Geist des Konzils
Der Begriff Geist des Konzils ist bereits während des 2. Vatikanums entstanden. Gemeint war damit der Geist der Öffnung zur Welt, des aggiornamento, des ökumenischen und interreligiösen Dialogs und des kirchlichen Engagements für einen neuen Humanismus. Immer wieder berufen sich bis heute verschiedene Theologen und sogar Bischöfe auf diesen vermeintlichen "Geist", der allerdings mit dem Konzil selber oft nichts zu tun hat, sondern eher im Bereich des eigenen Wunschdenkens bzw. der antikirchlichen Irrlehren anzusiedeln ist. Man kann allerdings auch aufrichtig vom Geist des Konzils sprechen. Es kommt auf den Einzelfall an.
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Das 'wahre' Konzil
Das wahre Konzil sei der "Geist des Konzils"? Denn man könne das Konzil nicht auf den bloßen Buchstaben seiner (ungelesenen) Texte reduzieren? Das eigentliche Reformwerk der Konzilsväter gehe weit darüber hinaus? So geht's nicht. Nach diesem Muster können seit Jahrzehnten alle möglichen Leute die unmöglichsten Dinge als "Früchte" des Konzils ausgeben, die zwar nicht in den Konzilstexten zu finden sind, aber angeblich dem "Geist des Konzils" entsprechen: die Laienpredigt, die Weihe von Diakoninnen, die Abschaffung des Latein, die antisakramentale Leugnung des Opfercharakters der heiligen Messe, auch Interkommunion, Religionspluralismus, die Mitwirkung der Laien bei der Bischofsfindung und so weiter. Dieser "Thesenanschlag" dient im Endeffekt nur der Zerstörung der katholischen Identität als der supranationalen Herde Christi und will die Religion zur Privatsache herabwürdigen.
Stimmen zum Konzilsgeist
Papst Benedikt XVI. sagte bereits in seinem Buch "Zur Lage des Glaubens" über den "Geist des Konzils": "Diesem 'wahren Konzil', so jedenfalls meine Diagnose, stellte man schon während der Sitzungen und mehr und mehr dann in der darauffolgenden Zeit einen angeblichen 'Geist des Konzils' entgegen, der in Wirklichkeit ein wahrer 'Ungeist' ist. Nach diesem Konzils-Ungeist wäre alles, was 'neu' ist (oder angeblich neu ist: denn wie viele alte Häresien sind in diesen Jahren wieder aufgetaucht, die als Neuheit ausgegeben wurden!), immer und in jedem Fall besser als das, was gewesen ist oder was ist. Es ist der Ungeist, der die Kirchengeschichte erst mit dem II. Vatikanum als einer Art Nullpunkt beginnen läßt."
Konzilskommentar aus dem "Geist" des Konzils
Im Juni 2005 berichtete die Internetzeitung kath.net, dass Rom gewillt sei, mit dem "nebulösen" Konzilsgeist "aufzuräumen". Fast wie als Antwort darauf, brachten Peter Hünermann und Bernd-Jochen Hilberath (Tübinger Professoren; letzterer der Lehrstuhlnachfolger von Hans Küng) 2006 einen lang vorbereiteten Kommentar (fünf Bände) zum II. Vatikanum mit dem Titel "Der Geist des Konzils" heraus. Der Kommentar will der, gegen 68-er Launen resistenten jungen Theologeneration den "Geist des Konzils" zugänglich machen. Der Kommentar wurde demonstrativ Papst Benedikt XVI. übergeben (am Rande einer Generalaudienz) und von dem Ex-Tübinger Ex-Professor Kardinal Walter Kasper in Rom vorgestellt.
Bischof Gebhard Fürst würdigte den Kommentar mit den Worten: "Eine Theologie, die aus Geist und Erbe des Konzils schöpft, bleibt stets jung und belebend und kommt unserer Kirche wie eine Erinnerung aus der Zukunft als bleibende Mahnung für ausstehende Reformanliegen entgegen." Diesem Geist entsprechend müsse die Stellung und Verantwortung der Laien in der Kirche von neuem betont und die missionarische Kirche gestärkt werden.
Kommentar
So ähnlich wie Fürst Hünermann und Hilberath müssen sich wohl Kriegsveteranen der Guten Alten Zeit (vor 1914) am Sedantag gefühlt haben, als sie ihre alten Schlachtenlieder sangen. Aber, gottlob, die Zeit lässt jede "Jugendbewegung" welken und auch alle verlegten Papiere vergilben. Übrigens: Der Vorwurf, Rom ginge hinter "das Konzil" zurück wurde zum ersten Mal nach dem 4. November 1963 (!) erhoben, als Papst Paul VI. sein (erstes) Apostolisches Schreiben, über die Großtat der tridentinischen Seminare, vortragen ließ. Das hatte wahrscheinlich noch der Karl Borromäus-Forscher Johannes XXIII. vorbereitet. Es wird seither totgeschwiegen, vor allem in der Priesterausbildung.