Katholische Aktion
Mit dem Schlagwort Katholische Aktion (ital. azione cattolica) wird die seit 1922 von Papst Pius XI. bewusst betriebene Aufwertung der Aktivitäten katholischer Laien im öffentlichen Leben von Kirche und Gesellschaft bezeichnet.
Getragen von der insbesondere durch die Katastrophe des I. Weltkriegs beförderten Einsicht, dass die Reichweite der kirchlichen Hierarchie in moderner Zeit zu kurz greift, um dem "Frieden Christi in Christi Reich" (so das Leitwort Pius XI.) auch nur hinreichende Geltung zu verschaffen, wurden in mehreren Ländern, insbesondere in Europa, verstärkte Laienaktivitäten gebündelt.
Organisatorisch erlangte die katholische Aktion besonders in Österreich, Italien und Frankreich (dort: action catholique) besondere Bedeutung. In diesen katholischen Ländern bereitete die Nähe oder Abgrenzung vom regierenden System, in Italien dem Faschismus bzw. von der oppositionell antirepublikanischen Action francaise in Frankreich, einige Schwierigkeiten. Im demokratischen Frankreich gelang mehr und mehr eine Aussöhnung mit dem modernen Staat, auch belehrt aus den schmerzlichen Erfahrungen mit autoritären Regimen in Italien und Spanien (dort verursachte der Bürgerkrieg seitens der Republik eine verheerende Verfolgung, wobei die spanischen Bischöfe sich, nach dem Urteil des damaligen Papstes, aber allzu rückhaltlos mit der Regierung Franco identifizierten).
Die Erfahrung der totalitären Versuchung, im Kontext des II. Weltkrieges, ließ die Päpste aber erkennen, dass die Methoden der katholischen Aktion noch nicht ausgereift genug waren, um eine Mitwirkung in der Gesellschaft sicherzustellen. Man suchte jetzt nach Methoden der Wirksamkeit des Apostolats über die Reichweite des "katholischen Segments" der Gesellschaft hinaus (vgl. aggiornamento, Dialog). In Deutschland hingegen wurde, auch nach dem II. Vatikanum, die Auffassung vertreten, dass das in der Kulturkampf-Zeit des 19. Jahrhunderts begründete, reich gegliederte Verbändewesen bereits "Vorläufer" jedweder katholischer Aktion in der Gesellschaft gewesen sei. Daher wurden in Deutschland zwar vermehrt zusätzliche Organe geschaffen, jedoch bis heute keine selbstkritische Überprüfung der (gemäßigt) berufsständisch orientierten katholischen Großorganisationen ins Auge gefasst.
Die Beschlüsse des II. Vatikanum haben, ohne einen Laizismus im Vollsinne anerkennen zu können, die Laien zu verstärktem Apostolat aufgefordert und ihnen innerhalb der weltlichen Sachbereiche die dazu erforderliche relative Autonomie ausdrücklich zuerkannt. Heute gilt die katholische Aktion daher eher als zeitbedingte, erste Erscheinungsform dieses laikalen Apostolats, das sich insbesondere in manchen neuen geistlichen Gemeinschaften (vgl. Movimenti) neue Ausprägungen geschaffen hat.
Die katholische Selbstkorrektur seit 1870, wonach eine Allzuständigkeit des geistlichen Amtes, falls sie je durchführbar oder auch nur beabsichtigt war, der Komplexität der modernen Welt nicht gerecht werden kann, wird heute fast allgemein anerkannt. Jedoch sind gegenläufige Tendenzen erkennbar, die dem kirchlichen Amt keinerlei besondere Stellung mehr einräumen wollen, unter Berufung auf eine angeblich erforderliche Demokratisierung der Kirche. Hier tritt aber, wenn auch in neuem Gewande, wieder das Phänomen der Bevormundung der Kirche durch die politische Gewalt in Erscheinung, das die Libertas ecclesiae über Jahrhunderte gefährdet hat und von dem sich der Katholizismus erst im 19. Jahrhundert allmählich frei machen konnte.
Der Erfolg jedweder katholischen Aktion (im weitesten Sinne) ist aber von sorgsamer Beachtung der katholischen Differenz zwischen den weltlichen und geistlichen Sachbereichen abhängig, die zu den wichtigsten theologischen Einsichten, spätestens seit Augustinus, gehört.