Renaissance

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Renaissance beschreibt eine europäische Kulturepoche hauptsächlich des 15. und 16. Jahrhunderts. Die Bezeichnung Renaissance wurde im 19. Jahrhundert geprägt und bringt das Bemühen zeitgenössischer Gelehrter, Künstler und Musiker zum Ausdruck, die kulturellen Leistungen der griechischen und römischen Antike nach dem ausklingenden Mittelalter wieder neu zu beleben. Ausgehend von den Städten Norditaliens beeinflusste ihre innovative Malerei, Architektur, Skulptur sowie Musik, Literatur und Philosophie auch die Länder nördlich der Alpen.

Ursprünge

Das Wissen und die Ideen der Antike, die im Europa des Früh- und Hochmittelalters vergessen wurden, waren in Klosterbibliotheken, im arabischen Kulturkreis und Byzanz bewahrt worden. Wissenschaftler wie Poggio Bracciolini oder Niccolo Niccoli durchsuchten die Bibliotheken nach Werken klassischer Autoren wie Platon, Marcus Tullius Cicero und Vitruv. Der Niedergang des Byzantinischen Reichs nach dem vierten Kreuzzug bis zur Belagerung von Konstantinopel (1453) durch die Türken, führte dazu, dass griechische Gelehrte nach Italien kamen, die das Wissen über die Kultur der griechischen Antike mitbrachten, das im Byzantinischen Reich nach dem Untergang Westroms nahezu 1000 Jahre lang konserviert worden war. Bereits einige Jahre vor dem Ende des Oströmischen-Byzantinischen Reiches, zu dem Griechenland und Teile der heutigen Türkei gehörten, war der Italiener Giovanni Aurispa nach Konstantinopel gekommen und hatte 1423 von dort über 200 Codizes mit Texten antiker profaner Literatur nach Italien gebracht.

Auch die sozialen und politischen Zustände im Italien des ausgehenden Mittelalters trugen zu den Umbrüchen bei. Italien existierte nicht als politische Einheit, sondern war in kleinere Stadtstaaten und Territorien aufgeteilt.

Eine weitere Theorie macht die Pest und die daraus resultierende Änderung der Weltanschauung im 14. Jahrhundert für die Renaissance verantwortlich. Er führte zu einer Konzentration auf das Irdische statt auf Spiritualität und Jenseits. Vermutlich muss aber die Renaissance als komplexes Zusammenspiel aller Faktoren gesehen werden.

Entwicklung

Bereits im Mittelalter schaute Europa auf die Antike zurück, doch in den nachfolgenden Jahrhunderten wurden unter anderem antike Texte wiederentdeckt und im Humanismus das antike Staatswesen studiert. Das Ende der Epoche vollzieht sich im beginnenden 17. Jahrhundert in Italien durch den neu hervortretenden Kunststil des Barock. Außerhalb Italiens dominierten noch längere Zeit Formen der Gotik, die Übergänge sind fließend und ihre Einschätzung hängt davon ab, ob ein engerer Stilbegriff der Renaissance verwendet wird oder ein weiterer Epochenbegriff.

Als Künstler der Renaissance sind besonders Italiener wie Leonardo da Vinci, Tizian und Donatello sowie in Deutschland Albrecht Dürer bekannt. Zu dieser Epoche gehören auch bedeutende Schriftsteller von Dante Alighieri bis William Shakespeare. Der Staatsphilosoph Niccolò Machiavelli gilt als Analytiker und Vertreter einer selbstbewussten Machtpolitik, Erasmus von Rotterdam wiederum steht für Moral und Selbstreflexion. In der Musik verbindet man die Epoche vor allem mit verstärkter Mehrstimmigkeit und neuer Harmonie etwa bei Orlando di Lasso.

Erstmals wurde der Begriff Rinascimento (Wiedergeburt) 1550 von dem italienischen Künstler und Künstlerbiografen Giorgio Vasari verwendet, um die Überwindung der mittelalterlichen Kunst zu bezeichnen. Vasari unterscheidet in der Entwicklung der Kunst drei Zeitalter:

das glanzvolle Zeitalter der griechisch-römischen Antike,
ein Zwischenzeitalter des Verfalls, das etwa mit der Epoche des Mittelalters gleichgesetzt werden kann,
das Zeitalter des Wiederauflebens der Künste und der Wiedergeburt des antiken Geistes im Mittelalter seit etwa 1250.

Um 1820 wurde der Begriff Renaissance in der heute geläufigen Schreibweise aus dem Italienischen ins Französische übernommen. Etwa 1840 erfolgte im deutschsprachigen Schrifttum eine Entlehnung aus dem Französischen, um eine kulturgeschichtliche Epoche Europas während des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit zu benennen. Der Begriff wurde in dieser Bedeutung maßgebend vom Basler Historiker Jacob Burckhardt mit seinem Werk Die Kultur der Renaissance in Italien (1860) geprägt.

Selbstverständnis

Ein Hauptcharakteristikum der Renaissance ist die Wiedergeburt des antiken Geistes. Der Humanismus ist die wesentliche Geistesbewegung der Zeit. Vorreiter waren italienische Dichter des 14. Jahrhunderts. Diese Wiedergeburt manifestierte sich darin, dass zahlreiche Elemente des Gedankenguts der Antike neu entdeckt und belebt wurden. Dies wird insbesondere in den Künsten und ihren neuen, als fortschrittlich empfundenen Prinzipien deutlich, in denen die mystisch-geistig orientierte Formensprache des Mittelalters von weltlicher, mathematisch-wissenschaftlicher Klarheit abgelöst wurde.

Als beispielhaft für die neue Weltsicht kann die Proportionsstudie von Leonardo da Vinci betrachtet werden. In ihr wird der Mensch in seiner körperlichen Beschaffenheit in das Zentrum gesetzt. Man kann die Renaissance damit als Beginn der neuzeitlichen Weltsicht begreifen.

Die Künste und Wissenschaften genießen in den italienischen Stadtstaaten wieder ein ähnlich hohes Ansehen wie im antiken Griechenland. Künstler sind keine anonymen Handwerker mehr, sondern treten mit dem Selbstbewusstsein von Universalgelehrten auf. Ihre Werke werden als individuelle Schöpfungen von hohem Rang angesehen.

Renaissance in der Geisteswissenschaft und Kultur

Philosophie

Die Philosophie der Renaissance wendet sich vom scholastisch-aristotelischen Denken ab und ist vor allem dem Platonismus verpflichtet. Sämtliche Schriften Platons wurden ins Lateinische übersetzt. Viele Denker der Renaissance hängen dem Neuplatonismus an. Eine weit verbreitete Geisteshaltung unter Gelehrten der Renaissance war der Humanismus, der unter anderen von folgenden Denkern vertreten wurde:

  • Coluccio Salutati (1331–1406)
  • Nicolaus Cusanus (1401–1464)
  • Erasmus von Rotterdam (1466–1536)
  • Niccolò Machiavelli (1469–1527)
  • Thomas Morus (1478–1535)
  • François Rabelais (1494–1553)
  • Polydor Vergil (1470–1555)

Musik

G. P. da Palestrina

In der Renaissance war zunächst die franko-flämische Musik stilbestimmend, ab der Mitte des 16. Jahrhunderts kamen die wesentlichen Impulse dann aus Italien, besonders durch Komponistenströmungen wie die Florentiner Camerata, die Römische Schule und die Venezianische Schule.

Besondere Eigenschaften und Stilmittel der Renaissancemusik:

Musik als Werk von (nicht mehr anonymen) Komponisten,
Musik zur geselligen Unterhaltung (z. B. Liebes-, Trink- und Jahreszeitenlieder) statt alleinigen Gotteslobes,
reiche Polyphonie (Mehrstimmigkeit) in der Kirchenmusik, homophon behandelte Volkslied-Melodien (weltliche Musik),
Instrumentenbau in ganzen Instrumentenfamilien: Tasten-, Streich- und Blasinstrumenten,
prinzipielle Austauschbarkeit von Vokal- und Instrumentalpartien, keine feste Instrumentierung,
gegenüber der Musik des Mittelalters geändertes Harmonie-Empfinden.

Wichtige Komponisten sind:

Die Renaissance wurde durch die Epoche des Barock abgelöst, die von Italien um 1600 ausgeht (siehe Barockmusik). Der Stilwandel äußert sich am augenfälligsten in der Einführung von Monodie und Generalbass. Außerdem entstanden die ersten Opern. Trotzdem werden grundlegende in der Renaissance entstandene musikalische Konzepte auch in nachfolgenden Epochen verwendet, etwa die Venezianische Mehrchörigkeit. Letzte Nachklänge sind u. a. in den Fantasien für von Henry Purcell zu finden.

Kunst

Zur Nachahmung der antiken Kunst gesellte sich im 15. Jahrhundert die intensivere Beschäftigung mit der Natur, die einen wichtigen Aspekt in der Entwicklungsgeschichte der Renaissancekunst darstellt. Eng mit der Forderung nach der Naturwahrheit in der Kunst hing das Bekenntnis der Künstler zur Antike zusammen. Man bewunderte die antiken Kunstwerke als mustergültige Beispiele naturgemäßer Gestaltung. In ihnen sah man nachahmungswürdige Beispiele, wie man die Natur darzustellen hatte. Neben der Neubestimmung des Verhältnisses der Kunst zur Natur und der Verehrung der Antike stellte die Renaissance auch die Frage nach dem Wesen der Schönheit.

Die Mehrzahl der Gemälde der Renaissancekunst sind Altarbilder und Fresken religiösen Inhalts, die für Kirchen gemalt wurden. Die religiöse Gestalt wurde jedoch vermenschlicht, indem sie in einer irdischen Umgebung dargestellt wurde. So erscheinen die Personen auf vielfigurigen Bildern oft in der Alltagskleidung des Renaissancezeitalters.

In der Renaissance wurde immer mehr Wert auf die Anatomie des Menschen gelegt. Die Künstler erforschten Muskelzüge, Bewegungen, Verkürzungen und die Körperproportion an sich. Ein symmetrischer, harmonisch ausgewogener Bildaufbau, unterstützt durch innerbildliche Kreis-, Halbkreis- und Dreiecksformen, wurde in der Malerei bevorzugt.

Die Bildhauer der Renaissance schaffen vor allem Standfiguren und Bildnisbüsten. Auf den Plätzen der Städte werden Monumentalplastiken aufgestellt. Die Grabplastik für weltliche und geistliche Würdenträger verbindet zum Beispiel in Form eines Wandgrabmals die Skulptur mit der Architektur zu einem Gesamtkunstwerk.

Eine Tendenz der Architektur besteht darin, die Formensprache der Antike in klassischer Strenge wiederzubeleben. In Italien war dieses Ziel mit der Hochrenaissance durch Donato Bramante gegen 1500 erreicht und setzte sich von da an in ganz Italien durch. Italienische Renaissancebauten wurden klar, überschaubar und harmonisch ausgewogen konzipiert. Die Architekten orientierten sich bei den Grundrissen an einfachen idealen geometrischen Formen wie dem Quadrat oder dem Kreis. Man entlehnt Bauelemente wie Säulen, Pilaster, Kapitelle, Dreiecksgiebel etc. direkt der (griechischen) Antike. So findet man an Säulen wieder dorische, ionische oder korinthische Kapitelle. Daneben kommt es zu einer vermehrten Verwendung der bereits der römischen Architektur bekannten toskanischen Säule, vor allem in den Untergeschossen der Renaissancebauten.

Michelangelo's Pieta

Wichtige Renaissancekünstler sind:

  • Jan van Eyck (um 1390–1441)
  • Pietro Perugino (um 1448–1523)
  • Leonardo da Vinci (1452–1519)
  • Hans Holbein (um 1465–1524)
  • Albrecht Dürer (1471–1528)
  • Lucas Cranach der Ältere (1472–1553)
  • Fra Bartolommeo (1474–1517)
  • Michelangelo Buonarroti (1475–1564)
  • Tiziano Vecellio (14..–1576)
  • Raffael (1483–1520)
  • Pieter Bruegel (um 1525–1569)

Dichter und Schriftsteller

In der Literatur leiten im 14. Jahrhundert Dante Alighieris „Göttliche Komödie“ (La Divina Commedia, 1307–1321), Francesco Petrarcas Briefe, Traktate und Gedichte und Giovanni Boccaccios Il Decamerone (1353) das Zeitalter der Renaissance ein. Graf Baldassare Castiglione beschreibt in Il Libro del Cortegiano (1528) den Idealtypus eines Renaissancemenschen.

Die Literatur nahm nach der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg in der Renaissancezeit einen starken Aufschwung.

Zu den Dichtern und Schriftstellern der Renaissance zählen:

  • Dante Alighieri (1265–1321)
  • Francesco Petrarca (1304–1374)
  • Giovanni Boccaccio (1313–1375)
  • Sebastian Brant (1457–1521)
  • Erasmus von Rotterdam (ca. 1466–1536)
  • Ludovico Ariosto (1474–1533)
  • Thomas Murner (1475–1537)
  • Baldassare Castiglione (1478–1529)
  • Gonzalo Fernández de Oviedo y Valdés (1478–1557)
  • Philipp Melanchthon (1497–1560)
  • Sebastian Franck (1500–1543)
  • Torquato Tasso (1544–1595)
  • William Shakespeare (1564–1616)

Literatur

  • Thomas DaCosta Kaufmann: Höfe, Klöster und Städte. Kunst und Kultur in Mitteleuropa 1450–1800. DuMont, Köln 1998, ISBN 3-7701-3924-0.
  • Peter Burke: Die europäische Renaissance. Zentren und Peripherien. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52796-5.
  • Hubertus Günther: Was ist Renaissance? Eine Charakteristik der Architektur zu Beginn der Neuzeit. Primus, Darmstadt 2009, ISBN 978-3-89678-654-8.
  • Volker Reinhardt: Die Renaissance in Italien. Geschichte und Kultur. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47991-X.
  • Anne Schunicht-Rawe, Vera Lüpkes (Hrsg.): Handbuch der Renaissance. Deutschland, Niederlande, Belgien, Österreich. DuMont, Köln 2002, ISBN 3-8321-5962-2.
  • Jeffrey C. Smith: The Northern Renaissance. Phaidon Books, London 2004, ISBN 0-7148-3867-5.
  • Jörg Traeger: Renaissance und Religion. Die Kunst des Glaubens im Zeitalter Raphaels. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42801-0.
  • Manfred Wundram: Renaissance. Reclam, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-018173-9.
  • Rudolf Wittkower: Grundlagen der Architektur im Zeitalter des Humanismus. München 1969.
  • Stephen Greenblatt: Die Wende. Wie die Renaissance begann. München 2012, ISBN 978-3-88680-848-9.