Tabernakel
Ein Tabernakel (von lat. tabernáculum "Zelt") ist ein kunstvolles Schränkchen, in dem das Allerheiligste Altarssakrament aufbewahrt wird, sei es im Ziborium, einer Custodia oder kleinen Monstranz.
Die Gegenwart Jesu im Tabernakel muss ein Anziehungspunkt für eine immer größere Anzahl von Seelen sein, die von Liebe zu ihm erfüllt sind und fähig sind, lange da zu bleiben, um seine Stimme zu hören und gleichsam seinen Herzschlag zu spüren. "Kostet und seht, wie gütig der Herr ist" (Ps 34,9).<ref>Johannes Paul II. Apostolisches Schreiben Mane nobiscum domine, vom 7. Oktober 2004, Nr. 18.</ref>
Inhaltsverzeichnis
Gestaltung des Tabernakels
Der Tabernakel muss sich an einem Platz in der Kirche oder Kapelle befinden, der gut sichtbar, kunstvoll ausgestattet und zum Gebet geeignet ist. Wenn in dem Tabernakel die heiligste Eucharistie aufbewahrt wird, muss davor ununterbrochen ein besonderes - in der Regel rotes - Licht brennen, durch das Christi Gegenwart angezeigt und verehrt wird ("Ewiges Licht"). Die heiligste Eucharistie darf in einer Kirche oder Kapelle nur in einem einzigen Tabernakel ständig aufbewahrt werden.
Der Tabernakel, in dem ständig die heiligste Eucharistie aufbewahrt wird, darf nicht beweglich sein; er muss aus festem, undurchsichtigem Material gefertigt und so verschlossen sein, dass, soweit irgend möglich, die Gefahr der Profanierung vermieden wird. An geheiligten Orten, wo die heiligste Eucharistie aufbewahrt wird, muss ständig jemand da sein, der sie in seiner Obhut hat; soweit es möglich ist, soll wenigstens zweimal im Monat ein Priester dort die Messe feiern. Wenn kein schwerwiegender Grund dem entgegensteht, ist eine Kirche, in der die heiligste Eucharistie aufbewahrt wird, täglich wenigstens einige Stunden für die Gläubigen offenzuhalten, damit sie vor dem heiligsten Sakrament beten können.
Ursprung und Funktion
Der Ursprung des Tabernakels dürfte auf die Bundeslade der Stiftshütte zurückzuführen sein, in der die Gesetzestafeln, das Allerheiligste der Juden, aufbewahrt wurden. Diese Tradition der Bundeslade hat sich im Judentum als Erinnerung bis heute im Thoraschrein erhalten, der das Heiligste der jeweiligen Gemeinde, die Thorarolle, enthält.
Das Allerheiligste der Christenheit, das Altarssakrament, hat etwa seit dem 14. Jahrhundert seinen herausgehobenen Platz im Tabernakel. Vorher wurde das "Viaticum", die in der Heiligen Messe für die Kranken- und Sterbekommunion übriggelassenen konsekrierten Hostien, zunächst in einer Nische im Chorraum der Kirche und seit der Gotik in einem oft kunstvollen "Sakramentshaus", ebenfalls im Chorraum, aufbewahrt.
Hauptzweck der Aufbewahrung der Eucharistie ist bis heute die Kranken- und Sterbekommunion: "Die eucharistischen Gestalten werden nach der Messe vor allem deshalb aufbewahrt, damit die Gläubigen, die der Messe nicht beiwohnen können, besonders die Kranken und die Betagten, durch die sakramentale Kommunion mit Christus und seinem Opfer, das in der Messe dargebracht wird, vereinigt werden." Hinzugekommen ist im Mittelalter der "Brauch, dieses so große Sakrament zu verehren und ihm jenen Kult der Anbetung zu erweisen, der Gott gebührt", und zwar in Form privater und öffentlicher, gemeinschaftlicher Art.<ref>Kongregation für den Gottesdienst, Dekr. Eucharistiae sacramentum (21. Juni 1973): AAS 65 (1973) 610.</ref>
Papst Pius XII. hob hervor, dass die Person des Herrn den Mittelpunkt des Kultes bilde, und sagte dazu: "Den Tabernakel vom Altar trennen bedeutet zwei Dinge trennen, die nach Ursprung und Natur vereint bleiben müssen. Die Art und Weise, wie man den Tabernakel auf dem Altar aufstellen soll, um die Zelebrierung zum Volk hin nicht zu behindern, kann verschiedene Lösungen finden" (Ansprache Vous Nous avez vom 23. September 1956). Das Zweite Vatikanische Konzil ordnete in der Konstitution Sacrosanctum Concilium (Nr. 128) an, die Vorschriften zu Form, Ort und Sicherheit des Tabernakels "unverzüglich zu revidieren". Im Zuge der nachkonziliaren Liturgiereform fand der Tabernakel oft in einer würdig gestalteten Seitenkapelle ("Sakramentskapelle") seinen Platz. Mancherorts kehrte man auch zur Tradition der Sakramentshäuser zurück.
Päpstliche Schreiben
- 27. Mai 1917 Codex Iuris Canonici Pii X. Pontificis Maximi, Libreria Typis Polyglotti Vaticano 1929, can. 1265-1275.
- 26. März 1929 Hl. Kongr. für die Sakramentenordnung, Instruktion Dominus salvator noster an die Ordinarien - was bei der Heiligen Messe, der Aufbewahrung und Austeilung des allerheiligsten Sakramentes zu beachten ist (AAS 21 (1929) 631-642).
- 26. Mai 1938 Hl. Kongr. für die Sakramentenordnung, Instruktion Nullo unquam über die Aufbewahrung der Eucharistie (AAS 30 (1938) 198-207).
- 30. Juni 1952 Heiliges Offizium Instruktion "De arte sacra" Gegen sich erhebende Bestrebungen zur Verdrängung des Tabernakels vom Hochaltar: die can. 1268 § 2 und 1269 § 1 CIC (AAS 44 (1952) 542-546): Streng aber verlangt diese Oberste Heilige Kongregation, dass die Vorschriften des Can. 1268, § II und 1269, § I heiliggehalten werden: "Die heilige Eucharistie soll am hervorragendsten und vornehmsten Platz der Kirche aufbewahrt werden, gewöhnlich auf dem Hochaltar, wenn nicht ein anderer der Verehrung und dem Kult eines so großen Sakramentes angemessener und geziemender erscheint ... Die heilige Eucharistie soll in einem unverrückbaren Tabernakel mitten auf dem Altar aufbewahrt werden."
- 23. September 1956 Ansprache Vous Nous avez an die Teilnehmer am internationalen pastoral-liturgischen Kongress von Assisi. Der Papst wiederholt die Vorschriften des CIC 1917, Can. 1268, § II und 1269, § I und erklärt: "Es handelt sich nicht so sehr um das materielle Vorhandensein des Tabernakels auf dem Altar als um eine Tendenz, ... nämlich die Neigung zu geringerer Hochschätzung der Gegenwart und Wirkung Christi im Tabernakel. ... Das Wesentliche besteht darin, verstanden zu haben, dass es real der Herr ist, der auf dem Altar und im Tabernakel gegenwärtig ist... Die Person des Herrn muss den Mittelpunkt des Kultes bilden, denn sie gibt den Beziehungen zwischen Altar und Tabernakel Einheit und Sinn. Zunächst vergegenwärtigt sich der Herr in der Eucharistie durch das Opfer des Altares, und im Tabernakel wohnt er nur als "memoria sacrificii et passionis suae"."
- 1. Juni 1957 Ritenkongregation: Dekret Sanctissimam eucharistiam maximo über die Aufbewahrung des heiligen Sakramentes der Eucharistie in den Gotteshäusern: Der Tabernakel darf nicht die Form eines einfachen Kästchens haben. Er muß die Wohnung Gottes unter den Menschen darstellen. Seine Ornamente müssen eine den Gläubigen verständliche Beziehung zum heiligen Sakrament haben. Es wird ausdrücklich verboten, daß der Tabernakel sich außerhalb des Altares befindet, zum Beispiel in einer seitlichen Wand oder seitwärts bzw. auf der Rückseite des Altares. Auch die Neuerrichtung von Sakramentshäuschen ist untersagt. Wo sie seit alter Zeit vorhanden sind, dürfen sie weiter gebraucht werden.
- 4. Dezember 1963 Konstitution "Sacrosanctum concilium" des Zweiten Vatikanischen Konzils über Liturgie, Nr. 128.
- 26. September 1964 Instruktion "Inter oecumenici" des Rates zur Ausführung der Konstitution über die heilige Liturgie und der Ritenkongregation , Nr. 92+95.
- 30. Juni 1965 Brief von Kardinal Giacomo Lercaro , Vorsitzender des "Consilium" an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen über die Förderung der liturgischen Erneuerung, Nr. 10.
- 25. Mai 1967 Instruktion "Eucharisticum mysterium" des Rates zur Ausführung der Konstitution über die heilige Liturgie und der Ritenkongregation, Nr. 52-57.
- 2002 "Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch" (AEM; "Institutio generalis Missalis Romani", 3. Auflage). 274+310+314-317 Nr. 274: Steht der Tabernakel mit dem Allerheiligsten Sakrament im Altarraum, machen der Priester, der Diakon und die anderen Altardiener eine Kniebeuge, wenn sie zum Altar kommen und von dort weggehen, nicht aber während der Messfeier. Sonst machen alle eine Kniebeuge, die vor dem Allerheiligsten Sakrament vorbeigehen, außer wenn sie in einer Prozession mitgehen.
- 25. Januar 1983 Codex Iuris Canonici, Codex des kanonischen Rechtes, Lateinisch-deutsche Ausgabe, Butzon & Bercker Verlag 1983 (ISBN 3-7666-9328-X; Libreria Editrice Vaticana), Can 934-944 (siehe oben die Beschreibung).
- 25. März 2004 Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung: Instruktion Redemptionis sacramentum, Die Aufbewahrung der heiligsten Eucharistie, Nr. 129-133.
Literatur
- Mannes M. Rings: Der Tabernakel von Rosen umrankt - oder Eucharistie und Rosenkranz, von P. Mannes M. Rings, O.P., S. Theol. Lector, Laumann Verlag Dülmen 1915 (5. und 6. Auflage, Mit Imprimatur; 240 Seiten).
- Georg May: Die Prinzipien der jüngsten kirchlichen Gesetzgebung über die Aufbewahrung und die Verehrung der heiligsten Eucharistie. Lumen Gentium-Stiftung Vaduz/Liechtenstein 1971 (27 Seiten).
Weblinks
- Erste Internationale Tagung zur Eucharistischen Anbetung in Rom (im Dezember 2010)
- Der Gefangene im Tabernakel www.summorum-pontificum.de am 9. April 2014
Anmerkungen
<references />