Kontemplation: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Kontemplation''' (von [[Latein|lat.]] ''contemplare'': „anschauen, betrachten“) ist der spirituelle Gegenbegriff zur Aktion ("Tat"). Er bedeutet allgemein Beschaulichkeit. Schon die heidnischen römischen Priester sagten die Zukunft voraus, indem sie in einem bestimmten vorher definierten Bereich des Himmels, dem ''templum'' ("Tempel", Bereich, übersetzt auch ''Beobachtungsraum''), den Vogelflug beobachteten und deuteten. Analog dazu war auf der Erde ein bestimmter heiliger Bezirk abgesteckt, der nur der Gottheit geweiht war, ebenfalls ''templum'' genannt. Beim ''contemplativen'' Betrachten sah man auf die "himmlischen" und die "irdischen" Bereiche (Plural ''templa'') zugleich. | '''Kontemplation''' (von [[Latein|lat.]] ''contemplare'': „anschauen, betrachten“) ist der spirituelle Gegenbegriff zur Aktion ("Tat"). Er bedeutet allgemein Beschaulichkeit. Schon die heidnischen römischen Priester sagten die Zukunft voraus, indem sie in einem bestimmten vorher definierten Bereich des Himmels, dem ''templum'' ("Tempel", Bereich, übersetzt auch ''Beobachtungsraum''), den Vogelflug beobachteten und deuteten. Analog dazu war auf der Erde ein bestimmter heiliger Bezirk abgesteckt, der nur der Gottheit geweiht war, ebenfalls ''templum'' genannt. Beim ''contemplativen'' Betrachten sah man auf die "himmlischen" und die "irdischen" Bereiche (Plural ''templa'') zugleich. | ||
− | In christlicher Bedeutung ist die Kontemplation auch eine irdische Vorwegnahme der himmlischen ''visio beatifica'', zumindest partiell. Durch die gesamte Geschichte christlicher Mystik hindurch haben sich vielfältige Erscheinungsformen der Kontemplation entwickelt. In moderner Zeit wurde das Ideal des ''in actione contemplativus'' (vgl. [[Ignatius von Loyola]]) beinahe vorherrschender Typus. [[Thomas von Aquin]] fasst die Kontemplation selbst als "höchste Tätigkeit" auf. Andere Mystikerinnen und Mystiker betonten die ''Liebesintensität'' des kontemplativen Menschen (z.B. [[Mechthild von Magdeburg]]). Vorstellungen vom ''Aufstieg zum Licht'' unterscheiden die ''via purgativa'' von der ''via illuminativa'' zur ''via unitiva'' (Reinigung, Erleuchtung, Einung). [[Johannes vom Kreuz]] erkannte in der ''dunklen Nacht des Glaubens'' die Kontemplation des Hl. [[Kreuz]]es. Das [[Barock]] wandte sich verstärkt der ''meditatio mortis'', der Betrachtung des Todes zu. Zur Kontemplation im weiteren Sinne gehören auch [[Askese]] (Loslösung, "Gelassenheit") und geistliche [[Armut]] | + | In christlicher Bedeutung ist die Kontemplation auch eine irdische Vorwegnahme der himmlischen ''visio beatifica'' ("selige Anschauung [Gottes]]"), zumindest partiell. Durch die gesamte Geschichte christlicher Mystik hindurch haben sich vielfältige Erscheinungsformen der Kontemplation entwickelt. In moderner Zeit wurde das Ideal des ''in actione contemplativus'' (vgl. [[Ignatius von Loyola]]) beinahe vorherrschender Typus. [[Thomas von Aquin]] fasst die Kontemplation selbst als "höchste Tätigkeit" auf. Andere Mystikerinnen und Mystiker betonten die ''Liebesintensität'' des kontemplativen Menschen (z.B. [[Mechthild von Magdeburg]]). Vorstellungen vom ''Aufstieg zum Licht'' unterscheiden die ''via purgativa'' von der ''via illuminativa'' zur ''via unitiva'' (Reinigung, Erleuchtung, Einung). [[Johannes vom Kreuz]] erkannte in der ''dunklen Nacht des Glaubens'' die Kontemplation des Hl. [[Kreuz]]es. Das [[Barock]] wandte sich verstärkt der ''meditatio mortis'', der Betrachtung des Todes zu. Zur Kontemplation im weiteren Sinne gehören auch [[Askese]] (Loslösung, "Gelassenheit") und geistliche [[Armut]]. |
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+ | Unter den [[Orden]] werden die '''kontemplativ''' genannt, die einem Leben in betrachtetender Anbetung [[Gott]]es (''Vita contemplativa'') den Vorrang vor einem tätigen Leben (''Vita activa'') geben. Völlige Untätigkeit ist in der christlichen Spiritualität jedoch nicht vorgesehen, so dass auch die am strengsten kontemplativen Mönche (etwa die [[Kartäuser]] und [[Trappisten]]) in ihren Klöstern [[Arbeit]]szeiten haben; das [[Benediktiner|benediktinische]] Ordensideal kennt ''Ora et labora!'', "Bete und arbeite!" | ||
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Version vom 29. September 2014, 14:02 Uhr
Kontemplation (von lat. contemplare: „anschauen, betrachten“) ist der spirituelle Gegenbegriff zur Aktion ("Tat"). Er bedeutet allgemein Beschaulichkeit. Schon die heidnischen römischen Priester sagten die Zukunft voraus, indem sie in einem bestimmten vorher definierten Bereich des Himmels, dem templum ("Tempel", Bereich, übersetzt auch Beobachtungsraum), den Vogelflug beobachteten und deuteten. Analog dazu war auf der Erde ein bestimmter heiliger Bezirk abgesteckt, der nur der Gottheit geweiht war, ebenfalls templum genannt. Beim contemplativen Betrachten sah man auf die "himmlischen" und die "irdischen" Bereiche (Plural templa) zugleich.
In christlicher Bedeutung ist die Kontemplation auch eine irdische Vorwegnahme der himmlischen visio beatifica ("selige Anschauung [Gottes]]"), zumindest partiell. Durch die gesamte Geschichte christlicher Mystik hindurch haben sich vielfältige Erscheinungsformen der Kontemplation entwickelt. In moderner Zeit wurde das Ideal des in actione contemplativus (vgl. Ignatius von Loyola) beinahe vorherrschender Typus. Thomas von Aquin fasst die Kontemplation selbst als "höchste Tätigkeit" auf. Andere Mystikerinnen und Mystiker betonten die Liebesintensität des kontemplativen Menschen (z.B. Mechthild von Magdeburg). Vorstellungen vom Aufstieg zum Licht unterscheiden die via purgativa von der via illuminativa zur via unitiva (Reinigung, Erleuchtung, Einung). Johannes vom Kreuz erkannte in der dunklen Nacht des Glaubens die Kontemplation des Hl. Kreuzes. Das Barock wandte sich verstärkt der meditatio mortis, der Betrachtung des Todes zu. Zur Kontemplation im weiteren Sinne gehören auch Askese (Loslösung, "Gelassenheit") und geistliche Armut.
Unter den Orden werden die kontemplativ genannt, die einem Leben in betrachtetender Anbetung Gottes (Vita contemplativa) den Vorrang vor einem tätigen Leben (Vita activa) geben. Völlige Untätigkeit ist in der christlichen Spiritualität jedoch nicht vorgesehen, so dass auch die am strengsten kontemplativen Mönche (etwa die Kartäuser und Trappisten) in ihren Klöstern Arbeitszeiten haben; das benediktinische Ordensideal kennt Ora et labora!, "Bete und arbeite!"