Apostolischer Nuntius
Dem Apostolischen Nuntius in einem Staat fällt eine doppelte Bedeutung zu: er ist einerseits ständiger diplomatischer Vertreter des Heiligen Stuhles (nicht des Vatikans! Das ist ein völkerrechtlicher Unterschied!) bei einem anderen Staat (manchmal werden auch mehrere Staaten zusammengafaßt), (vgl. can. 363 §1 CIC 1983) andererseits vertritt er die Teilkirche gegenüber dre römischen Kurie und umgekehrt (vgl. can. 364 CIC 1983). Nuntien sind prinzipiell Titularerzbischöfe, allerdings nicht Mitglied einer Bischofskonferenz. Die den Ortsordinarien zugewiesene Autonomie wird durch die Nuntien nicht beeinträchtigt. Die Ernennung, Translokation oder Abberufung eines Apostolischen nuntius kommt allein Seiner Heiligkeit zu, wobei dieser allerdings an die Bestimmungen des internationalen Rechtes gebunden ist (vgl. can. 362 CIC 1983). In zahlreichen Ländern ist der Apostolische Nuntius auch zugleich der Doyen des Diplomatischen Corps. Besondere Bedeutung kommt ihm auch bei der Erstellung sowie der Abänderung und Zusatzverträgen der Konkordate zu. Innerkirchlich hingegen fällt ihm etwa eine zentrale Schlüsselrolle bei etwaigen Bischofsernennungen zu, da er den Definitivprozeß, welcher bei Rom im Allgemeinen und dem Heiligen Vater im Speziellen liegt, durch einen Informativprozeß vorzubereiten hat. Auch sonst hat der Apostolische Nuntius die Verpflichtung, dem Heiligen Stuhl über wichtige Vorkommnisse Bericht zu erstatten.
Die erste Nuntiatur wurde 1500 in Venedig errichtet, bald schon kam Wien hinzu (im Jahre 1529 mit S.E. Vincenzo Pimpinella). S.H. Papst Innozenz XII. (1691-1700) war beispielsweise von 1668-1671 Apostolischer Nuntius in Wien; eine Zeit lang war es ja üblich, die ehemaligen Nuntien in Wien zu Kardinälen zu erheben (Wien gilt als eine nuntiatura primae classis).