Fundamentaltheologie: Unterschied zwischen den Versionen
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Erst im Hochmittelalter finden wir wieder eine gewisse Auseinandersetzung mit der Vernunftbegründung des Glaubens. Es sind die Philosophen der [[Scholastik]], die sich an diese Aufgabe wagen. Allerdings muss gesagt werden, dass ihnen nach wie vor der unmittelbare Gesprächspartner fehlte, so dass ihre Schriften oft dazu neigten, Systeme aufzubauen, ohne dass die Tragfähigkeit der Beweisführung geprüft worden wäre. | Erst im Hochmittelalter finden wir wieder eine gewisse Auseinandersetzung mit der Vernunftbegründung des Glaubens. Es sind die Philosophen der [[Scholastik]], die sich an diese Aufgabe wagen. Allerdings muss gesagt werden, dass ihnen nach wie vor der unmittelbare Gesprächspartner fehlte, so dass ihre Schriften oft dazu neigten, Systeme aufzubauen, ohne dass die Tragfähigkeit der Beweisführung geprüft worden wäre. |
Version vom 8. März 2014, 07:38 Uhr
Die Fundamentaltheologie ist eine Disziplin der Theologie. Sie hat zum Ziel, den Glauben der Kirche rational zu begründen oder zumindest seine Vereinbarkeit mit der Vernunft darzulegen. In den Bereich der Fundamentaltheologie fällt die Apologetik, die diese Begründung im Zusammenhang einer Auseinandersetzung mit gegen die kirchliche Doktrin gerichteten Argumenten vornimmt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichtlicher Überblick
Auch wenn die Fundamentaltheologie als explizite Disziplin jüngeren Datums ist, finden wir bereits in der Antike Schriftsteller und Redner, die sich mit der rationalen Begründung des Glaubens beschäftigen.
In der Antike
Sogar die Rede des Apostels Paulus auf dem Areopag hat fundamentaltheologischen Charakter, da er hier, ausgehend von der hellenischen Kultur, versucht, den Sinngehalt des Christentums darzulegen.
Ein bedeutender Vertreter der Apologetik der Antike war mit Sicherheit der heilige Irenäus von Lyon, der in seiner Schrift Adversus Haereses (Gegen die Häresien) verschiedene zeitgenössische Vorwürfe gegen den katholischen Glauben widerlegt.
Für die Verknüpfung von Glaube und Vernunft
Als grundlegend für die Fundamentaltheologie erwies sich der Ausspruch des christlichen Philosophen Boethius: "Verknüpfe, wenn du kannst, den Glauben mit der Vernunft." Damit sind die Weichen gestellt und das Abendland entfernt sich nun definitiv von aus der Gnosis kommenden Vorstellungen, dass Glaube und Vernunft mit einander nicht überein zu bringende Größen seien. (vgl. hierzu Tertullian: "Ich glaube, weil es absurd ist.")
Im Mittelalter
Im Frühmittelalter kam es jedoch zum Erliegen der apologetischen Tradition, da zum einen durch die sich durchsetzende christliche Staatsreligion die heidnischen Gesprächspartner ausgingen und zum anderen durch die Völkerwanderung die Schriftkenntnis und der Bildungsgrad rapide zurückgingen.
Erst im Hochmittelalter finden wir wieder eine gewisse Auseinandersetzung mit der Vernunftbegründung des Glaubens. Es sind die Philosophen der Scholastik, die sich an diese Aufgabe wagen. Allerdings muss gesagt werden, dass ihnen nach wie vor der unmittelbare Gesprächspartner fehlte, so dass ihre Schriften oft dazu neigten, Systeme aufzubauen, ohne dass die Tragfähigkeit der Beweisführung geprüft worden wäre.
Unter den Scholastikern ragt der heilige Thomas von Aquin hervor, der in seiner Summa contra gentiles auf Bitten des heiligen Raymond von Penafort gegenüber den spanischen Mauren den Zusammenhang zwischen offenbarter und demonstrierter Wahrheit, die sich nicht widersprechen können, aufzeigt.
Die Apologetik der Reformation
Im Zuge der Glaubensspaltungen im 16. Jahrhundert erlebt die Apologetik einen neuen Aufschwung. Zu massiv ist die reformatorische Bewegung in ganz Europa, zu stark ruft sie nach einer Antwort, als dass die katholische Seite hätte untätig zusehen können. Besonders hervor tun sich hierbei die neuen Klerikerkongregationen, allen voran die Jesuiten.
Die Auseinandersetzung mit protestantischen Bekenntnissen und Anschuldigungen bleibt nun lange dominierendes Thema im Bereich der Apologetik. Viele Kleinschriften werden im ganzen katholischen Erdkreis publiziert, von durchaus unterschiedlicher Qualität.
Auseinandersetzung mit der Aufklärung
Die Philosophie der Aufklärung leitet eine neue Epoche ein. Der französische Philosoph René Descartes, wenngleich zeit seines Lebens praktizierender Katholik, will von der Vereinbarkeit von Glaube und Vernunft nichts wissen und hängt einem mechanistischen, mathematischen Weltbild an. Die englischen Empiriker vertreten einen deistischen Gott, der die Welt wie ein Uhrwerk erschafft und nun nicht mehr in das Geschehen eingreift. Auch die Bibelkritik, die die historische Grundlage des Christentums zu untergraben sucht, hat in dieser Zeit ihren Ursprung.
Dies stellt die katholische Theologie - und nicht nur sie, sondern das ganze Christentum vor große Herausforderungen. Mit lehramtlichen Verurteilungen allein ist es nicht getan. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts beginnt sich nun die Fundamentaltheologie (und ihre Vorläufer, die Kontroverstheologie und die Apologetik) als theologische Disziplin zu entwickeln.
Der französische Politiker und Schriftsteller Chateaubriand bringt 1802 eine neue Sichtweise in die Debatte. Als persönliches Zeugnis, gepaart mit Anekdoten aus der Geschichte des Christentums, stellt er in seinem Essay "Le génie du Christianisme" in dichterischer Form die Vorzüge des Christentums vor und spricht dabei mehr die Emotion als die Vernunft an. (So schreibt er in seinem Vorwort: "Ich weinte und ich glaubte.") Später soll dieser Ansatz als via embedica in die Theologie eingehen.
Chateaubriand steht für die Abkehr von aufklärerischen Ideen. Doch andere Theologen versuchen die Aufklärung und den katholischen Glauben in Übereinstimmung zu bringen. Zu erinnern sei hierbei an die Initiativen des Regensburger Bischofs Johann Michael Sailer. Auch die sogenannte Tübinger Schule um Johann Sebastian Drey und Johann Adam Möhler tendiert in diese Richtung. Allerdings gerät vor allem letzterer in den Streit um den Ultramontanismus, so dass das Bemühen einer "christlichen Aufklärung" letzten Endes scheitert.
Entwicklung der durch die Neuscholastik geprägten Fundamentaltheologie
Einen anderen Weg zeichnet sich in der Oxford-Bewegung um John Henry Newman ab. Diese anglikanische Bewegung setzt auf eine Rückkehr in die katholische Kirche und arbeitet innerhalb der anglikanischen Gemeinschaft darauf hin. Newman setzt sich in seinen Schriften sehr mit den historischen Argumenten für die katholische Kirche auseinander und konvertiert letzten Endes. Seine Arbeiten inspirieren zahlreiche Theologen und bilden eine wichtige Grundlage für die Fundamentaltheologie.
Gegen Ende des 19. Jahrhundert beginnt sich die Fundamentaltheologie fester zu konstituieren. Es bilden sich die drei klassischen Traktate heraus (vgl. hierzu weiter unten):
- Demonstratio religiosa
- Demonstratio christiana
- Demonstratio catholica
Aufgrund der von Rom aus angestoßenen Universitätenreform orientiert sich die Argumentation hierbei an der (neu-)scholastischen Philosophie. Maßgeblich ist hierbei das erste vatikanische Konzil, welches in seiner Konstitution Dei Filius den Grundsatz der Vereinbarkeit von Glaube und Vernunft in der katholischen Lehre fest verankert.
Neukonstitutierung im Zuge des II. Vatikanums
Gegen Mitte des 20. Jahrhunderts beginnt die Fundamentaltheologie, neue Wege zu gehen. Beschleunigt wird dies durch das zweites vatikanische Konzil. Man trennt sich von zuvor stark apologetischen Tendenzen. Das Vorhaben des 19. Jahrhunderts, den christlichen Glauben mit Hilfe der Aufklärung zu erklären, wird wieder aufgenommen. Existenzialistische Philosophie findet ebenfalls Eingang in die Argumentation. Desweiteren entwickelt sich ein viertes Traktat zur theologischen Erkenntnislehre.
In der jüngsten Gegenwart rückt mehr und mehr die Auseinandersetzung mit einer multi-religiösen Gesellschaft, die Auseinandersetzung mit Buddhismus und Islam, in den Vordergrund. Doch auch der Proselytismus freikirchlicher Gruppen fordert nach einer Antwort.
Die Traktate der Fundamentaltheologie
In den Traktaten der Fundamentaltheologie werden die Grundzüge des christlichen Glaubens im Lichte der Vernunft dargestellt. Dabei wird zunächst in der "demonstratio religiosa" die Existenz Gottes aufgezeigt, in der "demonstratio christiana" der Zusammenhang von Offenbarung und Vernunft erklärt und in der "demonstratio catholica" die Notwendigkeit der katholische Kirche im Heilsgeschehen erwiesen. Im "Traktat theologischer Erkenntnislehre", dass zu den drei klassischen Traktaten hinzukommt, wird sich mit der Frage beschäftigt, welche "Begründungsinstanzen des Glaubens" maßgeblich sind.
Literatur
- Bernardin Goebel: Katholische Apologetik, Herder, Freiburg 1930; Imprimatur Freiburg 1930 (einbändiges Standardwerk)
- Esser-Mausbach Religion Christentum Kirche, Eine Apologetik für wissenschaftlich Gebildete, Band 1-3, Verlag der Jos. Kösel´schen Buchhandlung 1913 (jeweils mit Imprimatur).
- Franz Hettinger: Lehrbuch der Fundamental-Theologie oder Apologetik, 2 Bände, Freiburg 1879, in 1 Bd. 1888 (2. Auflage), 1913 (3. Auflage) (hg. u. neu bearb. v. S. Weber).