Maestro en la fe

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Apostolisches Schreiben
Maestro en la fe

Papst Johannes Paul II.
zum 400. Todestag des hl. Johannes vom Kreuz an den Hochw. P. Felipe Sainz de Baranda, Generaloberer des Ordens der Unbeschuhten Brüder der Allerseligsten Jungfrau Maria vom Berg Karmel
14. Dezember 1990
(Offizieller spanischer Text: AAS 83 [1991] 561-575; Die spanische Fassung auf der Vatikanseite)

(Quelle: Der Apostolische Stuhl 1990, S. S. 1243-1255)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Juan de la Cruz (Johannes vom Kreuz)

Einleitung

1. Als Lehrer im Glauben und Zeuge des lebendigen Gottes ist der hl. Johannes vom Kreuz ganz besonders heute der Kirche gegenwärtig, da seit seinem glorreichen Heimgang zum Vater im Kloster von Ubeda am 14. Dezember 1591 vierhundert Jahre vergangen sind.

Es ist für die ganze Kirche eine Freude, die reichen Früchte der Heiligkeit und der Weisheit wahrzunehmen, die dieser ihr Sohn noch immer mit dem Beispiel seines Lebens und mit seinen lichtvollen Schriften hervorbringt. Tatsächlich wecken seine Gestalt und seine Lehren das Interesse der verschiedensten religiösen und kulturellen Milieus, die in ihnen Antworten auf das tiefste Sehnen des Menschen und des Glaubens finden. Darüber hinaus soll die Feier dieses Jubiläums der weiteren Bekanntmachung und Verbreitung des Kernes seiner Botschaft dienen: dem Leben aus Gott in Glaube, Hoffnung und Liebe.

Diese Botschaft, an alle gerichtet, ist in vorzüglicher Weise Erbe und Auftrag des theresianischen Karmels, der ihn mit Recht als geistlichen Vater und Lehrer betrachtet. Sein Beispiel ist ein Lebensideal; seine Schriften sind ein Reichtum, der mit allen geteilt werden muss, die heute das Antlitz Gottes suchen; seine Lehre ist ein stets aktuelles Wort, insbesondere für seine Heimat Spanien, deren Namen und Literatur er mit seinem Lehramt von weltweiter Bedeutung ehrt.

2. Ich persönlich fühlte mich ganz besonders von der Erfahrung und den Lehren des Heiligen aus Fontiveros angezogen. Seit den ersten Jahren meiner priesterlichen Ausbildung sah ich in ihm einen sicheren Führer auf dem Weg des Glaubens. Dieser Aspekt seiner Lehre erschien mir von lebenswichtiger Bedeutung für alle Christen, insbesondere in einer Epoche wie der unseren, die nach neuen Wegen sucht, jedoch auch Risiken und Versuchungen im Bereich des Glaubens ausgesetzt ist.

Während das geistliche Klima, das von der Feier des 400. Geburtstages des heiligen Karmeliten (1542-1942) hervorgerufen worden war, noch anhielt und Europa nach der dunklen Nacht des Krieges aus der Asche wieder geboren wurde, arbeitete ich in Rom an meiner Dissertation in Theologie über das Thema "Der Glaube nach dem hl. Johannes vom Kreuz".<ref> Ausgabe in spanischer Sprache, Biblioteca de Autores Cristianos, Madrid, 1979. </ref> In dieser Dissertation analysierte und erarbeitete ich den Kern der Aussagen des mystischen Kirchenlehrers: der Glaube ist das einzige, nächstliegende und angebrachte Werkzeug, um mit Gott in Verbindung zu treten. Schon damals war es mir bewusst, dass die Synthese des hl. Johannes vom Kreuz nicht nur eine solide theologische Lehre enthält, sondern vor allem eine Darlegung des christlichen Lebens in seinen grundlegenden Aspekten: Gemeinschaft mit Gott, kontemplative Dimension des Gebets, theologale Kraft der apostolischen Sendung, gespannte Erwartung der christlichen Hoffnung.

Während meines Besuchs in Spanien im November 1982 war es mir eine Freude, angesichts des eindrucksvollen römischen Aquäduktes in Segovia seiner zu gedenken und bei seinem Grab seine Reliquien zu verehren. Ich konnte dort erneut seine erhabene Botschaft des Glaubens verkünden als das Wesentliche seiner Lehre für die ganze Kirche, für Spanien und für den Karmel. Einen lebendigen und starken Glauben, der Gott in seinem Sohn Jesus Christus, in der Kirche, in der Schönheit der Schöpfung, im schweigenden Gebet, im Dunkel der Nacht und im läuternden Ruf des Geistes sucht und findet.<ref> vgl. AAS 75 (1983), S. 293-299. </ref>

3. Wenn wir jetzt das vierte Jahrhundert seines Todes feiern, ist es wiederum angebracht, auf diesen Lehrer zu hören. Dank eines glücklichen Zusammentreffens wird er unser Weggefährte für diesen Abschnitt der Geschichte, in dem das Jahr 2000 heraufdämmert und 25 Jahre seit dem Abschluss des II. Vatikanischen Konzils vergangen sind, das der Erneuerung der Kirche in der Reinheit der Lehre und der Heiligkeit des Lebens neuen Impuls verlieh. "Denn es ist Aufgabe der Kirche - betont das Konzil - Gott den Vater und seinen menschgewordenen Sohn präsent und sozusagen sichtbar zu machen, indem sie sich selbst unter der Führung des Heiligen Geistes unaufhörlich erneuert und läutert. Das wird vor allem erreicht durch das Zeugnis eines lebendigen und gereiften Glaubens, der so weit herangebildet ist, dass er die Schwierigkeiten klar zu durchschauen und sie zu überwinden vermag".<ref>II. Vaticanum, Pastoralkonstitution Gaudium et spes über die Kirche in der modernen Welt, Nr. 21.</ref>

Die Gegenwart Gottes und Christi, die erneuernde Läuterung unter der Führung des Heiligen Geistes, die Erfahrung eines erleuchteten und reifen Glaubens: ist das nicht tatsächlich der Kern der Lehre des hl. Johannes vom Kreuz und seine Botschaft für die Kirche und die Menschen von heute? Die Erneuerung und Neubelebung des Glaubens ist die unerläßliche Voraussetzung für alle großen Aufgaben, die sich heute mit besonderer Dringlichkeit der Kirche stellen: die heilbringende Gegenwart Gottes und Christi mitten im Leben und in der Geschichte erfahren; die menschliche Bedingtheit und die Gotteskindschaft des Menschen neu entdecken, seine Berufung zur Gemeinschaft mit Gott als höchste Begründung seiner Würde;<ref> ebd., Nr. 19. </ref> von der Reevangelisierung der Glaubenden ausgehend eine neue Evangelisierung durchführen, die sich mehr und mehr der Lehre und dem Licht Christi öffnet.

4. Johannes vom Kreuz ist unter vielen Aspekten in der Kirche und der Welt bekannt: als Literat und Dichter spanischer Sprache, als Künstler und Humanist, als mit tiefen mystischen Erfahrungen ausgezeichneter Mensch, als Theologe und geistlicher Exeget, als Meister des geistlichen Lebens und Seelenführer. Er ist ein Meister auf dem Weg des Glaubens, und seine Gestalt und seine Schriften erleuchten alle, die die Erfahrung Gottes auf dem Weg der Kontemplation und des selbstlosen Dienstes an den Mitmenschen suchen. In seinen erhabenen poetischen Schriften und seinen doktrinären Abhandlungen - "Aufstieg zum Berg Karmel", "Dunkle Nacht" der Seele, "Geistlicher Gesang", "Lebendige Liebesflamme" - sowie in seinen kurzen und kernigen Schriften "Sinnsprüche des Lichtes und der Liebe", "Mitteilungen und Briefe" - hat uns der Heilige eine großangelegte Synthese der Spiritualität und der christlichen Mystik hinterlassen. Es ist mir jedoch daran gelegen, inmitten dieses Reichtums an Themen und Inhalten die Aufmerksamkeit auf seine zentrale Botschaft zu lenken: auf den lebendigen Glauben als Führer des Christen, einziges Licht in der dunklen Nacht der Prüfungen und eindringlicher, vom Geist beseelter Ruf.

Der Glaube ruft, wie der Heilige sehr gut mit seinem Leben beweist, zu Anbetung und Lob auf und bereichert die gesamte Existenz mit menschlichem Realismus und dem Wohlgeschmack der Transzendenz. Ich möchte also, mit dem Licht des "Heiligen Geistes, des Lehrmeisters"<ref> Aufstieg zum Berg Karmel, 11. 29,1. </ref> und im Einklang mit dem weisen Stil des Johannes vom Kreuz einige Aspekte seiner Lehre über den Glauben kommentieren und seine Botschaft den Männern und Frauen mitteilen, die heute, in diesem Augenblick der Geschichte mit seinen Herausforderungen und Hoffnungen leben.

I. Der Meister des Glaubens

Der historische Kontext

5. Die historischen Bedingungen, in denen zu leben ihm bestimmt war, boten Bruder Johannes vom Kreuz zahlreiche Möglichkeiten und Anlässe für eine volle Entwicklung seines Glaubens. Während seines Lebens (1542-1591) öffneten sich Spanien, Europa und Amerika für eine intensive und kreative Religiosität; es war die Zeit ausgedehnter Missionstätigkeit und der Reformation, aber auch eine Zeit der Herausforderungen, des Bruches der kirchlichen Einheit, eine Zeit der inneren und äußeren Konflikte. Die Kirche musste in jenem Augenblick große und dringende Aufgaben in Angriff nehmen: ein großes Reformkonzil, das von Trient, das auch die Lehre neu überdachte; ein neuer Kontinent, Amerika, war zu evangelisieren; in der alten Welt, in Europa, mussten die christlichen Wurzeln neue Kraft empfangen.

Das Leben Johannes' vom Kreuz spielte sich in diesem ereignis- und erfahrungsreichen historischen Kontext ab. Er verbrachte Kindheit und Jugend in äußerster Armut und ermöglichte sich seinen Weg dank der Arbeit seiner Hände in Fontiveros, Arevalo und Medina del Campo. Er folgte der Berufung in den Karmel und empfing seine höhere Bildung an der Universität Salamanca. Nach der von der Vorsehung gewollten Begegnung mit der hl. Teresia von Jesus schloß er sich den Reformbestrebungen des Karmelitenordens an und begann die neue Lebensform im ersten Kloster von Duruela. Als erster Unbeschuhter Karmelit teilte er die Schwierigkeiten der neuen Ordensfamilie, sei es als ihr Meister und Pädagoge, sei es als Beichtvater im Kloster der Menschwerdung zu Avila. Der Kerker von Toledo, die Einsamkeit von EI Calvario und La Penuela in Andalusien, sein Apostolat in den Klöstern und seine Aufgabe als Superior formten seine Persönlichkeit, die sich in der Lyrik seiner Gedichte und in den Kommentaren seiner Schriften, im einfachen Klosterleben und in seinem Wanderapostolat widerspiegelt. Alcala de Henares, Baeza, Granada, Segovia und Ubeda sind Namen, die an eine Fülle inneren Lebens, priesterlichen Dienstes und geistlicher Führung erinnern. Mit dieser reichen Lebenserfahrung nahm er angesichts der kirchlichen Lage seiner Zeit eine offene Haltung ein. Er kannte deren Ereignisse und spielte in seinen Schriften auf die Häresien und Abweichungen an.

6. Als Antwort auf die schwerwiegenden Nöte seiner Zeit entschloss sich Johannes von Yepes für eine beschauliche Berufung. Mit dieser Geste verweigerte er keineswegs die Annahme seiner menschlichen und christlichen Verantwortungen, ganz im Gegenteil, mit diesem Schritt entschloß er sich im Gewissen, den innersten Kern des Glaubens zu leben: das Antlitz Gottes zu suchen, auf sein Wort zu hören und es zu erfüllen und sich im Dienst des Nächsten einzusetzen.

Er zeigt uns, wie das beschauliche Leben eine Form der vollen Selbstverwirklichung des Christen ist. Der Kontemplative beschränkt sich nicht nur auf lange Gebetszeiten. Die Gefährten und Biographen des heiligen Karmeliten legen uns von ihm ein dynamisches Bild vor: in seiner Jugend erlernte er die Krankenpflege und das Maurerhandwerk, die Gartenarbeit und die Pflege der Kirchen. Als Erwachsener war er für Leistungs- und Bildungsaufgaben verantwortlich, wobei er sich stets aufmerksam erwies für die geistlichen und materiellen Bedürfnisse seiner Mitbrüder. Er legte lange Wege zu Fuß zurück, um seinen Schwestern, den Unbeschuhten Karmelitinnen, geistlich beistehen zu können, und war vom Wert ihres beschaulichen Lebens für die Kirche überzeugt. Alles in ihm läßt sich in einer tiefen Überzeugung zusammenfassen: Gott allein und sonst niemand verleiht allem Tun Wert und Geschmack, "denn dort, wo man Gott nicht kennt, kennt man nichts".<ref> Geisticher Gesang, B, 26,13. </ref>

Den größten Dienst leistete er der Kirche mit seinem Leben und seinen Schriften, deren Grundlage seine spezifische Berufung als beschaulicher Karmelit bildete. So lebte Bruder Johannes in Gesellschaft seiner Brüder und Schwestern im Karmel: in Gebet und Schweigen, im Dienst für die anderen, in Nüchternheit und Verzicht. All diese Haltungen waren von Glauben, Hoffnung und Liebe durchdrungen. Gemeinsam mit der hl. Teresia von Jesus verwirklichte und verbreitete er das karmelitanische Charisma in seiner ganzen Fülle. Die beiden Heiligen sind noch immer in der Kirche hervorragende Zeugen des lebendigen Gottes.

Die Aufgabe, Glaubende heranzubilden

7. Der Glaube fördert die Gemeinschaft und den Dialog mit den Brüdern, damit ihnen geholfen werde, Wege zu beschreiten, die zu Gott führen. Bruder Johannes war ein echter Bildner der Glaubenden. Er verstand es, die Menschen zum vertrauten Umgang mit Gott anzuleiten, indem er sie lehrte, seine Gegenwart und Liebe in günstigen und ungünstigen Situationen, in den Augenblicken des Eifers und den Zeiten scheinbarer Verlassenheit wahrzunehmen. Große Gesichter näherten sich ihm, so z. B. Teresia von Jesus, deren Führer er auf den letzten Etappen ihrer mystischen Erfahrung war. Menschen von bedeutender Spiritualität kamen ebenso wie Vertreter des Volksglaubens und der Volksfrömmigkeit zu ihm, wie etwa Anna de Penalosa, der er den "Ruf der lebendigen Liebe" widmete. Gott hatte ihm die Gaben geschenkt, deren ein Seelenführer und Bildner von Glaubenden bedarf.

Johannes vom Kreuz verstand es, zu seiner Zeit eine echte Pädagogik des Glaubens zu verwirklichen, die diesen vor so manchen Gefahren bewahrte: einerseits vor der Gefahr, jenen übertriebenen Glauben zu schenken, die sich urteilslos mehr auf Privatoffenbarungen oder subjektive Erfahrungen verließen als auf Evangelium und Kirche, und andererseits vor dem Unglauben als einer Haltung radikaler Herzenshärte, die es unmöglich macht, sich dem Mysterium aufzuschließen. Der mystische Kirchenlehrer trägt mit der Überwindung dieser Strömungen, mit seinem Beispiel und seiner Lehre zur Stärkung des christlichen Glaubens dank jener grundlegenden Qualitäten bei, von denen auch das II. Vatikanische Konzil spricht: dank eines persönlichen, freien und überzeugten Glaubens, der das ganze Sein umgreift; dank eines kirchlichen Glaubens, der in Gemeinschaft mit der Kirche bekannt und gelebt wird; dank eines betenden und anbetenden Glaubens, durch die Erfahrung der Begegnung mit Gott gereift; dank eines solidarischen und engagierten Glaubens, der in der ethischen Überzeugungstreue des Lebens und in der Dienstbereitschaft seinen Ausdruck findet.

Das ist der Glaube, dessen wir bedürfen und den uns der Heilige aus Fontiveros mit seinem persönlichen Zeugnis und seiner allzeit aktuellen Lehre darbietet.

II. Der Zeuge des lebendigen Gottes

Tiefe und Realismus seines persönlichen Glaubens

8. Johannes vom Kreuz ist ein Gottliebender. Er ging mit Gott vertraulich um und sprach unablässig von ihm. Er trug ihn im Herzen und auf den Lippen, da er sein wahrer Schatz, seine ganz und gar wirkliche Welt war. Er war nicht in erster Linie Verkünder und Sänger der Geheimnisse Gottes, sondern ihr Zeuge. Deshalb sprach er von Gott mit ungewöhnlicher Leidenschaft und Überzeugungskraft: "Die ihm zuhörten, stellten fest, dass er von Gott und den Geheimnissen unseres Glaubens so sprach, als sähe er sie mit seinen Augen".<ref> Selig- und Heiligsprechungsprozess, Erklärung von Bruder Alonso von der Mutter Gottes, in Biblioteca Mistica Carmelitana, XIV, Burgos, 1931, S. 370. </ref> Dank der Gabe des Glaubens wird sein geheimnisvoller Inhalt für den Glaubenden zu einer lebendigen und wirklichen Welt. Der Zeuge verkündet, was er gesehen und gehört, was er nach dem Beispiel der Propheten und der Apostel betrachtet hat (vgl. 1 Joh 1,1-2).

Wie diese besaß der Heilige die Gabe der wirksamen und eindrucksvollen Sprache, nicht nur dank seiner Fähigkeit, seine Erfahrung in Symbolen und Gedichten zum Ausdruck zu bringen, die von lyrischer Schönheit erfüllt sind, sondern auch dank der hervorragenden Weisheit seiner "Sinnsprüche des Lichtes und der Liebe" und seiner Neigung, "an das Herz Worte der Süßigkeit und der Liebe zu richten", Worte "des Lichts für den Weg und der Liebe für sein Beschreiten".<ref> Sinnsprüche des Lichtes und der Liebe, Vorwort. </ref>

Christus, Fülle der Offenbarung

9. Die Lebendigkeit und der Realismus des Glaubens des mystischen Kirchenlehrers gründen auf seiner Bezugnahme auf die innersten Geheimnisse des Christentums. Ein Zeitgenosse des Heiligen stellt fest: "Unter diesen Geheimnissen hegte er meines Wissens große Liebe zum Geheimnis der Heiligsten Dreifaltigkeit und auch zu dem des menschgewordenen Sohnes Gottes.<ref> Selig- und Heiligsprechungsprozess, Erklärung von Maria vom Kreuz, in Biblioteca Mistica Carmelitana, XIV, Burgos, 1931, S. 121. </ref> Die bevorzugte Quelle seiner Betrachtungen war die Heilige Schrift, wie er oft bezeugte, insbesondere das 17. Kapitel des Johannesevangeliums, dessen Worte in ihm widerhallten: "Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast" (Joh 17,3).

Als Theologe und Mystiker machte er das trinitarische Geheimnis und die Geheimnisse des menschgewordenen Wortes zum Angelpunkt des geistlichen Lebens und seiner klangvollen Poesie. Er nahm Gott in den Werken der Schöpfung und in den Ereignissen der Geschichte wahr, weil er ihn suchte und im Glauben in der Tiefe seines Seins wahrnahm: "Das Wort, der Sohn Gottes, ist gemeinsam mit dem Vater und dem Heiligen Geist wesenhaft im tiefsten Sein der Seele gegenwärtig und verborgen ... Erfreue dich in deiner inneren Sammlung dieser Gegenwart, weil er dir so nahe ist. Dort verlangst du nach ihm, dort betest du ihn an".<ref> Geistlicher Gesang, B, 1,6 und 8. </ref>

Dynamik des theologischen Lebens

10. Wie gelingt es dem spanischen Mystiker, im christlichen Glauben all diesen lebensvollen Inhalt wahrzunehmen? Indem er einfach dem im Evangelium geoffenbarten Glauben gestattet, all seine Fähigkeiten der Bekehrung, der Liebe, des Vertrauens und der Hingabe zu entfalten. Das Geheimnis seines Reichtums und seiner Wirkkraft ist der Glaube als Quelle des theologalen Lebens: "Diese drei göttlichen Tugenden strömen zu einer Einheit zusammen".<ref> Aufstieg zum Berg Karmel, 11, 24,8. </ref> Einer der wertvollsten Beiträge, mit denen Johannes vom Kreuz die christlichen Spiritualität bereichert hat, ist die Lehre über die Entfaltung des theologalen Lebens. Bei seiner schriftlichen und mündlichen Lehrtätigkeit konzentriert er seine Aufmerksamkeit auf die Trilogie Glaube-Hoffnung-Liebe, welche die Eigenart der christlichen Existenz ausmacht. In allen Phasen des geistlichen Lebens sind die göttlichen Tugenden der Angelpunkt der Beziehung Gottes zum Menschen und der Antwort, die der Mensch Gott gibt.

Der Glaube ruft, gemeinsam mit Hoffnung und Liebe, diese tiefe und beglückende Kenntnis hervor, die wir als Erfahrung oder Erahnen Gottes, Glaubenslebens und christliche Konternplation bezeichnen. Es handelt sich dabei um etwas, das weit über die theologische oder philosophische Reflexion hinausgeht. Durch den Heiligen Geist empfangen es viele einfache, an Gott hingegebene Seelen. In seiner Widmung des Geistlichen Gesangs an Anna von Jesus bemerkt der Autor: "Obwohl euer Ehrwürden nicht in der scholastischen Theologie geübt sind, mit der man die göttlichen Wahrheiten erfaßt, fehlt es euch nicht an mystischen Erfahrungen, welche Kenntnisse durch Liebe vermitteln und diese auch schmackhaft machen".<ref> Geistlicher Gesang, B, Vorwort, 3. </ref> Christus als der Geliebte, ja noch mehr als der, der zuerst geliebt hat, offenbart diese Kenntnisse, heißt es im Gedicht EI Pastorcico (Der kleine Hirte).

III. Die Wege des Glaubenslebens

Glaube und christliches Leben

11. "Der aus dem Glauben Gerechte wird leben" (Röm 1,17; vgl. Hab 2,4). Er wird Leben aus der Treue Gottes zu seinen Gaben und Verheißungen und aus der vertrauensvollen Hingabe an den Dienst Gottes. Der Glaube ist der Urgrund und die Fülle des Lebens. Deshalb wird der Christ als "Gläubiger", als "Christusgläubiger" ("Christifidelis") bezeichnet. Der Gott der Offenbarung durchdringt seine gesamte Existenz. Das ganze Leben der Gläubigen richtet sich letzten Endes nach Grundsätzen des Glaubens, wie der mystische Lehrer feststellt: "Es ist angezeigt, für all das ein Fundament festzulegen, das wie ein Stab sein wird, an dem wir uns allzeit festhalten; wir müssen gut darin bewandert sein, ist es doch das Licht, von dem wir uns führen lassen müssen, um diese Lehre zu verstehen und alle Güter zum Wohlgefallen Gottes zu gebrauchen. Auch soll der Wille sich an nichts anderem erfreuen als an dem, was Gott zu Ruhm und Ehre gereicht. Und wir erweisen ihm die größte Ehre, wenn wir ihm dienen in der Vollkommenheit, die dem Evangelium entspricht und außerhalb derer es nichts gibt, was wertvoll und für den Menschen von Nutzen wäre".<ref> Aufstieg zum Berg Karmel, 111, 17,2. </ref>

Einen der Aspekte, auf denen der Heilige bei der Erziehung zum Glauben besteht, möchte ich heute besonders hervorheben, da er für das Leben der Christen von besonderer Bedeutung ist: die Beziehung zwischen natürlicher Vernunft und Glauben und das Leben aus dem Glauben durch das innere Gebet.

12. Es mag überraschen, dass der Lehrer des Glaubens und der dunklen Nacht mit solchem Nachdruck den Wert der menschlichen Vernunft lobt. Vor ihm stammt der berühmte Ausspruch: "Ein einziger Gedanke des Menschen ist mehr wert als die ganze Welt und deshalb ist nur Gott seiner würdig".<ref> Sinnsprüche des Lichtes und der Liebe, 34. </ref> Die Tatsache, dass der vernunftbegabte Mensch die übrige irdische Wirklichkeit überragt, darf für ihn nicht zur Versuchung werden, eine irdische Herrschaft anzustreben, sondern muss ihn zu dem Ziel hinführen, das ihm besonders eigen ist: zur Vereinigung mit Gott. Demnach darf die natürliche Vernunft im Bereich des Glaubens nicht verachtet und darf kein Gegensatz zwischen menschlicher Vernunft und göttlicher Botschaft geschaffen werden. Ganz im Gegenteil: sie wirken in enger Zusammenarbeit: "Es gibt die natürliche Vernunft und das Gesetz und die Lehre des Evangeliums, wonach man sich völlig ausreichend richten kann".<ref> Aufstieg zum Berg Karmel, II, 21,4. </ref> Der Glaube inkarniert und verwirklicht sich im Menschen mit seinen Licht- und Schattenseiten; der Theologe und der Glaubende können nicht auf ihre Vernunft verzichten, sondern müssen diese vielmehr den Horizonten des Geheimnisses auftun".<ref> vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion über kirchliche Berufung des Theologen (24.5. 1990), Nr. 6. </ref>

13. Das Leben nach dem Glauben aufgrund des inneren Gebetes ist ein weiterer Aspekt, den der hl. Johannes vom Kreuz in seinen Schriften besonders betont. Was ihn betrifft, so ist die kulturelle und theologische Bildung der Gläubigen ein ständiges Anliegen der Kirche, sollen sie doch befähigt werden, ihr Innenleben zu vertiefen und ihren Glauben mit Hilfe der Vernunft zu untermauern. Diese intellektuelle Förderung muss jedoch über die Entwicklung der kontemplativen Dimension des christlichen Glaubens führen, die Frucht der Begegnung mit dem Geheimnis Gottes ist. Gerade auf diesen Punkt sind die eigentlichen pastoralen Anliegen des spanischen Mystikers ausgerichtet.

Johannes vom Kreuz hat Generationen von Gläubigen zum betrachtenden Gebet als der "liebevollen Wahrnehmung" Gottes und der von ihm geoffenbarten Geheimnisse erzogen. Die Seiten, die er dieser Art von Gebet widmete, sind wohlbekannt.<ref> vgl. Aufstieg zum Berg Karmel, 11,13-14; vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über einige Aspekte der christlichen Meditation (15. 10. 1989), Nr. 19. </ref> Er lädt ein, mit den Augen des Glaubens und in kontemplativer Liebe die Liturgie zu feiern, die Anbetung der Eucharistie - der ewigen, im lebendigen Brot verborgenen Quelle - zu pflegen, sowie die Betrachtung der Dreifaltigkeit und der Geheimnisse Christi, das liebevollen Hören auf das göttliche Wort, die Gottverbundenheit im Gebet vor Heiligenbildern, das Staunen über die Schönheit der Schöpfung mit ihren "von der Hand des Geliebten gepflanzten Wäldern und Dickichten".<ref> Geistlicher Gesang, B, 4. </ref> So erzieht er die Seele zu einer einfachen Form der inneren Vereinigung mit Christus: "Wie Gott dann in liebevoller Einfachheit mit ihr umgeht, so verkehrt auch die Seele mit ihm auf eine Weise, die ihr die schlichte und liebevolle Wahrnehmung gestattet, so dass Wahrnehmung mit Wahrnehmung und Liebe mit Liebe zusammentrifft".<ref> Lebendige Liebesflamme, 3,34. </ref>

Die dunkle Nacht des Glaubens und das Schweigen Gottes

14. Der mystische Lehrer lenkt heute die Aufmerksamkeit vieler Glaubenden und Nichtglaubenden auf sich aufgrund der Beschreibung, die er von der dunklen Nacht als einer typisch menschlichen und christlichen Erfahrung gibt. Unsere Epoche kennt dramatische Augenblicke, in denen das Schweigen oder die Abwesenheit Gottes, die Erfahrung von Not und Leid - wie die Kriege oder selbst der Holocaust so vieler unschuldiger Menschen - diesen Ausdruck verständlicher gemacht und ihm darüber hinaus den Wert einer gemeinsamen Erfahrung gegeben haben, die sich auf die Wirklichkeit des Lebens selbst und nicht nur auf eine Phase des geistlichen Weges bezieht. Auf die Lehre des Heiligen beruft man sich heute angesichts des unerforschlichen Geheimnisses des menschlichen Leidens.

Ich beziehe mich auf diese spezifische Welt des Leidens, von der ich im Apostolischen Schreiben Salvifici doloris gesprochen habe. Körperliche, moralische und seelische Leiden wie Krankheit, die Geißel des Hungers, Krieg, Ungerechtigkeit, Einsamkeit, der Sinnverlust des Lebens, die Gebrechlichkeit des menschlichen Daseins, die schmerzvolle Erfahrung der Sünde, die scheinbare Abwesenheit Gottes: all das sind für den Glaubenden läuternde Erfahrungen, die man als Nacht des Glaubens bezeichnen kann.

Dieser Erfahrung hat Johannes vom Kreuz den symbolischen und anschaulichen Namen "dunkle Nacht" gegeben, wobei er ausdrücklich auf das Licht und die Finsternis im Geheimnis des Glaubens Bezug nimmt. Ohne dass er den Anspruch erhebt, für das beängstigende Problem des Leides eine spekulative Erklärung zu geben, entdeckt und erahnt er irgend wie die wunderbare Umgestaltung, die Gott im Dunkel wirkt, denn "er versteht es in seiner Weisheit und Schönheit, aus dem Übel Gutes hervorzuholen".<ref> Geissticher Gesang, B, 23,5. </ref> Es handelt sich also letzten Endes darum, das Geheimnis des Todes und der Auferstehung Christi in seiner ganzen Wahrheit zu leben.

15. Das Schweigen oder die Abwesenheit Gottes - als Anklage oder als einfache Klage - ist ein Gefühl, das sich fast spontan einstellt, wenn man die Erfahrung von Leid und Ungerechtigkeit macht. Die gleichen Menschen, die in Gott nicht die Ursache der Freuden sehen, machen ihn oft für den menschlichen Schmerz verantwortlich. Auf andere, aber oft tiefere Weise erlebt der Christ das Drama der Gottverlassenheit oder der Gottesferne; er kann sich dann in die Finsternis des Abgrundes versetzt fühlen.

Der Lehrer der "dunklen Nacht" entdeckt in dieser Erfahrung die liebevolle Pädagogik Gottes, der manchmal schweigt und sich verbirgt, weil er bereits gesprochen und sich mit genügender Klarheit kundgetan hat. Auch dank der Erfahrung seiner Feme kann er dem Glaube, Hoffnung und Liebe mitteilen, der sich ihn in Demut und Sanftmut nähert. So schreibt der Heilige: "Dieser nackte Glaube leitete die Seele während des Aufstiegs in der dunklen Nacht, als ich, ... im Dunkel und in Bedrängnis wandernd, ... mit Ausdauer die Leiden ertrug und unermüdlich in die Qualen ausharrte, ohne die Kraft zu verlieren und gegen den Geliebten zu verstoßen, der in den Qualen und Nöten den Glauben seiner Braut auf die Probe stellt, damit diese dann in Wahrheit die Worte Davids wiederholen kann: ,Ich halte mich an das Wort deiner Lippen ... meine Füße wanken nicht auf deinen Pfaden' (Ps 17 ,4_5).<ref> Die dunkle Nacht, 11, 21,5. </ref>

Die Pädagogik Gottes wirkt in diesem Fall als Ausdruck seiner Liebe und seines Erbarmens. Manchmal flößt er dem Menschen das Gefühl der Dankbarkeit ein, indem er sich für ihn zum frei angenommenen Geschenk macht. In anderen Augenblicken läßt er ihn die ganze Schwere der Sünde fühlen, die eine Beleidigung Gottes und für den Menschen Tod und Leere sind. Auch erzieht er ihn zur Wahrnehmung seiner Gegenwart oder Abwesenheit: der Mensch darf sich nur nicht von Gefühlen des Wohlgefallens oder des Missfallens leiten lassen, sondern ausschließlich von Glaube und Liebe. Gott ist immer der liebende Vater, in den Stunden der Freude ebenso wie in den Augenblicken des Schmerzes.

Die Betrachtung des gekreuzigten Christus

16. Nur Jesus Christus, das ewige Wort des Vaters, kann den Menschen das Geheimnis des Schmerzes offenbaren und mit dem Abglanz seines glorreichen Kreuzes die dunkelsten Nächte des Christen erhellen. Johannes vom Kreuz sagt uns, seinen Aussagen über Christus entsprechend, dass Gott über die Offenbarung seines Sohnes hinaus "stumm geblieben ist und nichts mehr zu sagen hat";<ref> Aufstieg zum Berg Karmel, 11, 22,4. </ref> das Schweigen Gottes hat sein beredtestes Wort in der Offenbarung der Liebe im gekreuzigten Christus.

Der Heilige von Fontiveros lädt uns ein, das Geheimnis des Kreuzes Christi zu betrachten, wie er es, seiner Gewohnheit entsprechend, in seinem Gedicht Der kleine Hirte tut, oder in der berühmten Zeichnung des Gekreuzigten, die als "Christus des Johannes vom Kreuz" bekannt ist. Eine der erhabensten Seiten der christlichen Literatur ist sicher die, die er über das Geheimnis der Verlassenheit Christi am Kreuz schrieb.<ref> vgl. ebd., 11, 7,5-11. </ref> Christus machte die Erfahrung des Schmerzes in ihrer ganzen Härte und bis zum Kreuzestod. In seinen letzten Augenblicken erfuhr er gleichzeitig den ärgsten körperlichen, psychischen und geistigen Schmerz: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mt 27,46). Dieses entsetzliche Leid, von Haß und Lüge hervorgerufen, hat größten erlösenden Wert. Es zielte "auf die Gutmachung des Zweifels und die Vereinigung des Menschen mit Gott"<ref> ebd. </ref> ab. Mit seiner liebevollen Hingabe an den Vater im Augenblick der höchsten Verlassenheit und der größten Liebe "vollbrachte er das erhabenste Werk seines ganzen Lebens, das größte aller Werke und Wunder, das jemals auf Erden und im Himmel vollbracht worden war: die Versöhnung und Vereinigung des Menschengeschlechtes mit Gott dank seiner Gnade".<ref> ebd. </ref> Das Geheimnis des Kreuzes ChriSli offenbart somit den Ernst der Sünde und die grenzenlose Liebe des Erlösers der Menschen.

Im Glaubensleben ist das Geheimnis des Kreuzes Christi normaler Bezugspunkt und christliche Lebensregel: "Wenn man irgendeiner Lustlosigkeit gewahr wird, soll man des gekreuzigten Christus gedenken - das genügt. Man soll in Glauben und Hoffnung leben, seien sie auch vom Dunkel umfangen, denn in diesem Dunkel gewährt Gott der Seele seinen Schutz".<ref> Brief Nr. 20. </ref> Der Glaube wird zu einem Ruf der Nächstenliebe, der stärker als der Tod und Same und Frucht der Auferstehung ist: "Du sollst nichts anderes denken - schreibt der Heilige in einem Augenblick der Prüfung - als dass alles von Gott so geordnet ist, und sollst dort, wo es an Liebe mangelt, Liebe verbreiten; dann wirst du auch Liebe ernten".<ref> Brief Nr. 26. </ref> Denn letzten Endes "wird man dich nach der Liebe beurteilen".<ref> Sinnsprüche des Lichtes und der Liebe, 59. </ref>

IV. Eine an alle gerichtete Botschaft

Ein Führer für jene, die Gott suchen

17. Es ist eine Freude, feststellen zu können, dass anläßlich des vierhundertsten Todestages des hl. Johannes vom Kreuz zahlreiche Menschen sich unter den verschiedensten Gesichtspunkten mit seinen Schriften befassen: Mystiker und Dichter, Philosophen und Psychologen, Vertreter anderer Religionen, Gebildete und einfache Leute.

Manche nähern sich ihm, weil sie sich von den menschlichen Werten angezogen fühlen, die er vertritt, z. B. von der Schönheit der Sprache, der Philosophie und der Psychologie. Zu allen spricht er von der Wahrheit Gottes und von der transzendenten Berufung des Menschen. Deshalb nehmen viele, die seine Schriften nur wegen der Tiefe seiner Erfahrung oder der Schönheit seiner Poesie lesen, bewusst oder unbewusst seine Lehren in sich auf. Andererseits sind Mystiker wie unser Heiliger große Zeugen der Wahrheit Gottes und Meister, durch die das Evangelium Christi und die katholische Kirche manchmal unter den Anhängern anderer Religionen Aufnahme finden.

Er ist jedoch auch Führer jener, die in der heiligen Kirche eine innigere Vereinigung mit Gott suchen. Was er lehrt, ist reich an Lehre und Leben. Sowohl die Theologen, "dazu berufen, ihr Glaubensleben zu intensivieren und die wissenschaftliche Forschung immer mit dem Gebet zu verbinden"<ref> Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion über die kirchliche Berufung des Theologen (24. 5. 1990), Nr. 8. </ref> als auch die Seelenführer, denen er Seiten großen geistlichen Weitblicks gewidmet hat, können viel daraus lernen.<ref> Lebendige Liebesflamme, 3,30 und ff. </ref>

Eine aktuelle Botschaft für seine spanische Heimat

18. Es ist mir eine Freude, mich bei dieser besonderen Gelegenheit an die Kirche in Spanien wenden zu können, die den vierhundertsten Todestag des Heiligen als kirchliches Ereignis feiert, damit er auf die einzelnen, die Familien und die Gesellschaft ausstrahlte.

Zur Zeit des hl. Johannes vom Kreuz war Spanien ein Brennpunkt des katholischen Glaubens und der Missionstätigkeit. Von diesem Milieu angeregt und unterstützt, verstand es der Heilige aus Fontiveros, eine harmonische Synthese von Glaube und Kultur, Erfahrung und Lehre auszuarbeiten, die sich der solidesten Werte der theologischen und spirituellen Tradition seiner Heimat und der Schönheit ihrer Sprache und Poesie bediente. Die Völker Spaniens haben in ihm einen ihrer bestbekannten Vertreter.

Die spanische Kirche steht heute schweren und unveräußerlichen Aufgaben in den Bereichen des Glaubens und des öffentlichen Lebens gegenüber wie ihre Bischöfe in einigen der neuesten Dokumente betonten. Ihre Bemühungen müssen darüber hinaus der Erneuerung des christlichen Lebens gelten, damit der überzeugte und frei gelebte katholische Glaube auf persönlicher und gemeinschaftlicher Ebene in einem öffentlichen Bekenntnis, in überzeugungstreueren Leben und im Zeugnis der Dienstbereitschaft zum Ausdruck komme. In einer pluralistischen Gesellschaft wie es die heutige ist, erfordert die persönliche Glaubensbereitschaft von den Christen eine neue Haltung der Überzeugungstreue dank der Taufgnade und ein bewußtes und liebevolles Ja zur Kirche, um dem Risiko der Anonymität und der Versuchung des Unglaubens entgegentreten zu können.

Die Kirche in Spanien ist auch zu einem Dienst an der Gesellschaft berufen, indem sie eine entsprechende Harmonie zwischen der christlichen Botschaft und den kulturellen Werten schafft. Es muss zu einem aufgeschlossenen und lebendigen Glauben kommen, der den verschiedenen Gebieten des öffentlichen Lebens die Lymphe des Evangeliums einflößt. Diese Synthese muss auch Aufgabe der engagierten christlichen Laien in den verschiedenen Bereichen der Kultur sein. Für eine solche tiefe, innere gemeinschaftliche und kulturelle Erneuerung bietet der hl. Johannes vom Kreuz das Beispiel seines Lebens und den Reichtum seiner Schriften an.

An die Söhne und Töchter des Karmels

19. Das wachsende Interesse, das der hl. Johannes vom Kreuz unter unseren Zeitgenossen hervorruft, ist vor allem für sie Söhne und Töchter des theresianischen Karmels, deren Vater, Lehrer und Führer er ist, Gegenstand berechtigter Zufriedenheit. Gleichzeitig ist dieses Interesse ein Zeichen dafür, dass das euch von Gott in der Kirche anvertraute Charisma des Lebens und des Dienstes weiterhin kraft- und wertvoll sein muss.

Dieses Charisma ist jedoch nicht ein materieller Besitz oder ein für immer gewährleistetes Erbe; es ist vielmehr eine Gnade des Heiligen Geistes, die von euch Treue und Kreativität erfordert, in Gemeinschaft mit der Kirche und immer ihren Notwendigkeiten zugewandt. Euch alle, die ihre Söhne und Brüder, Jünger und Nachfolger der hl. Teresia von Jesus und des hl. Johannes vom Kreuz seid, erinnere ich daran, dass eure Berufung nicht in erster Linie Ruhm, sondern vielmehr eine schwere Verantwortung mit sich bringt. Der Eifer und die Sorgfalt, die ihr für die Veröffentlichung der Schriften und die Verbreitung der Botschaft eures Vaters, des Kirchenlehrers, aufwendet, sind sicher ein wertvoller Dienst an der Kirche. Das gleiche gilt für die Bemühungen, die auf ein besseres Verständnis seiner Lehre mit Hilfe entsprechender Studien und der für die Einführung in seine Werke und deren konkrete Anwendung erforderlichen Mittel abzielen. Doch muss die Antwort des theresianischen Karmels zweifellos noch weiter gehen. Ihr müßt auf seine Lehren und seine Botschaft mit dem fruchtbaren Zeugnis einer reichen persönlichen und gemeinschaftlichen Lebenserfahrung antworten. Alle Unbeschuhten Karmeliten und Karmelitinnen, alle Gemeinschaften und der ganze Orden sind zur konkreten Verwirklichung der Wesenszüge berufen, die im Leben und in den Schriften dessen aufleuchten, der sozusagen "das lebendige Bild des Unbeschuhten Karmeliten" ist: die strenge Einfachheit, die innige Vereinigung mit Gott, das intensive Gebet, die dem Evangelium gemäße Brüderlichkeit, die Förderung des Gebetes und der christlichen Vollkommenheit durch Lehrtätigkeit und Seelenführung als euer spezifisches Apostolat in der Kirche. Welcher Segen wird es sein, dem Wort und dem Leben des heiligen Karmeliten in allen Söhnen und Töchtern des Karmels zu begegnen! Das war im Lauf dieser vier Jahrhunderte dank zahlreicher Brüder und Schwestern möglich, die es verstanden, die innige Vereinigung mit Gott, die Abtötung, die Treue zum Gebet, die brüderliche und schwesterliche geistliche Hilfe und auch die Nächte des Glaubens zu leben. Johannes vom Kreuz war mit seinem Leben und seinen Schriften ihr Lehrer und Vorbild.

20. Bei dieser Gelegenheit kann ich es nicht unterlassen, ein Wort des Dankes und der Ermunterung an alle Unbeschuhten Karmelitinnen zu richten.

Der Heilige hatte für sie eine besondere Vorliebe und widmete ihnen seine besten apostolischen Leistungen und Lehren. Er verstand es, jede einzelne von ihnen ebenso wie ihre ganze Gemeinschaft zu bilden, indem er ihnen Unterweisungen erteilte und die dank seiner Gegenwart und als Beichtvater leitete. Mutter Teresia von Jesus hatte ihn ihren Töchtern besonders nachdrücklich als Seelenführer empfohlen, als "himmlischer und göttlicher Mensch", als "zutiefst spirituell, erfahren und gelehrt", weshalb sie ihm ihre Seelen eröffnen sollten, um auf dem Weg der Vollkommenheit Fortschritte zu machen, "da ihm unser Herr für diese Aufgabe besondere Gnaden verliehen hat".<ref> Brief an Anna von Jesus, November-Dezember 1578. </ref>

Unzählige Karmelitinnen haben dank der Betrachtung der Schriften des heiligen Lehrers die Gipfel des geistlichen Lebens erklommen. Einige unter ihnen sind ausdrücklich als seine Töchter und Schülerinnen allgemein bekannt; es genügt, die Namen Teresia Margarete vom Herzen Jesu, Maria vom gekreuzigten Jesus, [[Therese von Lisieux|Teresia von Lisieux], Isabella von der Dreifaltigkeit, Theresia Benedikta vom Kreuz (Edith Stein) und Theresia von den Anden zu erwähnen. Meine lieben Unbeschuhten Karmelitinnen in aller Welt, auch ihr sollt eifrig bestrebt sein, diese reine Liebe der innigen Vereinigung mit Gott zu suchen, die euer Leben für die Kirche fruchtbar macht.

Schlusswort

21. Der vierhundertste Todestag des hl. Johannes vom Kreuz war für mich der Anlass, um einige Überlegungen mitzuteilen, die den Kern seiner Lehre betreffen: die Dimensionen eines dem Evangelium gemäßen Glaubens. Diese Botschaft verwirklichte er, von der historischen Situation seiner Zeit ausgehend, in seinem Herzen und in seinem Leben; sie ist immer noch in der Kirche fruchtbar.

Zum Abschluss dieses Schreibens pilgere ich an seinen Geburtsort Fontiveros, wo er mit der Taufe die Erstlingsgaben des Glaubens empfing; sodann zum andalusischen Kloster Ubeda, wo er in die Herrlichkeit einging und schließlich zu seinem Grab in Segovia.

Diese Orte, die an sein irdisches Leben erinnern, sind auch für das ganze Volk Gottes Orte der Verehrung des Heiligen, Lehrkanzeln, von denen aus er unablässig seine Botschaft des theologalen Lebens verkündet.

Wenn ich ihn heute feierlich der Kirche und der Welt vor Augen führe, möchte ich die Töchter und Söhne des Karmels, die Christen seiner spanischen Heimat und alle, die Gott auf den Wegen der Schönheit, der Theologie und der Kontemplation suchen, einladen, sein Zeugnis des Glaubens und des evangelischen Lebens in sich aufzunehmen, auf dass sie sich ebenso wie er von der Schönheit Gottes und der Liebe Christi, des Geliebten, angezogen fühlen.

Unserem Erlöser und seiner heiligsten Mutter empfehle ich die Aktivitäten, die während dieses Gedenkjahres zur Erinnerung an den glorreichen Heimgang des hl. Johannes vorn Kreuz stattfinden werden, während ich euch aus ganzem Herzen meinen Apostolischen Segen erteile.

Gegeben zu Rom, bei St. Peter am 14. Dezember, Fest des hl. Johannes vom Kreuz, Kirchenlehrer,

im Jahr 1990, dem dreizehnten meines Pontifikats.

Johannes Paul II. PP.

Anmerkungen

<references />

Weblinks