Keuschheit: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 24. Januar 2009, 15:02 Uhr
Die zwölf Früchte des Heiligen Geistes nach Galater 5, 16–26 |
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Jeder Christ ist entsprechend seines jeweiligen Lebensstandes zur Keuschheit aufgerufen. Egal ob verheiratet, "Single", im Ordensstand oder als Kleriker, jeder Getaufte ist, aus Dank gegenüber Gott, dem Schöpfer und Erlöser, im Heiligen Geist zu keuschem Leben gemäß seinem Stande fähig und verpflichtet.
Inhaltsverzeichnis
Begriff
Keuschheit wird auch als Heilige Reinheit bezeichnet. Unter Keuschheit bezeichnet man das erlernen der freiwillige Selbstbeherrschung oder auch Enthaltsamkeit im sexuellen Bereich, welche eine Erziehung zur menschlichen Freiheit ist.
Die Sexualität des Menschen ist bereits vor dem Sündenfall vorhanden gewesen und wurde als „Sehr gut!“ bezeichnet. („Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ Gen. 1,31)
Die Keuschheit ist eine Hilfe zur Heiligkeit: Keuschheit ist eine positive Bejahung eines reinen Lebens. „Selig die reinen Herzens sind, sie werden Gott schauen“. Heilige Reinheit, keusches Leben ist eine Gnade, die man von Gott erbitten muss. Es gibt die Gewohnheit, aktiv für Enthaltsamkeit zu beten, indem man z. B. Abends vor dem ins Bett gehen drei Ave Maria für Reinheit und Keuschheit betet.
Vom Geist der Reinheit
- "Was die Keuschheit betrifft, ich meine den Geist der Keuschheit, so muss man der Welt verständlich machen, dass sie keine nebensächliche Kraft ist, am Rande, nötig nur für bestimmte Lebensstände und die also der Großteil der Menschen beiseite lassen kann. Die Herrschaft des Geistes über das Fleisch, das ist keiner Spezialität jener, die, einer größeren Liebe wegen, dem Gebrauch des Fleisches entsagt haben: Diese Meisterschaft ist unverzichtbar für die Menschenwürde. Sie gehört zu der Tugend, welche die Alten tempérance nannten, das Maßhalten. Das ist die Selbstbeherrschung. Ich wage zu sagen, dass die Keuschheit das erreicht, wonach die Modernen mit Recht sehr stark drängen: Die Verfügbarkeit, die Selbstbestimmung, die Freiheit. Lasst uns nicht fürchten, sehr hoch von dem zu sprechen, über das der Großteil der Leute ganz niedrig denkt: Es gibt keine wahre Freiheit ohne den Geist der Keuschheit. Und ich würde überdies sagen, dass die Keuschheit, besonders die eheliche Keuschheit, mit Glaube und Liebe verbunden ist. Wo immer der Geist der Keuschheit in den Gewissen schwindet, sieht man auch die Fähigkeit schwinden, das Wort Gottes in sich zu vernehmen, den Wunsch nach dem ewigen Leben, den Durst nach einem Gespräch mit Gott. Alles in allem: Der gesamte Geist der Seligpreisungen kann zusammengefasst werden in der Seligpreisung: Bienheureux ceux qui ont le coeur pur parce qu'ils verront Dieu! Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott sehen. (...) Da kommt mir ein Satz von Manzoni in den Sinn. Das ist, denke ich, gegen Ende der Promessi sposi, bei Euch übersetzt mit les Fiancés (Die Verlobten): Les difficultés de la vie lorsqu'elles se présentent, par suite de nos fautes, ou même sans qui'il y ait de nos fautes: la confiance en Dieu les adoucit et les rend utiles pour une vie meilleure." (Die Schwierigkeiten des Lebens, wo immer sie sich zeigen, ob sie in Folge unserer Sünden oder selbst ohne unsere Sünden da sind: Das Gottvertrauen versüßt sie und macht sie nützlich für ein besseres Leben.)
[Von Paul VI., in: Jean Guitton, Dialogues avec Paul VI, Paris 1967, S. 333 f.]
Keuschheit in den Zehn Geboten
Die Tugend der Keuschheit leitet sich aus dem 6. und 9. Gebot ab.
VI. Gebot: "Du sollst nicht die Ehe brechen.“ (Ex 20,14; Dtn 5,18)
IX. Gebot:"[...] Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen." "[...] Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen." (Mt 5,27-28)
Verstöße gegen die Keuschheit
Unkeuschheit ist ungeordneter Genuß oder ungeordnetes Verlangen nach geschlechtlicher Lust, insb.:
- Masturbation (als sexueller "Kurzschluss")
- Unzucht ("Wilde Ehe", "Seitensprünge", usw.)
- Pornographie
- Prostitution
- Vergewaltigung und Homosexualität
Berufen zur Keuschheit
Im Katechismus der Katholischen Kirche heißt es in Nr. 2337: „Keuschheit bedeutet die geglückte Integration der Geschlechtlichkeit in die Person und folglich die innere Einheit des Menschen in seinem leiblichen und geistigen Sein. Die Geschlechtlichkeit, in der sich zeigt, dass der Mensch auch der körperlichen und biologischen Welt angehört, wird persönlich und wahrhaft menschlich, wenn sie in die Beziehung von Person zu Person, in die vollständige und zeitliche unbegrenzte wechselseitige Hingabe von Mann und Frau eingegliedert ist.“
Die Tugend der Keuschheit wahrt somit zugleich die Unversehrtheit der Person und die Ganzheit der Hingabe. Vorbild für gelebte Keuschheit ist auch der Hl. Josef: „Lehre uns den rechten Umgang mit Gott“
Keuschheit in der Ehe
Die eheliche Keuschheit ist ein Begriff der sich in der Tradition der Kirche erst langsam durchsetzt. Sie ist nicht gleichzusetzen mit der Abstinenz und verlangt einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Geschlechtlichkeit.
Der Hl. Josemaría äußerte sich in Aphorismen auch zu diesem Thema.
Sexualität als Sprache
Die eheliche Vereinigung von Mann und Frau ist ein besonders intensiver Ausdruck der gegenseitigen Liebe. Der Leib hat seine eigene Sprache, die nicht verfälscht werden darf. Wenn sich Mann und Frau einander sexuell hingeben, dann bedeutet dies in der Sprache des Leibes: Ich gehöre Dir an für immer und ganz; ich binde mich in Liebe und Treue an Dich!
Das aber heißt: Das Ja-Wort der Trauung ist Voraussetzung für die Aufrichtigkeit der sexuellen Hingabe. Wer das Ja-Wort nicht geben kann / will und trotzdem die sexuelle Gemeinschaft sucht, belügt sich selbst und seine(n) Partner(in), indem er/sie mit dem Leib etwas zum Ausdruck bringt, was er/sie mit dem Herzen (noch) gar nicht meint.
Keuschheit in den evangelischen Räten
In der Tradition der Kirche kann man spezielle Gelübde ablegen. Eins davon sind die evangelischen Räte, bei dem man sich zu Armut, Keuschheit in Ehelosigkeit und Gehorsam verpflichtet.
Zitate
- "In der Nachfolge Christi, der das Vorbild der Keuschheit ist, sind alle berufen, ihrem jeweiligen Lebensstand entsprechend ein keusches Leben zu führen: die einen in der Jungfräulichkeit oder in der gottgeweihten Ehelosigkeit, die eine hervorragende Weise ist, sich leichter mit ungeteiltem Herzen Gott hinzugeben; die anderen, die verheiratet sind, in dem sie die eheliche Keuschheit leben; und die Unverheirateten, indem sie enthaltsam leben." (aus: Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche)
- "Die Treue kommt darin zum Ausdruck, dass das gegebene Wort stets gehalten wird. Gott ist treu. Das Sakrament der Ehe nimmt den Mann und die Frau in die Treue Christi zu seiner Kirche hinein. Durch die eheliche Keuschheit bezeugen sie vor der Welt dieses Mysterium." (aus: Katechismus der Katholischen Kirche)
- "Seht, wer von lüsterner Sinnlichkeit angefault ist, kann im geistlichen Leben nicht vorwärts kommen. Unfähig zu jedem guten Werk, ist er wie ein Krüppel, der nicht vom Boden aufstehen kann. Habt ihr nicht schon einmal Kranke mit progressivem Knochenschwund gesehen, die ganz hilflos geworden sind? Manchmal bewegen sie nicht einmal mehr den Kopf. Das gleiche widerfährt im Übernatürlichen denen, die, die Demut verachtend, sich aus Feigheit der Unzucht ergeben haben. Sie sehen nichts, sie hören nichts, sie verstehen nichts. Sie sind gelähmt und wie von Sinnen. Hier muss sich jeder von uns an den Herrn und an die Mutter Gottes wenden mit der Bitte, sie mögen uns die Demut schenken und die nötige Entschlossenheit, fromm zum göttlichen Heilmittel der Beichte Zuflucht zu nehmen. Lasst nicht zu, dass sich in eurem Herzen ein Eiterherd bildet, mag er noch so klein sein. Sprecht euch aus. Fließendes Wasser ist sauber; wenn es aber steht, wird es zur abstoßenden, schlammigen Pfütze und zu einem Tummelplatz für Ungeziefer (vgl. Josemaría Escrivá de Balaguer; in „Freunde Gottes", S. ??).
- "Im Hinblick auf die eheliche Keuschheit sage ich den Eheleuten, dass sie keine Angst haben sollen, ihrer Zuneigung auch Ausdruck zu verleihen, im Gegenteil, diese Zuneigung ist ja gerade das Fundament ihrer Familie. Was der Herr von ihnen erwartet, ist, dass sie sich gegenseitig achten, loyal im Umgang miteinander sind, feinfühlig, natürlich und rücksichtsvoll. Und ich füge hinzu, dass die eheliche Begegnung echt ist, wenn sie Zeichen wirklicher Liebe ist und daher für den Willen zum Kind offen bleibt. Die Quellen des Lebens versiegen zu lassen, ist ein Verbrechen an den Gaben, die Gott der Menschheit anvertraut hat, und ein Hinweis darauf, dass man sich vom Egoismus und nicht von der Liebe leiten läßt." (Hl. Josefmaria Escriva (s.o.), Homilie an Weihnachten 1970)
- "Alles, was dazu beiträgt, die auf die Ehe eines Mannes und einer Frau gegründete Familie zu schwächen, was direkt oder indirekt die Bereitschaft der Familie zur verantwortungsbewußten Annahme eines neuen Lebens lähmt, was ihr Recht, die erste Verantwortliche für die Erziehung der Kinder zu sein, hintertreibt, stellt ein objektives Hindernis auf dem Weg des Friedens dar." (Papst Benedikt XVI. in der Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages 2008.)
Literatur
Katharina Westerhorstmann: Über die Tugend der Keuschheit. Anmerkungen zu einem brisanten Thema. In: Brixner Theologisches Forum. Beiheft 117. 2006, 58-75.