Kreuzweg am Kolosseum 2013

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Der Kreuzweg am Kolosseum unter Vorsitz des Papstes Franziskus, wurde am Karfreitag dem 29. März 2013 meditiert bzw. gebetet. Der Kreuzweg ist von jungen Libanesen unter der Leitung Seiner Seligkeit Patriarch Béchara Boutrod Kardinal Raï, verfasst.

(Quelle: Die deutsche Fassung auf der Vatikanseite)

EINFÜHRUNG

»Ein Mann lief auf Jesus zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: „Guter Meister, was muß ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“« (Mk 10,17).

Jesus hat auf diese Frage, die im Innersten unseres Herzens brennt, geantwortet, indem er den Weg des Kreuzes ging.

Wir betrachten dich, Herr, auf diesem Weg, den du als erster gegangen bist und an dessen Ende »du dein Kreuz wie eine Brücke zum Tod ausgespannt hast, damit die Menschen vom Land des Todes zu dem des Lebens hinübergehen können« (Ephräm der Syrer, Homilie).

Der Ruf, dir nachzufolgen, ist an alle gerichtet, besonders an die Jugendlichen und an diejenigen, die von Spaltungen, Kriegen oder Ungerechtigkeiten heimgesucht sind und darum ringen, unter ihren Mitmenschen Zeichen der Hoffnung und Friedensstifter zu sein.

So erscheinen wir also voller Liebe vor dir, bringen dir unsere Leiden dar, wenden unsere Augen und unsere Herzen deinem heiligen Kreuz zu; und in der Kraft, die uns aus deiner Verheißung zufließt, beten wir zu dir: »Gepriesen sei unser Erlöser, der uns durch seinen Tod das Leben geschenkt hat. O Erlöser, verwirkliche in uns das Geheimnis deiner Erlösung durch deine Passion, deinen Tod und deine Auferstehung« (aus der maronitischen Liturgie).

Erste Station: Jesus wird zum Tode verurteilt

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»Pilatus wandte sich von neuem an sie und fragte: „Was soll ich dann mit dem tun, den ihr den König der Juden nennt?“ Da schrien sie: „Kreuzige ihn!“ Darauf ließ Pilatus, um die Menge zufriedenzustellen, Barabbas frei und gab den Befehl, Jesus zu geißeln und zu kreuzigen« (Mk 15, 12-13. 15).

Vor Pilatus, dem Machthaber, hätte Jesus Gerechtigkeit erlangen müssen. Pilatus hatte tatsächlich die Macht, die Unschuld Jesu anzuerkennen und ihn freizulassen. Aber der römische Statthalter zog es vor, der Logik seiner persönlichen Interessen zu dienen, und beugte sich dem politischen und gesellschaftlichen Druck. Er verurteilte einen Unschuldigen, um der Menge zu gefallen, ohne der Wahrheit gerecht zu werden. Er lieferte Jesus dem Kreuzestod aus, obwohl er um seine Unschuld wußte… und dann wusch er sich die Hände.

In unserer heutigen Welt gibt es viele „Pilatus“, die die Hebel der Macht in Händen halten und sie gebrauchen, um den Stärkeren zu dienen. Viele sind es, die – schwach und feige gegenüber diesen Machtbestrebungen – ihre Autorität in den Dienst des Unrechts stellen und die Würde des Menschen und sein Recht auf Leben mit Füßen treten.

Jesus, unser Herr, laß nicht zu, daß wir zur Zahl der Ungerechten gehören. Laß nicht zu, daß die Starken sich im Bösen, im Unrecht und in der Gewaltherrschaft gefallen. Laß nicht zu, daß die Ungerechtigkeit Unschuldige in die Verzweiflung und in den Tod treibt! Stärke sie in der Hoffnung und erleuchte das Gewissen derer, die in dieser Welt über Autorität verfügen, damit sie in Gerechtigkeit regieren. Amen.

Zweite Station: Jesus nimmt das Kreuz auf sich

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»Nachdem sie so ihren Spott mit ihm getrieben hatten, nahmen sie ihm den Purpurmantel ab und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an. Dann führten sie Jesus hinaus, um ihn zu kreuzigen« (Mk 15, 20).

Jesus Christus steht vor Soldaten, die glauben, alle Macht über ihn zu haben, während er derjenige ist, durch den »alles geworden« ist, und »ohne den nichts wurde, was geworden ist« (vgl. Joh 1, 3).

Zu allen Zeiten hat der Mensch gemeint, sich an Gottes Stelle setzen und selbst bestimmen zu können, was gut und was böse ist (vgl. Gen 3, 5), ohne Bezug auf seinen Schöpfer und Erlöser. Er hielt sich für allmächtig und fähig, im Namen der Vernunft, der Macht und des Geldes Gott aus seinem Leben und aus dem der anderen auszuschließen.

Auch heute beugt sich die Welt Kräften, die versuchen, Gott aus dem Leben des Menschen auszuschließen – wie der blinde Laizismus, der im Namen einer vermeintlichen Verteidigung des Menschen die Werte des Glaubens und der Moral erstickt; oder der gewaltsame Fundamentalismus, der die Verteidigung religiöser Werte als Vorwand benutzt (vgl. Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Medio Oriente, 29).

Jesus, unser Herr, der du die Demütigung angenommen und dich mit den Schwachen identifiziert hast, dir vertrauen wir alle gedemütigten und leidenden Menschen und Völker an, besonders die des gequälten Orients. Gib, daß sie in dir die Kraft haben, mit dir ihr Kreuz der Hoffnung zu tragen. In deine Hände legen wir alle, die sich verirrt haben, damit sie durch dich die Wahrheit und die Liebe finden. Amen.

Dritte Station: Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz

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»Er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt«  (Jes 53, 5).

Der die Leuchten des Himmels in seiner göttlichen Hand hält und vor dem die Mächte des Himmels erzittern – er fällt zu Boden, ungesichert unter dem schweren Joch des Kreuzes.

Der der Welt den Frieden gebracht hat, stürzt, verletzt von unseren Sünden, unter der Bürde unserer Schuld.

»Ihr Gläubigen, schaut auf unseren Heiland, der auf dem Weg zum Kalvarienberg voranschreitet. Niedergedrückt ist er von bitteren Leiden, es verlassen ihn die Kräfte. Gehen wir, dieses unglaubliche Ereignis zu sehen, das unser Verstehen übersteigt und schwer zu beschreiben ist. Die Grundfesten der Erde wurden erschüttert, und eine unheimliche Angst befiel die Anwesenden, als ihr Schöpfer und Gott unter der Last des Kreuzes erdrückt wurde und sich aus Liebe zur gesamten Menschheit zum Tod führen ließ« (aus der chaldäischen Liturgie).

Jesus, unser Herr, hebe uns auf aus unserem wiederholten Fallen, führe unseren verirrten Geist zu deiner Wahrheit zurück. Laß nicht zu, daß der menschliche Verstand, den du auf dich hin geschaffen hast, sich mit Teilwahrheiten aus Wissenschaft und Technologie zufriedengibt, ohne zu versuchen, die Grundfragen nach dem Sinn und dem Sein zu stellen (vgl. Apostolisches Schreiben Porta fidei, 12).

Gib, o Herr, daß wir uns dem Wirken deines Heiligen Geistes öffnen, damit er uns zur Fülle der Wahrheit führt. Amen.

Vierte Station: Jesus begegnet seiner Mutter

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»Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: „Dieser ist dazu bestimmt, daß in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird. Dadurch sollen die Gedanken vieler Menschen offenbar werden. Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen.“ Seine Mutter bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen« (Lk 2, 34-35. 51b).

Verletzt und leidend, das Kreuz der Menschheit tragend, begegnet Jesus seiner Mutter und – in ihrem Antlitz – der ganzen Menschheit.

Maria, die Mutter Gottes, war die erste Jüngerin des Meisters. Als sie das Wort des Engels aufnahm, begegnete sie zum ersten Mal dem fleischgewordenen Wort und wurde Tempel des lebendigen Gottes. Sie ist ihm begegnet, ohne zu begreifen, wieso der Schöpfer des Himmels und der Erde ein Mädchen, ein schwaches Geschöpf hatte erwählen wollen, um sich in dieser Welt zu inkarnieren. Sie ist ihm begegnet in einer ständigen Suche nach seinem Angesicht, im Schweigen des Herzens und in der Meditation des Wortes Gottes. Sie glaubte, daß sie es sei, die ihn suchte, doch in Wirklichkeit suchte er sie.

Jetzt, da er das Kreuz trägt, begegnet er ihr.

Jesus leidet, indem er seine Mutter leiden sieht, und Maria leidet beim Anblick ihres leidenden Sohnes. Doch aus diesem gemeinsamen Leiden geht eine neue Menschheit hervor. »Friede sei mit dir! Wir flehen dich an, du ruhmvolle Heilige, immerwährende Jungfrau, Mutter Gottes, Mutter Christi. Laß unser Gebet aufsteigen vor das Angesicht deines geliebten Sohnes, damit er unsere Sünden vergebe« (Theotokion aus dem koptischen Stundenbuch, Al-Aghbia 37).

Jesus, unser Herr, in unseren Familien erleben auch wir die Leiden, die Eltern den Kindern und Kinder den Eltern zufügen. Herr, gib, daß in diesen schwierigen Zeiten unsere Familien Orte deiner Gegenwart seien, damit unsere Leiden sich in Freude verwandeln. Sei du der Halt unserer Familien und mache sie zu Oasen der Liebe, des Friedens und der Gelassenheit, nach dem Bild der Heiligen Familie von Nazaret. Amen.

Fünfte Station: Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen

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»Als sie Jesus hinausführten, ergriffen sie einen Mann aus Zyrene namens Simon, der gerade vom Feld kam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage« (Lk 23, 26).

Die Begegnung zwischen Jesus und Simon von Zyrene ist eine Begegnung im Schweigen, eine Lektion für das Leben: Gott will nicht das Leiden und akzeptiert nicht das Böse. Und der Mensch empfindet ebenso. Doch das im Glauben angenommene Leiden verwandelt sich in einen Weg des Heils. Dann erdulden wir es wie Jesus und helfen wie Simon von Zyrene, es zu tragen.

Jesus, unser Herr, du hast den Menschen in das Tragen deines Kreuzes mit einbezogen. Du hast uns eingeladen, dein Leiden zu teilen. Simon von Zyrene ist wie wir, und er lehrt uns, das Kreuz anzunehmen, das uns auf den Wegen des Lebens begegnet.

Nach deinem Beispiel, Herr, tragen auch wir heute das Kreuz des Leidens und der Krankheit, aber wir akzeptieren es, weil du bei uns bist. Es kann uns an den Rollstuhl fesseln, aber nicht daran hindern zu träumen; es kann den Blick verdunkeln, aber nicht das Gewissen treffen; es kann die Ohren taub machen, aber nicht das innere Zuhören vereiteln; es kann die Zunge lähmen, aber nicht den Durst nach Wahrheit unterdrücken; es kann die Seele belasten, sie aber nicht ihrer Freiheit berauben.

Herr, wir wollen deine Jünger sein, um alle Tage dein Kreuz zu tragen; wir werden es mit Freude und mit Hoffnung tragen, denn du trägst es mit uns, denn du hast für uns über den Tod gesiegt.

Wir sagen dir Dank, Herr, für jeden kranken oder leidenden Menschen, der es versteht, Zeuge deiner Liebe zu sein, und für jeden »Simon von Zyrene«, den du an unseren Weg stellst. Amen.

Sechste Station: Veronika reicht Jesus das Schweißtuch

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»Mein Herz denkt an dein Wort: „Sucht mein Angesicht!“ Dein Angesicht, Herr, will ich suchen. Verbirg nicht dein Gesicht vor mir; weise deinen Knecht im Zorn nicht ab! Du wurdest meine Hilfe. Verstoß mich nicht, verlaß mich nicht, du Gott meines Heiles!« (Ps 27, 8-9).

Veronika hat dich in der Menschenmenge gesucht. Sie hat dich gesucht, und schließlich hat sie dich gefunden. Als dein Schmerz seinen Höhepunkt erreichte, wollte sie ihn lindern, indem sie dein Antlitz mit einem Tuch abwischte. Eine kleine Geste, doch sie drückte all ihre Liebe zu dir und all ihren Glauben an dich aus; sie hat sich tief in das Gedächtnis unserer christlichen Überlieferung eingeprägt.

Jesus, unser Herr, dein Angesicht suchen wir. Veronika erinnert uns daran, daß du in jedem Menschen zugegen bist, der leidet und auf seinem Weg nach Golgota voranschreitet. Herr, gib, daß wir dich in den Armen, deinen geringen Brüdern, finden, um die Tränen der Weinenden zu trocknen, uns der Leidenden anzunehmen und die Schwachen zu stützen.

Herr, du lehrst uns, daß ein verletzter und vergessener Mensch weder seinen Wert noch seine Würde verliert und daß er ein Zeichen deiner verborgenen Gegenwart in der Welt bleibt. Hilf uns, die Spuren der Armut und der Ungerechtigkeit von seinem Angesicht abzuwischen, damit dein Bild in ihm offenbar wird und leuchtet.

Wir beten für alle, die dein Angesicht suchen und es in dem der Obdachlosen, der Armen und jener Kinder finden, die der Gewalt und der Ausbeutung ausgesetzt sind. Amen.

Siebte Station: Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz

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»Alle, die mich sehen, verlachen mich, verziehen die Lippen, schütteln den Kopf. Sei mir nicht fern, denn die Not ist nahe und niemand ist da, der hilft« (Ps 22, 8. 12).

Jesus ist allein unter der inneren und äußeren Last des Kreuzes. Das ist der Zusammenbruch, wenn die Last des Bösen zu groß wird und es scheint, als gebe es für Unrecht und Gewalt keine Grenze mehr.

Doch noch einmal steht er wieder auf in der Kraft des unendlichen Vertrauens in seinen Vater. Angesichts der Menschen, die ihn seinem Schicksal überlassen, ist es die Kraft des Heiligen Geistes, die ihn aufhebt, ihn ganz mit dem Willen des Vaters vereint – dem Willen der Liebe, die alles vermag.

Jesus, unser Herr, in deinem zweiten Fallen erkennen wir viele eigene Situationen, die ausweglos erscheinen – darunter die, welche auf Vorurteilen und Haß beruhen, jenen Haltungen, die unsere Herzen verhärten und zu religiösen Konflikten führen.

Erleuchte unser Bewußtsein, damit wir » ungeachtet der menschlichen und religiösen Divergenzen « erkennen, daß »ein Strahl der Wahrheit alle Menschen erleuchtet «, die berufen sind, in der Achtung der Religionsfreiheit gemeinsam auf die Wahrheit zuzugehen, die allein in Gott liegt. So können die verschiedenen Religionen »sich gemeinsam in den Dienst des Gemeinwohls stellen und zur Entfaltung jedes Menschen sowie zum Aufbau der Gesellschaft beitragen« (Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Medio Oriente, 27-28).

Komm, Heiliger Geist, um die Christen – besonders die des Nahen Ostens – zu trösten und zu stärken, damit sie, vereint mit Christus, auf einer durch Unrecht und Konflikte zerrissenen Erde die Zeugen seiner universalen Liebe seien. Amen.

Achte Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen von Jerusalem

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»Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: „Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder!“« (Lk 23, 27-28).

Auf dem Weg zum Kalvarienberg begegnet der Herr den Frauen von Jerusalem. Diese Frauen beweinen das Leiden des Herrn, als handele es sich um ein Leiden ohne Hoffnung. Sie sehen im Kreuz nur das Holz als Zeichen der Verfluchung (vgl. Dtn 21, 23), während der Herr wollte, daß es ein Mittel zur Erlösung und zum Heil sei.

In der Passion und in der Kreuzigung gab Jesus sein Leben hin als Lösegeld für viele. So schaffte er denen Erleichterung, die unterjocht waren, und tröstete die Betrübten. Er trocknete die Tränen der Frauen von Jerusalem und öffnete ihnen die Augen für die österliche Wahrheit.

Unsere Welt ist voll von betrübten Müttern, von Frauen, die in ihrer Würde verletzt sind, denen durch Diskriminierung, Ungerechtigkeiten und Leiden Gewalt angetan wird (vgl. Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Medio Oriente, 60). O leidender Christus, sei du ihr Friede und der Balsam für ihre Wunden.

Jesus, unser Herr, mit deiner Menschwerdung aus Maria, der » Begnadeten « unter den Frauen (vgl. Lk 1, 28), hast du die Würde jeder Frau erhöht. Mit der Inkarnation hast du das Menschengeschlecht geeint (vgl. Gal 3, 26-28).

Herr, die Begegnung mit dir sei unser Herzensanliegen. Möge unser Weg voller Leiden immer ein Weg der Hoffnung sein, mit dir und auf dich zu, der du die Zuflucht unseres Lebens bist und unser Heil. Amen.

Neunte Station: Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz

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»Die Liebe Christi drängt uns, da wir erkannt haben: Einer ist für alle gestorben, also sind alle gestorben. Er ist aber für alle gestorben, damit die Lebenden nicht mehr für sich leben, sondern für den, der für sie starb und auferweckt wurde« (2 Kor 5, 14-15).

Zum dritten Mal fällt Jesus unter dem Kreuz, beladen mit unseren Sünden, und zum dritten Mal versucht er aufzustehen, indem er die Kräfte sammelt, die ihm geblieben sind, um den Weg nach Golgota fortzusetzen; er weigert sich, sich erdrücken zu lassen und der Versuchung zu erliegen.

Von seiner Inkarnation an trägt Jesus das Kreuz des menschlichen Leidens und der Sünde. Er hat die Menschennatur vollkommen und auf ewig angenommen und zeigt so den Menschen, daß der Sieg möglich und der Weg zur Gotteskindschaft offen ist.

Jesus, unser Herr, die Kirche, die aus deiner geöffneten Seite hervorgegangen ist, ist niedergedrückt unter dem Kreuz der Spaltungen, welche die Christen voneinander und von der Einheit entfernen, die du für sie gewollt hast. Sie weichen ab von deinem Wunsch, daß » alle eins sein « sollen (Joh 17,21), so wie der Vater mit dir eins ist. Dieses Kreuz lastet mit seinem ganzen Gewicht auf ihrem Leben und auf ihrem gemeinsamen Zeugnis. Gewähre uns, Herr, die Weisheit und die Demut, um uns zu erheben und auf dem Weg zur Einheit voranzugehen in Wahrheit und Liebe und angesichts der Spaltungen, auf die wir stoßen, nicht der Versuchung zu erliegen, einzig den Kriterien der persönlichen oder der Gruppeninteressen zu folgen (vgl. Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Medio Oriente, 11).

Gib, daß wir die Mentalität der Spaltung ablegen, » damit das Kreuz Christi nicht um seine Kraft gebracht wird « (1 Kor 1, 17). Amen.

Zehnte Station: Jesus wird seiner Kleider beraubt

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»Sie verteilen unter sich meine Kleider und werfen das Los um mein Gewand« (Sal 22, 19).

In der Fülle der Zeiten hast du, Herr Jesus, dich mit unserem Menschsein bekleidet, du, der mit dem » Saum seines Gewandes den Tempel ausfüllte « (Jes 6,1). Nun bewegst du dich mitten unter uns, und alle, die den Saum deiner Kleider berühren, werden geheilt. Doch sogar dieses Kleides bist du beraubt worden, Herr! Wir haben dir das Hemd weggenommen, und du hast uns auch den Mantel gelassen (vgl. Mt 5,40). Du hast erlaubt, daß der Vorhang deines Fleisches zerreiße, damit wir wieder Zugang zum Vater erhielten (vgl. Hebr 10, 19-20).

Wir meinten, uns selbst verwirklichen zu können, unabhängig von dir (vgl. Gen 3, 4-7) – und fanden uns nackt. Aber in deiner unendlichen Liebe hast du uns mit der Würde der Söhne und Töchter Gottes und mit deiner heiligmachenden Gnade bekleidet.

Schenke, Herr, den Söhnen und Töchtern der Ostkirchen – „beraubt“ aufgrund mannigfacher Notlagen, manchmal sogar durch Verfolgung, und geschwächt durch Abwanderung – den Mut, in ihren Ländern auszuharren, um die Frohe Botschaft zu verkünden.

O Jesus, du Menschensohn, der du dich entblößt hast, um uns die neue, vom Tod erstandene Schöpfung zu offenbaren, zerreiße in uns den Vorhang, der uns von Gott trennt, und webe in uns deine göttliche Gegenwart.

Gib, daß wir die Angst vor den Ereignissen des Lebens, die uns berauben und entblößen, überwinden und den neuen Menschen unserer Taufe anziehen, um die Frohe Botschaft zu verkünden und zu bekennen, daß du der einzig wahre Gott bist, der die Geschichte lenkt. Amen.

Elfte Station: Jesus wird ans Kreuz genagelt

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»Da lieferte er ihnen Jesus aus, damit er gekreuzigt würde. Pilatus ließ auch ein Schild anfertigen und oben am Kreuz befestigen; die Inschrift lautete: „Jesus von Nazaret, der König der Juden“« (Joh 19, 16a. 19).

Da ist er, der ersehnte Messias, ans Holz des Kreuzes gehängt, zwischen zwei Räubern. Die beiden Hände, die die Menschheit gesegnet haben, sind durchbohrt. Die beiden Füße, die zur Verkündigung der Frohen Botschaft unseren Boden betreten haben, hängen zwischen Erde und Himmel. Die liebevollen Augen, die mit einem Blick die Kranken geheilt und unsere Sünden vergeben haben, sind nur noch auf den Himmel gerichtet.

Jesus, unser Herr, für unsere Frevel bist du gekreuzigt worden. Du betest zu Gott, dem Vater, und trittst für die Menschheit ein. Jeder Hammerschlag tönt wie ein Schlag deines geopferten Herzens.

Wie willkommen sind die Schritte des Freudenboten, der Rettung verheißt (vgl. Jes 52,7) – seine Füße haben ihn auf den Kalvarienberg getragen. Deine Liebe, Jesus, hat das All erfüllt. Deine durchbohrten Hände sind unsere Zuflucht in der Angst. Sie nehmen uns jedesmal auf, wenn der Abgrund der Sünde uns bedroht, und in deinen Wunden finden wir Heilung und Vergebung.

O Jesus, wir bitten dich für alle Jugendlichen, die von Verzweiflung niedergedrückt sind, für die Jugendlichen, die Opfer von Drogen, von Sekten und von Perversionen sind.

Befreie sie aus ihrer Versklavung. Daß sie die Augen erheben und die Liebe annehmen. Daß sie die Glückseligkeit in dir entdecken. Du, unser Heiland, rette sie! Amen.

Zwölfte Station: Jesus stirbt am Kreuz

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»Jesus rief laut: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.“ Nach diesen Worten hauchte er den Geist aus« (Lk 23, 46).

Oben vom Kreuz her ein Schrei: ein Schrei der Selbstübergabe im Moment des Todes, ein Schrei des Vertrauens im Leiden, ein Schrei der Geburt eines neuen Lebens. Da hängst du am Baum des Lebens, legst deinen Geist in die Hände des Vaters, läßt das Leben in Fülle sprudeln und formst die neue Schöpfung. Auch wir stehen heute den Herausforderungen dieser Welt gegenüber: Wir spüren, daß die Wellen der Besorgnisse uns überfluten und unser Vertrauen wanken lassen. Gib uns die Kraft, Herr, tief innerlich zu wissen, daß kein Tod uns besiegen wird, solange wir in den Händen ruhen, die uns geformt haben und uns begleiten.

Möge jeder von uns ausrufen können: »Gestern war ich gekreuzigt mit Christus, heute bin ich mit ihm verherrlicht. Gestern war ich tot mit ihm, heute lebe ich mit ihm. Gestern war ich mit ihm begraben, heute bin ich mit ihm auferstanden«  (Gregor von Nazianz)

In der Finsternis unserer Nächte betrachten wir dich. Lehre uns, uns an den Höchsten zu wenden, deinen himmlischen Vater.

Heute beten wir, daß alle, die für die Abtreibung eintreten, sich bewußt werden, daß die Liebe nur Quelle des Lebens sein kann. Wir denken auch an die Verteidiger der Euthanasie und an diejenigen, die Techniken und Verfahrensweisen vorantreiben, die das menschliche Leben in Gefahr bringen. Öffne ihre Herzen, damit sie dich in der Wahrheit erkennen, damit sie sich beim Aufbau der Kultur des Lebens und der Liebe engagieren. Amen.

Dreizehnte Station: Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt

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»Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: „Frau, siehe, dein Sohn!“ Dann sagte er zu dem Jünger: „Siehe, deine Mutter!“« (Joh 19, 26-27a).

Jesus, unser Herr, die dich lieben, bleiben bei dir und bewahren den Glauben. In der Stunde der Agonie und des Todes, wenn die Welt meint, daß das Böse triumphiert und die Stimme der Wahrheit und der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens schweigt, läßt ihr Glaube nicht nach.

O Maria, in deine Hände legen wir unsere Erde. » Wie traurig ist es, dieses gesegnete Land in seinen Kindern leiden zu sehen, die sich voller Grimm gegenseitig zerreißen und sterben! « (Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Oriente, 8). Es scheint, als könne nichts das Böse, den Terrorismus, den Mord und den Haß beseitigen. »O Jungfrau, vor dem Kreuz, an dem dein Sohn zu unserem Heil seine unbefleckten Hände ausgestreckt hat, werfen wir uns an diesem Tag nieder: Gewähre uns den Frieden!« (aus der byzantinischen Liturgie).

Beten wir für die Opfer der Kriege und der Gewalttaten, die in dieser Zeit verschiedene Länder des Nahen Ostens wie auch andere Teile der Welt verwüsten. Beten wir, daß die Evakuierten und die Heimatlosen so schnell wie möglich in ihre Häuser und ihr Land zurückkehren können. Gib, Herr, daß das Blut der unschuldigen Opfer der Same eines neuen Orients sei, in dem mehr Brüderlichkeit, mehr Friede und mehr Gerechtigkeit herrschen, und daß dieser Orient den Glanz seiner Berufung als Wiege der Kultur und der geistigen und menschlichen Werte wiedererlangt.

Du Morgenstern, sei uns ein Zeichen des Tagesanbruchs! Amen.

Vierzehnte Station: Jesus wird ins Grab gelegt

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»Es kam auch Nikodemus, der früher einmal Jesus bei Nacht aufgesucht hatte. Er brachte eine Mischung aus Myrrhe und Aloe, etwa hundert Pfund. Sie nahmen den Leichnam Jesu und umwickelten ihn mit Leinenbinden, zusammen mit den wohlriechenden Salben, wie es beim jüdischen Begräbnis Sitte ist« (Joh 19, 39-40).

Nikodemus empfängt den Leichnam Christi, er nimmt sich seiner an und legt ihn in ein Grab mitten in einem Garten, der an den Garten der Schöpfung erinnert. Jesus läßt sich begraben, wie er sich hat kreuzigen lassen, in der gleichen Selbstentäußerung, ganz übergeben« in die Hände der Menschen und » öllig eins« mit ihnen »bis in den Schlaf unter der Grabplatte« (Gregor von Narek).

Um Schwierigkeiten, schmerzliche Ereignisse und den Tod anzunehmen, bedarf es einer festen Hoffnung, eines lebendigen Glaubens.

Der Stein, der vor den Eingang des Grabes gesetzt ist, wird weggewälzt werden, und es wird ein neues Leben erstehen.

Denn »wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben« (Röm 6,4).

Wir haben die Freiheit der Kinder Gottes erhalten, um nicht in Sklaverei zurückzufallen; das Leben ist uns in Fülle geschenkt, damit wir uns nicht mehr mit einem Leben ohne Schönheit und ohne Sinn begnügen.

Jesus, unser Herr, mach uns zu Kindern des Lichtes, die die Finsternis nicht fürchten. Wir bitten dich heute für alle, die nach dem Sinn des Lebens suchen, und für diejenigen, die die Hoffnung verloren haben, daß sie an deinen Sieg über die Sünde und den Tod glauben. Amen.