Das geistliche Testament von Papst Paul VI.: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 20. März 2018, 22:05 Uhr
Das geistliche Testament von Papst Paul VI., das er 1965 gegeben, 1972 und 1973 ergänzt hat:
In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti. Amen.
1.
Ich richte meinen Blick auf das Geheimnis des Todes und das, was nach ihm kommt, im Licht Christi, der es allein erhellt. Ich tue das in Demut und gelassenem Vertrauen. Ich fühle die Wahrheit, die von diesem Geheimnis immer in mein gegenwärtiges Leben ausgestrahlt ist, und preise den Sieger über den Tod dafür, daß er das Dunkel zerstreut und das Licht enthüllt hat.
Im Angesicht des Todes, dieser totalen und endgültigen Loslösung vom irdischen Leben, empfinde ich es als meine Pflicht, das Geschenk, das Glück, die Schönheit und die Bestimmung dieser flüchtigen Existenz zu rühmen: Herr, ich danke Dir, daß Du mich ins Leben gerufen hast, mehr noch: daß Du mich zum Christen wiedergeboren und zur Fülle des Lebens bestimmt hast.
Desgleichen spüre ich die Pflicht, denen zu danken und sie zu segnen, durch die ich von Dir, o Herr, die Gnade des Lebens empfangen habe: die mich ins Leben einführten (ja, gesegnet seien meine lieben Eltern!), die mich erzogen, geliebt, umsorgt und mir geholfen haben, die mich mit gutem Beispiel, mit Fürsorge, Zuneigung, Vertrauen, mit Güte und Entgegenkommen, mit Freundschaft, Treue und Hingabe umgeben haben. Ich blicke mit Dankbarkeit auf die natürlichen und religiösen Bande, die meinem bescheidenen Dasein Ursprung, Beistand, Kraft und Bedeutung geschenkt haben: Wie viele Gnaden, wie viele schöne und große Dinge, wieviel Hoffnung habe ich in dieser Welt empfangen!
Nun, da der Tag sich neigt und alles endet, da diese prachtvolle und dramatische irdische Szenerie mir entschwindet - wie soll ich Dir, o Herr, über das Geschenk des natürlichen Lebens hinaus noch danken für jenes höhere, das Geschenk des Glaubens und der Gnade, zu dem allein am Ende mein Sein Zuflucht nimmt? Wie soll ich würdig Deine Güte, o Herr, dafür preisen, daß ich, kaum in diese Welt eingetreten, in die geheimnisvolle Welt der Katholischen Kirche aufgenommen wurde? Dafür, daß ich zum Priester Christi berufen und eingesetzt wurde? Wie soll ich Dich preisen dafür, daß mir die Freude und der Auftrag zuteil wurden, den Seelen, den Brüdern, den Jugendlichen, den Armen, dem Volke Gottes, zu dienen, und daß mir die unverdiente Ehre zukam, Diener der heiligen Kirche zu sein, zunächst in Rom an der Seite des Papstes, dann in Mailand als Erzbischof, auf dem ehrwürdigen, für mich zu hohen Stuhl der Heiligen Ambrosius und Karl Borromäus, und schließlich auf dem noch höheren, furchterregenden und Heiligen Stuhl des hl. Petrus? In Ewigkeit singe ich das Erbarmen des Herrn!
Ich grüße und segne alle, die mir auf meiner irdischen Pilgerfahrt begegnet sind: meine Mitarbeiter, Berater und Freunde - es waren ihrer so viele, und sie waren so gut, so selbstlos und so freundlich! Gesegnet seien, die meinen Dienst annahmen und mir Söhne und Brüder im Herrn waren!
Euch, Lodovico und Francesco, meinen leiblichen und geistigen Brüdern, und euch Lieben zu Hause, meinen Friedens- und Segensgruß! Ihr habt von mir nie irdische Gunst erbeten noch erhalten. Ihr habt mir immer das Beispiel menschlicher und christlicher Tugend gegeben. Ihr habt mich mit soviel Taktgefühl und Herzlichkeit verstanden und mir vor allem geholfen, in diesem irdischen Leben den Weg zum künftigen zu suchen.
Meine Gedanken wenden sich zurück und weiten sich. Ich weiß sehr wohl, dieser Abschied wäre kein glücklicher, bäte ich nicht alle um Verzeihung, die ich verletzt, denen ich den Dienst versagt, die ich nicht genug geliebt habe. Desgleichen verzeihe ich allen, die das von mir wünschen sollten. Der Friede des Herrn sei mit uns!
Ich fühle, daß die Kirche um mich ist. O heilige, eine, katholische und apostolische Kirche, nimm mit meinem Segensgruß den höchsten Beweis meiner Liebe entgegen!
Dir, Rom, Diözese des hl. Petrus und des Stellvertreters Christi, die du dem geringsten Diener der Diener Gottes so teuer bist, gilt mein besonderer, väterlicher Segen. Mögest du, Stadt des Erdkreises, immer deiner geheimnisvollen Berufung eingedenk sein und es verstehen, mit menschlicher Tugend und christlichem Glauben deiner geistlichen und weltumspannenden Sendung zu entsprechen, solange die Weltgeschichte währt.
Und euch allen, verehrte Brüder im Bischofsamt, meinen herzlichen und ehrerbietigen Gruß. Ich bin mit euch vereint in dem einen Glauben, in derselben Liebe, im gemeinsamen apostolischen Einsatz, im solidarischen Dienst am Evangelium für die Auferbauung der Kirche Christi und das Heil der ganzen Menschheit. Allen Priestern, Ordensmännern und Ordensfrauen, den Alumnen unserer Seminare, den Gläubigen und aktiven Katholiken, den Jugendlichen, den Leidenden, den Armen, den nach Wahrheit und Gerechtigkeit Suchenden - allen den Segen des Papstes, der stirbt.
Mit besonderer Achtung und Anerkennung wende ich mich an die Herren Kardinäle und die gesamte Römische Kurie: vor euch, die ihr mir so nahesteht, bekenne ich feierlich unseren Glauben und unsere Hoffnung, preise die Liebe, die niemals stirbt. Ich nehme demütig vom Willen Gottes den Tod an, der mir bestimmt ist. Dabei rufe ich die große Barmherzigkeit des Herrn an, flehe um die milde Fürbitte der Gottesmutter Maria, der Engel und der Heiligen und empfehle meine Seele dem Gebet aller guten Menschen.
2.
Ich setze den Hl. Stuhl zu meinem Universalerben ein. Dies schulde ich ihm aus Pflicht, Dankbarkeit und Liebe. Ausgenommen sind die weiter unten aufgezählten Verfügungen.
3.
Testamentsvollstrecker soll mein Privatsekretär sein. Er soll sich mit dem Staatssekretariat beraten und sich den geltenden Rechtsvorschriften und gutem kirchlichem Brauch anpassen.
4.
Was die Dinge dieser Welt betrifft: Ich habe den Vorsatz, arm zu sterben und auf diese Weise alle Probleme in dieser Hinsicht zu vereinfachen.
Über die Mobilien und Immobilien meines persönlichen Eigentums, die noch aus der Familie stammen und ihr geblieben sind, sollen meine Brüder Lodovico und Francesco frei verfügen. Ich bitte sie um einige Messen für mein Seelenheil und das unserer Toten. Sie sollen hilfsbedürftigen Personen und caritativen Werken einige Spenden zuwenden. Sie sollen von den Sachen, von den Andachtsgegenständen oder von den Büchern, die mir gehörten, das eine oder andere Erinnerungsstück für sich selbst behalten und solchen Personen schenken, die es verdienen und wünschen. Sie sollen meine ganz persönlichen Aufzeichnungen, Notizbücher, Korrespondenzen und Schriftstücke vernichten.
Über die anderen Dinge, die man als meine eigenen bezeichnen kann, möge mein Privatsekretär als Testamentsvollstrecker verfügen. Er soll selbst einige Erinnerungsstücke behalten und den engsten Freunden den einen oder anderen kleinen Gegenstand zur Erinnerung überlassen. Es wäre mir sehr angenehm, wenn meine handschriftlichen Aufzeichnungen und Notizen vernichtet würden und wenn eingegangene, an mich gerichtete Post spirituellen und vertraulichen Charakters verbrannt würde, sofern sie nicht zur Kenntnisnahme anderer bestimmt war. Falls der Testamentsvollstrecker dies nicht wahrnehmen kann, möge das Staatssekretariat diese Aufgabe übernehmen.
5.
Ich empfehle eindringlich, für angemessene Gottesdienste für mein Seelenheil und - soweit dies möglich ist - für großzügige Almosen Sorge zu tragen.
Über die Exequien: Sie sollen ehrfürchtig und einfach sein. (Man möge den bis jetzt für die Exequien des Papstes gebrauchten Katafalk abschaffen und ihn durch eine bescheidene und würdevolle Aufbahrung ersetzen.)
Zum Grab: Ich hätte gern, daß es in wirklicher Erde liegt, mit einem schlichten Zeichen, das den Platz kennzeichnet und zu christlicher Andacht einlädt. Kein Monument für mich.
6.
Zu dem, was am wichtigsten ist, wenn ich von dieser Welt Abschied nehme, um dem Gericht und der Barmherzigkeit Gottes entgegenzugehen: Ich hätte so viele Dinge zu sagen, so viele. Zur Lage der Kirche: Möge sie das eine oder andere der Worte gehört haben, das wir in Ernst und Liebe an sie richteten. Zum Konzil: Man möge darauf achten, es zu einem guten Ende zu führen, und dafür sorgen, seine Vorschriften getreu auszuführen. Über den Ökumenismus: Man möge das Werk der Annäherung unter den getrennten Brüdern mit viel Verständnis, mit viel Geduld und mit großer Liebe fortführen, ohne jedoch von der wahren katholischen Lehre abzuweichen. Über die Welt: Man glaube nicht, ihr zu nützen, wenn man ihr Denken, ihre Verhaltensweisen und ihren Geschmack übernimmt, sondern indem man sie studiert, sie liebt und ihr dient.
Ich schließe die Augen auf dieser schmerzerfüllten, dramatischen und großartigen Erde und rufe noch einmal die Güte Gottes auf sie herab. Nochmals segne ich alle, Rom besonders, Mailand und Brescia. Dem Heiligen Land, dem Land Jesu, wo ich als Pilger des Glaubens und des Friedens war, einen besonderen Segensgruß.
Der Kirche, der so sehr geliebten katholischen Kirche, der ganzen Menschheit meinen Apostolischen Segen!
Sodann: In manus Tuas, Domine, commendo spiritum meum.
PAULUS PP. VI.
Gegeben zu Rom, bei St. Peter, am 30. Juni 1965,
im 3. Jahr unseres Pontifikates
ERGÄNZENDE NOTIZEN ZU MEINEM TESTAMENT
In manus Tuas, Domine, commendo spiritum meum. Magnificat anima mea Dominum. Maria!
Credo. Spero. Amo. In Christus
Ich danke allen, die mir Gutes getan haben. Ich bitte alle um Verzeihung, denen ich nicht Gutes getan habe. Allen entbiete ich den Frieden im Herrn.
Ich grüße meinen lieben Bruder Lodovico, alle meine Verwandten und Freunde und alle, die meinen Dienst angenommen haben. Allen meinen Mitarbeitern Dank, dem Staatssekretariat besonders.
Ich segne mit besonderer Liebe Brescia, Mailand, Rom, die ganze Kirche. Quam dilecta tabernacula tua, Domine!
Alle meine Sachen sollen dem Hl. Stuhl gehören.
Mein Privatsekretär, der liebe Don Pasquale Macchi, möge für einige Gottesdienste für mein Seelenheil und für einige gute Werke sorgen; von den Büchern und Gegenständen, die mir gehörten, soll er zur Erinnerung einiges für sich behalten und lieben Freunden überlassen.
Ich wünsche kein aufwendiges Grab.
Einige Gebete, auf daß Gott mir Barmherzigkeit gewähre. In Te, Domine, speravi. Amen. Alleluja.
Allen meinen Segen im Namen des Herrn.
Castel Gandolfo, 16. September 1972, 7.30 Uhr
ERGÄNZUNG ZU MEINEN TESTAMENTARISCHEN VERFÜGUNGEN
Ich wünsche, daß meine Exequien äußerst einfach seien. Ich wünsche weder ein aufwendiges Grab noch irgend ein Monument. Einige Gottesdienste für mein Seelenheil (wohltätige Werke und Gebete).