Weihnachtsansprachen Leos XIII.

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Weihnachtsansprachen

von Papst
Leo XIII.
an das Kardinalskollegium

bei der Gelegenheit des Weihnachtsgratulation

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo I-VI, - Bezeugt in seinen Allocutionen, Rundschreiben, Constitutionen, öffentlichen Briefen und Akten, in Fraktur abgedruckt)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Am Vorabend des Weihnachtsfestes versammelten sich alljährlich sämtliche Kardinäle im Vatikan, um dem heiligen Vater Leo XIII. ihre Glückwünsche darzubringen. Im Namen des heiligen Kollegiums hielt zunächst der Kardinaldekan eine Ansprache an den Papst, danach erwiderte der Papst mit folgenden Worten:

1878

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(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo I, 1889, S. 88-89, am 27. Dezember)

Das Geheimnis, dessen Andenken die Kirche an diesem Tage in der ganzen Welt und mit so großer Feierlichkeit begeht, ist gewiss geeignet, unsern Herzen Trost und Stärke einzufflößen. Durch dasselbe spricht die beredte Stimme des Glaubens laut zu den Herzen der Gläubigen und erinnert sie, dass der Eingeborene Sohn Gottes in Folge einer unbegreiflichen Liebe auf dieser Erde erschienen ist, um die Welt zu erlösen, indem er sie aus dem Abgrund des Verderbens errettete, in den sie gefallen war, dass er das große Werk der Erlösung an dem Tage seiner glorreichen Geburt begann und es durch ein wunderbares, weises, sanftes, aber gleichzeitig auch starkmütiges Leben beendete. Es ist auch immer sein Geist, welcher die Kirche, die von ihm gegründet ist, leitet und regiert, um in der Welt ihre göttliche Mission fortzusetzen und deshalb wurde jedes Mal die Gesellschaft, wenn sie in vergangenen Zeiten in Verderbnis und Elend gefallen war, von der Kirche vermöge ihrer hohen Würde, die ihr von Christus verliehen wurde, durch die übernatürliche kraft des Erlösers gerettet.

Auch das Zeitalter, in welchem wir leben, ein Zeitalter führwahr sehr traurig, wird den Übeln nur entrinnen können, wenn es zu Christus zurückkehrt und sich mit seiner Kirche befreundet. Deshalb findet der Geist des Hochmutes und der Unabhängigkeit, der gegenwärtig die Gesellschaft in Aufregung setzt und jede Ordnung untergräbt, nur in demütiger Unterwerfung und im christlichen Gehorsam das wirksamste Gegenmittel. Die zügellose Lust nach irdischen Gütern und Genüssen, welche die fruchtbare Quelle der Sittenverderbnis ist, findet kein heilsameres Mittel als den Geist der Mäßigkeit, der Selbstverleugnung und der Aufopferung, der eine der ersten Pflichten der Nachfolger Christi ist.

Nur dieser rein christliche Geist, wenn unter der menschlichen Gesellschaft verbreitet, kann den wahren Frieden finden lassen, d. h. jenen Frieden, der von den Engeln bei der Geburt Jesu Christi verkündet wurde und den sie uns, Herr Kardinal, soeben wünschten. Der wahre Friede gründet sich allein auf die Ordnung und es ist unmöglich, ihn bei einem unordentlichen Menschen zu finden, in welchen die Vernunft nicht vollkommen Gott, und seine Begierde nicht vollkommen der Vernunft unterworfen ist. Es ist unmöglich, ihn in der Gesellschaft zu finden, wenn die Behörden und Gesetze nicht in allem mit den unveränderlichen und ewigen Prinzipien der Wahrheit und Gerechtigkeit, deren Wächterin die Kirche ist, in Übereinstimmung sind. Das Wir vollkommen gut wissen, dass Gott die Nationen heilbar gemacht und dass die göttliche Weisheit oftmals zu ihren höchsten Absichten auf verborgenen und unbegreiflichen Wegen, die scheinbar aneinander entgegengesetzt sind, gelangt, so zweifeln Wir nicht, dass auch jetzt durch die wohltätige Kraft der Kirche die Erde neuerdings den Frieden erhalten und dass der äußerste Ruin, in den sie gleichsam gefallen ist, die Errettung wunderbarer und den Triumph der Kirche glorreicher machen wird.

Beschleunigen auch Wir durch unser Mitwirken den so sehr gewünschten Augenblick, verrichten wir zu diesem Zwecke die inständigen Gebete und legen Wir unsere Gebete und Wünsche in die Wiege des Erlösers. Indessen erteilen Wir als Unterpfand Unserer väterlichen Liebe aus Unserm ganzen Herzen Ihnen, Herr Kardinal und dem ganzen heiligen Kollegium den Apostolischen Segen, der Allen die Quelle heiliger Freude, wahren Friedens, gegenwärtiger und zukünftiger Glückseligkeit sein mögge. Benedictio Dei etc.

1879

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo I, 1889, S. 160-162, am 24. Dezember)

Die Wünsche, welche Sie, Herr Kardinal, Wir auch dieses Jahr bei der Wiederkehr des Weihnachtsfestes im Namen des heiligen Kollegiums dargebracht haben, haben Wir von allen andern angenehm, weil Sie dem erhabenen Gedanken bezüglich des christlichen Friedens Ausdruck gaben. Wahrlich, wir hätten nicht Angenehmeres vernehmen können, keinen Wunsch, welcher mehr zu dieser Wiederkehr des göttlichen Festes passte oder den Bedürfnissen unserer Tage mehr sich anschlösse, als diesen Wunsch des Friedens. In der Tat, der göttliche Erlöser, welcher mit Fug und Recht vorzüglich der "friedreiche König", der "Friedensfürst" genannt wird, hat sich im geordneten Laufe der Zeiten jenen Augenblick für die Stunde seiner Geburt ausersehen, wo der Aufruhr des Krieges gewichen war und die Erde im Frieden lebte. In diesem Augenblick ließ er durch seine Engelscharen der Welt seine Ankunft als eine Friedensbotschaft verkünden. Wenn man aber jemals unter irgend welchen Umständen das Bedürfnis nach Frieden lebhaft empfunden hat, so empfindet man es heute noch lebhafter, wie Sie es ja auch mit Recht hervorgehoben haben. Heute in der Tat wird die Kirche grausam bekämpft, in ihrer Autorität, in ihrer göttlichen Mission gegenüber der Welt. Heute leidet die bürgerliche Gesellschaft, nachdem man die vornehmsten Grundlagen aller Ordnung vollständig erschüttert hat, an inneren und tiefgreifenden Zwistigkeiten und ist durch das Gebahren schlechter und verwegener Menschen mit dem äußersten Ruin bedroht. Heute endlich sieht die Familie, wie die Bande der Treue und der Eintracht zwischen den Ehegatten und die der Unterwürfigkeit von Seiten der Kinder sich lösen. Unter diesen Umständen ist es ein guter Gedanke und sehr zeitgemäß, unsere gemeinsamen Hoffnungen zu beleben durch das Andenken an die Geburt unseres Herrn, welcher nach dem Worte des Propheten die "Gerechtigkeit und die Fülle des Friedens auf Erden erscheinen lassen" sollte. Es ist sicher, dass er allein einen wahren und vollständigen Frieden gewähren kann, d. h. einen Frieden, welcher naturgemäß begründet ist in der Ordnung, in der Wahrheit und in der Gerechtigkeit. Es ist eben so sicher, dass die Katholische Kirche, welche der Erlöser zu seiner Braut gemacht und erhoben hat zur Herrin der Wahrheit und der Hüterin und Rächerin der Gerechtigkeit, gerade hierdurch die fruchtbarste Quelle und die sicherste Verteidigerin derselben ist. Hierdurch besitzt die Kirche diesen Frieden nicht nur meistenteils, sondern sie genießt denselben immerdar, indem sie unlöslich verbunden bleibt mit ihrem göttlichen Bräutigam, welcher sie beständig schützt und schirmt, selbst wenn von draußen her der Sturm wütet oder die Hölle gegen sie aufsteht. Ja selbst in der gegenwärtigen Zeit ist es Uns vergönnt, dieses so tröstende und erhabene Schauspiel zu betrachten und zu bewundern. Es ist Uns vergönnt zu sehen, wie inmitten der bürgerlichen Zwistigkeiten die Katholische Kirche den kostbaren Schatz ihrer Einheit und die Eintracht des Episkopats aller Reiche und Länder mit dem Heiligen Stuhl unversehrt bewahrt, ebenso wie auch die Einheit der Geistlichkeit und der Völker mit ihren besonderen Oberhirten in unseren Tagen sich kundgibt und im lebhaftem Glanze strahlt. Vergebens strengen die Feinde der Kirche in ihrer Erbitterung sich an, durch allerlei Arglist ihre Eintracht zu brechen oder zu stören. Gott sei Dank! sind alle ihre Kunstgriffe nutzlos. Sie erreichen nichts anderes, als dass die Herden und die Hirten sich noch enger an den obersten Hirten des Apostolischen Stuhles durch die Bande der Ehrfurcht und Liebe anschließen. Reich durch diesen Schatz und voll der mildesten Liebe wünscht die Katholische Kirche heiß, auch Andere die kostbaren Früchte ihres Friedens kosten zu lassen. Allerdings bleibt sie fest nach dem Beispiele ihres göttlichen Stifters in der beständigen Verteidigung er heiligen Prinzipien der Gerechtigkeit und der Wahrheit. Sie lässt sich nicht täuschen durch Betrug und nicht einschüchtern durch Drohungen, von welcher Seite sie auch kommen mögen. Aber sie sucht auch wie eine liebende Mutter ihre verirrten Kinder auf und bietet ihre Heilsgeschenke selbst ihren Feinden an. Was uns angeht, die Wir durch geheimnisvollen Plan der Vorsehung zur Leitung der gesamten christlichen Familie berufen sind, so werden Wir mit unablässiger Sorge unter Beihilfe der göttlichen Gnade wachen über die geistlichen und weltlichen Rechte der Kirche und des römischen Stuhles, dessen Dienst Wir Unsere schwachen Kräfte und Unser ganzes Leben geweiht haben. Gleichzeitig aber öffnen wir den Verirrten, mitleidsvoll und von den lebhaften Wunsche beseelt, dass auch sie Teil haben mögen an den Wohltaten, welche der Erlöser auf die Erde brachte, mit apostolischer Liebe Unsere Arme und laden sie ein, zu Ihm sich zu wenden. Denn in ihm findet das unruhige und kranke Herz Ruhe und Gesundheit. In Ihm wenden sich die im Irrtum befangenen und durch eine trügerische Wissenschaft verblendeten Geister wieder dem Lichte der Lehre des Evangeliums und jener wahren Wissenschaft zu, welche von Christus, dem Urheber der Natur und der Gnade stammt und wunderbaren Vorteil zieht aus dem Strahl der Vernunft wie aus dem Strahl der Gnade. Wir danken also aus ganzem Herzen dem Herrn, der Unsere Mühen nicht ohne Frucht gelassen hat, wurde doch Unser neulich an alle Bischöfe des Erdkreises gerichtetes Wort, das in den Schulen die christliche Philosophie zu Ehren bringen sollte, allerwärts mit ungeteilter Ehrfurcht und dem besten Willen von Seiten des Episkopates aufgenommen, mit dessen Stimme auch sofort die Stimme des ganzen heiligen Kollegiums sich vereinigte. Dieses Schauspiel gereicht Uns zu großem Troste und Wir erblicken darin einen gewichtigen Grund zu guten Hoffnungen für die Zukunft der Gesellschaft. Denn diese wird indem sie zurückkehrt zu Christus und wandelt auf den Pfaden der Wahrheit und Gerechtigkeit, die Geister in Liebe einigen, den Hass und Zorn erlöschen und die von Christus zu neuem Leben berufene Welt wieder in die Schönheit und Fruchtbarkeit des Friedens sich freuen sehen. Delectabitur populus in pulchritudine pacis. In dieser Gesinnung drücken Wir neuerdings dem Kolegium der Kardinäle Unsern Dank für seine Glückwünsche aus und hegen unserseits die innigsten Wünsche für das Glück und Wohlergehen aller seiner Mitglieder. Als Unterpfand Unserer besonderen Zuneigung erteilen Wir von Herzensgrund den Kardinälen und allen hier Gegenwärtigen Unsern Apostolischen Segen.

1880

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo I, 1889, S. 233-236, am 23. Dezember)

Inmitten der Trübsale, welche Unser Herz wegen des unablässigen und unehrlichen Krieges erfüllen, welcher fast überall gegen die Kirche geführt wird, sind Uns die Gefühle der Ergebenheit und die Wünsche, welche Sie, Herr Kardinal, Uns auch in diesem Jahre im Namen des heiligen Kollegiums ausdrücken, überaus angenehm und gereicht Uns zu nicht geringem Troste. Wir nehmen sie mit bestem Danke entgegen und erwidern sie mit aufrichtigem Glückwünschen, indem Wir den Geber alles Guten, sie gnädig zu unterstützen und vollständig zu verwirklichen.

Aber indem Wir solcher Gestalt teilnehmen an der heiligen Freude, welche die jährliche Gedächtnisfeier der Geburt des göttlichen Erlösers uns bringt, können Wir uns nicht enthalten, Euch den Schmerz mitzuteilen, welcher beständig Unser Herz bedrückt, wenn Wir die Lage betrachten, in welche das Oberhaupt der Kirche hier in Rom gebracht ist. Über diese beklagenswerte Lage haben Wir vor nicht langer Zeit, eine günstige Gelegenheit ergreifend, öffentlich vor Euch Beschwerde geführt und an der Hand der Tatsachen auseinandergesetzt, wie dem römischen Papst weder wahre Freiheit, noch wahre Unabhängigkeit gelassen wurde, wie seine Autorität nicht bloß nicht mit der nötigen Achtung umgeben ist, sondern wie man sie ungestraft Beleidigungen und Beschimpfungen ausgesetzt lässt, wie die göttliche Gewalt, welche er zur Regierung der Gesamtkirche besitzt, in vieler Art eingeschränkt und be3engt wird und wie es ihm endlich nicht einmal in dieser Stadt Rom vergönnt ist, gegen so viele Schäden, welche der Glauben und das Heil der Seelen erleiden, ein wirksames Mittel anzuwenden.

Von diesen Worten und Klagen, welche spontan aus Unserem Herzen kamen, nahm eine feinselige Presse alsbald einen Vorwand, um wütende Schmähungen gegen Uns auszusprechen und es fehlte nicht an Leuten, welche in öffentlichen Versammlungen Unsere Sprache schroff nannten und unter dem Scheine, die Rechte des sStaates zu schützen, den festen Vorsatz aussprachen, die Knechtschaft der Kirche in Italien fortzusetzen und noch zu erschweren. Das ist also das Los, das Uns bereitet ist. Nicht einmal die Kundgebung seines gerechten Schmerzes ist dem Statthalter Christi freigegeben oder gestattet, ohne Widerspruch zu erfahren. Aber was verlangt man denn von Uns? Möchte man etwa, dass Wir Uns den Wünschen der Feinde der Kirche bequemen, oder dass Wir schweigend und ruhig bleiben bei Allem, was man gegen sie tut, spricht und sanktioniert? Ist das die Freiheit, welche man dem Papst vorbehalten will?

Und doch waren die Tatsachen, welche Wir damals verurteilten, offenkundig und notorisch, und Unsere Klagen folglich vollkommen gerechtfertigt. Und um nur an einige zu erinnern, sehen Wir auch heute die Patronats-Ansprüche auf vielen Kirchen Italiens festgehalten, die gehässigen Fesseln des Exequatur für die päpstlichen Bullen beibehalten, welche durch ganz und gar ungerechtfertigte Verzögerungen den regelmäßigen Gang der Diözesen schwer schädigen und so nimmt man dem Papst das Bißchen Freiheit, welches man ihm früher lassen zu wollen erklärte. Aber jetzt sind Wir gezwungen, neue und noch bittere Feindseligkeiten zu beklagen, welche der Reife entgegensehen und sich bereits in Gesetzesentwürfen kundgeben, die den Rechten und den Lehren der Kirche entgegen sind. Mit diesen Gesetzesentwürfen will man die Kirche von jedem Einfluss auf die frommen Werke ausschließen. Man will an das noch übriggebliebene Kirchengut Hand anlegen, welches nur notdürftig für die Bedürfnisse der Pfarrer sorgt. Außerdem will man in Italien der Ehescheidung die Türe öffnen, zum größten Schaden der häuslichen und der bürgerlichen Gesellschaft. Und noch weiter gehend, will man die Kirche in ihrer eigenen Verfassung treffen, indem man gegen das Wesen ihrer göttlichen Institution anfängt, die Laien in ihrer Verwaltung einzuführen.

Das ist die Lage der Dinge in Rom, das die Lage des Papstes an seinem Sitz selbst, welche sich augenscheinlich weder mit seiner Würde noch mit der freien Ausübung des apostolischen Amtes, noch mit der von Jesus Christus dem römischen Papsttum anvertrauten göttlichen Mission verträgt.

Daher erklären Wir auch bei dieser sich Uns darbietenden Gelegenheit vor dem heiligen Kollegium, das Wir, weit entfernt, Uns in das zu fügen, was zu Unserem Schaden getan wurde, niemals aufhören werden, Uns darüber zu beschweren und jene Freiheit und Unabhängigkeit zu fordern, deren der heilige Stuhl durch die gewaltsame Usurpation seiner weltlichen Gewalt beraubt wurde. Inzwischen wollen Wir mitten in den großen Schwierigkeiten, die Uns umgeben, fortfahren, in die Fußstapfen Unserer unbesiegten glorreichen Vorfahren tretend, mit Gottes Beistand Unsere apostolische Aufgabe zu erfüllen.

Großen Trost in der schwierigen Aufgabe wird Uns der Beistand des heiligen Kolegiums gewähren, welches Unsere Gesinnungen teilt, und es hält Uns auch die sichere Hoffnung aufrecht, dass die harten und vielfachen Kämpfe unserer Tage der Kirche die herrlichsten Triumphe vorbereiten.

Mit diesem erneuern Wir ihnen, Herr Kardinal, und dem ganzen heiligen Kollegium unsere aufrichtigen Wünsche und aus Herzensgrund erteilen Wir allen hier Anwesenden den Apostolischen Segen.

1881

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo II, 1890, S. 56-59, am 24. Dezember)

Auf die süße Freude, welche Uns aus Anlass der jüngsten feierlichen Kanonisation zuteil wurde, folgt jetzt der heilige Jubel, den die Wiederkehr des Geburtsfestes des Erlösers in der katholischen Welt wachruft. Höchst angenehm sind Uns an diesem Tage die Versicherungen der ehrfurchtsvollen Ergebenheit und die herzlichen Glückwünsche, welche Sie, Herr Kardinal, soeben im Namen des heiligen Kollegiums ausgesprochen haben, indem Sie Uns der Kirche eine frohere Zukunft wünschten.

Wir Unsererseits bringen in liebevoller Dankbarkeit dem heiligen Kollegiums und der Kirche die gleichen Glückwünsche dar und fühlen Uns verpflichtet, demütigen Geistes dem Herrn zu danken, der Unsere Schwäche aufrecht erhält, indem er von Zeit zu Zeit in die glorreichen Bitterkeiten und die unaufhörlichen Sorgen des Apostolischen Amtes seine Tröstungen mischt.

Dieser Kummer und diese Sorgen werden in Folge der schwierigen Lage, in die man Uns gebracht hat und die jeden Tag unerträglicher wird, immer schwerer und beängstigender. - Vor dem heiligen Kollegium brauchen Wir das nicht ausführlicher darzulegen oder die Beweise dafür anführen. Dasselbe erinnert sich sicherlich der jüngsten äußerst betrübenden Tatsachen, welche auf Unsere gegenwärtige Lage in Rom ein so befremdendes Licht geworfen haben. Das heilige Kollegium ist wie Wir selbst ja Augenzeuge alles dessen, was hier gegen die katholische Religion und ihr höchstes Oberhaupt geschieht. - Selbst die jüngste Verherrlichung der neuen Heiligen, aus der man den Beweis für die dem Papst und den Katholiken in der Stadt Rom gelassene Freiheit hat herleiten wollen, hat nur den Beweis für das Gegenteil geliefert. Aus Rücksichten auf die Sicherheit und die höchste Ordnung gezwungen, die Feier im Innern Unseres Palastes abzuhalten, mussten Wir deren Pracht bedeutend geschmälert und deren Glanz verringert sehen, während gleichzeitig die Zahl der dazu eingeladenen Bischöfe sehr beschränkt werden musste und eine große Menge von einheimischen und fremden Gläubigen gar nicht daran teilnehmen konnte.

Dieses alles ist auch nicht im Stande, vor Beleidigungen und Beschimpfungen die Würde des Papstes und die vier ruhmreichen Glaubenshelden zu beschützen. Denn, während Wir nach den reiflichsten und strengsten Untersuchungen, die von den Gesetzen der Kirche vorgeschrieben sind, einen der feierlichsten Akte Unseres Amtes vornahmen, hat man hier in Rom mehrerer Tage hindurch unter den Augen aller kein Bedenken getragen, diese erhabene Feier lächerlich und zum Gegenstand des Spottes zu machen. Straflos den Glauben aller Römer und der Gläubigen und der Gläubigen Welt zu verhöhnen und mit sakrilegischer Frechheit Unsere Person, Unsere Autorität und in gleicher Weise die gefeierten heiligen massenhaft mit Kot und Schmutz zu bewerfen.

Dieses unwürdige Benehmen wiederholt sich oftmals unter leichtsinnigem Vorwand. Wenn Wir nämlich vor Besorgnis um das Wohl der Katholischen Kirche Unsere Stimme erheben, um ihre mit Füßen getretenen Ansprüche wahrzunehmen und ihre missachteten Rechte zu verteidigen. Wenn wir, treu der Verbindlichkeit feierlicher Eide, als notwendig für die Freiheit und Unabhängigkeit Unsere geistlichen Macht die weltliche Herrschaft reklamieren, die Uns geraubt wurde und die auf Grund so vieler Rechtstitel und eines mehr als zehn Jahrhunderte alten legitimen Besitzstandes des Apostolischen Stuhl zukommt, so erhebt man gegen uns sofort wütendes Geschrei und tritt Uns mit Beschimpfungen, Drohungen und Beleidigungen ohne maß entgegen. - Wenn die Katholiken Unsretwegen besorgt werden und den Versuch machen, das Recht zur Geltung zu bringen, das sie haben, dauernd und wirksam die Unabhängigkeit ihres Oberhauptes gesichert zu sehen, so werden sie sofort entweder als Rebellen, oder Feinde Italiens oder als die Ursache von Unordnungen angeschuldigt. - Wenn fromme Pilger von kindlicher Liebe bewegt nach Rom kommen, um an Unseren väterlichen Herzen Stärkung zu suchen und Uns ihre unwandelbare Ergebenheit zu bekennen, so werden sie oft die Zielscheibe der Beschimpfungen der Presse und der Gewalttätigkeit der Menge.

Darf man wundern, wenn in Anbetracht dieser und ähnlicher Vorgänge, welche sich ununterbrochen aneinander reihen, die Bischöfe der verschiednen Nationen, indem sie hierher kommen, offen anerkennen, dass der gegenwärtige Zustand der Dinge absolut unverträglich ist mit der Freiheit und der Würde des Heiligen Stuhles? Ist es zu verwundern, wenn alle Katholiken der Welt besorgt erscheinen und voll Angst über das Schicksal, welches ihrem obersten Hirten und ihrem Vater bereitet ist?

Wer die Entwicklung der öffentlichen Angelegenheiten in Italien mit Aufmerksamkeit verfolgt, wird sicherlich beim ersten Blick erkennen, wie grausam die Anschläge unserer Feinde sind, welche neue Beleidigungen der Kirche zuzufügen man sich vorbereitet und wie Wir Uns auf noch schlimmere Tage gefasst machen müssen.

Indessen, vertrauend auf Gott, der wirksamen Unterstützung des heiligen Kollegiums sicher und durch die andauernden Gebete der Christenheit aufrecht gehalten, werden Wir es Uns angelegen sein lassen, den vom Sturm herumgeschleuderten Rachen Petri mitten in dem rasenden Meere zu lenken und voll Vertrauens den Zeitpunkt abwarten, wo der göttliche Meister den Winden und dem Sturme befehlen und die Ruhe wieder herstellen wird.

Könnte doch der Jahrestag der Geburt des Heilandes ein glückliches Vorzeichen dieser Ruhe sein! Er, unser Heiland ist es, von dem Wir für Sie, Herr Kardinal, für das heilige Kollegium und für die ganze Kirche die Fülle der himmlischen Gnaden erflehen, indem Wir euch allen aus dem Grunde Unseres Herzens als Zeichen Unserer ganz besonderen Zuneigung den Apostolischen Segen erteilen.

1882

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo II, 1890, S. 122-125, am 24. Dezember )

Dankbar nehmen Wir die edlen Worte auf, die �Sie, Herr Kardinal, namens des heiligen Kollegiums soeben an Uns gerichtet haben, denn es sind Worte des Jubels und der Freude, welche das Weihnachtsfest der Christenheit bringt. Wir nehmen sie an als eine glückliche Vorbedeutung und als Ausdruck es Wunsches, denn Wir alle wünschen ja, endlich die Kirche in pulchritudine pacis ruhen zu sehen. Wir hätten den Wunsch, darauf mit dem Ausdruck gleicher Freude und gleichen Trostes antworten zu können. Aber da Gott bei seinen unergründlichen Ratschlüssen seine Braut noch inmitten der Kämpfe und der Wut der Verfolgung lässt, können Wir �Euch selbst an diesem Freudentage die gegenwärtige Lage der Dinge und die Gefahren der Zukunft nicht verhehlen.

Das eben vergangene Jahr hat Uns neue Prüfungen und neue Schmerzen gebracht, die übrigens reich an nützlichen Lehren sind. Die Macht der Zeit und der Tatsachen, welche in Folge der Einwirkung der Vorsehung schwer auf den öffentlichen Verhältnissen lastet, lässt bei ihrer fortschreitenden Entwicklung immer besser die wahren Intensionen jener erscheinen und erkennen, welche in ihrer Gewaltsamkeit soweit gingen, dass sie die letzte Schutzwehr der Unabhängigkeit und Freiheit des Papstes zu vernichten strebten. Sie wollten ihn in eine Lage versetzen, welche seinen hohen Prärogativen widerstreitet und der hohen Aufgabe, die ihm Gott zum Wohle der Kirche und der Welt anvertraut hat. - Der durch die Staatsraison und das politische Interesse empfaohlene trügerische Schein, seit die gewaltsame Okkupation Roms vollendet war, keine lange Dauer haben. Schon gleich im Anfang wurde durch Tatsachen bei verschiedenen Gelegenheiten die traurige Wirklichkeit der Verhältnisse offenbar, während der letzten Jahre ist man weiter gegangen und hat laut und offen herausgesagt, was noch zum Schaden des Papsttums zu tun übrig bleibe. - In diesem Jahr hat die Verfolgung nicht stillgestanden. Wir reden nicht von der wachsenden Kühnheit einer schamlosen Presse, noch von der unwürdigen Beleidigung, welche sie ungestraft gegen alles schleudert, was verehrungswürdig und heilig ist. Wir erneuern auch nicht die Klagen darüber, dass zahlreiche italienische Diözesen lange Zeit ohne Hirten geblieben sind, obwohl Wir zu gelegener Zeit ihnen solche gesendet haben. Noch erneuern Wir die Beschwerden über den geistlichen Schaden der den Gläubigen daraus erwächst. - Aber Wir müssen auf ein neues Attentat gegen Unsere unverletzlichen Rechte hinweisen. Man hat festzusetzen gesucht, dass selbst Unsere Residenz nicht mehr als unverletzlich angesehen werden soll. Daraus folgt, dass Wir selbst in dem Bereich Unseres apostolischen Palastes nicht mehr frei Unsere souveränen Rechte ausüben können.

Ja noch mehr! Gewissen- und gottlose Menschen sind voll Hass und Wut gegen dieses friedliche Asyl des Vatikans und verhehlen keineswegs ihre wilden Pläne, welche an barbarische Menschen und Zeiten erinnern.

Welcher Vorwand oder welches Motiv hat aber je diese neue Wut anfachen können? Denn seit fünf Jahren sind wir gezwungen, in diesen mauern zu leben, aller menschlichen Hilfe beraubt und denken nur daran, in so schwierigen Verhältnissen, so gut Wir können, die schweren Pflichten Unseres apostolischen Amtes zu erfüllen. Doch es ist nicht schwer, das zu begreifen. Als die triumphierende Revolution in Folge der Einflüsterungen und des Anstoßes der Sekten sich anschickte, den Päpsten jenen weltlichen Besitz zu entreißen, welchen die Vorsehung ihnen zur Wahrung ihrer Freiheit gegeben hatte, richteten sich ihre Angriffe gegen die höchste Gewalt des Papsttums selbst, indem sie sieselbe zu vernichten oder ihre Tätigkeit zu schwächen hoffte. Wenn nun in Folge der Macht der Ereignisse in unseren so erregten und verwirrten Zeiten in den Geistern die Überzeugung Platz greift, dass das Papsttum ein höchst mächtiger Faktor der sozialen Ordnung ist. Wenn sich in den öffentlichen Versammlungen irgendwelche mutige Stimme erhebt und diesen großen und heilsamen Einfluss des Papstes anerkennt, Wenn Fürsten und Regierungen, durch solche Gesinnung bewogen, es nicht unterlassen, die Bande der Eintracht und des Friedens mit dem Papsttum zu erneuern oder enger zu knüpfen. Dann erhebt sich der Zorn von Neuem und es werden die ungerechtesten Anklagen gegen das Papsttum erhoben, um es zu tadeln und es den Völkern gehässig zu machen. Man macht von unwürdiger Verleumdung Gebrauch und stellt dasselbe als einen Feind des italienischen Landes hin, welches im Gegenteil den Päpsten besonders lieb war, weil dasselbe von Gott zu ihrem Schutz bestimmt war. Dank den Päpsten hat Italien die Einheit des Glaubens bewahrt und mehr als andere Länder die Wohltaten derselben genossen. Durch die Päpste wurde Italien mehr als einmal von der Wut der Barbaren und vor feindlicher Übermacht gerettet und den Päpsten verdankt Italien die immense Zunahme der glänzenden Schätze der Wissenschaften und Künste, die es unter anderen Nationen beneidenswert und ruhmreich gemacht haben. Und trotz alledem, es ist fast unglaublich, gehen entartete und undankbare Söhne in ihrem Hasse so weit, dass sie dem Papsttum bereiteten Demütigungen als ein Glück für Italien, des Papsttums Ruhm als als ein Unglück ansehen. Ach, betrübten und beängstigten Herzens sprechen Wir es aus: Sicher darf man sich keine glückliche Zukunft für ein katholisches Volk versprechen, da die Hoffnung seiner Wohlfahrt und Größe auf Zerstörung oder dem moralischen Zerfall des Papsttums aufbauen muss.

Wir haben übrigens keinen Grund, für das Papsttum und die Kirche zu fürchten, im Gegenteil.Je direkter Wir Gottes Werk selbst befehdet und angegriffen sehen, desto mehr Grund haben Wir zu der Hoffnung auf ein besonderes Einschreiten der göttlichen Vorsehung zu Unseren Gunsten. - Diese Hoffnung wird befestigt durch das große Geheimnis der Liebe, an das diese Tage erinnern, und durch die heißen Gebete, welche überall an den Fleisch gewordenen Sohn Gottes zu Gunsten der Kirche und zu Unseren Gunsten gerichtet werden.

Doch auf alles gefasst, werden Wir selbst inmitten der Gefahren, der Nachstellungen und der Drohungen niemals es unterlassen, für die Interessen der Kirche Sorge zu tragen und stets werden Wir ihre heiligen Rechte aufrecht erhalten und zur Geltung bringen. In dieser Gesinnung entbieten auch Wir dem heiligen Kollegium Unsere Glückwünsche, die um so inniger und aufrichtiger sind, je mehr sich das Bedürfnis nach Frieden und Wohlfahrt in weiteren Kreisen geltend macht. Möge der Herr sie gütig aufnehmen und mit himmlischen Gnaden krönen, während Wir aus ganzem Herzen und als Unterpfand Unserer besonderen Liebe, Ihnen, Herr Kardinal und allen Mitgliedern des heiligen Kollegiums und allen, die hier zugegen sind, den Apostolischen Segen erteilen.

1883

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo II, 1890, S. 218-220, am 24. Dezember)

Mit Befriedigung nehmen Wir die Glückwünsche auf, welche Sie, Herr Kardinal, Uns auch in diesem Jahr im Namen des heiligen Kollegiums beim Herannahen des Weihnachtsfestes ausdrücken. Die Aufrichtigkeit und die Würde, womit diese Glückwünsche dargebracht werden, machen sie Uns noch angenehmer und wertvoller. Von Herzen dafür dankbar, richten Wir dieselben Glückwünsche auch an Sie wie an alle Mitglieder des heiligen Kollegiums in der umfassendsten und herzlichen Weise.

Wahrlich, wenn es einen Glückwunsch gibt, der in Unseren Tagen zeitgemäß ist, os ist es derjenige, dem Sie, Herr Kardinal, soeben Ausdruck gegeben haben: Der Wunsch nach Frieden.

Denn der unversöhnliche Hass und die Bosheit, womit die Kirche von den Feinden bekämpft wird, und namentlich Unsere traurige Lage hier in Rom, lassen Uns nicht die Wohktaten des Friedens genießen, noch auch jene beseligende Freude, welche in ruhigen Zeiten der jährliche Gedenktag der Geburt Jesu Christi herbeizuführen pflegt. Höchst peinlich ist es für Unser wie für Euer Herz, allenthalben unter erlogenen Vorwänden die hehre Religion Christi und seine göttliche Braut angefeindet zu sehen. Auch im Schoße der am meisten katholischen Nationen macht sich auf tausend Arten jener Geist der Feindschaft bemerklich, welcher bestrebt ist, der Kirche jeden sozialen Einfluss zu nehmen, ihre Rechte zu schmälern und ihre göttliche Aufgabe ihr möglichst zu erschweren. Namentlich hier selbst bringt jede Gelegenheit, die sich darbietet, neue Beleidigungen mit sich. Jede öffentliche religiöse Kundgebung, welche geeignet ist, in dem italienischen Volke das katholische Gefühl und die Ergebenheit gegen den Papst zu erwecken oder aufrecht zu erhalten. wird angefeindet, verspottet und entstellt. Als in den verflossenen Monaten ein großer Teil des italienischen Klerus und der Laienwelt als fromme Pilger zu Uns kam, erhob man sich sofort dagegen, verächtliche Äußerungen und neue gifterfüllte Drohungen wurden gegen Uns geschleudert. Die Sekten, welche hier herrschen, benutzen diese Gelegenheit, in ihren Anhängern den tiefen Hass wieder anzufachen, welcher sie gegen die Kirche beseelt und sie zu allgemeinerem und kühnerem Kampfe anzuspornen. Das vierte Sentenarium der Geburt der Häresiarchen Luther bot der schlechten Presse Italiens die gewünschte volle Gelegenheit zu schamlosen Anklagen und blutigen Beleidigungen gegen den Apostolischen Stuhl. Man scheute sich nicht, die Inpietät dieses Abtrünnigen in den Himmel zu erheben und der hauptsächlichste Grund der ihm gespendeten Lobsprüche war seine offene Empörung gegen die Autorität der Katholischen Kirche und der erbitterte Kampf, den er gegen das Papsttum unternahm.

Auch heute fehlen nicht die Anzeichen einer schlimmen Zukunft. Was bisher zum Schaden der Kirche und des Heiligen Stuhles geschehen ist, das genügt noch nicht, um die Sehnsucht der Feinde zu befriedigen. Man hat behauptet und es wiederholt, dass die Maßregeln, die bisher gegen die Kirche zur Anwendung gekommen sind, zu mild und gütig waren. Jeder aber weiß, dass diese Maßregeln für die Kirche so verderblich waren, dass sie überhaupt nichts verschonten, weder ihre Rechte, noch ihre Gesetze, weder ihre Freiheit, noch die Unabhängigkeit ihres Oberhauptes, weder ihre Diener, noch ihre religiösen Institute, noch ihr hab und Gut. Welche herbe Prüfung stände also für die Zukunft in Aussicht, wenn es Gott nach seinen erhabenen Ratschlüssen zuließe, dass diese tollkühnen Pläne in Erfüllung gingen ? - Zu den Beleidigungen äußerer Feinde gesellen sich die traurigen Abfälle der Einen, sowie der hinterlistigen Künste und der unwürdigen Schriften Anderer, welche die Schuld verirrter undankbarer Söhne, die an beiden wir beklagen, ihrer Mutter zuschreiben möchten, die bitter darunter litt und leidet, statt sie jenen auf Rechnung zu setzen, welche allein dahin strebten, sie zu beleidigen und zu schmähen.

Wer so bitteren Kämpfen und so dieser Aufregung kann man den Wunsch nach Frieden nicht lebhaft genug empfinden. Darum verlangen wir in der Demut Unsres Herzens unaufhörlich nach ihm und namentlich werden Wir in diesen Tagen im Vereine mit Euch darum flehen zu dem friedfertigen König, welcher bei seiner �Geburt den Menschen den Frieden brachte und ihnen seinen Frieden hinterließ bei seinem Scheiden. Mit diesem gegenseitigen Wunsche und dem Gefühle des väterlichen Wohlwollens freuen Wir uns, Ihnen, Herr Kardinal, allen Mitgliedern des heiligen Kollegiums, sowie allen Anwesenden Unsern Apostolischen Segen erteilen zu können.

1885

(Quelle: (Leo XIII., Lumen de coelo III, 1891, S. 102-104, am 24. Dezember)

Überaus angenehm und tröstlich sind für uns die Glückwünsche, welche in diesem Jahr wie sonst aus Anlass des Weihachtsfestes das heilige Kollegium durch den Mund seines Dekans uns ausspricht. Mit der Genugtuung, die Wir darüber empfinden, verbindet sich die innigste und vollste Zuneigung, womit Wir allen und jedem einzelnen der Mitglieder des heiligen Kollegiums Unsererseits jedwedes wahre und dauerhafte Glück und die vollste Teilnahme an die heiligen Freuden dieser Tage vom Grunde des Herzens wünschen.

Wenn in diesem Jahr besondere Beweggründe zur Erhöhung dieser Freude beitragen, so können Wir dafür nur der göttlichen Vorsehung unendlichen Dank sagen, die selbst in einer Zeit so großer Prüfungen sich herbeilässt zur Erweiterung ihrer niedergebeugten Kirche einige Strahlen ihrer besonderen Güte glänzen zu lassen. Gegenstand des Trostes sind in der Tat die schönen Kundgebungen der Ergebenheit und der Ehrfurcht, wodurch der ganze katholische Episkopat jüngst gezeigt hat, dass er mit dem Stadthalter Jesu Christi unauflöslich verbunden ist und bleiben will. Diese Kundgebungen machen vor den Augen der Welt die wunderbare Einheit erglänzen, welche der göttliche Erlöser so warm und so eindringlich von seinem ewigen Vater für das Wohl der Kirche erfleht hat. Ein berechtigter Anlass zur Freude ist es auch, zu sehen, wie das Reich Jesu Christi auf Erden zunimmt und sich immer weiter ausdehnt bis in die entlegensten Länder und dass in riesigen Reichen der Verbreitung des Glaubens leichtere und raschere Wege erschlossen sind. Auf diese Weise gibt sich die unerschöpfliche Fruchtbarkeit kund, womit die göttliche Allmacht die Kirche ausgestattet hat zum großen Nutzen der Welt. Endlich gibt es nichts, was Uns so sehr ermutigt, als die erhabene Majestät des römischen Pontifikats mit Achtung, Ehrfurcht und Liebe umgeben zu sehen, wie es in einem Ereignisse der jüngsten Zeit der Fall gewesen, denn auf diesen überaus edlen Zweck hin sind alle unsere Bemühungen gerichtet, ihm ist unser ganzes Leben geweiht.

Aber diesen Anlässen der Freude sind leider auch Beweggründen herber Betrübnis beigemischt. Der erste und ernsteste ist die Lage, worin Wir wegen der Verderbnis der Zeiten zu leben gezwungen sind, eine des Statthalters Jesu Christi unwürdige Lage, seiner Würde und seiner göttlichen Weltaufgabe zuwider. Diese Lage verschlimmert sich zusehends. Denn die Revolution steht niemals still, sondern ist sogar bestrebt, ihre Eroberungen hier in Rom auszudehnen und zu befestigen zum Nachteil der Kirche und des Pontifikats. Die in Vorbereitung befindlichen Gesetze entahlten die Drohung neuer Unbilden und neuer Verletzungen. So ist das Ehescheidungsgesetz eine Verletzung der beiden wesentlichen Eigenschaften, womit der göttliche Gesetzgeber das große Sakrament ausstatten wollte zum Wohl der Familie ebenso wie der bürgerlichen Gesellschaft. Durch ein anderes Gesetz über das Kirchenvermögen legt die Revolution ihre Hand auf die letzten der Kirche noch verbliebenen Güter und dadurch, dass sie derselben Besitzungen entreißt, die kraft so vieler Rechtstitel unverletzlich und heilig sind, sucht sie die Tätigkeit derselben immer mehr zu beschränken und sie in Abhängigkeit zu halten. Bekannt sind die Taten, womit man in jüngster Zeit begonnen hat Hand an kirchliche Stiftungen zu legen, die man des religiösen Charakters berauben will, den die Frömmigkeit der Wohltäter ihnen aufgeprägt hatte. Unter leeren Vorwänden und mit schwerer Beleidigung der kirchlichen Obrigkeit unterwirft man dieselben der weltlichen Macht.

Aber wenn auch dies alles nicht wäre, wenn selbst der, welche in Rom die Gewalt in Händen hat, für die Kirche und ihr Oberhaupt die größte Rücksicht an den Tag legte, so ist doch nicht anzunehmen, dass darum die jetzige Lage des Papstes eine würdige oder wenigstens eine erträgliche werden würde. So lange es eine evidente und offenkundige Tatsache sein wird, dass Wir in Rom nicht in Unserer eigenen sondern in fremder Gewalt sind. So lange Unsere Freiheit und Sicherheit abhängen wird von Demjenigen, der tatsächlich in Rom gebietet und von Gesetzen, die stets wandelbar sind je nach den politischen Umständen und der sehr veränderlichen Stimmung der Mehrzahl, so lange wird die Lage des Papstes unerträglich sein. Und zu welchen Kunstgriffen man auch immer seine Zuflucht nehmen möge, um sie zu lindern, immer wird sie bleiben, was sie durch ihren wesentlichen Grundfehler ist, nämlich unvereinbar mit seiner Freiheit und Unabhängigkeit, die dem Oberhaupte der Kirche gebühren. Darum empfinden Wir es, wie die Pflicht immer mehr zunimmt, alle und jedes der hochheiligen Rechte des Apostolischen Stuhles unverkürzt zu wahren, sowohl gegenüber den trügerischen Kniffen wie der Gewalt. Und diese Pflicht wollen wir erfüllen mit Gottes Hilfe bis ans Ende. Aber bei dieser Aufgabe ebenso wie bei allen anderen, die Uns das Apostolische Amt auflegt, bedürfen wir des Beistandes des heiligen Kollegiums, fest vereinigt zu einträchtigem Handeln, damit Unsere Tätigkeit um so sicherer das angestrebte Ziel erreiche. Euer Beispiel wird nicht ohne Einfluss bleiben auf alle Diejenigen, welche wahre Söhne der Kirche sind, um sie folgsam und unterwürfig gegenüber der höchsten Obrigkeit zu erhalten, die ihnen den Weg des Heiles zeigen soll.

Mit diesen Gefühlen erteilen Wir gerne Ihnen, Herr Kardinal und dem gesamten heiligen Kollegium, den Bischöfen und Prälaten und allen hier Anwesenden als Unterpfand der auserlesensten Gnaden des Himmels des Apostolischen Segen.

1889

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo IV, 1895, S. 141-143, am 24. Dezember)

Mit dem größten Wohlwollen nehmen Wir die Glückwünsche an, die Uns das heilige Kollegium bei dieser so freudigen Gelegenheit des Weihnachtsfestes entgegen bringt und Wir erwidern sie Ihnen, Herr Kardinal, die Sie im Namen aller das Wort genommen haben, sowie auch allen Ihren Kollegen, mit den aufrichtigen Segenswünschen auch von Unserer Seite. Diese so enge Verbindung, die zwischen Uns und dem heiligen Kollegium der Kardinäle besteht und an die Sie so zeitgemäß erinnert haben, verlangt diese volle Übereinstimmung der Gesinnungen und Wechselseitigkeit der Gefühle, sowohl bei freudigen als traurigen Ereignissen. Nichts könnte für das Geheimnis, das Wir feiern, so passend, nichts dem Bedürfnis, das man fühlt, so angemessen sein, wie der Friedenswunsch, den Sie für Mich haben, die Wiederholung dieses Wunsches ist so süß in den Zeiten, in die unsere Wanderschaft fällt. - Zeiten nicht der Ruhe und des Friedens, sondern der Verfolgung und des Kampfes.

Die Kirche, ihr Wirken auf der Erde, ihr Priestertum, ihre Lehren, ihre geheiligten Rechte werden aller Orten und in Italien und in Rom noch mehr anderswo bekämpft, misshandelt und aus dem öffentlichen Leben verwiesen und zwar mit allen Mitteln, welche die menschliche Gewalt zu Gebote stehen und mit der raffiniertesten Schlauheit. Alle katholischen Institutionen in ihrer wunderbaren Mannigfaltigkeit, angefangen von jenen, welche direkt bestimmt sind, den heiligen Glauben in der Welt zu verbreiten und zu bewahren, bis zu jenen, deren Zweck es ist, dem vielfachen, menschlichen Elend zu Hilfe zu kommen, sind ins Auge gefasst mit der Absicht, sich ihrer zu bemächtigen und ihnen den religiösen und christlichen Charakter zu nehmen. Wir sprechen von allbekannten Dingen und jeder von euch umfasst in seinem Gedanken die zahlreichen Akte, welche von dem, was wir sagen den unwiderleglichen Beweis bilden. Wir würden nicht übertreiben, wenn wir beifügen wollten, dass der Kampf geradezu gegen Gott selbst gerichtet ist, gegen den die menschliche Vernunft sich tollkühn zu empören, den sie zu richten und gleichsam zum Weltkampf aufzufordern wagt. Diese teuflische Verwegenheit, ohnmächtig gegen Gott und seinen Gesalbten, richtet nun ihren tiefen Hass und den Ausbruch ihrer satanischen Wut gegen die Kirche Jesu Christi und deren Kinder.

Da nun die Dinge so weit gekommen sind, so ist es wohl überflüssig zu sagen, welches Unsere Lage sei und wie sich der Abgang jener wahren Freiheit und Unabhängigkeit, welche zur ungehinderten Ausübung des obersten Apostolates unerlässlich ist, von Tag zu Tag fühlbarer machen.

Inmitten einer solchen Bosheit der äußeren Feinde und so lange es Gott nicht gefällt, sie zu demütigen und niederzuwerfen, was kann erwünschter sein, als jener göttliche Friede, der den Menschen bei der Geburt des Friedenskönigs verkündet wurde, der die Frucht seiner Gnade und seiner Liebe ist und den man vergeblich bei der Welt suchen würde? Bei solchen wütigen Anstürmen der äußeren Feinde muss es außerordentlich tröstlich sein, wenn wenigstens im Innern, nämlich im Schoße der großen katholischen Familie allenthalben der Friede herrscht und zwar vermittelst der vollkommenen Einhelligkeit der Gedanken des Willens, des Handels, die aus allen Gläubigen, durch die gänzliche Harmonie zwischen dem Haupte und den Gliedern, gleichsam einen einzigen Leib bildet. Die Eintracht ist an sich selbst die beste Schutzwehr, die man dem Ansturm und der Hinterlist der Feinde entgegensetzen kann, verdoppelt und verhundertfacht die Kräfte, sie verleiht auch mitten unter den größten Gewalttaten der Seele eine heitere Ruhe und einen unbesiegbaren Mut.

Es ist eine große Gnade, dass ungeachtet der Anstrengungen, die man macht, das katholische Volk, wie Sie Herr Kardinal, gerade vorher bemerkten, mit seinen Hirten und durch diese mit den obersten Hirten und dem apostolischen Stuhl auf das innigste verbunden bleibt. Aber es ist notwendig, diese Bande immer fester zu schließen und unauflösbar zu machen. Es ist notwendig, die Völker zu treuer und standhafter Übung des christlichen Lebens zurückzurufen.

Diese Beweggründe haben uns den Gedanken nahe gelegt, an alle Unsere Brüder im bischöflichen Amte aufs Neue das Wort zu richten, was wir baldigst tun werden, um die großen Verpflichtungen in Erinnerung zu bringen, welche alle Katholiken, die im gesellschaftlichen Verband leben, die besondern Zeitverhältnisse auferlegen und die großen Gefahren, welchen ihr Glaube und mit dem Glauben ihr ewiges Heil ausgesetzt ist. Diese Pflichten sind: Die Liebe zur Kirche über alles andere irdische Gut, bewiesen durch Taten, das offene und mutige Bekenntnis des Glaubens, den uns Gott geschenkt hat, die Verteidigung und das Zunehmen desselben, soweit es die Umstände einem jeden gestatten, die volle Übereinstimmung der Gesinnungen durch die rückhaltlose Unterwürfigkeit aller unter die Bischöfe und durch die wechselseitige Liebe untereinander, ein Leben, das den Geboten Gottes und der heiligen Kirche, die alle in der Liebe kurz enthalten sind, vollkommen entspricht.

Wir haben den sehnlichsten Wunsch, dass Unser Wort wegen des guten Willens eines jeden und durch die vereinten Bemühungen aller in reichlichem Maße die kostbaren Früchte bringe, die wir erwarten. Es wird dies unser größter Trost sein, den uns in Mitte so vieler Bitterkeiten Unserer Kinder zu geben vermögen, indem Wir überzeugt sind, dass dies auch das wirksamste Mittel ist, den Tag der Erbarmungen, der Freiheit und des Friedens der Kirche schneller herbeiführen.

Indessen möge in diesen Tagen der Gnade und des Heiles für die großen Nöte der Kirche aus allen katholischen Herzen das Gebet inbrünstiger als je zum göttlichen Erlöser emporsteigen. Er der die Welt besiegt und die Hölle überwunden hat, möge sich würdigen, auch unsere so unglückliche Zeit, die unschätzbaren Früchte seines Sieges kosten zu lassen. Mit dieser Hoffnung sprechen Wir dem heiligen Kollegium der Kardinäle neuerdings Unsere besten Wünsche auch für das Neue Jahr aus und erteilen jedem von Ihnen, so wie allen hier anwesenden Bischöfen und Prälaten aus der Tiefe Unseres Herzens den Apostolischen Segen.

1890

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo IV, 1895, S. 226-229, am 23. Dezember )

Das heilige Kollegium konnte Uns keinen schöneren und den gegenwärtigen Bedürfnissen entsprechenderen Wunsch darbringen, als jenen, welchen Sie, Herr Kardinal, Uns soeben ausgedrückt haben. Indem Wir ihn mit lebhaftester Befriedigung entgegennehmen, senden auch Wir heiße Wünsche zum Himmel empor, auf dass er sich gnädig erweise und denselben in reichlichem Maße verwirkliche.

Jawohl, die Freude, welche der christlichen Welt gewöhnlich die Wiederkehr der der Geburt des göttlichen Erlösers geweihten Tage bringt, ist seit vielen Jahren getrübt durch die vielen und schweren Trübsale, welche die Kirche in der Welt leidet, ganz besonders bei denjenigen Nationen, über welche sie reichlicher ihre Wohltaten ergossen hat. O gäbe doch der Himmel, dass mit den reinen Freuden, in diesem Geheimnis der Liebe und des Heiles entquellen, die Welt von neuem durch jenen allgemeinen Frieden beglückt würde, dessen sie sich bei der Ankunft des Heilandes erfreute! Gäbe der Himmel, dass Hass und Argwohn gegen die Kirche schwinde und dass man ablasse, sie zu bekämpfen und man ihr die Freiheit gönne, der Erde den Trost ihrer übermenschlichen Kraft verkosten zu lassen.

Indessen auch mitten in der Wut des Kampfes gewährt der liebe Gott denjenigen Kraft und Stärke, die treu kämpfen für seine Sache. Und auch für Uns ist es in den Bitterkeiten der Gegenwart eine Freude und ein sehr großer Trost, wenn Wir sehen, wie die Katholiken, aufgeklärt durch unser Wort, erschüttert durch das, was täglich um sie herum geschieht, sich der Höhe der Gefahr bewusst zweigen und entschlossen den von Uns gewollten Weg betreten.

In dieser Hinsicht fühlen Wir Uns gedrängt, neuerdings bei Italien stehen zu bleiben, denn hier, dem Mittelpunkt des Glaubens und der göttlichen Religion, ist auch der Mittelpunkt der Feindseligkeiten und Angriffe des Gegeners. Diese Lage der Dinge legt den italienischen Katholiken besondere Pflichten auf. Auf welches Ziel man losgeht, welchen Weg man bereits zurückgelegt hat, auf was man auch gefasst machen muss, das haben Wir mit den eigenen Worten der Feinde in Unserer letzten Enzyklika ausführlich dargelegt. Jeder neue Tag bringt einen neuen Beleg für die Richtigkeit Unserer Vorhersehungen. Alles, was einen katholischen Charakter, einen katholischen Stempel trägt, ist der Ächtung verfallen, so dass man bereits den Hasse gegen die Katholiken als einen heiligen proklamiert hat und diese sich als die schlimmsten Feinde Italiens hingestellt und betrachtet sehen.

Der Feind Italiens ist also nicht derjenige, der auf so vielerlei Weise die Irreligiosität unter das Volk sät und ihm mit gottesräuberischer Hand die unermesslichen Wohltaten zu rauben wagt, welche die Frucht der Liebe Jesu Christi und seiner Kirche sind. Der Feind ist auch nicht derjenige, der sich zum Lehrer und Verbreiter der Sittenlosigkeit unter den Massen macht, noch auch derjenige, der die verkehrtesten Leidenschaften entfesselt und das Joch jeder Autorität abzuschütteln anleitet. Auch nicht derjenige, welcher die Nation auf einen Weg treibt, der sie unfehlbar ins Unglück, zum Verfalle und Gott weiß zu welchen Katastrophen führt - sondern im Gegenteil, der Feind Italiens ist derjenige, der, ohne seine Größe irgendwie, auch nur in politischer Hinsicht zu bekämpfen, vor allem seinen alten Glauben und seine religiöse Einheit, die erste Quelle seiner Wohlfahrt erhalten will. Der Feind ist derjenige, der überall die Heiligkeit der Sitten blühen sehen will, der will, dass man der alles überflutenden Zügellosigkeit einen Damm entgegensetzte. Der ist der Feind Italiens. Eine so tiefgreifende Ideenverwirrung scheint unglaublich zu sein. Aber es ist eine Tatsache, dass viele so denken und dass man diese Sprache tagtäglich vernehmen kann. Am eisten Erstaunen erregt es aber, dass bei den gutgesinnten Italienern, die nicht vom Freimaurergeiste erfüllt sind, durch die politische Leidenschaft die Einsicht so dicht verschleiert ist, dass sie mit gleichgültigen Blick die Geschicke der Nation auf einer ihren schönen Überlieferungen und ihrer ruhmvollen Geschichte ganz und gar entgegengesetzten Grundlage gebaut sehen.

Wir begreifen nicht, wie so viele Männer, die aufrichtig das Glück und die Größe ihres Vaterlandes wünschen, es nicht bemerken, dass diese Güter nicht nur vereinbar sind mit der Ehrfurcht vor der Kirche und dem Gehorsam gegen den römischen Papst, sondern dass der beste Weg, dieselben zu erlangen, darin besteht, mit diesen in Frieden zu leben.

Bei diesem großen Umsturz, der die Geister aufregt und verwirrt, ist es Pflicht der Katholiken, in ihren Grundsätzen fest zu bleiben und in Eintracht und Disziplin der Verwegenheit der Sekten allen Widerstand zu leisten, dessen sie fähig sind. Es handelt sich nicht darum, die Rechte irgend jemandem anzugrreifen. Die Kirche achtet sie mehr als sonst jemand und schärft ihren Kindern ein, sie zu achten. Vielmehr hat die Kirche Grund, sich zu beklagen, sie, welche seit langem die heiligsten Rechte der Religion und des christlichen Gewissens auf tausenderlei Weise verletzt und unterdrückt sieht. Es ist dies also ein rechtmäßiger Verteidigungskampf und vergebends versucht man den Charakter dieses Kampfes zu entstellen, indem man demselben menschliche Interessen und politische Zwecke unterschiebt, als ob es sich nicht nur um eminent religiöse Interessen handelte, auch dann, wenn von Uns die päpstliche Souveränität zum Schutz der Unabhängigkeit des Oberhauptes der Kirche und seiner Freiheit zurückverlangt wird. So möge man sich denn durch solche Fallen nicht fangen noch auch durch Drohungen sich einschüchtern lassen. Die einsichtigen und in die Zukunft blickenden Männer werden sagen, dass die Katholiken, indem sie die Sache der Religion und der Kirche hochhalten, auch dem Vaterland den ausgezeichneten Dienst erwiesen haben.

In diesen Gefühlen erwidern Wir bestens die Wünsche des heiligen Kollegiums und rufen auf dasselbe die göttlichen Gnadenbezeugungen vom Himmel herab, deren Unterpfand der Apostolische Segen sei, den Wir vom Grunde des Herzens allen und jedem seiner Mitglieder, wie auch den Bischöfen, Prälaten und allen Anwesenden erteilen.

1891

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo V, 1895, S. 63-66, am 23. Dezember )

Der Glückwunsch, den Uns das heilige Kollegium aus Anlass der Widerkehr des lieben Weihnachtsfestes darbringt, kann Unser Herz nur aufs Höchste erfreuen. Dass die Unterweisungen, welche von diesem Heiligen Stuhl ausgehen, mit Ehrfurcht entgegen genommen und getreu ins Werk gesetzt werden, dass der Feind verhindern möge, Unkraut in das katholische Ackerfeld zu säen: das ist einer der der innigsten Wünsche Unserer Seele. Möge das göttliche Kindlein in dem Übermaß der Liebe, die aus dem freudenvollen Geheimnis seiner Geburt wiederstrahlt, sich würdigen, diesen Wunsch zu erfüllen.

Wir wünschen dies insbesondere im Hinblick auf die Arbeiterfrage, welche Sie Herr Kardinal zum Gegenstand Ihrer Rede gemacht haben. Als Wir Uns anschickten, das heikle Thema zu behandeln, betreffs dessen die Meinungen der Soziologen und Gelehrten so geteilt sind und welches seiner Natur selbst wegen und wegen der zahlreichen neben- und gegeneinander laufenden Interessen, sowie auch wegen der Bösartigkeit der menschlichen Leidenschaften überaus schwierig zu behandeln ist, da gehorchten Wir einer heiligen Pflicht Unseres apostolischen Amtes und dem lebhaften Wunsch, einem so großen Teil der leidenden Menschheit nützlich zu sein. And er Hand der evangelischen Lehren schlugen Wir in Unserer Enzyklika die richtige Lösung des Problems vor; allein Wir wollten damit keineswegs Unserer Aufgabe erschöpft zu haben. Da sich eben zurZeit des Erscheinens Unserer Enzyklika zuerst in Frankreich zwischen Arbeitgebern un Arbeitern eine erfreuliche Bewegung gegen den Heiligen Stuhl bemerkbar machte, so nahmen Wir Uns vor, Nutzen aus derselben zu schöpfen zum Zweck der leichteren und vorteilhafteren Anwendung Unserer Unterweisungen. Auf dieses Ziel waren auch die Worte gerichtet, welche Wir zu den zuerst angekommenen französischen Pilgergruppen sprachen und ebenso der väterliche Empfang, den Wir denselben bereiteten. Wir hätten ganz dasselbe auch denjenigen gegenüber getan, welche zunächst h#tten kommen sollen, sowie in weiterer Folge auch gegenüber den Pilgern der übrigen Nationen, welche den französischen gefolgt wären. Denn wie zu Unserer Kenntnis gelangt war, begann diese erfreuliche Bewegung in verschiedenen Ländern Europas und auch Amerikas insbesondere in Kanada unter den arbeitenden Klassen, welche den Wunsch hatten, in diese Stadt zu kommen, um Unser väterliches Wort zu hören, zu erwachen. Aber plötzlich und in der unwürdigen Weise, welche alle kennen, und an welche hier zu erinnern wohl unnütz ist, ward diese Bewegung aufgehalten und wurden diese Arbeiter-Pilgerzüge unterbrochen.

Was aber, so fragen Wir, was hatten die menschliche Gesellschaft, was haben denn diejenigen, die sie regieren, zu fürchten von den Scharen, welche voll Ehrfurcht hierher kommen, um dem Statthalter Jesu Christi ihre Huldigung darzubringen? Möchten sie vielmehr jene fürchten, welche der Kirche und dem Papst fern stehen, deren Unterweisungen verachten und ihre Autorität schmähen. Unter diesen befinden sich die Aufrührer, die Störer der Ordnung die verwegenen Aufwiegler des Volkes, welche die Fundamente aller bürgerlichen Gemeinschaft erschüttern, nicht aber unter jenen, welche dem Papst folgen und ihn hören. Das Wort des Papstes ist immer ein Friedenswort, ein Wort der Gerechtigkeit und Liebe, es ist ein Wort, welches ohne Unterschied Heren und Arbeiter an ihre Pflichten gegen einander und gegen die menschliche Gesellschaft erinnert, welches ihnen einschärft, sich nicht gegenseitig zu bekämpfen, sondern in Eintracht zu leben, sich beizustehen und einander zu lieben wie Brüder und welches ihnen den Weg hierzu zeigt. Es ist ein Wort, welches, wenn es auch nicht unterlässt, von Zeit zu Zeit die ihm gebührenden Rechte zu verlangen und für sich eine wahre Unabhängigkeit zu fordern, gerade auch damit der Sache der Ordnung und des Friedens einen hervorragenden Dienst leistet. Aber so ist es: die geschworenen Feinde des Papsttums sind eben eifersüchtig gegen seine Größe und erfüllt von dem Verlangen, es um jeden Preis gedemütigt und unterdrückt zu sehen, feinden sie alle Unternehmungen, auch die edelsten und wohltätigsten an, sobald sie nur sehen, dass wodurch eben dieses Papsttum an Ruhm und Ansehen gewinnen und sein Einfluß in der Welt mehr verbreitet werden könnte.

Dasselbe geschieht mit der Abschaffung der Sklaverei. Gibt es noch in schöneres und würdigeres Unternehmen unserer Zeit und verdient noch irgend ein anderes größere Sympathie und in erhöhtem Maße das Zusammenwirken der ganzen zivilisierten Welt? Welche Ehre für unser Jahrhundert, alle Nationen um dieses erhabenen Zweckes willen den politischen Wettstreit, der sie trennt, verlassen und sich einmütig die Hände reichen zu sehen zu dem Zweck, den wilden Völkern, welche über den unermesslichen Boden Afrikas hin zerstreut leben, die Wohltaten der wahren Zivilisation zu bringen? Wir glaubten, dass die Kirche und das Papsttum einen ganz besonderen Anteil an diesem Unternehmen haben sollte und Wir bemühen Uns daher, es zu fördern mit allen Mitteln. Wir taten dies, weil es ein hervorragend moralisches und christliches Werk ist, sondern auch, weil wir wussten, dass es ohne die Mitwirkung der Kirche zu seinem günstigen und dauernden Erfolg geführt werden würde. Die materielle Macht wird wohl tatsächlich die Ketten der Sklaven brechen, den Sklavenhandel und die Sklavenmärkte, welche ein wahre Schande der Menschheit sind, verhindern können, aber einzudringen in ihre Seelen, sie herauszuheben aus der Unwürdigkeit des Sklaventums und dass sie die Würde des Menschen kennen und die Freiheit der Kinder Gottes empfinden lernen, kann nur das Werk der Missionare und die Frucht der frohen Botschaft Jesu Christi sein. Allein eben weil die Abschaffung der Sklaverei in hervorragender Weise von der Kirche begünstigt wird und weil dies geeignet wäre, dem römischen Papsttum zur großen Ehre zu gereichen, fanden sich solche, welche das Werk allerdings nicht direkt anzugreifen wagten, denn das wäre eine allzu große Schande, die aber die Mitwirkung der Kirche als zweck- und nutzlos hinstellten und dieses Werk außerhalb deren wohltätigen Einfluss fortzusetzen rieten. Solches vermag in den Seelen die politische Leidenschaft und der Seelenhass anzuregen! - Wie dem jedoch immer sei, das römische Papsttum wird auch unter Widerspruch und Hindernissen fortfahren, seine providentielle Mission, seine Mission des Friedens, der Rettung und Erlösung auch zum Nutzen derer auszuüben, die es bekämpfen.

Mit diesen Gefühlen bringen auch Wir dem heiligen Kollegium Unsere Glückwünsche dar und erflehen demselben vom Himmel eine Überfülle der ausgewähltesten Gnaden. Möge das Unterpfand hierfür der apostolische Segen sein, den Wir aus dem Grund Unseres Herzens allen Mitgliedern des heiligen Kollegiums und ebenso den Bischöfen, den Prälaten und allen übrigen Anwesenden erteilen.

1892

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo V, 1895, S. 138-141, am 23. Dezember ).

Angesichts des herannahenden Jubeljahres Unserer bischöflichen Konsekration mehr als je von dem Gedanken an die Rechenschaft ergriffen, die Wir dem ewigen Hirten der Seelen abzulegen haben, möchten Wir wohl, dass Gott gnädiglich sich herab neige, um die heutigen Wünsche des heiligen Kollegiums zu segnen und zu erfüllen, besonders hinsichtlich jenes �Teiles, der sich direkt auf Unsere Person bezieht, sondern auf das hohe Amt, mit dem Wir bekleidet sind. Würde es dem Herrn gefallen, diesem jene reichlichen Früchte zu gewähren, die uns soeben gewünscht worden, so wären Unsere höchsten Absichten erreicht und hätten Wir die festeste Krone erlangt, die man für die Mühsale eines schon langen Pontifikates wünschen kann. - Wenn aber Uns das Werk des Pflanzens und Begießens obliegt, so gehört das weit größere der Befruchtung ganz allein Gott an, der sich das Wie und Wann vorbehält. - Inzwischen nimmt wie Sie Herr Kardinal gesagt haben, der Sturm zu. Ja so ist es. Wenn man auch nur ein wenig das gegenwärtige Europa von der sittlich-religiösen Seite betrachtet, so ist das Wüten eines zerstörenden und unheilvollen Sturmes nur allzu sichtbar. Und dieses Unheil und diese Zerstörung wird kein Ende, noch wirksame Heilung finden, außer mittelst der wiederherstellenden Kraft eben jener göttlichen Anstalt, die man Übelberatenerweise zur Zielscheide der ärgsten Unbilden gemacht hat. - Unter diesen Umständen verstärken wir, eingedenk des Auftrages, den Jesus Christus dem heiligen Petrus und den übrigen Aposteln gegeben: "Gehet hin … und lehret alle Völker", Unsere Sorgfalt für das Heil aller Völker. - Doch Amtspflicht und aufrichtige Vaterliebe bewogen uns, neuerdings in besonderer Weise den Blick auf den moralischen Zustand unserer Halbinsel zur richten, wo unter der rauchenden Asche der politischen Umwälzungen seelenmörderische Pläne geschmiedet werden und zwar hauptsächlich durch das Treiben eines bösartigen Bundes, der kein wahrer Freund des Volkes ist, noch je sein kann, weil er der Feind Gottes ist. Wir haben längst die finsteren Absichten und hinterlistigen Umtriebe des Freimaurerbundes aufgedeckt. Nichtsdestoweniger haben Wir für gut erachtet, in diesen letzten Tagen neuerdings in derselben Absicht die Stimme zu erheben in Anbetracht dessen, dass die verruchte Sekte nunmehr freies Feld hat, Geister und herzen zu verderben, ebenso hartnäckig und verstockt wie der Geist des Bösen, der sie erzeugt hat. Sie wäre sicherlich minder unheilvoll, wenn sie keine anderen Stützen als ihre eigenen Kräfte hätte. Allein sie findet bei den Regierenden leider Gunst und Unterstützung zum großen Unglück einer nicht nur getauften, sondern von Gott vor allen bevorzugten Nation. Lasset diese Unserm Herrn doppelt teure Nation immerhin glücklich und groß werden. Spornt sie an, so viel noch beliebt, gleichen Schrittes mit den übrigen gebildeten Völkern einem vernünftigen zivilisatorischen Fortschritte zuzustreben. Aber ach! berührt seinen Glauben und die diesen belebenden Einrichtungen nicht, überliefert unser heiliges Erbe in die Hände einer das Heilwort Christi, des Erlösers entweihenden Sekte. Und dies umso mehr, weil, wenn sie einerseits einen erbarmungslosen Krieg gegen die geistliche Ordnung führt, sie anderseits logischerweise die Grundlage der bürgerlichen Ordnung erschüttert. Denn es wäre vergeblich zu leugnen, das die maurerischen Lehren und Einflüsse in Folge Hinwegräumung jedes religiösen Zügels allen untergeordneten Neuerungsbestrebungen des Volkes reichen Nahrungsstoff bieten. - Es gibt allerdings eine von den vom Glück minder begünstigten Klassen mit Recht verlangte, der Vernunft und Gerechtigkeit entsprechende Befreiung. Doch auf diese spielen wir nicht an, wohl aber auf jene geistige Bewegung, die unter Begünstigung durch die Seele auch unter uns von einer Gegend sich in eine andere verbreitet und dahin zielt, die gegenwärtige öffentliche Ordnung zu zerstören und eine völlig andere auf neuen Grundlagen zu errichten. Nun wohl, inmitten solcher Gefahren, wann die Begehrlichkeit der extremen Parteien immer drohender wird, ist es schmerzlich zu sehen, wie man fortwährend die Kirche anfeindet und dieser Mutter der erlösten Völker misstraut. Und doch kann ihre wesentlich auf die Heiligung der Einzelnen gerichtete Tätigkeit nur eine Bürgschaft der Ordnung nun eine Schutzwehr für die Sicherheit der Staaten sein. Es ist also keine politische Klugheit, sie zurückzuweisen oder ihre Freiheit zu mindern, ihre Wohltaten zu verkennen ist Undank.

Für die Braut Christi ist die menschliche Undankbarkeit übrigens nichts Neues. Sich ihrer Pflichten und Rechte bewusst, die sie von oben empfangen, erfüllt sie heiter und ruhig ihre mühselige Pilgerfahrt, liebreich besorgt, die Einzelnen wie die Gemeinschaften zu leiten und zu erleuchten, die sie in Zeit und Ewigkeit retten will. - Was Uns betrifft, so werden Wir in diesem Rettungswerk fortfahren, so lange es dem Himmel gefällt, alle Mittel anzuwenden, die Gott in Unsere Hand gelegt: Das Wort, die Hohheit der Stellung, die Autorität des Befehles, die Unbeugsamkeit der Pflicht, indem Wir Uns alles versprechen nicht von Unseren geringen Kräften, sondern von jener übermenschlichen Macht, sie seit neunzehn Jahrhunderten das Heil mitten auf Erden wirkt und nicht geändert noch veränderlich ist.

Möge Gott der Allmächtige sich würdigen, wie Wir ihn demütig bitten, seine Segnungen über Rom und die Welt reichlich zu ergießen und die Menschengeschlechter zum gesunden Sinn und zur Friedfertigkeit zurückrufen - er, der seine Geburt dem Fleische nach unter dem Titel "Friedensfürst" prophezeien lassen wollte. Dem heiligen Kollegium lebhaft dankend für die liebevollen Gesinnungen, die es Uns bezeugt, wünschen Wir ihm hienieden alles Wünschenswerte Gute und erteilen jedem Mitglied desselben, wie auch den Bischöfen, den verschiedenen Prälaten und allen hier Anwesenden den Apostolischen Segen.

1893

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo V, 1895, S. 228-230, am 23. Dezember).

Zahlreich und hervorragend sind ohneZweifel die Wohltaten, die Wir der liebevollen göttlichen Vorsehung verdanken und es ist uns lieb Herr Kardinal, dass auch das heilige Kollegium dieselben mit Uns anerkennt und dafür Gott Dank und Lob sagt, Denn Unser Lob und Dank allein wöre zu gering für eine solche Fülle von Barmherzigkeit. Es ist die Hand des Herrn, die Uns noch in so hohem Alter gesund erhält, die Uns den überaus großen Trost gewährt, die Ergebenheit der Völker gegen den Apostolischen Stuhl durch seine Gnade lebendig zu sehen, die Uns nicht zagen lässt inmitten der Sorgen eines Amtes, das auch in minder schwierigen Zeiten und Umständen eine allzu schwere Last für Unsere Schiltern wäre. Während Wir indessen darauf bedacht sind, die gewichtigen Pflichten desselben nach Maßgabe Unserer Kräfte zu erfüllen, wäre Uns nichts erwünschter als das, was auch Sie Herr Kardinal soeben in Ihrem Glückwunsch gesagt haben, nämlich gleich manchen Unserer Vorgänger in wirksamer Weise Spender und Bringer des Friedens für Europa und die Welt sein zu können.

Es is ja sicher, dass Wir schon durch die Beschaffenheit Unseres hohen Amtes dessen autorisierter Förderer und Verkünder sind. Denn der Friede sowohl im einzelnen Menschen als in den menschlichen Gemeinschaften ist ein Kind der Gerechtigkeit und die Gerechtigkeit lebt nur aus dem Glauben: "Der Gerechte lebt aus dem Glauben." Da nun das christliche Hohepriestertum der unfehlbare Hüter des Glaubens und der oberste Schützer aller Gerechtigkeit ist, so ist es folgerichtig ein Apostolat der Einigung und des Friedens. Gebet diesem Apostolat das seine Sendung von oben hat seien Lauf. Nehmt ohne Argwohn das Wort auf, das es zu Euch spricht. Lasset es dringen in das freie Gewissen des Bürgers, in den Verband der Familie, in die Leitung der Staaten. Ihr werdet bald erblühen sehen Ruhe und Ordnung, das größte Sehnen und oberste Bedürfnis der Völker. Der innere Grund der gegenwärtigen trüben Zeiten ist vornehmlich in der Schwächung des religiösen Glaubens zu suchen. Wenn das Auge des Geistes den Himmel aus dem Auge verloren hat, dann heftet es ich ganz auf die Erde, dann schwindet die Liebe, welche einigt und überwiegt die Selbstsucht, welche trennt., Daher kommen die verhängnisvollen Zwistigkeiten, verdeckt durch trügerischen Schein, die gegenseitige Eifersucht und der zügellose Ehrgeiz, die wachsende Unruhe in allen gesellschaftlichen Schichten, die Neuerungssucht, die überall hervortritt, voll von Gefahren und Kämpfen.

In dieser Lage fühlen Völker und Nationen instinktiv das Bedürfnis nach Frieden und suchen ängstlich nach ihm. Aber der wahre Friede kommt nicht, weil sie zu sehr denjenigen vergessen zu haben, der allein ihn geben kann. Sollte also kein religiöses Erwachen zu hoffen sein, das ruhigere Tage verspräche ? O ja, es ist zu hoffen und zwar fest zu hoffen, weil Jesus Christus die Menschheit nicht verlässt, die er erlöst hat. So wie der Geist Gottes am ersten Ta der Schöpfung über den Wassern schwebte und sie befruchtete, so wird Er in dem von seiner Barmherzigkeit bestimmten Augenblick auf die menschlichen Geschlechter herabsteigen und mittelst seiner Kraft und Wirksamkeit der Kirche die erstickten oder halb toten Keime des göttlichen Glaubens wieder beleben. Mit diesem süßen Vertrauen im Herzen empfangen Wir die liebreichen Gesinnungen, die Uns das heilige Kollegium vorher durch den Mund seines würdigen Dekans ausdrückte. Und Wir werden dagegen an den erhabenen und lieblichen Festen dieser Tage das glückliche Kind bitten, über das heilige Kollegium seine himmlischen Gnadengaben reichlich ausgießen zu wollen. Inzwischen erteilen Wir als Unterpfand der väterlichen Liebe demselben, den Bischöfen, den verschiedenen Prälaten und allen hier Anwesenden von Herzen den Apostolischen Segen.

1894

(Quelle: Leo XIII., Lumen de coelo VI, Verlag St. Norbertus Verlag Wien 1903, S. 81-83, am 23. Dezember )

Die Wünsche, welche Uns das heilige Kollegium der Kardinäle durch den Mund seines würdigen Dekans bei Wiederkehr der freudenreichen Weihnachtsfeiertage soeben ausgedrückt hat, entsprechen ganz Unseren Herzen. Und indem Wir dieselben dankbar entgegennehmen, erheben Wir die Augen zum Heiland der Welt und flehen ihn demütig an, er möge um der erhabenen Geheimnisse willen, die wir in diesen Tagen zu feiern im Begriffe sind, sich würdigen, sie mit seiner Gnade zu kräftigen und vollständig erhören.

Unter diesen so angenehmen Wünschen verweilen Wir am liebsten bei demjenigen, nach welchem es Uns gestattet sein möge, die christliche Zivilisation bei den Völkern blühen und das Reich Gottes auf Erden verbreitet zu sehen. Eben diesem hochedlen Ziel, in dem, wenn man richtig urteilt, unschätzbare Güter zusammengefasst sind, widmeten Wir seit mehr als fünfzehn Jahren unermüdlich den besten Teil Unserer apostolischen Sorgen und dankbar bekennen Wir es, der Segen des Himmels wurde Uns hierbei reichlich zu teil, ein Segen, der Uns jetzt neuen Grund zu Trost und Hoffnung bietet. Unser Wort bezieht sich hauptsächlich auf jenes heilsame und so sehr erwünschte Erwachen des religiösen Glaubens, das bei verschiedenen Nationen sich vollzieht und kundgibt. Seit Jahrhunderten waren sie schon vom Glauben begünstigt und mit erlesensten Wohltaten überhäuft. Doch leider, vergessend sein Werk der Wiedergeburt, standen sie in der Folge nicht an, denselben zu befehden und zu verleugnen. Nun geschieht es durch den Ratschluss der Vorsehung, dass sie infolge der Enttäuschungen, der Unglücke, der wachsenden sittlichen und gesellschaftlichen Gefahren zu sich kommen und einsehen, welch überaus große Unverständigkeit darin liegt, das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit hintansetzen und zu verschmähen. Sie begreifen, dass sowie die Individuen die Staaten sich vergeblich abmühen, Wohlfahrt, Glück und Vervollkommnung zu erlangen, wenn sie dieselben nicht in dem obersten Urheber, Lenker und dem letzten Ziele der ganzen Schöpfung suchen. Sie sehen, dass, wenn man den Glauben an Gott weggeworfen, weder Pflichtbewusstsein noch bürgerliche Tugenden Bestand haben und dass auch Gesetze und strenge Maßregeln nicht genügen, die Gemüter zurückzuhalten, die Massen zu bändigen, ja, sie eher noch mehr erbittern.

Wer gewahrt nicht bei dieser offenkundigen Lage der Dinge die höchste Wichtigkeit des einmütigen Zusammenwirkens aller, damit dieses Erwachen, diese Auffrischung des christlichen Glaubens sich frei entfalte und kräftig eindringe in alle Adern des öffentlichen und Privatlebens? Ach möge Gott seine unwürdiger Weise entzogene Ehre wieder erwiesen werden! Möge sein Name mit Ehrfurcht genannt werden in den Hallen der Gesetzgebung, an den Universitäten, in den Akademien, in den Vereinen, in den Familien. Möge er von denen, deren Pflicht es ist, zurückgegeben werden den Truppen, den Schulen, den Werkstätten, den Volksmassen, die nach ihm dürsten. Wo der Glaube an Gott fest, eingewurzelt und die Gesellschaft ganz von seinem Geiste beseelt ist, da wird der Mensch gleichsam zu neuem Leben erweckt, da strebt er nach edlerem Ziele, da geht er sicher an die Erforschung der höchsten Wahrheiten, da schmückt er sich mit auserlesener Bildung und stählt sich zu hochherzigen Tugenden, die im irdischen Leben ihn vervollkommnen und zur Erlangung des himmlischen ihn anleiten. Das ist die glückliche Zivilisation, die das fleischgewordene Wort Gottes dem menschen gebracht hat.

Doch Sie Herr Kardinal haben Uns in Ihrer hervorragenden Frömmigkeit vom Geheimnis zu Bethlehem zum Geheimnis der heiligen Altäre versetzen wollen. Sie haben an die Eucharistie erinnert, in der eben das Leben des Christentums sich konzentriert und beständig nährt, die da ist das Sakrament der Einigkeit, des Friedens und der Liebe. Sie haben auch der eucharistischen Kongresse gedacht, die bestimmt sind, den eucharistischen Kult zu beleben und zu befördern. Über dies alles sind Wir höchst erfreut und es tröstet Uns der Gedanke an derartige Versammlungen, die von Uns stets begünstigt wurden und die nun in den letzten Jahren bei verschiedenen Nationen abgehalten worden sind. Denkwürdig bleibt der von Jerusalem, der bevorrechteten Stadt, der hochbeglückten Zeugin der Einsetzung dieses Sakramentes und in unserem Italien zuerst der von Neapel und vor kurzem der von Turin, die mit großer Pracht und Feierlichkeit abgehalten wurden, Mailand gedenkt jetzt das Beispiel nachzuahmen. Es ist recht so. Die Dankbarkeit verlangt, dass die Mittel verdoppelt werden, die Unbilden zu sühnen, die der Gottmensch in diesem unaussprechlichen Geheimnis erleidet und ebenso verlangt, es die Notwendigkeit, dass man mit unendlichem Vertrauen an sich wende, um die Fülle der göttlichen Erbarmungen zu erflehen.

Und nun wünschen Wir dem heiligen Kollegium als Vergeltung der liebevollen Gesinnungen, die es für Unsere Person hegt, vom göttlichen Kind das Vollmaß der wünschenswertesten Güter und erteilen ihm wie auch den Bischöfen, Prälaten und allen hier Gegenwärtigen den Apostolischen Segen.