KZ-Emslandlager

Aus kathPedia
Version vom 31. August 2014, 13:45 Uhr von T. E. Ryen (Diskussion | Beiträge) (sm.ed.)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springenZur Suche springen
Die Lage der 15 Emslandlager.
Bericht im Hamburger Anzeiger (25. Juli 1933) über die KZ-Gründung des Emslandlagers.
Gedenktrafel für Bernhard Lichtenberg in der Gedenkstätte Esterwegen.

Die Emslandlager sind eine Gruppe von Konzentrations-, Straf- und Kriegsgefangenenlagern im heutigen Landkreis Emsland und der Grafschaft Bentheim im Westen des heutigen deutschen Bundeslandes Niedersachsen.

Die insgesamt 15 an der Grenze zu den Niederlanden errichteten Gefangenenlager dienten den Nationalsozialisten von 1933 bis 1945 als Zwangsarbeitslager. Die zentrale Verwaltung lag in der Stadt Papenburg.

Heute befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Lagers in Esterwegen ein Dokumentationszentrum und ein Franziskanerinnenkloster.

Geschichte

Am 17. März 1933 erkundigte sich das preußische Innenministerium beim Regierungspräsidenten in Osnabrück nach einem geeigneten Gelände für die Errichtung eines Lagers für sogenannte "Schutzhäftlinge". Langfristig war an eine Unterbringung von bis zu 10.000 politischen Gegnern gedacht. Bereits am 20. Juni 1933 fiel die Entscheidung, zunächst drei Lager in Börgermoor, Esterwegen und Neusustrum zu errichten. Unter Bewachung der Osnabrücker Schutzpolizei und von SS-Männern bauten ab Juli 1933 90 Gefangene das KZ auf.

Die Emslandlager waren mit insgesamt knapp 200.000 internierten Personen nach Dachau zeitweise das größte Konzentrationslager in Deutschland. Wegen der besonders unbarmherzigen Bedingungen und ihrer Lage im Moor waren sie auch als Die Hölle im Moor bekannt. Der selige Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg hatte persönlich gegen die Umstände in diesem Lager Protest eingelegt. Im KZ Emslandlager kamen bis zu 30.000 Menschen ums Leben.

Zu den Emslandlagern gehörten folgende Konzentrationslager:

  • Das KZ Börgermoor: von 1933 bis 1945 Konzentrations- und Strafgefangenenlager.
  • Das KZ Neusustrum: von 1933 bis 1945 Konzentrations- und Strafgefangenenlager.
  • Das KZ Esterwegen: von 1933 bis 1945 Konzentrations- und Strafgefangenenlager.
  • Weitere Außenlager waren: Aschendorfermoor, Brual-Rhede, Walchum, Oberlangen, Wesuwe, Versen, Fullen, Groß Hesepe, Dalum, Wietmarschen, Bathorn, Alexisdorf.

Die Emslandlager wurden von britischen, kanadischen und polnischen Militär-Einheiten befreit. Die befreiten Lagerinsassen wurden zunächst in Übergangslagern untergebracht. Zu diesem Zweck requirierte die britische Militäradministration einige geeignete Gebäude. Im Januar 1946 existierten 15 Übergangslager für polnische Personen sowie ein Lager für Menschen aus dem Baltikum. Die Lager wurden bis Juni 1947 durch die Hilfsorganisation United Nations Relief and Rehabilitation Administration betreut und standen anschließend unter der Obhut der International Refugee Organization. 1951 ging die Verantwortung der Lager an eine deutsche Verwaltung über. Die verbliebenen Personen erhielten den Rechtsstatus Heimatlose Ausländer. Das letzte Übergangslager wurde 1957 aufgelöst. In Esterwegen gibt es bis heute den Friedhof für die in Emslandlagern umgekommenen Häflinge.

Die Geschichte der Emslandlager wird durch eine Dauerausstellung - von 1985 bis 2011 im Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager in Papenburg, seit November 2011 in der neuen Gedenkstätte Esterwegen - dargestellt. Auf dem Gebiet des Lagers befindet sich, initiiert durch den Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, ein Franziskanerinnen-Kloster der Mauritzschwestern aus Münster.

Die Häftlinge

Im Emslandlager waren vor allem Gegner des NS-Regimes, politische Gefangene und Kriegsgefangene interniert.

Moorlied

Das Moorlied wurde 1933 von Häftlingen des Emslandlagers Börgermoor gedichtet. In diesem Lager wurden vorwiegend politische Gegner des Nazi-Regimes gefangen gehalten. Mit einfachen Werkzeugen wie dem Spaten mussten diese dort das Moor kultivieren. Texter des Liedes waren der Bergmann Johann Esser und der Schauspieler und Regisseur Wolfgang Langhoff, die Musik stammt von dem kaufmännischen Angestellten Rudi Goguel. Zwei Tage nach der ersten Aufführung wurde das Lied von der Lagerleitung verboten. Durch entlassene oder in andere Lager verlegte Gefangene wurde das Lied bekannt. 1935 lernte es der Komponist Hanns Eisler in London kennen und überarbeitete die Melodie. Heute existieren Versionen des Liedes in verschiedenen Sprachen.

Wohin auch das Auge blicket,
Moor und Heide nur ringsum.
Vogelsang uns nicht erquicket,
Eichen stehen kahl und krumm.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten
ins Moor.
Hier in dieser öden Heide
ist das Lager aufgebaut,
wo wir fern von jeder Freude
hinter Stacheldraht verstaut.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten
ins Moor.
Morgens ziehen die Kolonnen
in das Moor zur Arbeit hin.
Graben bei dem Brand der Sonne,
doch zur Heimat steht der Sinn.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten
ins Moor.
Heimwärts, heimwärts jeder sehnet,
zu den Eltern, Weib und Kind.
Manche Brust ein Seufzer dehnet,
weil wir hier gefangen sind.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten
ins Moor.
Auf und nieder gehn die Posten,
keiner, keiner kann hindurch.
Flucht wird nur das Leben kosten,
Vierfach ist umzäunt die Burg.
Wir sind die Moorsoldaten
und ziehen mit dem Spaten
ins Moor.
Doch für uns gibt es kein Klagen,
ewig kann's nicht Winter sein.
Einmal werden froh wir sagen:
Heimat, du bist wieder mein.
Dann zieh'n die Moorsoldaten
nicht mehr mit dem Spaten
ins Moor!

Bekannte inhaftierte Personen

Briefmarke BRD 1983
  • Bernhard Bästlein, deutscher Politiker, kam aus dem KZ Dachau nach Esterwegen.
  • Adolf Bender, deutscher Künstler.
  • Kurt Bennewitz, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.
  • Willi Dickhut, KPD-Mitglied.
  • Georg Diederichs, späterer niedersächsischer Ministerpräsident (SPD).
  • Freidrich Ebert, Sohn des Reichspräsidenten Friedrich Ebert.
  • Johann Essler, Bergmann (Dichter des Moorliedes).
  • Otto Eggerstedt, Politiker der SPD, als Altonaer Polizeipräsident wurde er auf Grund der Ereignisse beim Altonaer Blutsonntag, an dem er selbst nicht anwesend war, seines Amtes enthoben und nach der Machtergreifung am 12. Oktober 1933 im KZ Esterwegen von den Nationalsozialisten ermordet.
  • Werner Finck, Kabarettist.
  • Alfred Kantorowicz, Professor der Zahnmedizin der Universität Bonn.
  • Rudi Guguel, Kaufmann (Dichter des Moorliedes).
  • Paul Hanson, Friedensrichter im Kanton Louveigné-Grivegnée südlich von Lüttich (Liberté chéries Brüder).
  • Ernst Heilmann, SPD-Politiker, in verschiedenen KZ inhaftiert. Schließlich in Buchenwald am 3. April 1940 durch Injektion ermordet.
  • Heinrich Hirtsiefer, Reichstagsabgeordneter der Zentrumspartei.
  • Fritz Husemann, Bergmann, Gewerkschafter und Mitglied des Reichstages für die SPD.
  • Jürgen Jürgensen, Abgeordneter im preussischen Landtag (SPD).
  • Willi Langhoff, Schauspieler (Dichter des Moorliedes).
  • Wilhelm Leuschner, fränkischer Gewerkschaftler und Sozialdemokrat.
  • Julius Leber, SPD-Politiker. Später vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt.
  • Wladimir Lindenberg, russischer Arzt.
  • Hans Litten, Jurist, 1938 im KZ Dachau gestorben.
  • Günther Lüders, deutscher Schauspieler, Kabaretist.
  • Theodor Neubauer, KPD-Politiker, Später in anderen Lagern inhaftiert; vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt, hingerichtet am 5. Februar 1945 im Zuchthaus Brandenburg-Görden.
  • Leonhard Oesterle, kanadischer Bildhauer und Zeichner.
  • Carl von Ossietzky, Redakteur und Friedensnobelpreisträger deportiert.
  • Wilhelm Peetz, KPD-Mitglied aus Elmshorn, Haftgrund: Vorbereitung zum Hochverrat.
  • Johann Schellheimer, Politiker.
  • Otto Schmirgal, Politiker.
  • Heinrich Stühlmeyer, Angestellter des Bistums Osnabrück.
  • Ernst Walsken, deutscher Maler, dessen Bilder zu den wenigen erhaltenen künstlerischen Dokumenten aus Konzentrationslagern der Nazizeit gehören.
  • Raimund Zimpernik, österreichischer Widerstandskämpfer.

Literatur (Auswahl)

Bücher

  • Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg): Der Ort des Terrors. Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. Beck, München 2005, ISBN 3406529623.
  • Kurt Buck: Esterwegen – Das Lager. In: Bettina Schmidt-Czaia (Hrsg.): Esterwegen 1223 bis 1999. „Moor und Heide nur ringsum …?“. Hrsg. im Auftrag der Gemeinde Esterwegen, Esterwegen 1999, ISBN 3-00-004441-8, S. 205–253.
  • Kurt Buck: Auf der Suche nach den Moorsoldaten. Emslandlager 1933–1945 und die historischen Orte heute. 6. Auflage. Papenburg 2008, ISBN 3-926277-13-0.
  • Wilhelm Henze: Hochverräter raus! Geschichten, Gedichte und Zeichnungen eines Moorsoldaten. Hrsg. von Habbo Knoch, Ed. Temmen, Bremen 1992.
  • Henning Harpel: Die Emslandlager des Dritten Reichs. Formen und Probleme der aktiven Geschichtserinnerung im nördlichen Emsland 1955–1993. In: Studiengesellschaft für Emsländische Regionalgeschichte (Hrsg.): Emsländische Geschichte Bd. 12. Haselünne 2005, S. 134–239.
  • Erich Kosthorst: Die Lager im Emsland unter dem NS-Regime 1933–1945. Aufgabe und Sinn geschichtlicher Erinnerung. In: Karl Dietrich Erdmann, J. Rohlfes (Hrsg.): Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, Nr. 6/1984, S. 365–379.
  • Erich Kosthorst, Bernd Walter: Konzentrations- und Strafgefangenenlager im Emsland 1933–1945. Düsseldorf 1985, ISBN 3770006380.
  • Dirk Lüerßen: Wir sind die Moorsoldaten. Die Insassen der frühen Konzentrationslager im Emsland 1933 bis 1936 – Biographische Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen kategorialer Zuordnung der Verhafteten, deren jeweiligen Verhaltensformen im Lager und den Auswirkungen der Haft auf die weitere Lebensgeschichte. Dissertation, Universität Osnabrück 2001.
  • Klaus-Uwe Nommensen (Hrsg.): Gefangen in der Weite: Emslandlager (1933-45). Bilder, Begegnungen, Blickwechsel. Verl.-Werkstatt kreuz & quer, Papenburg 2001, ISBN 3-9805547-6-7.
  • Willy Perk: Hölle im Moor. Zur Geschichte der Emslandlager 1933–1945. 2. Auflage, Röderberg, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-87682-713-2.
  • Barbara Stühlmeyer, Ludger Stühlmeyer: Bernhard Lichtenberg. Ich werde meinem Gewissen folgen. Topos plus Verlagsgemeinschaft, Kevelaer 2013, ISBN 978-3-836708-35-7.

Filme

  • Paul Meyer, Rudolf Kersting: Der Hauptmann von Muffrika: mit 19 fing sein Leben an, mit 20 war er tot. Eine Geschichte aus den letzten Kriegstagen im Emsland. Ein Dokumentarfilm. - DIZ Emslandlager, Papenburg 1996. - 1 Videokassette (VHS, 70 Min.): s/w, ISBN 3-926277-02-5.
  • Der Hauptmann von Muffrika: Nachbetrachtungen und Stellungnahmen zum Dokumentarfilm über den falschen Hauptmann Willi Herold. In: DIZ-Nachrichten/ Aktionskomitee für ein Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager e.V. - Papenburg. 1997, Nr. 1997, S. 49-58.
  • Volker Schröder: Wenn ich in die Tiefe schaue: Menschen und Moorlager im Emsland. Ein Film. - 2. Aufl. - DIZ Emslandlager, Papenburg 1996. - 1 Videokassette (VHS, 90 Min.), ISBN 3-926277-03-3.

Adresse

  • Kloster Esterwegen
Konvent der Mauritzer Franziskanerinnen
Hinterm Busch 7a
26897 Esterwegen
Telefon: 05955-935700
E-Mail: info@kloster-esterwegen.de

Weblinks