und Seiner Macht unterworfen. Er ist heilig und haßt jedes Unrecht. Darum hat Gott Ihn vor allen Mitgenossen der Gnade und der ewigen Glorie ausgezeichnet. Seiner menschlichen Natur entströmt der Duft der Myrrhe, Aloe und Kassia, der Gnadenfülle und der himmlischen Herrlichkeit. "Und Saitenspiel aus den Elfenbeinpalästen schafft Dir Ergötzen. Dein Ehrengeleite bilden Königstöchter", die zum Reiche Christi berufenen Völker, die alle der Vermählung mit dem Gott-König warten. Sie stehen da in "Deinem Ehrenschmuck", im Lichtgewand der heiligmachenden Gnade, die der Herr ihnen am Kreuze erworben hat. Den Ehrenplatz, zur Rechten des Königs, nimmt die Königin ein, die Hauptbraut, die Ersterkorene, Sion, die Kirche des Alten Bundes. Denn "Israel gehören die Kindschaft und der Bund und die Gesetzgebung und die Verheißungen; ihnen gehören die Väter an, und von ihnen stammt Christus, dem Fleische nach" (Röm. 9, 4 5)·

Die K ö n i gin - B rau t, die Kir c h e. "An Deine Rechte tritt die Königin, in Pracht gehüllt. Höre, Tochter, und neige dein Ohr: Vergiß dein Volk und deine~ Vaters Haus! Es sehnt der König sich nach deiner Schönheit. Er ist dein Herr, darum

252 I!. Die hl. 'Weihnachtszeit: 2, Woche n, Erscheinung. beuge dich Ihm. Die Töchter von Tyrus kommen, dIr huldigen die Fürsten des Volkes." "VergiB dein Volk!" Im Neuen Bund, in der Vermählung mit Christus, zählt nicht mehr Fleisch und Blut, die Abstammung von Abraham, sondern nur mehr die Neuerschaffung (Gal. 6, 5), das Leben der Gnade, der Tugend, der heiligen Christusliebe, der Heiligkeit. "VergiB dein Volk!" "Es sehnt der König sich nach deiner Schönheit." Er hat dich zur Braut erwählt. Du lebe allein Ihm als die Kirche des Neuen Bundes! Da sieht der Psalmist den langen Zug der Völker, die der Königin am Tage ihrer Vermählung huldigen. Voran die Töchter der stolzen Stadt Tyrus. Auch sie kommen, in Ehrfurcht zu huldigen und Geschenke zu bringen. Doch diese äußere Pracht in den Höfen des Königspalastes hat wenig zu bedeuten. "Ganz Pracht ist die Königstochter drinnen, im Gemach, Von Gold durchwirkt ist ihr Kleid. In farbenstrahlendem Gewand wird sie zum König hingeleitet." Nicht im Gepränge der Welt, im Reichtum, im Glanz und Ruhm besteht die Herr~ lichkeit der Königsbraut. Ihre Herrlichkeit ist Überirdischer und übernatürlicher Art, der Reichtum der Tugend, der Gnade, der Heiligkeit. In diesem heiligen Schmuck wird sie in den Palast des Königs geführt. Die Stunde der Vermählung ist da. Wie sich eine fÜrstliche Braut in glänzendem Festzug, mit großem Gefolge vom Vaterhaus weg in den Palast des Königs begibt, so ziehen vor dem Auge des Psalmisten die Völker der Erde zur Königsburg, zum neuen Jerusalem auf Erden und im Himmel. Voran die Königin, die Mutterkirche Jerusalems, Roms. Hinter ihr das Edelgeleit der Kirchell des Erdenrundes. Sie werden dem König vermählt. Von der Königin geführt, betreten sie mit freudigem, dankbarem Jubel den strahlenden Königs" palast, jetzt das Sion der Gnade"dereinst das Sioll der ewigen Verklärung. Statt der Väter, der Patriarchen und großen Männer des Alten Bundes

Dienstag: Der göttliche Bräutigam, 253

werden "dir, Kirche, Söhne geboren" aus dem Wasser und dem Heiligen Geist, die Kinder der christlichen Kirche, die Heiligen in endloser Zahl! Sie werden von den Menschen aller Zonen und Zeiten anerkannt und geehrt. Sie tragen die Kunde vom König, Bräutigam und von der Königin-Braut in alle Welt hinaus. Immer neue Geschlechter vernehmen die Frohbotschaft Seines Gottkönigtums und schließen sich dem langen Zuge an: der auf den Sion hinaufsteigt, dem Gott-König zu huldigen und in Liebe und Treue sich Ihm zu vermählen. "Die ganze Erde bete Dich an, 0 Gott, und lobsinge Dir. Ein Loblied singe sie Deinem Namen, Du Allerhöchster" (Introitus). Dank Dir, 0 Herr, daß Du Dir die heilige Kirche in heiliger Gemahlschaft angetraut hast. Sie sei mir Braut Christi, die ich ehre, die ich liebe, der ich mich mit meinem ganzen Wesen anvertraue und folge.

3. Königstöchter sind auch die einzelnen Diözesen, Pfarreien, die religiösen Gemeinschaften, die einzelnen Seelen. Je inniger und fester sie sich der Mutterkirche Rom, der Königin, anschließen, um so vollkommener und fruchtbarer werden sie dem Gottbräutigam vermählt.

Der Königspalast, in welchem die Braut dem Bräutigam zugeführt wird, ist das Gotteshaus. Der Thron, an dem die Vermählung vollzogen wird, ist der Altar. "Vergiß dein Volk und deines Vaters Haus!" Laß alles, opfere alles, gib alles! Dann darfst du am Hochzeitsmahl der heiligen Kommunion teilnehmen. Die heilige Kommunion ist das Unterpfand der Teilnahme an der ewigen, seligen Vermählung im Lande der Lebendigen!

Brautführer ist der Heilige Geist, das Liebesband zwischen dem Königsbtäutigam und dem Vater. Er legt der Seele das Brautgewand um; er überreicht ihr das Unterpfand der heiligen Gemahlschaft mit Christus, die bräutliche Liebe, und ist des Bundes Biirge. "Die Liebe Gottes ist ja in unsere

254 I l. Die h1. Weihnachtszeit: 2. Woche n. Erscheinung. Herzen ausgegossen durch den Heiligen Geist, der uns verliehen wurde" (Röm. 5, 5). Glückliche Braut des Gott-Königs, Kirche, Seele! Prangend im Glanze der Morgengabe des Bräutigams, Ihm ganz gehörig, von Ihm ganz in Besitz genommen, Ihn ganz besitzend, in ungeteilter Liebe, Ihm zu unerschöpflicher Fruchtbarkeit an geistigen Kindern, an Tugenden, guten Werken und Verdiensten für sich und für die ganze Menschheit vermählt.

"VergiB dein Volk und deines Vaters Haus!"

Laß alles Irdische, laß Fleisch und Blut, lebe ungeteilt dem Bräutigaml

Ge b e t.

Jubelt Gott, ihr Lande all, singt Psalmen Seinem Namen. Kommt und hört. Ich will euch künden, was der Herr in meiner Seele Großes wirkt, alleluja (Offertorium).

Mittwoch der zweiten Woche nach Erscheinung.

Maria, die Braut Christi.

1. "In jener Zeit war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa. Die Mutter Jesu war dabei. Auch Jesus und Seine Jünger waren zur Hochzeit geladen" (Evangelium). An der Vermählung Christi, des Sohnes Gottes, mit der Menschheit, nimmt Maria einen hervorragenden Anteil. Sie ist der Liturgie selber die Braut, die der Herr sich vermählt, die neue Eva neben dem neuen Adam, Christus. Mit Bewunderung blickt die Kirche in ihrer Liturgie zu Maria auf und wird nicht müde, das Bild zu schauen, das der Psalmist gezeichnet hat: "Es tritt die Königin an Deine Rechte, in goldenem Gewand, in Pracht gehüllt" (Ps. 44, 10).

2. M a r i ais t die K ö n i gin - B I' au t, welche der Vater Seinem Sohne, dem König der Herrlichkeit, geheimnisvoll angetraut. Schon vom ersten Augenblick an, da Maria ins Dasein tritt, beginnt

Mittwoch: Maria, die Braut Christi, 255

der Vater, sie für die Brautschaft mit Seinem Sohne würdig auszustatten und herzurichten. Nie darf ein Schatten der Sünde, der Unreinheit die zukÜnftige Braut des Gott-Königs berühren. Unbefleckt muß sie empfangen werden, frei von aller ungeordneten Begierlichkeit, strahlend im Glanze der schönsten Gaben des Geistes und Herzens. Der Heilige Geist schenkt ihr als Geschmeide Seiner Gaben reichste FÜlle. Der Sohn kleidet die zukünftige Braut in das Brautgewand der vollendetsten Heiligkeit und reichsten Tugendfülle. "Ganz schön bist du, Maria, und kein Makel ist an dir." Drum "begehrt der König nach deiner Schönheit". Er sendet als Brautwerber den Engel Gabriel, daß er Mariens Einwilligung zur Vermählung einhole. Die Braut gibt ihr Jawort: "Mir geschehe!" Geheimnisvoll erfolgt die Vermählung des ewigen Sohnes Gottes mit der Jungfrau-Braut. Dreiunddreißig Jahre währt die gnadenvolle Gemahlschaft. Die neue Eva tritt an die Seite des neuen Adam und ist die treue Mitgehilfin am Werk unserer Erlösung. Die erste Eva hat uns zusammen mit Adam ins Verderben gestürzt, die zweite Eva bringt uns zusammen mit Christus, dem neuen Adam, als Seine bräutliche

. Gehilfin, das Heil, in der innigsten, bräutlichen Gemeinschaft des W ollens, Wirkens, Betens und Leidens. Als die bräutliche Gehilfin, als "das Weib", steht sie unter dem Kreuze, teilt des neuen Adam Schmerz und Schmach und opfert Ihn starkmütig dem Vater auf. So ist sie bei der schmerzlichen Wiedergeburt der Kinder des Heils die Gehilfin. "Weib, siehe da dein Kind" (Johannes, wir alle). Sie ist die Mutter der Lebendigen, der am Kreuze Erlösten. In ihrer Himmelfahrt ist sie zur Königin des Himmels und der Erde eingesetzt. Sie ist die Herrin, die Königin des Alls, die Braut dessen, dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden. Als die Braut und die Königin i~t sie über die Schätze des Rriilltigams gesetzt und verfÜgt

256 11. Die h1. Weihnachtszeit: 2. Woche n. Erscheinung. darüber, die Ausspenderin aller Gnaden! So thront sie zur Rechten des Königs, im Goldgewand der Herrlichkeit Gottes, umgeben von den lichten Chören der Engel und Heiligen, voll der Macht über das Herz des Bräutigams und Gott-Königs! Wir freuen uns, daß der Herr sie zu Seiner Braut erwählt. Wir gratulieren ihr. Wir huldigen ihr. Wir wenden uns mit grenzenlosem Vertrauen an sie: die Braut ist allmächtig, die fÜrbittende Allmacht.

"Sie haben keinen Wein mehr." Maria, die jungfräuliche Braut, Gehilfin des neuen Adam. Sie hat ein tiefes Empfinden und ein offenes Auge für das, was um sie herum vorgeht. Sie erfaßt die Lage und erfühlt das Richtige. Sie wendet sich an den Herrn: "Sie haben keinen Wein mehr." Das erste Wort auf der Hochzeit, das uns von Maria, der Königin-Braut, Überliefert ist, ist eine Bitte für die Not der Menschen. Eine menschliche, sehr menschliche Bitte! Wir fÜhlen das Symbolhafte dieser Bitte aus dem Munde der Mutter und Braut. Wir hören aus ihr die Bitte heraus, die sie, die allvermögende Braut, jetzt am Throne des Herrn im Himmel für uns alle vorträgt: "Sie haben keinen Wein mehr." Hat sie für die menschliche, zeitliche Not der Brautleute in Kana den rechten Blick, wird ihr dann eine größere, wichtigere Not entgehen? Alle Not der Menschen, all ihre Sorgen und Leiden, wird sie jetzt im Himmel zum Herrn tragen:

"Sie haben keinen Wein mehr." Auf Mariens Bitten hin wird uns der Wein wiedergeschenkt!

"Was immer Er euch sagen wird, das t 1I L" Das zweite Wort Mariens auf der Hochzeit zu Kana ergeht an uns. Kaum hat sie unsere Not zum Herrn getragen, dann wendet sie sich zu uns und kündet uns den Willen des Herrn. Ebenso, wie sie zuvor es mit- feinem Empfinden erspürt hat, was wir Menschen brauchen, so erspürt sie, was der Herr von uns Menschen haben will. "Was immer Er euch sagen wird, das tut." Die Diener

Mittwoch: Maria, die Braut Christi. 257

tun, wie Maria sie angewiesen. Sie hören auf Jesu Wort: "Füllet die Krüge mit Wasser." Jetzt kann Mariens Bitte erhört werden. Der Not der Brautleute ist abgeholfen. "Selig der Mensch, der auf mich hört" (Spr. 8, 34). Maria verlangt von uns, daß wir tun, was Jesus uns gebietet und von uns wünscht. Sie ist ganz eins mit Ihm und Seinem Willen!

3· Maria die Königin-Braut, - die vor allen Erkorene! "Ganz Pracht ist im Gemach die Königstochter. Von Gold durchwoben ist ihr Kleid. In farbenstrahlendem Gewand wird sie zum König hinge.leitet." Im äußern Leben so niedrig, so arm, so nichts in den Augen der Menschen, obschon aus königlichem Geblüte. Aber das, was vor der Welt nichts ist, das Unscheinbare, Geringe, hat Gott erwählt. "Er hat angesehen die Niedrigkeit Seiner Magd. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter: denn Großes hat an mir getan der Mächtige, dessen Name heilig ist, dessen Erbarmen währet von Geschlecht zu Geschlecht" (Luk. I, 48 ff.). Maria will nichts anderes sein als Magd. Und Er erhöht sie zur Braut-Königin! Das Geheimnis des Kleinseins, der Demut. "Wer sich erniedrigt, der wird erhöht."

"Ihr folgen Jungfrauen, ihre Freundinnen. In Freud und Jubel werden sie geleitet und ziehen in das Königsschloß" (Ps. 44, 15 f.). Sie sind der .Königin-Braut Gespielinnen, ihr Ehrengeleite, selber Bräute Christi, edle Königstöchter, die den Herrn erfreuen: "Sie folgen dem Lamme, wohin immer es geht, denn sie sind Jungfrauen" (Offb. 14, 4). Sie lassen die irdische Lust und nehmen ihren Flug ungehemmt zum Himmel, zum Bräutigam. "Blühet, ihr (jungfräulichen) Blumen, wie die Lilie, haucht Wohlduft aus und grünet holdselig, singet ein Loblied und preist den Herrn in Seinen Werken" (Sir. 39, 19), in dem Großen, das Er an euch g:etan! Freut euch auf die Stunde. wo Er euch hur, ~""'o l.leb" L 17

258 11. Die hl. Weihnachtszeit: 2. Woche n.Erscheinung. heimholt zur seligen Vermählung im Himmel! Jungfräulichkeit, Keuschheit, du trägst zu den Höhen der Brautschaft empor! "Selig, die reinen Herzens sind" (Matth. 5, 8).

"Ihr folgen Jungfrauen." Vor allem die glücklichen Seelen, die vom Herrn zum Ordensstand berufen sind. "Ich will mich dir auf ewig verloben in Treue und Huld, und du sollst wissen, daß Ich der Herr bin" (Os. 2, 19 f.), dein Bräutigam. Wahrlich, Er "hat dich ewiglich gesegnet" (Ps. 44, 3)· "Höre und siehe" den Bräutigam, Ihn allein. "Neige Ihm dein Ohr." "Vergiß dein Volk und deines Vaters Haus." Opfere alles, dann gewinnst du alles, in der Brautschaft mit Christus. Folge der KöniginBraut, Maria!

"Ihr folgen Jungfrauen." So viele ihrer sind, erkenne in ihnen allen nicht Fleisch und Blut, nicht den Menschen. Erkenne, schätze, ehre, liebe in ihnen die Braut Christi!

Gebet.

Schirme uns, 0 Herr, und gib, daß wir, den göttlichen Dingen ergeben, mit Leib und Seele Dir dienen. Durch Christus uns ern Herrn. Amen.

Donnerstag der zweiten Woche nach Erscheinung; C h r ist u s b rau t s c h a f t.

1. "In jener Zeit fand zu Kana in Galiläa eine Hochzeit statt. Die Mutter J esu war dabei, und auch Jesus und Seine JÜnger waren zur Hochzeit geladen." Eine eigenartige Hochzeit: da haben Bräutigam und Braut gar nichts zu sagen. Der Bräutigam wird einmal gerufen: aber der Evangelist findet es nicht der Mühe wert, auch nur anzudeuten, was er etwa gesagt hat. Von der Braut ist überhaupt keine Rede. Wir fühlen es: die Hochzeit von Kana weist vollständig über sich selbst hinaus. Sie ist fast nur Hintergrund, auf dem sich eine

Donnerstag: Christusbrautschaft. 259

andere Hochzeitsfeier abhebt: die Vermählung des Gott-Königs Christus mit der Menschheit, mit der Kirche, mit der christlichen Seele. Das ist der Epiphaniegedanke der heiligen Liturgie.

2. C h r ist u s, der G 0 t t - K ö n i g, ist der B r ä u t i garn der c h r ist I ich e n See I e. Es ist Ihm nicht genug, unser Bruder, zu werden, unser Erlöser, der Weinstock, der sich uns als Seine Zweige aufpfropft und uns mit Seinem Leben erfüllt, Er will mit uns die innigste Verbindung eingehen, die es unter Menschen Überhaupt geben kann. "Der Mann wird Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und die zwei werden ein Fleisch (Wesen) sein" (I Mos. 2, 24; Eph. 5, 32). Ein großes Geheimnis nennt der Apostel Paulus diese Verbindung von Bräutigam und Braut. Aber, so erklärt er ausdrÜcklich, diese Verbindung ist nur deshalb etwas so Großes und Heiliges, weil sie ein Abbild jener andern bräutlichen Verbindung ist, welche Christus, der Herr, mit Seiner Kirche, mit unserer Seele eingeht. Da bestätigt sich das Wort erst in seiner ganzen Tiefe und Weite: "Der Mann wird Vater und Mutter verlassen und seinem vVeibe anhangen", und die zwei werden nicht ein

- Fleisch, sondern ein Geist, ein Denken und Wollen, ein Herz und ein e Seele, ein Fühlen und Empfinden, im vollkommensten sich gegenseitig Verstehen, Lieben, Besitzen, Genießen. Süß ist der Name "Vater", süß der Name "Mutter", süß der Name "Freund": aber süßer, voller klingt der Name "Braut" und "Bräutigam". Braut und Bräutigam haben alles gemeinsam, nichts Geteiltes: ein e Erbschaft, ein Haus, ein e n Tisch, ein Brautgemach, ein Herz. Zu dieser heiligen Brautschaft mit' Christus will uns der Apostel führen. "Ich bin für euch mit der Eifersucht Gottes erfüllt. Denn ich habe euch einem Manne verlobt, um euch als reine Jungfrau Christus zuzuführen." Er, der Herr, will unsere Seele als reine, unbefleckte Braut in Besitz nehmen.

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260 I I. Die hl. Weihnachtszeit: 2. Woche n. Erscheinun~ Er will der Bräutigam unserer Seele sein! Habe wir es schon richtig bedacht?

"A 11 es, was Me i n ist, ist dei n" (Lub 15, 31). Eine dreifache Auszeichnung bringt di Christusbrautschaft für unsere Seele mit sich. Di erste Auszeichnung besteht in dem erhabenen Braut geschenke der heiligmachenden Gnade, der über natürlichen Tugenden, der Gaben des Heiligen Gei stes, der Fülle des übernatürlichen Lebens, die de Herr in der Ihm vermählten Seele niederlegt. "Gan Pracht ist im Gemach die Königstochter (die Braut) von Gold durchwoben ist ihr Kleid. In farbenstrah lendem Gewand wird sie zum König hingeleitet (Ps. 44, 14). Die zweite Auszeichnung ist die Ge meinschaft der Güter. "Alles, was Mein ist, is dein", spricht der göttliche Bräutigam zur SeelE Er gibt ihr Seine Verdienste, Seine Gebete, Sei Herz, Seine Menschheit, Seine Gottheit. Er gib ihr Seinen Vater, Ergibt ihr Seine Mutter, Er gib ihr Sein Erbe im Himmel. Nichts behält Er fü sich allein zurück. So vollkommen liebt Er di Braut. Die dritte Auszeichnung: Er teilt mit ih Seine königliche Würde, Macht und Hoheit. Aucl die Braut, die einzelne Seele, soll Königin sein teilhaft der Herrschermacht des Bräutigams, er haben über die Sklaverei der irdischen Güter, de Menschenfurcht, der Welt und Weltlichkeit, - de Augenlust, der Fleischeslust, der Hoffart des Le bens; eine Königin, herrschend über die mensch lichen Leidenschaften und verkehrten Anhänglich keiten, herrschend über Sünde, Satan und Hölle "An Deine (des himmlischen Bräutigams) Recht, tritt die Königin in goldenem Gewand, in Prach gehüllt" (Ps. 44, 10). Muß unsere Seele nicht mi unwiderstehlicher Gewalt hingerissen werden, un den himmlischen Bräutigam zu umarmen, der fü sie alles geworden ist, der ihr ganz und ungeteil angehören will, der die Blüte ihrer Reinheit nich verletzt, sondern sie durch die Brautschaft er.

Donnerstag: Christusbrautschaft. 26 I

heiligt und vollendet? Muß sie sich nicht glücklich fühlen, weil sie Demj enigen angetraut und zu eigen ist, der sie mit ewiger Liebe geliebt und der für sie in den Tod gegangen ist, um sie sich in Seinem Blute zu erkaufen; Demj enigen, aus de~sen Seite sie geboren worden, durch dessen Blut sie von ihren Sünden reingewaschen und mit göttlicher Heiligkeit geschmückt worden ist. "Du, Mägdlein, höre, sieh und neig dein Ohr. Vergiß dein Volk und deines Vaters Haus. Es sehnt der König sich nach deiner Schönheit" (Ps. 45, II). "In deiner Anmut und Schöne erhebe dich, dring siegreich vor und sei Königin" (Graduale der ersten Messe am Feste einer Jungfrau-Nichtmartyrin). "Was Mein ist, ist dein."

3. "Jubelt Gott, ihr Lande all, singt Psalmen Seinem Namen. Kommt und hört, ich will euch künden, was der Herr in meiner Seele Großes wirkte, alleluj a" (Offertorium). Christusbrautschaft I Konnte der Herr an Seiner Kirche, konnte Er an uns noch etwas Größeres tun, als uns zur Brautschaft mit sich emporzuheben? Wie innig müssen wir Ihm dafür danken, daß Er in Seiner Menschwerdung sich mit der Menschheit bräutlich vermählt hat; daß Er uns alle in Seinem Tode am Kreuze in Seinem Blute gerein'igt und in der heiligen Taufe, in der heiligen Ordensprofeß uns zu Seiner Brautschaft zugelassen hat! Nun kommt Er in der heiligen Messe, in der heiligen Kommunion, um uns noch tiefer in Seine Brautschaft, in die Gemeinschaft Seiner Güter, in den Mitbesitz Seiner königlichen Macht und Würde, in die Wonnen Seiner bräutlichen Liebe einzuführen. "Vergiß dein Volk und deines Vaters Haus." Gib alles, um Ihn allein zu besitzen!

"Durch Ihn (Christus) seid ihr in allem reich geworden" (I Kor. I, 5). Ja, wir sind wahrlich reich, in der Brautschaft mit Christus. Warum sind wir also gedrückt, schwach, verwirrt, mutlos?

262 11. Die hl. Weihnachtszeit: 2. Woche n.Erscheinung. Warum haften wir so sehr an der Erde? 'IN arum denken wir fast nur an uns selbst, an unser Elend, an den Kampf, an die Mühen, an die Opfer? Darum, weil wir nicht um unsern Reichtum in Christus wissen, um unsere Brautschaft mit Ihm. Epiphanie muß das Bewußtsein unserer Christusbrautschaft wieder aufwecken und lebendig und wirksam werden lassen! Der Herr muß uns neu aufgehen als der Bräutigam der Kirche, als der Bräutigam unserer Seele!

Ge b e t.

Zunehmen möge in uns, 0 Herr, das Wirken Deiner Kraft. Dann werden wir durch göttliche Sakramente belebt und durch Deine Gnade dafür bereitet werden, zu erlangen, was sie verheißen. Durch Christus unsern Herrn. Amen •

Freitag der zweiten Woche nach Erscheinung.

Ein a n der e r C h r ist u s.

1. Die Verwandlung des Wassers in den vVein auf der Hochzeit zu Kana ist der Liturgie ein tiefsinniges Gleichnis: bei der Feier der heiligen Messe wird das Wasser in den Wein gegossen. Wie das in den Kelch gegossene Wasser in den Wein eihund übergeht und mitkonsekriert wird, so gehen wir mitopfernd in das Opfer Christi ein und werden mitverwandelt, mitkonsekriert, geheiligt, wie im äußern, so im innern Menschen. Den in der Mitfeier der heiligen Messe mitgeopferten und mitkonsekrierten Menschen stellt uns die Epistel vor Augen.

2. "W i r be s i t zen ver s chi e den e Gab e n, je nach der Gnade, die uns verliehen wurde. Hat einer ein Amt, so bleibe er bei diesem (erfülle es mit Treue); wer zu lehren hat, übe seinen Lehrberuf; wer (an den N otleidenden) Barmherzigkeit zu üben hat, tue es mit Freude; wer vorsteht, tue

Freitag: Ein anderer Christus. 263

es mit Eifer." Zufriedenheit mit den Verhältnissen, mit dem Posten, auf den man gestellt ist, mit den Talenten, Kräften, mit der Gesundheit, die einem Gott gegeben hat. Treue gegenüber den Pflichten und dem Beruf, den einer hat. Eifer in der Erfüllung der Aufgabe, die einem in dem Organismus des Leibes Christi, der heiligen Kirche, zugewiesen ist. So ist der Christ eine Epiphanie, eine Ausstrahlung des Geistes Christi, ein "anderer Christus" und gewinnt die Geister und Herzen für Christus, für die Kirche Christi, für den Himmel. Das muß die Frucht der Mitfeier der heiligen Messe sein. Wir gehören nicht uns allein an: wir stehen im Ganzen und leben der Gesamtheit. Allüberall sind wir "Christi Wohlgeruch zur Ehre Gottes unter denen, die gerettet werden, wie unter denen, die yerloren gehen: für die einen ein Todesgeruch, der den Tod bewirkt, für die andern ein Geruch des Lebens, der Leben bringt" (2 Kor. 2, 15). Das ist der mitkonsekrierte Mensch in seinem äußern Leben.

"S eid i n b r ü der I ich e I' L i e b e ein a n der zug eta n. Kommt einander in, Ehrerbietung zuvor. Erlahmt nicht im Eifer. Erglühet im Geiste, dem Dienste des Herrn ergeben. Seid fröhlich in der Hoffnung (auf das jenseitige Leben), geduldig in der Trübsal, beharrlich im Gebet. Kommet den Heiligen (d. i. den Mitchristen) in ihren Bedrängnissen zu Hilfe. Segnet, die euch verfolgen: segnet und fluchet (ihnen) nicht. Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden. Seid ein e s Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern seid mit dem Niedrigen zufrieden." Siehe da den mitkonsekrierten Menschen, den Christen, in seinem innern Leben.

3. Vollchristen im äußern Leben. Vollchristen im innern Leben, in der Gesinnung und im Werk gegenüber Gott, gegenüber uns selbst, gegenüber dem Nächsten: die Frucht der Mitfeier der heiligen

264 I I. Die hl. Weihnachtszeit: 2. Woche n. Erscheinun Messe, des Opferns und Sich-mitopfern-Iassen Christus in uns: wir ein anderer Christus!

Und das nicht nur in der Kirche oder im stillE Kämmerlein. Der Christ muß hinaus ins Lebe das Leben, die Welt durchdringen, mit Christi Gei erfüllen. Im Leben, mitten in der Welt muß er eir Epiphanie, eine Ausstrahlung Christi sein. Ma muß es ihm anmerken, daß er, bei allem Ja zu de GÜtern, Werten, Sorgen und Interessen der Urr welt, daß er bei aller Aufgeschlossenheit für N atUi Kultur und Fortschritt, ein Etwas in sich trägt, i dem er sich der Welt nie gleichförmig mache läßt: im Geschäfte, auf dem Büro, in der Fabri und in der Werkstätte ist er weitplickender, ge rechter, liebender, ruhiger alo seine nichtchrist lichen Kollegen. Er nimmt nicht alles nur so hir: wie es ihm die Tagesmeinung vorlegt: er bewerte alles von einer höheren Warte aus, rechnet mi andern Faktoren und Werten als der Nichtchrist Will er fröhlich sein, dann gibt er seinem Herrgot nicht Urlaub, vielmehr nimmt er, wie die Hoch zeitsleute von Kana, den Herrn als Festgenosser mit sich. Er ist christusförmig, ein anderer Chri, stus: in einem Leben aus dem Glauben, aus deI Hoffnung auf ein Jenseits, aus der heiligen Liebe!

Wahres Christentum schafft und umschließt wah. res, edles Menschentum, edle menschliche Tugend:

Wahrhaftigkeit vor sich selbst, Ernst, Ehrfurcht, sittliche Würde und Ehrenhaftigkeit, Treue, Mut, Tapferkeit, Selbständigkeit, Verantwortungsfreude. Die allzu sehr vergessenen Tugenden! Christ und Mensch vermählen sich!

Ge b e t.

Gott, Du hast den Menschen in seiner WÜrde wunderbar erschaffen urid noch wunderbarer erneuert: laß uns durch das Geheimnis dieses Wassers und Weines an der Gottheit dessen teilnehmen, der sich herabgelassen hat, unsere Menschennatur

Samstag: Epiphanie der Liebe. 265

anzunehmen, Jesus Christus, Dein Sohn, unser Herr. Amen. (Gebet bei der Vermischun~ des Wassers mit dem Wein zur Opferung.)

Samstag der zweiten Woche nach Erscheinung.

E p i P h a nie der L i e b e.

1. Das Wandlungswunder in Kana ist eine Epiphanie, eine Erscheinung der \Vundermacht, aber ebenso eine Epiphanie der Liebe des göttlichen Heilandes zu uns Menschen.

2. Der Her I' n i m m t a n der Hoc h z e i t ganz einfacl;er, kleiner Leute aus dem Volke teil. Er will die Hochzeitsleute ehren, erfreuen, beglükken. Er liebt es ja, bei den Kleinen zu sein. Es fügt sich - die Hochzeit dauert in Palästina mehrere Tage lang -, daß den Hochzeitsleuten der Wein ausgeht. Der Heiland hilft durch ein Wunder Seiner Macht. Das Wunder der Macht hat aber seinen Grund in Christi Liebe, in Seiner innern Teilnahme an der Not der Hochzeitsleute, in dem Verlangen, überall zu helfen. Er ging über die Erde "Gutes tuend" (Apg. IO, 38). Er ist das menschgewordene göttliche Erbarmen, die vom Himmel herabgestiegene Liebe. Eine Liebe, die sich nicht in einen kleinen Kreis von Getreuen einschließt; eine Liebe, die weit ist, wie das Erdenrund; eine Liebe, die mitfÜhlt, sich mitfreut, mitleidet und sich allen mit ganzem Interesse hingibt.

"D a s ist M ein Geh 0 t, daß ihr e u c h e i nan der li e b e t, wie Ich euch geliebt habe" (Joh. I5, I2). Wie liebt Er uns? In der Krippe, am ölberg, am Kreuze, im Tabernakel, in der heiligen Kommunion? Er "liebte die Seinen bis zum Ende" (Joh. 13, 1), bis zur Hingabe Seiner Ehre, Seiner Freiheit, Seines letzten Tropfen Blutes, Seines Lebens. So liebt Er uns Menschen, die wir Ihn soviel beleidigen, Seiner vergessen. "Vater, verzeihe ihnen" (Luk. 23, 34). Wir sollen so lieben, wie Er

266 11. Die hl. Weihnachtszeit: 2. Woche n. Erscheinung.

uns geliebt hat. Er hat die Nächstenliebe zum Kennzeichen Seiner wahren JÜngerschaft gemacht (Joh. 13, 35). Um die irdischen Dinge hat Er sich nicht viel gekümmert: aber ein "neues Gebot" hat Er uns auf die Seele gebunden. Ich muß eine Epiphanie, eine Ausstrahlung Seiner Liebe zum Nächsten sein, mich für meinen Mitbruder in Christus opfern wie Er, verzeihen wie Er, ertragen wie Er, für des Nächsten Seelenheil mit Gebet und Opfer eifern wie Er, ihm Gnade erwirken, ihm den Himmel miterwerben, wie Er getan. Ein lebendiges Nachbild des liebenden Herzens des Heilandes! "Das ist Mein Gebot."

3. Von dieser Epiphanie der Liebe spricht die Epistel so eindringlich. "Seid in brüderlicher Liebe einander zugetan! Segnet, die euch verfolgen. Seid eines Sinnes." Echtes Christenleben bewährt sich in der ertragenden, geduldigen, eifernden, verzeihenden, dienenden Liebe, sogar gegenüber dem Feinde und Hasser. "Ein neues Gebot gebe Ich euch" (Joh. 13, 34). Euch, der neuen, in Mir begründeten, von Meinem Geist und Meiner Kraft durchlebten Gemeinschaft.

"Communicantes." In Gemeinschaft stehend, ein geschlossenes Zueinander und Füreinander undJl,1iteinander, treten wir zum Al tal'. Voran Christus, unser Hoherpriester, unser Haupt: mit Ihm die gesamte Gottesfamilie im Himmel und auf Erden, alle zusammen ein Herz und ein e Seele, im gleichen Glauben, im gleichen Verlangen, anzubeten, zu danken, zu lobsingen, sich opfernd hinzugeben, zu sÜhnen, um Licht und Gnade zu beten. Keiner kann sich für sich allein opfern, ohne die andern, von der Gemeinschaft getrennt, uneins mit den Brüdern, ihnen abgeneigt, haßerfÜllt. Nur die um den sich opfernden Christus gescharte, ein Herz und eine Seele gewordene Gemeinschaft, der "Liebesbund" ist in Wahrheit Teilhaber des Opfers und Erbe der Frl1cht des Opfers der heiligen Messe. "Uber

Samstag: Epiphanie der Liebe. 267

alles die Liebe" (Kol. 3, 14), "aus reinem Herzen, gutem Gewissen und ungeheuche1tem Glauben" (1 Tim. I, 5).

"Glühend im Geiste." Es ist heute so viel Glut in der Welt. Die Glut des Hasses, die Glut der Leidenschaften, die Glut der sinnlichen Liebe. Uns Christen ruft die Kirche zu: "Glühend im Geiste". Brennend von Himmelsglut. Von der Glut des Heiligen Geistes Entflammte! In dieser verzehrenden Glut der Liebe, die der Heilige Geist uns in die Seele legt, "dienen wir dem Herrn, sind wir in der Hoffnung fröhlich, in der Trübsal geduldig, im Gebete beharrlich, nehmen wir an den Bedrängnissen der andern teil, segnen wir, die uns fluchen, freuen wir uns mit den Frohen und weinen wir mit den Weinenden". Die Frucht des heiligen Opfers und des Hochzeitsgelages der heiligen Kommunion! Der Christ, erglühend vom Geiste Christi, ein Abglanz des Herrn! Voll Eifer, Frische, Leben für alles, was Gott, die Kirche und die Seelen angeht!

Ge be t.

Mit himmlischem Lichte komme uns, 0 Herr, wir bitten Dich, immer und Überall zuvor, damit wir das Geheimnis, an dem Du uns teilnehmen lässest, mit reinem Auge schauen und mit geziemender Andacht in uns aufnehmen. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Die liturgische Meßfeier des dritten Sonntags nach Erscheinung.

1. "Der Herr ist König." Anbetend nahen sich die Engel dem Thron Seiner Herrlichkeit. Von fern steht die Erde. Aber sie hat vom Königtum Christi vernommen: als König und Herr hat Er an Epiphanie sich Seiner Kirche kundgegeben. Jubel erfüllt die Kirche, es jauchzen ihre Töchter (Introitus). Sie kommt, im heiligen Opfer, sich dem König mit ganzer Seele hinzugeben. Du erhabener König Himmels' und der Erde, erbarme Dich unser (Kyrie eleison), "schau gnädig auf unsere Ohnmacht und strecke die Rechte Deiner Majestät zu unserem Schutz aus" (Oration). Es ist gut, daß Er über uns herrsche, daß Er in uns herrsche und mit gewaltiger Kraft Sein Reich in uns ausgestalte. Da sind so viele Provinzen und Stätten ihm noch nicht unterworfen. Die Epistel nennt einige dieser noch unerlösten Gebiete: eingebildetes Wesen, Rachsucht, Menschenrücksicht, Unverträglichkeit u. a. "Schau gnädig auf unsere Ohnmacht!" Wir vermögen uns von uns selbst nicht zu befreien. Nur die Gnade, nur Christus, Seine Herrschaft kann uns vor uns selber retten. Drum sei Er König in uns, in der Gemeinschaft der Kirche wie für die einzelnen. "Der Herr hat Sion (die Kirche, das Reich Seiner Gnade in der Kirche, in der Seele) aufgebaut, da zeigt Er sich in Seiner Herrlichkeit" (Graduale), wo Er unsere ungeordnete Natur Seinem Zepter unterwirft, sie heilt und belebt. "Strecke die Rechte Deiner Majestät zu unserem Schutz aus." Dieses Wort des Kirchengebetes illustriert das Evangelium. "Herr, wenn Du willst, kannst Du mich rein machen", sagt der mit dem Aussatz Behaftete. Und J esus will. Er ist der Herr über die Krankheit des Leibes. Er will - und der Aussätzige ist rein. Sind

Die liturg. Meßfeier des 3. Sonntags n. Erscheinung. 269 wir nicht selber der Kranke des Evangeliums? Christi Herrschaft ist eine Herrschaft zur Gesundung, zum Aufbau, zum Leben. So kommt der heidnische Offizier und bittet um die Heilung seines schwerkranken, dem Tode nahen Dieners. Der Heiland erweist Seine Macht und schenkt ihm aus der Ferne, ohne ihn zu sehen oder zu berühren, das neue Leben. Wahrlich, "der Herr ist König". "Mächtig waltet die Hand des Herrn: ich werde nicht sterben, sondern leben" (Offertorium).

2, Wir ziehen im Opfergang dem Altar, d. i. Christus, entgegen. Allzu lange haben wir uns mit unsern Krankheiten und Wunden herumgeschleppt. Wir wollen mit dem Vergangenen brechen und ein gesundes, kräftiges, sittliches Leben leben. Drum gehen wir Christo entgegen. "Strecke die Rechte Deiner Majestät zu unserem Schutz aus!" "Sei Du König über uns", über das Außere und das Innere, über den Geist und den Willen, die Phantasie und die äußern Sinne! Alles machen wir zu einer ORfergabe und legen sie auf die Patene. Bald kommt Er und vereinigt unsere Gabe mit der heiligen Opfergabe, die Er selber ist, durchherrscht und durchglüht sie mit Seinem Geist, mit dem strahlenden Licht Seines Wesens, Strebens und Wollens. Nun hat Er uns aus unserer Ohnmacht herausgerissen. "Die Hand des Herrn hat mich erhoben." In heiliger Opfergemeinschaft hat Er unser W es~n an das Seine gebunden, unser Beten, Arbeiten und Leiden engstens an das Seinige geknüpft. "Nicht mehr ich lebe, vielmehr Christus lebt in (Ilir" (Gal. 2, 20). Er besiegelt Seine Herrschaft über uns in der heiligen Kommunion. Da kommt Er in die arme Wohnung unseres Herzens und nimmt von ihm Besitz. Er will herrschen. Er legt Seine Hand auf unsere Seele, gibt sich ihr zur Nahrung und wandelt sie um, daß sie aus Ihm lebe, Seine Art annehme, Sein Wesen widerstrahle. "Da wunderten !lieh alle über das Wort, das aus dem Munde Gotte"

hervorging" (Communio), über die eucharistische Gotteskraft in der Seele. "Zukomme uns Dein Reicht« 

Dritter Sonntag nach Erscheinung.

"D i e R e c h ted e s Her r n."

1. "Der Herr erbaut Sion (die Kirche): dort erscheint Er in Seiner Herrlichkeit" (Graduale). Heut ist Epiphanie, die Erscheinung des Gott-Königs Christus in Seiner heiligen Kirche. Da ist Er uns erschienen und erscheint Er uns immer wieder, um unter uns die Herrschaft Seiner erbarmenden, helfenden Liebe aufzurichten. Wir huldigen Ihm. "Der Herr ist König: jauchze, Erde (Kirche, meine Seele)."

2. "D er Her r erb au t s ich S ion: dort erscheint Er in Seiner Majestät." "Betet Ihn an, ihr Engel alle." "Sion", die Kirche, die um den Altar versammelte Gemeinde, "hört die Botschaft und freut sich." Sie drängt sich um den Herrn, der in der heiligen Messe in ihrer Mitte erscheint, und huldigt. Zuerst mit dem tiefen, starken Glauben des römischen Offiziers im Evangelium: "Herr, sprich nur ein Wort, und mein Knecht ist gesund." "Wahrlich, einen solchen Glauben habe Ich in Israel nicht gefunden." Sie huldigt sodann mit dem Vertrauen des Aussätzigen im Evangelium: "Herr, wenn Du willst, kannst Du mich rein_machen." "Ich will, sei rein." Wir huldigen endlich. mit unserem Leben. "Brüder, haltet euch selbst nicht für klug. Vergeltet niemand Böses mit Bösem. Seid auf das Gute bedacht nicht nur vor Gott, sondern auch vor allen Menschen. Bleibt, soviel an euch liegt, mit allen Menschen im Frieden. Rächt euch nicht selbst. Vielmehr, wenn dein Feind Hunger hat, gib ihm zu essen; wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken. Laß dich nicht vom Bösen (das andere dir antun) überwinden, sondern überwinde du das Böse durch das

Sonntag: "Die Rechte des Herrn." 271

Gute (mit dem du den andern vergiltst, was sie dir Böses getan)" (Epistel).

Die Herrschaft des Gott-Königs Chris tu s in Seinem Reiche, in der heiligen Kirche, in den einzelnen! Das Göttliche steigt zur rauhen Wirklichkeit herab, zur tiefsten Not des Menschen, um zu heilen, zu helfen. "Da streckte Jesus Seine Hand aus, rührte den Aussätzigen an und sprach:

"Ich will, sei rein." "Und sogleich war er von seinem Aussatz rein" (Evangelium). Im Aussätzigen des Evangeliums erkennen wir uns selber. Aus unendlicher Liebe streckte einst Jesus, da wir die heilige Taufe empfingen, Seine Hand aus, rührte uns an und sprach: "Ich will, sei rein." Eine Herrschaft des Erbarmens, der helfenden Liebe! Das ist die Epiphanie des Herrn! "Gott ist die Liebe." In Christus ist die Liebe Gottes Mensch geworden, unter uns erschienen, um zu retten, zu helfen, zu heilen, zu erlösen. Er verlangt den Glauben des römischen Offiziers, das Vertrauen, das flehentliche Rufen des armen Aussätzigen: "Herr, wenn Du willst, kannst Du mich rein machen."

3. "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder, die Rechte des Herrn erhöht mich: ich sterbe nicht, ich lebe und verkünde die Taten des Herrn", die Wunder Seiner Macht und Liebe, die Er an mir in der heiligen Taufe, so oft im Sakrament der heiligen Buße gewirkt, die Er heute in der Feier der heiligen Messe, im Empfang der heiligen Kommunion an mir wirken will. ,~Ich gehe nicht zu Grunde, nein, ich werde leben" (Offertorium) durch die Liebe und das Erbarmen des Gott-Königs Christus, der in Seiner heiligen Kirche erschienen ist, lebt und wirkt. Ich glaube. Ich danke.

"Viele, d. i. die Heiden, werden vom Aufgang und Niedergang kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische sitzen (heilige Eucharistie, Kommunion): die Kinder des Reiches aber (das auserwählte Volk der Kinder Israels) werden hin-

272 II.Diehl. Weihnachtszeit: 3. Woche n.Erscheinung. ausgeworfen in die Finsternis" (Evangelium). Aus den Heiden, aus uns, "erbaut sich der Herr Sion, die Kirche". "Die Heiden werden Deinen N amen fürchten und alle Könige der Erde Deine Herrlichkeit" (Graduale). Wir danken. Wir bewundern Seine Gnade und unverdiente Liebe. Wir bereuen, daß wir Seiner Gnade und Liebe so wenig entsprochen haben I

Gebet.

Allmächtiger ewiger Gott, schaue gnädig nieder auf unsere Ohnmacht und strecke aus die Rechte Deiner Maj estät, um uns zu schützen. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Montag der dritten Woche nach Erscheinung.

GI a u ben.

1. "Wahrlich, Ich sage euch, einen so großen Glauben habe Ich in Israel nicht gefunden" (Evangelium). Das Volk der Auserwählung hat die Offenbarung, hat die Patriarchen, das Gesetz des Moses, die Propheten, die Heilige Schrift, den Tempel, die Opfer, den Kultus. Es glaubt nicht an Jesus. Daneben der Heide, der römische Offizier, voll des lebendigen Glaubens an Jesus. Du brauchst gar nicht in mein Haus zu kommen, den kranken Knecht zu ,sehen, um ihn zu heilen; ein Wort von Dir, aus der Ferne gesprochen, genügt, ihn gesund zu machen: "Herr, sprich nur ein Wort." "Wahrlich, einen so großen Glauben habe Ich in Israel nicht gefunden."

2. J es u s ver I a n g t GI au ben. Er verbirgt Seine Gottherrlichkeit unter dem Schleier der Menschennatur, der Abhängigkeit von einer menschlichen Mutter, von der Natur, von den verschiedenen Lebensnotwendigkeiten und LebensbedÜrfnissen. Er verbirgt sie unter dem Schleier der Armseligkeit und der Leidec ~ur dem Glauben geht

Montag: Glauben.

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die Gottherrlichkeit auf, die sich hier verbirgt. Und Jesus fordert Glauben, ganzen Glauben. "Selig, die nicht sehen, die aber glauben" (Joh. 20, 29). Diesen Glauben findet Er im Volk der Auserwählung nicht, Israel erwartet einen Messias, der es von der drückenden Herrschaft der Römer befreie; der es politisch-national hochbringe; der ihm irdische Güter und zeitliche Wohlfahrt verschaffe. Vor lauter Mühen um das Gegenwärtige, Zeitliche, verliert es den Sinn und Blick für das, was in Wahrheit für einen Menschen und für ein Volk einen Wert haben kann: für das Ewige, Göttliche, Trotz aller Propheten und heiligen Schriften! So kommt es, daß Israel an Seinen Messias nicht glaubt. Ja, daß es von dem Heiden Pilatus Seinen Tod verlangt: "Ans Kreuz mit Ihm!" Das Volk der Auserwählung wird hinausgestoßen. Die Heiden treten ein.

Der römische, heidnische Offizier wird Vertreter der Heidenweit, ähnlich wie es an Epiphanie die drei Weisen aus dem Osten waren, In ihm kommen wir mit einem frischen, freudigen Glauben zum Herrn, "Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes" (Matth. I6, I6). Wir sagen Ja zu Jesus, zu Seiner Person, zu jedem Seiner Worte, zu Seiner Kirche mit ihren Lehren, Geboten und Sakramenten, So hat uns der Heiland im Evangelium von heute geschaut: "Viele (aus der Heidenwelt) werden vom Aufgang und Niedergang kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tische sitzen,"

3. Wir bewundern den Glauben des römischen Offiziers, Er kennt nicht die Heilige Schrift, nicht die Propheten, nicht die Großtaten, die Gott am Volke Israel gewirkt. Und trotzdem glaubt er an ]esus. Er glaubt, daß Er die Macht hat, seinen Knecht sogar aus der Ferne zu heilen. Nur ein Akt Seines Willens. Und mit welcher Ehrfurcht er gegen den Herrn erfüllt ist! Er fühlt sich dessen nicht würdig, daß J esus sein Haus betrete! Ganz Baur, Werde Lichtl I. 18

274 II.Die hl. Weihnachtszeit: 3. Wochen,Erscheinung. anders die Juden. Sie verschließen ihre Augen den Wundern des Herrn. Sie tun, als kennten sie die Prophezeiungen des Alten Testamentes nicht. Das geheimnisvolle Wirken der Gnade! "Wessen Ich Mich erbarme, dem schenke Ich Erbarmen, und wem Ich Barmherzigkeit erweisen will, dessen erbarme Ich Mich" (Röm. 9, 15; 2 Mos. 33, 19). Demnach, so fährt der Apostel fort, ist nicht das Wollen oder das Laufen (das Mühen des Menschen) entscheidend, sondern Gottes Erbarmen (Röm. 9, I6). Wenn wir zu Christus und Seinen Reichtümern berufen sind, wenn wir glauben, dann ist es nicht unser eigenes Verdienst, sondern ganz Gnade und Erbarmen Gottes.

Wem gibt Gott Seine Gnade? Den Kleinen, den Demütigen. "Ich preise Dich, Vater, Herr Himmels und der Erde, daß Du dieses (Jesu Wort, Predigt) vor Weisen und Klugen verborgen, Kleinen aber geoffenbart hast" (Matth. II, 25). Die Weisen, die Wissenden des Volkes Israel, die Schriftgelehrten, vertrauen und pochen auf ihr Wissen. Ihnen bleibt Jesus verborgen. Den Kleinen, die nicht auf menschliches Wissen pochen können, die einfältig Jesu Wort nehmen, wie es liegt, denen wird es klar und verständlich. "Ja, Vater, so war es Dir lieb." "Den Hoffärtigen widersteht Gott, den Demütigen gibt Er Gnade" (I Petr. 5, 5).

"Wer zu stehen glaubt, sehe zu, daß er nicht falle" (I Kor. 10, 12). Konnte Israel die Gnade mißbrauchen, sollen wir es nicht ebenso können? Und in der Tat! Wie wenig sind wir der Gnade und ihren Anregungen ganz treu! Wie wenig meiden wir die "kleinen" Sünden und Untreuen. Wir nehmen es mit Gott und Christus so leicht und ziehen Seinem Wunsch und Willen unsere eigenen Wünsche vor.

"Wenn nun einige Zweige ausgebrochen wurden und du, der 'wilde Olzweig (aus dem Heidentum) zwischen ihnen eingesetzt wurdest und so an der Wurzel und am Safte des edlen Olbaumes Anteil

Dienstag: Der göttliche Baumeister. 275

erhieltest, so überhebe dich nicht über die andern Zweige (über das hinausgestoßene Israel), Um ihres Unglaubens willen wurden sie ausgebrochen, du hingegen bist um des Glaubens willen eingesetzt. So sei nicht hochmütig, sondern fürchte dich. Denn hat Gott der natürlichen Zweige nicht geschont, so wird Er auch deiner nicht schonen" (Röm. I I, 17 ff ,).

Ge bet,

o Herr, Du schenkst uns Teilnahme an solch großen Geheimnissen. Wir bitten Dich, gib, daß unser Leben ihnen im Werke entspreche. Amen.

Dienstag der dritten Woche nach Erscheinung, Der g Ö t t I ich e 8 au m eis t e r,

1. "Der Herr baut Sion auf" (Graduale), Sein Reich, die heIlige Kirche, Ein Reich aus Seinem Geiste, ein Reich des Friedens, der Liebe. So ki.indet es uns die Epistel des dritten Sonntags nach Epiphanie,

2. "Ver gel t e t nie man d Bös e s mit Bösem." Der unerlöste Mensch, die Welt, muß sich rächen, Im Nachgeben, im Verzeihen, im ruhigen Hinnehmen einer Kränkung erkennt er nicht eine Tugend, sondern nur Schwäche. Seine Parole lautet: man darf sich nichts gefallen lassen. Aug um Aug', Zahn um Zahn! "Ich aber sage euch: \Viderstehet nicht dem Böswilligen. Vielmehr, wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, so halte ihm auch die andere hin" (Matth. 7, 39), Und Er läßt es nicht bei Worten bewenden, Er geht mit dem guten Beispiel voran, Er wird geschlagen, gelästert, angespieen, ungerecht angeklagt, zum Tode verurteilt: und Er schweigt. "Jesus aber schwieg", sagt das Evangelium so bedeutungsvoll. Er hat für diejenigen, die Ihm Böses getan, nur eine Entschuldigung beim Vater und ein Gebet: "Vater, verzeihe ihnen, sie WI ssen nicht was sie tun." "Der

18 $

276 I!. Die hJ. Weihnachtszeit: 3. Woche n, Erscheinung. Herr baut Sion auf," Er richtet in den Getauften, in uns, Sein Reich auf Er will in uns Sein Leoen weiterleben, Ja, Herr, "zu uns komme Dein Reich". Lebe Du in uns, durchherrsche Du uns mit Deinem Sinn und Geist, auf daß wir in Wahrheit Dein Reich seien, eine lebendige Offenbarung und Ausstrahlung Deines Wesens, Deiner Güte, Deiner Liebe .

.,überwinde das Böse im Guten," Das ist der Geist Christi, das ist Christentum und Frömmigkeit. "Wenn dein Feind Hunger hat, so gib ihm zu essen." Diese eine Rache ist erlaubt: vergelte das Böse, das man dir antut, mit Gutem, mit Wohlwollen, mit Wohltun. "überwinde das 'Böse im Guten." "Tut Gutes denen, die euch hassen und betet für die, welche euch verfolgen" (Matth, 5,44). Der Christ muß "rücksichtslos gut sein", sonst ist er es nicht genug! Von jedem, der ihm Böses zugefügt, denkt er gut; er will ihm wohl, er tut ihm Gutes und vergilt das Böse mit Gutem, Das ist die Forderung der Epistel: Das ist der Geist Christi, der Geist, der die Getauften, die Glieder an Christus dem Haupt, erfüllen und leiten muß,

3· "Der Herr baut Sion auf", Sein Reich, wenn Er heute in der Feier der heiligen Messe in Seiner Kirche und in der heiligen Kömmunion in unsern Seelen "erscheint", Epiphanie feiert, Er hat keine leichte Arbeit, Das Material, mit dem Er bauen soll, ist spröde, unbehauen, fast unbrauchbar~ unsere Herzen, unser Geist, unser SlIll1 so voll Eigenliebe und Stolz, so voll Empfindlichkeit und Enge, so voll liebloser und gehässiger Gedanken, Regungen, Urteile; unser T,ag, so angefÜllt mit übelwollenden Bemerkungen, Kritiken, Anspielungen. Wir erkennen heute im Lichte der Epistel wieder unsere Verderbtheit, den Mangel an echter Wesensgüte, an aufrichtigem Verzeihen und Wohlwollen. Wir flehen von g-anzem Herzen: "Zn JJ..IJ5 komme Dein Reich." Herr, bilde uns um, Er-

Mittwoch: Lebensgememschaft mit Gott. 277

fÜlle unser Herz mit den Gedanken und der Güte Deines heiligsten Herzens.

"überwindet das Böse im Guten", im aufrichtigen Wohlwollen, in der Güte, pie GÜte ist die Blüte. die Krone, die Frucht der Liebe, die vollkommenste Entfaltung der christlichen Persönlichkeit, die Vollendung der Nachfolge Christi, "Ziehet als Auserwählte Gottes herzliches Erbarmen an, Güte, Demut, Sanftmut und Geduld" (KaI. 5, 10), Güte im Denken, im Reden, im Tun! Das muß die Frucht des liturgischen Lebens, insbesondere der Mitfeier der heiligen Messe sein,

Die heilige M esse ist Gemeinschaftsfeier, Wir können das heilige Opfer nur soweit mit feiern, als wir mit den Brüdern in Christus ein Herz und ein e Seele zu sein bestrebt sind, "Communicantes," In Gemeinschaft stehend, nicht nur dem Körper nach, um den ein e n Altar geschart, vor allem der Seele, dem Geiste, dem Herzen nach, in aufrichtigem Wohlwollen. "Unser tägliches Brot gib uns heute. Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben. Führe uns nicht in Versuchung," Das ist die Sprache des christlichen vVohlwollens.

Ge b e t.

Herr, Du schenkst une; die Teilnahme an den Gnaden der hei!Jgen Messe und der heiligen K(.mmunion, Wir bitten Dich, gib, daß unser Leben diesen Gnaden entspreche, Amen,

Mittwoch der dritten Woche nach Erscheinung.

Lebensgemeinschaft mitGott.

I. "Neu erstehen läßt der Herr die Sionsstadt.

Dort offenbart Er sich in Seiner Majestät" (Graduale), Das alte Si on, Jerusalem, ist gefallen, Das neue ersteht: es wi rd vom Herrn aus den Heidenvölkern aufgebaut, Wie? Er gibt ihnen "das neue

/

278 11. Diehl. Weihnachtszeit: 3. Woche n. Erscheinunf Leben", wie dem Aussätzigen und dem Knecht de römischen Offiziers im heutigen Evangelium. "Ic. werde leben und die Werke des Herrn verkündigen (Offertorium) .

2, Das neu e Leb e n ist T eil nah m e a n g ö t t I ich e n Leb e n, Das neue Leben, das un durch Christus in Seiner heiligen Kirche gegebel wird, besteht nicht etwa bloß darin, daß nunmehl Christus als Gottmensch und als Erlöser angebete wird. Noch viel weniger bloß darin, daß Er ab reiner Mensch verehrt wird, der die Menschheil durch die Predigt einer neuen Sittlichkeit erlös1 und ihr so neue Wege des religiösen Lebens gezeigt und das BeispIel der Tugend gegeben hat. Das neue Leben besteht darin, daß wir durch Christus am göttlichen Leben Anteil haben, Darin, daß wir all unserer - Unwürdigkeit zum TFotz das göttliche Leben mitbesitzen und mitleben dürfen, das göttliche Erkennen miterkennen, das göttliche Wollen mitwollen dÜrfen, jetzt hier auf Erden, einst ewig im wonnigen Mitbesitz und Mitgenuß des seligen Lebens des Vaters und des Sohnes im Hei, ligen Geiste, "Seht, wie große Liebe uns der Vater bewiesen hat, daß wir Kinder Gottes heißen und sind" (I Ioh, 3, I), "Dadurch hat Er uns die wertvollsten und größten Verheißungen gegeben, damit ihr durch sie den verderblichen Lüsten der Welt entrinnet und der göttlichen Natur teilhaftig werdet" (2 Petr. I, 4).

Das neu e Leb e n ist Leb e n s g e m e i nschaft mit Gott, "Wer Mich liebt, wird Mein Wort halten, Ihn wird auch Mein Vater lieben und wir werden zu Ihm kommen und Wohnung bei Ihm nehmen" (Joh, 14, 23). Vater und Sohn und der Heilige Geist verharren in bleibender, gnadenvoller Gemeinschaft mit der Seele, Ein Leben zu zweien, mit einem neuen, das tiefste Innere des Menschen umwandelnden Lebensgefühl, Lebensglück, einer unerschöpflichen Lebensfülle. Wir füh-

Mittwoch: Lebensgemeinschaft mit Gott. 279

len und wissen uns in der Gememschaft mit Gott, als Kinder, als Auserwählte, Geliebte Gottes. Wir leben im Gedanken an Ihn, an Seine Güte, an Seine Liebe und Liebenswürdigkeit. Wir halten Zwiesprache mit Ihm wie das Kind mit dem Vater. Und Gott überflutet unsern Geist mit Seinen Erleuchtungen und unsern Willen mit Seinen wunderbaren Kraftmitteilungen, Bisweilen überströmt Er unser Herz mit Semen unaussprechlichen Süßigkeiten, bisweilen prüft Er uns mit Geistesdürre und Trockenheit, Aber immer ist Er da. Er hält uns und steuert unsere Seele mit sicherer und fester Hand durch die Nebel und durch die Brandungen wie ein geschickter Lotse das Schiff, das ein sich selber mißtrauender Kapitän ihm übergeben hat,

3, "Der Herr baut sich Sion auf": die neue Gemeinschaft, die Kirche, die neue Menschheit, indem Er sie mit dem neuen Leben erfüllt und durchflutet. Dieses neue Leben kann nur aus den Tiefen des göttlichen Lebens geboren werden, Christus schenkt es uns, und niemand anderer kann es uns geben, Er hat es quellhaft in sich und kann es wieder ausströmen lassen. Er hat vom Vater die Macht über alles Fleisch, damit Er allem, was Ihm anvertraut ist, das ewige Leben verleihe,

"Wer von diesem Brote ißt, wird leben in Ewig, keit" (Joh. 6, 48). Das neue Leben ist Leben aus der Kraft Christi. Es strömt uns im Opfer der heiligen Messe und in der heiligsten Eucharistie mit den übrigen Sakramenten zu.

Was können wir anders als danken? Und mit der heiligen Liturgie jubeln: "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder, die Rechte des Herrn hat mich erhöht: ich sterbe nicht, ich werde leben und werde künden die Werke des Herrn" (Offertorium). Und vertrauen! Wir sind durchflutet vom Leben, vom Licht, von der Kraft des Herrn. Wir sind Ihm lebendig verwachsen, beständig von Seinem Geist und Seiner Kraft durchlebt. Dürfen wir also nicht

280 I I. Die hl. Weihnachtszeit: 3. Woche n. Erscheinung.

mit dem Apostel vertrauen: "Ich kann alles 111 dem, der mich stärkt"?

Gebet.

Allmächtiger eWiger Gott, schaue gnädig nieder auf unsere Ohnmacht und strecke aus die Rechte Dell1er Majestät, um uns zu schützen. Durch Christus unsern Herrn, Amen,

Donnerstag der dritten Woche nach Erscheinung.

"Sei rein!"

1. Als Jesus vom Berge herabgestiegen war, folgte Ihm eine große Volksschar. Da kam ein AussätZiger, fiel vor Ihm nieder und sprach: "Herr: wenn Du willst, kannst Du mich rein machen," Da streckte Jesus Seine Hand aus, rührte ihn an und sprach:

"Ich will, sei rein" (Evangelium). Eine Erscheinung und Offenbarung der Güte und Macht des Herrn über die Krankheiten,

2, "H e r r, wen n Du will s t, k a n n' s t Du mi c h re i n mac he n." Der Aussatz verunreinigt, entstellt. Er ist den Lehrern des geistlichen Lebens ein anschauliches Sinnbild jenes furchtbaren Lasters, das wie kein anderes die Seele, den Geist, selbst den Körper angreift, erniedrigt, entstellt und verheert. Tief in uns drinnen steckt eine dem 'liVahnsinn verwandte Leidenschaft von furchtbarer Gewalt, ein häßlich tierischer Trieb, der uns zur Sünde der Unreinigkeit drängt. EII1 Feuer, das nicht damit zufrieden, die eigene Seele zu fressen, von ihr ausgeht, um auch andere zu verzehren, Und wie diese Leidenschaft demjenigen, der ihr nachgibt, schadet, ihn unglücklich macht, ihn um alles bringt! Soll das Reich Gottes sich in einer Seele niederlassen, dann ist die erste Forderung, daß sie rein sei. "Herr, wenn Du willst, kannst Du mich rein machen." "Ich will, sei rein." J esus will, daß wir rein seien. Frei von der Sünde der Unkeuschheit im

Donnerstag: "Sei rein!"

281

Denken, im Empfinden, im Verlangen, im Wollen, im Werk. Wie kann es anders sein, nachdem wir in der heiligen Taufe Ihm aufgepfropft worden sind? Zweige an Ihm, dem Weinstock, Glieder Christi, des Hauptes, in Sein Leben einbezogen, der Seele und dem Leibe nach. Auch der Leib gehört Christo an, und ist Christo, dem Haupte untergeordnet, von Ihm durchlebt, wegen unserer Eingliederung in Christus den Wünschen, Begierden und Werken der bösen Begierlichkeit entzogen, Wohl bleibt der Kampf. Aber wir haben Christus, den Starken, den Reinen, auf unserer Seite, in uns. "Ich will, sei rein." Ich gebe dir die Kraft, die Gnade, rein zu sein.

"S e I i g , die re i n e n Her zen s si n d" (Matth. 5, 6). über die Reinheit von der Sünde der Unkeuschheit hinaus verlangt und erwartet der Herr von uns die vollkommene Herzensreinheit, Sie duldet keine Anhänglichkeit an die Sünde, heiße diese wie immer. Sie verzeiht sich keinen bewußten Fehler und schließt nie Frieden mit ihm: sie verfolgt ihn bis in die letzten Sclllupfwinkel. Sie schlägt zielbewußt, mit stahlhartem Wollen, den schmalen Weg ein, der zum Leben führt. Sie ist bereit, durch die Feuer der Leiden und Prüfungen zu gehen und sich durch Gott von allen ungeordneten Neigungen und Wünschen reinigen zu lassen. Sie tut alles, um von der Macht der Sinnlichkeit, der Selbstsucht, des Stolzes und Eigendünkels geläutert zu werden, um so ein klarer Spiegel zu werden, in welchem Gottes Schönheit widerstrahlt. Sie ist die Frucht steter Opfer, einer ernsten äußern und innern Abtötung. Sie ist die Frucht vor allem des Wirkens der Gnade. "Selig die reinen Herzens sind." Selig, die es mit der Abtätung ernst nehmen und die sich so über alles Irdisch-Menschliche immer vollkommener zu Gott erheben.

3· "Herr, wenn Du willst, kannst Du mich rein ma<;,hen." "Neu erstehen läßt der Herr die Sions-

282 Ir. Die hl. Weihnachtszeit: 3, Woche n. Erscheinung. stadt (die christliche Seele). Dort offenbart Er sich in Seiner Majestät" (Graduale), Er selbst ist der Liebhaber der Reinheit. Er will in uns Christen Sein Leben weiterleben. Sein Interesse und Seine Sorge ist es, daß wir, die Glieder, Ihm, dem-Haupte, ähnlich gestaltet seien, eine Epiphanie und Ausstrahlung der Reinheit Seines Wesens. "Ihr seid Licht im Herrn, Wandelt als Kinder des Lichtes" (Luk. 16, 8; Eph, 5, 8), Innig flehen wir für uns und alle unsere Brüder in Christus: "Herr, wenn Du willst, kannst Du mich rein machen." Mache uns rein!

Kein anderes Leben kann uns Menschen genügen als das selige Leben am Herzen Gottes, das Mitleben, Mitgenießen, Mitlieben mit Gott in der Gemeinschaft der Heiligen und Seligen des Himmels. Wir sollen ein Gefäß werden, in das sich das göttliche Leben, die göttliche Lauterkeit und Heiligkeit ergießt und das die göttliche Herrlichkeit bis zum Rande füllt. Ja, dies Gefäß soll dereinst in die Herrlichkeit Gottes hineingetaucht, von ihr durch, drungen werden, leuchtend in ihrer entzÜckenden Reinheit und Pracht, ein Entzücken für Gott und den ganzen Himmel. Wie könnte Gott aber etwas Unreines in Seine Nähe ziehen? Daher die Forderung der Reinheit. Wer Gott nahekommen will, muß rein sein, Gott ähnlich. Gottesnähe und Gottähnlichkeit gehören zueinander.

Wir kommen heute zur heiligen Messe mit der großen Bitte des Aussätzigen auf den Lippen:

"Herr, wenn Du willst, kannst Du mich rein machen." Er kommt in der heiligen Messe, um uns mit der Reinheit Seines Wesens zu durchdringen. In der heiligen Kommunion rührt Er uns an, berührt unser Fleisch mit Seinem reinen verklärten Fleisch; unsere Seele mit Seiner heiligen Seele und spricht zu uns: "Ich will, sei rein," So beten und vertrauen wir. "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder, die Rechte des Herrn hat mich erhöht. Ich sterbe nicht,

Freitag: Mit lauterem Herzen. 283

ich werde leben und werde künden die Werke des Herrn" (Offertorium).

Ge b e t.

Allmächtiger ewiger Gott, schau gnädig nieder auf unsere Ohnmacht und strecke aus die Rechte Deiner Majestät, um uns zu schützen.

Du schenkst uns Teilnahme an den großen Geheimnissen (der Feier der Eucharistie), Wir bitten Dich daher, laß unser 'Leben ihren Wirkungen tatsächlich entsprechen. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Freitag der dritten Woche nach Erscheinung.

Mit lau t e rem Her zen,

1. Wir beschäftigen uns heute wiederum mit dem Berichte des Evangeliums über die Heilung des Aussätzigen, Wir kommen zur Mitfeier des heiligen Opfers, wir bereiten uns auf den Empfang der heiligen Kommunion, Da ist es heiligste Pflicht, daß wir rein hinzutreten, "Ich will, sei rein."

2. "Wer darf den Berg des Herrn bes t e i gen? Wer darf an Seinem heiligen Orte (Tempel) stehen? Wer reine Hände hat und lauteren Herzens ist. Wer nicht auf Nichtiges (d. i, auf Böses, Verkehrtes) richtet seinen Sinn, nicht trugvoll schwört dem Nächsten. Der wird gesegnet von dem Herrn, bei Seinem Gott und Heiland kommt er zu Gnaden" (Ps. 23. 3 4), Gilt das schon vom Betreten des Tempels in Jerusalem, wieviel mehr von der Mitfeier des heiligen Opfers der Eucharistie, und vom Empfang der heiligen Kommunion! Von dem Grade der inneren Reinheit der Seele hängt es ab, wie weit wir der Wirkungen des heiligen Opfers und der heiligen Kommunion teilhaft werden können. Wir sind nie rein genug, wann wir uns um den Altar einfinden oder an die Kommunionbank treten, Immer haften uns nocQ.

284 11. Die hl. Weihnachtszeit: 3. Woche n, Erscheinung, verkehrte Gewohnheiten, Fehler, ungeordnete Neigungen an, Immer noc.h lebt die Eigenliebe in uns, die Feindin der reinen Gottes- und Nächstenliebe. Immer noch denken wir zu natürlich, zu menschlich-irdisch, Immer noch ist das eigene Ich der erste Beweggrund unseres W ollens und Tuns, Immer noch bleiben wir bei unsern gewöhnlichen Arbeiten und Beschäftigungen bei uns selbst stehen, bei einer Lust, Genugtuung, Freude, bei einem eigenen Vorteil, bei der eigenen Ehre: wir an erster Stelle, nicht Gott, nicht Christus, unser Herr! Eine beständige, zur Gewohnheit gewordene Unordnung, Unreinheit, Befleckung der Seele, auch wo es sich nicht um eine bewußte läßliche Sünde handelt, Kann es uns da wundern, daß wir aus der Mitfeier der heiligen Messe, aus dem Empfang der heiligen Kommunion nie den vollen Nutzen ziehen? "Herr, wenn Du willst, kannst Du mich rein machen." So flehen wir Ihn an, wenn Er heute im heiligen Opfer auf dem Altare erscheint, daß Er uns die Gnade der vollkommenen Reinheit gebe, "Em reines Herz erschaff in mir, 0 Gott, den rechten Geist erneuere in meinem Innern" (Ps. So, 12).

"Wer reine Hände hat und lauteren Her zen s ist," Eine besondere Reinheit wird von denen verlangt, die täglich oder fast täglich die heilige KommunIOn empfangen, Es ist immer etwas Großes und Heiliges, ein Sakrament zu empfangen. Keines ist erhabener, als das Sakrament des Leibes und Blutes des Herrn, die heilige Kommunion. Die heilJge Eucharistie ist das fruchtbarste, wichtigste Mittel der Gnade und Heiligung. "Eine gut vorbereitete Seele empfängt in ein e r K~mmunion einen unvergleichlich größeren Eifer als alle Heiligen zusammen in allen ihren Visionen und Offenbarungen" (Lallenmant). Nur muß die Seele bereit sein, groß und weit. Die Kirche fordert für den häufigen und täglichen Empfang der hl. Kommunion, daß

Freitag: Mit lauterem Herzen. 285

wir im Stande der Gnade seien und die rechte Absicht haben. WÜrden wir bloß aus Gewohnheit zur heiligen Kommunion gehen oder aus Eitelkeit, Menschenfurcht und andern menschlichen Beweggründen, so fehlte uns die rechte Absicht, Die rechte Absicht bedeutet das Verlangen, sich inniger mit Gott zu verbinden und immer mehr von den eigenen Schwächen und Fehlern befreit zu werden. Die rechte Absicht ist auch dann vorhanden, wenn wir uns noch nicht vollends von jed~ läßlichen Sünde freihalten können. Indes kann die innere Loslösung von der läßlichen Sünde auf die Dauer nicht ausbleiben, wenn wir die heilige Kommunioll gut empfangen. Würden wir immer und immer in die gleichen bewußten läßlichen Sünden und Untreuen zurückfallen, dann zeitigte die heilige Kommunion ihre Frucht nicht genügend: es fehlte also, so lehren die Meister des geistlichen Lebens, an der rechten Absicht, an der zum häufigen Empfang der heiligen Kommunion verlangten Reinheit der Seele.

3· Wir prüfen uns ehrlich darauf, ob wir in der Tat immer die notwendige Reinheit des Herzens zum Gottesdienst, zum Empfang der heiligen Kommunion mitbringen. Von der Reinheit der Seele hängt die Frucht der heiligen Messe und der heiligen Kommunion ab. "Aus ihren Früchten werdet ihr sie erkennen" (Matth. 7, 15).

Die gewöhnliche Regel für unser Urteilen, Denken und Reden ist uns der eigene Vorteil. Menschen, Ereignisse, Dinge lieben oder verabscheuen wir je nach der geringeren oder größeren Befriedigung, die wir dabei finden,

Ebenso ist di,e gewöhuliche Regel für unsere N eigungen und Wunsche der menschliche Nutzen. Allüberall fühlen wir es mit unheimlich klarem Instinkt heraus, was uns an Menschen, Vorkommnissen, Dingen menschlich angenehm oder weniger angenehm ist, was uns gefällt oder nicht gefällt,

286 Il.Die hl. Weihnachtszeit: 3. Woche n.Erscheinung.

und danach suchen oder fliehen wir Menschen, Arbeiten, Pflichten. Wie sind wir innerlich unrein!

Was suchen wir auch im Gebet, im Empfang der heiligen Kommunion? Tröstungen. So sehr, daß wir diese oder jene Gebetsübung einer andern vorziehen, daß wir in dieser Übung treuer sind als in einer andern? Was suchen wir? Rein das, was der Herr will? Wahrlich nicht. Wir suchen uns selbst, Wenn wir in der heiligen Kommunion, im Gebet auf unsere Rechnung kommen und das finden, was wir gewÜnscht haben, dann sind wir glücklich; dann beglückwÜnschen wir uns zum Erfolg, Dann haben wir das Bewußtsein, daß wir unsere Sache vollkommen gemacht haben. Kommt die Trockenheit, dann geben wir unsere Übung wieder auf, und glauben alles für verloren. So unrein sind wir in unserer Frömmigkeit, voll Eigenliebe und innerem Stolz. Was Wunder, wenn selbst das Gebet, der Empfang der heiligen Kommunion bei uns nicht recht anschlägt!

So kommen wir zum Herrn. "Herr, wenn Du willst, kannst Du mich rein machen." Ich kann es nicht. "Strecke die Rechte Deiner Majestät aus" und rühre mich an, so wie Du den Aussätzigen angerührt hast, und sprich auch zu mir das Wort Deiner Allmacht: "Ich will, sei rein." "Die Rechte des Herrn wirkt vVunder" (Offertorium).

Ge b e t.

Allmächtiger ewiger Gott, schaue gnädig nieder auf unsere Ohnmacht und strecke aus die Rechte Deiner Majestät, um uns zu schützen. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Samstag der dritten Woche nach Erscheinung.

"Herr, ich bin nicht würdig."

I. Voll Bewunderung halten wir unsern Blick auf den römischen Offizier gerichtet. Er legt dem Hei-

Samstag: "Herr, ich bin nicht würdig," 287

land den Zustand seines schwerkranken Knechtes dar. Der Heiland sagt ihm: "Ich will kommen und den Kranken gesund machen," Aber der Hauptmann hält sich dieser Gnade für unwürdig und wehrt: "Herr, ich bin nicht würdig, daß Du unter mein Dach eingehst. Sprich Du nur ein Wort, und mein Knecht ist gesund." Die Liturgie wiederholt diese demütigen Worte bei der Ausspendung der heiligen Koml'lUnion.

2. "H e r r, ich bin n ich t w ü r d i g." Da der Herr sich eine wÜrdige Wohnung bereiten wollte, entfernte Er vor allem jede Sünde, Die einzige, die Ihn würdig aufzunehmen imstande war, war dl.e Unbefleckte, durch eine ganz besondere Gnade vor aller Befleckung mit der Erbsünde bewahrt, Mit der Gnade der Unbefleckten Empfängnis war in ihr die Ausstattung mit der Fülle der Gnade und der Tugend verbunden. Dazu eine solche Festigung in der Gnade, daß sie nie in ihrem Leben auch nur die geringste Untreue beging, nie einen verkehrten Gedanken, nie eine unbeherrschte Regung, nie ein unrechtes oder auch nur weniger rechtes, vollkommenes Wort. Ja nie ein nicht ganz vollkommenes Wollen oder Tun, nie eine nicht ganz vollkommene, völlig auf Gott bezogene Absicht, eine egoistische Nebenabsicht, nir ein nicht ganz vollkommenes Beten, Arbeiten, Leiden! Wir können einer solchen Reinheit und Lauterkeit nicht einmal mit unsern Gedanken folgen: so erhaben ist sie, So rein wollte der Herr diejenige haben, in welcher Er Wohnung nehmen wollte. Wie hÜtete Er sie in ihrer Kindheit, in ihren Jahren, da sie im Tempel in Jerusalem weilte, in dem Heiligtum von Nazareth! Sie war würdig, den Herrn aufzunehmen! Und wir erwarten und begrüßen in der heiligen Kommunion denselben Herrn und Heiland, Kommt Er auch nicht zu uns, um aus uns die menschliche Natur anzunehmen, so wie Er in den Schoß Mariens kam, so .kommt Er doch als derselbe Heilige, unendlich

288 11. Die hl. Weihnachtszeit: 3. Woche n. Erscheinung. große Gott und Herr. Er verdient, daß die Wohnung, die wir Ihm anbieten, nicht weniger rein und schön sei, ein Heiligtum, das' Seiner würdig wäre! Aber wie weit sind wir von der Reinheit und Heiligkeit der Jungfrau von N azareth entfernt! Mit wie viel Recht müssen wir bekennen: "Herr, ich bin nicht würdig, daß Du unter mein Dach eingehest." So viel Unreinheit im Denken, Wollen, Empfinden; so viele Untreuen, so wenig wahrhaft Gutes, das dem Herrn restlos gefallen kann; so viele häßliche Regungen, Gedanken, die das Innere entstellen. So viel Unwürdigkeit gegenüber der Reinheit und Heiligkeit des Herrn, der in die Seele eingehen soll. Wenn wir es doch ernstlich bedächten!

"A b e r s p r ich Dun ure i n W 0 r t, s 0 wir d meine Seele gesund." Angesichts unserer Unwürdigkeit erheben wir unsere Augen zu Ihm. Wir glauben an Seine Liebe. Wir vertrauen auf Seine Macht und Güte. "Erbarme Dich meiner, Gott, nach Deiner Liebe, nach Deiner reichen Güte tilge meine Schuld. Wasche mich von meiner Schuld und reinige mich von meinen Sünden" (Ps. S0, 3). Eben haben wir, als letzte Vorbereitung auf die Ankunft des göttlichen Gastes, in Demut und Reue im Confiteor unsere Schuld bekannt: meine Schuld, meine große Schuld. Wir haben uns an Maria, die himmlische Mutter, gewandt; an die Apostelfürsten Petrus und Paulus, an die ganze verklärte Kirche des Himmels, daß sie für uns einspringen und uns Verzeihung erflehen. Auch den Priester, den Vertreter der Kirche auf Erden, haben wir gebeten, daß er für uns bei Gott Fürsprecher sei. Da gab uns die Kirche betend die Versicherung, daß uns von Gott die Verzeihung, der Nachlaß und die Vergebung aller unserer Sünden und Mängel geworden sei. Er, der Herr, hat auf das Gebet der Kirche des Himmels und der Erde hin sein Wort gesprochen, Unsere Seele ist gesund geworden. Nun darf sie ihre Tore aufmachen, auf daß einziehe der König

Samstag: "Herr, ich bin nicht würdig." 289

der Herrlichkeit. "Corpus Domini nostri Iesu Christi custodiat animam tuam in vitam aeternam. Amen. - Der Leib unseres Herrn J esus Christus bewahre deine Seele fürs ewige Leben. Amen." So groß ist Seine Liebe und Macht, daß Er selber, ähnlich wie Er es an Seiner jungfräulichen Mutter getan, unsere Seele für sich zubereitet. Je würdiger wir Ihn aufnehmen, um so mehr kann Er in unserer Seele Seine Gnade wirksam werden lassen. Darum ist es Ihm zu tun. Und darum spricht Er das Wort der Vergebung, das Wort, das die Seele reinigt und licht und schön macht, so daß es Ihm eine Freude ist, bei ihr einzukehren,

3· . "Herr, ich bin nicht wÜrdig," Um so mehr vertrauen wir auf Ihn, so wie der Offizier des Evangeliums. Als Jesus die Worte des Hauptmanns gehört, wunderte Er sich und sprach zu denen, die Ihm folgten: "Wahrlich, einen so großen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden." Diesen Glauben, dieses vollkommene Vertrauen des Hauptmanns lohnt der Herr: "Gehe hin, es geschehe Dir, wie du geglaubt hast." Und in derselben Stunde war der Knecht gesund (Evangelium),

"Herr, ich bin nicht würdig." Es ist notwendig und nützlich, sich von der eigenen Unwürdigkeit überzeugt zu halten, wenn wir uns anschicken, zur heiligen Kommunion zu gehen. Aber das Gefühl der eigenen Unwürdigkeit müßte uns abschrecken, wären wir nicht auch davon überzeugt, daß Er an den Seelen Seine Freude findet, die in Ihm und nur in Ihm ihre Freude suchen.

Die beste nähere Vorbereitung auf den Empfang der heiligen Kommunion besteht in dem Glauben und Vertrauen des römischen Offiziers. Im einfältigen Glauben, in dem wir Ihn in diesem heiligen Sakrament als die Quelle aller Gnade anschauen. Als die Fülle alles Heils und aller Kraft, Wie Er kOInmt, sich mit allen Seinen Gütern zu schenken, Wie Er kommt, in uns die Wunder Seiner Baur. 'Werde Lichtl 1. 19

290 I!. Die hl. Weihnachtszeit: 3. Woche n. Erscheinung Liebe zu wirken. Weniger an die eigene Unwürdig keit denken, als vielmehr an die Macht und an di< Fülle Seiner wohlmeinenden Liebe. Diese einfältig< übung des Glaubens begreift alle andern Akte dei Vorbereitung in sich. "Sprich Du nur ein Wort, s( wird meine Seele gesund,"

Ge be t.

Allmächtiger ewiger Gott, schaue gnädig niedei auf unsere Ohnmacht und strecke aus die Recht( Deiner Majestät, um uns zu schützen. Durch Chri, stus unsern Herrn. Amen.

Die liturgische Meßfeier des vierten Sonntags nach Erscheinung.

1. Ein neu es Aufleuchten der "Herrlichkeit" des menschgewordenen Gottessohnes, diesmal beim Sturm auf dem Meer. 'Das Schifflein wird von den Wellen herumgeworfen, als wäre keiner, der da<; Steuer fÜhrte. Und Nacht ist es ringsum. Die Jünger, mit Wind und Wellen wohl vertraut, geben sich verloren, Einer ist's, der nQch retten kann der schläft. Er tut, als ginge Ihn die Not der Seinigen, die ja Seine eigene Not ist, nichts an; Er tut, als merkte Er nichts von der drohenden Gefahr. Da bleibt wohl nichts anderes übrig, als zu Ihm zu gehen und den Schlafenden zu wecken:

Herr, hilf uns, wir sind verloren! Und nun steht Er auf und offenbart Seine Herrlichkeit, Seine souveräne Macht über 'die tobenden Elemente, Ein Wink Seines Willens, und es ist große Stille, Da staunten die Leute und fragten: "Wer ist dieser, daß Ihm Winde und Meer gehorchen?"

2. Dieses Bild vor Augen ziehen wir heute zur Kirche, Wie am vergangenen Sonntag klingt es uns entgegen: "Der Herr ist König", Die Engel fallen anbetend vor Ihm nieder; in Ehrfurcht schaut die Erde zu Ihm empor. Die Kirche jubelt Ihm zu, und ihre Kinder freuen sich (Introitus), im heiligen Opfer die Macht Seines rettenden, helfenden Armes an sich wieder erfahren zu dürfen. "Du weißt, daß wir von so großen Gefahren 'umgeben, in unserer Gebrechlichkeit nicht bestehen können" {Oratio). Wir, die Kirche, wir sind das Schifflein, das auf den Wellen treibt und ein Opfer der W'ellen zu werden droht, wenn nicht Seine Hand uns rettet und bewahrt. Wir vermögen uns nicht durch das Meer des Erdenlebens heil an das Gestade der Ewigkeit zu bringen, wenn wir Ihn nicht im Schifflein haben. Und wir haben Ihn im Schifflein, so-

19*

292 I I. Die hl. Weihnachtszeit: 4. Woche n. Erscheinung. lange wir die Liebe haben und einander lieben: "Du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst." "Wo zwei oder drei in Meinem Namen vereinigt sind, da bin Ich mitten unter ihnen" (Matth. 18, 20). Eine Kirche ohne Liebe wäre eine Kirche ohne Christus. Eine Teilkirche, eine Gemeinschaft, eine Pfarrei, die nicht durch das Band der Liebe zusammengehalten ist, entspricht nicht den Anforderungen der Epistel. Wo die Liebe die Herzen einigt, da ist Christus. "Da hat Er Sion, SeiH Reich, aufgebaut und erscheint Er in Seiner Majestät" (Graduale), ganz so wie im Schifflein auf den wilden Wellen des Sees Genesareth. Die Liebe zieht den Heiland in die Mitte der Scinen und hält Ihn dort fest. Da ist Sein Reich, da ist Er der König, der Seine Macht geltend macht, nicht um zu unterdrücken, sondern um zu retten, zu dienen, um Leben zu gehen. "Der Herr ist König, es frohlocke die Erde (die Kirche, die Seele)" (Alleluja). "Der Herr ist König", so bestätigt es das Evangelium. Wir denken staunend zurück an die Tage, in denen der Herr im Schifflein Seiner Kirche sich erhob und den drohenden Mächten gcbot, den Feinden von außen und von innen. "Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen." Wir denken voll Dank an jene gesegneten Augenblicke zurück, in denen der Herr im schwanken Schifflein unserer Seele so manchmal sich erhob und den Winden und Wellen gebot, und "es ward große Stille". Da haben wir an uns selbst die Herrlichkeit Christi erfahren:

"Die Rechte des Herrn erhöht mich" (Offertorium).

3. Mit dem festen Glauben an die Macht der Hand des Herrn, die uns aus den Gefahren des Erdenlebens errettet, machen wir den Opfergang. Auf dem Altar läßt Er Seine Herrlichkeit aufleuchten, wenn Er, verhüllt unter den Gestalten von Brot und Wein, nach außen leblos, teilnahmslos, gleichsam schlafend, im Schifflein der Kirche ruht und für den neuen Tag ihr Reisegefährte und Weg-

Sonntag: "Ich gehe nicht unter I" 293

genosse wird. Da besitzt sie Ihn, Seine Verdienste, Seine Gebete und Genugtuungen, Sein heiligstes Herz, Sein Blut, Sein unendlich kostbares Leben, Seine Kraft und Macht. In der Kommunion steigt Er in das Lebensschiff des einzelnen ein, als treuer Freund und Hüter und FÜhrer. Wo Er im Herzen wohnt, da kann kein Feind obsiegen. Wo Er im Herzen wohnt, da kann sich Ihm die Seele vertrauensvoll nahen: "Herr, hilf uns." Sie glaubt nicht umsonst und vertraut nicht vergebens. Aber die Seele wird Ihn nur so weit bei sich tragen können, als sie das große Gebot befolgt: "Ihr sollt einander lieben." "Wer den Nächsten liebt, hat das Gesetz erfüllt. Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes."

Vierter Sonntag nach Erscheinung.

,,1 c h geh e ni c lrt u n t er!"

1. Wieder eine Epiphanie, eine Erscheinung Christi: Christus in dem Schifflein, in Seiner Kirche! Er lebt in ihr, Er lenkt, leitet, schützt sie und führt sie sicher durch die Stürme und Wogen der Zeit hindurch an das Gestade der Ewigkeit. "Alle Engel, betet den Herrn an." Juble, heilige Kirche, du hast den starken Gott-König bei dir. "Gott ist in ihrer Mitte, sie wird nicht untergehen" (Ps. 45, 6).

2. "J e s u s s t i e gin ein S chi f f 1 ein und Seine Jünger folgten Ihm" (Evangelium). Das Schifflein, in das der Herr gestiegen, ist der heiligen Liturgie die heilige Kirche. "Der Herr läßt Sion neu erstehen: dort offenbart Er sich in Seiner Majestät" (Graduale), im Sion der heiligen Kirche. Sie ist der von Heilandskräften durchrieselte "Leib Christi". Er, der Herr, ist ihr Haupt: Er durchlebt, erfÜllt sie mit Seiner Wahrheit, Heiligkeit, Kraft. Er ist das eigentliche Ich der Kirche, in innigster Wesensverbundenheit mit ihr. Will also einer Christus finden, Seine Wahrheit, die Gnade, die Ver-

294 I!. Diehl. Weihnachtszeit: 4. Woche n, Erscheinung. zeihung der Sünden, den Frieden des Herzens, die Fülle aller Güter und jeglichen wahren Glückes, dann kann er Ihn nur in dem Schifflein der Kirche finden. "Die Jünger folgten Ihm" in das Schifflein. Ja, wir, die JÜnger, wir folgen Ihm und steigen in das Schifflein. In ihm wagen wir die Überfahrt über die tosende und wogende See. Wir haben Ihn zum Führer. Er ist bei uns, in unserer Mitte. Er ist bei uns sichtbar in Seinen Stellvertretern, im Papst, in unsern Bischöfen und Priestern, Er ist bei uns in Seiner Lehre, in Seinen Sakramenten, in Seinem heiligen Opfer, in Seinem geheimnisvollen Wirken in uns, den Zweigen an Ihm, dem Weinstock. \Vir werden glücklich landen.

T rot z all e r \IV e 11 e nun d Wog e n. "Da erhob sich ein gewaltiger Sturm auf dem See (Genesareth), so daß das Schifflein von den Wellen überflutet wurde." Ja, so muß es sein, und so ist es von Anbeginn an gewesen: das Göttliche, das Gottesreich, die wahre Kirche Christi wird hier in der Welt Immer den Stürmen und Wellen ausgesetzt sein. Die wahre Kirche Christi wird und muß die Zielscheibe der Verdächtigungen und Verleumdungen, des Hasses und der Verfolgung sein, Die Mächte der Erde, die ungläubige Naturwissenschaft, Geschichtswissenschaft und Religionswissenschaft, die ungläubige Presse, Kunst und Literatur werden und müssen sich gegen die wahre Kirche, gegen Christus stellen. Ist die Kirche nicht den Stürmen und Wellen ausgesetzt, ist sie nicht die Gehaßte, die Geschmähte, UnterdrÜckte und Verfolgte, dann ist sie nicht die Kirche Christi, des Gehaßten, des Gekreuzigten. "Haben sie Mich verfolgt, so werden sie auch euch verfolgen" (Joh. 15, 20). In der von der Welt gehaßten, verfolgten, mit Schmähungen und Ungerechtigkeit aller Art überhäuften Kirche, in dem von den Wogen und Wellen ausgesetzten Schifflein : da ist der Herr, da ist Christus mit Seinen Aposteln und Jüngern.

Sonntag: "Ich gehe nicht unter!" 295

3- In der Feier der heiligen Messe steigt Christus täglich neu, mit neuer Liebe und mit neuer Königsmacht in das Schifflein Seiner heiligen Kirche, Er kann sie nicht allein lassen: "Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt" (Matth. 28, 20), Täglich neu eine Epiphanie, eine Erscheinung des Gott-Königs Christus in Seiner Stadt, in der heiligen Kirche,

"Seine Jünger folgten Ihm," Wir sind Seine Finger Im Schifflein der heiligen Kirche, von ihr belehrt, geführt, mit ihren Sakramenten gestärkt, gehen wir und treten wir mutIg jeden Tag neu den Stürmen, Anfechtungen, Schwierigkeiten, Versuchungen, Leidenschaften entgegen. Da haben wir Ihn bei uns und können uns jeden Augenblick an Ihn wenden, "Herr, rette uns, wir gehen zu Grunde." Er steht auf und gebietet dem vVinde und den Wellen, "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder, die Rechte des Herrn hat mich erhöht: ich sterbe nicht (ich gehe nicht unter), ich werde leben und werde künden die Werke des Herrn" (Offertorium).

Wir beleben heute unsern Glauben an unsere heilige Kirche. Wir beleben unser Vertrauen auf den Gott-König Christus, der in ihr lebt und wirkt, sie fÜhrt und schÜtzt. Wir fürchten nichts, denn Er ist inmitten Seiner Kirche, und "die Pforten (die Mächte) der Hölle werden sie nicht Überwältigen" (Matth. 16, 16). "Der Herr baut Sion, Seine Kirche, auf: dort offenbart Er sich in Seiner Majestät." Er erhebt sich zur rechten Stunde und gebietet dem Sturme und den Wellen. Wir aber hören nicht auf, zu Ihm zu rufen: "Herr, rette uns", uns alle.

Ge b e t.

Gott, Du weißt, daß wir inmitten so großer Gefahren mit unserer menschlichen Gebrechlichkeit uns nicht aufrecht halten können; so gib uns Gesundheit an Leib und Seele, damit wir mit Deinem

296 II. Die hl. Weihnachtszeit: 4. Woche n. Erscheinung. Beistand überwinden, was wir für unsere SÜnden leiden. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Montag der vierten Woche nach Erscheinung. "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder."

1. Jesus im Schifflein! Das Schifflein ist der heiligen Liturgie die Kirche, es ist ebenso auch unsere Seele. Christus lebt in uns, wirkt in uns, leitet, führt, stützt und schützt uns, "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder, die Rechte des Herrn hat mich erhöht: ich sterbe nicht; ich werde leben und werde künden die Wunder des Herrn" (Offertorium).

2. C h r ist u sie b tim S chi f f lei nun s e r e r See I e. Er durchlebt, durchdringt unsern Geist, unsern Willen und unser ganzes Ich, wie der Weinstock die Rebzweige, Er ist mit uns zu ein e m Ganzen organisch verwachsen, wie der Weinstock mit den Zweigen, Er ist uns im Innersten unseres Wesens nahe. In uns, Seine Glieder, strömt Er beständig Sein Licht, Seine Kraft, Sein Leben ein, (Konzil von Trient), Er ist uns mit göttlichem Interesse, mit grenzenloser Liebe upd unerschöpflichem Erbarmen verbunden, Wir sind nie allein, nie vereinsamt. Immer haben wir Ihn zum Weggenossen: einen verstehenden, mitfühlenden, ebenso hilfsbereiten als mächtigen Lebensgefährten, im Schiffle in unserer Seele. Da wirkt Er unaufhörlich in uns das Werk der Reinigung, der Heiligung, der Durchdringung mit dem göttlichen Leben. Er wirkt es unauffällig, still, ruhig, ohne Aufregung und Lärm, so daß es den Anschein hat, als ob Er schliefe und sich um uns nicht weiter kümmerte. Aber es scheint nur so, Er ist da und leitet das Schifflein. Er gibt uns die Kraft, im Sturm der Leidenschaften, der Versuchungen, der Schwierigkeiten, Ratlosigkeiten, der widrigen Verhältl1Isse, der Leiden auszuhalten und tapfer zu sein. Eine Erschei-

Montag: "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder." 297 nung der Herrlichkeit, der Kraft des Herrn in Seinen Gliedern. Wir glauben an Sein Wirken in uns, Wir schauen auf Ihn, Wir kommen mit allem, was uns bedrängt und ängstigt zu Ihm und erfahren es an uns: "Die Rechte des (in uns wirkenden) Herrn wirkt ,Wunder. Ich sterbe nicht, ich werde leben und Seine Wunder künden."

Ein mal s t i e gEr i n das S chi f f lei n unserer Seele: in der heiligen Taufe. Da nahm Er es für sich in Beschlag und setzte Sein Zeichen darauf, den Charakter der heiligen Taufe. "Du bist Mein." Er will für das Schifflein sorgen, daß es glückliche Fahrt habe. Er will es leiten und lenken und retten. Jeden Morgen steigt Er in der heiligen Kommunion neu in Sein Schifflein und nimmt es für den neuen Tag in Seine weise, mächtige, kundige Hand. Er gibt ihm guten Kurs und sichere Fahrt. Je mehr wir es Ihm überlassen und anheimgeben, je mehr wir Ihm vertrauen und uns von unnötigen Sorgen und Befürchtungen frei halten, um so mehr nimmt Er es in die Hand, um so weiser tun wir. "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder." Ein Aufleuchten der Treue, Liebe und Kraft des Herrn, des Weinstockes in Seinen Zweigen!

3. Der verklärte Herr im Schifflein unserer Seele!

Aber es stürmt! Und wir verlieren die Ruhe. Wir regen uns auf und machen uns bange Sorge. Ist Er denn nicht da? Gewiß, aber Er schläft! Das Heulen des Sturmes, der Drang der Wellen und Wogen regt Ihn nicht auf und ängstigt Ihn nicht. Er ist so ganz anders als wi r! Das ist Sein Geheimnis: Er erkennt auch im Sturm Denj enigen, der mit drei Fingern Seiner Hand, wie im leichten Spiel, die Tausende von Welten zusammenhält. "Es fällt kein Haar von eurem Haupte ohne euern Vater" (Luk. 21, 18). Und "kein Spatz fällt vom Dache ohne den Willen eures Vaters" (Matth. 10, 29). "Was seid ihr furchtsam, ihr Kleingläubigen?"

Es muß Nacht werden, sonst kann das Licht nicht

298 Ir. Die hl. Weihnachtszeit: 4. Woche n, Erscheinung, leuchten. Es muß Sturm werden, dann erst wird die Ruhe und Festigkeit der Seele erprobt. Solange unser Leben ruhig und gleichmäßig geordnet dahinfließt und wir alles haben, was wir wÜnschen, ist es nicht schwer, das Gleichgewicht der Seele zu wahren und ruhig zu sein. Aber wenn es stürmt! Wenn etwas kommt, was unsern WÜnschen entgegen ist! Wie sehr schwindet dann bei uns die Ruhe! Und mit der Ruhe oft auch die Liebe! Die Wurzeln unserer Ruhe liegen offenbar nicht tief. Ja, allzusehr nur in irdischen Dingen, in der Gunst und dem Wohlwollen oder Schmeicheln der Menschen, der Befriedigung unserer eigenen WÜnsche, unserer Eigenliebe, Zum tiefsten Grunde unserer Seele, dahin, wo Er schläft, der immer wacht. dClhin, wo kein Erdensturm mehr tobt, dringen wir nicht vor. "Herr, dalJ ich sehe,"

Im Sturm wird soviel Kleines und Kleinliches an unserm Wesen, an unserer Frömmigkeit zerschlagen. Und es ist gut so. Im Sturm sollen, dürfen wir groß werden: hineinwachsen in den Großen, in den in unserer Seele wirkenden Herrn, in den Glauben an Ihn, in das Gebet zu Ihm, in das Vertrauen auf Ihn, Wollen wir nicht groß werden? Warum also furchtsam? "Das ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glaube" (I Joh. 5, 4): er ist das Licht, er ist der Stern.

Ge b e t,

Mögen Deine Gaben, 0 Gott, uns losmachen von den irdischen Freuden und uns stets durch himm, lische Nahrung erneuern. Durch Christus unsern Herrn. Amen,

Dienstag der vierten Woche nach Erscheinung.

Die g roß e S t i 11 e.

I, "Da stand Er auf, gebot dem Winde und den 'liVelIen, und es trat eine große Sti~le ein." Chri-

Dienstag: Die große Stille.

299

,rus, der Herr, hat alles in Seiner mächtigen Hand, Auch Winde und Wellen gehorchen Ihm.

2. Der Her r ist im Sc h if f lei n. Er hat alles in der Hand. Das ist unser Trost. Es gibt also keinen Zufall, weder in dem natürlichen Leben der Menschheit, noch im übernatürlichen Leben, sei es der heiligen Kirche, sei es der Einzelseele. Alles, was jeder Tag bringt, ist von Seiner göttlichen Weisheit ersonnen, abgewogen und genau zugemessen, so wie es dem Ganzen und der einzelnen Seele, mir, das Entsprechendste ist und zum ewigen Heile dient. Er ist der Herr des großen Weltgeschehens in der Natur, im Leben der Völker und Staaten, ebenso wie im kleinen Geschehen, in das wir im Alltag hineingestellt sind. Er steht hinter allem Geschehen, hinter allen "Zufällen", wenn schon dem natürlichen Denken und Verstehen unsichtbar. Er scheint zu schlafen, ohnmächtig, tatenlos. Er läßt so Vieles zu, was uns Kurzsichtigen rätselhaft vorkommt, uns verwirrt, uns Zweifel an der Vorsehung, Weisheit und Gerechtigkeit Gottes in die Seele pflanzt. Wir meinen, Er sollte sich erheben, Er sollte Sein Machtwort sprechen, Er sollte dremschlagen, das Böse und die Bösen vernichten, "Herr, sollen wir nicht Feuer vom Himmel herabrufen, daß es sie verzehre? Er aber verwies es ihnen (den Jüngern) mit den Worten: Ihr wißt nicht, wes Geistes Kinder ihr seid. Der Menschensohn ist nicht gekpmmen, Seelen zu verderben, sondern zu retten" (Luk. 9, 54). Er denkt an alle, Er liebt alle, Er weiß auch, wie Er Seine Erlöserabsichten an den einzelnen am sichersten erreichen kann. Ja, wir glauben: Er ist da, Er ist im Lebensschifflein der Gesamtheit und jedes einzelnen Menschenkindes, Er leitet und lenkt alles!

"I h r K lei n g I ä u b i gen, warum seid ihr furchtsam?" Jesu Seele wird von nichts schmerzlicher berührt als vom Unglauben und Mißtrauen der Seinen, Hinter den Dingen und Vorgängen allen

·?OO f"f.' .eJtefif. WeI1l'nacIltszeit: 4. Wochen.Erscheinul

~.&~ •• ~ <7~/ «ceiff" el'lit:, a:rce iVlecrffwrit: erii (pff~ S~a'f', mit starrer Notwendigkeit' unlf absoluter Gesetzhaftigkeit sich auswirkende N aturzusammenhänge und Naturgesetze, nicht die Sterne, sondern Leben und Geist: das freie, in heiliger Liebe waltende Wollen des Vaters und unseres Er· löser-Gottes, ein Wollen, vor dem jedes andere Wollen und Können, auch die sogenannten Naturgesetze, in nichts zerstäuben. "Ihr Kleingläubigen, was seid ihr furchtsam?" Ja, wie können wir uns noch äng. stigen und unruhig sorgen, wenn Er im Schifflein ist? Es bleibt uns nur ein e s übrig: daß wir glauben und uns blind Seiner Hand anvertrauen und übergeben. Daß wir Ihn mit uns machen lassen, wie es Ihm gut dünkt und lieb ist. Er macht es immer recht und meint es immer göttlich gut mit uns. Wir tun, was wir nach Vernunft und Glaube zu tun haben. Aber dann überlassen wir uns Ihm, in Schwierigkeiten, Krankheiten, Leiden, Mißerfolgen, Unglück. Ganze Überlassung an Ihn, der bei uns im Schifflein ist und es sicher lenkt! Überlassung ohne Neugierde, ohne Vorbehalt, ohne Angst!

3. Wozu die vielen überlegungen? Wozu die eigene ängstliche, unruhige Vorsehung, das eigene Voraussehen und das übermäßige, ängstliche Sorgen in den Dingen des äußern und des innern Lebens?

Wir wollen uns dadurch heiligen, daß wir selber wirken und schaffen, Gott aber will uns vorzÜglich durch die blinde überlassung an Ihn heilig machen. Er will uns gerade durch das heiligen und vollenden, was wir nicht wollen. So ist es ein heiliges Gesetz des innerlichen Lebens: "Als du jÜnger warest, gürtetest du dich selbst und gingest dahin wo du wolltest. Wenn du aber älter geword~n bist, wird ein anderer dich gürten und dich dahin fÜhren, wo du nicht willst" (Joh. 21 18). Das ist das Geheimnis des christlichen Lebens.

überlassung an Gott und Sein Wir~en in uns und an uns! Er ist im Schifflein. Er leItet es und

Mittwoch: Die Liebe ist die Erftillung des Gesetzes. 30 I führt es durch die Wellen. Machen wir doch nicht immer nur unsere kleinen Schritte: lassen wir uns vom Herrn mitnehmen: so machen wir die "großen Schritte Gottes" mit, in der vollkommenen überlassung an Ihn. Das fÜhrt zur Heiligkeit. "Ich muß abnehmen, Er aber (in mir) wachsen" (Joh. 3, 30).

Gebe t.

o Gott, Du unser Heil, erhöre uns und schÜtze uns vor allen Feinden der Seele und des Leibes. Schenke uns in diesem Leben Deine Gnade und im kommenden die Herrlichkeit. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Mittwoch der vierten Woche nach Erscheinung.

Die Liebe ist die E r f Ü l1.u n g desGesetzes.

1. "Gott betet an, ihr Engel alle" (Introitus).

"Der Herr ist König: jauchze, Erde", Christus entgegen. Er ist der erhabene Gott und König,. der Wunder wirkt. Wunder an den Elementen der Natur (Evangelium). Wunder, unvergleichlich größere, göttliche Wunder in den Herzeri der Menschen. Er eint sie in der gegenseitigen Liebe (Epistel). "Daß sie eins seien" (Joh. 17, 2r).

2. "D i e L i e bei s t die E r fÜll u n g des G eset z e s." "Bleibt niemand etwas schuldig, es sei denn die gegenseitige Liebe (d. i. die Pflicht der Liebe können wir nie abtragen, so daß wir einmal aufhören dÜrften zu lieben). Wer den Nächsten liebt, hat das Gesetz erfÜllt. Denn die Gebote: Du sollst nicht ehe brechen, nicht töten, nicht stehlen, kein falsches Zeugnis geben, nicht begehren, und alle andern Gebote lassen sich in dem ein e n Wort zusammenfassen: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes" (Epistel). Wahre Nächstenliebe ruht auf dem Fun-

302 t 1. Die hl. Weihnachtszeit: 4. Woche n. Erscheinung. dament der Gottesliebe und schließt diese ein. Ja die Nächstenliebe ist in ihrem eigentlichsten Wesen von der Gottesliebe nicht verschie·den: Wahrhaft lieben können wir den Nächsten nur, soweit wir Gott lieben und den Nächsten um Gottes willen. Ohne die Gemeinschaft mit Gott, ohne die aus dieser Gemeinschaft mit Gott entfließende natürliche und über. natÜrliche Liebe kann eine Nächstenliebe nicht bestehen. In der ganzen Natur herrscht ja der Haß, der Kampf, der im andern ein Hindernis der eigenen Entwicklung und Wohlfahrt sieht und es aus dem Weg schaffen will. So muß auch fÜr die Menschen untereinander der Haß regieren, solange sie sich nicht in Gott und Christus und in der Liebe zu Gott und Christus vereinigt wissen. So ist die gegenseitige Liebe die ErfÜllung des ganzen Gesetzes, auch der drei ersten Gebote Gottes, die sich unmittelbar auf Gott und Gottes Ehre beziehen. Sie ist also fÜr das christliche Leben und insbesondere fÜr das fromme Leben entscheidend, ein Angelpunkt, um den sich alles dreht, ein Maßstab,' mit dem alles Übrige gemessen werden kann und muß.! Wir werden die Nächstenliebe nie genug schätzen und Üben.

"D i e R e c h ted e s Her r n wir k t W und e r" (Offertorium). Christus, der Herr, gründet in Seiner Kirche die Gemeinschaft der Liebe. Er sendet am ersten Pfingsttage den Heiligen Geist auf die ganze Kirche herab. Jetzt ist "die Menge der Gläubigen ein Herz und ein e Seele. Alles haben sie miteinander gemeinsam" (Apg. 4, 32). "Sie beharrten in der Lehre der Apostel, in der brÜderlichen Gemeinschaft, im Gebet. Furcht (Ehrfurcht) ergriff alle Herzen. Die Gläubigen standen alle zusammen und hatten alles gemeinschaftlich. Sie priesen Gott und waren beim ganzen Volke beliebt" (Apg. 2, 42 ff.). Die Heiden deuteten mit Fingern auf die Christen und sagten: Seht, wie sie einander lieben! Eine Epiphanie des Gott-Königs in Seiner Kirche.

Mittwoch: Die Liebe ist die Erftillung des Gesetzes. 303 Unmittelbar bevor der Herr Sein Leiden antrat, richtete Er an den Vater die Bitte fÜr die Seinigen, "daß sie alle eins seien, wie Du, Vater, in Mir bist und Ich in Dir: so sollen auch sie eins sein, damit die Welt glaube, daß Du Mich gesandt hast" (Joh. r7, 21). Denn "jedes Reich, das in sich selbst uneins ist, zerfällt und ein Haus stÜrzt über das andere" (Luk. II, r7). So muß Christi Kirche das Reich der Liebe sein. Darum "habe Ich die Herrlichkeit, die Du (Vater) Mir gegeben hast, ihnen gegeben, damit sie eins seien, wie wir eins sind" (Joh. 17, 22). Die Herrlichkeit der Gottessohnschaft, des göttlichen Lebens, die Er ewig vom Vater empfängt, hat Er in der heiligmachenden Gnade uns gegeben, "damit sie eins seien, wie wir, Vater unrl .Sohn, eins sind". Die heiligmachende Gnade, die Gotteskindschaft ist notwendigerweise gemein-

. schaftsbildend, die Geister und Herzen einigend.

Die Gnade ist es, welche bewirkt, daß Menschen in Wahrheit, nicht aus irdischer Berechnung, aus bloßer Humanität, sonclern um Gottes willen und in Gott ein Herz und ein e Seele seien, "eins, wie Du, Vater, in Mir bist und Ich in Dir". Wer kann dieses Wunder der Gnade in den Herzen schaffen? Nur Christus, der Gott-König. Und nur wo die heilige Liebe die Herzen verbindet, findet Er sich ein:

"Wenn zwei oder drei in Meinem Namen versammelt sind, bin Ich in ihrer Mitte" (Matth. r8, 20), in der heiligen Kirchel "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder."

3. Ist die Liebe zum Nächsten die ErfÜllung des Gesetzes, dann werden wir das große Gebot der Liebe zu Gott nur soweit erfÜllen, als wir den Nächsten lieben. Unsere Nächstenliebe hängt so eng mit der Gottesliebe zusammen, daß die bei den im Grunde genommen eine und dieselbe Tugend ausmachen. Der Beweggrund der Liebe zum Mitmenschen ist Gott, der gleiche wie der Beweggrund der Gottesliebe.

304 I!. Die hI. Weihnachtszeit: 4. Woche n.Erscheinung ..

Ist die Liebe zum Nächsten die ErfÜllung des Gesetzes, dann ist sie nicht bloß ein unveräußerlicher Bestandteil der christlichen Frömmigkeit, des Gebetslebens, des guten Empfanges der heiligen Sakramente, sondern zugleich deren PrÜfstein. Im Verhalten gegen den Nächsten kommt unsere innere Gesinnung zum Ausdruck, deutlicher als wenn wir beten, die heiligen Sakramente empfangen. Hier täuscht das Äußere so leicht über die wahre Ge: sinnung hinweg. In der Nächstenliebe nicht.

Die Kirche bringt den Ihrigen die Pflicht der Nächstenliebe bei jeder Meßfeier zum Bewußtsein. Die um den Altar versammelte Gemeinde ist Liebesgemeinschaft. "Ver Haß und Feindschaft gegen jemand im Herzen trägt, schließt sich von selbst aus der Opfer- und Tischgemeinschaft der heiligen Kommunion aus.

"Bleibt niemand etwas schuldig außer der gegen· seitigen Liebe." Die Nächstenliebe läßt noch unter uns Christen und Katholiken so viel zu wÜnschen übrig. Innere Urteile, GefÜhle und Regungen gegen die andern werden kaum mehr als etwas Ernstes angesehen. Lieblose Worte sind so ziemlich eine der häufigsten SÜnden auch der Gottgeweihten, der Priester und Ordensleute. Liebloses, kaltes, ungerechtes und abstoßendes Benehmen wird oft gerade bei den Frommen gefunden. Was Wunder, wenn die Gnade in den Herzen nicht fruchtbar wird! Was Wunder, wenn unser Beten keine Erhörung findet! Es fehlt an der Liebe!

So legen wir heute fÜr uns und alle BrÜder in Christus die Bitte auf den Altar: Vermehre in uns die Liebe! Nur Seine Gnade kann bewirken, daß wir in der Liebe wandeln.

Gebet.

Gott, Du weißt, daß wir inmitten so großer Gefahren mit unserer menschlichen Gebrechlichkeit uns nicht aufrecht erhalten können. So gib uns Ge-

Donnerstag: Die Kraft in der Schwachheit. 305 sundheit an Leib und Seele, damit wir mit Deinem Beistand Überwinden, was wir fÜr unsere SÜnden leiden. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Donnerstag der vierten Woche nach Erscheinung.

Die K r a f tin der S c h w ach h e i t.

1. Das Evangelium vom Sturm auf dem Meere ist der Liturgie ein greifbares Bild der Nöten und Bedrängnisse, denen wir Menschen hier auf Erden ausgesetzt sind. Angesichts der vielen Gefahren und Schwierigkeiten, die jedem Menschen begegnen, betet die Kirche: "Gott, Du weißt, daß wir inmitten so großer Gefahren mit unserer menschlichen Gebrechlichkeit uns nicht aufrecht erhalten können. So gib uns Gesundheit an Leib und Seele, damit wir mit Deinem Beistand Überwinden, was wir für unsere Sünden leiden."

2. "I nm i t t end erg roß enG e f a h ren kön· nen wir uns mit unserer menschlichen Gebrechlichkeit nicht aufrecht erhalten." Wir dÜrfen uns keiner falschen Sicherheit hingeben. Die Apostel sind im Kahn und fahren Über den See Genesareth. Sie verstehen sich wohl aufs Rudern, auch bei Sturm und Wind. Gleichwohl können sie es nicht hindern, daß die tosenden Wellen Über den Kahn hereinstÜrzen und ihn in die größte Gefahr bringen unterzusinken. Gefahren drohen uns fÜr unser religiöses-christliches Leben immerfort und von den verschiedensten Seiten. Vom eigenen Ich, von der Selbstsucht, von dem natÜrlichen Stolz, von der bösen Begierlichkeit, von unsern Sinnen, von den Talenten des Geistes, von unserm Können, von dem Guten und Rechten, was wir tun. Gefahren von den andern: von ihrem Geist, von ihrem Einfluß auf uns, von ihren V/orten, von ihrem Tun und Lassen, von ihrer Liebe und Achtung kaum weniger als von ihrer Gegnerschaft, ihrer Kälte und Lieblosigkeit. Gefahren von der \Velt, ihrem Geist und ihren

Jlaur. 'Werde Licht I I.

20

306 11. Die hl. Weihnachtszeit: 4. Woche n. Erscheinung. Grundsätzen, ihren Idealen und Zielen, ihrer Achtung und Verfolgung. Gefahren vor allem vom Teufel, dem großen Feinde Gottes und Christi, dem "Menschenmörder VOll Anbeginn, dem LÜgner und Vater der Lüge" (Joh. 8, 44): er geht wie ein brÜllender Löwe umher, suchend, wen er verschlinge (1 Petr. 5, 8). Er versteht es, sich in den Engel des Lichtes zu kleiden und den Menschen zu täuschen, nicht bloß den, der in der Knechtschaft der SÜnde gefangen liegt, sondern auch den, der sein UnglÜck erkennt und sich retten möchte, vor allem den, welcher sich bemüht, die \Vege der Vollkommen· heit zu gehen.

"M i tun s e r e r m e n sc h I ich enG e b r e c h- 1 ich k ei t sind wir in diese Gefahren hineingestellt." "Mein ganzes Wesen ist wie ein Nichts vor Dir, 0 Gott. FÜrwahr, ein Windhauch nur ist jeder Mensch, der lebt, und wie ein Schattenbild huscht er vorbei" (Ps. 38, 6). Wie viel Schwäche und Gebrechlichkeit durch körperliches Unwohlsein, durch Krankheiten, Schmerzen. Ein klein wenig Fieber, und schon liegen wir am Boden. Und Schwäche des Geistes, des Willens! Wie sind wir schwach, wo es gilt, dem Körper etwas an Nahrung, an Schlaf, an Bequemlichkeit zu entziehen. Wie sind wir schwach, wo es gilt, dauernd eine feste Ordnung im Auf· stehen, im Beten, in der Arbeit einzuhalten. Wie geht es uns schwer, die Neugier, die Augen, die Zunge zu bezähmen, selbst wenn wir es uns ernstlich vorgenommen haben. Eine Gelegenheit, und im nächsten Augenblick sind wir uns selber untreu geworden. vVie sind wir gebrechlich und schwach gegenÜber den Reizen der' Sinnlichkeit, gegenÜber der Macht der Eitelkeit, des Geltungstriebes, des Ehrgeizes, der Menschenfurcht, der Eifersucht, der Abneigung und Zuneigung, der Empfindlichkeit, der Launenhaftigkeit und Verdrießlichkeit, der Ungeduld und Unbeherrschtheit, der Zerstreutheit und Be· quemlichkeitl Zu alledem das unstete Hin und Her

ponnerstag: Die Kraft in der Schwachheit. 307 zwischen Mutlosigkeit und SelbstÜberhebung, zwischen Verzagtheit und Größenwahn, zwischen Eifer und Kälte. Unsere Gebrechlichkeit enthÜllen uns vor allem zwei Tatsachen: die Tatsache, daß wir, auch wenn wir tins redlich Mühe geben, nicht einen einzigen Tag ohne Fehler und Unvollkommenheiten sind; und die Tatsache, daß wir unsere bestgemeinten Vorsätze immer und immer wieder brechen.

3· vVas bleibt uns Übrig? Daß wir über uns hinausgehen zu dem, der allein uns über unsere Ge. brechlichkeit und Schwäche hinausheben kann. "Die Rechte des Herrn tut Wunder, die Rechte des Herrn hat mich erhöht. Ich sterbe nicht, ich werde leben, und werde kLinden die Werke des Herrn" (Offertorium). Mit dieser überzeugung machen wir den Opfergang und erwarten den Herrn in der heiligen Wandlung und in der heiligen Kommunion. Aus uns selber nichts als ein Häuflein Elend, schließen wir uns vertrauend an Ihn an. Er zieht uns in der heiligen Kommunion fÜr den neuen Tag und die noch Übrige Wegstrecke in Sein Leben hinein. "Ich werde nicht sterben, ich werde leben", allen Gefahren und Feinden widerstehen. "Ich kann alles in Dem, der mich stärkt" (Phi!. 4, r2).

Eine Epiphanie des Herrn und Seiner Kraft! "Die Kraft (der Gnade) kommt in der Schwachheit (des Menschen) zur Vollendung" (2 Kor. r2, 9). "Warum seid ihr furchtsam, ihr Kleingläubigen?" Dann stand Er auf, gebot dem Wind und den Wellen, und es trat eine große Stille ein. Da fragten die Leute voll Staunen: "Wer ist dieser, daß Ihm Wind und WeIlen gehorchen?" (Evangelium). "Der Herr ist König. jauchze, Erde. Neu erstehen läßt der Herr die Sionsstadt", den Menschen, der bei seiner Gebrechlichkeit mit unerschÜtterlichen; Vertrauen sich Christo anvertraut. Er ist's, der unsere gehrechliche Natur im heiligen Opfer stets von allem BöseIl reinigt und sie immerdar beschÜtzt und mit Seiner Kraft erfÜllt (Stillgebet).

20·

308 11. Die hl. Weihnachtszeit: 4. Woche n. Erscheinung.

Ge b e t.

Gott, Du weißt, daß wir inmitten so großer Gefahren mit unserer menschlichen Gebrechlichkeit uns nicht aufrecht erhalten können. So gib uns denn Gesundheit an Leib und Seele, damit wir mit Deinem Beistand überwinden, was wir für unsere Sünden leiden. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Freitag der vierten Woche nach Erscheinung.

G a n z e s Ver t rau e n auf Ihn.

1. Das Evangelium berichtet von dem Eingreifen des Herrn, da der Sturm und die Wellen das Boot in den Abgrund des Sees von Genesareth zu schleudern drohen. Er steht auf und gebietet dem "'Vinrl und den Wellen. "Und es trat eine große Stille ein." Staunend steht die Liturgie in Erwartung desselben Herrn, der jetzt, in der Feier des heiligen Opfers, unter den Seinen erscheint. "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder. Ich sterbe nicht, ich werde leben" (Offertorium), in der Kraft der Allmacht des Herrn.

2. "Ohne Mich könnt ihr nichts tun." "Wie die Rebe, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, aus sich selbst keine Frucht bringen kann, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in Mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in Mir bleibt und in wem Ich bleibe, der bringt viele Frucht: denn ohne Mich könnt ihr nichts tun" (Joh: 15, 4 L). Aus uns selber sind wir nur Ohnmacht. Gott ruft uns, Sein Leben mitzuleben: Sein göttlich wahres Erkennen mitzuerkennen, mit Seinen Augen zu sehen, mit Seinen Maßstäben zu messen und zu urteilen. Er ruft uns, Sein heiliges, weises, gerechtes Wollen mitzuwollen, uns in Sein Wollen emporheben zu lassen, und so in reiner, selbstloser Liebe Ihm zugetan zu sein. Wie können wir dieser

Freitag: Ganzes Vertrauen auf Ihn. 309

Berufung entsprechen? Nicht aus eigener Kraft. Sobald wir uns auf uns selbst stÜtzen, gehen wir nicht aus uns heraus und erheben wir uns nicht in Gott hinein. \Vir bleiben in uns selbst, suchen uns selbst, leben uns selbst. Hat Gott uns in Seiner Gnade zur Vereinigung mit sich emporgehoben und beginnen wir dann, uns nicht mehr auf Ihn zu stützen, sondern auf uns selbst, dann fallen wir wieder in uns selber zurÜck und leben uns selber. Und dann? Was sind wir ohne Ihn, ohne Sein Licht, Seine Gnade? Ein dÜrre, Zweig am Weinstock, ohne die Kraft zum Leben, zum Fruchtbringen. Vvorauf uns also etwas einbilden? WorÜber uns erheben? Wo immer wir uns etwas auf uns einbilden, da trennen wir uns vom Weinstock und verlieren das Leben. In dem Augenblick werden wir schwach, wo wir aus eigener Kraft gehen und beten und wirken wollen, wo wir auf uns selber vertrauen. Das ganze geistliche Lehen ruht auf dem Fundament des richtig verstandenen )',,1 ißtrauens gegen uns .elbst. Ohne dieses Mißtrauen ist es unmöglich, den Weg der Reinigung oder der Erleuchtung zu gehen; erst recht unmöglich, sich zu der vollko,m· menen Liebe Gottes zu erheben. Immer wird Gott an uns nach dem Grundsatz handeln: "Den Stolzen widersteht Gott, den· DemÜtigen gibt Er Seine Gnade" (r Petr. 5, 5). "In die Hand des Men· schen, der sich auf das gebrechliche Schilfrohr (auf sich selber) stützt, wird es eindringen und sie durchbohren" (Is. 36, 6). Das ist der Fluch des falschen Selbstvertrauens.

"D i e R e c h t I! des Her r n wir k t W und e r.

Die Rechte des Herrn erhöhet mich. Ich sterbe nicht, ich werde leben." "Wer in Mir bleibt und in wem Ich bleibe, der bringt viele Frucht" (Joh. 15, 5). Das Mißtrauen auf uns selbst drängt naturgemäß zum Vertrauen auf Gott, der in uns lebt und wirkt, auf Christus, den Weinstock, dessen Lebens-

310 11. Die hl. Weihnachtszeit: 4. Woche n. Erscheinung. kraft in uns pulsiert. "Ich kann alles in dem, der mich stärkt" (Phil. 4, 13). "Warum seid ihr so furchtsam, ihr Kleingläubigen?" (Evangelium.) Unsere Kraft liegt im Vertrauen auf Sein Erbarmen, Seine Liebe, Seine Nähe, Seine unendlich weise Vorsehung und Sein allvermögendes Wirken. Er, dem nichts unmöglich oder schwer ist; Er, dessen GÜte zu uns keine Grenzen kennt, ist mit unwandelbarem Willen bereit, uns jeden Augenblick alles zu geben, wessen wir zur Rettung und Heiligung unserer Seele bedÜrfen. Kraft der heiligmachenden Gnade haben wir Anteil an der göttlichen Natur (2 Petr. I, 4). Wird Gott, der sich uns bereits soweit geschenkt hat, uns nicht zum vollen Besitz Seiner Güte und Schönheit zulassen? Gott ist treu. Was Er in der Mitteilung der heiligmachenden Gnade begonnen, das wird Er zum Ab,;chluß führen. Hat Er uns in der Erschaffung und noch viel mehr in dem \Ver!< der Menschwerdung und Erlösung Seine Liebe in' so ÜberschwenglicheRl Maße erwiesen, dürfen wir dann von dieser Seiner Liebe nicht alles erwarten, auch die letzte Frucht des Werkes der Erschaffung und Erlösung, die Rettung unserer Seele und das ewige Leben? Selbst wenn wir gesÜndigt, dÜrfen wir auf Gott vertrauen. Die Macht Seiner Liebe und Gnade ist unbeschränkt. "Die Rechte des Herrn tut Wunder" der Erbarmung, der Liebe zu den Seelen! Gott, der Herr, ist im Schifflein unseres Lebens, im innersten Heiligtum unserer Seele. Wir dÜrfen Ihm getrost die Leitung des Schiffleins anvertrauen und Überlassen. Je mehr wir glaubend, vertrauend Ihm alles anheimstellen, um so mehr werden wir es edahren: "Die Rechte des "Herrn wIr!<! Wunaer.Sie er'hö'ht micb. lcb sterbe nicht (gehe nicht verloren), ich werde leben."

3. Der Feind des Gottvertrauens ist unser Stolz, der Wahn, als mÜßten und könnten wir von uns selbst etwas Gutes erwarten; das falsche, aus dem St01z geborene Se1bstvcrtraucn, das sich auf die

Samstag: "Irdische Freuden." 3 I I

eigene Einsicht, die eigene Kraft und TÜchtigkeit stützt. Erst dann, wenn wir einmal ganz und fest gegründet in der überzeugung leben, daß wir aus uns selber schlechthin fÜr die Dinge des Heils unvermögend sind, ist es uns möglich, uns vertrauend der Hand Gottes zu Übergeben, ohne Vorbehalt, ohne Neugier, ohne Furcht. Im Selbstvertrauen liegt unsere Schwäche, im blinden Vertrauen auf die Kraft der Gnade liegt unsere Kraft. "Wenn ich schwach bin, bin ich stark" (2 Kor. 12, ro).

"Die Rechte des Herrn wirkt Wunder." In dieser überzeugung nahen wir uns dem Altar, auf dem das heilige Opfer gefeiert wird. Uer Herr neigt sich zu unserem Nichts herab und leitet die Ströme Seines Lebens und Seiner wirksamen Gnade in unsere Seele hinein. Wir sind Rebzweige am Weinstock. "Die Rechte des Herrn hat mich erhöht", zur Teil· nahme an dem Leben und der Kraft Christi emporgehoben. "Ich sterbe nicht, ich werde leben": das Leben des Herrn mitleben, jetzt auf Erden, dereinst ewig im Himmel. Dort werde ich es deutlich erkennen, wie sehr ich alles der Rechten des Herrn verdanke, und werde ewig "kÜnden die Werke des Herrn".

Ge b e t.

Gott, Du weißt, daß wir inmitten so großer Gefahren mit unserer menschlichen Gebrechlichkeit uns nicht aufrecht erhalten können. So gib uns denn Gesundheit an Leib und Seele, damit wir mit Deinem Beistand Überwinden, was wir für unsere SÜnden leiden. Durch Christus, unsern Herrn. Amen.

Samstag der vierten Woche nach Erscheinung.

"Irdische Freuden."

1. "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder." Wunder der Natur, Wunder der Gnade. Darum flehen

3 I 2 11. Die hl. Weihnachtszeit: 4. Woche n. Erscheinung. wir in der Postcommunio: "Mögen Deine Gaben, 0 Gott, uns losmachen von den irdischen Freuden und uns stets durch die himmlische Nahrung erneuern." Das ist die Frucht der Mitfeier der heiligen Messe und des Empfanges der heiligen Kommunion: Loslösung von den irdischen Freuden und innere Erneuerung und Kräftigung.

2. "M ö gen Dei n e Gab e nun s los mac h e n von den ir dis c h e n Fr e ud e n." Die Erde bietet viele Freuden. Sündhafte Freuden - von ihnen reden wir hier nicht. Edle, erlaubte, dem Menschen notwendige Freuden. An diese denken wir hier. An die Freuden durch das Auge, das Ohr, die andern Sinne: Freuden, die uns geboten werden durch die ewig neuen Schönheiten der Natur, durch die Werke der Kunst, durch den Zauber der Dichtung und Musik, durch den \Vohlduft der Blumen, durch den Wohlgeschmack der Speisen und Getränke. Große, edle Freude finden wir im Leben, in der Familie, in einer wahren Freundschaft. Freude finden wir an der Achtung, an dem Vertrauen, das die andern uns entgegenbringen. Freude finden wir daran, daß wir andern Dienste erweisen, ihnen etwas sein können und dÜrfen. Freude finden wir an der Arbeit, am Studium, an der Wissenschaft, an der Entdeckung und Betrachtung der Wahrheit. Zunächst lauter irdische Freuden. Der Mensch braucht Freude: sie regt an und belebt, sie steigert den Mut und die Kraft. Sie ist fÜr den Menschen nichts weniger als was der Oltropfen für die Maschine ist. Und wir beten, die Gaben Gottes, die Er uns im heiligen Opfer und in der heiligen Kommunion verleiht, mögen uns von den irdischen Freuden losmachen. Sollen wir keine Freude mehr erleben dürfen? Soll das die Frucht der heiligen Messe und Kommunion sein? Nimmermehr. Wir sollen die kleinen Freuden, die Gott reichlich auf unsern Lebensweg streut, sehen und aufrichtigst bej ahenaber nicht dazu, daß wir in ihnen ruhen, daß wir

~amstag: "Irdische Freuden." 3 I 3

uns an sie hängen. Wir sollen sie bejahen als Mittel, die uns zu Gott führen; als Werkzeuge Gottes, mit denen wir Gott vollkommener erkennen und lieben lernen und uns dankend, lobpreisend, liebend zu Ihm erheben. Das muß die Frucht des heiligen Opfers und der heiligen Kommunion sein, daß wir uns bei den mannigfachen Freuden, die uns das Leben bringt, nicht aufhalten, um uns daran zu ergötzen, um in ihnen zu ruhen, unsere Befriedigung, etwas' für uns selbst zu finden. Daß wir sie vielmehr nur dazu benützen, um uns in ihnen zu Gott zu erheben, um uns durch sie in Gott 'zu versenken, um Ihn noch vollkommener zu lieben und an Ihm uns zu freuen. Er "alles in allem" (1 Kor. rs, 28). Nichts für mich, alles ganz für Ihn! Und wie leicht, wie oft verlieren wir uns an die Freuden, an die Befriedigung, die uns die Arbeit, das Studium, die Caritas, die Seelsorge, die Naturschönheiten, die Kunst, die Kultur gewähren, von niederen Freuden und Befriedigungen gar nicht zu reden! So haben w·ir allen Grund zu bitten, Gott möge uns in der Kraft der heiligen Kommunion von den irdischen Freuden losmachen.

"Mögen Deine Gahen uns durch die h i m m 1 i s c h e Nah r t1 n g i m m e r f 0 r t e rneu ern." Gottes Gaben der Natur und übernatur , Gottes Gaben fÜr den Leib und fÜr die Seele, für de~ Geist und fÜr das Herz, so unzählige ihrer sind: sie finden ihren Mittelpunkt in der himmlischen Nahrung, der heiligen Eucharistie. Die heilige Kommunion hat die Aufgabe, uns immerfort zu erneuern, mit neuer Kraft, mit neuetn Mut, mit neuer Glut der Liebe zu Gott, zu Christus, zu dem Nächsten zu erfÜllen. Es kann ja nicht anders sein. Das Leben des ewigen Wortes, das in der heiligen Kommunion zu uns herniedersteigt, ist wesenhaft ein Leben der Liebe: es besteht darin, den Vater zu lieben, und alles, was es vom Vater bekommt, in Liebe zu Ihm, dem Ursprung, zurÜckfließen zu

314 11. Die hl. Weihnachtszeit: 4. Woche n. Erschemung. lassen. Das Wort wird Fleisch: aus Liebe zum Vater, um Ihn uns Menschen zu offenbaren, uns fÜr Ihn zu gewinnen und zu Ihm zurückzuführen. Die Liebe hat Ihn Mensch werden lassen. Die Liebe hat Ihn ans Kreuz genagelt. Dieselbe Liebe läßt Ihn die Gestalt des Brotes annehmen und zieht Ihn auf unsere Altäre herab. Sein Leben in der Hostie ist das Leben der Liebe zum Vater. In der heiligen Kommunion senkt Er sich mit Seinem ganzen -Ich in unsere Seele ein und erfÜllt uns mit Seinem Wesen. Was ist natürlicher, als daß wir jetzt Gott lieben lernen aus ganzem Herzen, aus ganzem GemÜte, aus allen unsern Kräften ? Was ist natÜrlicher, als daß von nun an die Liebe unser Denken, Wollen und Tun beherrscht und bestimmt? Dariu besteht die Erneuerung, welche die heilige Kommunion in uns wirken will: daß uns "der Eifer der Liebe" erfÜlle. Der Eifer gegen jede, auch die geringste Untreue gegen Gott oder Unaufmerksamkeit auf Ihn und Seinen Willen. Der glÜhende Eifer für die Ehre Gottes, fÜr das Leben der Pflichterfüllung, des Gebetes, der Sammlung, der Abtötung, Nächstenliebe und Seelenrettung. Der glÜhende Eifer für Gott, der in allem nur mehr das sieht und wählt, was' Gott mehr ehrt und Ihm wohlgefällig ist. Der glÜhende Ei fer, der die Seele soweit emporhebt, daß sie auf sich und das, was ihr menschlich-natÜrlich angenehm oder nicht angenehm ist, völlig vergißt und nichts mehr kennt und weiß, als Gott, Gottes Wohlgefallen und Willen. Diese Erneuerung will die heilige Kommunion an uns vollziehen. Wie weit hat sie an mir bisher ihre Absicht erreichen können?

3· Wir brauchen Freude, und Gott gibt sie uns.

Leider bleibeIl wir allzuoft bei dem Genuß, bei der Befriedigung, die uns geboten wird, stehen. Wir beziehen die Freude nicht auf Gott und genießen sie egoistisch. Wer kann uns von dieser unserer Verkehrtheit befreien?, "Die Rechte des Herrn."

Samstag: "Irdische Freuden." 3 I 5

Wir prÜfen uns darauf, wie wir uns zu der Freude stellen, die an unserer Arbeit, zu unserem Apostolat, an so vieles im täglichen Leben geknÜpft ist. Führen sie uns Über uns selbst zu Gott empor? Suchen wir nicht fÜr uns selbst etwas dabei?

BemÜhen wir uns, nachdem wir in der FrÜhe die heilige Kommunion empfangen haben, den Tag über genügend um die reine Liebe zu Gott, zu Christus? Nichts in der 'Welt kann sich mit der Liebe zu Gott messen. Die Wirkungen eines Aktes der Liebe sind weittragender als die vVirkungen jeden andern Tuns. Wieviel mehr mÜßten wir uns darum bemühen, daß wir Akte der reinen Liebe erwecken? Es braucht ja nicht viel dazu, vorausgesetzt daß das Herz dauernd auf Gott hingeordnet ist: eine Erhebung des Herzens zu Gott; die gewöhnlichste Handlung, das kleinste Opfer, die gewöhnlichste Überwindung genÜgt. Denn alles, was aus Liebe geschieht, ist Liebe, die Arbeit, die Ermüdung, der Schmerz, der Tod, aus Liebe angenommen.

Gebet.

Mögen Deine Gaben, 0 Gott, uns losmachen VOll den irdischen Freuden und uns stets durch die himmlische Nahrung erneuern. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Die liturgische Meßfeier des fünften Sonntags nach Erschein ung.

1. Wie am letzten Sonntag die Herrlichkeit des Herrn im Sturm auf dem Meer aufstrahlte, so gibt sie sich heute in der Macht Über das Unkraut kund, das der Feind unter den Vveizen im Gottesreich der hl. Kirche gesät hat. Unkraut und Weizen, die Mächte des Bösen und des Guten stehen hier auf Erden einander gegenüber. Zwei Heerlager! Christ und Antichrist! Auf dem gleichen Acker des Lebens. Bekämpfung, Schwierigkeiten, Gegnerschaft ist der Anteil des Reiches Gottes in der Zeit. Aber auch das Unkraut, die Gegnerschaft gegen das Reich des Guten, der Gnade, der Tugend und der Heiligkeit, steht unter der Herrschaft und im Dienste des Gott-Königs Christus und Seiner Heilsabsichten. "Der Herr ist König!"

2. Mit diesem Glauben schaut die Kirche zum Herrn empor. "Gott betet an, ihr Engel alle. Sioll hört's und freut sich. Die Töchter Judas' jauchzen. Der Herr ist König. Jauchze, Erde!" (Introitus). GegenÜber dem Bösen, dem Feindlichen, fleht die Kirche zu Gott: BehÜte Deine Familie ohne Unterlaß. Sie kann sich ja nur auf Deine Gnade stÜtzen (Oratio). Sie hat das Recht, sich ganz auf die "VatergÜte" Gottes zu berufen und zu verlassen: sie ist Gottes Familie. Ihre Kinder sind Kinder Gottes, teil haft des Lebens Gottes. An ihrer Spitze steht als Sprecher und Vertreter der große Beter Christus. Durch die Eingliederung der Getauften in Christus, das Haupt, sind die vielen ein Herz und ein e Seele, von dem lebendigsten Gemeinschaftsbewußtsein getragen und erfüllt. Es wirkt sich kraftvoll aus, sowohl in der Richtung auf die Mitmenschen als auch in der Richtung auf Gott: in der Richtung auf die Menschen als mitleidiges Er-

Die liturg. Meßfeier des 5. Sonntags n. Erscheinung. 3 I 7 barmen, als Güte, als Geduld, als gegenseitiges Ertragen und Verzeihen; in der Richtung auf Gott als frohes Danken, das sich im Lobpreis Gottes, in PSCllmengesang und geistlichen Liedern kundgibt, in einem steten Leben für Gott, durch Christus den Htjrn (Epistel). Ja, so antworten wir auf die Worte der Epistel, ja, wir ,.Heiden werden Deinen Namen fürchten, Herr. Der Herr ist König" (Graduale, Allelujavers). Wir huldigen Ihm. Wir ertragen in Liebe und Geduld das um uns herumwuchernde Unkraut. Der Weizen sind diejenigen. die Christus, dem König, folgen, die-Getauften. Das Unkraut sind die Gottes- und Christusgegner, die Feinde des Herrn und Seiner Kirche, insbesondere diejenigen, welche, obschon Christen, obschon Katholiken, nicht die Wege Gottes, Christi und ihres Glaubens gehen. "Lasset beides miteinander wachsen." Der Herr erträgt in Liebe und Geduld. Wir desgleichen. Wir haben Mitleid, wir verzeihen. Wir wissen, "der Herr ist König!" Er hat die Macht auch über das Unkraut und weiß es dell Zwecken des Reiches Gottes, der Förderung des Guten und des Heiles der Seelen dienstbar zu machen. (Evangelium). Wir antworten auf das Evangelium mit einem freudigen: "Ich glaube." "Der Herr ist König." "Die Rechte des Herrn hat an der Kirche, an uns, rhachtvoll gewirkt, die Rechte des Her)n hat

• I mich erhöht" (Offertorium).

3. Im festen Vertrauen auf die allvermögende Macht des Gott-Königs treten wir den Opfergang an. Wir bringen dem Vater "das Opfer der Versöhnung" dar. Er spricht uns "von unsern Sünden los" und lenkt "unsere schwankenden Herzen" (Stillgebet), um unserer heiligen Opfergabe willen, die wir Ihm in der heiligen Wandlung anbieten. In der heiligen Kommunion streut der Vater den guten Weizen der heiligen Eucharistie auf das Ackerfeld der Kirche, in die Seelen. Die Saat geht auf. Wohl sät auch der Feind seinen Samen. Aber das Weizen-

3 18 I I. Die hl. Weihnachtszeit: 5. Woche n. Erscheinung korn, der eucharistische Gott-König, gibt der Kirche der Seele, die Kraft, daß sie trotz des Unkrautes trotz aller \Niderstände von innen und von außen der Vollendung entgegenreife. Die Kirche, dei Christ, wird eine sichtbare Erscheinung der Weis, heit, Macht und Kraft Christi, die in der Erhaltupg und Leitung, in dem steten Wachstum und in dei unversieglichen Fruchtbarkeit der Kirche, der See, len, offenbar wird. "Alle staunten Über die Wort( aus Gottes Mund" (Communio): über die Kraft deI Worte, die der Herr in der Feier des heiligen Opfers durch den Priester spricht: "Das ist Mein Leib, das ist Mein Blut."

Fünfter Sonntag nach Erscheinung. Die Herrlichkeit des Herrn!

1. "Gott betet an, ihr Engel alle. SiOll (die Kirche) hört's und freut sich; die Töchter Juda~ jauchzen. Der Herr (Christus) ist König, jauchze Erde, ihr vielen Inseln, freuet euch", (Introitus), Christus ist Gott, Christus ist König. "Und wir haben Seine Herrlichkeit gesehen" (Joh. r, r4). Er läßt sie aufleuchten 111 Seinen einzelnen Gliedern und in der Gesamtheit Seiner Kirche.

2. Der Her r I ä ß t Sei ne Her r I i c·h k e i t al1 f 1 e u c h t e n in deli einzelnen Christen (Epistel). Sie waren zuvor irdische Menschen und lebten "in Unzucht, Leidenschaft, böser Lust und Habsucht, dem Zorn, der Erbitterung, der Bosheit, der Lästerung und schändlichen Reden" ergeben (Kol. 3, 5 ff.). In der Kraft, die der Herr an ihnen gewirkt, sind sie nunmehr "Auserwählte Gottes, Geliebte, voll mitleidigen Erbarmens, voll GÜte, Demut, Bescheidenheit, Gedl1.ld und gegenseitiger Liebe." In ihren Herzen frohlockt, triumphiert und fÜhrt das Zepter der Friede Christi, deri die Welt nicht geben kann, der Friede mit Gott, der Friede mit sich selbst, der Friede mit dem Nächsten. Sie leben

Sonntag: Die Herrlichkeit des Herrn I 3 19

~ott, lobpreisen Ihn dankbaren Sinnes mit Psalmen, Lobliedern und heiligen Gesängen. 'Was sie reden und tun, tun sie im Namen des Herrn J esus Christus, in Seinem Geist und Sinn (Epistel). Wirklich ein neues Geschöpf, der neue Mensch, nach Gott geschaffen in Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit; in innigster Gemeinschaft mit Gott, der in ihm wohnt und wirkt, erfÜllt mit dem Heiligen Geiste, dem Geist der Liebe, der ihn durchflutet und ihn immer vollkommener in die Herrlichkeit Christi umwandelt (2 Kor. 3, 17-18). Alles dies ist das Werk des Herrn! Er hat uns erlöst. Er hat in unsere Herzen Seinen Heiligen Geist ausgegossen und uns mit sich zu Kindern des Vaters gemacht. Er hat uns neue Kräfte eingesenkt, die Tugenden des, Glaubens, der H\lffnung, der Liebe, der Gerechtigkeit, des Starkmutes, der Tapferkeit und Festigkeit: lauter Ausstrahlungen des Geistes und der Kraft, der Herrlichkeit des Herrn, des Weinstockes, der die Zweige mit Seinem Leben durchdringt. "Wir haben Seine Herrlichkeit gesehen" und an uns erfahren. Neu erstehen läßt der Herr die Sionsstadt (das Jerusalem der Seele). "Dort offenbart Er sich in Seiner Herrlichkeit" (Graduale).

Der Her r I ä ß t Sei n eHe r rl ich k e i tau fleu c h t e n inS ein e r Kir c h e (Evangelium). "Das Himmelreich ist gleich einem Manne, der guten Samen auf seinen Acker säte. Während aber die Leute schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut mitten unter den Weizen und eilte davon. Als nun die Saat aufging und Frucht ansetzte, zeigte sich auch das Unkraut." So hat der Herr selber es uns vorhergesagt: In dem Gottesreich der heiligen Kirche wird auch Unkraut wachsen, mitten unter dem Weizen. Christus "hat die Kirche geliebt und sich für sie hingegehen, um sie zu heiligen, indem Er sie reinigte im Wasserbad (Taufe) durch das Wort, um sich Seine Kirche herrlich zu gestalten,

320 11. Die hl. Weihnachtszeit: S. Woche n. Erscheinung. daß sie nicht Fleck oder Runzel oder dergleichen an sich habe, sondern daß sie heilig und makellos sei" (Eph. 5, 26). Heilig ist sie in ihrem Glauben, in ihrem Dogma, in ihrer Sittenlehre, in ihrem Beten, in ihrem Kultus, in ihren Sakramenten, in ihrer Liturgie. Heilig ist sie in M iUionell und Millionen ihrer Kinder und Glieder. Er hat guten Samen auf Seinen Acker gesät. Aber auch der Feind war nicht tatenlos. Er ging hirr und säte mitten in den guten Weizen hinein das Unkraut. Die Zeiten, da die Gläubigen im Feuer des Heiligen Geistes erglühten, da sie wahrhaft übernatÜrlich, im Geiste (Ga!. 5, 16), himmlisch (Phi!. 3,20), göttlich (Kol. 1, 10) dachten und lebten; die Zeiten, da sie mit Freuden, um Christi willen, Schmähungen und Drangsale erlitten, da sie den Raub ihrer Güter mit Freuden hinnahmen, weil sie wußten, daß sie einen wertvolleren und bleibenden Besitz dafür erhalten werden (Hebr. 10, 33 f.); die Zeiten des Vollchristentums, der Martyrer, gingen bald zu Ende. Es drängten sich viele in die Gemeinde der Heiligen ein, die es nicht mehr verstanden, in Wahrheit Christum anzuziehen, in Christus zu leben. Sie hatten in der Taufe dem Teufel und seinen Werken abgeschworen. Sie hatten feierlich erklärt, Christus nachfolgen zu· wollen. Aber bald verstanden sie das \Nort nicht mehr: "Wer Mir nachfolgen wilJ, verleugne sich selbst" (Matth. r6, 24), das Wort vom Kreuztragen, vO,n der Liebe zur Armut, zum Nichtssein vor den Menschen. Mit ihnen kam das Unkraut in den Garten der Kirche! Und es wucherte und wuchert weiter, im stillen, fast unbemerkt, in den einzelnen, in ganzen Gemeinden, Pfarreien, Diözesen, religiösen Instituten und Organisationen I Was weiß die Geschichte unserer Kirche nicht alles davon zu berichten!

"Willst du, daß wir hingehen und das U 11 k rau t s a 111 m ein?" So fragen die Knechte.

Sonntag: Die Herrlichkeit des Herrn! 321

~r Herr aber antwortet ihnen: "Nein. Laßt beides wachsen bis zur Zeit der Ernte. Dann werde ich den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in BÜschel zum Verbrennen: den Weizen aber bringet in meine Scheunen." Der Herr ist der Herr auch Über das Unkraut. Er läßt es mit dem Weizen zusammenwachsen, weil Er die Macht hat, auch das Unkraut dem Weizen dienstbar zu machen. "Glaubt ja nicht, daß die Bösen in dieser Welt unnütz seien oder daß Gott aus ihnen nichts Gutes machen könne. Der Böse lebt entweder dazu, daß er gebessert werde; oder er lebt dazu, daß durch ihn die andern geheiligt werden" (S. Augustinus). Die Geschichte der Kirche lehrt die tröstliche Wahrheit: So viele Zeiten der Erniedrigung der Kirche, ebensoviele Zeiten der VerjÜngung! Mag noch soviel Menschliches an ihr gefunden werden: dennoch lebt der Herr und Sein Geist in ihr. Jesus Christus ist heute wie gestern und morgen derselbe (Hebr. 13, 8): Er hat durch die mannigfachsten Zeichen bewiesen, daß Er in Seiner Kirche lebt und wirkt. "Der Herr ist König." "Die Rechte des Herrn tut Wunder, die Rechte des Herrn erhöht mich. Ich sterbe nicht, ich werde leben und die Werke des Herrn verkÜndigen" (Offertorium).

3. "In der Schwachheit (des Menschen) kommt die Kraft (Christi) zur Vollendung" (2 Kor. 12, 9). Schwer leidet die Kirche unter dem Unkraut, das in ihr wächst. Mit allen nur erdenklichen Mitteln sucht sie es fern zu halten und zu überwinden. Es ist ihr unter Menschen hier auf Erden nun einmal nicht möglich, ein Gottesgarten ohne Unkraut zu sein. Aber sie verzagt nicht. Sie trägt es in Demut. daß sie in vielen ihrer Kinder nicht das ist, was sie sein soll und sein will. Um so mehr vertraut sie auf den, der gesagt hat: "Lasset beides miteinander wachsen!" Sie weiß: Er ist det Herr. Er wird dafÜr sorgen, daß auf dem Acker der Kirche immer der Weizen ge,deihe, wennschon vom Unkraut belästigt. Baur. Werde Licht! 1. \ll

322 11. Die hl. Weihnachtszeit: 5. Woche n. Erscheinung.

Wir teilen den Glauben und die Zuversicht der Kirche. Wir bedauern, daß soviel Unkraut wächst: aber wir sehen hinter allem Unkraut und Unrechtem in der Kirche Christus, den Herrn. "Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt" (Matth. 28, 20). "Neu erstehen läßt Er, im Opfer der heiligen Messe, die Sionsstadt. Dort offenbart Er sich in Seiner Herrlichkeit."

Ge b e t.

Wir bitten Dich, 0 Herr, behÜte Deine Familie unablässig in Deiner VatergÜte. Sie findet ja die einzige Stütze ihrer Hoffnung nur in der himmlischen Gnade. Drum möge sie allezeit unter Deinem Schutz in Sicherheit sein. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Montag der fünften Woche nach Erscheinung.

Das Unk rau tun t erd e m W e i zen.

1. Der Herr sät guten Samen. Aber es kommt der Feind, und sät Unkraut unter den guten Weizen. Der Herr befiehlt: "Lasset.beides miteinander wachsen bis zur Zeit der Ernte."

2. Das A c k e r f eid ist m ein e See I e. Gott, der Heiland, hat dieses Ackerfeld fÜr sich ausgewählt, hat es gesegnet, zubereitet, hat guten Samen darauf gesät: die heiligmachende Gnade, die Tugenden des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe mit allen übrigen Übernatürlichen Tugenden und. mit den sieben Gaben des Heiligen Geistes. Und immer, unaufhörlich ist Er da, mit dem befruchtenden Tau Seiner Beistandsgnaden, mit dem Sonnenschein neuer Liebe, mit der Nacht der PrÜfungen. "Herr, hast Du nicht guten Samen auf Deinen Acker gestreut? Woher hat er das Unkraut?" Ja, das Unkraut! Soviel Verdorbenheit in unsern Gedanken, Neigungen, WÜnschen, Regungen, Trieben, Werken. So viele Unterströmungen

Montag: Das Unkraut unter dem Weizen. 323

hlimmster Art: Begierlichkeit, Hochmut, Eigenrrebe, Unwahrhaftigkeit, EigendÜnkel, Trägheit, Menschenfurcht. "Herr, hast Du nicht guten Samen auf Deinen Acker gestreut?"

"Willst Du, daß wir hingehen und es sam m ein? Nein, lasset beides wachsen bis zur Zeit der Ernte." Das ist die Art des Göttlichen in der Welt, in der Kirche, auch in meiner Seele. Der Mensch in uns will alles, was uns demÜtigt, uns klein macht und uns Kampf bereitet, entferni haben. Nirgends soll uns ein Fehler passieren, nirgends sollen wir das Schwergewicht unserer verderbten Natur, ihrer' Geneigtheit zum Bösen, zum Gemeinen in uns empfinden: ein Acker mit gutem Samen, ohne jedes UnkfaJut. Das ist der Traum der vielen. Aber der Menschen Gedanken sind nicht Gottes Gedanken: "Lasset beides miteinander wachsen." Nicht als ob wir dem Bösen in uns nicht begegnen müßten. Aber so ist es heilige Ordnung Gottes, daß wir auch beim heiligsten Streben täglich wieder beten mÜssen: "Vergib uns unsere Schuld." Daß wir bekennen mÜssen: "In vielen Dingen fehlen wir alle" (Jak. 3, 2). So sehr sind wir verderbt und verkehrt, voll Schwächen, Fehlern und Unvollkommenheiten: ein Ackerfeld voll Unkraut unter dem Weizen!

3. "Bonum, quia humiliasti me - Es ist gut, daß Du mich gedemÜtigt hast" (Ps. II8, 71). Wozu das Unkraut? Damit wir von unserm Stolz und Eigendünkel geheilt werden. Damit wir auf Schritt und Tritt auf unser Nichts, auf unser Unvermögen und unsere SÜndhaftigkeit stoßen und so uns selber als das kennen lernen, was wir in Wahrheit sind. Daß wir uns demÜtigen und stets aufrichtiger bekennen:

"Domine, non sum dignus - Herr, ich bin nicht würdig." "Miserere mei Deus, secundum magnam misericordiam tuam - Erbarme Dich meiner, Gott, und sei mir gnädig."

"Lasset beides miteinander wachsen." Der gute 21*

324 Ir. Die hl. Weihnachtszeit. 5. Woche n. Erscheinung. Same findet im Ringen gegen das Unkraut Nahrung, Kräftigung, Wachstum: Da, wo wir den Regungen und Gedanken, sobald wir sie merken, entgegentreten, wächst in uns der gute Same, die Tugend. Im Ringen gegen das Böse in uns finden wir den Weg zum Gebet: Wir flehen zu Dem, der allein uns stützen und uns helfen kann. Der Kampf gegen das Unkraut in unserer Seele wird uns zum Heil, zum Fortschritt.

Es kommt einmal "der Tag der Ernte". Dann gibt es nur mehr guten Weizen - in den Scheunen Gottes. Wie werden wir dann dankbar sein, daß wir im Ringen mit dem Unkraut haben ausreifen müssen! Dann wird es uns aufgehen, wie wunderbar Er uns gefÜhrt hat, und wir werden bekennen: ,,0 Tiefe des Reichtums der Weisheit und des Wissens Gottes! \Vie unbegreiflich sind doch Seine Wege!" (Röm. II, 33.) Eine erhabene Epiphanie Gottes, des Gott-Köni.gs, im Reiche der erlösten Se,ele! "Betet Ihn an, alle Seine Engel!"

Gebe t.

Wir bitten Dich, 0 Herr, behÜte Deine Familie Ilnablässig in Deiner VatergÜte. Sie findet ja die einzige Stütze ihrer Hoffnung nur in der himmlischen Gnade. Drum möge sie allezeit unter Dei: l1em Schutz in Sicherheit sein. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Dienstag der fünften Woche nach Erscheinung.

Das Unk rau tin der Kir c h e.

1. "Lasset beides miteinander wachsen", das Unkraut und den guten Samen. Es ist, als gehörte zum Weizen auch das Unkraut. Ein geheimnisvolles Lebensgesetz der heiligen Kirche, der Kirche im Ganzen so gut wie in ihren Teilen, heißen diese nun Diözese oder Pfarrgemeinde oder Klostergemeinde oder Familie. "Lasset beides miteinander wachsen!"

DIenstag: Das Unkraut in der KIrche. 325

2. Der Her r hat gut e n Sam e n in Seiner Kirche ausgestreut. Was ist die heilige Kirche Großes, Erhabenes: im Besitz der göttlichen Wahrheit, im Besitz der heiligen Sakramente, der Mittel zum Heil der Seelen, des wahren Kultes, der heiligen Eucharistie, des wahren Priestertums, so vieler Heiligen im Himmel und hier auf Erden! Aber ebenso ist es Tatsache, daß auf dem Ackerfeld der heiligen Kirche hier auf Erden viel Unkraut wächst. Was weiß die Geschichte der heiligen Kirche zu berichten von Abfall, von Verrat, von Untreue, von moralischer Unwürdigkeit so vieler Diener und Glieder der Kirche, von Ärgernissen, die nie enden wollen? Und dazu die Frommen in der Welt, im Kloster, oft so ohne WÜrde, ohne Format, ohne Kraft; so voll Engheit, Verängstigung, Unfreiheit, Freudelosigkeit; so oft eine unliebenswÜrdige, ja abschreckende, ungesunde, dabei Überempfindliche, ichbezogene Frömmigkeit; so viele übungen und so wenig echte, gesunde, starke Tugend, so wenig Liebe, geistige Vornehmheit, edle Persönlichkeit! Herr, ist das Deine heilige Kirche? Siehe doch das Unkraut!

"L ass e t bei des mit sam m e n w ach 5 e n. ,.

Es ist, als mÜßte es so und nicht anders sein. Gerade darin leuchtet das Göttliche in der Kirche auf. gerade darin wird die Kirche mit ihrem wuchernden Unkraut zu einer Epiph'anie des Herrn, des Göttlichen in ihr: das Göttliche wagt sich hinein in die Wirklichkeit der Menschen, der Masse, der Unheil igen, der SÜnder! Göttliches Wagnis! Eine stete Epiphanie. Hätte der Mensch die Kirche gestiftet, er hätte sie nie mit Unkraut belastet. Er wäre derselben Versuchung unterlegen, wie die "Donnersöhne" Johannes und Jakobus: "Herr, sollen wir nicht Feuer vom Himmel herabrufen, auf daß es sie verzehre?" (Luk. 9, 54); der Versuchung, der nach Montanus und Tertullian so viele unterlegen 'sind, die eine "Elite"-Kirche suchten, eine Kirche

32{) 11. Dieh!. Weihnachtszeit: 5,Wochen.Erscheinung. der "Reinen", der "Heiligen", der "Wissenden", der "Charismatischen". Menschengeist! Der menschlich Weise flieht die rauhe Wirklichkeit, den Menschen, wie er ist, und flÜchtet sich zu Gott; der Stoiker zwingt sich zu harter Apathie, um nicht aus dem Geistigen herausgerissen zu werden; Buddha redet bei Lotosblumen weltflÜchtige Weisheit; Christus, der Gott-König, tritt an den Menschen her an, wie er ist, ihn umzugestalten, zu retten, zu heiligen. Er grÜndet eine Kirche fÜr alle, eine Kirche, die jedem erlaubt, den Weg zur Vollkommenheit zu betreten, soviele Mängel er auch mitbringen mag: Unverstand, schlechten Geschmack, innere Unvornehmheit, Beschränktheit, eine zu allen M ißvel'ständnissen und zu jedem Verrat bereite Natur. Das ist die Art des Göttlichen! "Lasset beides wachsen."

3· Gott-König Christus, wie bist Du groß in Deiner heiligen Kirche mit ihrer Belastung durch das Unkraut! "Adorate Deum omnes Angeli eius" (Introitus).

Gott-König Christus! Deine Kirche, von Unkraut vielfach fast überwuchert! Sie ist Deine Kirche. Gib mir erleuchtete Augen, hinter allem Unkraut immer das Göttliche strahlen zu sehen und zu bekennen: "Dextera Domini fecit virtutem - Die Rechte des Herrn tut in Seiner Kirche Wunder ... " (Offertorium).

Heilige Kirche! Wie bist du mir groß, teuer, ehrwürdig, trotz allen Unkrautes! Du wagst es, in einem fast erschreckenden Gehorsam gegen den, der dich gebildet, die Last der Menschen mit ihren M enschlichkeiten auf dich zu nehmen, dich an Menschen auszuliefern, so wie sie sind! Du wagst es, dich einem nie endenden Martyrium vonseiten deiner Gegner und deiner unwÜrdigen Kinder auszusetzen - nur um die Kirche fÜr alle zu sein und um alle zu retten. "Ich bin nicht gekommen, die Ge-

Mittwoch: Gabe und Aufgabe. 327

rechten zu retten, sondern die SÜnder" (Luk. 5, 32). Ich glaube!

Gebe t.

Herr, habe Erbarmen und sprich uns los von uns ern Sünden. Gib Du unsern wankenden Herzell die Richtung. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Mittwoch der fünften Woche nach Erscheinung.

Gab e und Auf gab e.

1. Christus der Herr und König in Seinem Reiche der heiligen Kirche! Diesem Reiche anzugehören haben auch wir die Gnade. Die Gnade, die Gabe wird naturgemäß zur Aufgabe. Gabe und Aufgabe stellt uns die Epistel des Sonntags vor Augen.

2. Die Gab e. "Auserwählte Gottes, Geheiligte, Geliebte." Wir sind "auserwählt" aus Tausenden und Millionen. Auserwählt zur Einverleibung in Christus in der heiligen Taufe, zur Teilnahme an Seiner Kindschaft Gottes, an Seinem ewigen Erbe. "Geheiligte". In der heiligen Taufe, im Bußsakrament, gereinigt von der SÜnde und Schuld, umgewandelt, durchheiligt durch die Gnade, ausgestattet mit den übernatÜrlichen Tugenden, erleuchtet mit dem Lichte des Glaubens, erfÜllt mit den Gaben und Kräften des Heiligen Geistes, berufen zu gu-, ten Werken, zum ununterbrochenen Wachstum in Gnade, Tugend, zur seligen Gottvereinigung. "Geliebte." Auserwählt, geheiligt, einzig weil Er, der Ewige, mit ewiger völlig unverdienter Liebe uns liebte. "Gott ist die Liebe." Daß ihr "erleuchtete Augen hättet, um einzusehen, zu welcher Hoffnung ihr berufen seid, wie reich und herrlich Sein Erbe für die Heiligen (Getauften) und wie Überwältigend groß Seine Macht (Wirken) an uns ist, die wir glauben! Wir taten einst, was das Fleisch und das Herz begehrten, und waren von Natur aus Kinder des Zornes. Gott aber, reich an Erbarmen, hat uns Seine große Liebe erwiesen und uns mit Christus

328 11. Die hl. Weihnachtszeit: 5. Woche n. Erscheinung. wieder lebendig gemacht. Nicht euer Verdienst ist es, es ist Gottes Geschenk" (Eph. 1, I8ff.).

Die Auf gab e. Als Gottes Auserwählte, Geheiligte, Geliebte "kleidet euch mit herzlichem Erbarmen, mit Güte, Demut, Sanftmut, Geduld. Ertraget einander und verzeiht, wenn einer sich Über den andern zu beklagen hat. Wie der Herr euch vergeben, so sollt auch ihr tun. über all das legt (als Obergewand, als zusammenhaltenden GÜrtel) die Liebe an: sie ist das Band der Vollkommenheit." Wir prüfen uns ernstlich, in wie weit wir die Liebe haben. Der Herr gebietet uns: "Das ist Mein Gebot, daß ihr euch einander so liebt, wie Ich euch geliebt habe" (Joh. I5, 12). Er adelt, vergöttlicht gleichsam die Liebe zum Nächsten. "Was ihr einem Meiner Geringsten getan habt, habt ihr Mir getan" (Matth. 35, 40). Die kleinste Liebe, die wir um Christi willen einem Armen erweisen, erwirbt uns vom Herrn einen ewigen Lohn. Wo wir dem ,M itmenschen einen LIebesdienst versagen, den wir ihm erweisen könnten, haben wir uns an Jesus selbst versÜndigt. Wo wir den Nächsten hart, abweisend behandeln, behandeln wir den Herrn hart und abweisend. Gehen wir in uns und sehen wir, ob der Herr mit der Art und Weise zufrieden sein kann, in der wir mit dem Mitmenschen umzugehen pflegen. "Die Liebe ist das Band der Vollkommenheit." Soweit lieben wir Gott und soweit lieben wir den Herrn Jesus Christus, als wir den Mitmenschen lieben. Danach werden wir einst gerichtet werden, ob und in wieweit wir geliebt haben.

3· Erscheinung des Herrn! Der Gott-König Christus erscheint in der Menschheit, um in ihr Sein Reich aufzurichten und "die Sionsstadt neu erstehen zu lassen". Es ist ein Reich der heiligen Liebe. "Daß sie alle eins seien, wie Du, Vater, in Mir und Ich in Dir" (Joh. 17, 21). Wir eins durch die Gnade, Vater, Sohn und Heiliger Geist eins durch die Natur.

Mittwoch: Gabe und Aufgabe. 329

"Ich werde in ihnen sein, so wie Du in Mir bist, auf daß sie vollkommen eins seien" (Joh. 17, 23). Er hat uns in der heiligen Taufe sich einverleibt und uns zu lebendigen Zweigen an sich, dem Weinstock, gemacht. Er lebt in uns, das Haupt in Seinen Gliedern, "damit wir vollkommen eins seien, wie der Vater, Sohn und Heilige Geist eins sind". Haben wir es schon einmal ganz bedacht? Verstehen wir, wieviel dem Heiland daran gelegen ist, daß wir einander lieben, und "e i n Herz und ein e Seele seien?"

Der Herr richtet Sein Reich in der Menschheit auf. Diesem Reich steht das Reich des Widerchristus gegenÜber. Was die beiden voneinander unsichtbar trennt, ist die verschiedene Liebe. Im Reiche Christi die heilige Gottesliebe, die in Gott und mit Gott den Nächsten liebt. Im Reich des Widerchristus die Eigenliebe, die bis zur Verachtung Gottes und alles dessen, was Gott befohlen und versprochen hat, fortschreitet. Wir entscheiden uns heute wieder mit ganzem Herzen fÜr das Reich Christi, das Reich der heiligen Liebe. "Das ist Mein Gebot, daß ihr euch einander so liebet, wie Ich euch geliebt habe."

Die Frucht der heiligen Kommunion ist die gegenseitige Liebe. Wir täuschen uns, wenn wir täglich zur heiligen Kommunion gehen und dann im Leben gegen den Nächsten lieblose GefÜhle und Regungen unterhalten, lieblos von ihm denken, urteilen oder reden, gegen ihn hart und kalt sind! An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen: unser Gebet, unsere heilige Kommunion. Ihre Frucht mu ß die Liebe zum Nächsten sein! Haben wir es ernstlich bedacht?

Gebet.

Cieße uns, 0 Herr, den Geist Deiner Liebe ein, damit wir alle, durch Deine VatergÜte, ein e s Herzens seien. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

330 I I. Die hl. Weihnachtszeit: 5. Woche n. Erscheinung'. Donnerstag der fünften Woche nach Erscheinung.

"D e r Fr i e d e C h r ist i ... "

J. Die heilige Liturgie ruft uns in der Epistel auf, selber eine Epiphanie, eine Erscheinung des Herrn zu sein. Der Christ ein anderer Christus, "gleichgestaltet dem Bilde Seines Sohnes"! (Röm.8, 29·) "Wie der Herr euch vergeben hat, so sollt auch ihr tun. Und der Friede Christi frohlocke in euren Herzen: denn dazu seid ihr ja als ein Leib berufen" (Epistel).

2. "D er F r i e d e C h r ist i fr 0 h I 0 c k e, her rsc he in euren Herzen." In jedem "Pax vobis" des die heilige Messe feiernden Bischofs; in jedem "Dominus vobiscum" des zelebrierenden Priesters wünscht uns die heilige Liturgie den Frieden Christi. "Der Friede des Herrn sei immerdar mit euch" betet der Priester unmittelbar vor dem Agnus Dei. Das Agnus Dei selber mÜndet in die Bitte um den Frieden aus: "Gib uns den Frieden." Ihren Höhepunkt erreicht die Friedensbitte in dem Friedensgebet: "Herr Jesus Christus, der Du Deinen Aposteln gesagt hast: Meinen Frieden hinterlasse Ich euch, Meinen Frieden gebe Ich euch: gib Deiner Kirche Frieden' und Eintracht." Auf dieses Gebet erfolgt der Friedenskuß. Er bedeutet, daß das eucharistische Opfer den Frieden, d. i. die Eintracht und die Einheit des mystischen.Leibes Christi, der Glieder Christi, der Kirche, bezeichnet und bewirkt. Es ist offenbar etwas Großes und Wichtiges um den Frieden Christi. Sonst wÜrde ihn die Liturgie nicht so auffallend betonen. Der Friede Christi ist das Ausgesöhntsein mit Gott, das Freisein von der Sünde und von der Herrschaft der SÜnde, der Leidenschaften, der Begierlichkeit, der Sinnlichkeit, der Eigenliebe. Der Friede Christi ist Freundschaft mit Gott, Vereinigung mit Gott, Leben mit Gott, Zutritt zu Gott. Der Friede Christi ist vor allem die Einheit und Eintracht der Glieder

Donnerstag: "Der Friede ~hri~ti ... " 33 I

des Leibes Christi, das "e i n Herz und ein e Seele sein", so wie es die Apostelgeschichte von der Christengemeinde in Jerusalem berichtet (Apg. 4, 32). "Der Friede Christi frohlocke, herrsche in euren Herzen!" Er banne jede Abneigung, jede Uneinigkeit und Zwietracht. "Denn dazu seid ihr ja als ein Leib berufen", daß ihr alle eins seid in Christus. über alles die Einheit, die Eintracht, der Friede miteinander, den Christus auf die Erde gebracht hat! Bas ist Christentum.

Was hin der tin uns das wir k sam e S t r ehe n nach der Verwirklichung des Friedens Christi, nach Einheit und Eintracht, nach dem "e i n Herz und ein e Seele sein?" Das erste Hindernis ist unsere ungeordnete Anhänglichkeit an die Dinge dieser Welt: an Geld und Besitz, an Erwerb, an Wissen, an Arbeit, an Erfolg, an Geltung vor den Menschen, mit einem \,yort, unsere Eigenliebe. Sie macht uns neidisch, eifersÜchtig, abgeneigt, stolz, rechthaberisch, tadelsÜchtig, lieblos im Denken, im Reden und Benehmen, enggeistig und eigenwillig, ungeduldig und hart. Sie hindert uns, mit den andem, mit der Gemeinschaft zu fÜhlen und uns fÜr das Ganze zu opfern. Das wirksame Streben nach christlicher Eintracht und Einheit hindert sodann unsere falsche Wertung und Einschätzung der ErdengÜter. Wären wir vollkommene Christen, so wÜrden wir das Irdische verachten. Mit Paulus würden wir das, was uns ehedem als Gewinn galt (irdische GÜter und Ehren), um Christi willen fÜr Schaden erachten. "Ja, ich halte alles fÜr Verlust, weil die Erkenntnis meines Herrn Jesus Christus, um dessen twillen ich auf alles verzichtet habe, über alles erhaben ist. Ja, ich erachte es fÜr Kehricht, um Christus zu gewinnen. Ich möchte Ihn erkennen und die Macht Seiner Auferstehung und die Teilnahme an Seinem Leiden, und Ihm will ich im Tode ähnlich werden im Gedanken, daß ich zur Auferstehung von den Toten gelange" (Phi!. 3,

332 I l. Die hl. Weihnachtszeit: 5. Woche n. Erscheinung. 7 ff.). Das ist die Sprache des Christen. Können auch wir so sprechen? Ja, hier fehlt es: wir schätzen und lieben das Irdische und kennen keine vollkommene Liebe zu Christus und zu dem, was Er uns ist und gibt. Was uns endlich vom wirksamen Streben nach dem Frieden Christi abhält, ist unsere bloß natürlich-menschliche Auffassung vom Mitmenschen. Er ist uns immer der andere, der Fremde, der mißliebige Konkurrent und N ebenbuhler, nicht der Bruder in Christus, das Glied Christi, Christus selbst. Es fehlt uns der lebendige Glaube, der im Mitmenschen den Herrn sieht, ehrt und liebt. Unter uns Christen "heißt es nicht mehr Heide und Jude, Barbar und Skythe, Sklave und Freier, sondern alles und in allen Christus" (Kol. 3, II). "Du hast deinen Bruder gesehen, du hast den Herrn gesehen", so sagten die Christen der frÜheren Jah~hunderte. Und wir? Ach, wie wenig sind wir noch Christen, auch die Frommen unter uns!

3. "Der Friede Christi herrsche, triumphiere in euren Herzen." Das Streben nach Eintracht und Einheit überwinde die Eigenliebe, die überschätzung der irdischen Güter, das bloß natÜrliche Denken. Christus will in uns Sein Leben weite rieben. Er ist die menschgewordene Liebe zu den Seelen, zu uns Menschen. Er ist der Feind jeder Zwietracht und jeden Unfriedens. Er ist frei von jeder Eigenliebe. Er betrachtet und wertet alles im Lichte der ewigen Werte. Er will nur fÜr den Himmel retten! Sein Wunsch ist, daß wir alle eins seien, so wie der Vater und der Sohn und der Heilige Geist in der heiligsten Dreifaltigkeit eins sind. Wenn wir Ihn ganz in uns Gestalt gewinnen ließen!

Vier Dinge, sagt die "Nachfolge Christi" fÜhren uns auf den Weg des Friedens, der Eintracht mit dem Nächsten. "Tue immer lieber den WiUen der andern als den eigenen (wenn keine andere Pflicht entgegensteht). Habe lieber immer weniger als mehr. Suche immer den letzten Platz auf und unter-

Freitag: Unsere Fehler.

333

wirf dich allen WÜnschen und bete, daß immerdar Gottes Wille an dir vollkommen geschehe" (3. Buch, Kap. 23).

Ge b e t.

Gott, von dem heiliges Begehren, rechtes Entschließen und gerechtes Wirken kommt, gib DeineIl Dienern jenen Frieden, den die Welt nicht geben kann, damit unsere Herzen Deinen Geboten treu ergeben und die Ze,iten unter Deinem Schutze sicher seien. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Freitag der fünften Woche nach Erscheinung.

Unsere Fehler.

1. "Das Himmelreich ist gleich einem Manne, der guten Samen auf den Acker säte. Während aber die Leute schliefen, kam sein Feind uIld säte Unkraut mitten unter den Weizen" (Evangelium). Wahrlich, der Herr hat in der heiligen Taufe guten Samen auf den Acker unserer Seele gesät: die heiligmachende Gnade mit den kostbaren Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, mit der Fülle der ÜbernatÜrlichen Anlagen und Kräfte. Täglich mehrt Er diese übernatÜrlichen Keime in uns und kräftigt sie, wenn Er in der heiligen Kommunion bei uns Einkehr hält, wenn Er uns die Gnade' gibt zu beten, zu leiden, zu ertragen. Immer ist Er am Werke, guten Samen in unsere Seele zu säen. Und doch immer und unaufhörlich das Unkraut unserer täglichen Fehler! Und wenn wir Ihn fragen: "Willst Du, daß' wir hingehen und es sammeln", ausreißen, vernichten? Dann gibt Er uns zur Antwort: "Lasset beides miteinander wachsen."

2. "Während die Leute schliefen, kam der Fe i n d und säte Unkraut mitten unter den Weizen." Täglich machen wir unsere Betrachtung. Jeden Monat halten wir unsern Einkehrtag. Jede Woche halten wir RÜckschau und gehen wir zur heiligen Beichte. \Vieder nehmen wir es uns vor,

334 Ir. Die h1. Weihnachtszeit: 5. Woche n. Erscheinung. noch treuer zu sein, jeden Fehler zu meiden, uns wahrhaft zu bessern. vVir studieren das Beispiel unseres Herrn, wir schauen, wie es unsere lieben Heiligen gemacht, wir beten und sind auf Selbstzucht und Abtötung bedacht: und doch immer wieder Fehler, Unkraut. Nicht als täten wir sie bedachterweise, mit überlegung, mit offenen Augen. Aber auf der andern Seite können wir auch nicht sagen, daß wir sie ganz und nur aus übereilung tun. Wir haben doch irgendwie das Gefühl der Schuld, wenn wir auf die Fehler zurÜckblicken. Und der Fehler ist kein Ende. Wir gewahren keine Besserung. Wir tun nach außen unsere Pflicht mit Treue und Hingabe: und dabei entdecken wir im lnnern immer wieder verkehrte Motive. Die Menschenfurcht beherrscht uns und bestimmt unser Tun und Lassen. Die Eigenliebe ist von unsern Gedanken, von unserm Tugendstreben, von unsern Opfern unzertrennlich. Das geht jeden Tag so fort. Wohin bringen wir es? Wirklich je zu einem ganz guten, heiligen Werk? Höchstens zu einem mangelhaft, unvollkommen guten Werk. Trotz aller glÜhenden EntschlÜsse, trotz aller kÜhnen Worte und Versprechungen, die wir in der Stunde des Gebetes machen! Geht es ans Handeln, dann ist es mit der Hochherzigkeit im Ertragen von Kreuz und Leiden, mit dem Eifer in der Abtötung aus. Wir tun so wenig fÜr Gott. Und selbst dies wenige kostet uns große Anstrengung. Leicht dispensieren wir uns auch noch von dem wenigen, drÜcken uns an den MÜhen und Opfern vorbei und belÜgen so uns selbst und die Umwelt. Das Unkraut unter dem Weizen! Und Jahre hindurch kaum je eine Besserung, ein wirklicher Fortschritt!

"L ass e t bei des mit ein a n der w ach sen."

Die Knechte sind über das Unkraut und den, der es gesät hat, aufgebracht. Sie sind sofort zur Hand, es auszureißen. Aber der Herr gebietet ihnen, "Lasset beides miteinander wachsen bis zur Ernte."

Freitag: Unsere Fehler.

335

Auch die unfreiwilligen Fehler, die Fehler der überraschung, der übereilung, des Charakters und Naturells haben im Haushalt des Frömmigkeitslebens ihre Mission. Sie nehmen in unserem geistlichen Leben eine wichtige Stelle ein. Sie sind, richtig angeschaut und behandelt, fÜr uns kein Hindernis, im Gegenteil, ein kostbares Mittel zum innern Wachstum. Sie zeigen uns und lassen es uns erfahren, wie viel Schwäche, wie viel Böses, wie viel Verkehrtheit, wie viel Ungeordnetes, Selbstsüchtiges in uns lebt. Bei dem geringsten Anlaß empfinden wir nichts als Arger, Neid, Abneigung. Wir erleben es auf Schritt und Tritt, wie unrein wir sind, von der Reinheit und Heiligkeit Gottes unendlich weit entfernt, unserm Herrn und Heiland so unähnlich. Jetzt gehen uns die Augen auf. Wir erkennen, was wir in Wirklichkeit sind. Wir demÜtigen uns. Wir nehmen es als unser Kreuz an, daß wir noch so sÜndhaft und häßlich sind. Wollten wir uns über uns aufregen, ärgern, uns entmutigen und verzagt werden, so wÜrden wir nur noch mehr das Opfer des Stolzes und der Eigenliebe werden. "Lasset beides miteinander wachsen." Gott läßt es zu, daß wir Fehler haben und machen. Wir unterwerfen uns in Demut dieser Zulassung des Herrn. Wir bleiben ob unserer Fehler ruhig. Nicht als ob wir gegen sie gleichgÜltig sein dÜrften. Wir wollen sie nicht, wir verabscheuen sie. Aber, nachdem sie einmal geschehen, demütigen wir uns und lernen wir, uns von Gott und den Menschen als das ansehen und behandeln zu lassen, was wir in Wahrheit sind. Wir bleiben nicht bei dem Fehler und nicht bei uns stehen: wir wenden uns an den Herrn. Wir bitten Ihn um Verzeihung und wissen, Er hat uns verziehen. Wir flehen Ihn um Seine Hilfe an, daß wir Ihm mit neuer, ganzer Treue weiter dienen können. Der Fehler hat uns gedemütigt, gereinigt, ist uns ein Anlaß zum Gebet, zum Aufblick zu Ihm, zum Wandel mit Gott ge-

J3V k'Cihe-6r.Weiltirac{ifszerf, 'J. f?ücne n. KTScliernung. worden - nicht ein Verlust, sündern ein Gewmn. Wenn wir nur in uns das Verlangen nach Vollkommenheit festhalten und pflegen und uns ehrlich Mühe geben, zur Höhe der heiligen Liebe, zur Vollkommenheit zu gelangen: dann erfüllen diese Fehler ihre Mission an uns.

3· "Lasset beides miteinander wachsen bis zur Ernte!" Nicht Gleichgültigkeit, aber Ruhe, ganze Ruhe in der Behandlung des Unkrautes. Es ist schon etwas Großes, wenn wir im Laufe der Zeit zu den Arten der Fehler und Unvollkommenheiten, an denen wir heute leiden, keine neue Arten hinzufügen; wenn wir die Zahl der einigermaßen erkannten und bewußten Fehler nicht vermehren; wenn wir nicht wissentlicher in sie fallen, als das früher der Fall war; wenn wir den Versuchungen und Anreizungen nicht geringeren Ernst und Widerstand entgegensetzen als früher; wenn wir selbst in unseren schwächsten Augenblicken in der Gewohnheit verharren, Gott allem andern vorzuziehen.

"Lasset bei des miteinander wachsen." Das innere Leben w-ächst nur in der Atmosphäre der Ruhe. Wir müssen ruhig sein, um beten zu können. Ruhe muß in unserer Abtötung sein. Unruhe, Heftigkeit, Ungestüm offenbaren nur, daß der Menschengeist, der Geist des Stolzes uns zur Abtötung drängt. Ruhig muß unsere Liebe zum Nächsten sein, sonst artet sie in irdische Liebe aus. Ruhe brauchen wir vor allem gegenüber dem Unkraut, das in unserem Herzen wächst: Ruhe in der demütigen Annahme unserer Schwäche und Verdorbenheit und in dem unerschütterlichen Vertrauen auf den Herrn und Seine Gnade. Wie wenig verstehen wir diesen Weg der Demut, des Kleinwerdens, der Geduld mit uns selbstl

Ge b e t.

Wir bitten Dich, 0 Gott, behüte Deine Familie unablässig in Deiner Vatergüte. Sie findet ja die

Samstag: Versuchungen.

337

einzige Stütze ihrer Hoffnung nur in der himmlischen Gnade. Darum möge sie unter Deinem Schutze allezeit in Sicherheit sein. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Samstag der fünften Woche nach Erscheinung.

Ver s u c h u n gen.

I. "Das Himmelreich ist gleich einem Manne, der guten Samen auf seinen Acker säte." Da kam sein Feind und säte Unkraut darüber. Wo der Herr auf das Erdreich unserer Seele seinen guten Samen streut, da muß auch der Feind kommen und seinen Samen säen. Er tut es in den vielen, mannigfaltigen Versuchungen, mit denen er die christliche Seele schädigen und von Gott losreißen will.

2. Hai t e t es für lau t e r Fr e ud e, wen n ihr i n man ehe r lei P r ü fun g ger a t e t. " Wir alle sind den Versuchungen unterworfen. Sie kommen von uns selbst, von unseren Sinnen, von der Phantasie, vom Gedächtnis, von den verschiedenen Leidenschaften, von der bösen Begierlichkeit. Sie kommen von außen, von den Dingen, die uns umgeben ebenso wie von den Menschen, mit denen wir in Berührung kommen. Sie kommen insbesondere vom Feind, vom Teufel, der umhergeht und sucht, wen er verschlinge: bald als brüllender Löwe (I Petr. 5, 8), der uns schrecken und einschüchtern will, bald als geräuschlose Schlange, die uns durch ihre Heimlichkeit treffen und überrumpeln will. Der Feind kennt die Wege, die Möglichkeiten, die Wahrscheinlichkeiten, die ihm offenstehen, um uns zu Falle zu bringen. Er geht mit unermüdlicher Kraft, mit unheimlichem Scharfsinn zu Werke, in tausend verschiedenen Weisen. Aber, wo immer eine Versuchung auftaucht, da ist auch der Herr. Es gibt nicht eine einzige Versuchung, die Er nicht zugelassen hätte. Nicht eine einzige, komme sie vom Satan, oder von der Welt, oder von den LeidenBau,.. Werde Liebtl 1. 22

338 11. Die hl. Weihnachtszeit: 5. Woche 11. Erscheinung. schaften, die nicht ein Werk der Liebe Gottes wäre. Jede Versuchung trägt den Stempel Seiner Weisheit. Er hat ihre Wirkung auf uns genau berechnet. Er hat jede Versuchung abgewogen und uns so zugemessen, wie sie uns zum Heile und Fortschritt dienen kann: Er hat die Folgen der Versuchung vorausgesehen, und keiner der Umstände, welche die Versuchung begleiten, ist Ihm entgangen. Der Feind kann sich dem Menschen nicht nahen, ehe denn der Herr ihm die Bedingungen und Grenzen vorgeschrieben hat, die er zu beachten hat, und ehe Er dem Menschen die Gnade bereitgestellt hat, deren er bedarf, um dem Versucher zu widerstehen und ihn zu überwinden. Was sollen wir also uns fÜrchten, wenn Versuchungen über uns kommen? "Gott ist treu. Er wird nicht zulassen, daß ihr Über eure Kräfte versucht werdet. Er gibt mit der Versuchung auch den guten Ausgang, daß ihr sie bestehen könnt" (I Kor. IO, 13)·

"L ass e t bei des mit ein a n der w ach sen."

Auch die Versuchung dient dem Wachstum des guten Samens, der Gnade und Tugend. Die Versuchung prÜft, bewährt und festigt uns in der Treue gegen Gottes Gebot. Und was ist die Tugend, wenn sie nicht bewährt und erprobt ist? Die Versuchung ist ein hervorragendes Mittel, uns mit einem wahren Ekel an der Welt zu erfÜllen. \-Vir lieben die Welt immer noch viel mehr, als wir selber es glauben. So wird die Versuchung fÜr uns eine große Gnade, da sie uns von der Anhänglichkeit an die Welt loslöst. Die Versuchung ist fÜr uns weiterhin die Strafe fÜr die begangenen SÜnden: wir unterwerfen uns der Versuchung und büßen so in kurzer Zeit mehr zeitliche SÜndenstrafen ab: als wir es nach dem Tode in langen Jahren in den Qualen des Reinigungsortes tun können. Die Versuchung öffnet uns das Auge und enthüllt uns unsere Schwäche und innere Verdorbenheit. So wird sie ein Weg zur Selbsterkenntnis und

Samstag: Versuchungen.

339

zur Demut. Und kann es für uns wahre Tugend und einen wirklichen Fortschritt im inneren Leben geben, wenn wir uns nicht täglich tiefer erkennen lernen und demÜtiger werden? Die Versuchung wird für uns ein Anlaß, gerade die Tugend um so bewußter und entschiedener zu verteidigen und zu üben, welche der Versucher uns streitig machen und rauben will. So vermehrt sie in uns Tugend und Verdienst. Die Versuchung macht uns wachsamer und bewahrt uns so von vielen SÜnden. Sie nötigt uns zu eifrigerem, inbrünstigerem Gebet und reißt uns aus einer gewissen Oberflächlichkeit heraus, in die wir hineingeraten, wenn alles seinen ganz stillen Gang nimmt und kein Versucher die Seele in Spannung hält. Wir gewinnen an sittlichem Ernst und aufrichtigem Streben. Wahrlich, der Apostel Jakobus hat recht, wenn er uns zuruft: "Haltet es fÜr lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Prüfung geratet."

3. "Das Himmelreich ist gleich einem Manne, der guten Samen auf seinen Acker säte. Während aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut inmitten unter den Weizen. Als die Saat aufging, zeigte sich auch das Unkraut. Da fragten die Knechte: ,Herr, hast du nicht guten Samen gesät? Woher kommt das Unkraut? Sollen wir hingehen und es sammeln?'" So machen wir es gegenüber der Saat des Feindes, gegenüber den Versuchungen. Wir wundern uns, daß sich die Versuchung an uns wagt. Wir regen uns darüber auf, daß wir den Versuchungen unterworfen werden, die Anfänger, die Fortschreitenden, die mehr Vollkommenen erst recht. "Sollen wir hingehen und es sammeln?" Wir sinnen auf ein Radikalmittel; um vollkommen von den Versuchungen verschont zu sein - und merken nicht, daß wir damit nur dem eigenen Geiste leben und unserer. Eigenliebe nachgeben.

Je mehr Gott uns an sich ziehen, je mehr Er uns teinigen und läutern will, um so mehr führt Er uns 22*

340 11. Die hl. Weihnachtszeit: 5. Woche n.Erscheillung. durch das Feuer der Versuchung hindurch. "Alle Heiligen mußten durch vielerlei Prüfungen und Leiden hindurch. Auf diesem Wege wurden sie heilig. Diejenigen aber, welche die PrÜfungen und Versuchungen nicht ertragen konnten, gingen zu Grunde" (Nachfolge Christi I Buch, Kap. 13).

"Lasset beides miteinander wachsen bis zur Ernte" (zum Tode). Soll die Gnade, soll die Tugend, soll das Verdienst für den Himmel wachsen, dann müssen hier auf Erden auch die Versuchungen und Prüfungen wachsen, nicht abnehmen. Wo mehr Versuchungen, da ist mehr Tugend, mehr Wachstum. Die gottgeweihten, dem zeitlichen Leben ergebenen Seelen versucht der Feind mehr damit, daß er sie von der Tugend abwendig machen will, als damit, daß er sie zu größeren Sünden anreizt. Die UnterlassungssÜnden werden von den Frommen weniger gewertet als die BegehungssÜnden; sie lassen sich also leichter dazu verführen und werden sie nie so wirksam bereuen wie Begehungssünden. Sind sie aber wachsam, lauschen sie auf die Anregungen der Gnade, dann dienen ihnen die Versuchungen wieder nur dazu, daß sie um so reinere, gefestigtere Tugend erwerben.

"Die Rechte des Herrn wirkt Wunder. Ich sterbe nicht (nehme an den Versuchungen keinen Schaden), ich werde leben und die Werke des Herrn kÜnden" (Offertorium). Er hat durch die Versuchungen, die Er Über die Seele hat kommen lassen, an ihr Großes getan I

Ge b e t.

Wir bitten Dich, 0 Gott, behüte Deine Familie unablässig in Deiner Vatergüte. Sie findet ja die einzige Stütze ihrer Hoffnung nur in der himmlischen Gnade. Darum möge sie allezeit unter Deinem Schutze in Sicherheit sein. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Die liturgische Meßfeier des sechsten Sonntags nach Erscheinung.

I. Eine neue Seite der allvermögenden Herrschermacht des Gott-Königs Christus! Das Gottesreich wird trotz seiner anfänglichen Kleinheit und Unscheinbarkeit die Erde erobern, sich die Geister und Herzen unterwerfen und sich trotz aller \Viderstände durchsetzen. So viel innere Kraft hat der Herr Seiner Stiftung, der Kirche, auf den langen Weg durch die Jahrhunderte und Jahrtausende mitgegeben. In Seiner Kirche, in ihrer inneren Festigkeit und Unüberwindlichkeit, in ihrer Kraft, alle Völker und Zeiten in sich aufzunehmen und mit ihren Gotteskräften zu heiligen, leuchtet die Herrlichkeit des Herrn auf. Der Herr ist König! Die Kirche ist in ihrer inneren Lebenskraft eine Epiphanie, eine Erscheinung des Herrn.

2. Im erhebenden Gefühl der innern Kraft und LebensfÜlle, die der Herr in sie gelegt, drängt sich die Kirche zum Altar. "Gott betet an! Der Herr ist König. Es frohlocke die Erde!" (Introitus). Auf ihren Lippen hat sie die Bitte an Gott: Gib, daß wir stets Geistiges sinnen und daß wir in Wort und Tat vollbringen, was Dir wohlgefällig ist (Oration). Darum ist es der Kirche zu tun, daß in ihren Kindern das göttliche Leben der Gnade wirksam sei und daß sie sich in ihrem innern und äußern Verhalten in all weg vom Wohlgefallen Gottes bestimmen und leiten lassen. So sinnen sie Geistiges und sind geistige Menschen, Vollchristen. Nach dem Vorbild der Christen von Thessalonich. Diese sind voll des werktätigen Glaubens und voll opferwilliger Liebe. Sie harren ununterbrochen der Wiederkunft des Herrn und leben ganz dem Ewigen.

342 11. Die hl. Weihnachtszeit: 6. \\'oche ll. [·:rscbeinung. dem Jenseitigen, Himmlischen. Sie haben sich von den Götzen zu Gott bekehrt, um dem lebendigen Gott zu dienen (Epistel). So mächtig wirkt die Kraft des Gott-Königs Christus in ihnen. Darob jubelt die Kirche. "Die Heiden werden Deinen Namen. fürchten, Herr, und alle Könige der Erde Deine Herrlichkeit" (Graduale). Der Herr ist König" (Allelujavers). Die in der Kirche niedergelegte Kraft des Herrn bewirkt, daß "das Himmelreich", die Kirche, dem Senfkörniein gleicht, das jemand auf den Acker streut: es ist zwar klein und unscheinbar, wächst aber zu einem großen Baume heran. Und daß es dem Sauerteige gleicht, den ein Weib nimmt und unter drei Maß Mehl mischt: in kurzem durchsäuert er die ganze Masse. So durchdringt die Kirche ununterbrochen die Menschheit mit ihrer Lehre, mit ihren Grundsätzen, mit ihren geistig-religiösen Kräften (Evangelium). Das schafft der in ihr lebende und wirkende Herr. "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder, die Rechte des Herrn hat mich erhöht" (Offertorium).

3. Im Opfergang trägt die Kirche ihren Dank und Jubel über das Wirken des Herrn in ihr zum Altar. Sie legt ihr Herz zur großen Opfergabe hin, die sie in der heiligen Wandlung darzubringen gedenkt. Sie will mit ihren Gaben in Christi hochheiliges Opfer eingehen. Deshalb fleht sie im Stillgebet um Reinigung von SÜnde und um Erneuerung im Innern und Äußern. Bald erscheint der Herr in ihrer Mitte, sich zu opfern und sich von ihr opfern zu lassen. In dem Opfermahl der heiligen Kommunion läßt Er sich liebend zu den Seelen herab und erfÜllt sie mit Seinem Leben. Die heilige Eucharistie ist jetzt das Senfkörniein, in den Acker der Seele gesenkt: es will, es muß zu einem großen, fruchtbaren Baume heranwachsen. Die heilige Eucharistie ist der Sauerteig, den das Weib, die Kirche, nimmt und in die Seelen legt: er muß, er will unser Herz, unser Denken, Sinnen und Trach-

Sonlltag: Das Gleichnis vom Senfkörnlein. 343 ten, unser Tun und Lassen durchdringen und ruht nicht, bis die ganze Masse durchsäuert ist. Immer mehr sinnen wir jetzt Geistiges. Immer mehr werden wir eine Epiphanie, eine Ausstrahlung Christi. Und alle, die uns sehen, werden erkennen, wie sehr die Rechte des Herrn in uns wirksam ist. Sie werden Über die Kraft des Wortes staunen, das aus dem Munde Gottes kommt: "Das Himmelreich ist gleich dem Senfkörniein, dem Sauerteig" (Communio).

Sechster Sonntag nach Erscheinung.

Das G lei c h n i s v ü m Sen f k ö r nie i n.

I. Epiphanie! Christus, der Herr und König! Er ist in der hl. Weihnacht in die Welt eingetreten, ein schwaches Kind. Er will wachsen, der "ganze Christus" werden, der alle Menschen in sich hineinzieht und sie, "Seinen Leib", mit Seinem Leben und Geist erfÜllt, Er ist das "Senfkörniein", das sich zum mächtigen Baum der Kirche auswächst. Er ist der "Sauerteig", der die ganze Masse eier Menschheit mit Seiner Kraft und Seinem Leben durchdringt, um sie ewig zu retten. "Gott (Christus) betet an, ihr Engel alle. Sion hört's und freut sich. Die Töchter Judas (die Kinder der heiligen Kirche) jauchzen: Der Herr ist König!" (Introitus).

2. "D a s H i m m e Ire ich ist g lei c h ein e m Sen f k ö r nie in, das jemand nahm und auf seinen Acker säte. Es ist dies zwar das kleinste unter allen Samenkörnern; ist es aber emporgewachsen, so ist es größer als alle andern Gartengewächse und wird zu einem Baum, so daß die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen wohnen!" Das Senfkörniein ist im Sinne der heutigen Liturgie Jesus selbst. Er lebt in aller Verborgenheit und Kleinheit. Nach dreißig Jahren tritt Er in die

344 I l. Die h 1. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung. öffentlichkeit. Er wird verworfen, gekreuzigt, begraben. Aus der tiefsten Erniedrigung wächst Er zum großen Baum der heiligen Kirche heran, zum Weinstock, der in den Seinen unaufhörlich neue Zweige ansetzt und zum Erde und Himmel, Zeit und Ewigkeit umspannenden Baume wird, zum "ganzen Christus", das Haupt mit dem Leibe der heiligen Kirche. Er ist "der Sauerteig, den ein .Weib, die heilige Kirche, nimmt und mittels der heiligsten Eucharistie unter drei Maß Mehl, d. i. unter die Menschheit mengt, bis alles durchsäuert ist". Christus muß und will wachsen, will Geister und Herzen durchherrschen, sich alle Menschen angliedern, sie mit Seinen heiligen GÜtern und Kräften erfüllen, sie reich, groß und glücklich machen. Keiner ist ausgeschlossen, keiner ist Ihm zu gering. Auch ich darf ein Zweig am großen Baume sein, ein StÜck des ganzen Christus, von "Seiher Fülle" erfüllt! Woher kommt mir eine solche Gnade und Ehre? Wie muß ich dafür danken? Wie Seine Herablassung, Seine Barmherzigkeit bewundern?

Die pr akt i s ehe A n wen dun g des G lei c hni s ses zeigt uns die Epistel. Paulus tut seinen geliebten Christen von Saloniki kund, wie Christus, das Senfkörniein, in ihnen zum Baum herangewachsen ist: wie Christus, der Sauerteig, sie, die Masse, durchsäuert hat. "BrÜder! Wir sind eingedenk vor Gott, unserem Vater, eures werktätigen Glaubens, eurer opferwilligen Liebe und eurer beharrlichen Hoffnung auf unsern Herrn Jesus Christus. Wir wissen, von Gott, geliebte Brüder, daß ihr auserwählt seid. Und ihr seid unsere und des Herrn Nachahmer geworden, indem ihr das Wort (des Evangeliums) trotz vieler Trübsal mit der Freude des Heiligen Geistes aufgenommen habt. So seid ihr ein Vorbild geworden für alle Gläubigen. Man erzählt überall, wie ihr euch von den Götzen zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen und wahren

Sonntag: Das Gleichnis vom SenfkörnIein. 345 Gotte zu dienen und vom Himmel herab Seinen Sohn zu erwarten, den Er von den Toten erweckt hat, J esus, der uns errettet vom kommenden Zorn." Möchte es an uns wahr sein und möge es täglich mehr wahr werden, was Paulus mit diesen Worten seinen Christen von Thessalonich bezeugt! Christus, das Senfkörniein, will uns in sich aufnehmen und durchleben. Christus, der Sauerteig, will und muß in uns die ganze Masse: Verstand, Willen, Affekte, durchsäuern und umbilden. Er muß, Er

. will in mir herrschen, König sein!

3. Christus, das Senfkörniein, der Sauerteig in der heiligsten Eucharistie, in dem kleinen, unscheinbaren Brot. "Das Weib", die heilige Kirche, senkt das Senfkörniein, den Sauerteig, in das Tiefste unseres Wesens hinein: es muß in uns wachsen und groß werden. Der Sauerteig der heiligen Eucharistie, der heiligen Kommunion, muß uns ganz ergreifen, daß wir reines, heiliges "Brot Christi" werden, ähnlich der heiligen Hostie, erfüllt von Christus, heilig von der Heiligkeit Christi, Christi Leben in uns tragend, weiterlebend, mitlebend. "Ich lebe, doch nicht mehr ich, vielmehr lebt Christus in mir" (Gal. 2, 20).

Das will die Feier der heiligen Messe und die heilige Kommunion: daß wir jeden Morgen neu und tiefer in den zum Baum herangewachsenen Senfkörnlein, Christus und Seiner Kirche, Wurzel fassen; daß wir neu und tiefer vom Sauerteig Christus durchsäuert eine hellstrahlende Epiphanie Christi seien, so wie die Christen der heutigen Epistel. Wie viel fehlt uns noch! Wie viel haben wir zu bereuen, zu beten, zu ringen!

Ge b e~.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott, gib, daß wir stets Geistiges sinnen und in Wort und Tat vollbringen, was Dir wohlgefällig ist. Durch Christus 'unsern Herrn. Amen.

346 I I. Die hl. Weihnachtszeit· 6. Woche n. Erscheinung. Montag der sechsten Woche nach Erscheinung.

Das Sen f k ö r nie in: die Kir ehe.

1. "Das Himmelreich ist gleich einem Senfkörn-, lein, das jemand nahm und auf seinen Acker säte. Es ist zwar das kleinste unter allen Samenkörnern. Ist es aber emporgewachsen, so ist es größer als alle andern Gartengewächse und wird zu einem Baum, so daß die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen wohnen." Das Himmelreich des heutigen Evangeliums ist die Kirche. "FÜrchte dich nicht, du kleine Herde: es hat dem Vater gefallen, euch das Reich zu geben" (Luk. 12, 32).

2. "E s ist das k lei n s t e u n t e r all e n Sam e n k ö r n ern." Klein, unscheinbar ist das Himmelreich, das der Herr gründet. Ganz entgegengesetzt den Erwartungen des Judenvolkes. Sie träumen von einem Messias, der als irdischer Herrscher auftreten, die Juden aus der Gewalt der Römer befreien und ein großes Reich aufrichten werde, voll irdischer Macht, irdischen Glanzes und irdischer Reichtümer. So sind die Gedanken der Menschen. Ihnen stel)t der Herr Seine Gedanken entgegen. Das Reich der Kirche, das Er grÜndet, ist in seinen Anfängen ganz klein, demjenigen nachgebildet, der, obwohl Er Gottes Sohn ist, gh:ichwohl allen äußeren Glanz Seines Gottwesens ablegt, sich selbst erniedrigt und gehorsam wird, bis zum Tode am Kreuze. Klein, unscheinbar sind die Anfänge der Kirche. So ist es das Gesetz der Gnade. "Die Juden fordern Wunderzeichen, die Griechen suchen Weisheit, wir aber predigen Christus den Gekreuzigten, Christus Gottes Kraft und Weisheit. Denn das Törichte aufseiten Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache aufseiten Gottes ist stärker als die Menschen. Seht nur auf eure Berufung (auf die zur Kirche Berufenen). Da sind nicht viele Weltweise, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme" (I Kor. I, 22 ff.).

Montag: Das Senfkörniein : die Kirche. 347

Im Gegenteil: die Armen, die Einfältigen, die DemÜtigen, die vor der Welt nichts gelten. So muß es sein. "Lasset die Kleinen zu Mir kommen, ihrer ist das Himmelreich" (Matth. 19, 14)·

"I s t es ab e r her a n g e w ach sen, so wir t1 es zu ein e m Bau m, so daß die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen wohnen." Es ist eine kleine Herde, die der Herr in dreijährigem Lehren, Wandern und Wirken zusammengebracht hat. Aber Er kann den Seinigen die Versicherung

. geben: "Es hat dem Vater gefallen, euch das Reich zu geben" (Luk. 12, 32). Schon am ersten Pfingsttage "kamen gegen dreitausend Seelen hinzu" (Apg. 2, 41). "Durch die Hände der Apostel geschahen viele Zeichen und Wunder unter dem Volke . . .. Immer mehr wuchs die Zahl der Männer und Frauen, die den Glauben an den Herrn annahmen" (Apg. 5, 12 14). Rasch breitet sich die Kirche in Judäa und Samaria aus; bald schlägt der Glaube an· Jesus in Damaskus und Antiochien, in Kleinasien und in Rom seine Wurzeln. Allen Verfolgungen durch die römischen Behörden zum Trotz breitet ,ich Christi Reich mit ungeahnter Schnelligkeit aus und wird die große Weltkirche. "Wer sich erniedrigt, wird erhöht" (Luk. 14, I I). SO deutet der Apostel mit tiefem Blick das Geheimnis des Himmelreiches der Kirche: "Was der Welt töricht gilt, hat Gott auser-ivählt, um die Weisen zu beschämen. Was der Welt als schwach gilt, hat Gott auserwählt, um das Starke zu beschämen. Was der Welt niedrig und verächtlich, ja, was ihr nichts gilt, das hat Gott auserwählt, um das, was etwas gilt, zu nichte zu machen" (r Kor. I, 27 ff.). So steht sie da, die Kirche Christi, stärker als jede irdische Macht, als Reiche und glanzvolle Dynastien; dauerhafter als alle Lügen und Verleumdungen, die man über sie ausstreut und verbreitet. Die Säule der unverrückbaren und untrüglichen Wahrheit, der ruhende Pol in dem unsteten. Auf

348 11. Die hl. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung. und Ab, Hin und Her der Meinungen und Anschauungen, der Philosophien und Doktrinen, ausgestattet mit den herrlichsten Leuchten wahren Wissens und mit dem unversiegbaren Heldentum sittlicher Reinheit, Größe, Tugend und Heiligkeit. Das Senfkörnlein ist zum Baume geworden. "Die Rechte des Herrn wirkt Wunder, die Rechte des Herrn hat mich (die Kirche) erhöht. Ich sterbe nicht, ich werde leben und die vVerke des Herrn verkünden" (Offertorium).

3· Das ist das göttliche Gesetz, das die ganze Heilsgeschichte der Kirche und der Einzelseele beherrscht. Das Gesetz, das der Herr vom Anfang Seines Erdendaseins lehrt: da, wo Er als unscheinbares, hilfloses, armes Kind erscheint, in der Krippe, in Windeln gewickelt. "Wer sich erniedrigt, wird erhöht." Das ist der erste Punkt des Programmes, das Er in der Bergpredigt verkündigt:

"Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich" (Matth. 5, 3). Gegenüber den Lehrern in Israel, den Schriftgelehrten und Pharisäern ruft Er die Seinen und lehrt sie: "Lernet von Mir, Ich bin sanftmütig und demütig von Herzen" (Matth. II, 29). Er jubelt in Seinem Geiste und spricht: "Ich preise Dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, daß Du dies (die Geheimnisse des Reiches Gottes) vor den (menschlich) Weisen und Klugen verborgen, es den Kleinen aber geoffenbart hast. Ja, Vater, so war es Dir lieb" (Matth. II, 25 f.). "Das, was nichts ist vor der Welt, das hat Gott auserwählt, um das, was etwas ist, zu beschämen."

"Der Herr ist König." "Der Stein, den die Erbauer stolz verschmäht, er ist zum Eckstein nun geworden (Christus, die Kirche). Vom Herrn ist das geschehen, ein Wunder ist's in unsern Augen" (Ps. I I7, 23). "Es soll kein Mensch sich vor Gott rÜhmen können. Wer sich rühmen will, der rÜhme

Dienstag: Die Lehre der Kirche. 349

sich im Herrn" (I Kor. 1, 29 30), nicht in dem eigenen Können und Tun!

"Wer ist wie Jahwe, unser Gott, der in der Höhe thront, der huldvoll auf das Kleine Jliederblickt? Den Schwachen hebt Er aus dem Staub, den Armen aus dem Kot, um ihn zu setzen neben Fürsten UH(! neben die Vornehmen Seines Volkes, der wohnen macht im Haus die Kinderlose als kinderfrohe Mutter" (Ps. II2, 5 ff.).

Wir freuen uns, Kinder, Glieder der heiligen

. Kirche zu sein, in den "Zweigen des Baumes zu nisten", der aus dem Senfkörnlein emporgewachsen ist. Wir wissen, was wir an unserer heiligen Kirche haben. Katholisch ist gut leben; katholisch ist gut sterben.

Ge b e t.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott, gib, daß wir stets Geistiges sinnen und in Wort und Tat vollbringen, was Dir wohlgefällig ist. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Dienstag der sechsten Woche nach Erscheinung.

Die L ehr e der Kir ehe.

I. "Das Himmelreich ist gleich einem SenfkörnIein." Klein, unscheinbar. Wird es aber in den Boden gesenkt, dann wächst es rasch zu einer ausnehmend' großen und starken Gartenpflanze empor. Ein Greichnis! Alles, was mit Gottes Hilfe fruchtbar und dauernd sein soll, ist in seinen Anfängen klein und unscheinbar. Gott schafft auf dem Boden des Nichts.

2. Das Re ich C h r ist i, die heilige Kirche, gleicht dem Senfkörniein in der Unscheinbarkeit ihrer Lehre. Die Kirche predigt Demut, Unterwerfung, Liebe zur Armut, zur Weltverachtung, zur Abtötung, zum Leiden, zu allem dem, was dem Sinn und Geist der Welt entgegen ist. Sie predigt die Erschaffung der Dinge und des Menschen durch

350 II. Die hl. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung. Gott. Die Tatsache der Sünde, der Erlösung durch Christus, der Heiligung durch den Heiligen Geist. Die Tatsache der Erhebung und Berufung des Menschen zur Teilnahme am Leben Gottes, die Berufung zur Kindschaft Gottes und zur ewigen Erbschaft im Himmel. Sie zeigt uns, was wir aus uns selber sind, SÜnde, Verkehrtheit, Elend. Sie zeigt uns, wohin Gott uns fÜhren will: zum Leben, zum Glück hier auf Erden und dereinst im Jenseits. Alles ist so schlicht, so einfach, daß ein Kind diese Lehre fassen kann. Es ist keine Geheimlehre, keine hohe Philosophie, die langjähriges Studium verlangt, um in ihren HauptzÜgen verstanden zu werden. Die ersten VerkÜndiger dieser Lehre sind die einfältigen, ungebildeten Fischer von Galiläa. So einfach und schlicht, wie sie die Lehre Jesu den Gemeinden verkündigt haben, ebenso einfältig und schlicht haben sie seine Lehre in den heiligen Evangelien niedergelegt: - das Senfkörniein, unscheinbar und klein, von den Menschen geringgeschätzt, verachtet.

"I s t es ab e rem par g e w ach sen, so ist es g r ö ß e r als alle Gartengewächse. " Klein in ihrer Einfalt und Schlichtheit, bringt die Lehre der Kirche durch Gottes Kraft in den Seelen die größten, staunenswertesten \Virkungen hervor. Sie läßt die Menschen die Dinge und Vorkommnisse des Lebens im Lichte der weisen und gÜtigen Vorsehung Gottes sehen. Dadurch gewinnen die Menschen eine Höhe, Tiefe und Weite des Blickes, eine Sicherheit und Leichtigkeit des Urteilens, eine Helle und Klarheit des Erkennens, die alles bloß natürliche Wissen und Erkennen weit Überragt. Die Lehre der Kirche, der heilige Glaube, gibt Kraft und Mut, verleiht Opfersinn, Großmut, Hochherzigkeit, wie keine natÜrliche Macht sie zu geben imstande ist. In der Kraft dieser Lehre finden die Diener Gottes den Mut, in unbeachtetem Leiden auszuharren, Verfolgung, Verachtung, Zu-

Dienstag: Die Lehre der Kirche. 35 I

rücksetzung und Kränkung zu ertragen, ohne ein Wort der Verteidigung oder der Rechtfertigung, ohne Rachegefühl, ohne Prahlerei, ohne Wichtigtuerei, nicht aus stolzer Verachtung des Feindes, sondern in Gelassenheit, in vollkommener Ruhe, im gläubigen Blick auf Gottes Zulassung und Vorsehung, im Aufblick zu dem gedemütigten, geschmähten und gekreuzigten Herrn. In der Kraft dieser Lehre scherzt der hl. Laurentius auf dem glÜhenden Rost, als wäre er auf Rosen gebettet. Eine hl. Katharina von Siena 'wählt die Dornenkrone, wo sie ebensogut die goldene Krone wählen kann. Paulus und die ihm folgen rÜhmen sich der Trübsale und Leiden (Röm. 5, 2). In der Kraft dieser Lehre bringen die wahren Christen jedes Opfer, das von ihnen verlangt wird. Sie fliehen und meiden jede Untreue, auch die kleinste Sünde. Sie geben sich Tag fÜr Tag alle erdenkliche Mühe, um in der Liebe zu Gott und zum Mitmenschen zu wachsen, um immer reiner, milder, liebevoller, heiliger zu werden. Tausende und Tausende verlassen in jungen Jahren freiwillig Vater und Mutter, Haus und Familie, verzichten auf alles, was das Leben ihnen Angenehmes in Aussicht stellen mag und folgen in freiwilliger Armut, Keuschheit und Gehorsam dem Heiland nach. In der Kraft dieser Lehre sind die Scharen der Heiligen herangewachsen. Gibt es ein vollkommeneres, reineres, wÜrdigeres Heldentum als wir es bei unsern lieben Heiligen finden? Wahrlich, klein und unscheinbar ist die Lehre der Kirche in ihrer Einfalt und Schlichtheit: aber "wenn sie herangewachsen ist, dann ist sie größer als alle andern Gartengewächse". Gottes Kraft ist in ihr wirksam.

3. Gott schafft auf dem Boden des Nichts. Da "wirkt die Rechte des Herrn Wunder". Da, wo die Lehre Christi, der Kirche, in Einfalt und kindlichem Glauben entgegengenommen und gelebt wird, da "läßt der Herr die Sionsstadt neu erstehen und ()ffenbart Er sich in Seiner Majestät" (Graduale).

352 11. Die hl. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung.

Die Lehre unseres heiligen Glaubens gleicht dem Senfkörniein. Sie ist von den Menschen vergessen, unterschätzt, verkannt und vernachlässigt! Das allgemeine Interesse selbst der Christen VOll heute geht auf die neuesten Neuigkeiten, auf die Zeitungen, auf das Radio, auf profane Bücher und Lektüre. Wir kennen das Evangelium, den Kate.chismus nicht mehr und wissen damit nichts Rechtes anzufangen. Wir schätzen, lieben und erwägen diese Dinge nicht und haben dafÜr nicht die Zeit, die sie verdienen. Wie soll das Senfkörniein in uns zum mächtigen Baum heranwachsen?

"Alle staunten über die Worte aus Gottes Mund" (Communio). Wir haben vor lauter Wissen und Lesen das Staunen über die Worte Gottes, Über die Worte des Evangeliums, über die Geheimnisse unseres Glaubens verlernt. Darum behandeln wir diese Dinge mit so wenig Interesse und Ehrfurcht. Darum so wenig wirkliche Tiefe in unserm Beten, Betrachten und Leben. Wie sehr haben wir Grund, mit der Postcommunio zu beten: "Laß uns, 0 Herr, immer nach dem hungern, wovon wir in Wahrheit leben."

Ge b e t.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott, gib, daß wir stets Geistiges sinnen ünd in Wort und Tat vollbringen, was Dir wohlgefällig ist. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Mittwoch der sechsten Woche nach Erscheinung.

I n n e r e K r a f t des C h r ist e n t ums.

I. "Das Himmelreich ist gleich einem Sauerteige, den ein Weib nahm und unter drei Maß Mehl vermengte, bis alles durchsäuert war" (Evangelium). Weist das Senfkörniein auf die ungewöhnlich rasche Verbreitung des Himmelreiches, des Christentums, der Kirche Christi hin, so unterstreicht

Mittwoch: Innere Kraft des Christentums. 353 das Gleichnis vom Sauerteig die innere Kraft des Christentums und der Kirche, die Menschheit als Ganzes ebenso wie die einzelnen Menschen zu durchdringen, umzugestalten, zu erneuern. Darin bewährt sich das Christentum, die Kirche wiederum als göttliche Setzung, als Stiftung Christi, des GottKönigs. "Der Herr ist König." "Neu erstehen läßt der Herr die Sionsstadt (die Menschheit): dort offenbart Er sich in Seiner Majestät."

2. "D a s H i m m e Ire ich ist g lei ehe i n e m Sau er t ei g." Es sind nur wenig Gramm Sauerteig. Aber sie durchdringen eine ansehnliche Menge Mehl. Kaum ist der Sauerteig unter das Mehl gemengt, so erfolgt unmittelbar der Gärungsprozeß des Teiges. Unsichtbar zersetzt der Sauerteig das Mehl, treibt es um das Dreifache auf und macht es fähig, Brot zu werden. Ein anschauliches Bild dessen, was das Himmelreich, das der Herr auf Erden gründet, zu bewerkstelligen hat. Unsichtbar, bescheiden, tritt es in dem Kinde von Bethlehem in die Welt. In aller Verborgenheit beginnt es seine Tätigkeit: in stillem Beten und Opfern. Ganz still und unauffällig tritt der Herr Sein öffentliches Leben an. Der Erfülg ist, menschlich gesprochen, gering. Selbst die Apostel sind noch nicht innerlich erfaßt und umgebildet. Es kommt der Pfingsttag, der Gründungstag des Gottesreiches auf Erden. In der Gestalt, von feurigen Zungen kommt der Heilige Geist auf die werdende Kirche herab. Jetzt ist sie, die Kirche, der Sauerteig, der die Menschheit ergreift und erneuert. Mit dieser Ergriffenheit schildert der Evangelist Lukas in der Apostelgeschichte die innere Kraft und erneuernde Wirksamkeit des Gottesreiches, der jungen Kirche. Zweimal berichtet er von der Urkirche in Jerusalem: "Sie beharrten in der Lehre der Apostel, in der brüderlichen Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet. Furcht (Ehrfurcht) ergriff alle Herzen. Zudem geschahen durch die Apostel in Jerusalem viele Zeichen und Wunder. Und Baur. Worde Lieht I 1. 23

354 11. Die hl. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung. es hel"rschte allgemein große Furcht (Ehrfurcht vor den Christen). Die Gläubigen aber standen alle zusammen und hatten alles gemeinsam. Sie verkauften ihr Hab und Gut und verteilten den Erlös unter alle, wie es eben nottat. Täglich verharrten sie einmÜtig im Tempel, brachen in den einzelnen Häusern das Brot und genossen ihre Speise in Freudigkeit und Herzenseinfalt. Sie priesen Gott und waren beim ganzen Volke beliebt" (Apg. 2, 42 ff.; vgl. 4, 32 ff.). In jedem seiner Briefe legt Paulus davon Zeugnis ab, wie sehr das Christentum die Geister und Herzen, das Innere und Äußere der Menschen geändert hat. "Einst waret ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Die Frucht des Lichtes zeigt sich in lauter GÜte, Gerechtigkeit und Wahrheit" (Eph. 5, 8 f.). "Die Früchte des Geistes sind Liehe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Vertrauen, Sanftmut, Enthaltsamkeit. Die Christus J esus angehören, haben ihr Fleisch mit seinen Leidenschaften und Gelüsten ans Kreuz geschlagen" (Gal. 5, 22). Das ist der Beruf und der innere Drang des Christentums: es muß, was ihm begegnet, mit seinem Geist und seinem Leben durchdringen, erfÜllen, umbilden. "Das Himmelreich ist gleich dem Sauerteig."

"B isa 11 e s dur c h s ä u e r t ist." Das Christentum, die Kirche kann kein anderes Ziel verfolgen als die religiös-sittliche Erneuerung der Menschheit und der einzelnen Menschen, des religiösen, sittlichen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen Lebens. Im Heidentum wird eine Gottheit verehrt. Aber diese Verehrung ist fast nur von Furcht oder von der Erwartung irdischen Nutzens beherrscht, ein rein äußerer Kult, ohne Einfluß auf die innere Religiosität und auf die sittliche Umwandlung. Einen Schritt weiter geht das Alte Testament. Es kennt eine innerliche Anbetung des wahren Gottes, gegründet auf göttliche Offenbarung. Es bleibt aber nationalistisch, auf das Volk Israel beschränkt und

Mittwoch: Innere Kraft des Christentums. 355 ist wesenhaft von der Furcht vor Gott beherrscht. Es hat zu alledem nur vorbereitenden, vorübergehenden Charakter. Erst mit. Christus und Seiner Kirche kommt das wahre religiöse Leben in die Menschheit. Ein Leben, das das Innere des Menschen ergreift und umgestaltet. Es stellt den Menschen unter das Gesetz der Liebe zu Gott: "Du sollst den Herrn Deinen Gott lieben aus ganzem Herzen" (Matth. 22, 37). Es stellt ihn unter das Gesetz der Nächstenliebe: einer übernatürlichen. in Gott und Christus gegründeten Nächstenliebe, die 'alle Menschen und alle BedÜrfnisse menschlicher Not und Hilfsbedürftigkeit umfaßt. Das Christentum gibt dem gesamten Leben des Menschen die Richtung auf das übernatürliche Ziel und drängt den Menschen, daß er mit dem Einsatz aller seiner Kräfte sich um das Jenseitige, um das Ewige, um den Besitz Gottes bemühe. Welch eine unermeßliche Summe von guten Werken, von innerer und äußerer Selbstverleugnung: von Geduld und freudiger. Ergebung in Prüfungen, Leiden und harten Lebensverhältnissen findet sich im Leben der Millionen und Millionen Gläubigen, die sich seit bald zweitausend Jahren an die Grundsätze Christi und der Kirche halten! Erst im Leben der vielen gottgeweihten Seelen, der vollkommenen und heiligen Männer und Frauen! Wirklich, das Himmelreich ist gleich einem Sauerteig, den ein Weib, die Kirche, nahm und unter drei Maß Mehl, unter die Geschlechter und Völker der Menschheit, mischte. Immerfort ist sie unverdrossen an der Arbeit, trotz vieler Mißerfolge, Hemmnisse und Gegenarbeit!

3. Die Kirche hat ihr Werk der religiös-sittlichen Umbildung und Erneuerung auch an uns vorgenommen. Erstmals in der heiligen Taufe. Da wurden wir "die Neuschöpfung" (Gal. 6,15; 2 Kor. 5, 17) und legten wir "den neuen Menschen" an, der "in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit geschaffen ist" (Eph. 4. 23 f.). Da wurden wir "abgewaschen, ge-

23*

356 II. Die hl. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung. helligt, gerechtfertigt (d. i. zu Gerechten gemacht) im N amen unseres Herrn J esus Christus und im Geiste unseres Gottes" (I Kor. 6, Il). Da wurde "die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben wurde" (Röm. 8, 15). Jeden Tag lädt uns die Kirche ein, daß wir das heilige Opfer mitfeiern und uns im Opfermahl der heiligen Kommunion mit dem Leben und Geist des Herrn neu durchleben und durch· dringen lassen. Die heilige Eucharistie ist der göttliche Sauerteig, der in unsere Seelp hineingesenkt wird und sie mit seiner Kraft erfÜllt. Dem gleichen Zwecke der fortwährenden inneren Neugestaltung und Umbildung dienen die Übrigen heiligen Sakramente, die vielen religiösen übungen, welche die heilige Kirche uns empfiehlt und anrät. Wenn wir dem Drängen der Kirche entsprechen und willig Folge leisten, wird der Sauerteig der göttlichen Kraft und Gnade uns ganz durchsäuern. Dann wird das Wort des Apostels an uns zur Wahrheit:

"Ich lebe, doch eigentlich nicht mehr ich selbst, vielmehr lebt Christus in mir" (Gal. 2, 20). Soweit muß der göttliche Sauerteig uns durchdringen.

Wie weit hat das Christentum, die Kirche ihre Arbeit an mir schon geleistet? Wie weit haben wir den alten Menschen, das bloß natürlich-menschliche Denken und Streben, die Gewohnheit, aus den BeweggrÜnden der Selbstsucht, der Eigenliebe, zu handeln, abgelegt? Wie weit haben wir uns "von den Götzen zu Gott bekehrt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und vom Himmel herab Seinen Sohn zu erwarten, Jesus, der uns vom kommenden Zorne errettet"? (Epistel.)

Ge b e t.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott, gib, daß wir stets Geistiges sinnen und in Wort und Tat vollbringen, was Dir wohlgefällig ist. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Donnerstag: Kraft u. Fruchtbarkeit d. Lehre Christi. 357 Donnerstag der sechsten Woche nach Erscheinung.

Kraft und Fruchtbarkeit der L ehr e C h r ist i.

I. "Das Himmelreich ist gleich einem Sauerteig", der, wenn auch wenig, in kurzer Frist eine große Menge Mehl durchsäuert. Ein Bild der Kraft lind Fruchtbarkeit der Lehre Christi. Sie ist der Sauerteig, der unser gesamtes Sinnen und Trachten durchdringen und befruchten muß. Hat sie sich unsern Geist und Sinn vollkommen unterworfen, dann tragen wir in uns in \Vahrheit das Reich Gottes, das Himmelreich auf Erden.

2. Der vom Glauben nicht durchsäuerte Me n s c h sie h t, urteilt, wertet irdisch, unwahr. Er bleibt bei den Erdendingen, den Menschen, den Vorkommnissen, den Aufregungen des täglichen Lebens stehen und reibt sich am Leben wund und auf. Gottes liebende Nähe, Gegenwart, Vorsehung und Liebe erlebt er nicht. Gottes Wirken und weises Walten, Gottes Zulassungen, Schickungen und FÜgungen sind ihm unbekannt. Er rechnet nur mit dem Urteil, der Gunst und Ungunst der Menschen. An der Menschen Gunst ist ihm mehr gelegen als daran, daß Gott mit ihm sei. Der Menschen Ungun~t fÜrchtet er mehr als das Mißfallen Gottes. Sein Leben wird eine Kette von Aufregungen, von wirren Gedanken, Plänen, Hoffnungen und Befürchtungen. Nirgends findet er einen sicheren Halt, eine Geborgenheit, eine beglÜckende Ruhe. Entwurzelt, heimatlos, geängstigt irrt er unstet umher. Den Sinn des Lebens, der Vorkommnisse, des Unglücks, des Leidens kann er nicht deuten. Den Anforderungen der rauhen Wirklichkeit fÜhlt er sich nicht gewachsen. Die Last des Lebens droht ihn zu erdrücken. Und erst die Tatsache des Todes. Ohne Glauben und intensives Glaubensleben hat er so gut wie keine guten vVerke, nichts was für die Ewigkeit

. einen Wert haben könnte. Nur Totgeburten, Ver-

358 11. Die hl. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung. lust, Defizit! "Ihr säet viel und erntet wenig. Ihr esset und werdet nicht satt; ihr trinket, und werdet nicht froh; ihr arbeitet, aber in einen löcherneIl Beutel" (Agg. I, 6).

"D a s H i m m e Ire ich ist g lei c h ein e 111 Sau e r t ei g, den ein Weib nahm und unter drei Maß Mehl mengte, bis alles durchsäuert war." Ist unser Denken, Urteilen, Werten, Tun und Lassen vom Sauerteig der Lehre Christi, des Glaubens vollkommen erfaßt und durchsäuert, dann erleben wir täglich, stÜndlich, immerfort das Himmelreich. Auf das Glaubensleben, auf das intensive Glaubensleben kommt es an. Darauf, daß wir die Welt des Glaubens lebendiger und wirklicher erleben als' die sichtbare Welt, in der wir uns bewegen. Wir machen unser Erdenleben zu einem glÜcklichen Himmelreich, wenn wir in allem, was da ist und kommt und geht, Gottes Liebe und Nähe erkennen, Gottes Absicht, uns reich und ewig selig zu machen. Wir sehen in allem, was uns begegnet, die wahre Wirklichkeit, die unsichtbar dahinter steht, Gott, Gottes Weisheit und unendlich wohlmeinende Vorsehung. Was uns als Pflicht und Notwendigkeit auferlegt ist, erkennen wir und beten wir als Gottes anbetungswÜrdigen Willen an. Was uns als Kreuz und UnglÜck trifft, ist uns von Gottes Liebe geschickt, mag es zunächst auch von den Menschen oder den Zufällen und Tücken des Lebens kommen. Wir achten weniger auf zeitlichen Verlust oder Gewinn als auf den Verlust oder Gewinn des Wohlgefallens Gottes, der Gnade, des liebenden Umganges mit Gott. Wir urteilen nach den Grundsätzen des Glaubens und sorgen uns darum, wie Gott, wie Christus Über unser Tun und Lassen urteilt. Wir leben in der Ewigkeit und messen alles im Leben mit den Maßstäben des Jenseits, Gottes, Christi, des Evangeliums. Alles, was uns begegnet, ist uns ehrfÜrchtig, gleichsam gottgeladen, und wird uns eine Erinnerung an Gott, eine

onnerstag: Kraft u. Fruchtbarkeit d. Lehre Christi. 359 Quelle der Gnaden. Wir sammeln uns nicht Schätze auf Erden, wo Motten und Rost sie verzehren, wo Diebe sie ausgraben und stehlen. Wir sammeln uns Schätze im Himmel (Matth.6, 19). Wir wissen uns als Kinder Gottes, als Auserwählte, Geliebte Gottes, Christus, dem Sohne Gottes, lebendig eingegliedert. In Ihm und mit Ihm sind wir der Gegenstand der Liebe und des Wohlwollens des Vaters. So wandelt die Lehre Christi, der Glaube, unsern Geist, unsere Gesinnung, unser ganzes Sein und Wesen, Tun und Lassen um: der Sauerteig, den ein Weib, die hei· lige Kirche, nimmt und unter drei Maß Mehl,d. i. in unsere Seele, hineinmengt, bis alles durchsäuert ist. Dann erleben wir in uns das Himmelreich. In dem Grade mehr, als wir uns vom Glauben, von der Lehre Christi ergreifen lassen.

3. "Der Herr ist König." Er will auch uns durchherrschen. Er will uns mit dem Sauerteig des Glaubens vollständig durchdringen. Wir denken noch immer zu menschlich, natÜrlich, irdisch, weltlich. Noch immer erleben wir die Gegenwart und das Wirken Gottes in uns und außer uns zu wenig stark und lebendig. Noch immer werten wir das Zeitliche, Vergängliche, Diesseitige höher als das Ewige, Jenseitige. Noch immer ist uns das Evangelium, das Christentum allzusehr toter Buchstabe, nicht Geist und Leben.

"Der Herr ist König." Er will, Er muß uns durchherrschen, mit Seinem Geist, mit Seinem Denken und Urteilen erfüllen und mit Seiner Gesinnung durchdringen. Der Christ ein anderer Christus! In dieser Absicht kommt der Herr insbesondere im Empfang der heiligen Sakramente, der heiligen Kommunion. Sie ist Einswerden mit Christus. Je besser wir uns auf den Empfang der heiligen Kommunion vorbereiten, je inniger, glÜhender wir Ihn aufnehmen, um so vollkommener wird Er Sein \Verk an uns tun und uns in sich umgestalten.

360 I I. Die hl. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung.

Ge b e t.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott, gib, daß wir stets Geistiges sinnen und in Wort und Tat vollbringen, was Dir wohlgefällig ist. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Freitag der sechsten Woche nach Erscheinung.

Der Sau e r t e i g der G n ade.

I. "Das Himmelreich gleicht dem Sauerteig, den ein Weib nahm und unt<;!r drei Maß Mehl mengte, bis alles durchsäuert war." Wir verstehen unter diesem, den ganzen Menschen ergreifenden Sauerteig die Gnade, die übernatur.

2. "Unter drei Maß Meh1." Ein Bild der sich selber überlassenen, schwerfälligen, unfruchtbaren Menschennatur, in welche die Gnade eingesenkt wird. Aus uns selber sind wir zu jedem wahrhaft Guten unfähig. Im tiefsten Grunde unserer Natur lebt die Selbstsucht. Sie vergiftet unser ganzes Sinnen und Trachten und lenkt es von Gott und der wahren Liebe zu Gott ab. Zur Selbstsucht gesellt sich in uns eine angeborene Anhänglichkeit an das Sinnliche, an die niederen Triebe, die den Geist beschweren und mit einer fast unÜberwindlichen Macht von Gott, vom Geistigen abziehen, um ihn im Bösen zu begraben. Das sind wir also von Natur aus: wir können nicht nur nichts wahrhaft Gutes tun, wir haben sogar eine starke, fast unwiderstehliche Neigung zum Bösen. Alles Streben unserer Natur, das nicht von der Gnade Gottes angeregt und getragen ist, ist sinnlich, egoistisch, stolz. "Alles, was in der Welt ist, ist Begierlichkeit des Fleisches, Begierlichkeit der Augen (die sich an den Gütern der Erde genug sehen), Hoffart des Lebens" (I Joh. 2, 16): Genußsucht und Sinnenlust, Habsucht, Hochmut. Das sind die drei Maß Mehl. Die beiden eigentlichen Triebfedern zum Bö-

Freitag: Der Sauerteig der Gnade. 36 I

sen sind die Sinnlichkeit und der Hochmut. Je höher sich der stolze Menschengeist versteigt, um so mehr verliert er die Sicherheit und den Halt. Je tiefer die Sinnlichkeit in den Schlamm hinabzieht, um so schwerer wird ihr Gewicht. In Hochmut und Sinnlichkeit streben Geist und Fleisch auseinander. Je mehr sie auseinanderstreben, um so größer wird die Spannung und Leere in ihrer Mitte. Sie muß ausgefüllt werden. Sie sucht ihre Erfüllung in dem Heißhunger nach Erdengütern, in der schmutzigen Habsucht. Sie ist das 01, das den Docht der bei den Hauptlaster, des Stolzes und der Sinnlichkeit, beständig nährt. Sie ist das Gegengewicht gegen die Enttäuschungen, die mit dem Stolz und der Sinnlichkeit verbunden sind. Sie ist mit all der Unruhe und den Aufregungen, die sie begleiten, das Hauptmittel, um die Seele von ernster Einkehr in sich selbst und von der Umkehr zu Gott abzuhalten. Da steht sie nun, die Kirche, das Christentum, das Weib des Evangeliums, und mengt unter die drei Maß Mehl den wenigen Sauerteig. Sie stellt sich als Ziel, zu arbeiten, bis alles durchsäuert ist, der einzelne Mensch, die ganze menschliche Gesellschaft, bis die Gnade die verkehrte Natur mit ihrer Sinnlichkeit, ihrer Habsucht, ihrem Stolz und Hochmut ganz ergriffen und durchsäuert hat. Das ist das Himmelreich der Kirche, des Christentums, hier auf Erden.

"B isa 11 e s dur c h s ä u e r t ist." DE'w' ersten und grundlegenden Schritt zur Durchsäuerung der aus sich so auf das Verkehrte gerichteten Natur des Menschen tut Gottes GÜte. Er legt in uns eine Anzahl natÜrlich edler, schöner Gaben hinein, Gaben des Geistes, des Herzens. Sie wirken dem natÜrlichen Schwergewicht der Natur, dem Zug nach unten, kräftig entgegen und gleichen die Spannung zwischen Geist und Fleisch bis zu einem gewissen Grade aus. Aber den eigentlichen, entscheidenden 'Schritt tut die Gnade, die Übernatur. Zunächst die

362 I I. Die hl. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung. "heilende" Gnade. Ihr ist es eigen, die Begierlichkeit, die uns angeborene Neigung zum Bösen zu mindern; den natürlichen Drang, die vorhandenen guten Anlagen und Kräfte gut zu gebrauchen, zu steigern und so den Hindernissen des sittlichen Handeins, die in unserer gefallenen Natur liegen, wirksam entgegenzutreten. Die heilende Gnade wird unterstützt und vollendet durch die erhebende Gnade. Sie erhebt unsere Seele in ihrem innersten Wesen und in ihren verschiedenen Kräften, Verstand, Wille, Gedächtnis. Sie wirkt an uns das VJ"erk der Erhebung in 'doppelter Weise: als heiligmachende Gnade und als Beistandsgnade. Als heiligmachende Gnade durchdringt sie das Wesen unserer Seele, so wie die Glut des Feuers das schwere, kalte Eisen durchdringt. Die Seele wird in das Bild Gottes umgewandelt. Wir werden Kinder Gottes, in den Mitbesitz des göttlichen Lebens hinaufgehoben und gewinnen so ein neues Verhältnis zu Gott, zum Mitmenschen, zu den Dingen, die uns umgeben, zu uns selbst. Wir'leben das Leben Christi, des Hauptes mit, als Zweige an Christus, dem Weinstock. Wie die Gnade das innerste Wesen der Seele verklärt und erhebt, so verklärt sie auch deren Kräfte so sehr, daß wir in einer Weise tätig sein können, die himmelhoch über jedes bloß natÜrliche Wirken hinqusragt. Wir erhalten die eingegossene Tugend des Glaubens, ein neu es Auge. Wir schauen Gott und Welt mit den Augen Gottes an. Unser Erkennen ist ganz in das Erkennen Gottes eingetaucht. Wir erhalten mit der heiligmachenden Gnade die eingegossene Tugend der göttlichen Liebe: eine heilige Glut, die unmittelbar aus Gott selber stammt, eine Flamme jener Liebe, in der Gott selbst entbrennt. Wir erhalten eingegossen die Tugend der Hoffnung: eine göttliche Stärke wird in unseren Willen hineingesenkt. Sie drängt und treibt uns und macht uns stark, wirksam, allen Hindernissen zum Trotz, nach dem höchsten und unendlichen

Freitag: Der Sauerteig der Gnade. 363

Gute zu streben. Sie gibt uns zugleich die volle Zuversicht, daß wir das Gut, nach dem wir streben, sicher erreichen. Diese Tugend der Hoffnung trägt uns Über alle Geschöpfe zu Gott empor, so daß wir vertrauend an Seinem Herzen ruhen und auf Seinen allmächtigen Arm uns stützen. Mit diesen drei göttlichen Tugenden werden uns alle übrigen ÜbernatÜrlichen Tugenden geschenkt, lauter Kräfte, die uns zu Gott emportragen und der Verdorbenheit und Schwäche unserer Natur entreißen. Die zweite Form der erhebenden Gnade ist die Gnade des Beistandes. Sie kommt unserem Erkennen und Wollen zuvor und regt uns dazu an, sie begleitet und unterstützt unser Denken und Wollen. Sie ist eine Gnade der Erleuchtung fÜr den Ver" stand, eine Gnade der Anregung für den Willen. Sie bedient sich der tausend Kleinigkeiten und Zufälle des täglichen Lebens, um auf dem Wege der verschiedensten EindrÜcke und Erlebnisse, durch die Tore der Sinne und der Phantasie unser Denken und Streben auf Gott und das Ewige hinzurichten. So sehr arbeitet die Gnade daran, unsere Natur zu durchsäuern, zu veredeln und zu heiligen. Unser Herz soll schon hier auf Erden ein Himmelreich sein, in dem Gott herrscht und Christus König ist.

3. "Das Himmelreich ist gleich einem Sauerteig, den ein Weib (die Kirohe) nahm und unter drei Maß Mehl mengte, bis alles durchsäuert war." Dieser Durchsäuerungsprozeß durch die Gnade erfolgt im Gottesreich der heiligen Kirche. Sie allein ist berufen und hat die Vollmacht, uns die Gnade zu vermitteln. Und in der Gnade allein ist unser Heil! Wieviel haben wir Gott dafÜr zu danken, daß wir Kinder der Kirche sind! Wir halten uns treu an sie.

Die Gnade ist der Sauerteig. Aber sie tut nicht alles, sie tut's nicht allein, sie wirkt ihr Werk nicht ohm~ unsere Mitwirkung. Wir müssen uns von der

364 I I. Die hl. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung. Gnade ergreifen, durchsäuern, umgestalten, reinigen und zu Gott erheben lassen. Nur allzusehr widerstehen wir dem Ruf, dem Zug der Gnade.

Gebet.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott, gib, daß wir stets Geistiges sinnen und in Wort und Tat das vollbringen, was Dir wohlgefällig ist. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Samstag der sechsten Woche nach Erscheinung.

Vergeistigt!

I. Die Kirche fleht zum Abschluß der Epiphaniezeit, Gott möge uns die Gnade schenken, daß wir stets Geistiges sinnen und das vollbringen, was Gott wohlgefällig ist.

2. "G i b, daß wir s t e t s Gei s t i g e s s i nne n." "Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nÜtzt nichts. Die Worte, die Ich zu euch rede, sind Geist und Leben" (J oh. 6, 63). Der heiligen Liturgie Bestreben ist es, unsere Herzen und Sinne, unseren Geist zu erleuchten, zu Gott zu erheben. Das liturgische Beten ist ein Aufschauen zum Lichte, zur Sonne Christus, um von ihr durchleuchtet und vergeistigt zu werden. "Ihr waret einst Finsternis. Jetzt aber seid ihr Licht geworden. Wandelt als Kinder des Lichtes" (Eph. 5, 8). Da wir die heilige Taufe empfingen, wurde Über uns gebetet: "Allmächtiger Gott, vertreibe von ihm alle Blindheit des Herzens, damit er mit dem Zeichen der Weisheit eingeweiht von Tag zu Tag mehr Fortschritte mache. Erleuchte ihn mit dem Lichte Deiner Erkenntnis und gib ihm die wahre Wissenschaft." In der täglichen Feier der heiligen Messe verfolgen die Lesungen der Epistel und des Evangeliums das Ziel, daß wir stets mehr vom geistigen, Übernatürlichen Lichte durchdrungen die Dinge und Vorkommnis.se des Lebens übernatÜrlich, geistig,

Samstag: Vergeistigt!

nach den Gedanken und Absichten Gottes und Christi beurteilen und werten lernen. "Wenn ihr mit Christus auferstanden seid" - und wir sind es für die heilige Liturgie im Empfang der heiligen Taufe -, so suchet, was droben ist, wo Christus zur Rechten Gottes thront. Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was irdisch ist" (Kol. 3, I). Geistiges sinnen sollen wir, so wie es uns der Herr in der Bergpredigt so eindringlich auf die Seele bindet: "Selig die Armen im Geiste, die Trauernden, dIe SanftmÜtigen, die nach Gerechtigkeit hungern und dÜrsten, die Barmherzigen, die reinen Herzens sind, die Friedfertigen, die um der Gerechtigkeit, um Christi willen verfolgt und geschmäht werden." Geistig ist, wer sich das Auge ausreißt, sich die Hand abbaut, wo immer ihm Aug' oder Hand Anlaß zur Sünde werden. Geistig ist, wer, auf die rechte Wange geschlagen, auch die linke darbietet; wer dem, der ihm den Rock nimmt, auch den Mantel läßt. Geistig ist, wer aufrichtig den Nächsten liebt, wer um Gottes und Christi willen die Feinde liebt und denen Gutes tut, die ihn hassen, verleumden und verfolgen (Matth. 5, 3 ff.). Geistig sind wir, wenn wir "des Herrn Nachahmer geworden sind", wenn wir "das Wort (des Evangeliums) trotz der vielen Trübsal mit Freuden aufnehmen"; wenn wir "uns von den Götzen zu Gott bekehren, um dem lebendigen und \vahren Gott zu dienen und vom Himmel herab Seinen Sohn zu erwarten, J esus, der uns vom kommenden Zorn (Gericht) errettet" (Epistel).

"G i b, daß wir das voll b r i h gen, w ä s Gott wohlgefällig ist." Dann sind wir in \;\/ ahrheit geistig und sinnen Geistiges, wenn wir das vollbringen, was Gott wohlgefällig ist. Wir tun bewußt nie etwas, was Gott, was dem Heiland nicht gefallen kann, auch nicht die kleinste Untreue oder bewußte Unaufmerksamkeit auf Ihn und Sein Wohlgefallen. Wir tun alles, was Ihm wohlgefällig

366 I!. Die hl. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung. ist, wir tragen alles, nehmen alles an und dulden alles, was Er uns du"rch die Verhältnisse, durch die Menschen, durch die Zufälle des Lebens auferlegt. Und das alles aus dem Beweggrund der wahren, vollkommenen Liebe zu Gott: weil es Ihm so wohlgefällig ist. Das ist der wahre Christ. Er lebt ganz im Willen und Wohlgefallen Gottes. Er hat sich, sein eigenes WÜnschen und Wollen vollständig hinter das zurÜckgestellt, was Gott, was dem Heiland lieb ist. Er lebt nicht mehr sich, sondern allein Gott, dem Herrn, dem Heiland, in voller Gleichförmigkeit mit Gottes Willen, in innigster Geistesund Willensgemeinschaft mit Gott und Christus. Darauf zielt die ganze Liturgie ab, uns so zu bilden, daß wir nichts anderes mehr im Auge hahen als Gott und Sein Wohlgefallen. Daß auch wir mit dem Herrn sprechen: "Meine Speise ist es, den Willen Gottes zu tun" (Joh. 4, 34). Um uns in die lebendige Geistes- und Willensgemeinschaft mit Gott und Christus zu bringen, gibt uns die Liturgie in dem täglichen Opfer und Offizium die vielen Unterweisungen und Belehrungen (Epistel, Evangelium). Dazu gibt sie uns die heilige Kommunion. Durch diese heilige Speise sollen wir täglich tiefer in den Geist Christi aufgenommen werden. So werden auch wir immerdar das tun, was dem Vater wohlgefällig ist (Joh. 8, 29) und das unendlich weise, heilige Wol1en Gottes und Christi mitwollen und mitleben. Dann sind wir geistig geworden, eine Ausstrahlung, Epiphanie, Erscheinung des in uns unsichtbar wirkenden Geistes Christi. Dann ist Er König in uns. Er läßt die Sionsstadt, "Sein Heiligtum, Seinen Tempel, in uns neu erstehen und offenbart sich dort in Seiner Majestät" (Graduale) und Kraft!

3. So denkt die heilige Liturgie von uns, den Getauften. So wünschf sie uns zu gestalten: daß wir geistige Menschen seien, voll der Gnade, voll des Lichtes, des Glaubens, in steter, innigster, liebender

Samstag: Vergeistigt!

Gleichschaltung mit dem heiligen Willen Gottes. Wir prüfen uns, inwieweit die heilige Liturgie an uns ihr Werk hat tun können; inwieweit wir den Anregungen und Gnaden, die uns die Liturgie vermittelt, entsprochen oder nicht entsprochen haben.

Wie wenig sinnen wir Christen, Katholiken, wahrhaft Geistiges? Allzuviel Weltgeist, allzu viel niedere Selbstsucht, allzuviel Anhänglichkeit an das, was irdisch ist (KaI. 3, I). Wie gering ist unsere Sehnsucht, "aufgelöst und bei Christus zu sein" (Phil. I, 23). Wie wenig ist unser Geist der Geist der Berpredigt, der acht Seligkeiten, der Geist der Loslösung vom Zeitlichen, der Geist des tiefen Glaubens, des vollkommenen Vertrauens auf Gott! Wie_ weit sind wir davon entfernt, mit Paulus aus voller Überzeugung zu hekennen: "Wir wissen, daß alle Dinge denen, die Gott lieben, zum Besten gereichen, jenen, die nach Seinem Ratschluß berufen sind." Er hat uns vorherbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein. Deshalb hat Er uns gerechtfertigt. Deshalb wird Er uns mit Seinem Sohn verherrlichen. "Wenn Gott für uns ist, wer ist dann wider uns? Wenn Er Seinen eigenen Sohn nicht geschont, sondern Ihn für uns alle hingegeben hat, wie sollte Er uns dann mit Ihm nicht alles schen~ ken?" Wenn Gott uns rechtfertigt; wenn Christus, der Herr, bei Gott für uns FÜrsprecher ist, wer soll uns dann verdammen? "Wer sollte uns von der Liebe Christi trennen? (d. i. uns die Liebe rauben, die Gott um Christi willen zu uns hat.) Etwa Trübsal oder Bedrängnis oder Verfolgung oder Hunger oder das Schwert? Nein. Wir bleiben siegreich durch Ihn, der uns geliebt hat" (Röm. 8, 28 ff.).

Gebet.

Wir bitten Dich, allmächtiger Gott, gib, daß wir stets Geistiges sinnen und in Wort und Tat das vollbringen, was Dir wohlgefällig ist.

368 Ir. Die hl. Weihnachtszeit: 6. Woche n. Erscheinung.

Gott, unsere Zuflucht und Stärke, Du bist ja selber der Urheber der Frömmigkeit. Darum stehe den frommen Bitten Deiner Kirche bei und gib, daß wir wirklich erlangen, um was wir gläubig bitten. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung.

17. Januar: Fest des hl. Antonius.

1. Eine Epiphanie, eine Erscheinung Christi 1st es, was uns die heilige Liturgie heute in St. Antonius, dem Einsiedler der Wüste, vür Augen führt.

2. An ton i u s gib t all e s. Er vernimmt einmal in der Kirche das Wort des Herrn: "Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe, wa~ du hast und gib den Erlös den Armen. Dann komme und folge Mir" (Matth. 19, 21). Von dem Strahl der Gnade getroffen erkennt Antonius, daß diese Worte ihm persönlich geiten. Er geht ohne Verzug ans Werk, verkauft seine Habe, gibt den Erlös den Armen und zieht sich in die Einsamkeit der ägyptischen WÜste zurück. "Selig der Mensch, der nicht am Geld hängt und der sein Vertrauen nicht au f das Gold setzt!" (Sirach 31, 8). Er hat ein neues, höheres Ideal. "Eure Lenden seien umgürtet und brennende Lampen in euren Händen! So sollt ihr Menschen gleichen, die auf ihren Herrn warten, wenn er von der Hochzeit zurÜckkommt, damit sie ihm, wenn er kommt und klopft, sogleich öffnen können. Selig jene Knechte, die der Herr bei Seinem Kommen wachend findet" (Evangelium). Das ist Antonius, der Einsiedler. Er hat alles Irdische, Zeitliche gegeben und harrt der Ankunft des Herrn, der Parusie, dem Ewigen entgegen: die Lenden umgürtet mit dem Gürtel der Keuschheit, der Abtötung, der Bußstrenge, die Lampe der heiligen Liebe zu Gott und Christus in den Händen, den Blick auf das Ende, auf das Kommen des Herrn, auf das Jenseits gerichtet. "Was nÜtzt es dem Menschen, wenn er die ganze vVelt gewinnt, aber an seiner Seele Schaden leidet?"

A n·t 0 ni u s ge w in n t all e s. "Se)ner Seele

Baur, Werde Lieht I 1. 2!

370 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung. Sehnen hast Du gestillt 0 Herr" (Offertorium). Im Schweigen der Wüste enthüllt sich ihm die wahre Weisheit: er sieht alles im Lichte Gottes, im Lichte der Ewigkeit. Das Irdische erscheint ihm als Kot und Kehricht. "Nur eines ist notwendig" (Luk. 10, 42). "In des Gerechten Mund ist vVeisheit und seine Zunge redet Gerechtigkeit (das, was recht, heilig ist). In seinem Herzen trägt er das Gesetz seines Gottes" (Introitus). "Er war Gottes und der Menschen Liebling, sein Andenken ist gesegnet. Gott hat ihn den Heiligen gleich gemacht an Herr· lichkeit. Er hat ihn geheiligt und ihn aus allen Menschen auserwählt. Er ließ ihn Seine Stimme hören und führte ihn (wie einst Moses auf dem S1I1ai) ins Wolkendunkel ", in den Wonnen der Be· schauung und des liebenden Umganges mit Gott. Die Nacht gehört dem Gebet. Allzufrüh geht dem Beter die Sonne auf und ruft ihn vom Gebete weg. "Leben erbat er sich von Dir" (Graduale). Antonius dürstet nach dem Leben aus Gott. Und "Du gabst ihm langes Leben für ewige Zeiten". Staunend, ergriffen sehen die Zeitgenossen an Antonius die Wunder der Gnade, der Tugend, die überragende christliche Persönlichkeit. Tausende verlassen die Welt, verkaufen ihre Habe, ziehen in die Wüste Agyptens und scharen sich um Antonius, um von ihm die Wissenschaft des Lebens zu lernen. Antonius ist zum Lehrer, zum Führer und Vater de~ großen Geschlechtes der Aszeten, der Einsiedler und Mönche geworden. Ein Wunder der Gnade! Ohne Studium, ohne Bücher, im stillen Umgang mit Gott, im tiefen Schweigen der Wüste. "Du gabst ihm langes Leben für ewige Zeiten." Das harte Entsagen, Ringen und Opfern in der WÜste ist nun eingetauscht gegen das Leben in der Anschauung und des seligen Genusses Gottes. Antonius hat alles gegeben und alles gewonnen. Was er verloren, ist ihm zum Gewinne geworden. Das ist die christliche Weisheit.

r 8. Januar: Stuhlfeier Petri in Rom. 37I

3. "Wer sein zeitliches Leben erhalten will, wird es (ewig) verlieren. Wer aber sein Leben um Meinetwillen verliert, der wird es (ewig) finden. vVas nÜtzt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber an seiner Seele Schaden nimmt? Oder was kann der Mensch als Lösegeld fÜr seine Seele geben?" (Matth. 16, 25·)

"Wer Mein JÜnger sein will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir nach" (Matth. 16,24)·

Mit Antonius geben wir heute in der Mitfeier der heiligen Messe alles. Wir wollen ein Ganzopfer an den Herrn sein. Je mehr wir opfernd geben, um so mehr erhalten wir in der heiligen Kommunion zurück. Erst recht in der ewigen Kommunion über den Sternen!

Ge b e t.

Wir bitten Dich, 0 Herr. die FÜrsprache des heiligen Abtes Antoniu, möge uns Dir empfehlen, damit wir dank seiner Obhut erlangen, was wir auf Grund eigener Verdienste nicht vermögen. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

18. Januar: Stuhlfeier Petri in Rom.

I. Mit der heiligen Liturgie begehen wir heute die Erinnerung an 'das große Ereignis, da der heili~ Apostel Petrus, nach der Tradition etwa um das Jahr 42, erstmals nach Rom kam und den bischöflichen Stuhl (Kathedra) von Rom hestieg. Durch Petrus, den ersten Bischof, hat die Kirche Roms den Primat über die Übrigen Kirchen des Morgen. und Abendlandes, ist Rom das Zentrum der Kirche und ihrer Ell1heit. "Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen will Ich Meine Kirche bauen" (Matth. r6, 16). Wir lauschen elen Worten des ersten Petrusbriefes, die uns in der Epistel vorgelegt werden. Sie kÜnden uns die Reichtümer unseres heiligen Glaubens und weiseIl UllS auf die

24*

372 HeiJigenfeste in der Zeit nach Erscheinung. Folgerungen hin, die sich für unser praktisches Leben daraus ergeben.

2. Unser Reichtum im christlichen Glauben. "Petrus an die Auserwählten ... , die von Gott dem Vater zum Glaubensgehorsam und zu Besprengung mit dem Blute Jesu Christi zur Erlösung durch das Blut Christi vorherbestimmt und durch elen Geist Christi geheiligt sind... Gepriesen sei Gott, der uns... zu lebendiger Hoffnung wiedergeboren hat, d. i. zu einem unvergänglichen, unbefleckten, unverwelklichen Erbe, das im Himmel fÜr uns aufbewahrt ist. In Gottes Kraft werdet ihr durch den Glauben (die christliche Religion inmitten aller Gefahren des Erdenlebens) bewahrt, daß ihr das Heil erlanget, das am Ende der Zeiten offenbar werden soll. Dann werdet ihr frohlocken, während ihr jetzt eine kurze Zeit Trübsal zu leiden habt. Durch diese (Trübsale) soll der Glaube erprobt und bei der Offenbarung (Wiederkunft) Christi wertvoller erfunden werden als das im Feuer erprobte Gold ... Ihn (Christus) liebt ihr, an Ihn glaubt ihr: darum werdet ihr mit unaussprechlicher und herrlicher Wonne frohlocken, wenn ihr da<; Ziel eures Glaubens, das Heil der Seele, erreicht habt."

Die praktische Folgerung. Heiliges Leben:

"Umgürtet euch also im Geiste ... und setzt eure ganze Hoffnung auf die Gnade... seid heilig in eurem ganzen Wandel als gehorsame Kinder (Gottes)." Nächstenliebe: "Weihet eure Seele durch Gehorsam gegen die Wahrheit (des christlichen Glaubens) zu aufrichtiger Bruderliebe und habt einander von Herzen innig lieb .... Legt ab alle Bosheit, Falschheit, Heuchelei, Mißgunst, Verleumdungssucht. ,,< Anschluß an Christus: "Schließt euch an Ihn an, den lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, von Gott aber auserlesen ist; dann werdet ihr als lebendige Bausteine aufgebaut werden zu einem geistigen Tempel, zu einem heiligen Prie-

18 Januar: Stuhlfeier 'Petn In Rom. 373

stert um, um durch J esus Christus geistige, gottgefällige Opfer darzubringen."

3. Herrliche Gaben und frohe Hoffnungen hat uns die Menschwerdung des Sohnes Gottes, Weihnachten, gebracht. Dazu die Kraft, uns täglich mehr zum Leben der Heiligkeit zu erheben. Es betätigt sich vornehmlich in der christlichen Nächstenliebe, in der Hingabe an die Gemeinschaft des Leibes Christi der Kirche. In der Gemeinschaft der auf Petrus gegrÜndeten Kirche schließen wir uns dem lebendigen Bausteine an, den die Bauleute verworfen haben, den aber Gott auserwählt hat. Da werden wir als lebenelige Bausteine mit aufgebaut, zu einem ÜbernatÜrlichen, geistigen Tempel Gottes. Da wartet unser ein "unvergängliches, unbeflecktes und unwelkbares Erbe." Im Himmel ist es uns aufbewahrt. Da gibt uns Gott Seine Gnade und die Kraft, mit der wir das Heil erlangen mögen, das uns bereitet ist. "Frohlocket daher, wenn ihr auch jetzt kurze Zeit durch mancherlei PrÜfungen hindurchzugehen habt" (Epistel).

"Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will Ich Meine Kirche bauen. Und die Pforten ('Mächte) der Hölle werden sie nicht Überwältigen. Und dir werde Ich die SchlÜssel des Himmelreiches geben" (Offertorium). In der Gemeinschaft der auf Petrus g~grÜndeten Kirche und nur in ihr besitZt'1J wir das hochheilige Opfer der Messe, dÜrfen wir ullsere Gaben zum Altare tragen unel Gott eine wÜrdige Verherrlichung zollen. In der Gemeinschaft der auf Petrus gegründeten Kirche haben wir die Eucharistie, die heiligen Sakramente, insbesondere die Gnade der heiligen Kommunion. Nicht umsonst wiederholt die heilige Liturgie zum Empfang der heiligen Kommunion das: "Du bist Petrus." Wir haben Kommunion (Gemeinschaft) mit Petrus, mit dem Stuhle Petri. In jeder heiligen Kommunion, die wir empfangen, wachsen wir tiefer in die Gemeinschaft mit Petrus hinein und werden wir fester

21. Januar: Fest der hl. Agnes.

1. Die dreizehnj ährige Agnes wird von Symphronius, der vergeblich um sie geworben, ihres christlichen Glaubens wegen angeklagt und nach verschiedenen Versuchen; sie Christus untreu zu machen, enthauptet. Dem irdischen Liebhaber schleudert sie das Wort entgegen: "Hinweg von mir, du Speise des Todes (Sterblicher), denn mir ist bereits ein anderer Liebhaber geworden."

2. Mit S tau ne n se h e n wir die begeisterte Treue und Hingabe der Jungfrau Agnes an Christus, den Liebhaber ihrer Seele. Ihre Welt ist Christus: sie lebt ganz im Gedanken an Ihn, in der Hingabe an Ihn, im Glück, Ihn zu haben, von Ihm geliebt zu sein, im steten liebenden Umgang mit Ihm. "Mit Seinem Ringe hat sich mein Herr Jesus Christus mit mir verlobt, Honig und Milch habe ich aus Seinem Munde empfangen (die Neugetauften erhielten gleioch nach eler heiligen Kommunion Milch und Honig), und mit Seinem Blute hat Er meine Wangen gerötet (die alten Christen benetzten sich mit dem eucharistischen Blute Stirne und Wangen). "Wenn ich Ihn liebe, bin ich keusch, wenn ich Ihn berühre, bin ich rein, wenn ich Ihn zu mir nehme, bin ich Jungfrau: Ihm halte ich die Treue, Ihm schenke ich mich mit ganzer Hingabe." So lebt Agnes im himmlischen Bräutigam: nicht im

374 Heiligenfeste in der Zeit n<lch Erscheinung.

auf den Felsen Petri gegründet. "Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will Ich Meine Kirche bauen."

Ge bet.

Gott, Du hast Deinem heiligen Apostel Petrus mit den Schlüsseln des Himmelreiches auch die hohepriesterliche Gewalt zu binden unel zu lösen übertragen. Gewähre, daß wir durch die Macht seiner Fürbitte von den Fesseln unserer SÜnden befreit werden. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

21. Januar' Fest der hl. Agnes. 375

Zeitlichen, nicht in der Beschäftigung mit sich selbst (Gesundheit, Schönheit), mit den Schwiertgkeiten, mit dem innern Fortschritt, mit den Arbeiten, mit der Vergangenheit, mit der Zukunft. Agnes kennt nur Christus und Sein wunderbares Wirken an ihr durch die heilige Kommunion, sie kennt nur das unendlich Große, das sie im heiligen Glauben, in Christus, in der heiligen Kirche hat. Deshalb ist sie so stark, so männliCh.

Die heilige Agnes ist der heiligen Litu r g i e Typus der heiligen Kirche. In der jungfräulichen Kämpferin erkennt die heilige Kirche und erkennt die christliche Seele sich selbst, berufen zur liebenden, gnadenvollen Brautschaft mit Christus. Wir treten in der heutigen heiligen Opferfeier mit Agnes für unser ganzes Leben aus der gottfremden Welt heraus, die uns verderben will; wir halten das Irdische für vergänglich, eitel, "Speise des Todes". Wir halten mit Agnes den Blick auf Christus gerichtet, den Bräutigam, der sich in der heiligen Kommunion Seiner Kirche, uns, täglich neu hingibt und vermählt, um uns dereinst zur ewigen Liebesvereinigung heimzuholen. Wir schauen nach dem Ewigen aus, das unser wartet. "Siehe, wonach ich mich (im Leben) gesehnt, schon halte ich es (sterbend) umfangen. Mit Ihm bin ich ,im Himmel vereint, dem ich auf Erden mit voller Hingabe gedient."

3. Agnes ist ihres Christseins so froh geworden, daß sie mit Freuden alles hingeben kann, menschliche Liebe, Eltern, Besitz, Blut und Leben. Frohes Christentum! Ein leuchtendes Vorbild uns Christen der mÜhsamen PtlichterfÜllung, der vielen Furcht und Ängstlichkeit, ohne Mut, ohne Freude, ohne Heroismus.

Woher der Unterschied? Agnes ist Christus aufgegangen! Erscheinung des Herrn! Nun schaut sie Über sich und aus sich hinaus, auf Christus, ihr alles. Sie weiß sich reich, stark, unendlich be-

376 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung. glückt, in der heiligen Taufe, in der heiligen Kommunion, im Bewußtsein, daß sie geliebt ist, daß Er ihr gehört, sie Ihm. Und wir? Wir schauen auf uns selber, in uns hinein, bewegen uns um uns selbst; wIr schauen auf unser persönliches, subjektives Tun, bemessen alles nach unserer eigenen Kraft und Anstrengung, nach unsern Methoden und unserm subjektiven Erleben, wir schauen fast einzig nur auf unsere Schritte, auf unsere Hemmungen und Schwierigkeiten. Wir schauen nicht aus uns hinaus, wir leben nicht in Ihm. Uns ist Christus noch nicht aufgegangen, die Sonne. Daher finden wir nicht das grenzenlose, sieghafte Vertrauen auf Ihn, die begeisterte Liebe zu Ihm: auch in unserer Frömmigkeit steht das Ich zuvorderst. Es versperrt uns den freien, frohen Blick auf Ihn, der unser alles wäre! Epiphanie! Daß uns der Herr aufgehe, wie Er der jugendlichen Martyrin Agnes aufgegangen ist!

Ge bet.

Allmächtiger ewiger Gott, was vor der Welt schwach ist, erwählest Du, um das Starke zu Schanden zu machen. Wir begehen das Fest Deiner heiligen Jungfrau und Martyrin Agnes. In Huld verleihe, daß wir auch ihres Schutzamtes bei Dir innewerden. Durch Christum unsern Herrn. Amen.

25. Januar: Fest der Bekehrung des hl. Paulus.

1. Paulus ist aus dem wutschnaubenden Hasser und Verfolger Christi und Seiner Kirche vor Damaskus der glÜhendste Eiferer fÜr Christus geworden, das Gefäß der Auserwählung. Mit der Liturgie der heiligen Messe jubeln wir die Worte des Introitus: "Ich weiß, wem ich geglaubt und bin gewiß, daß Er die Macht hat, mein Ihm anvertrautes Gut (den Lohn fÜr meine Mühen) zu bewahren fÜr jenen Tag" (d. i. den Tag des Heimgangs) (2 Tim. I, 12).

25. Januar: Fest d~r Bekehrung des hl.Paulus. 377 2. Sau I u s hängt mit Leib und Seele an seinem Volk, an seiner Religion, an den heiligen überlieferungen der Väter. Deshalb haßt er das junge Christentum und scheut kein Mittel, es zu vernichten. Erst nimmt er an der Steinigung des Diakons Stephanus teil; dann geht er den Christen nach, selbst bis nach Damaskus in Syrien, um sie zu fesseln und vor das Gericht der Juden in J erusalem zu schleppen. Das ist der Mensch Saulus, voll Leidenschaft, intolerant, im besten Glauben, der rechten Sache zu dienen, ja verpflichtet zu sein, so zu tun. Auf einmal geht ihm vor Damaskus Christus auf. Eine gnadenvolle Epiphanie! Er hat nur die ein e Frage: "Herr, was willst Du, daß ich es tue?" Er ist umgewandelt, ein Paulus, der Apostel Christi. Das ist die Macht der Epiphanie des Herrn, die Macht der Gnade Christi!

Pa ulu s erkennt die Gnade, die ihm vor Damaskus so unverdienter, unerwarteter Weise geworden. Er gibt alles hin, sein He.iligstes, seine bisherige Religion, seine bisherige überzeugung, seine bisherigen Ideale, seine Vergangenheit, sein Ansehen bei seinen Volksgenossen. Er weiß, wie sie ihn nunmehr verachten, verstoßen, als Verräter behandeln werden. Er macht sich nichts daraus. Wenn er nur Christus hat. "Ich weiß, wem ich geglaubt" und mich anvertraut habe. Mit Christus habe ich alles gewonnen. Mit Christus bin ich nicht betrogen. Mit Christus allein hat mein Leben und Streben einen Inhalt und wird mein MÜhen ewig belohnt. Mit dem, was ich bisher hatte und mich abmühte, bin ich betrogen. Nur in Christus ist das Heil und jedes wahre Gut. Ihm gebe ich mich, Ihm lebe, Ihm diene, Ihm sterbe ich. Paulus erfährt an sich, wie wahr die Verheißung ist, die der Herr denen gegeben, die "alles verlassen haben" und "Ihm nachgefolgt" sind. Sie "erhalten das Hundertfache dafür und werden das

378 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung. ewige Leben erhalten" (Evangelium). Wahrlich, in Christus, der ihm aufgegangen und dem er fdlgt, hat er Hundertfaches erhalten.

3. Vor Damaskus ist dem Verfolger Saulus Christus aufgegangen. Das große, entscheidende Erlebnis für Saulus! Dadurch ist er ein anderer geworden, ein völlig neuer Mensch, mit neuen Ideen, Idealen, Zielen, Impulsen, Kräften. Er zieht sich zurÜck. er betet, er fastet, er läßt sich taufen, er lebt mit ganzer Hingabe und Energie das neue Leben, das ihm geworden. Ein Leben fÜr Christus, für die Kirche, fÜr die Seelen. Wir bewundern die Kraft der Gnade. Wir danken dem Herrn, daß Er Seiner Kirche, uns, einen Paulus geschenkt hat. Wir ehren im Apostel das Werkzeug der Auserwählung, das wunderbare Gefäß der Gnade und lauschen mit Ehrfurcht den Worten, die er so oft in der Liturgie der heiligen Messe an uns richtet.

In Paulus erkennen wir heute uns selber. Da~ Damaskus-Erlebni s hat sich in uns wiederholt. Erstmals 1ll der heiligen Taufe: eine völlig unverdiente Gnade und Herablassung des Herrn zu uns unwÜrdigen Sündern. "Herr, was willst Du, daß ich es tue?", fragten wir. Und wir wählten Ihn: "Ich glaube an Gott, an J esus Christus, an den HeiligeIl Geist." Das Damaskus-Erlebnis hat sich später in so manchen Gnadenstunden an uns erneuert. vVir gingen unsere verkehrten \Vege. Da stand auf einmal, unverdient und unerwartet, Er vor dem Auge unseres Geistes. "Warum verfolgst du Mich?" Blitzschnell ging es uns auf. "Herr, was willst Du, dall ich es tue?" Und Er sagte uns: "Gehe in die Stadt", wende dich an die heilige Kirche, an das Priestertum der heiligen Kirche. "Da wird dir gesagt werden, was du zu tun hast." Der Priester streckte segnend seine Hand über uns aus und sprach über uns das tröstliche Wort: "Ich spreche dich los von deinen Sünden." Das Damaskus-Erlebnis wiederholt sich fÜr uns täglich in der Mitfeier der heilig-en

25. Januar: Fest der Bekehrung des bl. Paulus. 379 Messe. Opfernd verlassen wir alles und legen 1111 Brot und Wein unser Ich auf den Altar. "Herr, was willst Du, daß ich es tue?" Wir wählen wie einst in der heiligen Taufe Christus, den Geopferten, den Gekreuzigten. Wir machen uns zu ein e r Opfergabe mit Ihm und leben nur mehr mit Ihm dem Willen des Vaters. Nachdem wir im Opfergang alles hingegeben, empfangen wir in eler heiligell Kommunion "Hundertfältiges" dafÜr: Christus, Sein Leben, Seine Verdienste, Sein Herz mit Seiner Liebe zum Vater, Christus mit Seiner Kraft Über den Saulus, d. i. den Menschen der SÜnde in uns. Als ein Paulus, ein Chri,tuserfÜlIter, als eine Epiphanie Christi gehen wir vom Altar in den Alltag hinein, Apostel des echten Christentums, allen Christus bringend wie Paulus, aUen alles werdend, um aUe zu gewinnen (l Kor. 9, 19 ff.). Siegesgewiß, zuversichtlich bekennen wir mit Paulus: "Ich weiß, wem ich geglaubt habe. Er hat die Macht, mein Ibm anvertrautes Gut zu bewahren fÜr jenen Tag" des Heimganges, an dem Er mich zur ewigen Kommunion rufen wird. Ewig soll ich es an mir erfahren: "Ihr, die ihr aUes verlassen habt und Mir nachgefolgt seid, werdet Hundertfältiges dafÜr erhalten und dazu elas ewige Leben besitzen" (Communio). Ja, ich will mit Paulus gehen. "Ich weiß, wem ich geglaubt habe."

Gebet.

o Gott, Du hast die ganze \i\Telt durch die Predigt des bl. Apostels Paulus belehrt; wir bitten Dich: gib uns, die wir heute seine Bekehrung feiern, die Gnade, seinem Beispiel folgend, Dir entgegenzuschreiten.

Durch das gnadenvolle Geheimnis (der heiligen Meßfeier) geheiligt, bitten wir: nie sei uns die FÜrbitte dessen versagt, den Du zum Patron und FÜhrer uns schenktest. Durch Christus unsefl] Herrn. Amen.

380 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung.

25. Januar: Fest der Bekehrung des hl. Paulus.

1. Eine Art Epiphaniefest, eine Erscheinung des Herrn, in Macht und Kraft! Eine Umwandlung, wundervoller und erhabener als die Verwandlung von 'Wasser in Wein, die Verwandlung eines Saulus in einen Paulus, eines fanatischen Verfolgers Christi und Seiner Kirche in einen glÜhenden, opferbereiten Apostel Christi, in ein Gefäß der Auserwählung, ein vVerkzeug, das den N amen des Herrn der Heidenwelt kundtun soll.

2. "I n jen e n Tag e n schnaubte Saulus noch immer Drohung und Mord gegen die JÜnger des Herrn" (Epistel). Er ließ sich vom Hohenpriester die notwendigen Papiere geben, um die Christen sogar im fernen Damaskus festnehmen und gefangen' nach Jerusalem fÜhren zu dÜrfen. Schon naht er sich der Stadt Damaskus. Da umleuchtet ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. Er stürzt zu Boden und vernimmt eine Stimme: "Saulus, Saulus, 'was verfolgst du Mich?" Saulus fragt: "Wer bist Du, Herr." "Ich bin Jesus, den du verfolgst." Zitternd und staunend fragt Saulus: "Herr, was willst Du von mir? Was soll ich tun?" Der Herr:

"Steh auf, geh in die Stadt, dort wird man dir sagen, was du tun sollst." Saulus erhebt sich und macht die Augen auf. Er sieht nicht mehr. Auf die Arme seiner Begleiter gestützt, geht er in die Stadt, blind, und ohne etwas zu essen oder zu trinken. Ihm ist Christus aufgegangen. Nun hat er für nichts anderes mehr Zeit oder einen Sinn. Er fastet und betet. Drei Tage lang hält ihm der Herr in der Einsamkeit die Exerzitien. Dann kommt, vom Herrn gesandt, Ananias. "Da fiel es sogleich. wie Schuppen von seinen Augen. Er erhielt das Augenlicht wieder. Er stand auf und wurde getauft. Dann nahm er Speise und kam wieder zu Kräften." Die Umwandlung ist vollzogen. Saulus ist Paulus geworden. Er bleibt noch einige Tage in Damaskus.

25. Januar: Fest der Bekehrung des hl. Paulus. 381 nicht, um die Christen gefangen zu nehmen und dem Gerichte in J erusalem zu überantworten, sondern um den Juden in den Synagogen zu predigen. Und was er predigt! Er zeigt ihnen aus der Schrift, daß Jesus der Messias ist, den sie erwarten. Er hat Ihn gefunden, auf dem Weg nach Damaskus! Eine gnadenvolle Epiphanie des Herrn an Saulus! Staunend steht die Liturgie und stehen wir vor der Erscheinung des Herrn an Saulus. vVie mächtig ist Seine Gnade! Saulus hatte doch etwas ganz anderes im Sinn. Indes: der Mensch denkt, und Gott lenkt! Der Herr bezwingt auch Seinen wutschnaubendsten Feind, den fanatischen Verfolger Seiner Kirche! Wahrhaftig. Er ist der Herr über die Geister und Herzen! "Ecce advenit Dominator Dominus Siehe der Herr, der Allherrscher ist da. In Seiner Hand ruht Macht, Gewalt und Weltherrschaft" (Introitus von Epiphanie).

"Scio cui credidi - Ich weiß, wem ich geglaubt habe" (2 Tim. 1,12) (Introitus). "Herr, was willst Du von mir?" Der Herr ist ihm aufgegangen. Nun hat er alles. Der Herr genügt. Darum läßt Paulus, nachdem er Christus gefunden, alles, was ihm bisher lieb und heilig war, Heimat und Haus, Vater und Mutter (Evangelium). Seine ganze Vergangenheit, sein Teuerstes, die Religion seiner Väter. "Ich bin am achten Tage beschnitten, bin aus dem Volke Israel, aus dem Stamme Benjamin, ein Hebräer von hebräischen Ahnen. Ich war ein gesetzestreuer Pharisäer und von untadeligem Wandel, soweit die Gerechtigkeit nach dem (mosaischen) Gesetz in Betracht kommt. Aber, was mir einst als Gewinn galt, das habe ich um Christi willen fÜr Schaden erachtet. Ja, ich halte alles das für Verlust, weil die Erkenntnis meines Herrn Jesus Christus, um dessentwillen ich auf alles verzichtet habe, über alles erhaben ist. Ja, ich erachte es für Kehricht, um Christus zu gewinnen und in Ibm gerechtfertigt zu werden" (Phi!. 3, 5 ff.).

382 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung. "Siehe, wir haben alles verlassen und sind Dir gefolgt (Evangelium). Wie Paulus sich Christus anschließt! vVie er an Ihn glaubt. Wie er für Ihn und Seine Kirche sich verzehrt und keine MÜhe scheut! "FÜnfmal empfing ich von den Juden neununddreißig Streiche; dreimal wurde ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt; einen Tag und eine Nacht trieb ich auf hoher See herum. Und viele Wanderungen. Und Gefahren durch FIÜss,e, durch Räuber, durch Volksgenossen, durch Heiden, in Städten, in der WÜste, auf dem Meere, durch falsche Brüder. Mühsale und Beschwerden, Nachtwachen, Hunger und Durst, Kälte und Blöße. In Damaskus ließ der Statthalter des Königs Aretas die Stadt bewachen, um mich zu ergreifen. Durch ein Fenster wurde ich in einem Korb Über die Mauer gelassen, und so entkam ich seinen Händen" (2 Kor. 11, 23ff.). Für den Herrn ist Paulus nichts zu viel. Er lebt nur Ihm, im Drang der unersättlichen Liebe. der Frucht jener Damaskus-Stunde, da ihm Christus aufgegangen. Triumphierend jubelt er es gegen das Ende seiner Tage in das Herz seines geliebten Timotheus hinein: "Ich weiß, wem ich geglaubt habe und bin gewiß: Er hat die Macht, mein Ihm anvertrautes Gut aufzubewahren fÜr jenen Tag (des Gerichtes)" (Introitus). Ich bin nicht betrogen, da ich an Ihn geglaubt und alles hingab, um Ihm zu leben. Er hat meinen Glauben, meine Liebe., meine Treue, mein Wirken, meine Opfer angenommen und wird mir, wenn Er (in meinem Tode) zum Gerichte kommt, den Lohn dafür geben, daß ich Ihm geglaubt und Ihm gelebt habe!

3· "Wahrlich, Ich sage euch: Ihr, die ihr alles verlassen habt und Mir nachgefolgt seid, werrlet das Hundertfache dafür erhalten und das ewige Leben erben" (Commullio).

Wir geben im Opfergang der Meßfeier mit Paulus unser alles. "Herr, was willst Du? Was soll ich tun?" \','ir legen unser ganzes Sein, unsere Snrgen,

25. Januar: Fest der Bekehrung des hl.Paulus. 383 Vergangenheit und Zukunft, die SÜnden unseres bisherigen Lebens, unsere Reue und Buße, unsern Willen zur Treue gegen den Herrn auf den Altar, 'in die Hände des sich opfernden Hohenpriesters Christus. "Scio cui credidi - Ich weiß, wem ich geglaubt und mich anvertraut habe. Ich bin dessen sicher: Er hat die Macht, mein Ihm anvertrautes Gut zu bewahren" für den großen Tag des Gerichtes (im Tode). Ich gebe alles im heiligen Opfer. Ich erhalte alles wieder zurück, wenn Er in der heiligen Kommunion mit Seiner Gnade und Liebe unter mein Dach eingeht; vollkommen, wenn ich mit Ihm in Seiner Herrlichkeit Kommunion feiern darf, aufgenommen in Seine Herrlichkeit und Seligkeit!

Dem wutschnaubenden Saulus ist Christus aufgegangen. Er hatte sich in elie Finsternis, in den Wahn seines Wissens und seines guten Wandels als Pharisäer verrannt. "Werde Licht! Siehe, es kommt dein Licht, die Herrlichkeit des Herrn geht strahlend auf über dir, Saulus. Finsternis und Dunkel hielten dich bisher umfangen. Nun ist über dir die Sonne aufgegangen, der Herr, und Seine Herrlichkeit erscheint in dir. Völker wandeln in Deinem Lichte und Könige im Glanze Deines Aufgangs" (Is. 60, I ff.) (Epistel von Epiphanie). "Dieser ist Mir ein erlesenes Werkzeug, Meinen Namen den Heiden zu verkünden, den Königen und den Kindern Iraels!" (Apg. 9, I5 f.)

Möchte auch uns Christus aufgehen! Wie wÜrden auch wir durch die Kraft des Glaubens und der vielen Gnaden, die wir täglich erhalten, bald verwandelt sein, der neue Mensch, der Vollchrist ! Heiliger Paulus "sei Fürsprecher für uns bei Gott, der dich erkor" (Tractus).

Kennten wir doch das j ube.lnde, selige Christentum Pauli! Er lebt ganz in Christus I Wir leben in uns, mit uns. Daher unsere unfrohe, unfreie Frömmigkeit! Sie kennt Ilur Lasten, nur Druck, keinen

384 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung. Jubel, kein triumphierendes, siegesgewisses: "Ich weiß, wem ich geglaubt habe."

Gebet.

o Gott, Du hast die ganze Welt durch die Predigt des heiligen Apostels Paulus belehrt. Wir bitten Dich, gib uns, die wir heute seine Bekehrung feiern, die Gnade, seinem Beispiel folgend Dir entgegenzuschreiten. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

29. Januar: Fest des hl. Franz von Sales.

1. Den heutigen Tag über tragen wir mit der heiligen Liturgie im Geist und Herzen das Bild des großen hl. Franz von Sales, Kirchenlehrers, Bischofs von Genf, Stifters des Ordens der Heimsuchung, Verfassers der "Philothea", des "Theotimus" und anderer geistlichen Schriften. Er starb am 28. Dezember 1622.

2. Der h 1. Fra n z leb tin der Kir c he:

"In medio ecclesiae." Inmitten der Gemeinde der heiligen Kirche erhebt er, vom Geiste der Weisheit und des Verstandes erfüllt, auch heute noch seine Stimme (Introitus). Er ist das Salz der Erde, das Licht der Welt. Sein Licht leuchtet uns in seiner Lehre, in seinen Werken, in seinen Tugenden, damit wir "sie sehen und den Vater preisen", der so Großes an Seinem Heiligen gewirkt. Er erfÜllt die Gebote Gottes, auch das letzte und schein baI; unbedeutendste, mit dem Eifer der Liebe, und so wie er selber lebt, lehrt er. "Wer so tut und lehrt, der ist groß im Himmelreich" (Evangelium) der heiligen Kirche hier auf Erden und in der Kirche des Himmels. In der heiligen Kirche, dem geheimnisvollen Gnadenorganismlls, in dem Christus, der Weinstock, lebt UJld Seine Heiligen sich bildet, da ist Franz geworden, was er heute ist. Und nur in der Kirche und durch die Kirche konnte er es werden.

Der hl. Franz lebt für die Kirche, für die Gesamtheit, für Christus in den Seelen, in

29· Januar: Fest des hl. Franz von Sales. 385

der heiligen Kirche. So feiert ihn heute die heilige Liturgie als den Kirchenlehrer, mit übernatÜrlicher Weisheit und Einsicht ausgestattet (Introitus, Epistel). Sie feiert ihn als den Hohenpriester, der heute unsichtbar mit uns, in der Gemeinschaft der Heiligen das heilige Opfer mitfeiert und zu unserer. Opfergabe seine Tugenden, seine Verdienste und FÜrbitte hinzulegt (Stillgebet). Sie feiert ihn al~ den treuen und klugen Ausspender der Gnaden, den Gott "Seiner Familie", der heiligen Kirche, uns, zum besorgten und mächtigen Fürbitter bestellt hat (Kommunionlied) .

3· "Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf dem Berge liegt, kann nicht verborgen bleiben. Auch zÜndet man kein Licht an und stellt es unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter, damit es allen im Hause leuchte. So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euern Vater im Himmel preisen" (Evangelium). Der hl. Franz von Sales ist auf den Leuchter gestellt und leuchtet allen, die "im Hause" der heiligen Kirche sind. Wir sehen seine guten Werke, sein Wirken an den Seelen, die Tausende, die er vorn Kalvinismus zur Wahrheit Christi zurückgeführt hat, die Tausende und aber Tausende, denen er durch seine Schriften Führer und Retter geworden ist; wir sehen seine wunderbaren Tugenden und reichen Gnaden, die er vom Herrn erhalten. Wir erkennen in ihm eine Epiphanie der Weisheit, Kraft und Gnade'des Herrn und preisen darob im Opfer der heiligen Messe den Vater, der im Himmel ist.

Wir schauen das Licht, das der Herr in Seiner heiligen Kirche auf den Leuchter gestellt. und kommen, an diesem Lichte unsere Lichtlein anzuzÜnden und zu nähren. Der hl. Franz von Sales ist einer der Großen im Himmelreich, einer der Meister unter den Lehrern des christlichen und innerlichen Lebens. Er "tut und lehrt" (Evangelium).

Banr, Werde Licht! 1. 20

386 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung.

"Wie die Palme steht der Gerechte in Blüte, in der Fülle der Kraft, wie eine Zeder des Libanon" (Offertorium). Wenn wir den Opfergang machen, wächst, vermehrt sich der Heilige: in der gleichen Gesinnung der Hingabe an Gott, in welcher einst der heilige Franz von Sales an den Altar hintrat und immerfort im Himmel dem Herrn ergeben ist, bringen auch wir heute unsere Gaben zum Altar, uns selbst. Dadurch sind wir gleichsam Äste und Zweige der himmelanstrebenden Palme, genährt von der Kraft der Lehre, des Beispiels, des Geistes und der Fürbitte des heiligen Bischofs Franz von Sales. So wächst er wie eine Zeder des Libanon empor und trägt uns mit sich als Opfergabe zum Altar, zu Gott empor. So sehr sind wir im Gedanken der heiligen Liturgie mit dem Heiligen ein es Geistes, in der Gemeinschaft der Heiligen.

Beim Opfermahl der heiligen Kommunion erkennen wir in dem Priester, der die heilige Kommunion spendet, den Bischof und Hohenpriester Franz von Sales. Er reicht uns als der getreue Diener Christi, den der Herr zum Vater der Familie über uns gesetzt hat "zur rechten Zeit"; heute, die Speise der Lehre und der heiligen Eucharistie (Communio).

Gebet.

o Gott, Du hast zum Heile der Seelen Deinen heiligen Bekenner und Bischof Franz allen alles werden lassen. Verleihe gnädig, daß wir, durchströmt von der süßen Gewalt Deiner Liebe,

" unter Leitung seiner Unterweisungen und auf Fürsprache seiner Verdienste die ewigen Freuden erlangen. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

1. Februar: Fest des hl. Ignatius von Antiochien. 1. Ein liebeglühender, für Christus begeisterter Held, sehnt sich Ignatius, Bischof von Antiochien in Syrien, danach, für Christus sein Blut zu geben.

l. Februar: Fest des hl. Ignatius von Antiochien. 387 Er stirbt in Rom, von den Löwen zerrissen, um das Jahr 107.

2. ,,0 der heilbringenden Tiere, die in Rom meiner warten! Wann werden sie kommen? Wann werden sie auf mich losgelassen werden? Ich verlange nur, daß sie recht hungrig sind und sich nicht scheuen, meinen Leib zu zerreißen, wie sie es eles öftern schon getan. Jetzt fange ich an, Christi JÜnger zu sein! Feuer, Kreuz, wilde Tiere, das Auseinanderreißen der Glieder und die Foltern am Körper, alle Qualen, die teuflische Kunst ersinnen kann, sollen über mich kommen: wenn ich nur Christus gewinne" (Brief des hl. Ignatius an die Ri.)mer). Da er die Löwen brÜllen hört, ruft er voll der Sehnsucht, daß er mit Christus vereinigt werde, aus: "Ein Weizenkorn Christi bin ich: möge ich von den Zähnen der. wilden Tiere zermahlen werden, um als ganz reines Brot erfunden zu werden." "Mir aber sei es ferne mich zu rÜhmen, außer im Kreuze unseres Herrn Jesus Christus. Durch Ihn ist mir die Welt gekreuzigt und ich der Welt" (Introitus). "Wenn ich nur Christus gewinne." "Meine Sehnsucht und Hoffnung geht dahin, daß Christus an meinem Leibe verherrlicht werde, sei es im Leben, sei es im Sterben. Denn Christus ist für mich das Leben, und das Sterben ist mir Gewinn." So denkt, so lebt und stirbt der wahre Christ.

Woher hat Ignatius solchen Heroismus?

Aus dem lebendigen Bewußtsein seiner Christusverbundenheit und aus seiner Liebe zu Jesus. Christus ist "das Weizenkorn, das (im Leiden, Sterben und Begrabenwerden) in die Erde gesenkt wird, stirbt und viele Frucht bringt" (Evangelium). Ignatius weiß, daß er zu diesem Weizenkorn gehört, daß er gleichsam ein Teil desselben ist und daß er deshalb da sein muß, wo Christus ist: in der VerdemÜtigung, im Leiden, in der Gefangenschaft, im blutigen Tod. Das Weizenkorn des Evangeliums ist der ganze Christus, Haupt und Leib und Glieder.

25*

388 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung. Christus muß auch in Seinen Gliedern, in um, den Getauften, in die Erde gesenkt werden und sterben. Wir sind ja auf Seinen Tod hin getauft (Röm. 6, 4), d. i. durch die Taufe in Seinen Tod hineingetaucht. Wir, die Glieder, stehen in fruchtbarer Todesgemeinschaft mit Christus, dem Weizenkorn. Nur "wenn das Weizenkorn stirbt, bringt es viele Frucht". Darum geht Ignatius freudig in den Tod. Er verlangt danach, für Christus zu leiden und zu sterben. Er hat das Geheimnis des "in Christus sein", des lebendigen Einsseins mit Christus verstanden. Er weiß, was er in Christus und an Christus hat. Er weiß, daß der Vater uns "mit Christus alles geschenkt hat". Er weiß, daß Christus, der gestorben und auferstanden ist, zur Rechten des Vaters sitzt und für uns Fürsprache einlegt. Wenn Gott, wenn Christus also auf unserer Seite steht, dann ist keine Macht der Welt imstande, uns die Liebe zu rauben, mit der Gott um Seines Sohnes willen uns liebt. Er, Ignatius, weiß sich von Gott in Christus geliebt, mit göttlicher, allmächtiger, starker Liebe. "Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi (von der Liebe, die Gott um Christi willen zu uns trägt)? Trübsal oder Not, Hunger oder Blöße, Gefahr oder Verfolgung oder Schwert? Weder Tod noch Leben, weder Gegenwärtiges noch ZukÜnftiges, weder (feindliche) Mächte, sei es in der Höhe sei es in der Tiefe, noch irgend ein Geschöpf vermag uns zu scheiden von der Liebe Gottes, die da ist in Christus J esus, unserm Herrn" (Epistel).

3. "Seht, das ist der Hohepriester (lgnatius), der in seinen Tagen Gott gefiel. Keiner fand sich, der gleich ihm gehÜtet das Gesetz des Allerhöchsten."

"Mit Christus bin ich ans Kreuz geheftet. Ich lebe, doch nicht ich, nein, Christus lebt in mir" (Alleluj avers).

"Frumentum Christi sum - Ein Weizenkorn bin ich. Der Bestien zermalmende Zähne mögen mich mahlen: so will ich werden zu reinem Brot"

I. Februar: Fest des hl. 19natius von Antiochlen. 389 (Communio). So oft ist Ignatius in der Feier des eucharistischen Opfers dem Verlangen und Willen nach mit Christus, dem Geopferten, ein Weizenkorn, ein Brot, ein e Hostie gewesen. Er will, er muß mit Ihm auch im Leben ein Opfer, ein e Hostie werden: in den MÜhen und Leiden des Berufes, des täglichen Lebens. Heute vollendet er, von den Löwen zerrissen, sein Mitgeopfertwerden mit Christus im blutigen Martyrium. In der Mitfeier der heiligen Messe wird der Christ täglich mehr ein Weizenkorn, ein Brot, ein e Hostie mit dem sich opfernden Christus. Was er in der liturgischen Opferfeier begonnen, das führt er in den täglichen MÜhen, Leiden, Schwierigkeiten, Bitterkeiten und Kreuzen weiter: er läßt sich mit Christus mitopfern. "Ich bin ein Weizenkorn mit Christus. Wer sein Leben liebt, wird es verlieren; wer aber sein Leben in dieser Welt haßt, der wird es b~wahren fÜr das ewige Leben" (Evangelium). Mit jedem Tag rückt die Stunde der ewigen Kommunion näher. Die wir hier als Glieder Christi mit Ihm gelitten, wir werden auch mit Ihm auferstehen und verherrlicht werden. "Wo Ich bin, da soll auch Mein Diener sein" (Evangelium).

"Gedenke Herr des David und all seiner Frömmigkeit" (Introituspsalm). Das große Gebet der heiligen Kirche zum Vater, zu Christus: Gedenke heute des heiligen Bischofs und Martyrers Ignatius und all dessen, was er gebetet, gestritten, geopfert, gelitten. Um dieses Gerechten willen schaue in Gnaden auf uns, Deine heilige Kirche und gib uns heute Verzeihung unserer Untreuen und SÜnden und die Gnade, heldenhaft wie Ignatius der Welt tot zu sein und nichts mehr zu suchen als Christus. "Wenn ich nur Christus gewinne!"

Ge bet.

Allmächtiger Gott, schaue auf unsere Schwachheit, und da unser eigenes Tun schwer auf uns

390 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung. lastet, so schirme uns die glorreiche FÜrsprache Deines heiligen Martyrers und Bischofs Ignatius. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

2. Februar: Mariä Lichtme13.

I. Die heilige Liturgie nimmt uns heute in der Lichterprozessiol1 mit, damit wir Maria auf ihrem Opfergang nach Jerusalem begleiten. Im Tempel erwartet uns Simeon, dem Maria das Kind in die zitternden Arme legt. Wir leben seine Ergriffenheit mit: "Meine Augen haben Dein Heil gesehen, das Du allen Völkern bereitet hast." Wir vernehmen seine Prophezeiung an Maria: "Dieser ist gesetzt zum Falle und zur Auferstehung der Vielen" (d. i. aller Menschen).

2. In dem Lichte, das wir in Händen tragen, erkennen wir mit der heiligen Liturgie das wahre Licht, Christus. Im Symbol des Lichtes tragen wir heute Christus in unsern ehrfÜrchtigen Händen. Wir fühlen uns mit Maria und Simeol1 glückliche Christusträger und bekennen freudig: "Meine Augen haben Dein Heil gesehen." Wir besitzen Christus "voll der Gnade und Wahrheit" (Joh. I, 14). Er ist der Absolute, die FÜlle alles Wahren, Reinen, Heiligen, Beglückenden. Er allein füllt unsern Geist, unser Herz, unser Sehnen aus. Er ist unser Reichtum: Er genÜgt. Wir besitzen Ihn, wir glauben Ihm, wir vertrauen Ihm, wir weihen uns Ihm mit ganzem Herzen. Wir tragen Ihn, das Licht, durch unser Leben, das Licht, das U:1S leuchtet, uns fÜhrt, uns tröstet, uns erfreut. Wir tragen es hinein in unsere Familie, in das Arbeitslokal, in das BÜro, in die öffentlichkeit, auf die Straße, in unser gesamtes Tun und Lassen, in einem selbstbewußten, stolzen, bekenntnisfreudigen, werktätigen Christentum. "Ihr seid das Licht der Welt" (Matth. 5, 14)· Wir tragen das Licht, Christus, in den Händen und sind Bekenner, Apostel, Missionäre Christi, "ein Licht zur Erleuchtung der Heiden".

2. Februar: Mariä Lichtmeß.

39I

Aus der Hand der Kirche nehmen wir die brennende Kerze, das Licht, Christus, entgegen. Die Kirche, und sie allein, hat die Macht, die Kerze zu weihen, zu heiligen, und in der Kerze uns im Symbol Christus in die Arme zu legen, so wie Maria am heutigen Tag ihr Kind Jesus dem Simeon in die Arme legte. Nur Maria kann Christus geben, und in Christus das Licht, die Gnade, das Leben. Maria ist der Liturgie Typus und Repräsentantin der Kirche. Anschaulich stellt uns die Liturgie in der Weihe und übergabe der Kerze die Wahrheit vor Augen: die Kirche und Ilur die Kirche hat die Macht, uns Christus, Seine Wahrheit, Seine Gnade, Seine Sakramente zu schenken. Wollen wir Gnade erhalten, wollen wir Christus besitzen und in Christus das Leben, das Heil, dann haben wir uns an die Kirche zu wenden. Sie, die Kirche, ist ja der Tempel, "Sein Tempel", in welchen "der Herrscher kommt" (Epistel). In diesem Tempel empfangen wir das Erbarmen Gottes, d. i. die menschgewordenc Barmherzigkeit Gottes, Christus, das Heil. So bekennen wir es dankbar im Introitus: "Wir haben, Herr, Deine Barmherzigkeit (Christus, den Erlöser) inmitten Deines Tempels (in der heiligen Kirche) empfangen."

3. Lichtmeß ist Vergangenheit. Es ist zugleich Gegenwart. Wir selber sind kraft der heiligen Taufe und kraft der geheimnisvollen Christusdurchlebtheit Licht im Herrn. "Ehedem waret ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht im Herrn Cd. i. in der Eingliederung in Christus). Wandelt als Kinder des Lichtes", als Christusträger, berufen, Ihn und Seinen Geist auszustrahlen. "Die Frucht des Lichtes zeigt sich in lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist. Laßt euch nicht ein mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis" (Eph. 5, 8 ff.).

Lichtmeß! Wir wallen, das Licht in Händen, mit ~hria zum Tempel. Wir wallen, Christus im Geiste

392 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung. durch den Glauben, Christus im Herzen durch die Liebe, Christus im Werke durch die Hingabe an Sein Gebot, an Seinen heiligen Willen, an Seine Zulassungen und Schickungen, an der Hand Mariens, der Mutter Kirche, zum Tempel des himmlischen J erusalem. Maria, die Kirche, führt uns gut und sicher. Droben wartet unser Christus, das Licht, in seinem Vollglanz. Dort werden wir ewig danken und jubeln: "Meine Augen schauen Dein Heil."

Ge b et.

Herr] esus Christus, Du bist in unserer leiblichen Natur unter den Menschen erschienen und am heutigen Tage von Deinen Eltern im Tempel dargestellt worden; vom Lichte des Heiligen Geistes erleuchtet, hat Dich Slmeon, der ehrwürdige Greis, erkannt, Dich auf seine Arme genommen und gesegnet: verleihe gnädig, daß auch wir, von der Gnade desselben Heiligen Geistes erleuchtet und belehrt, Dich wahrhaft erkennen und treu lieben, der Du m~ Gott dem Vater in der Einheit eben dieses Heiligen Geistes lebst und herrschest, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Zum Geheim1'lis des Festes Mariä LichtmeJi

1. V/ir begleiten Maria, die Gottesmutter, von Bethlehem in den Tempel nach Jerusalem hinauf. Sie trägt in ihren Armen das Kind, um es Gott dem Herrn zu opfern. "Den du, 0 Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast."

2. Je s uso p f e r t. Das Gesetz, das die Mutter verpflichtete, die männliche Erstgeburt im Tempel dem Herrn zu weihen (Luk. 2, 23; Exod. 13, 2), hatte für Jesus keine verpflichtende Kraft. Jesus war ja selbst als Gott der Gesetzgeber; Seine Geburt war zudem eine ganz heilige. Zu alle dem war J esus der Eingeborene des Vaters, brauchte also nicht erst noch Gott geweiht zu werden. Trotzdem lilGt Er sich von der Mutter \.lnd von Joseph in den

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Tempel bringen. Der große Augenblick erfÜllt sich, den der Prophet angekÜndigt hatte: "Seht, Ich sende Meinen Engel (den Vorläufer), daß er Mir den Weg bereite. Und alsbald wird in Seinen Tempel der Herrscher kommen, den ihr sucht (nach dem ihr euch sehnt)" (Epistel). In "Seinen" Tempel. Der Tempel gehört Ihm. Ihm müssen von Rechts wegen dort alle Opfer dargebracht werden. Aber Er kommt als Kind auf elen Armen der Mutter, still, unbeachtet, verborgen. Nichts verrät die Heiligkeit Seiner Seele. Nichts den Glanz Seiner Gottheit. Hier in Seinem Tempel erneuert Jesus jene Weihe an den Vater, die Er im Augenblick Seiner Menschwerdung im Schoße der Mutter vollzogen hatte: "Ich komme, Deinen Willen zu tun, o Gott" (Hebr. 10, 7). Heute macht Er gleichsam das Offertorium jener großen heiligen Messe, die auf Kalvaria zu Ende geführt werden wird. Er gibt sich als ein Opfer der Anbetung, des Dankes, der SÜhne, der Bitte hin: das erste, Gottes wahrhaft wÜrdige Opfer, das der Tempel von Jerusalem geschaut. Jetzt dürfen die bisherigen Opfer von Stieren und Böcken verschwinden: das wahre, Gottes allein wÜrdige Opfer ist heute im Tempel dargebracht worden. ,,0 Gott, wir haben Dein Erbarmen bei uns aufgenommen inmitten Deines Tempels" (Introitus). "Groß ist der Herr und allen Lobes wÜrdig in unseres Gottes Stadt, auf Seinem heiligen Berge" (Introituspsalm) . Ein Vorbild und Beginn dessen, was wir täglich im Opfer der heiligen Messe erleben dürfen.

Maria opfert. Jesu Opfer im Tempel wird durch die Hände Mariens elargebracht. ErfÜllt vom Lichte des Heiligen Geistes weiß Maria, was in diesem Augenblick vor sich geht. Sie erfaßt den Sinn und Wert des Opfers, das sie darbringt. Sie geht ganz in die Gesinnungen ihres sich opfernden Kindes ein und weiht J esus in der gleichen Gesinnung dem Vater, die Er in Seinem Herzen trägt.

Baur. Werde Lichtl L 25 "*

394 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung. Hochherzig, ein ganzes, vorbehaltloses "Fiat" im Herzen und auf den Lippen bringt sie ihr Einziges, ihr Teuerstes und Liebstes zum Opfer. Im Namen und als Vertreterin der ganzen Menschheit, auch in unserm Namen und zu unserm Heil. Ein großer Augenblick im Leben Mariens, im Leben der Menschheit und jedes einzelnen von uns! Da Maria ihr Kind gleichsam als Erstlingsgabe des zukÜnftigen Opfers auf Golgotha Gott darbringt, wirkt sie am Werk unserer Erlösung mit. Staunend sehen wir Maria ihr Liebstes opfern. Und staunend sehen wir sie, wie sie in ihrem Kinde sich selber zum Opfer weiht, in innigster Geistes- und Willensgemeinschaft mit J esus, ein e Opfergabe an den' Vater. Als Opfernde und zugleich Mitgeopferte beginnt sie heute ihren eigentli'chen Opferweg. Simeon weist sie auf ihren Beruf als Mitgeopferte mit Christus hin: "Dieser ist gesetzt zum Zeichen, dem man widersprechen wird. Deine Seele wird das Schwert der Schmerzen durchbohren" (Luk. 2, 25). Maria spricht ihr "Fiat". Sie will ein Opfer sein. Bald kommt der Tag, da sie unter dem Kreuze das Opfer, das sie heute mit Jesus begonnen, vollenden wird: "Mir geschehe nach Deinem Worte."

3· Täglich opfert sich unser Heiland in unserer Mitte in der Feier der heiligen Messe. Lichtmeß ist stete Gegenwart. Er opfert sich durch die Hand Mariens. d. i. der heiligen Kirche. In der Gemeinschaft der heiligen Kirche nehmen auch wir die heilige Opfergabe in unsere Hände, Seinen Leib und Seine hochheilige Seele, Sein Herz, Sein Blut, Seine Gebete, Seine Verdienste und bringen sie als unsere Gabe dem Vater dar: ein Gottes wÜrdiges, hochheiliges Opfer der Anbetung, der Danksagung, der Sühne, der Bitte. Mit unserer Opfergabe, Christus, opfern wir uns selbst: Wir wollen aufrichtig ein Opfer sein, ein Schlachtopfer der heiligen Liebe zu Gott, der Treue gegen Sein Gebot und gegen Seinen heiligen Willen, in der Arbeit, in den Lei-

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den und Opfern des Berufes und des täglichen

Lebens. .

"Wir haben, 0 Gott, Dein Erbarmen (das menschgewordene Erbarmen Gottes, d. i. unsern Heiland) bei uns aufgenommen inmitten Deines Tempels (in der Feier der heiligen Messe). Wir glauben, wir danken. Wir wollen Maria sein, opfernd und uns mitopfernd.

Ge bet.

Allmächtiger, ewiger Gott, wir flehen in Demut zu D'einer Majestät: wie Dein eingeborener Sohn am heutigen Tage in unserer menschlichen Natur im Tempel dargestellt wurde, so laß auch uns mit geläutertem Herzen Dir dargestellt werden. Durch denselben Christus unsern Herrn. Amen.

Zum Geheimnis des Festes Mariä Lichtmefi.

1. Die heilige Kirche gibt uns an Lichtmeß die brennende Kerze in die Hand. Sie beruft uns damit zur Aufgabe, Christusträger zu sein. Christus zu tragen in unserem Geiste, Christus zu tragen in unserem Willen.

2. Wir t rag e n C h r ist u s i nun s e rem Gei s t e, d. i. in unseren Gedanken, Urteilen und Grundsätzen. Wir sind Christen und wissen uns vom Geiste und vom Leben Jesu getragen und erfüllt. Deshalb schauen wir das Leben nicht mehr mit den Augen des irdisch gesinnten, bloß natürlichen Menschen an, sonelern mit den Augen Jesu. Wie Jesus, und aus Seinem Geiste heraus, sehen wir das Große und das Kleine im Weltgeschehen sogut wie im alltäglichen Leben nicht mehr bloß von außen, sondern von innen an, in seiner wesenhaften Bezogenheit zum Willen Gottes, als Offenbarung der Weisheit, Macht und Liebe Gottes. Mit Jesu Augen sehen wir an allem und überall die Hand des wirkenden Vaters. Er kommt uns in allen Dingen und Menschen entgegen. Wir sehen über die äußere Erscheinung, über das Zufällige der Dinge, über die

396 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung. Härten und Kanten des Lebens empor zum ·Vater und Seinem unendlich wohlmeinenden Wirken, Seiner Zulassung und Schickung: Er und Seine Vorsehung wird uns, wie Christo, die allererste Wirklichkeit, der geheime Sinn alles Seins und Geschehens, die eigentliche Wirklichkeit. Mit Jesu Augen sehen wir über das Heute hinaus auf die kommende \Velt und stehen ehrlich und treu zu den Grundsätzen der Bergpredigt: "Selig die Armen im Geiste, die Trauernden, die SanftmÜtigen. dIe hungern und dÜrsten nach der Gerechtigkeit, die reinen Herzens sind, die um der Gerechtigkeit willen Verfolgung leiden: Freut euch und frohlockt, euer Lohn ist groß im Himmel" (Matth. 5, 2 ff.): es gibt eine Ewigkeit und eine Gerechtigkeit. Jeder erhält, wie er es verdient. Wir fragen uns vor allen Entscheidungen, die wir zu treffen haben:

"Was nÜtzt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber an seiner Seel~ Schaden leidet?" (Matth. r6, 26.) Wir leben nach dem Grundsatz: "Eines nur ist notwendig" (Luk. IO, 42). So tragen wir Christus als Licht in unserm Geiste. "Laßt euer Licht leuchten vor den Menschen: denn ihr seid das Licht der Welt" (Matth. 5, 14).

Wir t rag e n C h r ist u s i nun s e rem W i 11 e n, in unserem Herzen, in unserem Tun und Lassen, in unserem Leben. Wir leben Ihm, im Aufblick auf Sein Wort, auf Sein Beispiel, auf Seine lebendige Verbundenheit mit uns, der in uns lebt und wirkt, das Haupt in seinen Gliedern, der Weinstock in seinen Zweigen. "Ich kann alles in Dem, der mich stärkt" (Phi!. 4, I3), der in mir lebt, mich mit Seiner Kraft hält und durchdringt. Wir leben Ihm und tragen in unserm Herzen eine heilige Leidenschaft der glÜhenden, begeisterten Liebe zu Ihm. In der Kraft dieser Liebe bringen wir freudig alle Opfer und überwinden wir die Macht der Eigenliebe. Wir leben Ihm im blinden Vertrauen auf Seine Liebe, auf Seine Nähe, auf Seine FÜhrung,

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Seir.e Gnade, Sein Walten und Wirken in uns und um uns. "Dominus est - Der Herr ist's. Er ist's." Er hilft mir. Wir leben Ihm im Geiste der Loslösung vom Ich, vom Geschöpflichen; im Geiste der Furchtlosigkeit gegenüber der Welt, dem Hohn und Spott der Menschen, der heiligen KÜhnheit fÜr die I nter essen Christi und der Seelen!

3. Wir erneuern in uns an Lichtmeß das Verständnis fÜr unsern heiligen Beruf, Christusträger zu sein und der Welt von heute Christus zu bringen. Der Mensch von heute braucht Christus. Er ringt um Christus. Unser Beruf, unsere Sendung ist es, Apostel Christi zu sein, jeder an seinem Posten. Das sagt uns die Kerze, die wir an Lichtmeß in der Hand tragen. Wir haben so viel zu geben!

Wenn wir nur selber zuvor aufrechte, ganze Christen sind! Aber da fehlt es! Gott sei es geklagt. Unser Christentum ist zumeist ein Christentum der Verängstigung, der Zweifel, der Furcht, der Versklavung an Formeln, an Methoden, Soviel Unfreiheit, Unwahrhaftigkeit gegen uns selbst und gegen die andern, soviel Selbstsucht, Eifersucht, Engheit! Wir sind Christen des Wissens, der Regeln, der Formeln, der übungen, der Berechnungen, der Ängstlichkeit und KI~inkrämerei, Christen des Buchens und Registrierens! Und allzuwenig Christen des glÜhenden Herzens, der großen, packenden, zündenden Idee, der glÜhenden Leidenschaft fÜr Christus, Christen des Radikalismus, Christen im Format des heiligen Paulus: "Der Friede Christi frohlocke in euren Herzen. Das Wort Christi (das Evangelium) wohne reichlich in euch! Preiset Gott dankbaren Herzens mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Gesängen" (KaI. 3, 15). Daß uns dieses dankende, psalIierende, jubelnde Chr istootum so fremd geworden i "-t!

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Gebet.

Emitte lucem tuam et veritatem tuam - Sende mir, Herr, Dein Licht und Deine Wahrheit, daß sie mich zu Deinem heiligen Berge leiten und mich in Dein Zelt führen. Amen.

Zum Geheimnis des Festes Mariä Lichtmefi.

1. "Nun entlässest Du, Herr, Deinen Diener im Frieden. Denll meine Augen haben Dein Heil gesehen." Diese Worte legt die Kirche dem Priester im liturgischen Abendgebet auf die Lippen.

2. Der Tag geh t zu End e. Wir schauen im liturgischen Abendgebet dankbar auf den Morgen, auf den Mittag, auf die stillen Nachmittags- und Abendstunden zurÜck; auf die Stunden des Gebetes~ eier Feier und Mitfeier der heiligen Messe, des Empfanges der heiligen Kommunion; auf die Stunden der Arbeit, der Anstrengung und MÜhen, auf die Entbehrungen, Entsagungen, überwindungen, uie uns der Tag gebracht; auf die vielen Freuden, die wir mit uns, mit andern erleben durften; auf elie Schwierigkeiten, Kreuze, Bitterkeiten, Kämpfe, Leiden. Wir schauen alles im Geiste des heiligen Glaubens, mit den Augen der heiligen Liturgie an und sprechen ein tief empfundenes, dankbares "Meine Augen haben heute Dein Heil gesehen". Alles, was der heutige Tag gebracht, war und ist Gnade, Liebe, Hilfe, Erbarmung meines Gottes und Heilandes. "Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Heil" (Röm. 8, 28), selbst das vielfache Versagen, die unfreiwilligen, halbfreiwilligen Fehler, übertretungen, selbst die Sünden, die wir gleich wieder bereut haben, die wir hassen, vor denen wir uns bewahren wollen: sie sind uns zur Gnade geworden, ein Weg zur Selbsterkenntnis, zur Selbstanklage, zur Selbstverdemütigung, zur Abbitte, zu einer um so treueren Hingabe an Ihn, dem wir leben. "Meine Augen haben heute Dein Heil gesehen."

Uns e r Leb eng e h t sei Tl e m Ab end e n t-

Mariä Lichtmeß: Nunc dimittis.

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ge gen. Angesichts des sichern, nahen Todes halten wir häufig Rückschau. Die Jahre der Kindheit, der Jugend, der Reife und Vollreife ziehen an unserem Auge vorüber. Wir sehen F..lecken, Lücken, Sünden, Fehler, Torheiten, Mängel, so zahlreich wie der Sand des Meeres. Dann erheben wir unsern Blick. In unaussprechlicher Erbarmung und Liebe hat der Herr in das unschöne, schlechte Gewebe unserer Hände das leuchtende, kostbare Gewand des Heils hineingewoben. Unser ganzes Leben, angefangen von der ersten Gnade der heiligen Taufe bis herab zur letzten Gnade ist nichts anderes als ein Werk des Heilswirkens und der Gnade des Herrn. Unsere SÜndhaftigkeit und Schwäche, unsere Untreue und Unwürdigkeit hat Er täglich, stündlich mit göttlicher Geduld und väterlichem Erbarmen beantwortet, ganz wie der Vater in der Parabel vom verlorenen Sohn. Er hat uns Unwürdige an tausend Abgründen, in die wir sicher hinabgestürzt wären, glÜcklich vorbeigeführt und uns vor unzähligen Gefahren und Gelegenheiten bewahrt. Er hat uns die heiligen Sakramente, das Priestertum und die Gemeinschaft der heiligen Kirche geschenkt. Er hat uns die Gebete, Genugtuungen und Opfer so vieler heiliger Seelen im Himmel und auf Erden zu eigen gegeben. Er hat uns auf Schritt und Tritt mit den Gnaden des Beistandes begleitet und uns wunderbar den Weg des Heiles geführt. DankerfÜllten Herzens blicken wir auf unser Leben zurück und "schauen das Heil", das Er in das Gewebe unseres Lebens hineingewirkt hat. "Es ist das Erbarmen Gottes, daß wir nicht zu Grunde gegangen sind" (Klagelieder 3, 22). Unser Gebet ist ein Miser,ere, ein Ruf um Erbarmen und Gnade. Das Mi,serere mündet aber in das frohe Gebet eles greisen Simeon aus:

"Nun entlässest Du, Herr, Deinen Diener in Frieden: denn meine Augen haben Dein Heil gesehen."

3. "Meine Augen haben Dein Heil gesehen." Ja, Herr, lehre uns Dein Heil sehenl Dein erbarmen-

400 Heiligenfeste in der Zeit nach Erscheinung.

des, liebevolles, heiliges und heiligendes Wirken in uns und an uns! Heile uns von der Gewohnheit, fast ausschließlich auf uns allein zu sehen, auf unser Tun und Mühen, auf unsere Übungen und Werke, auf unser Elend und unsere SÜnden und Verkehrtheiten, auf unser Elend und unsere Unwürdigkeit. Heile uns von unserer Art, den Kampf gegen die Sünde zur allerwichtigsten Angelegenheit zu machen und die Vollkommenheit der Tugend als für uns unerreichbar zu erklären. Gib uns Augen, daß wir das Heil sehen, Dich, unsern Erlöser!

Herr, gib uns den Sinn und Geist Deines großen Apostels Paulus. Er hat mehr noch als wir die Unzulänglichkeit des menschlichen Tuns und Schaffens erfahren. Er hat seine eigenen Irrgänge, Torheiten und Verkehrtheiten schwer empfunden. Aber er erhebt sich immer wieder darÜber und richtet den Blick auf Dich, den Erlöser. "Wir verzagen nicht. Mag auch unser äußerer Mensch aufgerieben werden, unser innerer erneuert sich Tag für Tag. Denn ein kurzer Augenblick leichter Bedrängnis bringt uns in überschwenglich reichem Maße eine ewige FÜlle von Herrlichkeit. Nur dÜrfen wir nicht auf das Sichtbare schauen, sondern auf das Unsichtbare. Denn das Sichtbare ist vergänglich, das Unsichtbare ewi,g" (2 Kor. 4, 16-18).

Ge be t.

Herr Jesus Christus, Du wahres Licht, das jeden Menschen erleuchtet, der in diese Welt kommt, laß in Gnaden unser Herz vom unsichtbaren Feuer, dem Lichtglanz des Heiligen Geistes, erhellt und von aller SÜndenblindheit frei werden, damit wir mit reinem Geistesauge zu schauen vermögen, was Dir wohlgefällig und unserem Heile förderlich ist. Dann werden wir aus dem Dunkel und den Gefahren dieser Welt zum unvergänglichen Lichte gelangen dÜrfen durch Dich, unsern Heiland und ErlRser. Amen. (Gebet zur Kerzenweihe.)