Venite seorsum (Wortlaut)

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Instruktion
Venite seorsum

Kongregation für die Ordensleute und Säkularinstitute
im Pontifikat von Papst
Paul VI.
über das beschauliche Leben und die Klausur der Nonnenklöster
15. August 1969

(Offizieller lateinischer Text: AAS 61 [1969] 674-690)

(Quelle: Nachkonziliare Dokumentation – im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, Band 23, lateinisch und deutscher Text, S. 30-79, Paulinus Verlag Trier 1970; Imprimatur Nr. 37/70 Treversis, die 8 m. iulii 1970)

Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Die Instruktion führt das Bemühen des II. Vatikanums um die Erneuerung des Ordenslebens weiter

"Kommt mit an einen einsamen Ort" (Mk 6, 31). Viele haben auf diese Einladung gehört und sind Christus in die Einsamkeit gefolgt, um dort den Vater anzubeten.

Der Antrieb des Heiligen Geistes<ref>VgI. Pachomius, Koptische Lebensbeschreibungen, Cod. Bo nr. 17 (Tb. Lefort [1943] 91); vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes Nr. 38, vgl. Mt 4,1.</ref> bewog sie zur Gründung von Instituten, die ganz für die Beschauung bestimmt sind. Unter diesen nehmen die Klöster der Nonnen einen hervorragenden Platz ein.

Immer hat die Kirche diesem, wie der heilige Cyprian sich ausdrückt, "erlesenen Teil der Herde Christi"<ref>Cyprian, über die Haltung der Jungfrauen 3, PL 4,455.</ref> aufmerksame und mütterliche Sorge zuteil werden lassen; vor allem hat sie deren Trennung von den Umtrieben der Welt durch vielerlei Vorschriften über die Klausur geschützt.<ref>Schon vom 6. Jahrhundert an. VgI, Caesarius von Arles, Statuta sanctarum virginum 1 (ed. G. Morin, Florilegium Patristicum 34 [1933] 5), von Papst Hormisdas (514-523) bestätigt (bei G. Morin a. a. O. 28-30), ältere Ausgabe PL 67, 1107; Synode von Epao (517), c. 38, CC sero Lat. 148 A, S. 34; vgl. Bonifaz VIII., Konstitution Periculoso (1298); Konzil von Trient, sess. 25, Dekret über die Ordensleute c. 5; CIC cc. 597-603 u. 2342; Pius XII" Apost. Konstitution Sponsa Christi (AAS 43 [1951] 5-24); Kongregation für die Ordensleute, Instruktionen Inter praeclara (AAS 43 [1951] 37-44) und Inter cetera (AAS 48 [1956] 512-526).</ref> Auch das Zweite Vatikanische Konzil hat ihm seine Aufmerksamkeit geschenkt.<ref>Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordensiebens Art, 16: "Die päpstliche Klausur der Nonnen des rein beschaulichen Lebens soll nicht angetastet werden. Sie ist aber den zeitbedingten und örtlichen Umständen anzupassen; dabei sind überlebte Gebräuche abzuschaffen, wozu aber die Wünsche der Klöster selbst gehört werden sollen."</ref>

Es ist die Absicht dieser Instruktion, das Bemühen (des Konzils) fortzusetzen und deshalb Richtlinien zu erlassen, durch welche die Klausur der ganz der Beschauung lebenden Nonnen für die Zukunft geregelt werden soll. Doch sollen zuerst einige grundlegende Überlegungen über die Klausur vorausgeschickt werden.

I. Das Leben in Weltabgeschiedenheit ist eine besondere Form, das österliche Christusmysterium zu leben

Die Zurückgezogenheit von der Welt, um in der Einsamkeit ein Intensiveres Gebetsleben zu führen, stellt eine besondere Form dar, das österliche Christusmysterium zu leben und zum Ausdruck zu bringen: Tod um der Auferstehung willen.

Dieses Mysterium wird in der Heiligen Schrift als Durchgang oder Auszug beschrieben. Der Durchgang war schon in der Geschichte Israels das Hauptereignis und die Grundlage seines Glaubens<ref>Vgl. den Dekalog (Ex 20,2 f,): "Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus dem Ägypterlande, dem Sklavenhause, herausgeführt hat"; den Bund von Sichem (Jaus 24,16 f.): "Das sei uns fern, Jahwe zu verlassen, um anderen Göttern zu dienen! Jahwe, unser Gott, er ist es, der uns und unsere Väter herausgeführt hat aus dem Lande Ägypten, dem Hause der Knechtschaft, der vor unseren Augen dies große Wunder gewirkt und uns auf dem ganzen Weg beschützt hat, den wir gezogen sind, und unter allen Völkern, durch die wir gegangen sind," Der Götzendienst besteht in der Behauptung (der Israeliten vor dem goldenen Kalb): "Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägypten herausgeführt hat" (Ex 32, 4); ähnliche Formulierungen kehren häufig wieder.</ref> und seiner engeren Lebensgemeinschaft mit Gott.<ref>So aus dem Gebet Israels, wie aus den Psalmen entnommen werden kann. Auch die liturgischen Festfeiern waren jährliche Gedenktage der Ereignisse während des Auszugs (aus Ägypten). Der Bund oder das Testament wurde in der Wüste während des Auszugs geschlossen. In den durch die Sünden verursachten Notlagen gedachte Israel der Wunderzeichen Gottes und setzte seine Hoffnung auf sie, da der unveränderliche Gott immer die Macht hat, die gleichen Wunder zu wirken. VgI. Deut 20,1; Is 43,16-21; 63,10-14; Bar 2,11; Sirach 36,5. Aber nochmals muss die läuternde Wüste durchzogen werden (Os 2,16-25); dann handelt es sich aber nicht mehr um die feindlichen Völker von außen, sondern um die Knechtschaft der Sünde: Der wahre Auszug ist die Umkehr des Herzens.</ref> Die Kirche sieht in ihm ein Vorbild der christlichen Heilsordnung.<ref>Zweites Vatikan. Konzil, Erklärung Nostra aetate über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen, Art. 4: ,,(Die Kirche) bekennt, dass alle Christgläubigen als Söhne Abrahams dem Glauben nach (vgl. Gal 3,7) in der Berufung dieses Patriarchen eingeschlossen sind und dass in dem Auszug des erwählten Volkes aus dem Lande der Knechtschaft das Heil der Kirche geheimnisvoll vorgebildet ist." VgI.1 Kor 10, 11: "Das alles widerfuhr jenen in vorbildlicher Weise und wurde zur Warnung für uns aufgeschrieben, zu denen das Ende der Weltzeiten gekommen ist." Und Irenäus, Adv. haer. IV 30,4: "Die ganze Wanderung des Volkes Gottes aus Ägypten war ein Vorbild der Wanderung der kommenden, aus den Heiden genommenen Kirche" (BKV 4 [1912] 422; Sources Chrétiennes 100 [1965] 784).</ref> Es ist bekannt, wie sehr die Liturgie und die Väter -wie schon die Apostel und die Evangelisten - auf das biblische Thema des Auszugs zurückgriffen, um das christliche Heilsmysterium zu verstehen und zu verkündigen.<ref>Nach dem Neuen Testament: A) Christus verwirklicht den neuen Auszug: Mt 2,15; 4,4 (vgl. Ex 16); 4,7 (vgl. Ex 17); 4,10 (vgl. Deut 32,48-53); 5,21-22 ff.; 11,10 (vgl. Mal 3,1-2 u. Ex 23,20); 26,28 (vgl. Mk 10,38; Ex 24,8; Hebr 9,18-28). -Lk 9,31; 12,50 (Mk 10,38, vgl. 1 Kor 10,2). - Joh 1,17; 3,14; 6,31-33.49 f. 58; 7,37-39 (vgl. Ex 17,1-7); 19,36. B) ist das christliche Leben als solches ein neuer Auszug: 1 Kor 10,1-11; 2 Kor 3,6-18; Hebr 4,1-9; 8,1-13; 9,12.18-24; 1 Petr 1,16; 2,9; Apok 1,6; 2,17; 15,3; 21,2-3 (vgl. Os 2, 16-25; Ex 25,8). - Für die Zeugnisse aus den Vätern und der Liturgie vgl. R. Le Déaut u. J. Lécuyer in Dictionnaire de Spiritualité IV 2 (1961) 1973-1995.</ref>

Schon zu Beginn der Geschichte des Volkes Gottes ergeht an Abraham der Ruf, aus seiner Heimat und von seiner Verwandtschaft fortzuziehen (vgl. Gen 12, 1), und dieser Ruf war nach der Lehre des Apostels der Anfang einer langen mystischen Reise, zu jenem Vaterland, das nicht von dieser Erde ist.<ref>Herb 11,13-16: "Gläubig sind diese alle gestorben, ohne die Verheißung erlangt zu haben; sie haben sie von ferne gesehen und begrüßt und haben bekannt, dass sie Fremdlinge und Pilger seien auf Erden. Denn die so sprechen, geben zu verstehen, dass sie eine Heimat suchen. Hätten sie aber jene im Sinne gehabt, aus der sie ausgezogen waren. so hätten sie ja Gelegenheit gehabt, umzukehren. Nun aber verlangen sie nach einer besseren, das heißt nach der himmlischen (Heimat)." </ref>

Was auf solche Art im Alten Testament vorgebildet war, ist im Neuen Testament wahrhaft verwirklicht worden. Das Wort Gottes, vom Vater ausgehend und in diese Welt eintretend (vgl. Joh 16,28), um das" Volk, das in Finsternis wandelt" (Is 9,2; vgl. Mt 4, 16), aufzurichten, hat uns dieser Gewalt der Finsternis entrissen (vgl. Kol 1, 13), das heißt der Sünde; durch seinen Tod (vgl. Jo 13, 1; 16, 28 u. Hebr 9, 11 f., 10, 19 f.) hat er uns in die Bewegung der Rückkehr zum Vater einbezogen, der "uns in Christus Jesus miterweckt und mitversetzt hat in die Himmel" (Eph 2,6; vgl. Kol 2,12 f.; 3, 1). Darin aber besteht wahrhaft und eigentlich das österliche Mysterium Christi und der Kirche.

Mit dem Apostel selbst<ref>Hebr 13, 12-14: ,,(Darum) hat Jesus ...außerhalb des Tores gelitten. So lasst uns denn mit ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen. Denn wir haben hier keine bleibende Stätte, sondern wir suchen die zukünftige."</ref> waren manche Väter und Lehrer der Kirche der Überzeugung, dass diese Art des Todes Christi eine wahre Einsamkeit fordert.<ref>{{#ifeq: Evangelium nach Matthäus | Venite seorsum (Wortlaut) |{{#if: Mt|Mt|Evangelium nach Matthäus}}|{{#if: Mt |Mt|Evangelium nach Matthäus}}}} 27{{#if:46|,46}} EU | BHS =bibelwissenschaft.de">EU | #default =bibleserver.com">EU }} (Ps 22,2): "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" "Das Kreuz Christi wird eine Einsiedelei genannt, weil es nur von wenigen bewohnt wird, und Christus, unser Gott, ist ein wahrer Einsiedler, von dem das Kreuz getragen wird" (so ein Autor zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Siehe Archive d'histoire doctrinale et littérature du moyen age 31 [1964] 41).</ref> Sie haben diese Bedeutung auch einigen Tatsachen des Lebens Christi beigemessen, wenn sie zum Beispiel betrachten, wie er sich in die Einsamkeit und in die Wüste zurückzieht, um "mit dem Fürsten dieser Welt zu kämpfen" (vgl. Mt 4,1; Joh 12,31; 14, 30),<ref>VgI. Origenes, in Matth 13,8-9 (zu Matth 17,22/23), GCS 10, 200 ss.</ref> vor allem aber zum Gebete zu seinem Vater, dessen Willen er sich ganz unterwarf.<ref>VgI. Mt 14,23 (Mk 6,46); Mk 1,35; Lk 5,16; 6,12; 9,18.28 (Mt 17,1); 11,1; vor allem Lk 22,41-44: "Und er trennte sich von ihnen etwa einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete: Vater, wenn du willst, lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe... Und als er in Angst geriet, betete er noch inständiger." Das Gebet des von der Schlacht in der Ebene abgesonderten Moses auf dem Berge (Ex 17,8-13) ist nach den Vätern ein Vorbild des außerhalb der Tore von Jerusalem gekreuzigten Christus (vgl. Barnabasbrief 12,2-4 red. H. Hemmer (1907) 74; vgl. FP 1 (1941) 55]); Justinus, Dialog mit Tryphon 90, 4-5; 91, 3; 97, 1; 111, 1-2, 112, 2 (PG 6, 689 BC - 692 A; 693 B; 704 C; 732 CD); Irenäus, Apostol. Verkündigung 46 (Texte und Untersuchungen 31 [1907] 26).</ref> Auf diese Weise zeigte er im voraus die Einsamkeit seiner Passion an,<ref>Hilarius, in Matthaeum 14,13: "Dass er am Abend allein ist, zeigt seine Einsamkeit zur Zeit des Leidens an" (zu Mt 14,23. PL 9, 1001 C).</ref> die uns die Evangelisten als neuen Auszug darstellen.<ref>VgI. oben Anm. 8.</ref>

Sich in die Abgeschiedenheit begeben ist darum für die Christgläubigen dasselbe, wie sich tiefer der Passion Christi verbinden und eine besondere Teilnahme am österlichen Mysterium und dem Hinübergang des Herrn von dieser Welt in das himmlische Vaterland. Aus diesem Grunde sind die Klöster errichtet worden, die im Innersten des christlichen Heilsmysteriums wurzeln.

Der Gläubige ist zwar in gleicher Weise berufen, Christus, der die Heilsbotschaft verkündet, zu folgen; auch muss er zum Aufbau des irdischen Gemeinwesens beitragen und den Sauerteig bilden, durch den dieses zur Gottesfamilie umgestaltet wird;<ref>Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Art. 40: "... die Kirche... ist gewissermaßen der Sauerteig und die Seele der in Christus zu erneuernden und in die Familie Gottes umzugestaltenden menschlichen Gesellschaft" (VgI. auch Art. 3).</ref> in diesem Sinne bleibt der Gläubige in der Welt (vgl. Joh 17,15). Aber in dieser Aufgabe wird nicht das ganze Mysterium der Kirche dargestellt. Die für den Dienst Gottes und der Menschen bestellte Kirche<ref>Zum Dienst an den Menschen in ihren irdischen Aufgaben vgl. Zweites Vatikan. Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Art. 3; 40--45; Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche Ad gentes, Art. 12: "Sie beansprucht kein anderes Recht, als mit Gottes Hilfe in Liebe und treuer Bereitschaft den Menschen zu dienen." - Aber vor allem zum Dienst am ewigen Heil. VgI. Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Art. 48: "Christus hat... seinen Leib, die Kirche, zum allumfassenden Heilssakrament gemacht." VgI. Art 5.</ref> ist nämlich auch, und zwar vor allem, die Gemeinschaft aller Erlösten, das heißt derjenigen, die durch die Taufe und die anderen Sakramente schon aus dieser Welt zum Vater hinübergegangen sind.<ref>VgI. ebenda Art. 2,7 usw.</ref> "Voll Eifer der Tätigkeit hingegeben", ist sie doch "frei für die Beschauung", und zwar so, "dass das Menschliche auf das Göttliche hingeordnet und ihm untergeordnet ist, das Sichtbare auf das Unsichtbare, die Tätigkeit auf die Beschauung".<ref>VgI. Zweites Vatikan. Konzil, Konstitution über die hl. Liturgie Sacrosanctum Concitium, Art. 2.</ref> Es ist also recht und notwendig, dass bestimmte Gläubige diesen beschaulichen Charakter der Kirche in besonderer Weise zum Ausdruck bringen, indem sie sich wirklich in die Einsamkeit begeben. Sie sind mit dieser besonderen Gabe vom Heiligen Geist beschenkt,<ref>VgI. Zweites Vatikan. Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Art. 38: "Verschieden sind jedoch die Gaben des Geistes: die einen beruft er dazu, dass sie das Verlangen nach der Heimat bei Gott deutlich bezeugen und es in der Menschheitsfamilie lebendig erhalten.. ."</ref> um in "anhaltendem Gebet und hochherziger Buße für Gott allein da zu sein" (Dekret Perfectae caritatis 7).<ref>Nach der Überlieferung der Väter stellt das kontemplative Leben in besonderer Weise das einsame oder auf dem Berge verrichtete Gebet Jesu dar, das seinerseits das kontemplative Leben vorausbildete. VgI. J. Kassian: "Er zog sich auf den Berg zurück, um allein zu beten (Mt 14,23). Durch das Beispiel seiner Zurückgezogenheit lehrt er uns, dass wir uns ... in ähnlicher Weise dorthin begeben" (Conlationes X 6,4 CSEL 13 (1886) 292]); Hieronymus: "Suche Christus in der Einsamkeit und bete allein mit ihm auf dem Berge" (Brief 58,4,2 an Paulinus CSEL 54 (1910) 532]); Isidor: "Als er auf dem Berg die Nacht im Gebete zubrachte, bezeichnete er so das beschauliche Leben" (Lib. Differentiarum II 2,34, PL 83,91; Ps. Hieronymus: "Betend zeigte er das beschauliche Leben an; sitzend das tätige Leben (wenn er lehrte) ... und beides zugleich, wenn er auf den Berg stieg, um zu beten und wenn er zu den Scharen ging" (PL 30,571); Walafrid Strabo: "Als er auf den Berg stieg, zeigte er die Schau an, das kontemplative Leben" (Expositio in IV Evangelia, PL 114, 872); Paschasius Radbertus: "Damit wir allein für Gott, d. h. auf dem Berge leben" (Expos. in Matth, PL 120,522); Abt Wilhelm von St. Thierry: "Das einsame Leben wurde vom Herrn in engstem Kreise gepflegt und in seiner Gegenwart von den Jüngern begehrt: als diejenigen, die mit ihm auf dem heiligen Berge weilten, die Herrlichkeit seiner Verklärung schauten, sah Petrus als das Beste für sich an, für immer dort zu weilen" (An die Brüder von Mont-Dieu I 1, PL 184, 310); Amedeus von Lausanne: "Er gewährte uns einen Hoffnungsschimmer mit Elias und Moses auf dem Berg, wie wir das mit entschleiertem Antlitz schauen können, was wir suchen" (Ohm 3, ed. E. Bavaud [SOUTC. chrét. 72 (1960) 90-92]; Zweites Vatikan. Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Art. 46: "Die Ordensleute sollen sorgfältig darauf achten, dass durch sie die Kirche wirklich von Tag zu Tag mehr den Gläubigen wie den Ungläubigen sichtbar mache, wie er auf dem Berge in Beschauung weilt... immer aber dem Willen des Vaters gehorsam ist, der ihn gesandt hat." Ebenso ist der Gedanke des Auszugs auf das monastische Leben angewandt worden von Johannes Klimakos für den Osten (Scala Paradisi 1 [[[PG]] 88,632-644]) und ferner vom hl. Ambrosius für den Westen (Ep. 4, 1-3 u. 6, 1.8 CSEL 82 (1968)] 26 f. bzw. 39,42 f. nach der in dieser Ausgabe verwendeten Briefzählung); vgl. auch Hieronymus: "Folge Moses in der Wüste und gehe in das Land der Verheißung ein" (Ep. 22,24 an Eustochium, CSEL 54 [1910] 177).</ref>

Im übrigen ist zu beachten, dass eine gewisse Abgeschiedenheit von der Welt und eine gewisse Beschaulichkeit sich in jeder christlichen Lebensform finden müssen. Dies hat das Zweite Vatikanische Konzil für die Priester und die mit apostolischen Aufgaben betrauten Ordensleute betont.<ref>Vgl Zweites Vatikan. Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Art. 41: ,,(Den Priestern) sollen die apostolischen Sorgen, Gefahren und Mühsale so wenig ein Hindernis sein, dass sie dadurch vielmehr zu höherer Heiligkeit emporsteigen, indem sie aus der Fülle der Kontemplation ihre Fähigkeit nähren und fördern." Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens Perfectae caritatis, Art. 5: "Darum müssen die Mitglieder aller Institute, da sie zuerst und einzig Gott suchen, die Kontemplation, durch die sie ihm im Geist und im Herzen anhangen, mit apostolischer Liebe verbinden..."</ref> Tatsächlich fehlen auch außerhalb der Klöster solche nicht, die unter dem Wirken der Gnade des Heiligen Geistes zur Beschauung gelangen; dies kann von jedem Christgläubigen ebenso ausgesagt werden wie von jedem Jünger Christi (vgl. Lk 14,25-27. 33), der einen gewissen Abstand von den Dingen der Welt notwendig haben muss, selbst wenn er auch nicht die gleiche Form der Zurückgezogenheit in die Wüste befolgt. Die Mönche und Nonnen aber verwirklichen durch ihre Zurückgezogenheit im Kloster vollkommener und in typischer Weise jenen Wesensbestandteil jedes christlichen Lebens: "Künftig sollen deshalb auch die, ... die sich der Welt bedienen, so (leben), als nutzten sie sie nicht aus; denn die Gestalt dieser Welt vergeht" (1 Kor 7, 29. 31).<ref>Auf diese Stelle nimmt auch die Dogmatische Konstitution Lumen gentium, Art. 42 Bezug. Vgl. ebenda Art. 44: "Das Volk Gottes hat ja hier keine bleibende Heimstatt, sondern sucht die zukünftige." Vgl. Art. 6: "Solange aber die Kirche hier auf Erden in Pilgerschaft fern vom Herrn lebt, weiß sie sich in der Fremde.. ."</ref>

II. Sammlung und Stille erleichtern die Begegnung mit Gott

Zu den Überlegungen, die sich auf die Teilnahme der Kirche am österlichen Christusmysterium stützen, sei nun als weiterer Beweisgrund die Sammlung und Ruhe hinzugefügt, durch welche die Begegnung mit Gott im Gebet gesichert und erleichtert wird.<ref>S. Hos 2,16: "Darum, siehe, will ich sie... in die Einsamkeit führen und ihr zu Herzen reden." Augustinus, in Jo tr. XVII 11: "Es ist schwer, in der Menge Christus zu sehen; unser Geist braucht eine gewisse Einsamkeit, im einsamen Leben sieht man Gott" (zu Jo 5,15; CCL 36 [1954] 176; PL 35,1533). Guigo von Chastel O. Carth.: "Zur Zeit unmittelbar vor seinem Leiden verließ er die Apostel, um allein zu beten. Damit gab er ein Beispiel für den Nutzen der Einsamkeit beim Gebet, da er ohne die Apostel, seine Gefährten, beten wollte" (Consuetudines 80,10 [[[PL]] 153, 758]. HI. Johannes vom Kreuz, Empor den Karmelberg III 39, 2: "Darum ist ein einsamer und auch herber Ort gut (zum Gebet), damit der Geist sich ernsthaft und geradewegs zu Gott erhebe, nicht behindert noch aufgehalten durch sichtbare Dinge... Darum wählte unser Heiland (um uns ein Beispiel zu geben) einsame Orte zum Gebet und solche, die die Sinne nicht sehr ansprechen, sondern die Seele zu Gott erheben, wie ja die Berge es tun, die aus dem Lande emporragen und für gewöhnlich kahl sind, ohne Anreiz für die Sinne" (ed. O. Schneider [1964] 320); vgl. Das Lied der Liebe B 35, 1 (ed. I. Behn [1963] 211).</ref> Da die Lebensform der beschaulichen Orden auf die Beseitigung aller Hindernisse zielt, welche die Seele in Zwiespalt bringen, verhilft sie zur vollen Entfaltung der in sich einheitlichen Persönlichkeit, so dass sie sich Gott, den sie sucht, besser hingeben<ref>VgI. die Ansprache Pauls VI. am 24. Oktober 1964 (anlässlich der Einweihung der Basilika von Monte Cassino): "Sankt Benedikt kehre zurück, um uns zu helfen, das personale Leben wiederzuerlangen, jenes heute so sehnlichst erstrebte Leben als Persönlichkeit, das die Entwicklung des modernen Lebens, aus der gerade das verzweifelte Sehnen nach dem eigenen Selbst entspringt, erweckt und doch zugleich erstickt, bewusst macht und doch zugleich vereitelt... Die Aufregung, das Getöse, die Fieberhaftigkeit, die Veräußerlichung, die Masse bedrohen die Innerlichkeit des Menschen; es fehlt ihm die Ordnung, es fehlt ihm das Gebet, es fehlt ihm der Friede, es fehlt ihm sein Selbst" (lat. Text AAS 56 [1964] 987).</ref> und für ihn da sein kann.

Dieses Gottsuchen, dem zuliebe der Mensch allem Besitz entsagen muss (vgl. Lk 14, 33), wird vor allem in der Lesung und Betrachtung der Heiligen Schrift (vgl. Dekret Perfectae caritatis, Art. 6) verwirklicht. Deshalb muss die Schriftlesung vom Gebet begleitet sein, "damit sie zu einem Gespräch werde zwischen Gott und Mensch", denn "ihn reden wir an, wenn wir beten; ihn hören wir, wenn wir Gottes Weisungen lesen" (vgl. Zweites Vatikan. Konzil, Konstitution Dei verbum, Art. 25 unter Zitat von Ambrosius, De officiis ministrorum I 20, 88; PL 16,50).

Durch das Studium der Heiligen Schrift, die "ein Spiegel" ist, "in dem die Kirche Gott, von dem sie alles empfängt, auf ihrer irdischen Pilgerschaft anschaut" (Konstitution Dei Verbum, Art. 7), wird jeder "aus Liebe zu Gott entflammt, seine Schönheit zu schauen" (Thomas von Aquin, S. Th. lI/lI q. 180, a. 1 c). Die Liebe und die Beschauung helfen sich also gegenseitig. "Die Liebe zu Gott ist Gotteserkenntnis: man erkennt ihn nicht, ohne ihn zu lieben, und man liebt ihn nicht, ohne ihn zu kennen; er wird in dem Maße erkannt, in dem er geliebt wird, und er wird in dem Maße geliebt, in dem er erkannt wird" (Abt Wilhelm von St. Thierry, Auslegung des Hohen Liedes c. 1, PL 180, 499 C).

So ermöglichen das Schweigen und die Einsamkeit "entschlossenen Charakteren die Einkehr in sich selbst und das Verweilen in sich, die unablässige Entfaltung der Tugendsaat und den beglückenden Genuss der Früchte des Paradieses. Hier erwirbt man das Auge, dessen klarer Blick den Bräutigam in Liebe verwundet und in dessen Lauterkeit und Reinheit Gott geschaut wird. Hier ist die Muße geschäftig und hier ruht man in gelassener Geschäftigkeit. Hier gibt Gott seinen Wettkämpfern für die Mühe des Kampfes den ersehnten Lohn: den Frieden, den die Welt nicht kennt, und die Freude im Heiligen Geist... Das ist der beste Teil, den Maria erwählt hat und der ihr nicht genommen wird."<ref>Bruno, Ad Radulphum 6 (Briefe der ersten Kartäuser [ Sources Chrétiennes 88 (1962)] 70).</ref>

III. Beschauliche Menschen leben im Herzen der Welt und der Kirche

Man soll jedoch nicht meinen die Mönche und Nonnen seien infolge Ihrer Trennung von den übrigen Menschen von der Welt und von der Kirche abgesondert und abgeschnitten. Im Gegenteil: sie sind unter ihnen "auf eine tiefere Weise in der Liebe Christi"<ref> Zweites Vatikan. Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Art. 46 -VgI. Evagrius Ponticus: "Mönch ist, wer von allen getrennt, doch mit allen verbunden ist" (De Oratione nr. 124 [unter den Werken des hl. Nilus] PG 79, 1193 C; französische Übersetzung bei I. Hausherr, Les lecons d'un contemplatif [1960] 158); Petrus Damiani, Das Büchlein vom Dominus vobiscum 10: "Mögen wir... auch durch die leibliche Einsamkeit weit von der Kirche entfernt scheinen, so stehen wir doch in ihr allzeit ganz gegenwärtig durch das unverletzbare Mysterium der Einheit" (PL 145, 239. Deutsche Ausgabe von A. Kolping [1949] 38); hl. Theresia von Jesus, Weg der Vollkommenheit I 5: "O meine Schwestern in Christo, helft mir doch, vom Herrn diese Gnade erflehen! Deshalb hat er euch an diesem Ort vereinigt (nämlich um für den Frieden der Völker und die Nöte der Kirche zu beten); dies ist euer Beruf, das soll euer Geschäft und Verlangen sein; dafür sollen eure Tränen fließen, dahin eure Gebete zielen" (Sämtliche Schriften Bd. 6 [1941] 24).</ref> gegenwärtig, zumal" wir alle eins sind in Christus" (vgl.1 Kor 10, 17; Joh 17, 20-22).<ref> VgI. Petrus Damiani, Das Büchlein vom Dominus vobiscum 6: "Wenn also die, die an Christus glauben, eins sind, dann ist auch dort, wo dem körperlichen Ansehen nach ein Glied zu sein scheint, durch den geheimnisvollen Sinn des sakralen Zeichens der ganze Leib. ...Wir sind alle ein Leib Christi; mögen wir auch dem Leibe nach getrennt erscheinen, so können wir doch dem Geiste nach nicht voneinander getrennt werden, weil wir in ihm bleiben" (PL 145, 236-238; dt. A. Kolping 31 f.). Papst Paul VI.: "Ihr seid nicht getrennt von der großen Gemeinschaft der Familie Christi, ihr nehmt nur einen besonderen Platz ein; und dieser ist heute so gut wie gestern ein Segen und eine Erbauung für die ganze Kirche, ja für die ganze Gesellschaft" (Ansprache an die italienischen Äbtissinnen der Benediktinerinnen vom 20. 10. 1966, AAS 58 [1966 1159-1160).</ref>

Auch wenn wir die Bedeutung der Klöster für das kulturelle und gesellschaftliche Leben hier außer acht lassen, die sie von früheren Zeiten übernommen haben, so ist doch eindeutig bezeugt, mit welcher Liebe diese ganz der Beschauung lebenden Menschen die Nöte und Schmerzen aller Menschen im Herzen tragen. Im übrigen waren die Wüste und die Bergeinsamkeit die Stätten, an denen Gott den Menschen Verborgenes offenbarte (vgl. Gen 32, 25-31; Ex 3; 24,1-8; 34,5-9; 1 Reg 19,8-13; Lk 2, 7-9; Mt 17,1-8). Stätten, an denen sich Himmel und Erde begegnen, an denen durch Christi Gegenwart die Welt aus ausgedörrter Erde wieder zum Paradies wird (vgl. Mk 1, 13).<ref> VgI. Is 11, 6-9, im Gegensatz dazu Gen 9,2. - Zum Vergleich Kloster-Paradies vgl. Hieronymus, Ep. 125 ad Rusticum 7 (CSEL 56 [1918] 125): "Die Zelle sei dein Paradies, (dort) pflücke die vielfältigen Früchte der Schrift"; ferner Anselm, Ep. 3, 102 (PL 159, 140); Petrus Damiani, Ep. 6,3, PL 144, 374; Wilhelm von Malmsbury, De gestis Pont. Angliae 4, PL 179,1612 f.; Bernhard, Sermo de divers. 42,4, PL 183,663; Wilhelm von St. Thierry, De natura et dignitate amoris 25, PL 184,396; Petrus von Celle, Ep. 75, PL 202, 522; vgl. J. Leclercq, La vie parfaite (1948); G. M. Colombas, Paraiso y vida angelica (1958).</ref> Wie könnte man also die für menschenfremd halten, bei denen die menschliche Persönlichkeit zur Vollendung gelangt? Wenn also beschauliche Menschen gleichsam im Herzen der Welt leben, um wie viel mehr im Herzen der Kirche. <ref>Paul VI., Ansprache vom 2. 2. 1966: "Wir wünschen, dass diese Inseln der Verborgenheit, der Buße und der Meditation sich bewusst seien... dass sie weder vergessen noch von der Gemeinschaft der Kirche Gottes getrennt sind, dass sie im Gegenteil ihr Herz bilden, ihren geistlichen Reichtum mehren, ihr Gebet in erhabener Weise zum Ausdruck bringen, die Liebe erhalten, ihre Leiden, ihre Mühen, ihr Apostolat und ihre Hoffnungen teilen sowie ihr Verdienst mehren" (Insegnamenti di Paolo VI., VI [1966] 56).</ref> Ihr Gebet, vor allem ihre Teilnahme am Opfer Christi durch die Feier der Eucharistie und des Stundengebetes sind Verwirklichung der vornehmsten Aufgabe der Betergemeinschaft, das heißt der Kirche: nämlich der Verherrlichung Gottes. Dieses Gebet ist der Kult, durch den dem Vater durch den Sohn im Heiligen Geist «ein erhabenes Lobopfer» dargebracht wird.<ref>Zweites Vatikan. Konzil, Dekret Perfectae caritatis, Art. 7; hl. Johannes vom Kreuz, Lied der Liebe B, Anmerkung zur Strophe 29,2-3: "... ein wenig dieser lauteren Liebe ist vor Gott und vor ihr [der Seele] von höherem Wert, ist für die Kirche von größerem Nutzen als alle anderen Werke zusammen... in ihrem machtvollen Verlangen, ihrem Bräutigam zu gefallen und der Kirche zu dienen, verbarg sich [Maria Magdalena] dreißig Jahre in der Wüste, um sich mit ganzem Gemüt dieser Liebe hinzugeben. Sehr viel gewinnreicher erscheint ihr solches wegen der hohen Bedeutung auch des geringsten Teiles dieser Liebe für die Kirche... Schließlich sind wir für solche Liebe geschaffen worden" (ed. I. Behn [1963] 181 f.).</ref> Durch dieses erhalten alle, die sich ihm weihen, Zugang zu dem Geheimnis des unaussprechlichen Zwiegespräches, das Christus der Herr dauernd mit dem Vater führt und durch das er im Schoße des Vaters diesem seine grenzenlose Liebe schenkt. Es ist endlich jenes Gebet, auf das als "Gipfel das Tun der Kirche zustrebt".<ref>Vgl. Zweites Vatikan. Konzil, Konstitution Sacrosanctum Concilium, Art. 10: "... die Verherrlichung Gottes, auf die alles Tun der Kirche als auf sein Ziel hinstrebt"; vgl. auch Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Art. 76; Dekret über das Apostolat der Laien Apostolicam actuositatem, Art. 2.</ref> Weil sie das innere Leben der Kirche offenbaren, sind die beschaulichen Orden zur vollkommenen Vergegenwärtigung der Kirche unentbehrlich.<ref>VgI. Zweites Vatikan. Konzil, Dekret über die Missionstätigkeit Ad gentes, Art. 18: "Das beschauliche Leben gehört eben zur vollen Anwesenheit der Kirche und muss deshalb überall... Eingang finden." Vgl. Johannes XXIII.: "Das kontemplative Leben! ... Es stellt eine der grundlegenden Strukturen der hl. Kirche dar; es war in allen Phasen ihrer zweitausendjährigen Geschichte gegenwärtig" (Ansprache an die Trappisten vom 20. 10. 1960, AAS 52 [1960] 896).</ref> Außerdem mehren sie das geistliche Leben der Kirche, da sie den ganzen mystischen Leib durch den Eifer ihrer Liebe beleben und alle apostolische Arbeit, die ohne die Liebe nichts ist (vgl. 1 Kor 13, 1-3), beseelen. "Im Herzen der Kirche, meiner Mutter, werde ich die Liebe sein" - diese Worte stammen von jener Ordensfrau, die nie die Mauern ihres Klosters verließ und doch von Papst Pius XI. zur Schutzpatronin aller Missionen erklärt wurde.<ref>Therese vom Kinde Jesus, Selbstbiographische Schriften. Authentischer Text B: "Die Liebe gab mir den Schlüssel zu meiner Berufung. Ich begriff, dass wenn die Kirche einen aus verschiedenen Gliedern bestehenden Leib hat, ihr auch das Notwendigste, das Edelste von allen nicht fehlt; ich begriff, dass die Kirche ein Herz hat und dass dieses Herz von Liebe brennt. '" Würde die Liebe erlöschen, so würden die Apostel das Evangelium nicht mehr verkünden, die Märtyrer sich weigern, ihr Blut zu vergießen... Ja, ich habe meinen Platz in der Kirche gefunden... im Herzen der Kirche, meiner Mutter, werde ich die Liebe sein" (Deutscher Text nach der Ausgabe von O. Iserland und C. Capol [1958] 200 f.). </ref> Hat nicht Gott durch seine Liebe, die sich in der Darbringung des Sohnes bis zum Tod am Kreuze offenbarte, die Menschen von den Sünden befreit? Wenn also jemand in dieses österliche Heilswerk der höchsten Gottes- und Menschenliebe eindringt (vgl. Joh 13,1; 15,13), nimmt er notwendig am heilbringenden Wert des Leidens Christi teil, dem Ursprung allen Apostolates. <ref>VgI. Johannes XXIII., Ep. Causa praeclara vom 16. 7. 1962: "Das wirkliche und wahre Apostat liegt darin, dass jemand an dem heilbringenden Werk Christi teilnimmt; das kann ohne Gebet und Hingabe nicht geschehen. Hat doch der Erlöser das Menschengeschlecht vor allem durch sein Gebet zum Vater und durch die Selbsthingabe von den Fesseln der Schuld befreit. Darum übt derjenige in hervorragender Weise das Apostolat aus, der diesen innersten Kern des Erlösungswerkes nachzuvollziehen sich bemüht, auch wenn er sich des äußeren apostolischen Wirkens enthält" (AAS 54 [1962] 568).</ref>

Endlich unterstützen die ganz der Beschauung lebenden Ordensleute durch ihr Gebet die Missionsaufgabe der Kirche, "da Gott es ist, der auf die Bitte hin Arbeiter in seine Ernte schickt, die Herzen der Nichtchristen für die Botschaft des Evangeliums öffnet und das Wort des Heiles in ihnen Frucht bringen lässt".<ref>Zweites Vatikan. Konzil, Dekret über die Missionstätigkeit Ad gentes, Art. 40. VgI. Konstitution Umbratilem vom 8. Juli 1924 (AAS 16 [1924] 389) und das Dekret der Ritenkongregation für die Heiligsprechung der hl. Theresia Margarita Redi vom 18. 2. 1934: "... die Seele, die in einem erhabenen Martyrium des Herzens in Wahrheit mit Christus gekreuzigt ist, erwirbt sich um den andern reichere Früchte der Erlösung. Das sind die reinen und erhabenen Seelen in der Kirche, die für alle durch das Leiden, die Liebe und das Gebet in stillem Apostolat großen Segen stiften" (AAS 26 [1934] 106).</ref>

Sie vergessen in der Einsamkeit, in der sie dem Gebet obliegen, ihre Brüder keineswegs. Sie haben sich dem häufigen Umgang mit ihnen keineswegs entzogen, um zu ihrer eigenen Bequemlichkeit Ruhe zu haben, sondern um an ihren Mühen, Leiden und Hoffnungen in einer umfassenderen Weise teilzunehmen .<ref>VgI. Paul VI., Ansprache an die Kamaldulenserinnen auf dem Aventin vom 23. 2. 1966: "Trennt euch diese materielle, äußere, gesellschaftliche Abgeschiedenheit von der Kirche? Ich sage euch: seht doch, wie die Kirche an euch denkt, wie ihr nicht vergessen seid und wie jene Trennung, welche die schwerste wäre, nämlich die geistliche, nicht besteht. Warum? Warum seid ihr Gegenstand einer besonderen Aufmerksamkeit, eines besonderen Gedenkens, oder sollen wir noch mehr sagen? Die Kirche blickt auf euch, die ihr diese Lebensform gewählt habt, um immer im Zwiegespräch mit dem Herrn zu sein, um seine Stimme besser verstehen zu können, um unsere schwache menschliche Stimme mit größerer Reinheit und Inbrunst ausdrücken zu können. In dieser Verbindung zwischen Himmel und Erde liegt das einzige Programm eures Lebens. Ihr kontemplative Seelen, ihr habt euch ganz dieser Inanspruchnahme eures Herzens durch Gott geweiht. Die Kirche sieht in euch den höchsten Ausdruck ihrer selbst. Ihr seid in gewisser Hinsicht auf dem Gipfel" (Vita monastica nr. 85, 20 [1966] 68); ebenso an italienische Benediktineräbtissinnen am 28. 10. 1966: "Es ist euch nicht nur ein Platz eingeräumt in der katholischen Kirche, sondern eine Aufgabe ist euch anvertraut, wie das Konzil sagt; ihr habt euch nicht getrennt von der großen Gemeinschaft der Familie Christi, ihr nehmt nur einen besonderen Platz ein ..," (AAS 58 [1966] 1159-1160). Und das Zweite Vatikanische Konzil hat in seiner dogmatischen Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Art. 46 ausdrücklich betont: "Und es darf keiner meinen, die Ordensleute würden durch ihre Weihe den Menschen fremd oder für die irdische Gesellschaft nutzlos, Denn, wenn sie auch zuweilen ihren Zeitgenossen nicht in unmittelbarer Weise hilfreich sind, haben sie diese doch auf tiefere Weise in der Liebe Christi gegenwärtig und wirken geistlich mit ihnen zusammen, dass der Bau der irdischen Gesellschaft immer in Gott gründe und auf ihn ausgerichtet sei und seine Erbauer nicht vergeblich arbeiten." HI. Theresia von Jesus, Weg der Vollkommenheit, 3. Kapitel, Überschrift: "Ermahnung an die Schwestern, unablässig für jene zu beten, die für die Kirche arbeiten, dass Gott ihnen beistehe" (Sämtl. Schriften Bd. 6 [1941] 30) und: "Können wir hierin mit Gottes Gnade etwas erreichen, so kämpfen wir, obgleich in Klausur lebend, für ihn…" und: "Wenn eure Gebete, eure Wünsche, euere Geißelungen und euere Fasten nicht das zum Ziele haben, wovon ich gesprochen, so glaubt ja nicht den Zweck zu erfüllen, zu dem euch der Herr an diesem Ort vereinigt hat!" (ebenda, 3. Kapitel Nr. 5 u. Nr. 10 [a. a. O. 32, 35]).</ref>

IV. Die Wesensart der Frau und das beschauliche Leben

So groß also ist das Geheimnis des kontemplatlven Lebens. Seine hervorragende Rolle im Heilswerk wird aus dem bisher Gesagten deutlich. In ganz besonderer Weise erfüllt es sich an den in Klausur lebenden Nonnen. Diese Frauen stellen ihrer Natur nach das Mysterium der Kirche, der "makellosen Braut des makellosen Lammes"<ref>Zweites Vatikan. Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Art. 6.</ref> anschaulicher dar: Zu Füßen des Herrn sitzend, um in Schweigen und Abgeschiedenheit sein Wort zu hören (vgl. Lk 10, 39), sinnen sie und suchen nach dem, was oben ist, wo ihr Leben mit Christus in Gott verborgen ist, bis sie mit ihrem Bräutigam in Herrlichkeit erscheinen.<ref>Ebenda.</ref> Es entspricht dem Wesen der Frau mehr, das Wort aufzunehmen, als es bis an die äußersten Grenzen der Erde zu tragen. Allerdings kann auch an sie der Ruf dazu ergehen und diesem dann eine gesegnete Verwirklichung zuteil werden. Sicher aber liegt es in der Eigenart der Frau, das Wort im eigenen Herzen zu erkennen und es auf lebendige und ihr eigentümliche Weise fruchtbar zu machen. Wenn die Frau zur vollen Reife gelangt ist, hat sie ein feineres Gefühl für die Bedürfnisse des Nächsten und weiß um seine Nöte. Die Frau bringt deutlicher die Treue der Kirche zu ihrem Bräutigam zum Ausdruck<ref>Ebenda, Art. 6: "Die Kirche. ..die er (Christus) in unauflöslichem Bund zu sich genommen hat... sie soll ihm als die von ihm Gereinigte zugehören und in Liebe und Treue ihm untertan sein."</ref> und hat zugleich einen tieferen Sinn für die Fruchtbarkeit des beschaulichen Lebens. Darum hat die Kirche - nach dem Zeugnis der Liturgie<ref>Die westliche Liturgie wendet nur auf heilige Frauen die Bilder der Vermählung an und deutet ihre Heiligkeit als eine Entfaltung der geistlichen Ehe, die sie mit ihrem Bräutigam und Herrn eingegangen sind. Dagegen wendet sie auf diese nie, wie sie es für Männer tut, die Begriffe des neuen Menschen oder anderer Ausdrücke an, welche die Gemeinschaft mit Christus als dem Priester, Hohenpriester und Propheten bezeichnen. Vom 4. Jahrhundert findet schließlich die Profess der Frauen nach einem besonderen, von der Profess der Mönche verschiedenen Ritus statt: der Jungfrauenweihe. Diese muss als Übertragung des Brautsegens für die Mädchen, die sich verehelichen wollen, auf die Jungfrauen gelten und kennzeichnet die Jungfrauenweihe als Vermählung.</ref> - die christliche Jungfrau immer in besonderer Weise geachtet. Als Ausdruck der eifernden Liebe Gottes zu ihr<ref>VgI. Dt 4,24; 2 Kor 11,2: "Ich bin nämlich eifersüchtig auf euch mit Gottes Eifersucht, denn ich habe euch einem einzigen Manne verlobt, um euch als reine Jungfrau Christus zuzuführen."</ref> hat die Kirche ihre Trennung von der Welt und die klösterliche Klausur mit großer Sorgfalt geschützt.<ref>Siehe die in Anm. 3 genannten Texte.</ref>

Hier muss auch der seligsten Jungfrau Maria gedacht werden. Sie hat das Wort Gottes in sich aufgenommen, "voll des Glaubens" und hat Christus zuerst im Herzen, dann im Schoß" empfangen.<ref>Vgl. Augustinus, Sermo 215, 4, PL 38, 1074.</ref> Sie ist ein verschlossener Garten, ein versiegelter Quell, ein verriegeltes Tor (vgl. HI 4, 12; Ez 44, 1-2), "Typus und klarstes Urbild im Glauben und in der Liebe" für die Kirche.<ref> Zweites Vatikan. Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Art. 53. </ref> Die heiligste Jungfrau ist ein leuchtendes Beispiel des beschaulichen Lebens. Mit Recht und in ehrwürdiger Überlieferung, sowohl des Ostens wie des Westens, werden in der Liturgie auf sie die Worte des Evangeliums angewandt: "Maria hat den guten Teil erwählt" (Lk 10, 38-42).<ref>Diese Perikope wird seit dem 6. Jahrhundert als Evangeliumstext für einige Marienfeste verwendet, sowohl im Osten wie im Westen (in der römischen Liturgie freilich seit 1951 nicht mehr, Anm. des Herausgebers); vgl. B. Capelle, La fete de l'Assomption dans l'histoire liturgique (Ephemerides theol. Lovan. 3 [1926] 33-45).</ref>

V. Das beschauliche Leben als Zeichen und Zeugnis

Auch ein anderes Element im Geheimnis des beschaulIchen Lebens muss hervorgehoben werden: die Funktion des Zeichens und Zeugnisses, durch die die von Gott in besonderer Weise für das Gebet bestimmten beschaulichen Menschen nicht ohne jeden "Dienst am Wort"<ref>Vgl. Apg 6,2.4: "Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes Vernachlässigen und den Tischen dienen… Wir werden weiter beim Gebet und dem Dienst am Worte verbleiben."</ref> bleiben, auch wenn es sich nicht um den Dienst der unmittelbaren Wortverkündigung handelt.

In der menschlichen Gesellschaft, wie sie heute ist und die Gott so leicht abweist und leugnet, bezeugt das der Beschauung der göttlichen Dinge geweihte Leben von Männern und Frauen offenkundig sein Dasein und seine Gegenwart, zumal dieses Leben jenen vertraulichen Umgang mit Gott erfordert, der "Geist selbst bezeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind" (Röm 8, 16). Wer so lebt, kann darum jenen helfen, die im Glauben angefochten sind, und denen, die bezweifeln, dass der Mensch fähig ist, mit dem unaussprechlichen Gott ins Zwiegespräch zu treten.<ref>Vgl. die Botschaft kontemplativer Mönche an die erste Bischofssynode (L'Osservatore Romano vom 12. 10. 1967; [deutsche Übersetzung in "Geist und Leben" 40 (1967) 459-462]).</ref>

Durch das wunderbare Zwiegespräch mit Gott in Schweigen und Einsamkeit verkünden die Männer und Frauen, die sich ganz der Beschauung, der Übung der Liebe und der anderen christlichen Tugenden widmen, den Tod des Herrn, bis er wiederkommt. Sie verkünden seine Wiederkunft um so mehr, als ihr ganzes Leben durch ihr ausschließliches und umfassendes Gottsuchen nichts anderes ist als der Weg zum himmlischen Jerusalem und eine Vorwegnahme der endzeitlichen Kirche, wie sie ganz der Schau und dem Besitz Gottes hingegeben sein wird. Die beschaulichen Menschen verkünden aber der Welt nicht nur das Ziel, das erreicht werden soll, das heißt das Leben der zukünftigen Welt, sondern sie zeigen auch den Weg dorthin. Wenn der Geist der Seligpreisungen, der die Nachfolge Christi belebt, jede christliche Lebensform beseelen muss,<ref> VgI, Zweites Vatikan. Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Art, 72.</ref> so bezeugt das Leben der Kontemplativen, dass er schon in diesem irdischen Leben verwirklicht werden kann. Dieses Zeugnis wird die Menschen unserer Zeit stärker ansprechen, wenn es ein kollektives, besser gesagt ein gemeinschaftliches Zeugnis ist. Die heutigen Menschen ergreift nämlich nicht so sehr das Zeugnis eines einzelnen als vielmehr das einer Gemeinschaft, das aus einem gemeinsam geführten Leben ausstrahlt, vor allem das Zeugnis einer festgefügten Gemeinschaft, die durch ihren Fortbestand und ihre Lebenskraft die Stärke ihrer tragenden Grundsätze beweist. Derart ist das Zeugnis einer beschaulichen Gemeinschaft, wie sie Papst Paul VI. in Monte Cassino umriss, Dort sprach er von einer "kleinen und beispielgebenden Gemeinschaft, in der die Liebe, der Gehorsam, die Reinheit, die Freiheit von den geschaffenen Dingen und die Kunst, sie zu gebrauchen, blühen; wo der Geist die Vorherrschaft hat, wo kurz gesagt der Friede und das Evangelium herrschen".<ref>S. AAS 56 (1964) 987.</ref>

==VI. Die Prüfung der Berufungen zum beschaulichen Leben ==

Es ist leicht einzusehen, dass die bewußte und endgültige Verpflichtung zum Leben in der Klausur nicht aus einer rasch verfliegenden Begeisterung entstehen kann und nicht aus einer solchen erkannt wird. Sie muss vielmehr aus einer gefestigten und dauernden Reife hervorwachsen, in der man auf gewisse gesellschaftliche Güter, auch wenn sie als wertvoll anerkannt werden, verzichtet, um in voller geistiger Freiheit die Lebensform zu wählen, in der man nur Christus und himmlischen Werten anhängt. Deshalb müssen die sich für die Nonnenklöster vorstellenden Berufe lange und sorgfältig geprüft werden, um ihre Motive richtig zu durchschauen. Auf diese Weise sollen jene rechtzeitig ferngehalten werden, die vielleicht unbewusst von nicht gerade übernatürlichen und klaren Beweggründen geleitet werden, so dass dann die volle geistliche und menschliche Entwicklung gehemmt wäre.<ref>Vgl. Zweites Vatikan. Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, Art. 46: "Alle sollen schließlich einsehen, dass das Gelöbnis der evangelischen Räte, wenn es auch den Verzicht auf zweifellos hochzuschätzende Werte mit sich bringt, dennoch der wahren Entfaltung der menschlichen Person nicht entgegensteht, sondern aus ihrem Wesen heraus sie aufs höchste fördert." Vgl. auch das Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens Perfectae caritatis, Art. 12.</ref> Nützliche Vorsichtsmaßnahmen, die durch das Recht der einzelnen Institute festgelegt sind, müssen nicht nur vor dem Eintritt der Postulantinnen ins Kloster, sondern auch vor der Verpflichtung der ewigen Gelübde in Erwägung gezogen werden.

Die Darlegungen dieser Instruktion beziehen sich auf alle Institute, die ganz der Beschauung leben. Indessen hat jede Ordensfamilie ihr eigenes Gepräge und ihre Eigenart, die, nicht selten schon vom Gründer vorausbestimmt, treu bewahrt werden sollen. Auch soll nicht geleugnet werden, dass durch den Antrieb des Heiligen Geistes neue Formen des beschaulichen Lebens in der Kirche entstehen können.

So finden auch die Unterschiede zwischen den Instituten, die sich selbst in einer erstaunlichen Vielfalt darbieten, ihre rechtmäßige Anerkennung. Die Mannigfaltigkeit hängt vor allem von dem Gewicht ab, das man dem persönlichen oder dem liturgischen Gebet zumisst und das man auf das Leben in Gemeinschaft oder in Einsiedelei legt, was sich alles unschwer in das monastische Leben einfügen lässt. Das wirkt sich zweifellos auf die Art und Weise aus, in der die einzelnen Institute die materielle Trennung von der Welt durch die Klausur verstehen und einrichten.

VII.

Die Kongregation für die Ordensleute und Weltgemeinschaften unterstreicht deshalb die Vorschriften des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Einhaltung der Klausur und ihre Anpassung an die jeweiligen Umstände, da die Klausur erfahrungsgemäß eine erprobte Hilfe für das kontemplative Leben ist. Und so erlässt die Kongregation die folgenden, von Papst Paul VI. am 12. Juli 1969 gebilligten Normen für die Klöster der beschaulichen Nonnen.

NORMEN FÜR DIE PÄPSTLICHE KLAUSUR DER NONNENKLÖSTER

"Die päpstliche Klausur der Klöster ist als eine aszetische Einrichtung anzusehen, die mit der besonderen Berufung der Nonnen engstens zusammenhängt. Ist sie doch Zeichen, Schutz und besondere Form ihrer Trennung von der Welt" (Motu proprio Ecclesiae sanctae vom 11. 10. 1966, II, 30).

1. Die Klausur, die den Nonnen der beschaulichen Lebensform vorbehalten ist (Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens Perfectae caritatis, Art. 16), wird deshalb päpstlich genannt, weil die sie regelnden Normen durch Apostolische Autorität gutgeheißen werden müssen, selbst wenn es sich um sonderrechtliche Normen handelt, die bereits festgesetzt sind oder noch festgesetzt werden, in denen die Eigenart der Institute zum Ausdruck kommt.

2. Dem Gesetz der päpstlichen Klausur untersteht das gesamte Haus, in dem die Nonnen wohnen, mit den den Nonnen vorbehaltenen Gärten und Grünland.

3. Die dem Klausurgesetz unterliegende Umgrenzung des Klosters ist so einzurichten, dass sie eine materielle Trennung bewirkt (Motu proprio Ecclesiae sanctae II, 31), die das Betreten oder Verlassen verhindert (zum Beispiel durch eine Mauer oder auf andere wirksame Weise: durch Bretter, Draht, dichte und feste Zäune). Das Betreten und Verlassen der Klausur muss durch sonst verschlossene Türen geschehen.

4. Die genaue Art der Trennung, vor allem was Chor und Sprechzimmer betrifft, ist in den Konstitutionen und zusätzlichen Satzungen festzulegen. Dabei beachte man sowohl die Eigenart der Überlieferung der einzelnen Institute als auch die zeitlichen und örtlichen Verhältnisse (zum Beispiel durch Gitter, Schranken, unbewegliche Tische usw.). Entsprechend Art. 1 ist die Art der Trennung im voraus der Gutheißung der Kongregation für die Ordensleute und Säkularinstitute zu unterbreiten.

5. Auf Grund des Klausurgesetzes müssen die Nonnen, die Novizinnen und Postulantinnen innerhalb der durch die Klausur umschriebenen Umgrenzung des Klosters leben und sie dürfen diese nicht verlassen, außer in den durch das Recht festgelegten Fällen (vgl. Art. 7).

6. Ebenso verbietet das Klausurgesetz allen, ohne Unterschied von Geschlecht oder Alter, den Klausurbereich zu betreten; ausgenommen sind die vom Recht festgelegten Fälle (vgl. Art. 8 und 9).

7. Abgesehen von den durch den Heiligen Stuhl gewährten Sonderrechten, ist das Verlassen der Klausur den in Art. 5 Genannten gestattet:

a) im Falle einer sehr großen und drohenden Gefahr;

b) mit der Erlaubnis der Oberin und der wenigstens habituellen Zustimmung des Ortsordinarius und gegebenenfalls des Regularobern:

1. zur ärztlichen Behandlung oder Pflege der Gesundheit, vorausgesetzt, dass sie im eigenen Wohnort oder in der Nähe geschehen kann;

2. zur Begleitung einer kranken Nonne, falls dies wirklich notwendig ist;

3. zur Handarbeit oder zur notwendigen Aufsicht an Orten, die zwar außerhalb der Klausur, aber noch innerhalb des Klosterbereichs liegen;

4. zur Ausübung bürgerlicher Rechte;

5. zu Verwaltungsakten, die anders nicht zu erledigen sind;

von Krankheitsfällen abgesehen, muss die Oberin im voraus die Erlaubnis des Ortsordinarius und im gegebenen Fall des Regularobern einholen, wenn der Aufenthalt außerhalb der Klausur mehr als eine Woche dauern sollte;

c) außer den unter b) angegebenen Fällen muss die Oberin die Erlaubnis des Ortsordinarius und gegebenenfalls des Regularobern erbitten; diese kann nur einem wirklich schweren Grund und nur für die tatsächlich nötige Zeit gegeben werden;

d) alle gemäß a), b) und c) dieses Artikels gestatteten Ausgänge dürfen ohne ausdrückliche Erlaubnis des Heiligen Stuhles nicht länger als drei Monate dauern.

8. Abgesehen von den durch den Heiligen Stuhl gewährten Sondervergünstigungen, ist das Betreten der Klausur gestattet:

a) den Kardinälen, die einige Begleiter haben können; den Nuntien und Apostolischen Delegaten im Bereich ihrer Jurisdiktion;

b) den regierenden Staatsoberhäuptern mit ihren Gemahlinnen und ihrer Begleitung;

c) dem Ortsordinarius und dem Regularobern, sofern ein gerechter Grund vorliegt;

d) den kanonischen Visitatoren während der Visitation, jedoch nur zur Besichtigung und nur mit einem Begleiter;

e) dem Priester mit Begleiter, um den Kranken die Sakramente zu spenden oder eine Bestattung vorzunehmen; ebenso ist dem Priester der Eintritt gestattet, um denen geistlich beizustehen, die an langwieriger und schwerer Krankheit leiden;

f) ebenso dem Priester mit Assistenz zur Feier von liturgischen Prozessionen, wenn es von der Oberin gewünscht wird;

g) auf Grund der Erlaubnis der Oberin, unter der Aufsicht des Ortsordinarius oder gegebenenfalls des Regularobern, den Ärzten und anderen Personen, deren Dienstleistung für die Bedürfnisse des Klosters notwendig ist;

h) den Schwestern, denen der Außendienst des Klosters obliegt nach den jeweiligen Statuten.

9. Eine nach Art. 1 vom Heiligen Stuhl gebilligte Sonderregelung kann entsprechend dem Geist und der Eigenart des Instituts entweder strengere Richtlinien für die Klausur festlegen oder weitere Fälle rechtmäßigen Betretens oder Verlassens der Klausur verfügen, durch die den Bedürfnissen der Klöster oder dem Wohl der Nonnen Rechnung getragen wird.

10. Der Gebrauch von Hörfunk und Fernsehen kann in den nur beschaulichen Nonnenklöstern nur bei besonderen Anlässen religiösen Charakters gestattet werden.

11. Tageszeitungen, Zeitschriften und andere Kommunikationsmittel sollten weder zu zahlreich sein, noch unterschiedslos zugelassen werden (vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über die sozialen Kommunikationsmittel Inter mirifica, Art. 4). Auf diese Weise kann nämlich der Geist der Welt in die besten Kommunitäten eindringen und sie verwirren.

12. Tagungen und Kongresse jedweder Art, die mit dem klösterlichen Leben kaum oder überhaupt nicht vereinbar sind, sollen klug vermieden werden. Sollten jedoch die heutigen Verhältnisse den Nonnen die Teilnahme nahelegen, dann kann sie ihnen - die notwendige Erlaubnis vorausgesetzt - für solche Kongresse gestattet werden, die das Leben in der Klausur wirklich fördern. Doch soll ein Verlassen der Klausur dieser Art nicht allzu häufig sein. Die Obern sollen sich bewusst sein, dass die Reinheit und der Eifer des Lebens in Klausur von der strengen Beobachtung ihrer Gesetze weithin abhängt. Darum soll das Verlassen des Klosterbereiches eine Ausnahme bleiben.

13. Das Klausurgesetz verpflichtet sowohl die Nonnen wie die Außenstehenden streng im Gewissen.

14. Gelegentlich der kanonischen Visitation muss der Visitator die materielle Klausur überprüfen. Die Oberin muss ihm über die Beobachtung der Normen bezüglich der Klausur Rechenschaft ablegen und das Buch, in das Verlassen und Betreten der Klausur gewissenhaft einzutragen sind, zur Einsichtnahme vorlegen.

15. Da die Kirche das beschauliche Leben in der Klausur hochschätzt, spricht sie den Nonnen, die für die Anpassung der Klausur jene Art wählen, die dem beschaulichen Leben am besten entspricht, und so die Abgeschiedenheit von der Welt ehrfürchtig bewahren (Dekret perfectae caritatis, Art. 7), ihre hohe Anerkennung aus. Sie ermahnt den Ortsordinarius und gegebenenfalls den Regularobern, die das Recht und die Pflicht haben, über die Einhaltung der Klausur zu wachen, diese mit allem Eifer zu schützen und die Oberin, die für die Wahrung der Klausur verantwortlich ist, auf Grund ihres Amtes wirksam zu unterstützen.

16. Die bisher für die Verletzung der Klausur der Nonnen festgesetzten Strafen sind bis zur Veröffentlichung des neuen kirchlichen Gesetzbuches außer Kraft gesetzt.

17. Die Art des Vorgehens bei der Erneuerung der Klausur, die durch das Motu proprio Ecclesiae sanctae, II, 9, 10, 11 festgelegt ist, werde gewissenhaft eingehalten. Entsprechend Art. 6 dieses Motu proprio dürfen keine Versuche gegen die Vorschriften der hier gegebenen Weisungen, die allgemein kirchliches Recht sind, eingeführt werden, außer nach Einholung der Erlaubnis des Heiligen Stuhles.

Diejenigen Klöster, die bei der Anpassung der päpstlichen Klausur schon einige Neuerungen eingeführt haben, müssen diese - innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag der Veröffentlichung dieser Instruktion - dem Urteil der Kongregation für die Ordensleute und Weltgemeinschaften unterbreiten.

Gegeben zu Rom, am 15. August 1969,

am Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel.
H. Kardinal ANTONIUTTI,
Präfekt

Eduard Heston, C.S.C.,

Sekretär

Anmerkungen

<references />

Weblinks