Briefe Papst Pius' XII.: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 28. Februar 2024, 08:05 Uhr
Apostolische Briefe Papst Pius' XII., welche in der deutschen Sprache veröffentlicht sind. Sie werden chronologisch sortiert. Die Quelle ist jeweils angegeben. Sie sind vor allem aus der Sozialen Summe Pius' XII..
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist |
Inhaltsverzeichnis
6. Januar 1945
Nos Chers Fils |
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an die Bischöfe Frankreichs
über sittliche Leitgedanken zum sozialen Wiederaufbau
(Offizieller französischer Text: AAS 37 [1945] 180-183)
Hoffnungsvolle und schmerzliche Gedanken zur Lage des französischen Volkes kurz vor Abschluss des zweiten Weltkrieges
Im Augenblick, wo Euer teures Vaterland von der furchtbaren Prüfung getroffen wurde, hielten Wir es für angebracht, zu Euch vom tiefen Nachempfinden zu sprechen, das durch die gleiche Drangsal in Unserem Herzen verursacht wurde, und von dem lebhaften Mitleid, das Wir mit Eurem Schmerze hegten.
Da Wir jedoch wussten, welche Quellen Frankreich besaß, um selbst in seinem Unglück den Antrieb zu einem neuen Aufstieg zu finden, richteten Wir an Euch Worte der Ermunterung und des begründeten Vertrauens, und Wir erneuerten sie jedes Mal, wenn sich Gelegenheit hierzu bot. Neulich noch konnten Wir zu Unserer Freude, sozusagen als Vorspiel zu seiner Verwirklichung, die hl. Theresia vom Kinde Jesu, zusammen mit der hl. Jeanne d'Arc, zur zweiten Schutzherrin Frankreichs erheben unter dem Hauptpatronat des hohen Geheimnisses der Himmelfahrt Unserer Lieben Frau. Doch seht, entgegen allen menschlichen Erwartungen hat sich der göttliche Wille zu Gunsten Eures heißgeliebten Vaterlandes kundgetan, und schon nimmt das Werk des nationalen Wiederaufbaus ein beschleunigteres Maß an.
Darum wollen Wir Euch wissen lassen, mit welch inniger Freude Wir mit der ersten Stunde dieser Wiedererstehung verbunden sind, so wie Wir es zur Zeit des Schmerzes und der Niedergeschlagenheit waren.
Gewiss wissen Wir wohl, dass das wiedererstandene Frankreich noch die Narben trägt, von denen es durch den verheerenden Krieg gezeichnet wurde, der ohne Schonung von Menschen und Dingen das menschliche Elend auf einen Höhepunkt trieb, den es in der Vergangenheit sicherlich noch nie erreicht hatte.
Wenn Wir Uns jedoch daran erfreuen, die sichtlichen Zeichen des neuen Aufschwungs festzustellen, für das der Herr Euer Land vorbereitet, so teilen Wir doch auch die Sorgen, die noch auf Euren Söhnen lasten, seien sie daheim oder noch weit fort. Wüssten doch alle, selbst jene, die sich vielleicht von Uns getrennt glauben, wie sehr der gemeinsame Vater die Schmerzen seiner Kinder empfindet, aller ohne Ausnahme, und wie innig er die göttliche Vorsehung anfleht, sie zu trösten und durch eine beschleunigte Wiederkehr des Friedens einer so harten und so vielfachen Trennung ein Ende zu machen.
Vor allem möchten Wir, dass die im gemeinsamen Leid gereiften Herzen, weit davon entfernt, sich zu verbittern und zu verschließen, sich im Gegenteil, den Spuren des Herrn folgend, weiten in einem gegenseitigen und brüderlichen Verstehen, in der Überzeugung vom reinigenden und erlösenden Wert des Schmerzes und des Kreuzes. Schließlich möchten Wir gerne die ganze Aktivität auf die Grundlage jener urechten Liebe gestellt sehen, von der Ihr in der Prüfung so herrliche Beispiele gegeben habt, und die unbedingt nötig ist für den Wiederaufbau einer bis auf die Fundamente erschütterten Welt.
Notwendigkeit starker Persönlichkeiten für den moralischen and sakralen Wiederaufbau Frankreichs
Es ist wahrhaftig eine neue Welt, die aus den Trümmern erstehen soll, die der jetzige Krieg aufgetürmt hat, eine Welt, die in ihrem rechtlichen Aufbau besser geordnet ist, eine ausgeglichenere, gesündere Welt, in der die Menschen daran gehen, die schreiendsten Ungerechtigkeiten zu beseitigen und eher nach Beweggründen für eine brüderliche Annäherung als nach Anlässen für Zwietracht und Rache zu suchen.
Das ist eines der brennendsten Probleme, von dem die Zukunft der Zivilisation abhängt, das jedoch keineswegs die Kirche zu entmutigen vermag, die ebenso über stark geschichtsgebundene wie über außerordentlich zeitgemäße Einrichtungen verfügt. Als Verwalterin des Erbes von Wahrheiten und Heilsmitteln, die ihr von ihrem göttlichen Stifter hinterlassen wurden, macht sie sich, heute wie ehedem, die Worte zu eigen, die der Apostel vor der heidnischen Welt aussprach : «Omnia possum in eo, qui me confortat» - «Ich vermag alles in dem, der mich stark macht» (Phil. 4, 13). Im übrigen kann die Kirche auf die Mitarbeit der Geistlichen und der Laien zählen Die einen wie die anderen haben, vor allem auf französischer Erde, durch ihr Beispiel bewiesen, was, allein schon auf der Ebene des Menschlichen, die Hingabe, die fähig ist, sich bis zum Opfer der Freiheit und des Lebens zu erheben, im großmütigen Einsatz für die höchsten Belange des Vaterlandes vermag. Könnten Wir aus den Reihen Eurer glänzenden Organisationen doch bald eine große Anzahl von Leuten hervorgehen sehen, die grundsatzfest und genau bewandert sind in der kirchlichen Lehre, fähig, die Bereiche des Sozialen, Wirtschaftlichen und Juristischen mit dem wahren christlichen Geiste zu durchdringen und durch ihre bürgerliche und politische Tätigkeit die Rettung der religiösen Belange zu gewährleisten.
Könnten Wir vor allem, dank der gemeinsamen Bemühungen von Kirche und Staat und der Familienorganisationen, die Familie - die natürliche Heimstätte, wo sich normalerweise die menschliche Person entwickelt, und die der Krieg leider zu einem seiner Opfer gemacht hat - möglichst bald in Frankreich ihre Festigkeit und ihre Fruchtbarkeit wiedererlangen sehen.
Werdet indessen nicht müde, Euren Söhnen in Erinnerung zu rufen, dass sie der Welt nur in dem Maße etwas geben können, als sie es selbst verstanden haben, an der «Fülle Christi» teilzunehmen. Sie sollen es wohl wissen, dass sie, die berufen sind, die geheimen Sehnsüchte der Gesellschaft zu erfüllen, ihre Sendung nur insoweit erfüllen können, als sie fortgeschritten sind in der Kenntnis Christi, seines Werkes, seiner Lehre und der Kirche, die er gegründet hat zur Fortdauer seines Lebens in den Seelen.
Die Wichtigkeit der Heranbildung und gründlichen Ausbildung von Priestern
Dies alles geht in besonderer Weise die Geistlichkeit und die jungen Leute an, die sich im Schatten des Heiligtums darauf vorbereiten, eines Tages das Salz und das Licht der Welt zu werden. Wir verkennen bestimmt nicht, mit welch hingebender Sorge Ihr sie in Euren Seminarien betreut, mit welchem Eifer und Opfergeist Ihr Geist und Herz von ihnen zu bilden sucht. Zudem sind diese Sorge und dieser Eifer schon, teilweise wenigstens, durch die göttliche Güte vergolten worden. In der Tat kommt Uns in den Sinn, dass mehrere Seminarien trotz der großen Schwierigkeiten der gegenwärtigen Stunde dieses Jahr ihre Tore wieder geöffnet haben mit einer sehr tröstlichen Anzahl von jungen Priesterkandidaten, ganz wie es Uns auch in den Sinn kommt, dass selbst bis in die Kriegsgefangenenlager mehr als eine Berufung Wurzel geschlagen hat. Möge es Gott gefallen, dass Wir sehen können, wie in allen Euren Seminarien die großen Traditionen der Wissenschaft und Frömmigkeit fortgesetzt werden, die in der Vergangenheit so viele Priester und berühmte Prälaten gebildet haben.
Wachet also darüber, dass Eure jungen Kleriker von den ersten Jahren an in der Wissenschaft der Heiligen wachsen, das heißt in der Praxis des Opfers und des Gebetes, und dass sich ihre Bildung auf einem reichen und fruchtbaren Gebiet entfalte.
Da Gott andererseits seine Kinder dazu beruft, unter bestimmten Umständen der Zeit und des Ortes, der Personen und konkreter Erfordernisse ihre Tätigkeit zu entfalten, seid überdies besorgt, dass Euer Klerus, zwar in ganz unverbrüchlicher Treue zu den Grundsätzen, in aller Klugheit ständig bemüht sei, sich in seiner Tätigkeit den Notwendigkeiten der gegenwärtigen Stunde anzupassen. Von Eurem Wort und Eurem Beispiel ermutigt, wird er sich über diese Notwendigkeiten Rechenschaft abzulegen suchen durch das Studium der sozialen Fragen, wovon, für den Fall, dass sie im Licht des Evangeliums und der von diesem höchsten Stuhl vorgetragenen Lehren gelöst werden, der Aufstieg der Arbeiter auf eine angemessene und der Würde der menschlichen Person entsprechendere Lebensebene abhängt.
Ermahnung zum Gehorsam gegenüber der Hierarchie
Unser apostolisches Amt legt es Uns in gleicher Weise auf, die Aufmerksamkeit Unserer lieben Söhne aus dem französischen Kleriker- und Laienstand auf etwas zu lenken, was man mit gutem Recht als die oberste Bedingung für jede rechtmäßige und fruchtbare Zusammenarbeit mit dem hierarchisch gestuften Apostolat betrachten kann, nämlich die kindliche Abhängigkeit in Bezug auf jene, die der Heilige Geist gesetzt hat zur Regierung der Kirche Gottes.
Diese Gleichförmigkeit der Ziele und Mittel, welche die Bischöfe unter sich und die Gläubigen mit ihren Hirten einigen muss, wollen Wir gerne als gutes Vorzeichen nehmen für den Erfolg einer Tätigkeit, die ganz für das allgemeine Wohl bestimmt ist und für den Wiederaufbau des Vaterlandes, die ganz ausgerichtet ist auf die Abschaffung jener menschlichen « Vetustas » - « des früheren Zustandes », welchen die Ankunft Christi beseitigt hat, um in der Gesellschaft jene Lehren erstrahlen zu lassen, die der Welt Licht und Frieden bringen.
Schlussgedanken
Mit noch mehr Überzeugung als vor bald acht Jahren wieder holen Wir Euch die Worte, die Wir von der hohen Kanzel von Notre-Dame aus sagten: «Bleibt treu Eurer geschichtlichen Berufung! Niemals noch hat eine schwerere Stunde Euch ihre Verpflichtungen auferlegt, aber niemals gab es eine schönere Stunde, um ein Ja zu sagen. Lasset die Stunde nicht vorübergehen, lasset die Gaben nicht verkümmern, die Gott Euch schenkt, entsprechend den Aufgaben, die er Euch anvertraut. Vergeudet sie nicht, entweiht sie nicht im Dienste irgendeines trügerischen Ideals, das unbeständig ist oder weniger edel und Eurer weniger würdig! »
Zum Zeichen eines ganz besonderen Wohlwollens und als Unterpfand inniger Wünsche, mit denen Wir Euch in der Ausführung dieser großen Aufgabe begleiten, erteilen Wir Euch von ganzem Herzen, Euch, geliebte Söhne, dem Klerus und dem Eurer Sorge anvertrauten Volk, der edlen französischen Nation und denen, die seine Geschicke leiten, Unseren väterlichen Apostolischen Segen.
im sechsten Jahr Unseres Pontifikats.
14. Juli 1945
Nous avons pris |
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an Prof. Charles Flory, den Präsidenten der «Sozialen Wochen Frankreichs»
anlässlich der zweiunddreißigsten Sozialen Woche
Leitgedanken zum wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbau nach dem Kriege
(Offizieller französischer Text: AAS 37 [1945] 210-212)
Einleitung Eine ganz besondere Teilnahme haben Wir der reichhaltigen Abhandlung entgegengebracht, die Sie Uns in treuer Ergebenheit gewidmet haben. Sie betrifft die «Sozialen Wochen Frankreichs», die nach einer langen und schmerzlichen Zwischenpause sich anschicken, ihre verdienstreiche Tradition wieder aufzunehmen. Und da sind Wir zunächst gedrängt, innigen Anteil zu nehmen an dem Leid, das Sie durch den schmerzlichen Verlust des Präsidenten Eugen Duthoit getroffen hat. Der Ausfall dieses großen Christen und verdienten Professors musste von der katholischen Universität Lille und von den «Sozialen Wochen» lebhaft empfunden werden. Wir legen Wert darauf, Ihnen zu sagen, wie sehr es Uns selbst nahe gegangen ist, da Wir doch mehr als einmal Gelegenheit hatten, in besonderer Weise den tiefen Glaubensgeist und die treue Ergebenheit zum Heiligen Stuhl, die den berühmten Dahingegangenen beseelten, schätzen zu lernen.
Indem die Vorsehung Sie nach einem noch nie dagewesenen Zusammenbruch zu seinem Nachfolger berief, vertraut sie Ihnen eine hohe und schwere Aufgabe an, für deren Gelingen Wir von ganzem Herzen den Heiligen Geist anflehen, dass er Sie leiten und erleuchten möge.
Es ist in der Tat ein schweres Unterfangen, ein tiefgreifender und echter Wiederaufbau, zu dem die Einrichtung der «Sozialen Wochen» berufen ist, ihre wertvolle Mitarbeit zu leisten.
Diese ungeheure Arbeit muss, soll sie nicht scheitern, voranschreiten entsprechend einer Idee und einem Plan, die sich auf die unwandelbaren Lehren des Evangeliums und dessen heilsame Anwendungen berufen, die das Päpstliche Lehramt gemäß göttlicher Berufung unablässig für die verschiedenen Umstände der Zeit und des Ortes trifft. Und dies möchte ja auch in kurzen Worten das Thema Ihrer bevorstehenden Sitzungen von Toulouse zum Ausdruck bringen: «Soziale Wandlungen und Befreiung der Person» (Transformations sociales et libération de la personne). Denn es ist nur zu wahr, dass die Nachkriegsverhältnisse, in Frankreich wie auch in allen anderen Ländern, mit einer seltenen Schärfe dringende Bedürfnisse und Ansprüche aufkommen lassen, denen man im übrigen billigerweise nicht jede Berechtigung absprechen kann.
Nur eine Neuordnung im Sinn der kirchlichen Soziallehre sichert die Würde der menschlichen Person im sozialen Raum
Unsererseits haben Wir es Uns selbst mitten in den feindlichen Auseinandersetzungen zur Pflicht gemacht, die Völker und ihre Führer darauf hinzuweisen, dass sie nach solchen Erschütterungen eine wirtschaftliche und soziale Ordnung zu errichten hätten, die ebenso den Gesetzen Gottes wie der Würde des Menschen besser entspräche, indem sie die Forderungen wahrer Billigkeit und die Grundsätze des Christentums zu einer innigen Einheit verschmelze, welche die einzige Gewähr bildet für Glück, Wohlstand und Frieden für alle. Es sind verwickelte und gewaltige Fragen, die Unsere Radiobotschaften und Unsere Ansprachen zu wiederholten Malen anschnitten, um aufzuzeigen, in welchem Geist und entsprechend welchen Richtpunkten sie gelöst werden müssen. Wie sollten in der Tat die Menschen nach solch harten Leidens-, Angst- und Elendjahren nicht mit gutem Recht eine grundlegende Verbesserung ihrer Lebensbedingungen erwarten? So ergeben sich jene Pläne für eine Neuorganisierung der Welt der Arbeit, jene Überlegungen zu einer Strukturreform, jene Entwicklung der Begriffe von Eigentum und Unternehmen, die bisweilen mit überstürzter Leidenschaftlichkeit und doktrinärer Unklarheit aufgegriffen wurden, die man jedoch den unbeugsamen Gesetzen der Vernunft und des Glaubens gegenüberstellen muss, wie sie das Lehramt der Kirche seiner Sendung gemäß auseinanderlegt. Nur so kann die menschliche Person, die so oft unter Zwang gehalten wurde, den Vollbesitz ihrer Würde selbst in der Erfüllung ihrer Pflichten wiedererlangen, ohne sich jedoch jemals der obersten Sorge zu entziehen, in billiger Weise überall jedem, der Rechtsansprüche hat, das Seinige zu geben, und die Forderungen des Rechts auf allen Gebieten zu achten.
Daher muss letzten Endes jedes Recht, wie Sie es sehr gut auf die Titelseite Ihres Programms geschrieben haben, auf die Befreiung der menschlichen Person wie auf einen Endpunkt hinzielen. Sie hat Gott an die Spitze der sichtbaren Welt gestellt und in wirtschaftlichen wie in politischen Belangen zum Maß aller Dinge gemacht. Und in dieser Hinsicht kann man hier sehr wohl das Wort des hl. Paulus anwenden: «Alles gehört euch, ihr aber gehört Christus und Christus Gott» (1 Kor. 3, 23).
Die «Sozialen Wochen Frankreichs» als Künder der katholischen Soziallehre gegenüber christentumsfeindlichen Kräften
Wir zweifeln nicht daran, dass die «Sozialen Wochen Frankreichs » so mit ganzer Hingabe, aber auch in aller Umsicht, für das Kommen jener höchsten sozialen Gerechtigkeit arbeiten, nach der die wahren Jünger Christi hungern und dürsten müssen. In Anbetracht der großen Gefahren, welche atheistische und christentumsfeindliche Forderungen beim Wiederaufbau der Welt heraufbeschwören, möchten Wir in Euch gerne die Künder und Elitevertreter jener katholischen und sozialen Aktion sehen, aus der die tüchtigen Architekten des neuen Gebäudes hervorgehen. Im übrigen findet Ihr in der berühmten Hauptstadt der Languedoc als Anreger und Leiter für Eure Arbeiten einen Erzbischof, dessen Name als Führer und Seelenhirt durch seinen ebenso liebenswürdigen wie mutigen Sinn weit über die Grenzen seiner Diözese hinausgetragen wurde. Was Uns angeht, so beten Wir unaufhörlich zum «Vater der Lichter», ein so bedeutsames Werk zu erleuchten und zu befruchten. Und um auf die Soziale Woche von Toulouse die Gnaden von oben noch mehr herabzuziehen, senden Wir allen, voran dem verehrten Msgr. Saliège, seinem hochwürdigsten Weihbischof und den Gliedern der Hierarchie, die Euch in Euren Arbeiten leiten, sowie der Gruppe von ausgezeichneten Professoren und Rednern, die sich um den neuen Präsidenten versammeln, endlich der zahlreichen und eifrigen Schar von Assistenten und Fremden den Apostolischen Segen.
PIUS PP. XII.
23. Juli 1946
Le sujet , qu´ont choisi les Semaines Sociales |
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an den Präsidenten der Sozialen Wochen von Kanada zur Eröffnung der dreiundzwanzigsten Sitzung
Grundprobleme des Erziehungswesens
(Offizieller französischer Text: AAS XXXVIII [1946] 379-380)
Bedeutung der Erziehungsfragen heute
1584 Das Thema, das die Sozialen Wochen von Kanada für ihre dreiundzwanzigste Sitzung gewählt haben, konnte nicht verfehlen, Unsere väterliche Aufmerksamkeit zu fesseln, zumal Uns nichts so sehr am Herzen liegt als die Erziehung der Jugend. Sind Wir in der Tat nicht, wie die ersten Worte einer berühmten Enzyklika Unseres großen Vorgängers, Pius' XI., verkündeten, « der irdische Stellvertreter des göttlichen Lehrmeisters, der in seiner unendlichen Liebe ... zwar alle Menschen umfängt, aber doch für die Kinder eine besondere Vorliebe bekunden wollte?» Es geht hier um ein Problem, über das Wir unermüdlich nachdenken und das im Durcheinander der Nachkriegszeit überall von einer brennenden Aktualität ist. Denn um die Welt wieder in Ordnung zu bringen, um die Gesellschaft wieder aufzubauen, - muss man da nicht bei der jungen Generation beginnen, den Menschen von morgen? Man kann die Bedeutung dieses Problems also nicht übertreiben, und Wir wollen dem katholischen Kanada unsere Glückwünsche aussprechen, dem Land, wo Gott sei Dank die Kraftquellen der Religion und der Familie noch so mächtig sind, wo das Gebot des Schöpfers: « Crescite et multiplicamini ! » - « Wachset und mehret euch!» noch so einen breiten Widerhall findet, dass es ein schönes Beispiel gibt, indem es alle seine Besorgnisse und alle seine Bemühungen auf diese Hauptfrage der Jugend konzentriert, wie es in der Sozialen Woche von St. Hyazinth geschieht.
Staat und Erziehung
1585 Eine ganze Summe von Wahrheiten waren in dieser Hinsicht, vor allem in der jüngst vergangenen Zeit, Gegenstand der vertieften Lehrverkündigung des Heiligen Stuhles. Muss man die Jugenderziehungs-Charta ins Gedächtnis rufen, jene Enzyklika Divini illius magistri ? 1 Die dabei in Frage kommenden Lehren über die Kirche, die Familie und den Staat finden sich dort genau bestimmt. Will man eine Jugend, die eine bessere Zukunft der Gesellschaft herbeiführen soll, wirklich heranbilden, ist es unerlässlich, sich auf diesem Gebiet der unveräußerlichen und ursprünglichen Rechte der Kirche und der Familie zu erinnern. Der Staat spielt dabei gewiss seine bedeutsame Rolle, doch ist es nicht jene, die ihm die totalitäre Auffassung des alten und neuen Heidentums zuschreibt.
Daher die Notwendigkeit, überall gerechte Schulgesetze durchzubringen, die sowohl von der natürlichen Moral und von der elementarsten Gerechtigkeit wie auch von den Grundsätzen des Evangeliums und von der christlichen Ordnung gebieterisch verlangt werden.
Moderne Erziehungsfragen
1586 Probleme, die damit verquickt sind, nehmen in gleicher Weise Eure Aufmerksamkeit in Anspruch. In den harten Wirtschaftsverhältnissen der Gegenwart kennt die Jugend von heute Schwierigkeiten, bei deren Lösung ihr die Gesellschaft, will sie sie in ihrer normalen Entwicklung nicht gehemmt sehen, helfen muss sowohl im Bereich der Erziehung als auch im Bereich des Berufes und der Familie. Schließlich wollen im Licht der päpstlichen Lehrverkündigung noch moderne Erziehungsfragen studiert sein, die sich aus der Entwicklung der Lebensweisen und der Technik ergeben. Wir denken hier besonders an eine Organisation der Freizeit und an ein kluges Maß sportlicher Betätigung, die beide, richtig verstanden, einen wertvollen Beitrag bilden können und müssen bei der Bildung des ganzen Menschen und des vollkommenen Christen, der mit einer vom Glauben erleuchteten Vernunft denkt und handelt.
Wiederbelebung der christlichen Grundsätze
1587 Es erübrigt sich zu sagen, welch weitschichtige und bedeutsame Materie sich Euren Überlegungen und Euren Studien darbietet, eine Materie, die unglücklicherweise nur zu oft in einem verderblichen Geist und mit einer unheilvollen Verworrenheit behandelt wurde. Woran unsere Zeit in der Tat vor allem leidet, ist das Verblassen dieser Wahrheiten und dieser rettenden Grundsätze, von denen der Psalmist schon unter Tränen sang, sie gingen unter den Menschenkindern immer mehr zurück. Eure nächsten Sitzungen werden sie in ihrer Kraft, ihrem Licht und in ihrer Aktualität wieder aufleben lassen. Wir wollen Euch daher bei diesem Unternehmen gerne ermuntern und für sein volles Gelingen Unsere besten Wünsche hegen. Möge es für alle katholischen Kanadier ein Treffpunkt sein, wo ihre Aktionsmittel, ihre Programme und ihre Bemühungen aufeinander abgestimmt werden im Hinblick auf ein Erziehungswerk, das ihre Einmütigkeit umso wirkungsvoller machen wird.
Schluss
1588 In dieser Gesinnung und in dieser Absicht senden Wir dem eifrigen Oberhirten der Kirche von St. Hyazinth sowie seinen verehrten Mitbrüdern im kanadischen Episkopat, dem Präsidenten und den Kommissionsmitgliedern der Sozialen Wochen von Kanada wie auch den Organisatoren, Professoren und Hörern der dreiundzwanzigsten Sitzung als Unterpfand der auserlesensten himmlischen Gnadenerweise den Apostolischen Segen.
PIUS PP. XII.
23. Mai 1952
Katholische Jugend Deutschlands |
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an die katholische Jugend Deutschlands zum Bekenntnissonntag
(Offizieller lateinischer Text: AAS XLIV (1952) 527-531)
Gruß an die verheißungsvolle Jugend
1 Ihr begeht am Fest der allerheiligsten Dreifaltigkeit Eure Bekenntnisfeier, die Euch nunmehr schon zu einem kostbaren Vermächtnis geworden ist, einem Vermächtnis, das ein Jahrzehnt dem anderen, eine Generation der anderen weiterreichen soll; und Ihr habt Uns durch Euren bischöflichen Protektor, Unseren ehrwürdigen Bruder, den Oberhirten der Mainzer Diözese, um ein Wort und um Unseren Segen zu Eurem diesjährigen Jugendsonntag gebeten.
2 Beides gewähren Wir Euch mit Freude und von Herzen: mit stolzer Freude, die der Stellvertreter Christi empfindet bei dem Gedanken, dass Ihr, an Tausenden von heiligen Stätten um Kreuz und Altar geschart, Gott verherrlicht, Euch zu Christus und seiner Kirche bekennt und von neuem feierlich gelobt, auf dem Pfade der Gebote Gottes wandelnd, Euch in unentweihter Jugend und in frohem Schaffen vorbereiten zu wollen auf Euren Beruf, auf die Familie, die Ihr einmal gründen, oder den besonderen Dienst des Herrn, dem Ihr Euch weihen wollt, sowie auf die Aufgabe, die Ihr als Glieder der Gemeinschaft Volk und Staat, dem gesamten öffentlichen Leben schuldet.
3 Von Herzen gewähren Wir Wort und Segen aus jener innigen Liebe, die Uns mit allen Gliedern der Kirche auf dem Erdenrund verbindet, mit Euch, Ihrer Jugend, aber noch besonders, weil Ihr es seid, die binnen kurzem in einer nach menschlichem Ermessen harten und gefahrvollen, an schweren Aufgaben jedenfalls überreichen Zukunft für die Sache Gottes und Christi einstehen sollt. So gehört Euch das Verstehen und Mitfühlen, die ganze Sorge und Liebe Unseres Vaterherzens.
1. Das Leitwort: Unseres Volkes Heil ist der Herr
« Unseres Volkes Heil ist der Herr »
4 Ihr habt Eure diesjährige Bekenntnisfeier unter das Leitwort gestellt: Unseres Volkes Heil ist der Herr. Das Wort sei Euch zunächst ein Jubelruf des Dankes an den allmächtigen Gott. Wahrlich, wenn Ihr an den Zusammenbruch denkt, der vor sieben Jahren Euch hoffnungslos zu verschlingen drohte, Verantwortliche und Nichtverantwortliche, Schuldige wie Schuldlose, und wenn Ihr heute seht, dass Euer Vaterland und Euer Volk noch leben und wieder aufleben, so müsst Ihr laut bekennen: « Dass wir nicht ganz vernichtet, ist Huld und Erbarmung des Herrn» (Kgl 3, 22). Gott ist es, der Euch errettet hat, zu Ihm, dem starken Helfer in der Not, steige in dieser Stunde aus Euren Herzen und von Euren Lippen der Lobpreis der Verherrlichung empor.
5 Jenes Wort sei Euch aber auch ein Bekenntnis für die Gegenwart und in die Zukunft. Trotz Eurer noch jungen Jahre habt Ihr es bereits erlebt, wie Systeme, die wähnen, ohne Gott oder gegen Gott zu Wohlstand, Glück und Macht führen zu können, nur zur Geißel des eigenen Volkes und fremder Völker werden, um schließlich unter den Verhältnissen ohnegleichen zusammenzubrechen. Die Völker dürfen Wohlstand und Macht, sollen sie ihnen und anderen zum Segen und nicht zum Fluche sein, nur aufbauen auf Gott, auf der Anerkennung seiner unbedingten Herrschaft und der Erfüllung seines heiligen Willens.
2. Jeder einzelne wandle vor Gott
6 Ihr seid so glücklich, im Vollbesitz der Wahrheit über Gott und des ganzen Reichtums zu sein, der uns in Jesus Christus in seiner Erlösung und seiner Kirche geworden ist. Dieser Reichtum, Euer katholischer Glaube, verpflichtet Euch.
Er tut es zunächst Euch selbst gegenüber. Wandelt vor Gott, lebt Eurem Glauben entsprechend, und zwar nicht nur zu bestimmten, eng begrenzten religiösen Feierstunden. Die Trennung von Religion und Leben, als ob für die Wirklichkeit des Daseins, für den Beruf, die Wirtschaft, alle die öffentlichen Bereiche Gott überhaupt nicht existierte - diese Trennung ist ja gerade eines der Zeichen für den Verfall der christlichen Kultur; sie ist ebenso Ursache wie Wirkung der Verweltlichung des gesamten Menschen. Gegen diesen Verfall müsst Ihr Euch schützen. Seid also Christen, die immer und überall sich vor Gott wissen, am Alltag wie am Sonntag, in der Werkstätte wie in der Kirche, in Erholung und Sport wie in ernster Arbeit, im wogenden Leben draußen wie in Heim und Familie.
7 Dieser Wandel vor Gott verlangt den ganzen Menschen. Man hört bittere Klage über eine geradezu sinnlose Sucht nach Vergnügen und Luxus; Ihr werdet Front dagegen machen und Euch selbst dort Halt gebieten, wo die christliche Einfachheit und der Ernst der Zeit die Grenzlinie ziehen. Beängstigend ist ferner das Abgleiten der öffentlichen Sittlichkeit. Wenn der Staat auf dem Wege der Gesetzgebung Dämme aufwirft gegen Verführung und Schmutz in Wort, Bild und lebendiger Darstellung durch Film und Bühne, so tut er seine selbstverständliche Pflicht. Allein das stärkste Bollwerk gegen die Flut der Sittenlosigkeit müsst Ihr selber sein, durch Euren festen und harten Willen, nicht mitzutun, wo das Gebot Gottes und die Würde des Menschen mit Füßen getreten werden; durch Euren festen und harten Willen, selbst Besseres zu schaffen, das Gott und seine Rechte nicht einfach übergeht, das erhebt, läutert und heiligt.
8 Die Losung der Stunde heißt wahrlich nicht auflockern und nachgeben, sondern standhaft sein, treu stehen zu Gottes Gebot und heiliger Sitte, wie je in den besten und schwersten Zeiten, welche die Kirche erlebt hat. Nur Jugend, die so denkt und handelt, wird einmal ein glückliches und menschenwürdiges Ehe- und Familienleben aufbauen können; nur solche Jugend darf es einmal wagen, an Gottes Altar zu treten und sich vorbehaltlos dem Dienst des Herrn zu weihen. Mit Feigheit wird der Himmel nicht erstürmt; er wird nur gewonnen mit Mut und Opferbereitschaft.
3. Die Verpflichtung gegenüber den Irrenden
9 Der katholische Glaube verpflichtet Euch aber auch den anderen gegenüber, gegenüber den vielen, die aus Euren eigenen Reihen sich verloren haben und in die Irre gegangen sind. Es darf Euch keine Ruhe lassen, bis Ihr sie zurückgeführt habt. Dann gegenüber jenen, die nicht wie Ihr das Glück hatten, dass ihnen der wahre Glaube gleichsam in die Wiege gelegt wurde, die aber nach ihm suchen und sich nach ihm sehnen. Die kostbarste Hilfe, die Ihr ihnen zu bieten vermögt, eine Hilfe, ohne die andere Wege oder Versuche zur Wiedervereinigung der Durchschlagskraft entbehren, ist das Gebet und das Beispiel eines in sich geschlossenen wahrhaft katholischen Lebenswandels.
10 Wenn Wir Euch aufrufen, mit der Gnade Gottes die religiösen Kräfte des katholischen Menschen in Euch zu entwickeln, so tun Wir dies auch in der festen Überzeugung, dass jene, die echte Glieder der Kirche, dadurch auch echte Glieder der menschlichen Gesellschaft sind. Dies glauben Wir Euch, der katholischen Jugend Deutschlands, gerade im gegenwärtigen Augenblick sagen zu sollen. Ein lastendes Erbe der Vergangenheit eine mühsam gewonnene und behauptete Gegenwart, eine sorgenumdunkelte Zukunft kennzeichnet die Lage Eures Vaterlandes.
4. Die Verpflichtung gegenüber dem Vaterland
11 Zweifach ist die Gefahr, die hier der Jugend droht. Selbstsüchtig, nur in sich gekehrt, entziehen sich die einen nach Möglichkeit der Verpflichtung für das Vaterland; sie stehen den Dingen des öffentlichen Lebens teilnahmslos gegenüber und suchen ausschließlich, irgend wie und irgendwo, ihr eigenes Wohlergehen. Andere erwarten und erstreben nur schnelle Lösungen, einen Aufstieg von heute auf morgen. Katholische Jugend darf weder zu den einen noch zu den anderen gehören.
12 Gewiss, manch jungen Deutschen mag Bitterkeit überkommen, wenn er heute an sein Vaterland erinnert wird. Zerstörte, verlorene Heimat; zerredete, missbrauchte Worte über nationale Belange; der Alltag verzehrt von der Sorge über das materielle Dasein; der Sonn- und Feiertag bedroht von der Flut sinnlichen Genusses: soll dies das Vaterland sein? Aber der Christ sieht mehr und sieht tiefer. Er sieht auch das, was aus Gottes Mitgift Heimat und Volk geblieben ist oder nach dem Zusammenbruch wiedergeschenkt wurde, und was sich in den Millionen und Abermillionen gerade der Stillen im Lande zum Besten aller auswirkt: ein gesunder Familiensinn und der feste Wille zur staatlichen Existenz, zum Aufbau einer Rechts- und Friedensordnung nach innen und nach außen. Gerade dies ist der Segen Eures Unglücks, dass Euch nach dem Überschwang des Nationalismus die Augen für diese beiden unentbehrlichen Grundmauern des Daseins eines jeden Volkes wieder geöffnet wurden. In der Tat: ein Volk kann ohne jene Werte nationale Größe nicht bewahren - dies zeigte die Vergangenheit -, es kann aber mit ihnen nationale Würde bewahren, dies zeigt die Gegenwart. Deutschland hat anderen Völkern, die der Versuchung ausgesetzt sein mögen, das Nationale zu Übersteigern, eine bittere Erfahrung voraus. Möge es sie nie mehr verlieren !
13 Katholische Jugend Deutschlands! Heute ist weniger als je Ort und Zeit für Klassenkämpfe, für den Egoismus wirtschaftlicher und sozialer Gruppen, für die Schicht jener, die nur fordern und nichts geben. In der Selbstdisziplin des Bürgers liegt die Stärke des Staates, zumal des demokratischen, wenn er dies ganz echt und in Wahrheit sein will.
Seid also treu der Stimme und dem Willen des Schöpfers und stellt Euch dem Staat zur Verfügung, zum Aufbau jener dauerhaften Rechts- und Friedensordnung nach innen und nach außen.
Schlusswort: Weihe an Maria
14 Wir weihen Euch, katholische Jugend Deutschlands, Euer ganzes Dasein, Leib und Seele, Eure Gegenwart und Zukunft, Euer Wollen und Streben, Euer Kämpfen, Hoffen und Siegen, Eure Treue zum heiligen Glauben und Euer Wachsen in ihm bis zur Reife des vollkommenen Christen (Vgl. Eph. 4, 13) Maria, Eurer Herrin und Mutter, dass sie Euch unter ihren machtvollen Schutz nehme und Eure Fürbitterin bei Gott sei. Wir erflehen Euch allen, dass Ihr in überreichem Maß erfüllt werdet von der Erkenntnis wie von der Gnade, Liebe und Kraft Jesu Christi, «der da ist über allem, Gott, hochgelobt in Ewigkeit» (Röm. 9, 5).
15 Als Unterpfand dessen erteilen Wir Euren Seelsorgern, Führern, Führerinnen und Euch allen sowie der gesamten Jugend Eures Volkes in väterlichem Wohlwollen den Apostolischen Segen.
Pius XII. PP.
17. Juli 1952
von Papst Pius XII.
an die Vorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbundes, Dr. Gerta Krabbel
"Der Katholische Deutsche Frauenbund" |
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über die Aufgaben und die Stellung der Frau im öffentlichen Leben
Hintergrund: Vom 25. bis 27. Juli 1952 fand in Bonn die 13. Generalversammlung des Katholischen Deutschen Frauenbundes statt. Aus diesem Anlass sandte der Papst an die Vorsitzende, Frau Dr. Gerta Krabbel, ein Handschreiben:
(Quelle: Pius XII., Ruf an die Frau, Aus den Rundschreiben, Ansprachen, Briefen und Konstitutionen des Heiligen Vaters, Zusammengestellt von Dr. Käthe Seibel-Royer, Mit kirchlicher Druckgenehmigung des bischöflichen Seckauer Ordinariates zu Graz am 20. August 1956, Zl. 4082, und Segen Pius XII., Styria Verlag Österreich 1956, S. 216-219; 2. Auflage; auch in: Soziale Summe Pius' XII., Band I, S. 674-677; Nrn. 1375-1382).
Der Katholische Deutsche Frauenbund, den Sie in den langen Jahren Ihres Präsidiums in selbstloser Hingabe, ruhiger Zielsicherheit und kluger Anpassung, den Blick auf Gott, seinen heiligen Willen und seine hilfreiche Gnade gerichtet, durch stürmische Zeiten geleitet haben, hält gegen Ende dieses Monats in Bonn seine 13. Generalversammlung ab und hat Uns wegen der Wichtigkeit der Tagung um ein Wort an die Versammelten und um Unseren Segen gebeten. Gerne entsprechen Wir dem von Ihrer Seite geäußerten Wunsche.
Sie haben als Thema Ihrer Generalversammlung ,Die katholische Frauenbewegtmg in der sich wandelnden Welt' genommen. Ihr Bund steht vor Vollendung seiner ersten fünfzig Jahre. Während dieses Zeitraums hat sich in der Frauenbewegung überhaupt und auch in der katholischen Frauenbewegung wahrlich vieles gewandelt. Um von der letzteren zu sprechen, so sind die Ziele, die sie sich zu Beginn des Jahrhunderts steckte, die damals neu klangen und überraschten, ja nicht wenigen zu gewagt und überspannt schienen, erreicht und längst fester Besitz, sogar bereits Tradition geworden, schon aus dem einfachen Grund, weil die zwangsläufige Hineinführung der Frau in alle Berufe und in sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens jeweils noch schneller vor sich ging als die Anpassung der katholischen Frauenbewegung an die neue Lage.
Immerhin sind die übernommenen Aufgaben und erworbenen Rechte weiterzureichen, mit den Inhalten, die ihnen Natur und Offenbarung nach katholischer Überzeugung verleihen, unter Wahrung des rechten Verhältnisses von Freiheit und Verantwortung, von eigenem Recht und eigener Pflicht gegen die Mitmenschen, von Gleichberechtigung und Unterordnung. Die Frauenbildung, die soziale Schulung und soziale Tat werden also ihren Weg wie bisher weitergehen. Aber auch nach der persönlichen Seite hat sich der Zweck des Bundes wesentlich kaum geändert: die Schichten der Frauenwelt, die der Katholische Deutsche Frauenbund seinerzeit in erster Linie zu sammeln suchte, sind auch heute, vielleicht noch mehr als damals, auf seine Führung, seinen Schutz und seine Hilfe angewiesen.
Unter anderer Rücksicht wird man freilich sagen dürfen, dass sich das Ziel der katholischen Frauenbewegung inzwischen nicht unmerklich verschoben hat. Ging es ihr vor fünfzig Jahren darum, die katholische Frau einzuführen in die Berufe und die öffentlichen Stellungen, in welche die Zeitumstände sie riefen und denen sie sich nicht mehr verschließen konnte, so ist heute vielleicht die vordringlichste Aufgabe, die Frau zu schützen und zu festigen, auf dass sie in den neuen Verhältnissen ihrer Persönlichkeitswürde als Frau und Christin nicht verlustig gehe. Gewiss hat die katholische Frauenbewegung immer auch zum Ziel gehabt, die Frau zur vollkommenen Persönlichkeit und echten Christin zu formen. Aber heute, so scheint Uns, ist dieses Ziel ganz in den Mittelpunkt gerückt. Es ist so sehr das Gebot der Stunde geworden, dass es die anderen Ziele zwar nicht verdrängt - ganz gewiss nicht -, sie aber doch betont in die zweite Linie stellt. Es ist, als ob sich alles verschworen hätte, dem Menschen und Christen die Wahrung seiner Persönlichkeitswürde zu erschweren, ja unmöglich zu machen. Die Technik und Betriebsamkeit der Reklame und Propaganda, des Senders und des Films lassen die Sinne kaum mehr zur Ruhe kommen und versperren so von vornherein den Zugang zur inneren Sammlung. Es wird der Menschentyp geschaffen, der es nicht erträgt, auch nur eine Stunde mit sich und seinem Gott allein zu sein. Die Industrialisierung, die den Einzelnen diesem Werk und Betrieb ausliefert, ist daran, ihre Art auch der Landwirtschaft aufzudrängen. Das gesellschaftliche Leben ist gekennzeichnet durch die vielverschlungene Abhängigkeit des Einzelnen und der Einzelfamilie von der öffentlichen Hand, von technischen, wirtschaftlichen, sozialen Kontrollen, Zentralen und Organisationen. Das Großstadtwesen bestimmt immer aufdringlicher die Form des menschlichen Daseins; der Einzelne wird unaufhaltsam aufgesogen von der Masse.
Die tiefe Tragik dieser Entwicklung liegt darin, dass sie sich auswirkt gerade in dem Augenblicke, da Weltanschauungen rein materialistischer Prägung die menschliche Persönlichkeit bewusst brechen und den Einzelnen zum Element der Masse machen wollen, wobei sie jene technische und wirtschaftlich-soziale Lage rücksichtslos für ihre Ziele ausnützen.
Wir brauchen Ihnen nicht auszuführen, welch verheerende Wirkung die Entwicklung zum Massendasein gerade auf die Frauenwelt und die Frauenseele hat. Die vergangenen zwanzig Jahre haben Sie erschütternde Erfahrungen machen lassen. Dabei ist das hinter Ihnen Liegende vielleicht nur erst die Generalprobe für eine noch schwerere Auseinandersetzung. Es geht um die Würde der christlichen Frau, des Jungmädchens und der Unverheirateten wie der Gattin und Mutter; es geht um die christliche Ehe und Familie, die eheliche Treue, das Kind und seine Erziehung. Alle diese heiligen Bezirke haben bereits feindlichen Ansturm und Einbrüche erlitten in einem Ausmaß, wie es die Erfahrung der Kirche bisher nicht gekannt hat. Das, was die Stunde heischt: alles daranzusetzen, um den Einzelnen und die Einzelne zu einer christlichen Persönlichkeit heranzubilden, die, auch auf sich allein gestellt, Gott und seiner Weltordnung im Natürlichen wie Übernatürlichen die Treue halten wird - das gilt auch für Ihren Bund. Wir hegen die feste Hoffnung, dass Sie bis in die innerpolitischen Auseinandersetzungen über Ehe, das Elternrecht, die Schule und die soziale Ordnung jenen Anruf vor Augen haben und für seine Erfüllung arbeiten und opfern werden.
Man spricht so viel von der europäischen Kultur, jener Kultur, die aus der Vergangenheit zu retten oder für das vereinte Europa der Zukunft zu schaffen ist. Man sei sich nur über eines klar: Diese europäische Kultur wird entweder unverfälscht christlich und katholisch sein, oder aber sie wird verzehrt werden vom Steppenbrand jener anderen materialistischen, der nur die Masse und rein physische Gewalt etwas gelten.
Der Christ, der Katholik ist nicht kleinmütig. Sein Glaube macht ihn immer zuversichtlich. Auch Sie, geliebte Tochter, sollen es sein. Sie haben die gesunde Menschennatur und Gottes Gnade auf Ihrer Seite. Auf sie bauend, mögen Sie ans Werk gehen, freilich mit dem Einsatz aller Kräfte, um Christus und der Kirche gläubige und starke Frauen zu schenken, die weltoffen und der Zeit gewachsen, die aber auch fähig sind, gegen den Strom zu schwimmen, bereit zum Verzicht, wo Gottes Gebot und das Gewissen klar sprechen und keinen Ausweg lassen.
Als Unterpfand der Erfüllung Ihres Hoffens und Strebens erteilen Wir der Leitung und den Mitgliedern Ihres Bundes, Sie alle der Liebe und dem Schutz Marias, der starken Jungfrau und reinsten Mutter empfehlend, in väterlichem Wohlwollen den Apostolischen Segen.
6. November 1953
Die Frau und die soziale Frage |
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an die Leiterin des Katholischen Deutschen Frauenbundes
über die Aufgaben und die Stellung der Frau im öffentlichen Leben
(Offizieller deutscher Text: AAS 45 [1952] 787-789)
Einleitung
1388 Unserer geliebten Tochter Gertrud Ehrle, Leiterin der Zentrale des Katholischen Deutschen Frauenbundes in Köln.
Sie haben, geliebte Tochter, Uns gebeten, dem Katholischen Deutschen Frauenbund zur Feier seines goldenen Jubiläums, das er am 16. November, dem Fest der hl. Gertrud der Großen begeht, Unseren Segen zu erteilen.
Das umfassende Wirken des Katholischen eutschen Frauenbundes
1389 Bevor Wir Ihrem Wunsch entsprechen, lassen Sie Uns mit Ihrem Bund Gott danken für die gnädige Förderung, die er in seiner Allmacht, Erbarmung und Liebe ihm in den ersten fünfzig Jahren seines Bestehens hat angedeihen lassen.
Nach Gott gilt Unser Dank allen denen, die aus lebendigem katholischem Glauben und in großmütiger Hingabe ihr Können und Schaffen den Zielen und vielseitigen Betätigungen Ihres Bundes gewidmet haben oder widmen. Um einige hauptsächliche dieser Betätigungen zu nennen: die soziale wie staatsbürgerliche Schulung und Beratung, besonders in Fragen der Ehe, Familie, Erziehung und Schule; die Sorge für die Hausfrau und Hauswirtschaft, für die Frau in Arbeit und Beruf, für die Landfrau und Jungbäuerin; Nothilfe für die weibliche Jugend, die Heimatvertriebenen und die Heimkehrer; Förderung des Priesterhilfswerkes; Einflussnahme auf Rundfunk, Film und Presse und Anleitung, sich ihrer richtig zu bedienen; Zusammenarbeit mit anderen Frauenorganisationen, katholischen in erster Linie, im In- und Ausland, wenn Fragen zur Behandlung stehen, die, wie das große Anliegen des Friedens, sie alle angehen.
Die Vielheit dieser Betätigungen war Ausführung des großen Zieles, das sich der Frauenbund gesteckt hatte: die grundlegenden Fragen des Frauenlebens aufzugreifen und an ihrer Lösung aus den Grundsätzen der katholischen Kirche mitzuarbeiten. Dieses Ziel bleibt mit den aus ihm sich ergebenden praktischen Aufgaben. Seien Sie für deren Verwirklichung Unserer väterlichen Teilnahme und Unserer innigsten Wünsche versichert.
Heranbildung der christlichen Persönlichkeit ist unabdingbare Voraussetzung der Beseitigung von Ehenot und sozialer Not
1390 Unsere große Sorge um die Frauenwelt und die Frauenseele, um die Würde der christlichen Frau: des Jungmädchens und der Unverheirateten wie der Gattin und Mutter haben Wir zum Gegenstand einer Reihe grundsätzlicher Ansprachen gemacht und auch dem Katholischen Deutschen Frauenbund vor mehr als Jahresfrist gelegentlich seiner dreizehnten Generalversammlung auseinandergesetzt. Mit Genugtuung konnten Wir feststellen, dass Unser Wort bei den Frauen Ihres Bundes ein offenes Ohr fand und diese sich bewusst sind, wie sehr heute alles darauf ankommt, die christliche Persönlichkeit heranzubilden, die aus dem Reichtum ihres Glaubens lebende und wirkende, in sich gefestigte katholische Frau.
1391 Was Wir in dem eben erwähnten Schreiben ausführten, möge durch einen kurzen Hinweis beleuchtet werden: Ihr Bund ist vertraut mit zwei übergroßen Nöten unserer Zeit, mit der Not der Ehe und mit der sozialen Not. Die Ehenot wird durch Lockerung der christlichen Eheordnung nicht gemindert oder behoben, sondern nur noch vergrößert. Wenn zu ihrer Behebung eine Reihe natürlicher und übernatürlicher Kräfte zusammenwirken müssen, so stehen sicher an erster Stelle Männer und Frauen, die gewillt sind, ihr Eheleben ganz jener von Gott gesetzten Ordnung anzugleichen. Auch der sozialen Not kann nicht mit rein technischen oder politischen Mitteln begegnet werden. Auch dort bedarf es vor allem der Menschen, die - jeder einzelne - sich vor Gott ihrer Pflichten gegen den Nächsten und die Gesamtheit ihrer Mitmenschen bewusst sind. In beiden Fällen ist also das Ausschlaggebende die christliche Persönlichkeit, der katholische Mensch, der schon von früher Jugend an gelernt hat, um Gottes willen und mit Rücksicht auf den Mitmenschen sich selber Bindungen aufzuerlegen, persönlichen Verzicht zu leisten. Denn nur wer sich zu beherrschen und von sich selbst [etwas]<ref>Das eckig Eingeklammerte fehlt in der offiziellen Veröffentlichung der AAS, muss aber sinngemäß hinzugefügt werden.</ref> zu verlangen vermag, kann zur christlichen Persönlichkeit heranreifen.
1392 So ist das Hauptziel bestimmt, auf das Ihr Bund im zweiten Halbjahrhundert seines Bestehens hinarbeiten soll: die Bildung der tiefgläubigen und sittlich starken christlichen Frau, in weitem Ausmaß, in allen Schichten Ihres Volkes. Die Aufgabe ist nicht leicht. Es stehen Ihnen aber zwei Kraftquellen zu Gebote: das Gebet und die unbedingte Treue zu den Weisungen jener, die für Sie Christi Stelle auf Erden vertreten.
Segen
1393 Dass diese beiden Kraftquellen in Ihrem Bund immer reichlich fließen und die Fülle der Gnade Jesu Christi auf ihn und sein Arbeiten herabziehen mögen, als Unterpfand dessen erteilen Wir dem Katholischen Deutschen Frauenbund in väterlicher Liebe den Apostolischen Segen.
PIUS PP. XII.
Anmerkungen
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