Limbus
Limbus (pl. Limbi) kommt aus dem lateinischen und bedeutet Rand oder Saum. In der katholischen Theologie bezieht sich dieser Begriff auf einen Bereich der Hölle und wird von der Hölle der Verdammten unterschieden. Der Limbus bezeichnet ganz allgemein einen 'Ort' an dem die Anschauung Gottes mangels heiligmachender Gnade nicht möglich ist. In diesem Sinn wird auch der Begriff 'Vorhölle' für die Idee eines 'Limbus' verwendet. Es ist ein Zustand des Ausschlusses von der Gottesschau, aber kein Ort der Qual und nach Ansicht der meisten Theologen, die den Limbus vertraten, ein Ort wahrer, wenn auch nur natürlicher Glückseligkeit. Überzeugt von der Barmherzigkeit Gottes, sieht sich die Kirche außerstande, ungetauften Kindern ewige Verdammnis in demselben Sinne wie bewussten Sündern zuzuordnen. Die Lehre vom Limbus zielt somit auf eine Milderung der Vorstellung von der Verdammnis der Ungetauften.
Inhaltsverzeichnis
Zwei verschiedene Limbi
Der Limbus ist zu unterteilen in einem Limbus der Väter (limbus patrum) und einen Limbus der ungetauften Kinder (limbus infantium vel puerorum). Die beiden Zustände teilen eine Bezeichnung, weil sie sich trotz auszuführender Unterschiede, grundsätzlich ähnlich sind. Die zwei Limbi sind Antworten auf die folgenden zwei Fragen:
- Was geschah mit den Menschen, die vor Jesus gerecht lebten und starben?
- Was geschieht mit jenen verstorbenen Menschen, welche die Taufe oder eines ihrer Ersatzmittel (Begierdetaufe, Bluttaufe) nicht empfangen haben?
Der limbus patrum
Die Gerechten vor Christus gelangten in den Limbus (bibl. Bez.: Abrahams Schoß) weil sie zwar gut gelebt hatten, aber der Himmel bis zur Auferstehung Christi niemandem offen stand. Dort haben die Seelen der Gerechten und der Patriarchen gewartet, bis Christus sie bei seinem Abstieg in das Reich des Todes (Vgl. Credo: hinabgestiegen in das Reich des Todes) von dort in den Himmel überführte. Die Auflösung des Limbus der Väter hat einen bekannten künstlerischen Ausdruck in den Auferstehungs (Anastasis-) Ikonen des Ostens gefunden. Diese Aussagen stehen allesamt unter dem Vorbehalt, dass in geschichtlich-zeitlicher Sprache gefasste Aussagen über letzte Dinge das Vertrauen darauf voraussetzen, dass die Kirche hinreichend präzise davon sprechen kann.
Der limbus puerorum vel infantium
Kinder, die vor der Taufe sterben, haben keine persönlichen Sünden. Sie leiden lediglich an der Zustandssünde, die Erbsünde genannt wird - also am Zustand des Mangels heiligmachender Gnade. Diese Gnade wird für gewöhnlich in der Taufe erlangt. Bei ungetauften Erwachsenen kann die Wassertaufe durch die Begierdetaufe (ob explizit oder implizit) oder das Martyrium ersetzt werden. Also steht auch dem erwachsenen Nichtchristen der gerecht lebt und Gott ehrlich sucht, eine Heilsmöglichkeit offen. Dem ungetauft sterbenden Kind kann nun die Gnade nicht durch die Wassertaufe oder die gewöhnliche Begierdetaufe - es fehlt dem Kind dazu der Gebrauch der Vernunft - zuteil werden. Ein Martyrium liegt vermutlich nur in seltensten Fällen vor. Also was geschieht mit dem Kind? In keinem Fall kann es der Hölle der Verdammten zugewiesen werden, da es keine persönliche Schuld trägt. Doch die Gnade, die notwendig ist um Gott zu schauen fehlt, also wird ein Ort, frei von Qual, mit natürlicher Glückseligkeit als möglicher Aufenthaltsort angegeben - der Limbus der Kinder. Der Limbus der Kinder ist im Unterschied zum limbus patrum kein 'Warteraum' sondern ein Endzustand.
Es gibt in der Moderne Versuche, eine Form der Begierdetaufe (etwa eine Erleuchtung im letzten Moment) oder der Bluttaufe (zB. der Tod als Quasi-Sakrament) theologisch für die Kinder zu begründen. Damit würde das Postulat eines limbus infantium unnotwendig. Die Taufe der Kinder bleibt jedenfalls sinnvoll, da sich die Gnade Gottes dort den Menschen voraussetzungslos zuwenden kann, wo die kirchliche Gemeinschaft die Gewähr übernimmt, den heranwachsenden Christen zugleich ein Wachstum im Leben aus dem Glauben zu eröffnen.
Literatur
- Johannes Maria Schwarz: Zwischen Limbus und Gottesschau. Das Schicksal ungetauft sterbender Kinder in der theologischen Diskussion des 20. Jahrhunderts. Ein theologiegeschichtliches Panorama, Kisslegg 2006, 353 Seiten [1]