Verfassung
Unter Verfassung versteht man im politischen Bereich die Grundordnung des Staates. Diese kann auf Überlieferung beruhen, wie in der britischen Monarchie. Dort entwickelte sich allmählich das Prinzip, dass der König durch das Parlament (d.h. gestützt auf eine Regierung, die dort eine Mehrheit hat). Bis heute fehlt in Großbritannien und Nordirland jede Verfassungsurkunde. Die gesamte Regierungs- und Verwaltungstätigkeit geschieht im Namen der Krone, die sich a priori den Willen der Regierung zu eigen macht, aber dennoch gilt der König/die Königin als Souverän.
In den meisten Staaten existieren Verfassungsurkunden, deren Verbindlichkeitsgrad jedoch unterschiedlich ist. Zu den ältesten, heute noch gültigen Verfassungen (unter mancherlei Änderungen) zählen die der USA und die des Königreichs Belgien von 1830, die den Monarchen zum Staatsorgan machte.
Durch Sprüche der Verfassungsgerichtsbarkeit extrem verbindlich sind die genannte Verfassung der USA sowie das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.
Verfassung der Kirche
Die Verfassung der Kirche ist im Wesentlichen ungeschrieben und nicht in einer Urkunde abgebildet. Das Kirchenrecht von 1983 (CIC), in voller Kontinuität zum Codex von 1917 und älterer Tradition, bildet zwar die Grundstruktur der katholischen Kirche ab. Jedoch sind die meisten Vorschriften disponibel, können also durch den Papst oder ein Konzil mit dem Papst geändert werden.
Eine nicht genau bestimmte Anzahl von Rechtssätzen in der Kirche wird jedoch als unveränderlich angesehen. Dazu gehören zunächst Rechtssätze, die direkt auf dem verbindlichen Dogma beruhen, wie etwa der Jurisdiktionsprimat des Papstes, der sein Amt immer frei ausüben kann. Irreversibel ist auch die Siebenzahl der Sakramente, der sakramentale Charakter der Ehe, das Erfordernis des (an getaufte Männer gebundene) Weihepriestertums, die Existenz und Ausübung des Bischofsamtes und wohl auch die Gliederung der Kirche in einen "Weltstand" und eine "Ordensstand" (geweihten Lebens).
Die Eigenart der Verfassung der Kirche, dass bei allem Ringen um genaue Definition ihrer Identität, immer auch Fragen in der Schwebe bleiben, drückt aber keine Unsicherheit aus, sondern vielmehr die Gewissheit, dass Jesus Christus selber in der Kraft des Heiligen Geistes, hindurch durch rechtlich verbindliche Entscheidungen von Fall zu Fall, seine Kirche leitet.
Dieses gläubige Vertrauen wurde in der Kirchengeschichte nicht selten auf die Probe gestellt. Jedoch hat die Kirche im Wandel der Zeit ein immer klareres Bewusstsein von ihrer SEndung gewonnen, wie zuletzt in den Dokumenten des II. Vatikanum niedergeschrieben.