Titus Brandsma
Titus Brandsma OCarm (bürgerlich: Anno Sjoerd Brandsma; * 23. Februar 1881 in Oegeklooster bei Bolsward; † 26. Juli 1942 im KZ Dachau) war ein Karmeliten-Ordenspriester, Professor, Redakteur und Märtyrer. Sein liturgischer Gedenktag ist der 27. Juli.
Pater Titus war ein unermüdlicher Arbeiter für das Reich Gottes und trotz schlechter Gesundheit immer gut gelaunt. Er zeigte viel Humor im Verkehr mit den Mitmenschen, er besaß große Herzensgüte und unbegrenzte Bereitschaft, allen, die ihn um Hilfe baten, zu helfen. Bei aller Aktivität war er zudem immer ein Mann unerschütterlichen Glaubens und tiefer Geistigkeit.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Biografie<ref>siehe Literatur: Ferdinand Holböck, S. 85-87.</ref>
- 2 Ein starker und barmherziger Pater<ref>siehe Literatur: Heilige und die Barmherzigkeit, S. 63-64.</ref>
- 3 Seligsprechung<ref>siehe Literatur: Ferdinand Holböck, S. 88.</ref>
- 4 Zitate<ref>siehe Literatur: Ferdinand Holböck</ref>
- 5 Werke
- 6 Literatur
- 7 Anmerkungen
Biografie<ref>siehe Literatur: Ferdinand Holböck, S. 85-87.</ref>
Titus Brandsma wurde bei Bolsward im niederländischen Friesland geboren. Er war Sohn eines Milchbauern und Kommunalpolitikers und wurde in der Pfarrei St. Martin in Bolsward getauft. Nach dem Besuch des Gymnasiums der Franziskaner in Megen trat er 1898 bei den Karmeliten ein und empfing am 17. Juni 1905 die Priesterweihe. Es folgten von 1906 bis 1909 weitere Studien an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, wo er zum Doktor der Philosophie promoviert wurde.
15 Jahre lang dozierte nun er an der Ordenshochschule der Karmeliten in Oss. Daneben entfaltete er ein überaus intensives Apostolat: Er gründete eine marianische Zeitschrift und war Chefredakteur einer örtlichen Zeitung; er schuf eine öffentliche katholische Bücherei und ein wissenschaftliches Lyzeum; er bemühte sich um die Errichtung eines HerzJesu-Denkmals auf einem öffentlichen Platz; er organisierte verschiedene Ausstellungen und einen Missionskongress. Überdies besorgte er die Übersetzung der Werke der Kirchenlehrerin Theresa von Avila in die niederländische Sprache.
1923 wurde P. Titus Brandsma als Professor für Philosophie und Geschichte der Mystik an die Katholische Universität Nimwegen berufen. Hier gründete er ein Institut für niederländische Mystik und sammelte mehr als 16000 Fotokopien von Handschriften, in denen mystische und spirituelle Abhandlungen des Mittelalters enthalten sind; er organisierte drei Kongresse über niederländische Spiritualität und war überdies in den Jahren 1932-33 Rektor der Katholischen Universität Nimwegen.
In der Geburtsstadt des heiligen Petrus Canisius war P. Titus aber auch über den Sektor der Wissenschaft hinaus apostolisch tätig, vor allem auf ökumenischem Gebiet, desgleichen für die Weltmission, für die Seelsorge an Nichtkatholiken, die konvertieren wollten. Auch für die Sprache und Kultur seiner Heimat Friesland arbeitete P. Titus in dieser Zeit. Überdies war er Schriftleiter der Niederländischen katholischen Enzyklopädie und geistlicher Assistent der katholischen Journalisten.
Der kluge, gebildete, vielseitig begabte Mann der Kirche durchschaute sehr früh schon die Gefährlichkeit des in Deutschland an die Macht gekommenen Nationalsozialismus. Vom Jahre 1934 an zeigte er sich auf Konferenzen, in Artikeln, die er verfaßte, und in Kursen, die er an der Universität organisierte, als ernst zu nehmender Gegner. Im Jahr 1936, als die Nachrichten über die Ereignisse in Deutschland noch nicht sehr verbreitet waren, hatte er an einer Schrift mitgearbeitet, die den Titel trug: "Holländische Stimmen zur Behandlung der Juden in Deutschland." Im Semester 1938/39 bot er seinen Studenten Vorlesungen über die "verhängnisvollen Tendenzen" des Nationalsozialismus an, in denen er alle seine Kernthesen darlegte: Wert und Würde eines jeden einzelnen Menschen, gesund oder krank; Gleichberechtigung und ethischer Wert einer jeden Rasse; unzerstörbarer und primärer Wert der Naturrechte gegenüber jeglicher Ideologie; Gegenwart und Führung Gottes in der Menschheitsgeschichte im Gegensatz zu politischem Messianismus und jeglicher Vergöttlichung von Macht. Und er wusste, dass unter seinen Hörern auch Spione der NS-Partei waren.
Als im Mai 1940 die deutschen Truppen die Niederlande besetzten, erwies sich P. Titus Brandsma sogleich als unerschrockener, mutiger Verteidiger der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen, voran der katholischen Schule. Als geistlicher Assistent der katholischen Journalisten trachtete er mit Erfolg danach, von den katholischen Zeitungen jegliche nationalsozialistische Propaganda fernzuhalten. Im Dezember 1941 schrieb er, nachdem die Besatzungsmacht immer wieder auf die katholische Presse und ihre Journalisten Druck auszuüben suchte, einen Brief an die Direktoren und Chefredakteure der katholischen Zeitungen und Zeitschriften: es gelte - koste es, was es wolle -, ganz energisch der nationalsozialistischen Propaganda entgegenzuwirken. Die Folgen blieben nicht aus: Am 19. Januar 1942 wurde P. Brandsma von der Gestapo verhaftet und in das Gefängnis von Scheveningen gebracht. In den dort mit ihm angestellten Verhören verteidigte der tapfere Priester mutig und klar die Haltung der Kirche gegenüber dem Nationalsozialismus.
Vom März bis April 1942 wurde P. Titus Brandsma im Konzentrationslager Amersfoort festgehalten. Hier half er, soweit er dies konnte, seinen Schicksalsgenossen, ermutigte sie zum Durchhalten, nahm ihnen die Beichte ab, tröstete sie und zeigte sich selbst in abgeklärter Heiterkeit. Zeugen bestätigten, daß P. Titus Brandsma auf alle Gefangenen tiefen Eindruck machte.
Nach kurzem Aufenthalt in den Gefängnissen von Scheveningen und Cleve kam P. Titus Brandsma schließlich in das Konzentrationslager Dachau. Hier wurde er härtester Zwangsarbeit unterworfen und oft ganz unwürdig und gemein mißhandelt. Schon nach einem Monat war P. Brandsma völlig entkräftet.
Er wurde in das Krankenrevier des Konzentrationslagers eingeliefert. Dort verabreichte ihm eine Krankenschwester am 26. Juli 1942 eine tödliche Carbolsäure-Spritze, die der Arzt der Abteilung ihr gab. Es war eine Routinehandlung, die die Schwester schon viele hundert Mal ausgeführt hatte, aber die Ärmste sollte sich später erinnern, "dass es ihr für den Rest jenes Tages schlecht ging". Sie setzte die Spritze um zehn vor zwei, und um zwei Uhr starb Titus Brandsma. Sein Leichnam wurde eingeäschert.
Der Ruf des tapferen Glaubenshelden wurde nach dem 2. Weltkrieg noch viel stärker, als seine in der Gefangenschaft verfaßten Schriften im Druck erschienen.
Ein starker und barmherziger Pater<ref>siehe Literatur: Heilige und die Barmherzigkeit, S. 63-64.</ref>
Die Frau, die ihn ermordet hatte, bekehrte sich danach, weil die Erinnerung an den sel. Titus sie nicht mehr losließ. Sie arbeitete als Krankenschwester, gehorchte aber aus Angst den unmenschlichen Befehlen des Arztes. Sie war es, die berichtete, dass der sel. Titus "bei seiner Ankunft in der Krankenabteilung schon auf der Todesliste" stand. Sie berichtete auch von den Versuchen, die mit den Kranken, einschließlich dem sel. Titus, gemacht wurden, und wie sie in ihrem Innersten, ohne dass sie es wollte, von den Worten getroffen wurde, mit denen er die Misshandlungen ertrug: "Vater, nicht mein Wille geschehe, sondern der deine." Und sie berichtete ebenfalls, dass die Kranken sie normalerweise hassten und ständig mit den hässlichsten Schimpfwörtern belegten und sie diesen Hass aus vollem Herzen erwiderte. Wie geschockt war sie dagegen, als der alte Priester sie stattdessen mit dem Zartgefühl und Achtung eines Vaters behandelte: "Einmal hielt er meine Hand fest und sagte: "Was bist du für ein armes Mädchen, ich bete für dich!"
Von seinen Folterknechten hatte der sel. Titus immer gesagt: "Auch sie sind Kinder des lieben Gottes, und vielleicht bleibt in ihnen noch irgendetwas ... " Und Gott gewährte ihm genau dieses letzte Wunder. Der KZ-Arzt nannte jene Spritze sarkastisch die "Gnadenspritze". Und siehe, während die Schwester sie ihm gab, war es die Fürbitte des sel. Titus, die ihr wahrhaft die Gnade Gottes eingab. Und die Ärmste erklärte beim Seligsprechungsprozess, dass das Antlitz dieses alten Priesters sich für immer in ihr Gedächtnis eingeprägt hatte, weil sie in ihm etwas gelesen hatte, das sie nie gekannt hatte. Sie sagt schlicht: "Er hatte Erbarmen mit mir!"
Seligsprechung<ref>siehe Literatur: Ferdinand Holböck, S. 88.</ref>
Titus Brandsma wurde am 3. November 1985 durch Papst Johannes Paul II. in der Basilika St. Peter in Rom seliggesprochen. Er sagte u.a.: „Hier wird wieder ein Mann der Ehre der Altäre für würdig befunden, der die Qualen des Konzentrationslagers Dachau durchgemacht hat, ein Mann, der - nach den Worten der heutigen Liturgie im Buch der Weisheit 3,4 - >gestraft< wurde; und gerade in dieser Bestrafung im Konzentrationslager, das das Schandmal unseres Jahrhunderts ist, hat Gott Titus Brandsma seiner würdig befunden (vg!. Weish 3,5). Titus Brandsma hat Qualen durchgemacht; in den Augen der Menschen wurde er bestraft. Die ehemaligen Gefangenen der Konzentrationslager wissen sehr gut, welcher Kreuzweg diese Straforte waren: Orte einer großen Prüfung, Prüfung der physischen Kräfte, erbarmungslos vorangetrieben bis zur völligen Vernichtung, Prüfung der moralischen Kräfte... Die Konzentrationslager sind entsprechend dem Programm der Menschenverachtung, entsprechend dem Programm des Hasses eingerichtet worden. Welche Prüfung des Gewissens, des Charakters, des Herzens mußte ein Jünger Christi durchmachen, der sich an die Worte Christi über die Feindesliebe erinnerte! Haß nicht mit Haß, sondern mit Liebe erwidern, das war vielleicht eine der größten Prüfungen der moralischen Kräfte des Menschen. Aus dieser Prüfung ist Titus Brandsma als Sieger hervorgegangen. Inmitten wütenden Hasses brachte er es fertig, zu lieben, alle zu lieben, auch seine Peiniger.“
Zitate<ref>siehe Literatur: Ferdinand Holböck</ref>
- „Das Gebet ist Leben, nicht etwa nur eine Oase in der Wüste des Lebens.“
- „Wir dürfen keine Trennung zwischen Gott und der Welt in unserem Herzen vornehmen, wir müssen vielmehr die Welt stets vor dem Hintergrund Gottes betrachten.“
- „Auch wenn das Neuheidentum die Liebe nicht mehr haben will, so wird uns doch die Liebe die Herzen der Neuheiden zurückgewinnen. Die praktische Lebenserfahrung wird die Liebe immer aufs neue eine siegreiche Kraft sein lassen, die die Herzen der Menschen erobern und festhalten wird.“
Werke
- Brandsma, Jan Campert: Gedichte aus den besetzten Niederlanden: in holländischer und deutscher Sprache / [Ausw. und dt. Übers. v. ... Durchges. v. Ernst Schenck] Oprecht Verlag Zürich 1944 (76 S.).
- Das Erbe des Propheten: Geist und Mystik des Karmel / Hrsg. u. Bearb. d. dt. Ausg.: Christophorus Verhallen. Wienand Verlag Köln 1958 (86 S.).
- Meine Zelle, Verlag Ars sacra 1967 (31 S.).
- Titus Brandsma: Mystiker des Karmel, Märtyrer in Dachau. Mit Kreuzweg-Meditationen / von Titus Brandsma zu Bildern von Albert Servaes und aus der Lagerhaft. Georg Geisbauer (Hrsg.). [Im Auftr. d. Niederdt. Karmelitenprovinz Kamp-Lintfort und der Oberdeutschen Karmelitenprovinz Bamberg. Wienand Verlag Köln 1987 (127 S.; ISBN 3-87909-173-0 kart.).
- Engagierte Mystik. Eingeleitet und übers. von Elisabeth Hense. Bonifatius Verlag 1991 (112 S.; ISBN 3-87088-684-6 kart.).
Literatur
- Ida Lüthold-Minder: Titus Brandsma Verlag Ars Sacra 1963 (36 Seiten).
- Titus Brandsma: eine Botschaft der Hoffnung / hrsg. von der Oberdeutschen Karmelitenprovinz, Bamberg und der Niederdeutschen Karmelitenprovinz, Kamp-Lintfort. St.-Otto-Verlag Bamberg 1986 (86 S.; ISBN 3-87693-048-0 kart.)
- Ferdinand Holböck, Die neuen Heiligen der Katholischen Kirche, Christiana Verlag Stein am Rhein 1992, Band 2, S. 85-90 (1. Auflage; Von Papst Johannes Paul II. kanonisierte Heilige, Band 2 von 1984 bis 1987: ISBN 3-7171-0950-2).
- Päpstlicher Rat zur Förderung der Neuevangelisierung: Heilige und die Barmherzigkeit. Jubiläum der Barmherzigkeit 2015-2016. Schwabenverlag 2015, S. 61-64 (94 Seiten; ISBN 978-3-7966-1685-3).
- Fernando Milhin Romeral: Tito Brandsma. Madrid 2008 (spanisch). Il coraggio della verita. Il Beato Tito Brandsma. Mailand 2012 (italienische Übersetzung).
Anmerkungen
<references />