Freimaurer: Unterschied zwischen den Versionen

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1. Freimaurerei – Protestantische Fürsten – Neuzeitlicher Atheismus
 
1. Freimaurerei – Protestantische Fürsten – Neuzeitlicher Atheismus
 
2. „Konzilsatmosphäre“
 
2. „Konzilsatmosphäre“
3. Die „Liechtenauer Erklärung“
 
 
3. Der neue Codex Iuris Canonici 1983
 
3. Der neue Codex Iuris Canonici 1983
  

Version vom 10. Juli 2006, 13:26 Uhr

DAS FREIMAURERTUM

GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG UND THEOLOGISCHE UMRISSE


Inhaltsverzeichnis

FREIMAUREREI

Geschichtliche Entwicklung und theologische Umrisse

I. Geschichtlicher Hintergrund

1. Vom Handwerker zur weltanschaulichen Loge 2. Ausbreitung und Machtzuwachs 3. Innere Erstarkung der „weltanschaulichen Loge“ 4. Kirchliche Stellungnahmen


II. Der masonische Schöpfungsmythos der Niedergrad und Hochgradfreimaurerei


1. Nährboden für einen "Ordo des Universums“ 2. Das „anthropische Prinzip“ 3. Der freimaurerische Schöpfungsmythos ist „dogmenfrei“ und „ganzheitlich“ 4. Das Universum - durch den Logos aus dem Chaos zur Ordnung entwickelt – habe den Menschen evolviert 5. Zusammenfassend urteilt Kurt Hendrikson 6. Die Dynamik aller Phänomene und Mysterien / Die Rosenkreuzer


III. Nachkonziliarer Dialog und Canon 2335 des CIC 1918


1. Freimaurerei – Protestantische Fürsten – Neuzeitlicher Atheismus 2. „Konzilsatmosphäre“ 3. Der neue Codex Iuris Canonici 1983

Schlusswort



I. Geschichtlicher Hintergrund

1. Vom Handwerker zur weltanschaulichen Loge

Die Freimaurerei ist ein Bund von Männern (1), der unter Verwendung von zum Teil mittelalterlicher Symbole, auf naturethischer Grundlage zum „humanitären Menschen“ führen will. Damit ist die sich selbst gegebene Zielsetzung dieser Geistesströmung bzw. Geisteshaltung kurz umschrieben. Ihren Anfang nahm diese „Bewegung“ mit jenen Bauhandwerkern des Mittelalters, die nicht an eine örtliche Zunft gebunden waren, sondern von Dombau zu Dombau als freie Gesellen oder Baumeister wanderten. In der Folge gründeten sie eine länderübergreifende kirchliche „Bruderschaft“ fachmännischer Kirchenbauer, bestehend aus Steinmetz, Bildhauer oder Architekten. Diese „kirchenbauenden Werkbünde“ umgaben sich im Mittelalter sehr schnell mit geheimnisvollen Symbo-len, Bildern, Griffen und Handlungen, durch die ihre Mitglieder stufenweise in die Grade eines Lehrlings, Gesellen oder Meister aufstiegen. Mit dem Beginn der Renaissance und besonders der Reformation gingen die kirchlichen „freien Bruderschaften“ teilweise ein oder sie bestanden - so besonders im konservativen England - als Geselligkeitsklubs fort, in die seit 1641 auch Mitglieder anderer, z. T. adliger Gesellschaftskrei-se Aufnahme fanden. Durch diese Erweiterung mit Mitgliedern, die mit dem Kirchenbauhandwerk nichts mehr zu tun hatten, erlangten sie bald einen entscheidenden Einfluss in den verschiedensten Belangen des öffentlichen Lebens. Vom Versammlungsort, der sogenannten „Loge“ (englisch: lodge = Hütte, Bauhütte, Hausmeister einer Gaststätte), ging dessen Name auf die "Loge“ als Vereinigung über. In diese Freimaurer-logen drang in dem konfessionell zerrissenen England um die Jahrhundertwende um 1700 mit der rationalis-tischen Aufklärung (2) und dem Deismus (3) das Bestreben ein, eine allumfassende Menschheitsreligion und Menschenverbrüderung zu schaffen. Am 24.6.1717 schlossen sich 4 derartige Londoner Logen zur „Ersten weltanschaulichen Großloge“ unter einem „Großmeister" zusammen. Das war die Geburtsstunde der heute noch existierenden Freimaurerei. Der 24. Juni wurde mit Bedacht gewählt, weil schon bis anhin Johannes der Täufer als Patron der mittelalterlichen „Werkbruderschaften“ galt. Seitdem sind alle Freimaurerlogen zunächst grundsätzlich "Johannes-Logen". Auch die heutigen Hochgradsysteme bauen auf den 3 alten, den Handwerkern verliehenen Johannesgraden auf: Lehrling, Geselle, Meister, allerdings unter Zuhilfenahme und Ausschmückung dieser mit neuzeitlicher Symbolik. Die auf die 3 Grade beschränkte Freimaurerei nennt sich heute noch „Johannesmaurerei“ oder nicht selten "blaue Freimaurerei", weil sie in ihren Abzeichen die blaue Farbe verwendet.

2. Ausbreitung und Machtzuwachs

Die „Erste weltanschauliche Grossloge“ gab sich 1723 ihr erstes geschriebenes Grundsatzbuch mit dem Titel „Alte Pflichten“ unter der Federführung des Predigers James Anderson, Prediger an der Presbyterianerkriche in London. Geheimnistuerei nach Aussen hin und gegenseitige unbedingte Hilfeleistung nach In-nen bescherte der Loge eine schnelle Verbreitung.

3. Innere Erstarkung der „weltanschaulichen Loge“

Schon im Gründungsbuch von 1723 „Alte Pflichten“ wird die allgemeine natürliche Vernunftreligion festgeschrieben. Ausdrücklich ausgeschlossen sind Atheisten, jedoch wird jede kirchlich-dogmatische Glaubensbindung abgelehnt und die allgemeine Glaubens- und Gewissensfreiheit auf der Grundlage der „Drei Säu-len“: Weisheit, Schönheit und Stärke gelehrt. Kein Freimaurerkandidat darf nach seiner religiösen Überzeugung gefragt werden, noch dürfen Erörterungen über diese Fragen in den Logenversammlungen stattfinden. Gott ist der „Grosse Baumeister“, der „deinen Stammvater Adam nach seinem Bilde erschaffen hat und das Universum schuf“. Insbesondere die englischen Logen haben diese Grundsätze beibehalten, nicht zuletzt wegen der engen Verknüpfung des Königshauses mit der Loge. Die Könige Georg IV (11830), Wilhelm IV (+1837), und Edu-ard VII (+1910) gehörten der englischen Grossloge an, desgleichen nicht wenige Staatsmänner, wie z. Bp. Winston Churchill. In deutschen Landen herrscht der Jesus-Kult besonders vor. Der Aufbau gleicht dem eines Ritterordens mit den genannten 3 Johannesgraden, nach ihrem Patron, dem hl. Johannes dem Täufer benannt, den drei Andreasgraden als Patron der hl. Apostel Andreas und drei Kapitelsgraden, deren Patron der hl. Apostel Johannes ist. Nach der Devise „Cuius regio ejus et religio“ waren die preussischen Könige Friedrich II (+1786) bis Fried-rich III (+1888) sowohl oberster Kirchenführer als auch oberste Protektoren der Freimaurer in ihren Landen. Zahlreiche deutsche Dichter gehörten ebenfalls der deutschen Grossloge an, so: Herder, Klopstock, Rü-ckert, Wieland, Goethe und andere. Hierher gehören auch Österreichs Komponisten Mozart und Haydn. Mit Kaiser Franz Josef I. wurde schon 1731 das erste Mitglied des Herrscherhauses in die Freimaurerei aufge-nommen, doch schon Kaiser Franz Josef II. war ein scharfer Gegner derselben. Diese Kurzaufzählung der massgeblichen europäischen Logen scheint notwendig, wenn man den Wandel, den die Freimaurerei im gesellschaftlich-weltanschaulichen Leben Europas zustande brachten, verstehen will, denn erst durch die weltweite Verbreitung und der anschliessenden inneren Erstarkung gewann die Freimaurerei jenen Einfluss, der ihr seit zwei Jahrhunderten nachgesagt wird. Durch den Beitritt der Königs-häuser wurde ihr Gedankengut hoffähig und konnte sich ungebremst verbreiten. Ihr Wirken wurde zudem noch verstärkt durch die absolute Geheimhaltung der massgeblichen inneren Lehren, was sich auch auf die Mitgliedschaft bezog. Daran hat sich bis heute nichts geändert. So gilt als freimaurerisches Geheimnis der sogenannte „Weg zum Licht“, dessen Symbole Winkelmass und Zirkel sind, ferner die politisch-weltanschauliche Tätigkeit, die besonders von den im politischen und sozialen Leben führenden „Drei-Punkte-Brüdern“ (.‘.) gelenkt wird.

4. Kirchliche Stellungnahmen

Im Gegensatz zu den protestantischen Kirchen, deren Oberhaupt zugleich der weltliche Fürst ist und des-halb durch deren Mitgliedschaft in der Loge kaum Berührungsängste aufkamen, hat die katholische Kirche die Freimaurerei wegen ihrer humanischtisch-deistischen Weltanschauung, das dem christlich-biblischen Glauben widerspricht, sodann wegen ihrer laizistischen Zielsetzung und vielfältigen antikirchlichen Tätigkei-ten, die jedoch eher dem militanten Protestantismus denn der Freimaurerei entsprangen, von vornherein abgelehnt. Hier sei kurz die Auseinandersetzung der Kirche mit den Freimaurern über die Leichenverbrennung erwähnt. Die in England, dann in Frankreich und Italien einsetzende Leichenverbrennung wurde als willkommene Waffe gegen den Katholizismus aufgegriffen. 1869 beschloss der internationale Freimaurerkongress in Nea-pel als Schlag gegen das soeben begonnene I. Vatikanische Konzil die Förderung der Leichenverbrennung, die in der kath. Kirche als menschenunwürdig gehalten wurde. Zwischen 1738 und 1918, dem Erscheinungsjahr des ersten „Codex Juris Canonici“ (CIC) wurde die Frei-maurerei in 12 päpstlichen Bullen verurteilt und verboten. So exkommunizierte Papst Klemens XIII. (Papst von 1730-1740) 1735 den Bischof von Utrecht, Theodor van der Croon und verbot durch die Bulle „In emi-nenti“ 1738 jegliche Zugehörigkeit zur Freimaurerei. Leo XIII. erneuerte die Verurteilung in der Enzyklika „Humanum genus“ (20.4.1884). Im 1918 erschienenen CIC fallen nach canon 2335 all jene, die sich der Freimaurerei anschliessen, „eo ipso“ der dem Apostolischen Stuhl simpliciter reservierten Exkommunikation anheim. Über diesen Canon sind am Scholuss noch einige Überlegungen anzustellen, besonders im Hin-blick auf die Neuausgabe des CIC im Jahre 1983. Im CIC von 1918 wurde, laut canon 1240 §1, den Mitglie-dern der Freimaurerei das kirchliche Begräbnis untersagt. Die Zeitverhältnisse waren jedoch so, dass diese Canones kaum Beachtung fanden, im Gegenteil ist es kein Geheimnis, dass eine Anzahl von hochstehen-den Geistlichen, einschliesslich des Vatikans, sowie führende katholische Laien der Freimaurerei trotz aller Verbote ständig angehörten. Im XX. Jahrhundert zog zum Gottes- und Weltanschauungsbild der Freimaurerei eine zweite Front gegen die Kirche auf: der Marxismus. Der religiös-geistige Kampf der Kirche gegen diesen neuzeitlichen Atheismus schlägt sich denn auch im neuen CIC von 1983 nieder, wo die Freimaurerei nicht mehr ausdrücklich erwähnt wurde. Wie angedeutet, muss daher eine Klärung der heutigen Situation zwischen Kirche und Freimaurerei zumindest in ihren Ansätzen beispielhaft geklärt werden.


II. Der masonische Schöpfungsmythos der Niedergrad und Hochgradfreimaurerei


1. Nährboden für einen "Ordo des Universums“

In seinem umfassenden freimaurerischen philosophischen Kompendium über die "Lebenskunst" entwickelt Kurt Hendrikson, der sich selbst als „nicht mehr Profaner“, sondern „im Lichte" bezeichnet, eine sogenannte asymptotische (4) Annäherung des Menschen an die Vervollkommnung als Erfüllung seines Mandats (5), sprich: Lebenszieles. Um dem freimaurerischen Geist den Charakter eines gnostischen Systems (6) nachzuweisen, reicht die Vertiefung in deren Schöpfungsmythos. Es ist nicht Absicht dieses Artikels, die gesamthafte Dar-stellung freimaurerischer Lehren über Glaube und Offenbarung darzustellen, warum wir uns hier als „pars pro toto“ auf die kosmogone (7) Vision beschränken, die als Nährboden für das "Ordo des Universums" gilt. Die erstrangige Einsicht über das Bestehen des "Schöpferischen Prinzips", so diese These, erklärt demnach an sich nicht die Art, wie die "absolute Intelligenz" die Schöpfung reguliert. Wir wissen nämlich in letzter Instanz nicht, von wo wir kommen, noch wissen wir, wer wir sind, und was der Tod aus uns machen wird. Nichts beginnt, nichts endet, alles wandelt sich ohne Ende; das Leben scheint im Nichts zu enden, gleich einem Sternchen, das eine Minute am unendlichen Nachthimmel aufleuchtete. Aber eine innere Stimme sagt zum Menschen: Raffe Dich auf, um zu sehen und zu wissen. Auch aus der Perspektive der aufgeklärten Suche nach Geheimnissen, die über der Fassungskraft der menschlichen fünf Sinne liegen, stehen am Ende mittels gnostischer Spekulation und Instrumentarien durchleuchtet, allein nur die "Erkenntnis" über den Inhalt und Ursprung des Wissens. Diese Erkenntnis schliesst jedoch menschliche Selbstbegrenzung, Demut und Anbetung des Schöpfers in ehrfürchtigem Staunen aus.

Daraus ergibt sich

2. Das „anthropische Prinzip “(8)

Moderne Kosmologien (9), von dieser Perspektive her gesehen, finden sich mit dem Nichterkennen des We-sens des Universums ab, so Hendrikson. Die moderne Naturwissenschaft wolle nicht den Sinn, sondern die Form und die Gesetze des Kosmos erfassen und im Detail erforschen. Für die Erforschung des Sinnes aller Phänomene eigne sich die künstlerische Betrachtungsweise aber besser als die wissenschaftlich/dialektische. So könne der denkende Künstler auf das anthropische Prinzip zurückgreifen. Es besagt, "dass es uns nicht geben würde, wenn das Universum wesentlich anders wäre, als es tatsächlich ist“. Auf Grund dieser Aussage versucht man neue Information über die Struktur der Welt abzuleiten. Das anthropi-sche Prinzip liefert sodann Selektionsregeln, welche gewissermaßen die Trennung der Spreu vom Weizen ermöglichen könnten. Danach werden diejenigen Dinge als wichtig betrachtet, die unsere Existenz verun-möglichen würden, wenn sie vom Ist-Zustand wesentlich abweichen würden (10). Ins Auge sticht dabei vor allem die wunderbare Harmonie zwischen den Gesetzlichkeiten des Makrokosmos und des Mikrokosmos. Diese Harmonie ist schon sehr früh aufgefallen und bildete das Hauptargument aller Beweise für die Exis-tenz einer zielgerichteten Schöpfung. Die Komplexität der Natur löst aber auch beim modernen Menschen die Furcht vor seiner transzendentalen Zukunft aus. • Dass sich dieses erste Prinzip einer Schöpfungslehre von einem persönlichen Schöpfergott weit entfernt hat, muss nicht besonders erwähnt werden.

3. Der freimaurerische Schöpfungsmythos ist „dogmenfrei“ und „ganzheitlich“ lautet ein weiteres Prinzip.

Das sogenannte Zeitalter der Informationsgesellschaft sei an der bevorstehenden Jahrtausendwende (vom 2. zum 3. Jahrtausend) eine sehr populäre Etikette des Selbstverständnisses der Gegenwart. Es gibt aber auch, wie Ulrich Beck (11) ausführt, Gruppen von Menschen, denen diese materialistisch-wissenschaftliche Weltauffassung nicht ausreicht. Sie suchen nach einem Mythos, der nicht nur der irdischen, sondern auch einer kosmischen Einbindung des Menschen Orientierungslinien setzt. Der religiöse Mythos, der seit jeher diese Aufgabe wahrnahm, damit ist die Bibel gemeint, verlangt vom Menschen die bedingungslose Akzep-tanz von Glaubensvoraussetzungen, was viele nicht annehmen wollen. Die Auswege, die die freimaureri-sche Lebenskunst vorschlägt, artikulieren sich im Bestreben, die Komplexität der Natur durch das Begreifen ihrer Gesetze und das den Menschen besonders berührende Sittengesetz ins Bewusstsein zu bringen und danach zu handeln. • Das zweite Prinzip lehnt somit nach dem Schöpfergott auch die Bibel im Hinblick an die Schöpfung ab und weist diese in den Bereich der Mythen.

4. Das dritte Prinzip der Schöpfungslehre lautet: „Das Universum - durch den Logos aus dem Chaos zur Ordnung entwickelt – habe den Menschen evolviert“(12)

Dermassen aus der Entwicklung hervorgegangen, ist der Mensch durch das Begreifen der Naturgesetze und des Sittengesetzes in die Lage versetzt worden, Orientierungsleitlinien für sein eigenes Verhalten zu erlan-gen. Die mit der Schöpfung identische Wahrheit ist nämlich nicht nur eine "konzipierte Idee", sondern viel-mehr ein "konstituiertes Prinzip". Das will heißen, daß auch die Schöpfungsvorgänge Gesetzen unterworfen sind. Der Mensch kann zwar nicht die ganze Wahrheit begreifen, wohl aber wesentliche Teile davon. Auch wenn die subjektiv begriffenen Wahrheitsteile von Mensch zu Mensch verschieden sind, gibt es eine Reihe von Wahrheitselementen, die von allen oder von vielen Menschen in der gleichen oder nahezu gleichen Weise begriffen werden. Daraus entsteht das Sittengesetz. Dieses wiederum seinerseits besteht größtenteils aus nahezu konstanten, wahrscheinlich ewigen Normen, die aber von zweitrangigen, zeitspezifischen Nor-men so ergänzt werden, daß sie jeder Kulturepoche gerecht werden und dem Einzelnen als Leitlinie für sein Verhalten dienen können. Nach freimaurerischer Einsicht hat der Schöpfungsakt, der Logos, das Universum aus dem Chaos zur Ordnung geführt. Dadurch ist das im Chaos bestehende Übel, also das Falsche, Böse und Häßliche, zwar nicht endgültig gebrochen, aber auch schon in der empirischen Wirklichkeit in ein pola-res und ständig sich entwickelndes Verhältnis zum Wahren, Guten und Schönen umgewandelt worden. Die Evolution findet technisch durch zahlreiche dreifache Gegensätze statt, z.B. These-Antithese-Synthese, Aktion-Reaktion-Gleichgewicht, Homogenität-Heterogenität-Integration, aber auch Vater-Mutter-Kind, welche die unendliche zyklische Wiederholung der Evolution nach sich ziehen. Im Rahmen dieser Weltordnung ent-wickelt sich jeder Einzelne und die ganze Menschheit zu einem edlen Sein ewig fort, ohne es allerdings je erreichen zu können. Die in der Schöpfung beobachtete "Quintessenz" (Wesen der Fünfheit) müsse eine ungeheure Entdeckung gewesen sein. Hier reichte etwas über die Vierheit der Elemente (Wasser,Eerde, Licht, Luft) und damit des Irdischen hinaus. Diese fünfte Weisheit, die "Quinta essentia" (der zu den aristotelischen vier Elementen hinzugefügte Äther), weist hinauf in das Geistige. So sei das allenthalben benützte "Pentagramm" (13) auch Sinnbild der "Quintessenz", jenes Pentagramm , das in der Folge zu Luzifers Chiffre im schwarz-magischen Gefüge geworden ist. Die von der Humanität errungenen Fortschritte sind keineswegs vollkommen, beinhalten aber bereits Teile des "Höchsten", des Geistes, was sich in der humanen Liebe, dem Altruismus, niederschlägt. Die Vollkommenheit gelingt erst in der absoluten Wirklichkeit, dort herrscht das alle Phänomene koordinierende, also im Gleichgewicht haltende Prinzip. Es verwandelt den Dualismus in Kooperation. Nach freimaurerischem Lehrgut machen schon die Rituale der ersten drei Grade der Freimaurerei die Ge-setzmäßigkeiten des Universums bewußt. Sie offenbaren sich im Laufe der Gestirne, in der lebendigen Beziehung zwischen Makro- und Mikrokosmos, in der stetigen Erneuerung der ganzen Natur und wecken beim Einzelnen die Einsicht, daß er selbst Teil des Universums ist und deshalb seinen Lebensweg "sub specie aeternitatis (14)" gestalten muß. Dabei könne der Mensch zwei Wege beschreiten, um sich der Gesetzlichkei-ten der Schöpfung bewußt zu werden: den Weg des Verstandes und/oder den Weg des Gefühls. • All diese Lehren finden sich in der heute überall anzutreffenden esoterischen Literatur. Als Teil des Universums ist „Gott in mir“, den es zu entdecken und entfalten gilt.


5. Zusammenfassend urteilt Kurt Hendrikson

Das Freimaurertum erhebt nicht den Anspruch, eine wissenschaftliche Kosmologie aufgestellt zu haben; sie begnügt sich mit einer Kosmogonie, die teils auf Visionen, teils auf axiomatischen (15) Einsichten aufgebaut ist. Diese Kosmogonie reicht aber aus, um dem Weisheitssystem des Freimaurertums eine begreifliche Basis zu geben. Im freimaurerischen Ritual stößt man zwar auf zahlreiche Stellen, die Elemente dieser Kosmogonie verdeutlichen, ohne daß aber rituell eine umfassende Darstellung gegeben wird. Eine solche läßt sich aber ohne Schwierigkeiten aus der Auswertung der von vielen freimaurerischen Vordenkern und Lehrmeistern vorgenommenen Symbolinhalt-Deutungen entwickeln. Eine Gesamtdarstellung fächert die Idee "Ordo ab Chaos" in folgende drei Gruppen von Naturgesetzen auf, die zusammen das "Ordo des Universums“ ausmachen: - Ordo (Ordnung) durch sinnvolle Dynamik - Ordo durch die Tendenz der Gegensätze, die zum Gleichgewicht zu streben - die Vergeistigung (oder: die Gottesidee) als verbindendes Element des Ordo.

6. Die Dynamik aller Phänomene und Mysterien. Die Rosenkreuzer

Schließlich bringt die freimaurerische Kosmologie auch die Dynamik aller Phänomene als Elemente des "Ordo" ein und bekennt sich als Erbin antiker Mysterien, was als ein Wesenszug des vom „New-Age“ geprägten Sammelsuriums von esoterischen Sekten unserer heutigen Zeit gelten darf. Freimaurerische Geis-teshaltung bekennt sich zur "ständigen Veränderung" des uns als Natur wahrnehmbaren "Schöpfungsproduktes". Die in der griechischen Antike aufgenommene Bekenntnisformel "panta rei", "alles fließt" enspricht diesen Gesetzmässigkeiten. Der „geöffnete Kubus“ oder das Kreuz kann als „geprägte Form, die ständig sich entwickelt“ aufgefaßt werden (16). Die Arme des Kreuzes stehen, wie auch Senkblei und Bleiwage, für Leben und Tod, Fortschritt und Stillstand, während der Schnittpunkt den Geist, den kleinen „Punkt, aus dem sich alles bewegt“, versinnbildlicht. Diese Gesetzmässigkeiten sind durch die "Einsicht" erweitert, daß die Schöpfung seit Beginn fortgesetzt wird. • Hier trifft sich freimaurerisches Gedankengut in Übereinstimmung mit den Ideen des (kirchlich um-strittenen) Jesuitenpaters, Paläontologen und Philosophen Pierre Teilhard de Chardin.

Obwohl der Geheimorden der sogenannten „Rosenkreuzer“ (17) älteren Ursprungs als die Freimaurer sind, sei der Affinität wegen an dieser Stelle die Symbolsprache der Abkürzung „INRI“ in der rosenkreuzerischen Terminologie erwähnt. INRI, ein oft verwendetes Symbol, setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben der Worte: „IGNE NATURA RENOVATUR INTEGRA – Die gesamte Natur wird im Feuer erneuert“. Die Ausdeutung der einzelnen Worte lautet denn auch so: ignis = das Feuer, das im Glauben brennt natura = alles Bewegliche und alles Starre, das All, das sich aus dem Chaos zur Ordnung wandelt renovatur = wird erneuert integra = nichts ist von der Erneuerung ausgeschlossen. Zurückführung in die Unversehrtheit

Wie ihr Beginn so bliebe es dem Menschen auch unerkennbar, ob die Schöpfung je zu Ende gehen werde oder ob ihre ständige Erneuerung ewig anhält. Die freimaurerische Geisteshaltung sei nicht bemüht, zu den vielen Versionen über die Entstehung des Universums eine weitere hinzuzufügen. Sie respektiere aber das uralte, wahrscheinlich gleichzeitig mit dem "Menschwerden" aufgekommene Bedürfnis des homo sapiens, dem Ursprung aller Dinge auf die Spur zu kommen. Als Symbol wird das ganze aus vier rechten Winkeln gebildete Kreuz gedeutet, das auf die Schöpferkraft und die Schöpfung in ihrem "rechten", gesetzmäßig harmonischen Gefüge hinweist. Auch in diesem Kontext sei die Freimaurerei die Erbin der antiken Myste-rien. Sie überläßt die Modalität der Befriedigung dieser Bedürfnisse der Weltsicht des Einzelnen, akzeptiert aber die unbestreitbare Tatsache, daß es ein Universum gibt, das irgendwann und irgendwie vom schöpferi-schen Prinzip sinnvoll, auf ein Ziel ausgerichtet, geplant und gebaut wurde, um sich zu der heute wahrnehmbaren Natur zu entwickeln. Hierzu dient das Symbol des universellen Baumeisters bzw. das leuchten-de Delta oder Dreieck mit dem Auge. Freimaurerische Geisteshaltung gelange schliesslich zur Einsicht, daß auch der einzelne Mensch als Ganzes in diesem Universum eine sinnvolle Aufgabe zu erfüllen hat. Symbol dafür sei die Loge, im weiteren Sinn die Freimaurerei, dargestellt als ein Rechteck, die praekopernikanische Vorstellung von der Erde. Das Logenleben, im weiteren Sinn das Freimaurertum, diene als eine Art "teatrum mundi" (Welttheater), in dem eine vernünftige Lebensstrategie mit dem Ziel der asymptotischen Annäherung an das Absolute entworfen und exerziert wird. Dafür stünden die weiter oben erwähnten drei Säulen der Weisheit, der Stärke und der Schönheit. Die Freimaurerei aber entwickle insoweit eigene "kosmogonische Visionen", als sie Schöpfungsvorgänge in psychodramatischen Kunstwerken darstellte. Solche Exkursionen in den Kosmos bedienen sich insbesondere "tiefsymbolischer Lichtzeremonien", die dem Freimaurer das Wesentliche des Menschwerdens im Bewußtsein wachhalten. Dadurch werde der Freimaurer zum Mit- und Zeitgenossen der Schöpfung (18).

Besteht nun die masonische Kosmogonie in der Kurzformel eines ewig sich wiederholenden Kreislaufes? Kurt Hendrikson zieht folgende Schlußfolgerung: "Die vom Menschen vernünftig wahrnehmbaren kosmi-schen Prozesse führten und führen viele Menschen und gewiß auch viele Freimaurer zur Hypothese, die Dynamik aller am Schöpfungsprozess beteiligten Phänomene - sprich die Dynamik der Natur als Ganzes - erschöpfe sich endgültig in einem ewig sich wiederholenden Kreislauf“, dessen Symbol die sich in den Schwanz beissende Schlange ist. „In dieser großen Ordnung wechseln in unendlicher Folge Aufbau und Abbau, Leben und Tod, Tod und neues Leben, Verschwinden und Wiederentstehen. Das zentrale «Agens» (Schaffende) dieses Kreislaufes ist offensichtlich der Geist; er ist sowohl die «materia prima» (Ausgangsstoff) als auch der «Logos», der die Veränderungen auslöst“. Diese intuitive Einsicht wachse dem Menschen aus dem "Urvertrauen" zu. Dem Einzelnen werde diese Einsicht von seinem eigenen "kleinen Geist", der eine "Delegation“ des großen allgemeinen Geistes ist, inspiriert. Übrigens: Die Güte als "Agens" des schöpferisch-regulativen Prinzips wird im 25. Hochgrad des "Alten Angenommenen Schottischen Ritus" an verschiedenen antiken Mysterien, insbesondere am Osiris-Isis-Horus-Mythos illustriert. Sie führe letztlich zum Sieg des Guten. • Was freilich noch zu beweisen wäre. Liegt die Anziehungskraft der ägyptischen Pyramiden auf die New-Age-Anhänger in diesem Prinzip des 25. Hodgrades?


III. Nachkonziliarer Dialog und Canon 2335 CIC 1918

1. Freimaurerei – Protestantische Fürsten – Neuzeitlicher Atheismus

Es sollen hier weder Vorurteile bestätigt noch ein „Allerweltswissen“ nachgeplaudert werden. Dies ist auch der Grund, warum hier in erster Linie auf die eigenen Aussagen freimaurerischer Schriften Bezug genom-men und daraus, wo es notwendig ist, die vom Christentum, hier insbesondere von der Lehre der katholi-schen Kirche abweichenden Positionen, kurz aufgezeigt wird. Sicher ist heute die Freimaurerei an sich selbst nicht mehr jene Macht, die man ihr noch in den vergangenen zwei Jahrhunderten nachgesagt hat – auch sie hat sich geändert. Freilich ist und bleibt die Freimaurerei ein Geheimbund, und als solcher von Aussenstehenden kaum richtig einschätzbar. Tatsache ist, dass die Freimaurerei in ihrem Werdegang sich insbesondere auf die in den vergangenen Jahrhunderten zwischen Katholizismus und Protestantismus ausgetragenen Querelen stützen konnte und im protestantischen „Lager“ auf ein offenes Ohr gestossen ist, wenn es um den Kampf gegen den Katholizismus ging. Wie im geschicht-lichen Überblick ersichtlich, waren es auch ausschliesslich protestantische Fürstenhäuser, die sich die der Freimaurerei nachgesagte Macht zu Nutzen machten. • An dieser Stelle muss zumindest die Frage erlaubt sein, ob die ehemals aktive Feindseligkeit der Freimaurerei gegen die katholische Kirche nicht erst im protestantischen Antikatholizismus ihren Nährboden gefunden hat, will man einmal von den grundlegenden Lehrunterschieden, Irrlehren und Mythen der Freimaurerei absehen. Eine Exkommunikation gegen die Freimaurer galt denn auch immer der Irrlehre, genau so wie auch andere Häretiker und Häresien mit der Exkommunikation be-legt wurden. Das ist nicht nur das Recht, sondern die Pflicht der Kirche zur Reinhaltung christlicher Glaubensgrundsätze.

Die in der Verghangenheit beabsichtige Unterwanderung der katholischen Hierarchie und insbesondere des Papsttums dürfte somit aus der machtpolitischen Küche protestantischer Fürstenhäuser herrühren unter Ausnützung der legendären Geheimmacht der Logen. Freilich ist nicht zu leugnen, dass bestimmter Macht-vorteile wegen sich immer auch katholische Würdenträger oder auch Fürstenhäuser der Freimaurerei anschlossen, was jedoch von allem Anfang an nie einen offiziellen Charakter trug und in der Regel nur kurzle-big war. Inzwischen haben jedoch neue Ideologien dieses Jahrhunderts der Kirche mehr Schaden in viel kürzerer Zeit zugefügt, als dies der Freimaurerei seit ihrem Bestehen je gelungen ist. Erwähnt seien nur die 12 Jahre des Naziregimes und die 70 Jahre atheistischen Kommunismus. Letzteres ist schon deshalb erwähnens-wert, da im Kommunismus die Freimaurerei genau so wie der kirchliche Gottesglaube verboten und verfolgt wurde. Ich wage noch einen weiteren Schritt mit der Behauptung, dass die momentan um sich greifende breit angelegte Esoterik in ähnlichem Tempo wie die der erwähnten grossen europäischen Diktaturen unse-res Jahrhunderts am Lebenspuls des gesamten Christentums in gefährlicher Weise nagt. Freilich kann man sagen - wie oben schon ausgeführt -, dass die esoterische Bewegung freimaurerischem Gedankengut na-hesteht, ihre Triebfeder jedoch ist eine viel abgrundtiefere Macht, dessen satanischer Pferdefuss nicht selten sich selbst verrät. Der geistige Kampf der Kirche wird sich demnach heute und in Zukunft nicht in erster Linie und ausschliess-lich mit der Freimaurerei zu beschäftigen haben, sondern in eminenter Weise gegen die Vereinnahmung unserer Gesellschaft und Kultur seitens der Esoterik, des totalen Atheismus bzw. der Abkehr von Gott und der Hinwendung zu den oben zitierten „Fabeleien“, mit denen sich selbst ausgesuchte Lehrmeister den Oh-ren schmeicheln. Währenddem man das eine nicht aus den Augen verliert, muss das andere neu im Blickwinkel der Wachsamkeit der Kirche präsent sein.

Nichts demonstriert den Wandel der Freimaurerei in unserem Jahrhundert mehr, als der Kampf um den Pa-ragraphen 2335 des CIC von 1918, der besagt: „Die Mitgliedschaft in der massonischen Sekte oder ihr ver-wandten Vereinigungen, welche gegen die Kirche oder die rechtmässigen Zivilbehörden tätig sind, zieht „ipso facto“ die Exkommunikation „Sedi Apostolicae simpliciter reservatam“ nach sich.“ Bekanntlich hatte der Hl. Stuhl sich in jahrelanger Arbeit auf die Neuausgabe des CIC im Anschluss an das Zweite Vatikanum vorbereitet. Diesem für sie diskriminierenden Canon im neuen Kirchengesetzbuch nicht mehr erscheinen zu lassen, galt nun die ganze Anstrengung höchster freimaurerischer Logen. Wenn auch lückenhaft, soll hier in Kürze dieses Ringen dargestellt werden (19).


2. „Konzilsatmosphäre“

Am 10. November 1965 – also vier Wochen vor Beendigung des Konzils – schrieb der Grossmeister der Grossloge von Österreich C. Helmke an den Erzbischof von Wien, Kardinal Franz König, eine Bittschrift mit folgendem Wortlaut: „Eure Eminenz! Mit freudiger Genugtuung haben die österreichischen Freimaurer von der Initiative Seiner Exzellenz, des mexikanischen Bischofs Mendez Arceo, betreffend eine Aussöhnung zwischen der katholischen Kirche und der Freimaurerei erfahren... Ich habe nun die ehrenvolle Aufgabe, Ihnen, Eminenz, die Bitte aller österreichischen Freimaurer, insbesondere aber unserer Brüder des römisch-katholischen Glaubensbekenntnisses vorzutragen, Sie mögen Ihre prominente Position in der katholischen Kirche dazu benützen, um das Vorhaben Seiner Exzellenz, des Bischofs Mendez Arceo, zu fördern. Sollte es in unserer Macht liegen, zur Aufklärung von Missverständnissen beizutragen, so stehen wir selbstver-ständlich zur Verfügung. Wir dürfen voraussetzen, dass Eurer Eminenz bekannt ist, dass die Freimaurerei eine ethische, auf Humanität und Toleranz gerichtete Vereinigung ist und keinesfalls eine Religion oder ein Religionsersatz sein möchte.“ Freilich traf es nicht zu, dass alle österreichischen Logenbrüder mit diesem Bittschreiben einverstanden wa-ren. So hat sich der Deputierte Grossmeister der Grossloge von Österreich, Dr. Kurt Baresch, ausdrücklich gegen ähnliche Bittschriften an die Adresse der katholischen Kirche gewandt in der Meinung, dass die von der Kirche unschuldig verfolgten Freimaurer von der schuldigen Kirche überhaupt nichts zu erbitten haben. Die Schuld läge eindeutig bei der von Dogmatismus und Intoleranz beherrschten Kirche gegen „angesehene Bürger“, deren „Rechtschaffenheit, Sittlichkeit und Tugend“ über jeden Zweifel erhaben sind. Nach Kurt Ba-resch ist es „ausschliesslich Sache der katholischen Kirche..., ihre Fehleinschätzungen..., ja die fast 250 Jahre währende Bekämpfung der Freimaurerei von sich aus aufzugeben.“ Nur von ihr könne „eine Aufgabe der Gegnerschaft gegenüber der Vereinigung des freien Denkens kommen“. Obwohl das II. Vatikanum in der Frage der Freimaurerei nichts am bestehenden Zustand änderte, hat im Oktober 1966 die skandinavische Bischofskonferenz als erste beschlossen, dass jeder einzelne Bischof unter gewissen Umständen einem Katholiken gestatten könne, Mitglied einer Freimaurerloge zu sein. Bald darauf folgten die Bischofskonferenzen von England diesem Beispiel. Da diese Beschlüsse durch Rom nicht sofort verurteilt wurden, konnte man annehmen, dass Rom auch nichts dagegen hat. So entwickelte sich in der Folge das, was sich als ein Dialog der inzwischen entstandenen und durch einige Bischöfe als vom Konzil abgeleitete Atmosphäre ausbreitete. Diese Entwicklung war immerhin ein beachtlicher Erfolg der Freimaurerei, die einen solchen Schritt schon als Langzeitstrategie in der Konferenz von Aachen 1928 im Detail ausarbeitete. Die schrittweise Aufhebung der Exkommunikation für katholische Freimaurer sollte zu-nächst dadurch erfolgen, dass die Zugehörigkeit zur Freimaurerei nicht mehr pauschal ausgesprochen wird. Die Initiative der skandinavischen Bischofskonferenz war jedoch nicht nur eine Genugtuung für die Freimau-rerei, sondern auch eine Herausforderung der Römischen Kurie, die gewissermassen auf höchster Ebene sich mit der Freimaurerei zu beschäftigen begann. Mit Datum vom 26. Februar 1968 sandte der Präfekt der „Heiligen Kongregation für die Glaubenslehre“, Kardinal Franjo Seper, an alle Bischofskonferenzen einen Fragebogen. Darin werden in 12 Fragen über das Verhältnis von Kirche und Freimaurerei im Bereich der Bischofskonferenzen zur Sprache gebracht. Dies war der Auslöser dafür, dass ein Dialog auf höchster Ebe-ne zwischen Kardinal König von Wien und dem Deputierten Grossmeister Kurt Baresch begann. Es war der 21. März 1968. Laut Dr. Baresch war Kardinal König durch „seine Haltung, seine profunde Kenntnis und seine hohe kirchliche Stellung von Anfang an“ für das Gespräch mit der Freimaurerei prädesti-niert. Die von den Bischofskonferenzen eingesandten Antworten wurden anschliessend in einem umfangrei-chen Band mit dem italienischen Titel: „Questione della Massoneria“ herausgegeben. Kurt Baresch nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass „von den 11 europäischen Bischofskonferenzen, mit Ausnahme der spanischen, alle für eine Revision der Kirchenhaltung eintraten“. Viele Bischofskonferenzen, besonders aus Übersee, gaben überhaupt keine Antwort in Rom ab, ebenso die damals kommunistisch regierten Länder. Am 1. Dezember 1969 führte Kardinal König ein ausführliches Gespräch mit Papst Paul VI, worüber er in einem Brief vom 7. Januar 1970 an Kurt Baresch Auskunft gibt. Darin erwähnt der Kardinal, dass der Papst „zu verstehen gab, dass im neuen Codex Iuris Canonici jener in Frage stehende Kanon eine andere Formu-lierung finden werde und dass also von dieser Seite her jene Reibungsfläche zum Verschwinden gebracht werden wird.“ Auch mit Kardinal Seper habe er persönlich gesprochen über eine von ihm zu bildende inoffi-zielle Kommission. Die Einstellung und das Verhalten Papst Pauls VI. gegenüber der Freimaurerei kann als behutsam, vorsichtig, zaghaft – aber auch als ratlos gekennzeichnet werden angesichts der eingesandten Urteile der Bischofskonferenzen.

3. Der neue Codex Iuris Canonici 1983

Schliesslich kam der Tag der Promulgation des neuen CIC am 25. Januar 1983. Hier wurde in der Tat die ausdrückliche Exkommunikation der Freimaurer nicht mehr erwähnt. Der neue Canon 1374 sagte lediglich: „Wer einer Vereinigung beitritt, die gegen die Kirche Machenschaften betreibt, soll mit einer gerechten Strafe belegt werden; wer aber eine solche Vereinigung fördert oder leitet, soll mit dem Interdikt bestraft werden.“ Besonders in Österreich und der Schweiz hob man in den Kommentaren dahingehend ab, dass der Bann gegen die Freimaurerei nun endgültig aufgehoben sei, was aber im Text so nicht erwähnt wird. Der sich nun erneut breitmachenden Verwirrung sollte sehr bald die endgültige Auslegung des neuen CIC-Paragraphen folgen. Am 25. November 1981 löste der Münchner Kardinal Karl Joseph Ratzinger Kardinal Franjo Seper als Prä-fekt der vatikanischen Glaubenskongregation ab. Das von Baresch ersehnte „grosse Werk der Verständi-gung und Versöhnung“ konnte bisher nicht in die Wege geleitet werden. Kardinal Ratzinger, der die „Deut-sche Unvereinbarkeitserklärung“ seinerzeit mitunterschrieb, fiel es nun zu, von höchster Eben aus die Sache zu einem klärenden Abschluss zu bringen. Am Vortag des 1. Adventssonntags 1983 – der Tag, an dem der neue CIC in Kraft trat – gab Kardinal Ratzinger eine Erklärung heraus, unterschrieben am 26. November 1983, die bis zum heutigen Tag Gültigkeit besitzt und die Rechtsauffassung der katholischen Kirche wieder-gibt: „Erklärung der Glaubenskongregation zur Freimaurerei. Es wurde die Frage gestellt, ob sich das Urteil der Kirche über die Freimaurerei durch die Tatsache geändert hat, dass der neue CIC sie nicht ausdrücklich erwähnt wie der frühere. Diese Kongregation ist in der Lage zu antworten, dass diesem Umstand das gleiche Kriterium der Redaktion zugrunde liegt wie für andere Vereinigungen, die gleichfalls nicht erwähnt wur-den, weil sie in breitere Kategorien eingegliedert sind. Das negative Urteil der Kirche über die freimaureri-schen Vereinigungen bleibt also unverändert, weil ihre Prinzipien immer als unvereinbar mit der Lehre der Kirche betrachtet wurden und deshalb der Beitritt zu ihnen verboten bleibt. Die Gläubigen, die freimaureri-schen Vereinigungen angehören, befinden sich also im Stand der schweren Sünde und können nicht die heilige Kommunion empfangen. Autoritäten der Ortskirche steht es zu, sich über das Wesen freimaurerischer Vereinigungen in einem Urteil zu äussern, dass das oben Bestimmte ausser Kraft setzt, und zwar in Übereinstimmung mit der Erklärung dieser Kongregation vom 17. Februar 1981 . Papst Johannes Paul II. hat diese Erklärung, die in der ordentlichen Sitzung dieser Kongregation beschlossen wurde, bei der dem unterzeichneten Kardinalpräfekten gewährten Audienz bestätigt und ihre Veröffentlichung angeordnet. Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, 26. November 1983.“

Schlusswort

Rom hat in seinem letzten Wort über die Freimaurerei erneut bekräftigt, dass die ideologischen Prinzipien der Freimaurerei und die Grundsätze des katholischen Glaubens absolut unvereinbar sind. Die freimaurerische Pseudo-Liturgie kennt keine objektive Gottesverehrung. Zwar huldigen sie dem, „Gros-sen Baumeister des Universums“, aber dieser „Baumeister“ ist kein objektiv existierender, persönlicher Gott, sondern nur ein Symbol, unter dem sich der einzelne Freimaurer alles und nichts vorstellen darf. So gese-hen ist der „grosse Baumeister“ kein göttliches Wesen, sondern ein symbolisches Alibi für den autonomen Menschen, der seine Gesetze nicht von Gott empfängt, sondern sich selbst nach seinen eigenen Plänen verwirklicht. Grund genug, um von der katholischen Kirche negativ beurteilt zu werden. Hierher gehört insbesondere das Wissen darum, dass die Freimaurer die Ablehnung der katholischen Kirche erst über den Umweg des Protestantismus sich zu eigen machten, der Protestantismus wiederum seiner-seits bediente sich der durch den Beitritt der Fürstenhäuser zum Freimaurertum erworbenen weltweiten poli-tischen Macht in eben demselben Kampf gegen den Katholizismus.


Fussnoten

(1) Seit einiger Zeit haben auch Frauen Zutritt

(2) Rationalistische Aufklärung: Europ. Geistesbewegung des 17. Und 18. Jh; sah in der Vernunft das eigentli-che Wesen des Menschen und suchte die Kultur von der „kirchlichen Bevormundung und Mystizismus“ zu befreien. Erstrebte Toleranz und gleubte an den „Fortschritt“ der Menschheit durch Gestaltung des Lebens nach "„ernünftigen Grundsätzen"“und wissenschaftlicher Forschung.

(3)Deismus: in der engl. Und frz. Aufklärung vorherrschende religiöse Anschauung, auch „natürliche Religion“ genannt. Als Urgrund der Dinge sieht er einen von der Welt zwar „verschiedenen“ Gott an, der aber weder persönlich ist noch in den Lauf der Natur eingreift. „Offenbarung“, wie es der „Theismus“ lehrt, wird geleug-net, Berühmter Vertreter des Deismus war Voltaire. Im Deutschland entwickelte sich der Deimus im 18. Jh. Zum „Rationalismus“.

(4)Die Asymptote: eine Gerade, der sich eine Kurve immer mehr nähert, ohne sie je zu berühren: )X(

(5)Kurt Hendrikson, Freimaurerische Lebenskunst, 1991

(6)Die Gnosis: Die Erkenntnis. /Gnostizismus: Umfasst in der Philosophie verschiedene religiöse Bewegun-gen mit insbesondere spätantikem Gedankengut. Das Heil der Menschen hängt von seiner Erkenntnis der Geheimnisse der Welt und Gott ab, nicht vom Glauben ("Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder..." wider-spricht frontal dieser Auffassung, denn was geschieht mit denen, die keine Chance hatten zu "Erkennen"?).

(7)Kosmogonie: Die Lehre von der Weltentstehung. Bezeichnete zuerst im mythisch-dichterischen Bereich den Schöpfungsakt einer Gottheit, später die naturwissenschaftlichen Auffassungen und Ergebnisse über die Entstehung des Weltalls.

(8)Anthropisches Prinzip/Die Anthroposophie: Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum „Geistigen im Weltall“ führen möchte. Verwandte Ideologie hierzu: Anthropozentrisch: Der Mensch steht im Mittelpunkt des Weltalls (weder der Schöpfer, noch die Erlösung der Seelen fürs Jenseits!).

(9)Kosmologie: Die Lehre vom Weltall im Ganzen. Übersicht über den Schöpfungsaufbau in Zeit und Raum

(10)in NZZ 17.7.88

(11) Ulrich Beck, FM-intern

(12)evolviert: allmählich entwickelt

(13)Der fünfzackige Stern, Pentagramm als Symbol des Menschen (in: Oswald Wirth, Compagnon, 146)

(14)Unter dem Blickwinkel der Ewigkeit

(15) Das Axiom: In der Philosophie ein unableitbarer, sich selbst erklärender, ohne weiteres einsehbarer Satz, der keiner Begründung fähig ist noch einer bedarf.

(16) so W. Scherpe, a.a.O.

(17)Rosenkreuzer: eine Geistesströmung des 17./18. Jhs. mit mystisch-reformatorischen Zielen. Um 1760 wurden diese von einzelnen Freimaurerlogen, im 19. Und 20. Jh. von okkulten Vereinigungen wiederaufge-nommen.

(18) Vgl. Kurt Hendrikson, a.a.O. "Der Nullpunkt des Schöpfungsvorganges“. Hier wird deutlich, dass für die Freimaurer nur eine „fortlaufende“, dauernde Schöpfung in Frage kommt und nicht eine durch bden Schöp-fergott abgeschlossene Schöpfung.

(19) Die vollständige Schilderung siehe in: Manfred Adler, Die Freimaurer und der Vatikan, Lippstadt 1985



Literaturverzeichnis

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Weblinks


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