Philosophie
Die Philosophie (übersetzt "Liebe zur Weisheit") ist eine natürliche Wissenschaft. Sie versucht mit dem Verstand oder der Vernunft zu den letzten Gründen der Gesamtwirklichkeit vorzudringen, besonders das Sein und das Sollen des Menschen.
Die Philosophie schöpft ihre Erkenntisse nicht aus der übernatürlichen Offenbarung, kann aber mit dieser nicht im Widerspruch stehen, da Glaube und Vernunft dieselbe Wahrheitsquelle (Gott) haben. Philosophische Ergebnisse, die sicher feststehenden Glaubenswahrheiten widersprechen, unterliegen einem Irrtum (Denkfehler).
Inhaltsverzeichnis
Einteilung
Die Philosophie wird je nach dem besonderen Gegenstand unterschieden:
A) Die Denkphilosophie, die sich mit den Gesetzen (Logik) und der objektiven Gültigkeit des menschlichen Erkennens (Erkenntnistheorie) befasst.
B) Die spekulative Philosphie oder Seinsphilosophie. Diese wird eingeiteilt in Metaphysik und Naturphilosophie. Die Metaphysik wird in Ontologie und Theodizee unterschieden. Die Naturphilosphie befasst sich mit der Lehre über den Menschen: der Anthropologie (der philosophischen, der psychologischen und der kulturellen) und schließlich des Kosmologie.
C) Der praktischen Philosophie oder der Tunphilosophie, der Ethik oder Moralphilosophie und der Philosophie der Kunst (Ästhetik).
Kirchliche Etappen der Philosohie des 19. und 20. Jahrhunderts
- I. Vatikanisches Konzil von 1869.1870, Hauptgegenstand: Abwehr der das Christentum ablehnenden philosophischen Systeme der Neuzeit.
- 4. August 1879 Enzyklika "AETERNI PATRIS" Der Wert der Philosphie, um den Glauben zu sichern; die scholastische Methode des Heiligen Thomas von Aquin.
- 8. September 1907 Pius X., Enzyklika "PASCENDI DOMINICI GREGIS" über den Modernismus (philosophisches Fundament).
In Nr. 17 beschreibt der heilige Papst unmissverständlich und deftig, die Beziehung zwischen Philosophie und Theologie (das ist Vernunft und Glaube), wenn er sagt: "Die Philosophie hat in religiösen Dingen nicht zu herrschen, sondern zu dienen. Sie hat keine Glaubensvorschriften zu machen, sondern den Glauben mit dem Gehorsam der Vernunft zu umfassen. Sie hat nicht die Tiefe der Geheimnisse Gottes zu erforschen, sondern sie fromm und demütig zu verehren (Breve vom 16.6.1857 gegen Günther)." Die Modernisten kehren die Sache gerade um. Auf sie passen daher die Worte eines anderen Vorgängers von Uns,, Gregor IX., die er gegen einige Theologen seiner Zeit schrieb: "Einige unter Euch, vom Geist der Eitelkeit wie ein Schlauch aufgebläht, streben die von den Vätern gesetzten Grenzsteine in profaner Neuerung zu verrücken, sie unterwerfen das Verständnis himmlischer Dinge der philosophisch-rationalen Erkenntnis, nur um mit der Wissenschaft zu prunken, nicht zu irgedeiner Förderung ihrer Hörer. Verführt durch allerlei fremde Lehren, setzen sie den Kopf an den Schwanz und lassen die Magd Königin sein" (An die Magister der Theologie zu Paris 7.7.1228).
- II. Vatikanisches Konzil, Dokument "OPTATAM TOTIUS" über die Priesterausbildung vom 28.10. 1965, Nr. 15:Die philosophischen Disziplinen sollen so dargebeoten werden, dass die Alumnen vor allem zu einem gründlichen und zusammenhängendem Wissen über Mensch, Welt und Gott hingeführt werden. Sie sollen sich dabei auf das stets gültige philosophische Erbe (patrimonio philosophico valido) stützen (Vgl. Pius XII., Enzyklika "HUMANI GENENERIS" vom 12.8.1950).
Nr. 16: ... Alumnen ... sodann sollen sie lernen, mit dem heiligen Thomas (von Aquin) als als Meister, die Heilsgeheimnisse in ihrer Ganzheit spekulativ tiefer zu durchdringen und ihren Zusammenhang zu verstehen, um sie, so weit wie möglich zu erhellen.
- II. Vatikanisches Konzil, Erklärung "GRAVISSIMUS EDUCATIONIS" über die christliche Erziehung vom 28.10.1965, Nr. 10:
- Papst Paul VI., Enzyklika "MYSTERIUM FIDEI INEFFABILIS" über die Lehre und den Kult er Eucharistie vom 3.9.1965, Nr. 23:
(Kirchenlehrer Augustinus spricht) Wir dagegen müssen eine festgelegte Ausdrucksweise befolgen, um zu vermeiden, dass ein zu freier Gebrauch der Worte eine gottlose Ansicht verursache, auch über das, was sie bedeuten(De Civ. Dei. X. 23 Migne PL 41, 300).
Philosophische Disziplinen
Die nachfolgende Einteilung der philosophischen Disziplinen entspricht der „Ratio Fundamentalis Instituionis Sacerdotalis“ vom 06.01.1970 [veröffentlicht in „Nachkonziliare Dokumente, Bd. 25“ und „Rahmenordnung für die Priesterbildung“ vom 09.03.1978 und „Das Studium der Philosophie im Theologiestudium“, Deutsche Bischofskonferenz vom 22.09.1983)].
a) Methodologie: Methode ist ein „nach-Weg“, ein Nachgehen des eigenen Denkweges jeder Wissenschaft. Sie ist zugleich die Theorie der Methode.
b) Logik: Hier geht es um die Gesetze des richtigen Denkens, um die Folgerichtigkeit. Wer weiter in der Philosophie arbeiten will und sich mit ihr beschäftigen will, muß auch die Gesetze des folgerichtigen Denkens erkennen, sonst erliegt er leicht Trugschlüssen und falschen Ableitungen. Thomas v. Aquin war ein brillianter Logiker.
c) Erkenntnistheorie: Zeigt die Bedingungen einer objektiv gültiger Erkenntnis. Es geht um die Frage: „Wie ist dem Menschen überhaupt Erkenntnis möglich?“ Welche Kriterien sind dafür überhaupt erforderlich? Was sind die Grenzen menschlicher Erkenntnis? Diese Fragen gehen letztlich bis an die Wahrheitsbefähigung der menschlichen Vernunft.
d) Sprachphilosophie/Hermeneutik: Die Sprachphilosophie befasst sich mit der Bedeutung der Sprache für den Menschen als Menschen (ganz wichtig für das Verständnis gerade theologischer und philosophischer Texte).
e) Ontologie: Lehre vom Sein und vom Seienden. Sie fragt nach dem Seienden schlechthin, sofern es ein Seiendes ist. Sie wird von Aristoteles „erste Wissenschaft“ genannt. Der Blick wird auf das höchst Seiende gelenkt.
f) Metaphysik: Sie ist der Versuch, Sein und Sinn von Welt und Leben zu ergründen und stellt so den innersten Bezirk der Philosophie dar. So kennt etwa der Materialismus nur das Sein der Materie und will auch den Geist auf den Stoffzurückführen. Metaphysik bezieht sich auf das alles Überschreitende, alles Zuvor- und Zugrundeliegende. Aristoteles nannte seine Metaphysik auch „Theologie“ (= Rede von Gott).
g) Philosophische Gottesfrage: Sie führt zum Absoluten, zum Endpunkt einer Kausalkette, zum absoluten Verursacher. Den Weg zur Offenbarung kann sie dem denkenden Menschen jedoch nicht abnehmen. Die Glaubensentscheidung ist schließlich ein persönlicher Akt des Menschen.
h) Philosophische Anthropologie: Heute kommt der Mensch zunehmend von den verschiedensten Richtungen aus in den Blick, zugleich aber auch aus ihren Blicken. Das führt dazu, dass dem Menschen hinsichtlich seines Seins und seines Verhaltens „nachgestellt“ wird, bis er sich selber nicht mehr findet.
i) Wertlehre: Überall wird gewertet. Die Wertlehre fragt nach der Gültigkeit eines Werturteils, fragt nach dem Wesen des Wertes. Das Subjekt ist jedoch nicht Maß der Werte, weil Werte keine Beziehungen, sondern Qualitäten sind.
j) Ästhetik: Sonderfall der Wertlehre; bezieht sich auf das reine Empfinden, auf die reine Anschauung ohne Wertung.
k) Ethik: Wissenschaft von den sittlichen Werten und dem sittlichen Verhalten. Die Ethik hat die natürliche Sittlichkeit im Blick; Moraltheologie stützt sich jedoch auf die Offenbarung.
l) Religionsphilosophie: Fragestellung: Wie weit ist der Gott der Offenbarung mit dem Absoluten der Philosophie gleichzusetzen? Sie kann nicht die Philosophie an die Stelle der Offenbarung setzen, wohl aber vor subjektiven Fehlvorstellungen bewahren.
m) Geschichte der Philosophie: Die Philosophie sucht nach dem Grund, wodurch eine Sache besteht und wodurch sie überhaupt anfängt zu sein. In der Geschichte der Philosophie zeigt sich zugleich das Wesentliche des jeweiligen Zeitalters. Wir erfahren Wesentliches über uns selbst.
n) Philosophie des 20. Jahrhunderts: Die Philosophie unserer Tage hat zunehmend ihr Denken in Systemen verlassen. Immer mehr wird das eigene Denken in Frage gestellt. Neue Hauptgebiete der Philosophie sind demnach Sprachanalyse und Sprachkritik. Demgegenüber hat der christliche Philosoph Jean Guitton die neuesten Ergebnisse der Naturwissenschaft als Aufruf interpretiert, den Ansatz des Hl. Thomas von Aquin von neuem zu bedenken.
Literatur
Bernhard Kälin OSB, Lehrbuch der Philosophie, Einführung in die Logik, Ontologie, Kosmologie, Psychologie, Kriteriologie, Theodizee, Bearbeitet von P. Raphael Fäh OSB, Selbstverlag Benediktinerkollegium Sarnen 1950 (4. Auflage), 1957 (5. Auflage).
Bernhard Kälin OSB, Lehrbuch der Philosophie, Einführung in die Ethik, Umgearbeitet von Dr. P. Raphael Fäh OSB, Selbstverlag Benediktinerkollegium Sarnen 1954.
Dietrich von Hildebrand, Der Sinn des philosophischen Fragens und Erkennens, Peter Hanstein Verlag Bonn 1950.
Dietrich von Hildebraqnd, Was ist Philosophie?, Gesammelte Werken Band I, Verlag Habbel und Kohlhammer 1976.