Benignitas et humanitas (Wortlaut)

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Weihnachtsrundfunkansprache
Benignitas et humanitas

unseres Heiligen Vaters
Pius XII.
über Demokratie und Weltfrieden
24. Dezember 1944

(Offizieller italienischer Text AAS 37 [1945] 10-23)

(Quelle: Gerechtigkeit schafft Frieden, Reden und Enzykliken des Heiligen Vaters Pius XII., Herausgegeben von Wilhelm Jussen SJ, Hansa Verlag Josef Toth Hamburg 1946, S. 93-114 mit Sachregister, Kirchliche Druckerlaubnis Osnabrück am 9. Juli 1946 der bischöfliche Generalvikar Dr. Selig).

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


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Einleitung

1 Erschienen ist die Güte und Menschenfreundlichkeit unseres Erlösergottes (Tit. 3, 4). …

Ein wahrer Strom von Licht und Freude senkt sich herab auf die trauernden, betrübten, zerschlagenen Herzen und dringt bis auf ihren Grund. Die zu Boden gesenkten Häupter erheben sich und werden wieder froh, denn Weihnachten ist das Fest der Menschenwürde, das Fest des wunderbaren Tausches, durch den der Schöpfer des Menschengeschlechtes, indem Er Menschennatur annahm und sich würdigte, aus der Jungfrau geboren zu werden, uns der göttlichen Natur teilhaftig machte.

Doch von diesem strahlenden Kind in der Krippe wendet sich unser Blick unwillkürlich ab zu der Welt, die Es umgibt. Und der schmerzliche Seufzer des Evangelisten Johannes steigt uns auf die Lippen: Lux in tenebris lucet et tenebrae eam non comprehenderunt (Jo, 1, 5). Das Licht leuchtet in der Finsternis, aber die Finsternis hat es nicht begriffen.

2 Denn leider geht der Weihnachtstag schon zum sechsten Male auf über Schlachtfeldern, die sich immer weiter ausdehnen; über Friedhöfen, wo sich die Leichen der Opfer dieses Krieges immer mehr häufen; über verwüsteten Ländern, wo einige schwankende Türme in trostlosem Schweigen die Trümmer der vor kurzem noch blühenden und glücklichen Städte bezeichnen, und wo die Glocken, die zerschlagen oder weggenommen wurden, nicht mehr durch ihr festliches Lied die Menschen in dieser freudigen Nacht wecken können. Soviel Zeugen, die, wenn sie auch stumm sind, unsere Zeit verklagen und anprangern, und die zeigen, wie sie einen Schandfleck in der Geschichte der Menschheit bildet! Weil unsere Zeit willentlich die Augen verschlossen hat vor dem Lichte Dessen, Der Strahl und Abglanz des Vaters ist; weil sie sich willentlich von Christus entfernt hat, darum ist sie hinabgesunken und der Vernichtung und Entäußerung ihrer Würde anheim gefallen selbst das Ewige Licht ist ausgelöscht in zahlreichen majestätischen Domen und in vielen bescheidenen Kapellen, wo es beim Tabernakel teilnahm an der Wache des göttlichen Gastes über der schlafenden Welt. Welche Verwüstung! Welche Zerstörung! Sollte es denn keine Hoffnung mehr geben für die Menschheit?

3 Doch gepriesen, sei der Herr! Aus den schauerlichen Schmerzensrufen und mitten aus der grauenhaften Angst der Einzelnen und der bedrückten Völker leuchtet ein Hoffnungsschimmer hervor. Bei hervorragenden Geistern, deren Zahl ständig wächst, bricht ein Gedanke durch; ein immer klarerer und festerer Wille diesen Weltkrieg, diesen allgemeinen Umsturz zum Ausgangspunkt für ein neues Zeitalter, für eine tiefgreifende Erneuerung, für eine vollständige Umgestaltung der Welt zu machen. Und während, die Heere fortfahren, sich in mörderischen Schlachten mit immer grausameren Waffen aufzureiben, treffen sich die Machthaber als verantwortliche Vertreter der Nationen, um teilzunehmen an Aussprachen und Zusammenkünften, deren Ziel es ist, die Rechte und Grundpflichten zu bestimmen, auf denen die Gemeinschaft der Staaten aufgebaut werden müsste, und um den Weg zu bahnen zu einer Zukunft, die schöner, sicherer und menschenwürdiger ist. Seltsamer Gegensatz dieses Zusammentreffen eines Krieges, der auf Vernichtung zielt, mit einem sichtbaren Fortschritt in Bestrebungen und Plänen, deren Ziel ein Übereinkommen für einen festen und dauerhaften Frieden ist! Ohne Zweifel kann man über Wert, Anwendbarkeit und Wirksamkeit des einen oder anderen Vorschlags streiten, man kann, sein Urteil darüber zurückstellen, aber bestehen bleibt doch, dass die Bewegung im Gange ist.

Das Problem der Demokratie

4 Außerdem - und das ist vielleicht der wichtigste Punkt - sind die Völker unter dem unheilvollen Lichte des Krieges, das sie umfängt, und in der brennenden Glut des Schmelzofens, in den sie eingeschlossen sind, jetzt wie aus langer Betäubung erwacht. Sie haben gegenüber dem Staat, gegenüber den Regierenden eine neue Haltung angenommen, die Rechenschaft fordert, kritisch und misstrauisch ist. Durch bittere Erfahrung belehrt, widersetzen sie sich immer heftiger den Ansprüchen einer diktatorischen Macht, die nicht zur Verantwortung gezogen werden kann und die unangreifbar ist; sie suchen ein Regierungssystem, das mit der Würde und Freiheit der Bürger besser zu vereinen ist. Diese unruhigen Massen, die durch den Krieg in ihren Tiefen erschüttert sind, haben heute die Überzeugung gewonnen, - die anfangs vielleicht verschwommen und unklar war, jetzt aber nicht mehr zu unterdrücken ist -: die Welt wäre nicht in diesen vernichtenden Wirbel des Krieges hineingezogen worden, wenn es möglich gewesen wäre, das Vorgehen der öffentlichen Macht zu kontrollieren und zu steuern; in den Völkern selbst wären wirksame Garantien zu schaffen, damit für die Zukunft solche Katastrophen vermieden würden.

5 Bei dieser geistigen Haltung braucht man sich nicht mehr darüber zu wundern, dass demokratische Bestrebungen sich der Völker bemächtigen und in großem Ausmaße die Überzeugung und Zustimmung derer gewinnen, deren Anliegen es ist, die Geschicke der Einzelnen und der Gesellschaft wirksam zu beeinflussen.

6 Es ist wohl kaum nötig, hier daran zu erinnern, dass es nach der Lehre der Kirche "nicht verboten ist, Regierungsformen den Vorzug zu geben, die durch die Mitwirkung des Volkes beeinflusst werden; wohlverstanden unter der Bedingung, dass die katholische Lehre über den Ursprung und die Anwendung der staatlichen Macht gewahrt bleibt. Denn die Kirche lehnt keine der vielen verschiedenen Formen ab, die eine Regierung haben kann, sofern sie nur geeignet ist, das Wohl der Bürger zu sichern (Leo XIII, Enzycl. Libertas vom 20, ,Juni 1888, Schluss)

7 In dieser Festzeit, die zugleich die Güte des menschgewordenen Wortes und die Würde des Menschen feiert (Würde, nicht nur vom persönlichen, sondern auch vom sozialen Gesichtspunkt aus verstanden) wenden Wir Unsere Aufmerksamkeit auf das Problem der Demokratie. Wir wollen prüfen, nach welchen Gesetzen sie sich richten muss, um den Namen einer wahren und gesunden Demokratie, die den Bedürfnissen der jetzigen Stunde angepasst ist, zu verdienen. Diese Tatsache zeigt deutlich, dass die Sorge und die Arbeit der Kirche nicht so sehr ihren äußeren und inneren Aufbau betreffen, die von den jeweils verschiedenen Neigungen der einzelnen Völker abhängen, als vielmehr den Menschen selbst, der, weit davon entfernt, ein passives Element des sozialen Lebens zu sein, sein Träger, Fundament und Zweck sein und bleiben soll.

8 Es ist klar, dass die Demokratie im weiten Sinne des Wortes verschiedene Formen zulässt und sich gleich gut in einer Monarchie wie in einer Republik verwirklichen kann. So erheben sich zwei Fragen, die Wir prüfen wollen:

9 Welche Eigenschaften müssen die Menschen auszeichnen

1. die in einer Demokratie und unter einer demokratischen Regierung leben,

2. die die Macht in einer Demokratie ausüben?

10 Seine Meinung sagen über die ihm auferlegten Pflichten und Opfer und nicht gezwungen sein zu gehorchen ohne gehört worden zu sein: das sind zwei Rechte des Bürgers, die in der Demokratie, wie schon ihr Name sagt, ihren Ausdruck finden. Aus der Festigkeit, Übereinstimmung und den Erfolgen dieser Berührung zwischen Bürgern und Regierung kann man erkennen, ob eine Demokratie gesund und im Gleichgewicht und wie stark ihre Lebenskraft und Entwicklungsfähigkeit ist. Wenn wir das Ausmaß und die Art der Opfer ansehen, die von allen Bürgern gefordert werden, erscheint die demokratische Form der Regierung in der Gegenwart, wo die Tätigkeit des Staates ein so großes Ausmaß und einen so entscheidenden Einfluss gewonnen hat, vielen als eine Forderung der Natur, die von der Vernunft selbst aufgestellt ist. Doch wenn man mehr Demokratie und eine, bessere Demokratie fordert, dann kann diese Forderung nur das Ziel haben, den Bürger immer mehr in die Lage zu versetzen, sich seine persönliche Meinung zu bilden, sie zu äußern und ihr entsprechend den Forderungen des allgemeinen Wohls Geltung zu verschaffen.

11 Daraus ergibt sich eine erste notwendige Forderung mit ihren praktischen Folgerungen. Ein Staat umfasst und vereint nicht mechanisch auf einen gegebenen Raum eine formlose Anhäufung von Einzelwesen. In Wahrheit ist und muss er die organische und organisatorische Einheit eines wirklichen Volkes sein.

12 Volk und formlose Menge oder, wie man gewöhnlich sagt, Masse, sind zwei verschiedene Begriffe. Das Volk lebt und bewegt sich durch sein eigenes Leben; die Masse ist an sich untätig, sie kann nur von außen her bewegt werden. Das Volk lebt aus der Fülle des Lebens der Menschen, aus denen es besteht und deren jeder einzelne an seinem Platze und auf seine Weise eine Persönlichkeit ist, die sich ihrer Verantwortung und ihrer Überzeugung , bewusst ist. Die Masse dagegen wartet auf den Anstoß von außen, ist ein williges Spielzeug in den Händen desjenigen, der ihre Instinkte oder Gefühle ausnutzt; sie folgt bereitwillig heute dieser Fahne, morgen jener. Das überströmende Leben eines wahren Volkes teilt sich verschwenderisch und reich dem Staat und allen seinen Organen mit, flößt ihnen dadurch eine immer wieder erneuerte Lebenskraft, das Bewusstsein ihrer Verantwortung und den wirklichen Sinn für das allgemeine Wohl ein. Der elementaren Gewalt der Masse kann sich der Staat selbst bedienen, wenn er sie geschickt leitet und benutzt. Wenn der Staat dem Ehrgeiz eines einzigen oder einiger Führer, die künstlich durch ihre egoistischen Leidenschaften geeint sind, unterworfen ist, dann kann es dahin kommen, dass er mit Unterstützung der Masse, die er nur noch eine Maschine sein lässt, dem besseren Teil des Volkes seine willkürlichen Beschlüsse aufzwingt. Dadurch wird das allgemeine Wohl schwer und nachhaltig verletzt, und diese Verwundung ist nicht leicht zu heilen. Hieraus ergibt sich klar eine weitere Folgerung: die Masse; so wie Wir sie definiert haben, ist der Hauptfeind der wahren Demokratie und ihres Ideales von Freiheit und Gleichheit.

Der Bürger im demokratischen Staat

13 In einem Volk, das dieses Namens würdig ist, fühlt der Bürger in sich selbst das Bewusstsein seiner Persönlichkeit, seiner Pflichten, seiner Rechte und seiner Freiheit, verbunden mit der Achtung vor der Freiheit und der Würde des Nächsten. In einem Volk, das dieses Namens würdig ist, sind alle Ungleichheiten, die nicht aus Willkür, sondern aus der Natur der Dinge selbst stammen, Ungleichheiten der Bildung, des Besitzes, der sozialen Stellung ohne hier Gerechtigkeit und Nächstenliebe in Betracht zu ziehen - kein Hindernis für, das Vorhandensein und das Vorherrschen des Geistes wahrer Gemeinschaft und Brüderlichkeit. Sie verletzen die bürgerliche Gleichheit keineswegs, sie geben ihr vielmehr ihre wahre Bedeutung, so dass also jeder gegenüber dem Staate das Recht. hat, in Ehren sein persönliches Leben zu führen an dem Platze und unter den Verhältnissen, in die ihn die Absichten und Bestimmungen der Vorsehung gestellt haben.

14 Welchen Anblick bietet im Gegensatz zu diesem Bild des demokratischen Ideals der Freiheit und Gleichheit in einem Volke, das von ehrenhaften und gescheiten Männern geführt wird, ein demokratischer Staat, der der Willkür der Massen ausgeliefert ist! Die Freiheit, wie die moralischen Pflichten der Person verwandeln sich in tyrannische Forderungen, den Leidenschaften und Trieben freien Lauf zu lassen ohne Rücksicht auf die Rechte des Mitmenschen. Die Gleichheit sinkt herab zu einer mechanischen Gleichmacherei, zu einer farblosen Gleichförmigkeit; das wirkliche Ehrgefühl, das persönliche Handeln, die Achtung vor der Überlieferung, die Würde, mit einem Worte, alles, was dem Leben Wert gibt, versinkt und schwindet. Bestehen bleiben nur auf der einen Seite die Opfer dieses trügerischen Blendwerks einer Demokratie, das naiv mit dem Geist der Demokratie selbst verwechselt wird, mit der Freiheit und der Gleichheit; auf der anderen Seite die mehr oder weniger zahlreichen Gewinner, die durch die Macht des Geldes oder der Organisation sich eine Vorzugstellung und die Gewalt selbst zu verschaffen wussten.

15 Der demokratische Staat muss, ob er nun monarchisch oder republikanisch ist, wie jede andere Regierungsform mit einer Befehlsgewalt ausgerüstet sein, die auf wahrer und wirksamer Autorität beruht. Die absolute Seins- und Zielordnung, die den Menschen zur selbständigen Persönlichkeit macht, d, h. als Träger unverletzlicher Pflichten und Rechte, als Ursprung und Ziel des sozialen Lebens, umfasst auch den Staat als eine notwendige Gesellschaft, die mit Autorität ausgestattet ist, ohne die er weder sein noch leben kann. Denn wenn die Menschen unter Berufung auf ihre persönliche Freiheit jede Abhängigkeit von einer höheren Autorität, die mit dem Recht ausgestattet ist, Zwang auszuüben, zurückwiesen, dann untergrüben sie dadurch Würde und Freiheit, die absolute Ordnung des Seins und der Ziele.

16 Da die Persönlichkeit, der Staat und die öffentliche Macht mit ihren jeweiligen Rechten auf der gleichen Grundlage ruhen, sind sie so eng miteinander verbunden, dass sie sich gegenseitig unterstützen oder zugrunde richten.

17 Da diese absolute Ordnung, wenn man sie im Lichte der Vernunft und vor allem des christlichen Glaubens betrachtet, keinen anderen Ursprung haben kann als einen persönlichen Gott, unseren Schöpfer, so ergibt sich daraus: die Würde des Menschen besteht in der Gottebenbildlichkeit, die Würde des Staates in der sittlichen, von Gott gewollten Gemeinschaft, die Würde der politischen Autorität in der Teilnahme an der Autorität Gottes.

18 Es gibt keine Staatsform, die diese innige und unlösliche Verbindung nicht berücksichtigen müsste; noch weniger als jede andere könnte es die Demokratie. Wer daher die Macht besitzt, diese Verbindung aber nicht sieht oder sie mehr oder weniger vernachlässigt, erschüttert die Grundlagen seiner eigenen Autorität. Gleicherweise besteht die große Gefahr, dass, wenn er diese Beziehung nicht genügend berücksichtigt und in seinem Amte nicht den Auftrag sieht, die von Gott gewollte Ordnung zu verwirklichen, und wenn eigensüchtiger Ehrgeiz und Selbstsucht über die wesentlichen Forderungen der politischen und sozialen Moral vorherrschen, dass der leere Schein einer nur formellen Demokratie dem als Maske dient, was in Wirklichkeit sehr wenig demokratisch ist.

Die Regierenden im demokratischen Staat

19 Nur die klare Einsicht in die Ziele, die Gott einer jeden menschlichen Gesellschaft vorgezeichnet hat, verbunden mit dem tiefen Gefühl für die erhabenen Pflichten der sozialen Tätigkeit kann diejenigen, denen die Gewalt überantwortet ist, in die Lage versetzen, ihre Aufgaben gesetzgebender, richterlicher oder ausübender Art mit jenem Verantwortungsbewusstsein zu erfüllen, mit jener Sachlichkeit, Unparteilichkeit, Gerechtigkeit, mit jenem Großmut und Unbestechlichkeit, ohne die eine demokratische, Regierung es schwerlich erreichen wird, Achtung, Vertrauen und Billigung des besseren Teiles des Volkes zu gewinnen. Das tiefe Gefühl für die Grundlagen einer gesunden politischen und sozialen Ordnung, die den Grundsätzen von Recht und Gerechtigkeit entspricht, ist von besonderer Wichtigkeit für jene, die in einem demokratischen Regime, gleich welcher Form, als Vertreter des Volkes ganz oder teilweise die gesetzgebende Macht in ihren Händen haben. Und da der Schwerpunkt einer rechtmäßig aufgebauten Demokratie in dieser Volksvertretung liegt, von wo aus die politischen Strömungen zum Guten wie zum Schlechten in alle Gebiete des öffentlichen Lebens ausstrahlen, ist die Frage nach dem moralischen Hochstand, der praktischen Brauchbarkeit, der geistigen Fähigkeiten der Abgeordneten im Parlament für jedes Volk unter demokratischer Herrschaft eine Frage, die über Leben und Tod, Wohlstand und Verfall, Aufstieg und ständigen Niedergang entscheidet.

20 Um fruchtbare Arbeit zu leisten, um sich Achtung und Vertrauen zu erwerben, muss jede gesetzgebende Körperschaft - wie es unwiderlegliche Erfahrungen zeigen eine Elite von Männern vereinigen, die durch Geist und Charakterfestigkeit hervorragen; die sich als Vertreter des ganzen Volkes ansehen und nicht als die Beauftragten einer Gruppe, deren Sonderinteressen sehr oft an die Stelle der wahren Bedürfnisse und wahren Erfordernisse des öffentlichen Wohles treten; eine Elite von Männern, die nicht auf einen Beruf oder einen Stand beschränkt ist, sondern die ein Bild des vielfältigen Lebens des ganzen Volkes sein soll; eine Elite von Männern, die sich auszeichnet durch ihre unerschütterliche christliche Überzeugung, ihr gerades, sicheres Urteil, ihren praktischen Sinn, ihre Billigkeit, ihre in allen Umständen klare Haltung. Männer von klarer und gesunder Lehre, von festem und aufrechtem Willen; Männer vor allem, die durch die Autorität, die sie aus ihrem reinen Gewissen ausstrahlen und die sich um sie verbreitet, fähig sind, Führer und Lenker ihrer Mitbürger zu sein; vor allem in Zeiten wie den jetzigen, wo die Nöte, die die Völker bedrücken, sie leicht beeinflussbar machen und sie der Gefahr aussetzen, sich zu täuschen und getäuscht zu werden; Männer, die in Zeiten des Übergangs, die immer von Leidenschaften, Meinungsverschiedenheiten widersprechenden Programmen bedrängt und zerrissen sind, sich doppelt verpflichtet fühlen, den Adern des Volkes und des Staates, in denen tausend Fieber brennen, die geistige Medizin der klaren Sicht, der helfenden Güte, des gleichen Rechts für alle, der Willensausrichtung zur Einheit und der nationalen Eintracht im Geiste wahrer Bruderliebe einzuflößen.

21 Die Völker, deren geistige und sittliche Veranlagung noch gesund und fruchtbar ist, finden in sich selbst Herolde und Werkzeuge der Demokratie, die diese Eigenschaften besitzen und sie zu verwirklichen wissen. Sie können sie auch der Welt geben. Wo dagegen Männer dieses Schlages fehlen, werden andere ihren Platz einnehmen und aus der politischen Tätigkeit ein Feld ihres Ehrgeizes machen, den Dingen einen Verlauf geben, der ihnen, ihrer Kaste oder ihrer Klasse vorteilhaft ist. Es ist ja bekannt, dass die Jagd nach dem Einzelinteresse das wirkliche allgemeine Wohl aus dem Blickfeld ausschließt und in Gefahr bringt,

[Fortsetzung folgt]