Einheit und Vielfalt in der Kirche (Wortlaut): Unterschied zwischen den Versionen

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'''1. ''' In Gal 1-2 betont Paulus die Einheit der Gläubigen, indem er die Einzigartigkeit des Evangeliums hervorhebt: dieselbe Gnade kommt von Gott dem Vater und dem Herrn Jesus Christus, der sich für uns hingegeben hat, um uns »dieser Welt des Bösen« zu entreißen (1,3-4). Der Ausdruck Ekklèsia tou Theou (1,13) hat wahrscheinlich schon mehr als lokalen Klang.
 
'''1. ''' In Gal 1-2 betont Paulus die Einheit der Gläubigen, indem er die Einzigartigkeit des Evangeliums hervorhebt: dieselbe Gnade kommt von Gott dem Vater und dem Herrn Jesus Christus, der sich für uns hingegeben hat, um uns »dieser Welt des Bösen« zu entreißen (1,3-4). Der Ausdruck Ekklèsia tou Theou (1,13) hat wahrscheinlich schon mehr als lokalen Klang.
  
Dennoch gibt es nicht nur mehrere Kirchen in Galatien (1,2) und anderswo, was ein Zeichen der Vitalität ist; es gibt auch ernste Spannungen, die von den Judaisierenden verursacht werden, die das Evangelium Jesu Christi entstellen. Paulus erzählt, was geschah, als er, zusammen mit Barnabas, Titus nach Jerusalem mitnahm. Er legte sein Evangelium den Angesehenen vor; diese erkannten das Apostolat an, das ihm anvertraut worden war. Die Teilnehmer akzeptierten zwei verschiedene Formen der Evangelisation, eine für die Beschnittenen, Petrus anvertraut, die andere für die Unbeschnittenen, Paulus anvertraut. Bei Gelegenheit des Konfliktes von Antiochien wird Paulus beweisen, dass für alle die Rechtfertigung aus dem Glauben an Jesus Christus kommt und nicht aus den Werken des Gesetzes. Indem er Petrus, der sich dem Mahl mit den Heidenchristen entzog, vorwirft, nicht mehr entsprechend der Wahrheit des Evangeliums zu wandeln (Gal2,14), verteidigt Paulus für seine bekehrten Heiden die Freiheit vor dem Gesetz.
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Dennoch gibt es nicht nur mehrere Kirchen in Galatien (1,2) und anderswo, was ein Zeichen der Vitalität ist; es gibt auch ernste Spannungen, die von den Judaisierenden verursacht werden, die das Evangelium Jesu Christi entstellen. Paulus erzählt, was geschah, als er, zusammen mit Barnabas, Titus nach Jerusalem mitnahm. Er legte sein Evangelium den Angesehenen vor; diese erkannten das Apostolat an, das ihm anvertraut worden war. Die Teilnehmer akzeptierten zwei verschiedene Formen der Evangelisation, eine für die Beschnittenen, Petrus anvertraut, die andere für die Unbeschnittenen, Paulus anvertraut. Bei Gelegenheit des Konfliktes von Antiochien wird Paulus beweisen, dass für alle die Rechtfertigung aus dem Glauben an Jesus Christus kommt und nicht aus den Werken des Gesetzes. Indem er Petrus, der sich dem Mahl mit den [[Heidenchristen]] entzog, vorwirft, nicht mehr entsprechend der Wahrheit des Evangeliums zu wandeln (Gal2,14), verteidigt Paulus für seine bekehrten Heiden die Freiheit vor dem Gesetz.
  
 
'''2. ''' Ursache der in 1 Kor 1-3 erwähnten Spaltungen in der Kirche von Korinth sind Unterschiede zwischen Parteien. Paulus hält sie nicht für legitim... In 1 Kor 12 und Röm 12 aber beschreibt Paulus die notwendige Vielfalt mit dem Bild des Leibes und seiner Glieder.  Der Geist teilt jedem seine Gaben so zu, wie er will. »Es gibt vielfältige Gaben, aber es ist derselbe Geist, vielfältige Dienste, aber es ist derselbe Herr, vielfältige Formen des Wirkens, aber es ist derselbe Gott, der alles in allen bewirkt« (1 Kor 12,4-6.15-22; Röm 14,2-3). Diese gewiss von Gott gewollte Vielfalt darf nicht Unordnung werden. Gott, Jesus Christus und der Geist müssen die Einheit im tiefsten Grunde garantieren, aber auch, auf andere Weise und aus eigenen Rechten, die Taufe (Gal 3,27-28; Röm 6,3-4) und die Eucharistie (1 Kor 10,16-17), der Glaube (Röm 1,16; 3,22) und die agapè (1 Kor 13; Röm 5,3-8).
 
'''2. ''' Ursache der in 1 Kor 1-3 erwähnten Spaltungen in der Kirche von Korinth sind Unterschiede zwischen Parteien. Paulus hält sie nicht für legitim... In 1 Kor 12 und Röm 12 aber beschreibt Paulus die notwendige Vielfalt mit dem Bild des Leibes und seiner Glieder.  Der Geist teilt jedem seine Gaben so zu, wie er will. »Es gibt vielfältige Gaben, aber es ist derselbe Geist, vielfältige Dienste, aber es ist derselbe Herr, vielfältige Formen des Wirkens, aber es ist derselbe Gott, der alles in allen bewirkt« (1 Kor 12,4-6.15-22; Röm 14,2-3). Diese gewiss von Gott gewollte Vielfalt darf nicht Unordnung werden. Gott, Jesus Christus und der Geist müssen die Einheit im tiefsten Grunde garantieren, aber auch, auf andere Weise und aus eigenen Rechten, die Taufe (Gal 3,27-28; Röm 6,3-4) und die Eucharistie (1 Kor 10,16-17), der Glaube (Röm 1,16; 3,22) und die agapè (1 Kor 13; Röm 5,3-8).
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Ebenso wird die Einheit dadurch vermittelt, dass sich die Charismen gegenseitig ergänzen. Ohne die Vielfalt der Gaben könnte der Leib nicht tätig werden. Die von Paulus aufgestellten und manchmal recht uniformen Vorschriften dienen der Einheit; Paulus ist überzeugt, in diesem Punkt Vollmacht zu haben (exousia, 2 Kor 10,8; 13,10), selbst wenn er sich ihrer nicht immer bedienen will. Für das, was er vorschreibt, beruft er sich auf das, was man auch anderswo tut. Schließlich wird die Einheit der verschiedenen Kirchen auch durch die Gemeinschaft (koinonia) unter den Aposteln (GaI2,9) begünstigt. Die Mannigfaltigkeit dieser Kirchen könnte Spaltung bewirken, und das würde das Apostolat vergeblich werden lassen. Die Gemeinschaft wird sich konkret darin zeigen, dass »die Armen Jerusalems nicht vergessen« werden (GaI2,10). Das ist die Kollekte, von der die Briefe sprechen, ein Akt, der die Solidarität der Christen in einem eminent kirchlichen Sinn zum Ausdruck bringt.
 
Ebenso wird die Einheit dadurch vermittelt, dass sich die Charismen gegenseitig ergänzen. Ohne die Vielfalt der Gaben könnte der Leib nicht tätig werden. Die von Paulus aufgestellten und manchmal recht uniformen Vorschriften dienen der Einheit; Paulus ist überzeugt, in diesem Punkt Vollmacht zu haben (exousia, 2 Kor 10,8; 13,10), selbst wenn er sich ihrer nicht immer bedienen will. Für das, was er vorschreibt, beruft er sich auf das, was man auch anderswo tut. Schließlich wird die Einheit der verschiedenen Kirchen auch durch die Gemeinschaft (koinonia) unter den Aposteln (GaI2,9) begünstigt. Die Mannigfaltigkeit dieser Kirchen könnte Spaltung bewirken, und das würde das Apostolat vergeblich werden lassen. Die Gemeinschaft wird sich konkret darin zeigen, dass »die Armen Jerusalems nicht vergessen« werden (GaI2,10). Das ist die Kollekte, von der die Briefe sprechen, ein Akt, der die Solidarität der Christen in einem eminent kirchlichen Sinn zum Ausdruck bringt.
  
Was die Vielfalt betrifft, so akzeptiert Paulus die Unterschiede zwischen den Gliedern als Reichtum im Leib. Auf diesem Niveau gibt es keine Uniformität. Paulus wird allen alles, »wie ein Jude für die Juden«, und »wie einer ohne Gesetz für die ohne Gesetz« (1 Kor 9,19-22). Er verlangt von den Autoritäten Jerusalems, dass sie zu unterscheiden wissen, was wesentlich ist und für alle Christen gleich bleiben muss. Er lehnt also alles konformistische Sektierertum ab. Ohne ausdrücklich die menschlichen Werte hervorzuheben, die je nach Rasse, Region, Kultur variieren, bemüht sich Paulus, seine Heidenchristen aus der religiösen lnkulturation der Juden zu befreien. Verfolgt man die Perspektiven des Paulus weiter, kann man sich von nun an fragen, ob sich die verschiedenen Ortskirchen nicht durch ihre je besonderen Charismen unterscheiden müssten, um so zu einer legitimen und bereichernden Vervielfältigung der einen und universalen Kirche beizutragen.
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Was die Vielfalt betrifft, so akzeptiert Paulus die Unterschiede zwischen den Gliedern als Reichtum im Leib. Auf diesem Niveau gibt es keine Uniformität. Paulus wird allen alles, »wie ein Jude für die Juden«, und »wie einer ohne Gesetz für die ohne Gesetz« (1 Kor 9,19-22). Er verlangt von den Autoritäten Jerusalems, dass sie zu unterscheiden wissen, was wesentlich ist und für alle Christen gleich bleiben muss. Er lehnt also alles konformistische Sektierertum ab. Ohne ausdrücklich die menschlichen Werte hervorzuheben, die je nach Rasse, Region, Kultur variieren, bemüht sich Paulus, seine [[Heidenchristen]] aus der religiösen lnkulturation der Juden zu befreien. Verfolgt man die Perspektiven des Paulus weiter, kann man sich von nun an fragen, ob sich die verschiedenen Ortskirchen nicht durch ihre je besonderen Charismen unterscheiden müssten, um so zu einer legitimen und bereichernden Vervielfältigung der einen und universalen Kirche beizutragen.
  
 
==== Die sogenannten Gefangenschaftsbriefe====
 
==== Die sogenannten Gefangenschaftsbriefe====

Version vom 18. Februar 2015, 12:14 Uhr

Einheit und Vielfalt in der Kirche

Der Bibelkommissions
unseres Heiligen Vaters
Johannes Paul II.
über die Heilige Schrift
11.15. April 1988 (1)

(Quelle. Libreria Editrice Vaticana, Vatikanstadt 1991)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Christus-Bibel-Weinstock.JPG

VORWORT

Durch das Zeugnis der Apostelgeschichte sowie der an die Ortskirchen gerichteten Briefe des Paulus, Petrus, Jakobus, Johannes und Judas bezeugt das Neue Testament das Wirken, durch welches der Heilige Geist die Verbindung (»communio«) der Ortskirchen zu einer einzigen Kirche Christi verwirklicht. Diese Wirkung des Heiligen Geistes, die eine geteilte Menschheit miteinander verbindet, ist durch keine lokalen Unterschiede begrenzt; nach dem Zeugnis des Ersten (oder Alten) Testamentes und nach dem, was man im Leben der Kirche Christi feststellen kann, wirkt sie sich in gleicher Weise dahin aus, dass sie Völker, bestimmte Gruppen, religiöse Standpunkte und Gemeinschaften, die Christen sein wollen, zu einem einzigen Volk Gottes vereint.

Die Heilige Schrift ist nicht nur eine für die Gläubigen autoritative Textsammlung, sondern eine organisch in mehr als einem Jahrtausend zusammengewachsene Größe. Im Verlauf der bewegten Geschichte Israels haben sich Gesetzgeber, Propheten und Hagiographen im Namen des Gottes Abrahams an das Gottesvolk gewandt, das vielfach durch die geschichtlichen Ereignisse in seinem Glauben verunsichert war. Diese inspirierten Antworten bringen die göttliche Offenbarung für die Menschen dieses Volkes so zum Ausdruck, dass sie diese nach Raum und Zeit verstehen konnten. Gottes Antworten sind in den Schriften enthalten, die in ihrem Gefüge selbst die Spur der sich im Lauf der Geschichte entwickelnden göttlichen Offenbarung bewahren, und sie stellen das authentische Zeugnis der Gabe des Gottes von Himmel und Erde dar. Er formt sich ein Volk inmitten anderer Völker (Jes 44,24) und leitet es durch eine rechte Weisung (Dtn 4,8), bevor sich diese Gottesgabe in der Kirche des Evangeliums vollendet, das seinen Ruf auf alle Nationen ausweitet (Mt 28,18-20).

Um die Gabe Gottes zu beleuchten, die seine unsterbliche Kirche (Mt 16,18) mitten in Staaten entstehen lasst, die für den Menschen notwendig, aber auch vergänglich sind (Dn 7), sahen sich die Mitglieder der Päpstlichen Bibelkommission veranlasst, eine historische und literarische Untersuchung anzustellen, welche die aufeinanderfolgenden Strukturen des Gottesvolkes behandelt, wie sie die biblischen Bücher in ihrem geschichtlichen Werdegang dargestellt haben. Ihre veröffentlichten (Siehe Unité et diversité dans lÉglise. Texte officiel de la Comission Biblique Pontificale et travaux personnels de ses membres, Libreria Editrice Vaticana, Città del Vaticano, 1989) Berichte sind persönlich. Aber sie haben als Grundlage für die Redaktion des Dokuments: »Einheit und Vielfalt in der Kirche«, gedient, das allein die Meinung der Gesamtheit der Kommission zum Ausdruck bringt.

HENRI CAZELLES P.S.S., Sekretär

EINHEIT UND VIELFALT IN DER KIRCHE

Die Kirche erlebt heute wohl mehr als je schwierige Spannungen, die sich als fruchtbar erweisen müssten. Die einzelnen Ortskirchen, ja auch Gruppen innerhalb derselben, werden sich immer lebhafter ihrer Besonderheiten im Schoß der Gesamtkirche bewusst. Die Überzeugung wächst, dass zur Gnade der Katholizität, wenn sie sich voll entfaltet, eine authentische Vielfalt unter kirchlichen Gemeinden in derselben Gemeinschaft gehört. Diese Überzeugung ist um so stärker, als sich parallel dazu in vielen Völkern ein lebendiges Bewusstsein ihrer ethnischen und kulturellen Eigenarten entwickelt.

Doch je mehr die lokalen Besonderheiten hervortreten, um so notwendiger ist es, präzise jene Elemente zu erfassen, die alle kirchlichen Gemeinschaften im einen Volk Gottes einen.

Damit stellen, sich zwei Fragen:

a) Wie ist sicher zu stellen, dass die Anerkennung der Ortskirchen in ihrer Eigenart, weit entfernt davon, die Einheit in Frage zu stellen, sie im Gegenteil befruchtet und ihre Universalität bereichert?

b) Wie ist zu vermeiden, dass die notwendige Suche nach Einheit die Lebendigkeit jeder Kirche erstickt?

Die Antworten auf diese Fragen reichen in ihrer Tragweite über die Grenzen einer christlichen Konfession hinaus. Sie müssten den ökumenischen Dialog zwischen allen Getauften bereichern können, die sich auf schwierigen Wegen der Annäherung an jene volle Einheit befinden, die Jesus gewollt hat. Auf ihrer Wanderung durch die Jahrhunderte findet die Kirche in den heiligen Schriften den Sinn ihrer Bestimmung und ihrer Sendung. An einem Zeitpunkt, an der die Weltsituation sie auffordert, neue Initiativen zu ergreifen, liest sie die Bibel von neuem und hört auf sie.

Um die gegenwärtige Situation zu erhellen und die Fragen, die sie stellt, zu präzisieren, wurde die Päpstliche Bibelkommission eingeladen, die Schrift über die »Beziehungen zwischen den Ortskirchen oder Einzelgruppen und der Gesamtheit des einen Gottesvolkes« zu befragen. Das vorliegende Dokument stellt zuerst der Reihe nach die Zeugnisse des Alten oder Ersten Testaments vor, dann die des Neuen Testaments; es versucht dann zu einer Gesamtschau des biblischen Zeugnisses zu gelangen.

Daraus ergibt sich der folgende Abriss:

A. DIE ZEUGNISSE DER BIBLISCHEN SCHRIFTEN IN IHRER REIHENFOLGE
I. Vielfalt in der Einheit, jenseits von Spaltung und Uniformität, nach dem Alten Testament
1. Die Vielfalt im Universum
2. Die Prinzipien der Einheit
3. Die Einheit durch die Institution des Priestertums
II. Vom Alten zum Neuen Testament
1. Einheit und Vielfalt des Judentums zur Zeit des Zweiten Tempels
2. Jesus von Nazaret
III. Einheit und Vielfalt im Corpus Paulinum
1. Die sogenannten protopaulinischen Briefe
2. Die sogenannten Gefangenschaftsbriefe
3. Die sogenannten Pastoralbriefe
IV. Einheit und Vielfalt in den synoptischen Evangelien und der Apostelgeschichte
1. Markus
2. Matthäus
3. Lukas und die Apostelgeschichte
V. Andere Schriften
1. Der Hebräerbrief
2. Der Erste Petrusbrief
VI. Einheit und Vielfalt im Corpus Johanneum
1. Das vierte Evangelium
2. Die johanneische Briefe
3. Die Offenbarung des Johannes

B. Kurze Synthese des biblischen Zeugnisses
1. Die verschiedenen Namen der einen Kirche
2. Die Gemeinschaft in der Kirche in ihrer Vielheit

DIE ZEUGNISSE DER BIBLISCHEN SCHRIFTEN IN IHRER REIHENFOLGE

VIELFALT IN DER EINHEIT, JENSEITS VON SPALTUNG UND UNIFORMITÄT, NACH DEM ALTEN TESTAMENT

Die Vielfalt im Universum

a) Die Bibel stellt sich von Anfang an als Offenbarung des Gottes des Universums dar, des Schöpfers »des Himmels und der Erde«, das heißt der Mannigfaltigkeit der Wesen und ihrer Arten (Gen 1,11-31).

Diese Vielfalt der Wesen im Universum ist ebenso wie die Vielfalt der Familien, Nationen und Völker in der Geschichte (Gen 10,5...) von Gott gewollt und »gut« geheißen (Gen 1,12.17.21.25.31).

b) Dennoch kann die segensreiche Vielfalt der Menschen (Geschlechter, Stämme und Völker) zur Quelle unseliger Spaltungen werden, wenn der Mensch nicht auf die Stimme Gottes hört (Gen 2-3) und seinen »Weg« (Gen 6,12) verdirbt. Die Menschheit verliert den Kontakt mit einer Natur, die ihr wohltut (3,18), der Mann unterdrückt die Frau (3,16), ein Bruder tötet seinen Bruder (4,8.23.24); die Völker zerstreuen (Gen 11) und bekämpfen sich.

Die Prinzipien der Einheit

Trotz dieser oft blutigen Auseinandersetzungen bestehen die menschlichen Gemeinschaften fort. Sie halten wenigstens teilweise an ihrer inneren Zusammengehörigkeit fest, und zwar durch den Patriarchen in der Familie, durch die Ältesten in den Sippen oder Völkern, durch die Herrscher in den Völkern, und sogar durch verschiedenartige Bundesschlüsse zwischen Völkern, deren Vielfalt auf diese W eise respektiert wird.

Zur Überwindung der Spaltungen oder Streitigkeiten zwischen Einzelnen, Familien und Völkern benützt der Gott der Bibel gewisse Institutionen:

a) Durch die Erwählung bestimmt der Schöpfergott einen Patriarchen, der seinen Segen seiner natürlichen oder juristischen Verwandtschaft sichert. So sollen zu Abraham nicht nur Israel, sondern auch Ismael, Edom, Midian und die Nachkommen der Ketura (Gen 25,1-4) gehören.

b) Der Gott Abrahams und Israels verwandelt die Bundesschlüsse (berit) zwischen menschlichen Gemeinschaften, deren Zeuge der jeweilige Nationalgott war, zu einem Bund, den er selber stiftet: Mose ist Mittler dieses Bundes, und die Stämme verpflichten sich in den Abmachungen (Worten, Geboten) gegenüber Gott selbst. Dieser Bund wird durch verschiedene kultische Akte (Ex 24,1-13) geschlossen, und die Gläubigen werden ihre Verpflichtung Gott und den Menschen gegenüber immer wieder erneuern müssen.

c) In der Tat garantiert diese Bundesordnung nicht genügend Schutz gegen innere und äußere Streitigkeiten (Richterbuch). Gott schenkt darum seinem Volk die Institution des Königtums (1 Sam 8,22) und der Davidsdynastie (2 Sam 7,8-16). Wenn der König dem Mosebund treu bleibt, wird ihm dieser Recht und Gerechtigkeit (mischpat und sedaqah; Ps 72,1-4; Gen 18,19; 2 Sam 8,15; Jer 22,3...) verleihen. Zusammen mit seinen politischen Funktionen empfängt der König durch die Salbung einen religiösen Status. Seine Entscheidungen werden von seinen Dienern wie Worte des Nationalgottes anerkannt (Spr 16,10-15), und er selbst ist der Knecht dieses Gottes (2 Sam 7,8-19; Ps 89,4).

d) Obwohl die Institution des Königtums mit David bestimmte Verheißungen des Gottes Abrahams verwirklicht, kann sie nicht alle Spaltungen überwinden. Von Anfang an weckt sie auch Rivalitäten zwischen den Stämmen und furchtbare Zwietracht in der Königsfamilie. Selbst ein David kann dem Volk nicht Gerechtigkeit garantieren (vgl. 2 Sam 15,1-6). Sein Nachfolger verliert die Kontrolle über die Nachbarstaaten und enttäuscht die Nordstämme (1 Kön 11). Das Schisma wird schließlich Wirklichkeit beim Tod Salomos. Obwohl sie sich auf denselben Gott berufen, spalten und befehden sich die Israeliten.

e) Seit der Davidszeit erheben sich in Prophetenkreisen Stimmen gegen die Könige und sogar gegen das Königtum. Schließlich sieht das Volk nicht länger die königliche Entscheidung wie ein Gotteswort an; Jüngergemeinschaften erkennen dieses Wort vielmehr in den Orakeln bestimmter Propheten, ihrer Meister. Diese wiederum schreiten manchmal gegen die Spaltungen ein (1 Kön 12,24). Sie berufen sich sowohl gegenüber den Königen und dem Volk als auch gegenüber den Fremdvölkern (Am 1-2) auf die alte Tradition des Rechtes des Gottes Israels als den Faktor des Friedens und der Einheit. Sie halten die Hoffnung wach, dass ein Nachkomme Davids nicht nur die Stämme Israels (Ez 37,15-28), sondern auch andere Völker (Jes 55,4-5) in Gerechtigkeit (Jes 11,1ff; Jer 23,5) und Frieden (Ez 34,24-25) sammeln wird. Ein neuer Bund wird verheißen (Jer 31,31-33; vgl. Ez 11,17-20; 36,25-28; Jes 24-26).

f) In den prophetischen Schulen zeigt sich eine große Vielfalt von Geisteshaltungen und politischen Vorstellungen, und das Volk verfügt noch nicht über Kriterien der Unterscheidung zwischen wahren und falschen Propheten. Dennoch gibt es für alle nur ein einziges Volk des einen Gottes Israels. Die deuteronomische Bewegung versucht darum die Einheit des erwählten und geheiligten Volkes (Dtn 7,6) durch die Kultzentralisation an dem »vom Herrn erwählten Ort«, dem vom Sohn Davids erbauten Tempel (Dtn 12,5; 1 Kön 8,29), zu verwirklichen. Das Deuteronomium kennt die Schwächen der Institution des Prophetenturns (18,20ff; vgl. Jer 28,8-9), so dass es dieses Mose (Dtn 18,15) und seinem Gesetz (Torah) unterordnet. Dieses ist den levitischen Priestern anvertraut (31,9); ihr Auftrag ist der Dienst des Kultes, der die Familien aller Stämme vereint in einer »Versammlung des Herrn«, einem qehal JHWH (23,2ff; vgl. Neh 13,1; Mi 2,5...), griechisch (LXX): ekklèsia JHWH.

Die Einheit durch die Institution des Priestertums

In der gesteigerten Vielfalt der jüdischen Diasporagemeinden, denen eine nunmehr nationale politische Autorität fehlt, sieht sich die Institution des Priestertums mit dem Dienst der Einheit beauftragt. Den Auftrag dazu hat sie nur von der Autorität der Torah her, die das Volk als 'edah (griechisch: synagogè) um die erwählende Gegenwart seines Gottes sammelt. Dieser hat nicht nur ein Heiligtum gewählt, er lässt dort auch seine Herrlichkeit »wohnen« (Ex 40,34-35; Lev 9,23). Als König, der er durch sein Handeln als Schöpfer des Universums ist (Ps 93), thront er »auf den Cherubim« (Ps 99,1) in seinem Heiligtum (Ps 96,6), wo niemand sich ihm nähern kann, nur einmal im Jahr der geweihte Hohepriester. Die Gemeinschaft, für die der Hohepriester seiner Sendung nach als Fürsprecher einzutreten hat, wird in verschiedenen Metaphern beschrieben, die ihre organische Einheit unterstreichen: Sie ist der Weinberg (Jes 5,7; Ps 80,9.17), der Baum (Ez 17,23), die Stadt (Jes 26,1-2; Ps 46,5), die Herde (Ps 95, 7; Ez 34).

Die Aussonderung des geheiligten Volkes (Ex 19,6) aus der Unreinheit verführerischer Völker (Ez 16,23.29) ist durch die Reinheitsgesetze (Lev 11-16) garantiert. Die Völker jedoch sind berufen, an seiner Hoffnung (fes 51,5) und an seinem Kult (fes 2,2-4; 56,6.7; 60,13-14; Ps 102,19-23) teilzunehmen. Das gilt für Fremde wie Rut, die Moabiterin, für die Nachkommen eines Edomiters und Ägypters in der dritten Generation (Dtn 23,4-9) und sogar für Babylonier, Tyrer und Philister (Ps 87), in aller Vielfalt ihres Ursprungs, wenn sie nur in Zion »wiedergeboren« sind (Ps 87,5.6) und die Torah üben (den Sabbat, vgl. Jes 56,2.6-7, und die Beschneidung, Gen 17,12-14).

Die Einheit ist weder allein durch die Blutsverwandtschaft gesichert, die bestritten (Esr 2,59-63, vgl. 62) oder durch Mischehen bedroht sein kann (Neh 13,23-30; Esr 9-10), noch durch die mosaische berit, die von den Menschen gebrochen werden kann (Dtn 31,16.20; Hos 2,4; Jer 11,10; 14,21; 31,32; Ez 17,1.5.19; 44,7), noch durch die politische Macht der Monarchie, die Recht und Gerechtigkeit nicht aufrechterhalten hat (Jer 22,13.17, vgl. V. 3), noch durch das aaronidische Priestertum, das den Bund Levis gebrochen hat (Mal 2,5-8).

Das Volk bricht den Bund, aber niemals heißt es, dass Gott ihn widerruft. Wenn, wie das Buch Daniel sagt, ein fremder König kommen wird, »im Herzen feindlich dem heiligen Bund« (11,28), und wenn er »voll Wut gegen den heiligen Bund, die begünstigen wird, die ihn verlassen« (11,30), dann wird jener, der »nah bei den Kindern deines Volkes ist«, sich erheben, um die zu retten, die in das Buch des Lebens eingeschrieben sind, und das wird die Auferstehung für viele (12,1-2) sein. Das Buch Daniel spricht auch davon, dass die Heiligen des Höchsten eine ewige Herrschaft erhalten zusammen mit dem, der »wie ein Menschensohn ist, kommend mit den Wolken« (7,13-14.27); die scheußlichen Reiche dagegen werden gerichtet.

VOM ALTEN ZUM NEUEN TESTAMENT

Einheit und Vielfalt des Judentums zur Zeit des Zweiten Tempels

In einer von unterschiedlichen politischen und kulturellen Mächten beeinflussten Diapora erwies sich die Vielfalt jüdischer Gemeinschaften als fruchtbar, ob es sich dabei um Ägypten (Elephantine) handelt, um Persien (Susa, Nippur und Babylon) oder den Mittelmeerraum, wo jüdische Kolonien sich in der hellenistischen Zeit vermehrten. Ihre Ausstrahlung zog Proselyten und »Gottesfürchtige« an.

Die Einheit des Volkes Israel wurde gesichert durch die Torah-treue sowohl im moralischen wie im kultischen Bereich (Wallfahrt zum Tempel als dem erwählten Ort und der Wohnung der Herrlichkeit). Gewiss, die Torah verhinderte es nicht, dass diese reiche Vielfalt durch das Aufkommen religiöser Parteiungen sich in Spaltung verwandelte:

a) Die Samaritaner erkennen weder den Tempel von Jerusalem an, noch die Autorität der Propheten und anderer Schriften.

b) Die Juden in Ägypten erkennen seit der Zeit der Lagiden (3.-2. Jh.) die Torah in ihrer griechischen Übersetzung, der Septuaginta, an. Einige lehnen es ab, die Gültigkeit des Jerusalemer Priestertums anzuerkennen, und schließen sich dem Tempel von Leontopolis an und dem oniadischen Priestertum.

c) Die Sadduzäer dagegen sind sehr verbunden mit dem Tempel von Jerusalem und seinem Kult.

d) Die Gemeinschaft der Essener hält sich für das einzige authentische Heiligtum und das wahre Israel; ihre Mitglieder stellen die »Söhne des Lichtes« den »Söhnen der Finsternis« gegenüber.

e) Die Anhänger Judas des Galiläers und diejenigen, die man später »Sikarier« und »Zeloten« nennen wird, lehnen die Unterscheidung Ezechiels zwischen »Fürst« und »Priester«, d.h. zwischen weltlich und kultisch, ab (Ez 44-46; vgl. Num 27,18-23). Sie halten den Gehorsam gegen Gott für unvereinbar mit dem Gehorsam gegen das heidnische römische Reich.

f) Die Täufer geben der »Reinigung« neues Gewicht.

g) Die Pharisäer versuchen, inmitten der profanen Welt rigoros die gesetzlich vorgeschriebene Reinheit zu verwirklichen, indem sie die Anordnungen der geschriebenen Torah durch ein Gewohnheitsrecht präzisieren. Die Offenbarung der Herrlichkeit Gottes bleibt den letzten Zeiten vorbehalten.

Nach dem völligen Verschwinden des Tempelkultes und des aaronidischen Priestertums wird der Pharisäismus die Einheit des Judentums retten durch seine Treue gegenüber dem Sittengesetz der Torah und durch den Synagogengottesdienst. Die 'edah des Buches Levitikus wird nun zur Synagoge; Reinheit und Aussonderung werden an den großen Festtagen Rosch ha-Schanah und Kippur gefeiert, an denen das Königtum JHWHs und die Vergebung der Vergehen des Volkes ausgerufen werden. Die Vielfalt der Riten und lokalen Traditionen wird die Einheit des Judentums ebenso wenig erschüttern wie die Verschiedenartigkeit rabbinischer Gesetzesinterpretationen.

Jesus von Nazaret

In einer Zeit, in der das jüdische Volk seine Einheit durch Treue zur Torah des Mose und zum Jerusalemer Tempelkult verwirklicht, in der gleichzeitig seine Spaltung in unterschiedliche Parteiungen (haireseis) diese Einheit bedroht, beginnt Jesus seinen Dienst in Galiläa. Erst mehrere Jahre nach seinem Tode werden die Erinnerungen an seine Taten und Worte aufgeschrieben und zu einem Teil der Sammlung werden, die man das Neue Testament nennt. Es ist nicht möglich, von den uns erhaltenen Evangeliumstexten aus sein irdisches Leben im einzelnen präzise darzustellen. Doch gewisse fundamentale Gegebenheiten seines Lebens und seiner Sendung sind als gesichert anerkannt.

Jesus gehört zum jüdischen Volk und wendet sich an Israel. Seine Jünger sind ebenfalls Juden und beschränken sich, als sie ausgesandt werden, sein Wirken auszubreiten, auf Israel. Indem er den Kreis der Zwölf gründet (die in den ältesten Schichten der synoptischen Tradition noch nicht Apostel heißen), setzt Jesus ein prophetisches Zeichen und bekundet seinen Willen, das Volk Israel mit seinen zwölf Stämmen von neuem zu sammeln und zu begründen, wie die jüdische Tradition es für die messianische Zeit erwartet. Er wird angeklagt, er habe den Tempel zerstören wollen.

Kritische Studien kamen zu keinem Konsens über den genauen Inhalt seiner Predigt. Gewiss aber fanden sich darin Aspekte, die die alte Einheit Israels in Frage stellten und Umrisse einer neuen Einheit entwarfen, die umfassender ist. So erkennt die apostolische Tradition ihm Stellungnahmen zum Reich Gottes und zur Torah zu:

- Gewisse Elemente fehlen in seiner Predigt vom Gottesreich; die politisch-nationalistischen Elemente, die Restauration des Königsthrones Davids in all seinem Glanz, die Vertreibung der Feinde des Volkes aus dem Land; waren doch diese Elemente Teil der brennenden Hoffnung dieses Volkes (Ps SaI17). Seine Predigt hat eine universale Offenheit; entsprechend prophetischen Vorstellungen (Jes 25,6) erwartet Jesus die Versammlung der Völker mit den Patriarchen beim Festmahl des Königreichs (Mt 8,11; Lk 13,28).

- Er schafft die Torah nicht ab, sondern deutet sie neu. Er kritisiert die Form, die damals die Reinheitsvorschriften und das Sabbatgebot besaßen, die man als ein der jüdischen Frömmigkeit eigentümliches Gut ansah. Sein Ruf zur Umkehr verlangt von allen eine persönliche Entscheidung. Dadurch lässt er Spaltungen zwischen Personen aufkommen. Aber »den Vielen« soll sein Tod zugute kommen.

EINHEIT UND VIELFALT IM CORPUS PAULINUM

Die sogenannten protopaulinischen Briefe

Paulus stellt sich als Apostel vor; als den geringsten der Apostel (1 Kor 15,9) zwar, aber als Apostel gleichen Rechtes (vgl. GaI1-2), nämlich als Apostel Jesu Christi (1 Kor 1,1; 2 Kor 1,1). Er ist gesandt, das durch die Propheten verheißene Evangelium Gottes zu verkünden, in Beziehung auf den Sohn, der auferweckt wurde in Macht, entsprechend dem Geist der Heiligung (Röm 1,1.4). Das Problem der Beziehungen zwischen den Ortskirchen und der Universalität des einen Gottesvolkes wird von Paulus nicht direkt behandelt; aber in seinen Briefen finden sich gewisse Diskussionen und Gegebenheiten, die bei unserem Nachdenken über diese Frage helfen können: Beziehungen zwischen Juden und Heiden kommen zur Sprache, zwischen Schwachen und Starken, Armen und Reichen, Männern und Frauen; Beziehungen der Gläubigen zu Paulus und seinen Mitarbeitern; die Existenz mehrerer Hauskirchen (Röm 16,5; Phlm 2); Häresien, Schismen und Unordnungen, Vielfalt der Gaben und Charismen...

Erhellend für unser Thema ist vor allem die Analyse zweier konkreter Situationen: 1. Wie beurteilt Paulus im Galaterbrief die Beziehungen zwischen bekehrten Heiden und Judenchristen? 2. Wie wird in 1 Korinther und im Römerbrief die Vielfalt in der Einheit dieser beiden Gemeinden gesehen?

1. In Gal 1-2 betont Paulus die Einheit der Gläubigen, indem er die Einzigartigkeit des Evangeliums hervorhebt: dieselbe Gnade kommt von Gott dem Vater und dem Herrn Jesus Christus, der sich für uns hingegeben hat, um uns »dieser Welt des Bösen« zu entreißen (1,3-4). Der Ausdruck Ekklèsia tou Theou (1,13) hat wahrscheinlich schon mehr als lokalen Klang.

Dennoch gibt es nicht nur mehrere Kirchen in Galatien (1,2) und anderswo, was ein Zeichen der Vitalität ist; es gibt auch ernste Spannungen, die von den Judaisierenden verursacht werden, die das Evangelium Jesu Christi entstellen. Paulus erzählt, was geschah, als er, zusammen mit Barnabas, Titus nach Jerusalem mitnahm. Er legte sein Evangelium den Angesehenen vor; diese erkannten das Apostolat an, das ihm anvertraut worden war. Die Teilnehmer akzeptierten zwei verschiedene Formen der Evangelisation, eine für die Beschnittenen, Petrus anvertraut, die andere für die Unbeschnittenen, Paulus anvertraut. Bei Gelegenheit des Konfliktes von Antiochien wird Paulus beweisen, dass für alle die Rechtfertigung aus dem Glauben an Jesus Christus kommt und nicht aus den Werken des Gesetzes. Indem er Petrus, der sich dem Mahl mit den Heidenchristen entzog, vorwirft, nicht mehr entsprechend der Wahrheit des Evangeliums zu wandeln (Gal2,14), verteidigt Paulus für seine bekehrten Heiden die Freiheit vor dem Gesetz.

2. Ursache der in 1 Kor 1-3 erwähnten Spaltungen in der Kirche von Korinth sind Unterschiede zwischen Parteien. Paulus hält sie nicht für legitim... In 1 Kor 12 und Röm 12 aber beschreibt Paulus die notwendige Vielfalt mit dem Bild des Leibes und seiner Glieder. Der Geist teilt jedem seine Gaben so zu, wie er will. »Es gibt vielfältige Gaben, aber es ist derselbe Geist, vielfältige Dienste, aber es ist derselbe Herr, vielfältige Formen des Wirkens, aber es ist derselbe Gott, der alles in allen bewirkt« (1 Kor 12,4-6.15-22; Röm 14,2-3). Diese gewiss von Gott gewollte Vielfalt darf nicht Unordnung werden. Gott, Jesus Christus und der Geist müssen die Einheit im tiefsten Grunde garantieren, aber auch, auf andere Weise und aus eigenen Rechten, die Taufe (Gal 3,27-28; Röm 6,3-4) und die Eucharistie (1 Kor 10,16-17), der Glaube (Röm 1,16; 3,22) und die agapè (1 Kor 13; Röm 5,3-8).

3. Gestützt auf diese beiden Beispiele können wir eine Synthese der paulinischen Aussagen skizzieren und ein Nachdenken über die Mittel, durch die Gott die Zusammengehörigkeit der Christen sichert, in Gang bringen. Wir unterstreichen im folgenden die Erfordernisse einer gut integrierten Vielfalt.

Gewisse Faktoren der Einheit Israels spielen nur noch eine sehr abgeschwächte Rolle. Ohne die Heiligkeit, die Gerechtigkeit und die Güte der Torah zu leugnen (Röm 7,12), unterstreicht Paulus in anderen Texten ihren ausschließenden und nationalen Charakter (vgl. Gal2,14). Er lehnt es ab, in der Beschneidung und den Speisevorschriften Prinzipien der Einheit zu sehen. Obwohl er im Kult ein Privileg Israels anerkennt (Röm 9,4), spricht Paulus kaum vom Tempel, denn die Christen selbst sind Heiligtum (naos) Gottes (1 Kor 3,16-17; 2 Kor 6,16). Jerusalem hat nur als Mutterkirche Bedeutung, als Beweis der Treue Gottes zu seinem Bund. Autorität besitzt diese Kirche durch die angesehenen Häupter, die sich dort befinden. Sie gelten als Säulen (styloi) der Gemeinschaft (Gal 2,9); Paulus ist überzeugt, dass er ohne ihre Zustimmung »vergeblich gelaufen« wäre (Gal2,2). Vom »Heiligen Land« ist keine Rede. Durch den Glauben an Jesus Christus fühlt sich der Christ mit Abraham und mit dem erwählten Volk verbunden.

Paulus besteht im Gegenteil auf der Bedeutung des Apostolats (Gal1,1; 1 Kor 9,1). Es ist ein Faktor der Universalität und Einheit, der nicht auf eine Lokalkirche begrenzt ist. Ein Band der Einheit zwischen den einzelnen Kirchen ist zweifellos der Apostel Paulus selber. Die Verkündigung eines gemeinsamen Evangeliums eint alle Gläubigen der verschiedenen Kirchen (1 Kor 15,11). Sowohl die Taufe wie die Eucharistie (und die gemeinsamen Mahlfeiern) bewirken die Gemeinschaft unter den Christen. Aus 1 Kor 11,23f kann man schließen, dass die Eucharistie in Korinth, Antiochien oder Jerusalem grundlegend gleich ist.

Ebenso wird die Einheit dadurch vermittelt, dass sich die Charismen gegenseitig ergänzen. Ohne die Vielfalt der Gaben könnte der Leib nicht tätig werden. Die von Paulus aufgestellten und manchmal recht uniformen Vorschriften dienen der Einheit; Paulus ist überzeugt, in diesem Punkt Vollmacht zu haben (exousia, 2 Kor 10,8; 13,10), selbst wenn er sich ihrer nicht immer bedienen will. Für das, was er vorschreibt, beruft er sich auf das, was man auch anderswo tut. Schließlich wird die Einheit der verschiedenen Kirchen auch durch die Gemeinschaft (koinonia) unter den Aposteln (GaI2,9) begünstigt. Die Mannigfaltigkeit dieser Kirchen könnte Spaltung bewirken, und das würde das Apostolat vergeblich werden lassen. Die Gemeinschaft wird sich konkret darin zeigen, dass »die Armen Jerusalems nicht vergessen« werden (GaI2,10). Das ist die Kollekte, von der die Briefe sprechen, ein Akt, der die Solidarität der Christen in einem eminent kirchlichen Sinn zum Ausdruck bringt.

Was die Vielfalt betrifft, so akzeptiert Paulus die Unterschiede zwischen den Gliedern als Reichtum im Leib. Auf diesem Niveau gibt es keine Uniformität. Paulus wird allen alles, »wie ein Jude für die Juden«, und »wie einer ohne Gesetz für die ohne Gesetz« (1 Kor 9,19-22). Er verlangt von den Autoritäten Jerusalems, dass sie zu unterscheiden wissen, was wesentlich ist und für alle Christen gleich bleiben muss. Er lehnt also alles konformistische Sektierertum ab. Ohne ausdrücklich die menschlichen Werte hervorzuheben, die je nach Rasse, Region, Kultur variieren, bemüht sich Paulus, seine Heidenchristen aus der religiösen lnkulturation der Juden zu befreien. Verfolgt man die Perspektiven des Paulus weiter, kann man sich von nun an fragen, ob sich die verschiedenen Ortskirchen nicht durch ihre je besonderen Charismen unterscheiden müssten, um so zu einer legitimen und bereichernden Vervielfältigung der einen und universalen Kirche beizutragen.

Die sogenannten Gefangenschaftsbriefe

Zwei dieser Briefe müssen uns beschäftigen: der Kolosser- und der Epheserbrief Ihre Perspektiven sind andere als die der protopaulinischen Briefe. Christus ist das Haupt der einen Kirche, die sein Leib ist. Die Eschatologie erscheint hier verwirklichter, die Christologie kosmischer.

1. Im Brief an die Kolosser wird die Autorität des Paulus angesichts der Gefahren der Häresie unterstrichen. Aber die Vielfalt in der Einheit wird ein weiteres Mal deutlich ausgesprochen. Christus ist »das Haupt des Leibes, der die Kirche ist« (1,18), »das Haupt , von dem her der ganze Leib, ernährt und Sehnen das Wachstum bezieht, das Gott ihm gibt« (2,19). Die Christen sind gerufen zum Frieden Christi in einem einzigen Leib (1,15). Dieses Vokabular hat eher kosmologischen als politischen Ursprung. Die Kirche hat im Kolosserbrief eine Berufung in der Welt. Dort trägt das Evangelium Frucht und wächst (1,6); es wird aller Kreatur unter dem Himmel verkündet (1,23). Die Kolosser sollen beten, damit Gott die Tür für die Verkündigung öffne (4,3-4). Sittliche Weisungen legen jedem Mitglied der großen Familie einen christlichen Lebensstil nahe: Ehemännern, Eltern, Herren auf der einen, Ehefrauen, Kindern, Sklaven auf der anderen Seite (3,18-4,1). Und über allem sollen die Christen sich mit der agapè bekleiden, die das vollkommene Band ist (3,14).

2. Der Epheserbrief hat diese Ermahnung weiter entfaltet. Im Familiengesetz von 5,21-6,9 dient die Vereinigung Christi (des Hauptes, Gatten, Erlösers) mit der Kirche, seinem Leib, der zugleich Gattin ist, als Vorbild für die Beziehungen von Eheleuten zueinander. Der Geist lässt durch den Glauben Christus in den Herzen der Christen wohnen, so dass sie in der Liebe verwurzelt und begründet sind (3,16-17). Gott macht seinen wohlwollenden Plan bekannt, um das ganze Universum unter einem einzigen Haupt, Christus, zu vereinen (1,9-10). Der Paulus des Epheserbriefes, der sich selbst den »letzten aller Heiligen« nennt, hat die Gnade empfangen, den Heiden den unergründlichen Reichtum Christi zu verkünden (3,8): die Offenbarung der wirksamen Gegenwart Gottes in der Welt.

Ebenfalls im Epheserbrief ist die Kirche der Leib Christi, der ihr Haupt ist. Er hat dieser seiner Kirche eine große Vielfalt der Dienste gegeben, um seinen Leib aufzubauen (4,7.11-12). Von ihm her »verwirklicht der ganze Leib sein eigenes Wachstum, zusammengefügt und wohl geeint dank aller Gelenke, die ihm entsprechend ihrer Aktivität, die je nach dem Maß eines jeden verteilt ist, dienen« (4,16). Die Kirche wird ferner mit einem Tempelbau verglichen, dessen Fundament die Apostel und die Propheten sind und dessen Schlussstein (akrogoniaios) Christus (2,20). Unser Friede, das ist ganz gewiss Christus. Er hat die Spaltung zwischen Juden und Heiden zu einer einzigen Einheit gemacht. Durch das Kreuz hat er alle beide in einem Leib mit Gott versöhnt (2,14-22). Der Verfasser ermahnt seine Christen: »Bemüht euch, die Einheit des Geistes durch das Band des Friedens zu wahren. Ein Leib und ein Geist, so wie ihr auch gerufen seid zu einer Hoffnung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über alle herrscht, durch alle handelt und in allen wohnt« (4,3-6). Obwohl er nicht den Ausdruck »eine einzige Kirche« benützt, behauptet er fest die Einheit des Leibes,. der die Kirche ist.

Die sogenannten Pastoralbriefe

Im Vergleich zu der Situation, die in den anderen Briefen des Corpus Paulinum beschrieben ist, ist in diesen Briefen für die Ortskirchen von Ephesus und Kreta eine Entwicklung zu konstatieren. Man begegnet einer deutlicheren Organisation der Dienste. Der Glaube wird weniger wie ein Akt dargestellt, sondern eher wie ein »depositum«, das zu bewahren ist, wie eine Lehre, der man treu bleiben muss. Die Kirche ist weniger wie ein soma vorgestellt, sondern eher wie ein oikos.

Der Verfasser spricht nicht ausdrücklich von der Beziehung zwischen den Kirchen und der Universalkirche. Dennoch ist zu bemerken, wie sehr die die Einzelorte übersteigende Autorität des Paulus akzeptiert ist; unter Berufung darauf wird die Autorität seiner Abgesandten, des Timotheus und des Titus, anerkannt. Auf Timotheus wurde die Gnadengabe durch prophetische Vermittlung übertragen, zusammen mit der Handauflegung durch das Kollegium der Ältesten (1 Tim 4,14) und durch Paulus (2 Tim 1,6). Timotheus selbst wird seine Hände anderen auflegen (1 Tim 5,22). Hier tritt also eine Art von Sukzession in der Ausübung der legitimen Autorität ans Licht, (vgl. auch 2 Tim 2,2).

In den beiden Kirchen von Ephesus und Kreta sind große Ähnlichkeiten festzustellen, ohne dass man deshalb behaupten könnte, dass es in anderen Gemeinden die gleiche Situation gegeben hätte. Die Ähnlichkeiten grenzen an Uniformität. So muss Timotheus, der die Schriften seit seiner Jugend kennt, ebenso wie Titus den Glauben und die gesunde Lehre gegen Irrtümer verteidigen (1 Tim 6,20-21; 2 Tim 3,13; Tit 1,9; 3,10). Alle beide müssen die Organisation der Kirchen vollenden. Titus wird nach der Anweisung des Paulus in jeder Stadt Älteste einsetzen (Tit 1,5). Auch in 1 Tim 5,17-19 ist von den Ältesten die Rede. Die Eigenschaften, die ein Bischof besitzen soll, sind nach 1 Tim 3,2-7 und Tit 1,7-9 die gleichen. Timotheus muss über die Eignung der Diakone ebenso wachen (1 Tim 3,8-10.12-13) wie über die der Frauen (Diakone? vgl. 3,11). Schließlich müssen beide ihre Christen, paulinischen Weisungen folgend, ermahnen, dass sich alle in jedem Stand untadelig verhalten (1 Tim 5 und 6; Tit 2,1-10).

Auf diese Weise wird die bereits gebührend strukturierte Einheit in der Ortskirche bewahrt. Die Christen sind »das Haus Gottes, die Kirche des lebendigen Gottes, Säule und Stütze der Wahrheit« (1 Tim 3,15). Die Christen sind Teil des Volkes, das Jesus Christus dank seines Opfers gehört (Tit 2,14).

EINHEIT UND VIELFALT IM DEN SYNOPTISCHEN EVANGELIEN UND DER APOSTELGESCHICHTE

Die synoptischen Evangelien nehmen durch ihr Kerygma die Predigt auf, und bringen so wie Paulus das Evangelium in nicht jüdisches Gebiet.

Markus

Der Verkündigung des Gottesreiches kommt ein zentraler Platz im Markusevangelium zu (Mk 1,15); jedoch wird die Botschaft vom Reich Gottes zum »Evangelium Jesu Christi, des Sohnes Gottes« (1,1). Damit ist die nachösterliche Situation markiert, in der man die zentralen Ereignisse des christlichen Glaubens in den Blick nimmt, nämlich Kreuzigung und Auferstehung Jesu.

a) Das Bekenntnis zu Jesus als dem Messias, wie Petrus es ausspricht (8,29), und als dem Sohn Gottes, wie der Hauptmann am Fuß des Kreuzes (15,39) es ausspricht, ist zusammen mit der Feier des Herrenmahles der neue Sammelpunkt geworden, an dem sich das Volk Gottes vereint. Gewiss, das Wort ekklesia erscheint bei Markus ebenso wenig wie bei Lukas; aber die Existenz einer solchen Wirklichkeit wird deutlich vorausgesetzt. Die Beziehungen zwischen der Kirche und der Synagoge präzise zu erfassen, ist schwierig, aber die Trennung bereitet sich vor (vgl. Mk 7,3-4; 12,9; 13,9). Die Speiseverbote haben keine Bedeutung mehr (7,15.19). Jesus bringt etwas grundlegend Neues (1,27; 2,21-22), es tut ihm leid, dass die Herde ohne Hirten ist (6,34), und er verdammt die Winzer des Weinbergs (12,1-12).

b) Das Einschreiten Jesu gegen die »Händler im Tempel« wird durch das Wort in Jes 56,7 gerechtfertigt: »Mein Haus wird ein Haus des Gebetes genannt werden für alle Völker« (11,17). Die unmittelbare Nähe des Gottesreiches, von der 9,1 und 13,30 sprechen, wird fest angenommen; aber »dieses Evangelium muss zuerst allen Völkern verkündet werden« (13,10).

c) Die Zwölf, die nur einmal Apostel genannt werden (6,30), stellen zuerst die Gruppe der Zeugen dar; sie hat Leben und Handeln Christi begleitet; sie muss jetzt sein Werk fortsetzen; als erster unter ihnen wird Petrus genannt (3,16). Er ist der Wortführer (8,29).

d) Der Erlösungstod Jesu (10,45) begründet den Bund in seinem Blut, das vergossen ist für die Vielen (14,24). Nach seiner Auferstehung sammelt Jesus als Hirte seine verstreuten Schafe (14,27-28).

Matthäus

Das Matthäusevangelium hat man das Evangelium der Kirche genannt. Es verwendet zweimal das Wort ekklesia (16,18; 18,17-18). Die Kontinuität mit Israel und die Ablösung von der Synagoge sind die beiden Pole, von denen her seine ekklesiologische Reflexion bestimmt ist.

a) Viele Zitate halten fest, dass Jesus der Messias Israels ist und der Retter seines Volkes, wie ihn die Schrift verkündet hatte. Aber Israel in seiner Gesamtheit hat ihn nicht angenommen und erfährt sich dadurch offensichtlich kritisiert (Mt 20,16; 22,5-8). Das »Reich Gottes«, das Matthäus wie eine Gegebenheit der Heilsgeschichte der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft versteht, wird den Häuptern Israels weggenommen und einem Volk gegeben, das darin Frucht bringt (21,43).

b) Simon, dem ersten der zwölf Apostel (10,2), wird der Name Petrus gegeben; er wird als Gründungsfels der universalen Kirche des Messias (16,18: mou ten ekklesian) eingesetzt, der ihren Zusammenhang sichert. Als Bewahrer der Schlüssel des Himmelreiches und versehen mit Vollmacht des Bindens und Lösens, ist er Garant der Treue zur Person und Lehre Jesu. Die Vollmacht des Bindens und Lösens wird auch in der Ortsgemeinde ausgeübt (18,18).

c) Durch den verherrlichten Herrn mit der Sendung beauftragt, werden die Elf Jünger in alle Welt gesandt, um alle Völker zu Jüngern zu machen (28,19). In ihrer Gemeinschaft wird die Allmacht Christi weiterhin für das Heil wirken (28,18-20).

Lukas und die Apostelgeschichte

Die lukanischen theologischen Konzeptionen liegen im Lukasevangelium und in der Apostelgeschichte vor. Im Evangelium ist das Land Israel Mittelpunkt des Wirkens Jesu. Jesus beginnt sein Wirken in seiner unmittelbaren Heimat Nazaret (4,16-30); er überschreitet (im Gegensatz zu Mk 7,24ff = Mt 15,21ff) nicht die Grenzen des jüdischen Landes. Als er seine Apostel (9,2) und seine Jünger (10,1) ausschickt, tut er es aus der Sorge dafür, dass ganz Israel mit der Heilsbotschaft konfrontiert werde.

Lukas entwickelt in seinem Werk eine Theologie des Weges (hodos; poreuomai). Als Kind ist Jesus zweimal zum Tempel gekommen, zu seinem Vater (2,41; vgl. 2,23). Mit seinen Jüngern macht er sich wieder nach Jerusalem auf (9.51ff) wo die Menschen ihn töten werden (13,33), Gott aber ihn auferwecken wird (24,34). Dieser Weg setzt sich in der Apostelgeschichte fort und führt von Jerusalem Konzeption der Heilsgeschichte, wonach das alte Gottesvolk übergeht in das Gottesvolk, das »aus den Völkern« (Apg 15,14) genommen ist. Der Transfer des Evangeliums von Israel zu den Völkern entspricht dem Plan Gottes in seiner Kontinuität und Diskontinuität.

Die zwölf Apostel (Apg 6,2), zu Dienern des Wortes (vgl. Luk 1,2) geworden - unter ihnen empfängt Simon Petrus, der Erstberufene (Luk 5,1-10), die Sendung, seine Brüder zu stärken (22,32) - sind qualifizierte Zeugen des Wirkens, des Todes und der Auferstehung Jesu (Apg 1,8.21-22).

In der Apostelgeschichte wird das Leben der Urkirche eindringlich als das Leben eines Gottesvolkes in Vielfalt und Einheit geschildert.

Der Pfingstbericht (2,1ft) bringt zur Kenntnis, dass der Gottesgeist sich bei seiner Herabkunft von Menschen vieler Sprachen (und Kulturen) verstehen lässt; so wird die Sprachverwirrung abgeschafft, die durch den Hochmut der Erbauer von Babel entstanden war. Aus dem Geist geboren, besteht die Kirche von Anfang an aus Menschen verschiedener Sprachen und Kulturen, die jetzt durch den Geist im Glauben versammelt sind. Sie werden als »Brüder« (1,15) bezeichnet, als »Gläubige« (2,44), »Jünger« (6,1), als die, »die den Namen des Herrn anrufen« (vgl. 9,14.21), als Gerettete (2,47), als »Partei der Nazoräer« (24,5), als »Christen« (11,26; 26,28).

Das Wort ekklesia bezeichnet öfter die Ortskirche (etwa die von Jerusalem oder Antiochien); aber es ist auch die Rede von der Kirche in »ganz Judäa, Samaria und Galiläa« (9,31), oder auch von der »Kirche Gottes, die er sich durch sein Blut erworben hat« (20,28). Es wird erzählt, dass Ortskirchen Gesandtschaften austauschen und dass es gegenseitige materielle Hilfen gibt (11,29).

Den »Summarien«, die das Leben der Kirche in Jerusalem beschreiben (2,42-47; 4,32-35; 5,12-16), kommt in der lukanischen Redaktion exemplarische Bedeutung für alle Kirchen zu. Die Gläubigen versammeln sich noch im Tempel unter dem Tor Salomos (5,12). Gelobt wird ihre Einheit und Eintracht, deren Garantie die Lehre der Apostel ist, an die man sich hält, die Gemeinschaft (koinonia), das Brotbrechen und die Gebete, die in Privathäusern stattfinden. Der freiwillige Verkauf von Besitz und die Gemeinsamkeit des Lebensnotwendigen zielen darauf ab, Not zu unterdrücken, und stärken das Bewusstsein der Brüderlichkeit. Die Einmütigkeit der Christen wird ständig hervorgehoben (homothymadon: 1,14; 2,46; 4,24; 5,12...), selbst wenn sie gelegentlich durch Zwischenfälle gestört werden mag (5,1-11).

Die Reden der Missionsverkündigung des Urchristentums sind nach Modellen unterschiedlichen Ursprungs komponiert. Man kann darin Typen der christlichen Verkündigung sehen, die je nach Milieu und Zuhörerschaft variiert. Die Pfingstpredigt des Petrus in Jerusalem lässt sich wie das Modell einer Missionsrede vor einer jüdischen Öffentlichkeit verstehen (2,14-36), während die Areopagrede des Paulus in Athen Modell einer Missionsrede vor einem griechischen Zuhörerkreis ist (17,22-31).

Das wird durch die Wahl von Argumenten und Bildern bekräftigt, die jeweils den geistigen Horizont derer berücksichtigen, an die man sich wendet. Zu erkennen sind auch unterschiedliche Meinungen und Konflikte in der Urkirche. Solche Differenzen sind zum großen Teil durch die Verschiedenheit der Herkunft ihrer Mitglieder bedingt. Die Apostelgeschichte berichtet davon ohne Scheu. Das gilt für das Ressentiment der Hellenisten gegenüber den Hebräern in der Kirche von Jerusalem, da deren Witwen bei der täglichen Versorgung vernachlässigt worden waren (6,1-6). Das gilt auch für den Streit darüber, wie die bekehrten Heiden zur Kirche zugelassen werden können. Es gab eine große Zahl von Bekehrungen aus dem Heidentum, und gewisse Judenchristen hielten die Annahme der Beschneidung für unbedingt notwendig (15,1-5). Das sollte auch noch für die offenkundigen Reserven gegenüber dem Apostel Paulus bei seinem letzten Besuch in Jerusalern gelten (21,21).

Die Lösungen, die man fand, und die die Apostelgeschichte vorschlägt, sind nicht von der Art, dass sie die kulturellen und religiösen Besonderheiten derer, die in die Kirche eingetreten sind, völlig vernachlässigen. Die in der Apostelversammlung verwirklichte Übereinkunft - nach Apg 15 handelt es sich um die Nicht-Auferlegung der Beschneidung und um die »Klauseln des Jakobus« - akzeptiert es im Gegenteil und lädt in gewissen Grenzen dazu ein, dass das eine Gut eines jeden respektiert wird. In dieselbe Richtung weist es, wenn die Apostelgeschichte einen Paulus schildert, der bereit ist, in Jerusalem vollständig als Jude aufzutreten (21,23-26).

In der Apostelgeschichte spiegelt sich eine breite Vielfalt in der Organisation der Kirche und des Dienstes, je nach Orten und ethnischen Gruppen. Die Ortskirchen erscheinen als weitgehend autonom in ihrem inneren Leben, zugleich sind sie solidarisch untereinander und halten an einer privilegierten Bindung an Jerusalem fest.

Diese Vielfalt kräftigt offenbar eine Einheit, die Besonderheiten nicht vernachlässigt, sondern in eine sie transzendierende Gemeinschaft einbringt. Dort wo Konflikte aufkommen, weist die Apostelgeschichte auf Mittel hin, durch die die Einheit bewahrt wird: auf die von den Aposteln gegebenen Anweisungen (6,2; 15,7-11), auf den Glauben, den alle auf gleiche Weise bekennen (15,7-9), die Liebe, die alle füreinander haben sollen, indem sie sich gegenseitig respektieren und füreinander leben, und schließlich und vor allem auf die Gegenwart des Heiligen Geistes, der die Kirche nicht nur gesammelt hat, sondern sie auch leitet und führt. Nach dem Glauben der Gemeinde spricht dieser Heilige Geist selbst aus der Entscheidung der Apostelversammlung (15,28).

Dennoch ist dort, wo es um eine Entscheidung geht, die ganze Gemeinde betroffen. In 6,5 billigt sie den Vorschlag der Apostel, in 15,22 gibt sie den Aposteln und Ältesten ihre Zustimmung.

Durch dieses gewissermaßen idealisierte Bild vom Leben der Urkirche, wollte die Apostelgeschichte der kommenden Generation das Beispiel eines unter der Leitung des Geistes geführten Lebens geben.

ANDERE SCHRIFTEN

Der Hebräerbrief

Die Frage nach der Einheit in der Vielfalt wird im Hebräerbrief nirgend ausdrücklich behandelt. Aber ein Prinzip der Einheit wird mit großer Eindringlichkeit in neuen Begriffen bekräftigt: Das einzigartige, ein für allemal dargebrachte Opfer Christi hat die Vielfalt der alten Opfer ersetzt (10,5-10). Als Hoherpriester ausgerufen, ist Christus zur »Ursache des ewigen Heiles für alle geworden, die ihm gehorchen« (5,9).

Die christliche Initiation hat höheren Wert als die erschreckende Erfahrung vom Horeb (12,18-21; vgl. Dtn 4,11; Ex 19,12.16), denn sie stellt eine Beziehung her zum »himmlischen Jerusalem«, zu einer »Versammlung (ekklesia) der Erstgeborenen, die in den Himmeln eingeschrieben sind«, sowie zu »Jesus, dem Mittler eines neuen Bundes« (12,22-24, vgl. Jer 31,31-34). Darin zeigt sich, dass die christliche Einheit ein Fundament hat, das nicht irdisch ist, obwohl es in einer konkreten Solidarität zum Ausdruck kommt (3,12 -4,16). Diejenigen, die »an Christus Anteil haben« (3,14), sollen an den Versammlungen der Gemeinde teilnehmen (10,25), die Erinnerung an ihre ersten Leiter bewahren (13,7), und sich ihren gegenwärtigen Leitern gegenüber als folgsam erweisen (13,17), sich vor »verschiedenartigen und fremden Lehren« hüten, denn »Jesus Christus ist derselbe, gestern, heute und für die Jahrhunderte« (13,8-9).

Der Erste Petrusbrief

Der Brief gibt sich, als sei er in Babyion (= Rom; 5,13) geschrieben. Er ist an die Erwählten gerichtet, die als Fremde in der Diaspora von Pontus, Galatien, Kappadozien, Asien und Bithynien leben (1,1) und verfolgt werden, weil sie Christen sind. Sie gehören offenbar verschiedenen Ortskirchen an, aber der Autor spricht seine Adressaten als Mitglieder der einen und selben Kirche an, die die Zeugnisse und Ermahnungen des Apostels Petrus empfängt. In diesem Schreiben werden die Christen, die »wiedergeboren« sind zu einer neuen Hoffnung in der Auferstehung Jesu Christi, sich ihrer Berufung bewusst.

Geboren aus dem Wort Gottes (1,23), sind sie lebendige Steine eines geistlichen Gebäudes (2,5). Indem sie sich in Christus einverleiben, den lebendigen Stein, den die Bauleute verworfen haben, der aber zum Eckstein geworden ist (2,4), empfangen sie das Erbe und die Privilegien Israels, was der Autor mit den bedeutsamen Metaphern zum Ausdruck bringt, deren sich das Alte Testament dafür bedient: »auserwähltes Geschlecht, königliche Priesterschaft, heiliger Stamm, für das Heil bestimmtes Volk« (2,9; vgl. Jes 43,20-21; Ex 19,5-6). Schlie0lich sind das Volk Gottes, diejenigen, die sein Erbarmen empfangen haben (2,10; vgl. Hos 1,6.9).

Der Autor ermutigt die Christen, in der Verfolgung fest zu bleiben, da sie »wissen, dass dieselben Leiden über die Gemeinschaft eurer Brüder in der Welt kommen« (5,9). Er ermahnt die Ältesten, wobei er sich »einen Ältesten mit ihnen« nennt, die Herde Gottes zu weiden, die ihnen anvertraut und deren »oberster Hirt« Christus ist (5,1.2.4.).

Der Brief stellt uns eine Kirche vor, die sich ihrer Würde als Gottesvolk bewusst ist.

EINHEIT UND VIELFALT IM CORPUS JOHANNEUM

Das vierte Evangelium

1. Die erklärte Absicht des vierten Evangeliums ist es, bei seinen Lesern den Grund des Glaubens zu legen in Jesus, »dem Christus, dem Sohn Gottes«, damit sie »in seinem Namen« (20,31) das Leben haben. Keinerlei Diskriminierung wird auferlegt, denn der Plan Gottes ist es, die Welt zu retten (3,17). »Jeder, der glaubt« (3,16), hat das ewige Leben. Es lässt sich also sagen, dass das Ziel des Evangeliums die Einheit aller im christlichen Glauben und Leben ist. Der Evangelist verzeichnet vielfältige Reaktionen der Person Jesu gegenüber (7,12; 11.,45-46), aber feindliche und ungläubige Reaktionen sind für ihn nicht zu rechtfertigen (3,18-20).

2. Jesus wendet sich an Leute sehr unterschiedlicher Herkunft und Stellung, die sich ihm auf vielfältige Weise anschließen: an Jünger Johannes' des Täufers (1,35), die Galiläer sind (1,44), an den Pharisäer Nikodemus, »einen der vornehmen Juden« (3,1; 7,50; 19,39); eine Samaritanerin (4,7) und ihre Landsleute (4,39), und zwar trotz des Bruchs zwischen Juden und Samaritanern (4,10); einen königlichen Beamten (4,46). Manchmal »kommt eine große Menge zu ihm« (6,5). Nicht Juden fühlen sich von ihm angezogen (12,20-21).

3. Diese ganze Vielfalt soll zur Einheit werden, dank dem Wirken Jesu, des »guten Hirten« (10,11). »Es wird eine Herde und ein Hirte sein« (10,16). Im Gegenteil lassen die »Mietlinge« zu, dass die Herde sich zerstreut (10,12). Die Einheit ist nicht auf das Volk Israel begrenzt, sie soll vielmehr für andere Schafe offen sein (10,16), und viel mehr noch für »alle verstreuten Kinder Gottes« (11,52). Sie wird dargestellt als das Ziel des Todes Jesu (11,51-52), als Gegen- stand des dringenden Gebetes Jesu (17,11.22-23), als ein Mittel, die Welt zum Glauben zu führen (17,21.23). Modell und Quelle der Einheit der Jünger ist die vollkommene Einheit des Vaters und des Sohnes, durch die der eine im anderen ist (gegenseitiges Ineinander, sein: 17,11.21). Die Jünger sollen »in Christus bleiben«, so wie die I Reben mit dem Weinstock verbunden sind (15,1-7).

Die Anbetung »im Geist und in der Wahrheit« erlaubt es ihnen, über das Problem der Spaltung hinwegzukommen, das durch die Uneinigkeit über die Kultorte entstand (4,21-24). Das wahre Heiligtum wird der Leib des auferweckten Jesus sein (2,19-22). Der Geist, den der Vater auf die Bitte Jesu hin senden wird, wird offensichtlich ein geheimnisvolles Band zwischen den Jüngern stiften (vgl. 14, 16-18). Das vierte Evangelium widmet ein großes Augenmerk der geistlichen Einheit der Gläubigen mit Gott, die der Verinnerlichung der Botschaft Jesu zu danken ist. Es beschäftigt sich weniger mit den Strukturen der Einheit. Indem es auf die Wiedergeburt aus dem Wasser und dem Geist als Bedingung des Eintritts in das Gottesreich hinweist (3,5) und auf das »Lebensbrot« als Bedingung dafür, dass das Leben des Sohnes -dank des belebenden Geistes (6,63)

- in den Jüngern ist (6,57), setzt dieses Evangelium voraus, dass es gewisse zugleich personale und gemeinschaftliche Akte gibt, wodurch Menschen vom Sohn das vom Vater hergekommene Leben empfangen.

4. Die Einheit liegt also nicht auf der politischen Ebene (6,15; 18,37), sie benützt keine menschlichen Waffen (18,36; vgl. 18,10-11). Jesus verwirklicht sie durch demütigen Dienst (13,2-15) und die Hingabe seiner selbst bis zum Ende (10,14-18; 13,1; 15,13). Er befiehlt seinen Jüngern, seinem Beispiel zu folgen: »Liebt einander, wie ich euch geliebt habe«; das ist das »neue Gebot« (13,34).

5. Das vierte Evangelium beschreibt nicht die Organisation: christlicher Gemeinden; es redet gewöhnlich (78mal) von »Jüngern«, ohne irgendeinen Unterschied zwischen ihnen zu machen. Die Jünger werden mit dem Geist Zeugnis ablegen (15,26-27). Ihre Einheit lässt sich also nicht mit Begriffen der Autorität definieren, sondern mit Begriffen gegenseitiger Liebe, und sie gilt als Zeugnis (17,20-23). Es handelt sich dabei nicht um ein nur menschliches Zeugnis, es macht vielmehr vor »der Welt« das Zeugnis offenbar, das der Geist für Jesus ablegt.

6. Die Wahl der Zwölf ist dennoch erwähnt (6,70; vgl. 13,18; 15,16.19) ohne dass ihre Rolle genau festgelegt wird; sie wird es erst nach der Auferstehung sein, wenn Jesus sie durch die Mitteilung des Geistes beauftragt, seine eigene Sendung fortzusetzen (20,21-23). Unter ihnen wird Petrus besonders herausgestellt: in einem entscheidenden Moment legt er ein Glaubensbekenntnis ab (6,68-69). Er hat eine besondere Funktion für die Gesamtheit der Gläubigen, denn trotz seines dreimaligen Leugnens (18,17.25-27) empfängt allein er vom Auferstandenen die Sendung, »seine Schafe zu weiden« (21,15-19). Kurz zuvor hat Petrus das Netz des wunderbaren Fischfangs heraufgezogen, das -ein symbolischen Detail? -»nicht zerreißt« (21,11).

7. Dasselbe Schlußkapitel bezeugt im übrigen die Vielfalt der Berufungen in der Einheit des Glaubens an Christus: der für Petrus vorgesehene Weg ist nicht derselbe wie der des »Jüngers, den Jesus liebte« (21,20-23). An der Rolle, die dem letzteren zugeteilt wird, ist zu erkennen, welcher Pluralismus in der Kirche zur Zeit der Redaktion des vierten Evangeliums herrschte. Die Gemeinden, die die johanneischen Traditionen bewahrten und pflegten, unterschieden sich in vielen Punkten von jenen, in denen die synoptischen Traditionen Ausdruck fanden: durch eine Christologie, die nachdrücklich die göttliche Sohnschaft Jesu, ja sogar seine Göttlichkeit betont, eine ausgeführte Pneumatologie, eine Eschatologie, die oft wie schon verwirklicht dargestellt ist. Sie betonten nachdrücklich die in Jesus offenbarte Wahrheit (alethèia) und die agape, die durch ihn gebracht wurde. Diese Unterschiede liefen jedoch nicht auf eine Trennung hinaus; das bezeugt der Platz, den die Gemeinde »des geliebten Jüngers« dem Petrus zuerkennt (Joh 20 und 21).

2. Die johanneische Briefe

Obwohl sie unmittelbarer kirchlich sind als das Evangelium, sprechen die johanneischen Briefe nicht so ausdrücklich von der Einheit. Die koinonia jedoch (1 Joh 1,3.6.7) steht in Zusammenhang mit diesem Thema. Das »Zeugnis« der ersten Jünger vom »Wort des Lebens« macht es möglich, in die »Gemeinschaft« einzutreten, die die Gläubigen »mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus« (1,1-3) und dadurch auch miteinander haben (1,7). Die Gemeinschaft basiert also auf dem Glauben an das fleischgewordene Wort. Sie findet ihren Ausdruck in gegenseitiger Liebe (agapè). In 1 Joh finden sich die Hauptthemen des vierten Evangeliums wieder, auch die Aussage, dass im Glauben an Jesus und in der agape der eine im anderen ist (gegenseitiges Ineinandersein) (4,16); 1 Joh geht soweit zu behaupten: »Gott ist Liebe (agapè), und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm« (4,16). Meist richtet sich die Aufmerksamkeit aber auf die Liebe unter Christen, die mit der durch »eigensüchtige Begierden« gekennzeichneten Liebe der Welt unvereinbar ist (2,15-17; 5,4.19). 1 Joh 2,2 bringt jedoch eine universale Perspektive klar zum Ausdruck: Jesus Christus ist »Sühnopfer für die Sünden... der ganzen Welt«.

Das Hauptinteresse des Autors ist es, seinen Lesern Kriterien christlicher Authentizität an die Hand zu geben, denn man kann nicht jede beliebige Vielfalt im Innern der christlichen Gemeinschaft zulassen. Er warnt vor den »Antichristen« (2,18.19; 4,3) und falschen Propheten (4,1). Die angegebenen Kriterien gehören zur Ordnung des christologischen Glaubens und der Treue zu den Geboten (ausdrücklich genannt wird nur das Gebot gegenseitiger Liebe). Im Hinblick auf die Lehre (didachè), dass Christus im Fleisch gekommen ist (1 Joh 4,2; 2 Joh 7), befiehlt 2 Joh 10-11 Unbeugsamkeit.

In 3 Joh spiegelt sich die Situation eines aus Gründen des Ehrgeizes und Machtstrebens in der Kirche entstandenen Konfliktes. Der »Presbyter« beklagt sich, aber er geht nicht über die Ankündigung eines Tadels hinaus (3 Joh 10). Das Wort ekklèsia, das im vierten Evangelium und in den ersten beiden Briefen fehlt, bezeichnet in den Versen 6.9.10 die Ortskirche.

Die Offenbarung des Johannes

Im Zusammenhang mit dem Erlösungswerk (ègorasas) des Lammes betont die Offenbarung des Johannes nachdrücklich die Vielfalt. Das Lamm hat »für Gott in seinem Blut« Menschen aus allen Stämmen und Sprachen und Nationen gekauft (5,9-10). Ein wenig weiter verdeutlicht eine ähnliche Aussage, dass es sich um eine »unzählbare Menge« handelt, die »vor dem Thron und vor dem Lamm« steht (7,9); von dieser Menge ist die Rede unmittelbar nach jener anderen von 144000 »Dienern Gottes«, die »aus jedem Stamm der Söhne Israels« kommen (7,3-8).

Abgesehen von der Vielfalt der Herkunft fällt auch die Vielfalt der geographischen und spirituellen Situationen der »sieben Kirchen« auf. Johannes wendet sich zuerst an sie alle gemeinsam (1,4), bevor er dem »Engel« einer jeden eine Botschaft des auferweckten Herrn übergibt (vgl. 1,18; vgl. 2-3), die im übrigen auch für alle gilt (2,7.11 usw.). »Engel« bezeichnet vielleicht den Gemeindeleiter. Seine Beziehung zu Christus wird als sehr eng dargestellt (1,16.20).

Die Zahl Sieben symbolisiert eine Ganzheit. Alle Kirchen sind geeint im gemeinsamen Gehorsam gegenüber der Autorität Christi und der Stimme des Geistes. In der Art und Weise, wie Johannes sich vorstellt (1,9), bezeugt sich die Brüderlichkeit der Christen aller dieser Kirchen; doch darüber, wie diese Brüderlichkeit organisiert ist, wird nichts gesagt, auch von Beziehungen einer Kirche zur anderen ist nichts zu erfahren. Nichtsdestoweniger verlangen die Briefe eine gemeinsame Haltung, besonders gegenüber dem heidnischen Kult (2,14-15.20). Ein Inspirierter (1,3.10) interveniert, um die einmütige Treue aller Kirchen zu stärken, und seine Intervention wird wie ein »Zeugnis« (1,21) dargestellt, das dazu ermutigt, das »Zeugnis Jesu« (1,9; 12,17) zu bewahren.

Die Vision von der Frau, die mit der Sonne bekleidet und mit zwölf Sternen gekrönt ist, der Mutter des Messias, ist ein machtvolles Symbol der Einheit und Kontinuität des Volkes der beiden Testamente (12,1-2.5-6). Im übrigen kommt das Bewusstsein, zur Einheit berufen zu sein, kräftig zum Ausdruck im Symbol des neuen Jerusalem - der Gemahlin des Lammes (21,9; 22,17) - das vom Himmel herabsteigt (21,2.10), und dessen zwölf Tore für alle Völker ständig offen bleiben (21,12.25.26). Das neue Jerusalem ist die einzige »Wohnung Gottes unter den Menschen«; aber die Vielfalt ist nicht abgeschafft. »Sie werden seine Völker sein« (so ist wahrscheinlich 21,3 zu lesen). Die Erwähnung der »zwölf Apostel des Lammes« als der Fundamente (themelious) der Stadtmauer (21,14) lässt an eine gewisse Strukturierung der Einheit denken. Aber das Hauptinteresse der Offenbarung des Johannes ist es nicht, eine Ekklesiologie darzulegen, sondern vielmehr die christliche Hoffnung in Verfolgungszeiten zu stärken.

KURZE SYNTHESE DES BIBLISCHEN ZEUGNISSES

In der Vielfalt der Gesichtspunkte, die die biblischen Bücher aufweisen, sind mehrere Wege zu erkennen, auf denen der Gott des Universums das Kommen Christi vorbereitete, »um alle verstreuten Kinder Gottes in der Einheit zu sammeln« (Joh 11,52; vgl. Luk 13,29). Der Gott der Bibel ist nicht nur der Gott der Juden, sondern auch der Gott der Völker. Die einen rechtfertigt er aus (ek) dem Glauben, die anderen durch (dia) den Glauben an Christus (Röm 3,29.30; vgl. 26). Er ist der Vater, der seinen einzigen Sohn gesandt hat, um die Welt zu retten (Joh 3,16).

Die Einheit des Vaters und des Sohnes ist das Fundament aller Einheit (Joh 17,21). Der Vater ist der Ursprung von allem (1 Kor 8,6) und das Endziel von allem (1 Kor 15,28). Die Einheit kommt zum Ausdruck:

- in den verschiedenen Namen, die der Kirche Christi gegeben werden,

- in dem Horizont der Universalität, der der Dynamik einer den Kirche vorgegeben ist, und in den Faktoren der Gemeinschaft der Kirchen untereinander.

Die verschiedenen Namen der einen Kirche

Die Namen, die der Kirche im Neuen Testament gegeben werden, sind nicht nur verschiedenartig, sondern manchmal auch nicht zusammenpassend, wenn man die Worte und Bilder buchstäblich nimmt. Das bedeutet, dass die Kirche sich nicht in eine Definition einbringen lässt. Wie alle lebendigen Wesen hat sie eine ihr eigentümliche Individualität. Nähern kann man sich ihr durch Namen und verschiedene Bilder hindurch, die in vielfältigen Milieus entstanden sind und verschiedene und einander ergänzende Erfahrungen übersetzten.

1. Ihr spezifischer Name Kirche bezeichnet immer dieselbe Wirklichkeit, selbst wenn diese in unterschiedlichen Formen erscheint, bald beschränkt auf einen einzelnen Ort, bald ihre Identität durch Raum und Zeit hindurch hervorbringend, und gemacht, sich über die ganze Welt auszubreiten.

Dieser Name bezeichnete im griechischen Alten Testament das Volk des Herrn, das Mose in der Wüste versammelte, damit es das Wort Gottes höre und sich ihm zum Gehorsam verpflichte (Dtn 4,10; 5,22; vgl. Apg 7,38): Die geheiligte Versammlung, zusammengesetzt aus gereinigten Gliedern (Dtn 23,2.3.4.8-9; Ex 19,14-15; vgl. Apg 7,38) und zusammengerufen zu einem Stiftungsereignis, lebte weiterhin von diesem Ereignis her und musste es ständig rituell erneuern (vgl. Dtn 5,3). Im Neuen Testament ist das Stiftungsereignis, das die Verheißungen des Alten Testamentes erfüllt, der Tod und die Auferstehung Christi. Die Kirche ist daraus hervorgegangen und lebt von dorther.

2. Mit Christus, der Offenbarung Gottes im gekreuzigten und auferweckten Leib, erwirbt auch die Kirche eine neue Gestalt, die des Leibes. Das Bild, das der klassischen Antike bekannt war, bekommt einen tieferen Sinn: Die Christen sind »Leib Christi« (1 Kor 12,27). In Christus sind sie Glieder - notwendigerweise von vielfältiger Art - eines einzigen Leibes (Röm 12,5; 1 Kor 12,12; Eph 2,16; KoI3,15). Sie haben verschiedene Gaben (Röm 12,6; 1 Kor 12,4), aber sie hören dasselbe Wort Gottes, empfangen alle die Lehre Christi (Mk 1,27; Apg 13,12; Tit 1,9) und ernähren sich vom selben Brot (1 Kor 10,7).

Dieser Leib ist ein lebendiger und gegliederter Organismus (Eph 4,16; KoI2,19). Christus wird sein Haupt genannt (Kol1,18); die Gläubigen sind einander Glieder (Röm 12,5). Dieser Organismus wächst im Geist heran, bis alle zusammen, zum Erwachsenenalter gekommen, an die Gestalt Christi in ihrer Fülle heranreichen (Eph 4,13).

3. Das Bild des Leibes stellt die Organisation der Kirche, ihr Funktionieren und ihr Wachstum in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das Bild der Herde lässt zugleich an Gefahr und Wagnis denken und an die Verantwortung des Hirten. Im Alten Orient war es ein traditionelles Bild von zugleich politischer und religiöser Bedeutung. Diese Völker von Viehzüchtern waren es gewöhnt, von ihren Königen und ihren Nationalgöttern Fülle und Sicherheit zugleich zu erwarten. Der Gott Israels ist der Hirt seines Volkes (Ps 23). Auch David, der in seiner Jugend die Herde seiner Familie gehütet hatte (1 Sam 16,11; 2 Sam 7,8), weiß sich verantwortlich für das Volk (2 Sam 24,17). Wenn Gott beschließt, seine von unwürdigen Hirten übel behandelten Schafe zu retten, so verheißt er seinem Volk einen neuen Fürsten, »meinen Knecht David« (Ez 34,22-24).

Jesus, Sohn Davids, ist dieser verheißene Hirte. Er ist der eine Hirt der einen Herde (Joh 10,16; vgl. 1 Petr 5,4; Hebr 13,20). Er gibt sein Leben für seine Schafe (Joh 10,11-16). Er führt andere Schafe, die woanders her kommen, in seine Hürde (Joh 10,16). Er vertraut den Jüngern die Aufsicht über seine Herde an (Joh 21,15-20; vgl. Apg 20,28; 1 Petr 5,2).

Christus der Hirte ist zugleich der König seines Volkes. Nachdem er während seines öffentlichen Wirkens die Gottesherrschaft verkündet hatte (Mk 1,15 par), erhebt er im Augenblick seines Sterbens vor Pilatus Anspruch auf sein Königtum, indem er erklärt, dass es nicht von (ek) dieser Welt ist (Joh 18,33-37). Nach der Auferweckung übt er es aus (1 Kor 15,25; Offb 1,12-3,2), bis er die Herrschaft dem Vater übergibt (1 Kor 15,24).

4. Kirche, Leib, Herde: diese Namen enthalten notgedrungen zu einem Teil Bilder. Alle drei definieren die genauen Beziehungen zwischen Christus und dem Volk Gottes. Andere der Kirche gegebene Namen setzen diese Beziehungen als definiert voraus und legen den Akzent auf ihre affektive Bedeutung. Weit entfernt davon, sekundär zu sein, bringen sie wesentliche Aspekte zur Geltung.

Drei Bilder drängen sich besonders auf: Das Volk Gottes ist ein Bau, eine Pflanzung, eine Gemahlin. Man kann diese drei Bilder zusammensehen; sie entsprechen drei grundlegenden Tätigkeiten, die in der Bibel der menschlichen Existenz ihren Wert geben: bauen, pflanzen, heiraten (vgl. Dtn 20,5-7). Das Wunder besteht darin, dass Gott sich ein Haus bauen, einen Weinberg pflanzen, eine Gemahlin geben will, und dass dieses Vorhaben gerade die Kirche ist.

a) Das Volk Gottes ist ein Bau (oikodomé, 1 Kor 3,9), der aufsteigt, um ein heiliger Tempel zu werden (naos hagios, Eph 2,21). Die Ortskirche kommt oft in einem Haus zusammen (kat'oikon: Röm 16,5). Alle Christen sind Kinder des oberen Jerusalem (Gal 4,26). Ihr Leib ist das Heiligtum Gottes (1 Kor 3,16; 2 Kor 6,16), in welchem der Geist wohnt (1 Kor 6,19). Christus wird einmal als Baumeister seiner Kirche gesehen, der sie auf Petrus erbaut (Mt 16,18), ein andermal als Fundament (themelion) des Gebäudes, das von den Aposteln errichtet ist (1 Kor 3,11), oder wiederum als sein Schlussstein (akrogoniaios, Eph 2,20; 1 Petr 2,6; kephaè gonias, Mk 12,10; Apg 4,11). Im Epheserbrief (2,20; 4,16) sind die Apostel das Fundament dieses Gebäudes (2,20), das sich in der agapè aufbaut (4,16).

b) Das Volk Gottes wird auch Weinberg genannt, eine köstliche und kostbare Pflanzung, von der der Winzer Frucht erwartet (Jes 5,1-7; Ez 15; 17,6-8; Ps 80,9-17; Mk 12,1-12 par). Um Frucht zu tragen, müssen die Jünger mit dem Weinstock verbunden bleiben (Joh 15,1-8). Ein Bild des von Gott erwählten Volkes Israel ist bei Paulus auch der Ölbaum, auf den in Gnade ein wilder Zweig eingepfropft wurde, dazu bestimmt, den heiligen Saft zu empfangen (Röm 11,16-24).

c) Die Liebe Gottes zu seinem Volk findet in einem noch kühneren Bild Ausdruck, in dem der Ehe. Seit seiner Erwählung war Israel die frei gewählte Gemahlin, die oft enttäuschte, aber niemals endgültig verlassen wurde (Hos 2,4-25; Jer 2,2; 31,3-4; Ez 16,6-62). Das Bild wird von mehreren Autoren des Neuen Testamentes wieder aufgenommen, die es auf Christus und die Kirche anwenden (Mt 9, 15 par; vgl. Joh 3, 29; Mt 22, 1-14; 2 Kor 11, 2; Eph 5, 23-32). Die bräutliche Gemeinschaft findet ihre Erfüllung am Ende der Zeiten (Offb 19,7-9; 21,2.9; 22,17).

Die Gemeinschaft in der Kirche in ihrer Vielfalt

Die vom Neuen Testament gelieferten Daten machen es möglich, einige charakteristische Züge festzustellen und eine phänomenologische Beschreibung der Kirche zu skizzieren, wie sie sich in den ersten Jahren darstellte. Einerseits gibt es Ortskirchen und vielfältige Gruppierungen; andererseits wird von der Kirche Gottes und Christi wie von einer universalen Wirklichkeit gesprochen.

Es lässt sich feststellen, dass es Kirchen gibt in Jerusalem, Antiochien, Korinth, Rom, in den Gebieten Judäa, Galatien, Mazedonien. Keine gibt vor, für sich allein die ganze Kirche Gottes zu sein, diese ist vielmehr wirklich gegenwärtig in jeder von ihnen. Beziehungen zwischen den Kirchen festigen sich: zwischen Jerusalem und Antiochien, zwischen den von Paulus gegründeten Kirchen und Jerusalem, wohin jene den Ertrag einer Kollekte senden, zwischen den Kirchen, an die sich der erste Petrusbrief richtet, und denen, an die sich die Offenbarung des Johannes wendet. Paulus schreibt, dass er Sorge um alle Kirchen trägt (2 Kor 11,28), und die apostolische Autorität wird überall in der Kirche anerkannt.

1. In den so beschriebenen Phänomenen, einem universalen Plan und vielfältigen Verwirklichungen, enthüllen die Schriften dynamisch wirkende Kräfte. Die Kraft universaler Einheit ist diejenige Gottes. Eph 4,4-6 erwähnt zwar nicht die »eine Kirche«, dieser Text nennt aber zugleich die Quelle der Einheit und die Mittel, durch die sie wirkt: »Es gibt nur einen Leib und einen Geist, so wie es nur eine Hoffnung gibt, entsprechend der Berufung, die ihr empfangen habt: ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allen, durch alle und in allen ist«.

»Ein Herr«, Christus, der in sich Männer und Frauen sammelt, wer sie auch sind. Alle finden sich in ihm vereint und befreit von ihren jeweiligen Beschränkungen. »Ein Glaube«, Prinzip und Reichtum des neuen Lebens im Geist, das Eingangsstor zu einer neuen Welt, wo alle den Vater und seinen Sohn sehen können (Joh 14,9) und einander als Brüder und Schwestern empfangen.

»Eine Taufe«, die Liturgie der Initiation, in der im Ritus die Zugehörigkeit zu Christus, dem Herrn, und zu seiner Kirche besiegelt wird.

»Eine Hoffnung«, die jene »nicht täuscht« (Röm 5,5), die sich auf den Weg machen, »um immer mit dem Herrn zu sein« (1 Thess 4,17).

»Ein Leib«. denn alle haben Anteil an dem einen Brot (1 Kor 10,17).

»Ein Geist«, der in der Vielfalt der geistlichen Gaben, Dienste und Handlungen wirkt im Hinblick auf das gemeinsame Wohl (vgl. 1 Kor 12,4-7).

»Ein Gott und Vater aller«, der »in Christus die Welt mit sich versöhnt hat« (2 Kor 5,19), »von dem alles kommt und zu dem hin wir gehen« (1 Kor 8,6).

2. Diese göttliche Macht und diese Erfahrung der Einheit werden gelebt von vielen verschiedenen Menschen, die vielfältige und zuweilen gegensätzliche Kräfte in sich tragen.

Die dynamischen Kräfte dieser Welt sind zahlreich, die Charismen der Kirchen sind verschiedenartig, das Wirken der Heiligen äußert sich entsprechend ihrer jeweiligen Persönlichkeit. Die Dienste sind vielfältig: Apostel und Propheten, Episkopen und Presbyter, Diakone, Lehrer, Hirten... Ihre Bezeichnungen sind je nach Ort verschieden, manche können Personen des einen oder des anderen Geschlechtes anvertraut werden. Von dieser tatsächlichen Vielfältigkeit her empfängt der eine Glaube lehrhafte und theologische Ausdrucksformen, kulturelle und soziale Verwirklichungen, in denen sich zugleich die Vielfalt der Gedanken und Traditionen der Menschheit entfalten und reinigen kann, wie sich auch die Erfindungskunst der agapè darin üben kann.

Dank dieser durch den Geist in den Herzen ausgegossenen Liebe (Röm 5,5), dank des Brotbrechens (1 Kor 10,16-17), dank des Zeugnisses der Zwölf, unter denen Petrus, der »erste« (Mt 10,2), von Jesus beauftragt ist, »seine Schafe zu weiden« (Joh 21,16-17), dank der Predigt des Paulus, die durch seine Mitarbeiter, Titus und Timotheus, fortgesetzt wurde, dank der Botschaft der vier Evangelien verwirklicht sich die Einheit der Kirche durch alle Mannigfaltigkeiten hindurch. Sie ist die Versöhnung der durch Hass getrennten Völker (Eph 2)14-16). Durch das Erbarmen Gottes) durch das Wirken der auferweckten Christus und durch die Macht des Geistes kann die Einheit der Kirche Spaltungen überwinden, die unüberwindbar erscheinen. Legitime Mannigfaltigkeiten finden in ihr zu wunderbarer Fruchtbarkeit.

Rom, 11-15 April 1988

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