Catechismus Romanus: II. Teil: 5 Kapitel: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 23. Juni 2014, 09:03 Uhr
Catechismus Romanus Fünftes Kapitel: Vom Bußsakrament (mit Überschriften) |
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Inhaltsverzeichnis
I. Notwendigkeit eingehender Behandlung
1 Wie schwach und dem Fall ausgesetzt der Mensch von Natur ist, weiß jeder und kann es nur zu leicht an sich selbst erfahren; damit ist aber auch für jedermann verständlich, wie notwendig das Sakrament der Buße ist. Wenn also, wie es doch sein muss, die Wichtigkeit und Bedeutung des zu behandelnden Gegenstands den Gradmesser bildet für die Sorgfalt der Darbietung, die der Seelsorger dem betreffenden Gegenstand zu widmen hat, so kann er sicher bei der Erklärung dieses Sakraments gar nie genug Mühe aufwenden. Ja er muss es sogar noch eingehender besprechen als die Taufe, aus dem einfachen Grund, weil die Taufe nur einmal gespendet und nicht wiederholt werden kann, die Verpflichtung zum Bußsakrament aber dem Christen jedes Mal neu obliegt, sooft er nach der Taufe in Sünde fallen sollte. Denn so hat es das Konzil von Trient ausgesprochen: Wie für die noch nicht Wiedergebornen die Taufe zum Heil notwendig ist, so das Sakrament der Buße für jene, die nach der Taufe in Sünde gefallen sind (Conc. Trid. XIV de poenit. c. 2; can. 1. 6; vgl. VI. c. 14). Bekannt ist das Wort des hl. Hieronymus (In Isai 3, 8), das in der Folge die volle Zustimmung aller Gottesgelehrten fand: die Buße ist die zweite Rettungsplanke. Denn wie es beim Schiffbruch nur eine Möglichkeit gibt, sein Leben zu retten, dass man nämlich durch einen glücklichen Zufall irgend eine Planke des Wracks an sich zu bringen vermag, so ist einer nach Verlust der Taufunschuld ganz sicher verloren, wenn er sich nicht an die Rettungsplanke der Buße anklammert.
Diese Gedanken sollen nicht nur für den Seelsorger, sondern ganz allgemein für das christliche Volk ein Mahnruf sein, sich in einer so hochwichtigen Sache nicht etwa tadelnswerte Gleichgültigkeit zuschulden kommen zu lassen. Muss es ja, eben aus dem Bewusstsein der allgemein menschlichen Schwäche heraus, ein innigstes Herzensanliegen aller sein, dass es ihnen doch unter dem Beistand der göttlichen Gnade gelingen möge, auf dem Weg des Herrn ohne Fall oder Straucheln voranzuschreiten. Sollten sie aber doch hie und da einen Fehltritt tun, so soll ihnen im Aufblick zur unendlichen Güte Gottes, der wie ein guter Hirt so gern die Wunden seiner Schäflein verbindet und heilt, keinen Augenblick der Gedanke kommen, dieses überaus heilkräftige Mittel der Buße auf spätere Zeiten hinauszuschieben.
II. Verschiedene Arten der Buße
2 Nun zur Sache selbst. Man erkläre zunächst die verschiedenen Bedeutungen des Wortes Buße, damit nicht infolge einer Unklarheit darüber bei irgend einem ein Irrtum entsteht. Einige nehmen Buße für Genugtuung (vgl. Bußgeld, »die Buße beten«). Andere wollen unter Buße nichts anderes verstehen als ein neues Leben, wobei sie sich freilich durch ihre Voraussetzung, die Buße habe die Vergangenheit nicht zu berücksichtigen, vollständig von der katholischen Glaubenslehre entfernen. Man sage also, das Wort Buße (Das lateinische Wort poenitentia (poenitere) bedeutet ebenso wohl Buße wie Reue) könne verschiedenes bezeichnen. Erstens wird der Ausdruck von einem Menschen gebraucht, dem etwas missfällt, was ihm vorher gefiel; wobei man ganz davon absieht, ob es sich um etwas Gutes oder Böses handelt. Das ist die Bußgesinnung (Reue) all derer, die betrübt sind nach den Begriffen der Welt, aber nicht nach Gottes Sinn. Ihre Buße führt nicht zum Heil, sondern zum Tod (2 Kor 7,10). Eine andere Art von Bußgesinnung (Reue) ist es, wenn einem eine begangene Sünde, die ihm vorher recht war, nunmehr leid tut, aber seinetwegen, nicht Gottes wegen. - Die dritte Art von Bußgesinnung (Reue) haben wir, wenn uns die begangene Sünde nicht nur aus innerstem Herzensgrund schmerzt oder wir diesen Schmerz irgendwie zum Ausdruck bringen, sondern wenn einzig Gott der eigentliche Grund ist, warum es uns so leid tut. - (All den genannten Arten kommt die Benennung Buße [Reue] im eigentlichen Sinn zu. Im übertragenen Sinn ist es offenbar gemeint, wenn wir in der Heiligen Schrift von einer »Reue Gottes« (vgl. Ps 105,45; Jer 26, 3. 13) lesen. Die Heilige Schrift will sich mit diesem Sprachgebrauch der menschlichen Auffassungsweise anpassen, um auszudrücken, Gott habe eine Änderung in irgend einer Sache beschlossen - eben aus unsrer Vorstellung heraus, Gott mache es wie die Menschen, die, wenn sie etwas reut, in dem betreffenden Punkt unbedingt eine Änderung herbeizuführen suchen. In diesem Sinn heißt es einmal: »Es reute Gott, dass er den Menschen erschaffen hatte«(Gen 6, 6). Und an einer andern Stelle: » [Es reute Gott], dass er Saul zum König gemacht hatte« (1 Kön 15, 11).
3 Nun ist aber zwischen den oben beschriebenen drei Arten von Buße (Reue) ein großer Unterschied zu beobachten. Die erste nämlich muss als sündhaft bewertet werden; die zweite ist eine natürliche Seelenverfassung, wie sie sich bei Aufregung und Verwirrung einstellt; die dritte jedoch ist, so behaupten wir, sowohl eine Tugend wie ein [Bestandteil des] Sakraments. Und das ist der hier gemeinte Begriff von Buße.
III. Die Tugend der Buße
Zunächst soll nun von der Buße als Tugend gehandelt werden, nicht nur, weil das christliche Volk vom Seelsorger in jeder Art von Tugend unterwiesen werden soll, sondern auch deshalb, weil die einzelnen Betätigungen dieser Tugend gleichsam die Materie für das Bußsakrament bieten. Außerdem kann man auch das Wesen des Sakraments unmöglich richtig verstehen, wenn man sich nicht zunächst klar gemacht hat, worin die Tugend der Buße besteht.
1. die innere Buße der Reue
4 So mahne man denn die Christen zunächst, sich eifrig und nachhaltig um jene tiefe innere Bußgesinnung zu bemühen, die wir als Tugend bezeichnen; denn ohne sie wird die äußere Buße sehr wenig Nutzen bringen.
a) Begriff
Die innere Buße aber haben wir dann, wenn wir uns von Herzensgrund zu Gott bekehren, unsre Sünden verabscheuen und hassen und zugleich den bestimmten Vorsatz fassen, den schlechten Lebenswandel sowie die sittliche Verderbnis in uns zu bessern, in der festen Hoffnung, von Gottes Barmherzigkeit Verzeihung zu erlangen. Ergebnis dieser Bußgesinnung und Begleiterscheinung des Abscheus über die Sünde ist dann der Schmerz und die Betrübnis, die eine Regung des Gefühlslebens ist und von vielen als Leidenschaft [im Sinn einer passiven Regung im Gegensatz zur aktiven des Willens] bezeichnet wird. Manche der heiligen Väter suchen daher den Begriff der Buße durch diesen seelischen Schmerz klarzumachen. -
5 Übrigens muss in dem reuigen Sünder der Glaube notwendig der Buße vorangehen. Es kann sich ja niemand zu Gott bekehren, wenn er nicht den Glauben hat. Das ist auch der Grund, warum man den Glauben unmöglich als Bestandteil der Buße bezeichnen kann (Conc. Trid. XIV. de poenit. c. 3; can. 4).
b) eine wahre Tugend
6 Dass aber diese innere Buße, wie oben gesagt, eine Tugend ist, das zeigen ganz klar die mannigfachen Aufforderungen zur Buße, wie die Überlieferung sie enthält. Das Gesetz befiehlt nämlich nur tugendliche Handlungen. Außerdem ist es ganz bestimmt ein Tugendakt, zur rechten Zeit, in der rechten Weise und aus berechtigtem Grund sich dem Schmerz hinzugeben; die Buße aber bewirkt gerade, dass dies in eben der rechten Weise geschieht. Manchmal haben nämlich Menschen gar nicht jenen Schmerz über begangene Untaten, wie es sich eigentlich gehörte; ja es gibt nach einem Wort Salomons (Spr 2, 14) so manchen, der sich über seine Freveltat sogar noch freut; wie denn umgekehrt andere sich so stark der seelischen Trauer und dem innern Harm überlassen, dass sie geradezu an ihrem Heil verzweifeln. Zu dieser Klasse mag wohl Kain gehört haben, wenn er sprach: »Meine Untat ist zu groß, als dass sie Verzeihung verdiente« (Gen 4, 13) sicher gehörte Judas zu ihr, wo er von Reue getrieben sich erhängte (Mt 27, 3) und auf diese Weise Leben und Seele verlor. So ist es also gerade die Tugend der Buße, die uns hilft, im Schmerz das rechte Maß einzuhalten. - 7 Das Tugendliche der Buße ergibt sich übrigens auch aus dem Ziel, das sich der wahrhaft reuige Sünder stellt. Seine nächste Absicht ist, die Sünde aus der Welt zu schaffen und alle Schuld und Makel von seiner Seele zu tilgen. Sein zweites Ziel ist, Gott für seine Sünden Genugtuung zu leisten, was sich offenbar auf die Gerechtigkeit zurückführen lässt; denn kann auch zwischen Gott und dem Menschen wegen des gegenseitigen unendlichen Abstands ein eigentliches Verhältnis der Gerechtigkeit nicht bestehen, so doch sicher eine Art von Gerechtigkeit wie etwa zwischen Vater und Sohn, Herrn und Knecht. Drittens will der Mensch wieder in Gnaden kommen bei Gott, dessen Unwillen und Abscheu er wegen der Abscheulichkeit seiner Sünden sich zugezogen hat. All dies aber zeigt reichlich klar, dass die Buße zu den Tugenden gehört.
c) ihre Stufen
8 Weiterhin sind die Stufen darzulegen, auf denen sich der Aufstieg zu dieser übernatürlichen Tugend vollzieht. Das erste ist, dass Gottes Barmherzigkeit uns zuvorkommt und unsre Herzen zu sich bekehrt. Das erfleht der Prophet, wenn er spricht: »Bekehre uns, o Herr, zu dir, und wir werden uns bekehren« (Klgl 5, 21). - Durch solches Licht erleuchtet streben wir dann innerlich durch den Glauben hin zu Gott. Denn »wer sich Gott nahen will, muss (nach dem Wort des Apostels) glauben, dass er ist und denen, die ihn suchen, ein Vergelter ist« (Hebr 11,6). - Nun folgt die Regung der Furcht, und im Gedanken an die Schrecklichkeit der Strafen sagt sich das Herz von der Sünde los. Hierauf beziehen sich anscheinend jene Worte bei Isaias: »Wie eine Schwangere, wenn ihre Stunde da ist, sich windet und aufschreit in ihren Wehen, so ist es uns nun ergangen« (Is 26, 17). - Dazu gesellt sich nun die Hoffnung von Gott Barmherzigkeit zu erlangen, und durch diese Hoffnung gestärkt nehmen wir uns vor, Leben und Wandel auf bessere Bahn zu bringen. - Endlich glüht in unsrem Herzen die Liebe auf, aus der dann jene edle Furcht entspringt, wie sie guter und echter Kinder würdig ist. Und nur noch von der einen Furcht beseelt, Gottes Majestät doch ja in keiner Weise mehr zu nahe zu treten, geben wir nunmehr die Anhänglichkeit an die Sünde vollständig auf. Das also sind gleichsam die Stufen, auf denen man zu dieser unschätzbaren Tugend der Buße gelangt.
d) ihr großer Wert
9 Sie muss in der Tat als eine göttlich himmlische Tugend gewertet werden; verheißt ihr doch die Heilige Schrift geradezu das Himmelreich. Denn beim hl. Matthäus steht geschrieben: »Tut Buße, denn das Himmelreich hat sich genaht« (Mt 4, 17). Und bei Ezechiel: »Wenn der Gottlose Buße tut von allen seinen Sünden, die er getan, und all meine Gebote hält und Recht und Gerechtigkeit übt, so soll er das Leben haben« (Ez 18, 21). Und an andrer Stelle: »Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich von seinem Weg bekehre und lebe« (Ez 33, 11) - Worte, die sicher vom ewigen, seligen Leben verstanden werden müssen.
IV. Das Sakrament der Buße (äußere Buße)
1. warum Sakrament?
10 Die äußere Buße nun, so lehre man, ist jene, die das Wesen des Sakraments ausmacht; sie hat einige sinnfällig hervortretende Stücke, die zum Ausdruck bringen, was in der Seele drinnen vor sich geht. Zuerst jedoch erscheint es angebracht den Gläubigen auseinanderzusetzen, was denn der Grund ist, weshalb Christus der Herr die Buße unter die Zahl der Sakramente aufnehmen wollte. Der Grund dafür ist gewiss der: es sollte uns möglichst jeder Zweifel genommen werden wegen der Nachlassung der Sünden, die Gott in den Worten verhieß: »Wenn der Gottlose Buße tut« usw. Wir befänden uns nämlich sonst in quälender Ungewissheit über unsre innere Bußgesinnung, da man ja mit Recht seinem eigenen Urteil bei seinen Handlungen nicht trauen kann. Um also solchen Besorgnissen abzuhelfen, hat der Herr das Sakrament der Buße eingesetzt, damit wir das Vertrauen haben dürfen, dass uns durch die Lossprechung des Priesters unsre Sünden vergeben werden, und damit unser Gewissen ganz zur Ruhe kommt auf Grund des Glaubens an die Wirksamkeit der Sakramente, den wir mit vollem Recht haben dürfen. Ist doch das Priesterwort, das uns rechtmäßig unsre Sünden vergibt, genau so aufzunehmen wie das Wort Christi des Herrn, das Er zum Gelähmten sprach: »Hab Vertrauen, Kind, deine Sünden sind dir vergeben« (Mt 9, 2). - Ferner: da niemand das Heil erlangen kann außer durch Christus und kraft seines Leidens, so war es ganz entsprechend und für uns von größtem Wert, dass ein Sakrament eingesetzt wurde, kraft dessen Wirksamkeit das Blut Christi gleichsam auf uns niederrinnt und die nach der Taufe begangenen Sünden abwäscht; so sollten wir [durch den Empfang dieses Sakraments] bekennen, dass wir die Gnade der Wiederversöhnung einzig Ihm, unserm Erlöser, verdanken.
2. ein wirkliches
11 Dass die Buße ein Sakrament ist, kann der Seelsorger leicht nachweisen. Wie nämlich die Taufe ein Sakrament ist, weil sie alle Sünden, vor allem die Erbsünde tilgt, genau so ist die Buße, die alle nach der Taufe in der Absicht oder im Werk begangenen Sünden wegnimmt, wahrhaft und im eigentlichen Sinn als ein Sakrament zu bezeichnen. Da außerdem (und das ist der Hauptbeweis) das, was der Pönitent wie der Priester äußerlich tut, ein Zeichen ist für das, was innerlich in der Seele bewirkt wird, wer könnte da in Abrede stellen, dass die Buße das wahre, eigentliche Wesen eines Sakraments besitzt? Ist doch jedes Sakrament »Zeichen einer heiligen Sache«; hier aber bringt der reuige Sünder in Tat und Wort klar zum Ausdruck, dass er sich innerlich von der Bosheit der Sünde lossagt, und ebenso offenbart sich uns in dem, was der Priester tut und spricht, die Erbarmung Gottes, der eben die Sünde vergibt. - Übrigens zeigen das auch ganz klar die Worte des Heilands: »Dir gebe ich die Schlüssel des Himmelreichs ... was immer du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein«(Mt 16, 19; vgl. Conc. Trid. XIV de poenit. c. 1; can. 1). Die durch den Mund des Priesters ausgesprochene Lösung [von den Sündenbanden, die Lossprechung] bezeichnet eben jene Sündennachlassung, die sie in der Seele auch bewirkt [die »auch im Himmel« gültig ist].
3. und wiederholbares Sakrament
12 Die Buße gehört also, so sage man den Christen, zu den sieben Sakramenten und zwar näherhin zu jenen, die wiederholt werden können. Der Herr hat Petrus auf seine Frage, ob man eine Sünde etwa siebenmal verzeihen müsse, die Antwort gegeben: »Ich sage dir, nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal« (Mt 18, 22). Hat man es also mit jemand zu tun, der den Eindruck macht, als habe er das Vertrauen auf Gottes unendliche Güte und Milde verloren, so spreche man ihm Mut zu und richte ihn auf, dass er wieder auf Gottes Gnade hofft. Das lässt sich unschwer erreichen durch Eingehen auf diese und andere Stellen, wie sie uns in der Heiligen Schrift in großer Zahl begegnen; dann aber auch durch Gründe und Gedanken, wie man sie etwa dem Buch des hl. Chrysostomus über die Gefallenen und den Büchern des hl. Ambrosius über die Buße entnehmen kann.
[Fortsetzung folgt]