Ansprache vom 15. Dezember 1989

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Ansprache

unseres Heiligen Vaters
Johannes Paul II.
an die Teilnehmer des IV. internationalen Aids - Kongresses im Vatikan
Dienst und Zeugnis helfender Liebe
15. Dezember 1989

(Quelle: Der Apostolische Stuhl 1989, S. 1172-1178)
Allgemeiner Hinweis: Was bei der Lektüre von Wortlautartikeln der Lehramtstexte zu beachten ist


Geehrte Herren!

1. Es ist mir ein besonderes Anliegen, heute unter Ihnen zu weilen anlässlich des internationalen Kongresses, den der Päpstliche Rat für die Pastoral im Krankendienst veranstaltet hat im Hinblick auf eine interdisziplinäre Vertiefung der komplexen Probleme, die mit der drohenden Weiterverbreitung von Aids verbunden sind.

Indem ich Sie begrüße, möchte ich Ihnen meine Freude darüber aussprechen, dass Sie sich verpflichtet haben, ein derart hochaktuelles Thema auf hoher fachlicher Ebene zu erörtern. Ich freue mich besonders über den erweiterten anthropologischen Rahmen, in den Sie Ihre Analysen stellen, indem Sie das ganze Problem im Licht der Grundfrage des Daseins: "Leben, warum?" besprechen.

So wünsche ich mir, dass die Endergebnisse dieses internationalen Kongresses zu weiteren Überlegungen über dieses Thema anregen und bei den zuständigen Instanzen eine entschlossene und wirksame Arbeitsprogrammierung fördern.

2. Aids hat - weit mehr als die zahlreichen Infektionskrankheiten, die die Menschheit im Lauf ihrer Geschichte durchgemacht hat - tiefgreifende Auswirkungen moralischer, sozialer, wirtschaftlicher, juridischer und organisatorischer Art nicht nur auf die einzelnen Familien und örtlichen Gruppierungen, sondern auch auf die Nationen und die gesamte Völkergemeinschaft. Heute ist, wenn auch in unterschiedlichem Maß und mit verschiedenen Kennzeichen, tatsächlich die Mehrzahl der Völker der Welt vom Virus der erworbenen Immunschwäche betroffen, und die regelmäßigen Informationen von Seiten der Gesundheitsbehörden weisen auf seine wachsende Verbreitung hin.

Es ist anzuerkennen, dass Aids von Anfang an ein ernsthaftes Bemühen von Forschungsgruppen unter Führung herausragender Wissenschaftler bewirkt hat, von denen viele hier anwesend sind. Gern spreche ich ihnen meine lebhafte Anerkennung aus.

Dank ihres Bemühens klären sich die verschiedenen Aspekte dieser komplexen und weitverbreiteten Krankheit immer mehr. In weniger als zehn Jahren wurden große Fortschritt gemacht: molekularbiologische Studien haben die Wirkweise des Virus, seine Interaktion mit der Zelle und die daraus folgenden funktionalen Veränderungen fast erkenntlich gemacht. Es wurden ferner weitere Retroviren entdeckt, und man studiert eifrig die entsprechende Rolle, die solche Agenzien bei Aids und auch bei anderen Krankheiten spielen können.

3. Keineswegs gewagt ist daher die Behauptung, dass wieder einmal durch das Studium einer furchterregenden Krankheit ein ganzer Wissensbereich vergrößert wurde mit bedeutenden therapeutischen Vorteilen auch für die Behandlung anderer Krankheiten.

Da heute auch das Bewusstsein gewachsen ist, dass biologische Ursachen, Umweltbedingungen und sozio-kulturelle Faktoren die Entwicklung und Verbreitung von Infektionskrankheiten stark beeinflussen, wurde besonders aufmerksam die Weise studiert, in der gewisse Begegnungs- und Kontaktformen zwischen Personen - innerhalb der einzelnen Bevölkerungsgruppen oder -kategorien - die Verbreitung der Infektionsgefahr mit Viren der erworbenen Immunschwäche schaffen und fördern können. Gemeint sind hier - inzwischen allen bekannt - offensichtlich die Phänomene der Drogenabhängigkeit und des Missbrauchs der Sexualität, die tendenziell eine Verbreitung der Krankheit fördern. Der positive Aspekt einer solchen besseren Kenntnis liegt darin, dass die gesamte Bevölkerung unmittelbar angespornt wird, vollbewusst ihre Verantwortung zu übernehmen.

4. Wie Statistiken beweisen, sind Jugendliche am häufigsten von Aids betroffen. Die Bedrohung, die auf den jungen Generationen lastet muss Aufmerksamkeit wecken und alle zum aktiven Einsatz aufrufen: menschlich gesprochen gründet die Zukunft der Welt nämlich auf den Jugendlichen, und die Erfahrung lehrt, dass die einzige Weise, die Zukunft vorherzusehen, darin besteht, sie vorzubereiten.

Die drohende Verbreitung von Aids stellt alle vor eine doppelte Herausforderung, die auch die Kirche in dem ihr zustehenden Bereich annehmen möchte: ich denke an die Vorbeugung der Krankheit und an die Betreuung derer, die von ihr betroffen sind. Doch kann ein wahrhaft wirksames Eingreifen auf diesen beiden Gebieten nicht zustandekommen, wenn man nicht versucht, das gemeinsame Bemühen zu unterstützen, indem man dazu eine konstruktive Sicht von der Würde der menschlichen Person und ihrer transzendenten Bestimmung beiträgt.

Die besonderen Merkmale der Entstehung und Verbreitung von Aids wie auch eine gewisse Weise der Bekämpfung dieser Krankheit offenbaren - wie aus dem Hauptthema dieses internationalen Kongresses hervorgeht - einen besorgniserregenden Wertverfall. Man ist der Wahrheit nicht fern, wenn man sagt, dass parallel zur Verbreitung von Aids sich eine Art "Immunschwäche" auf der Ebene der Werte des Lebens gezeigt hat, die durchaus als eine echte Krankheitsform des Geistes anzusehen ist.

5. An erster Stelle ist daher nachdrücklich zu betonen, dass Vorbeugung, wenn sie zugleich der menschlichen Person würdig und wahrhaft wirksam sein soll, sich zwei Ziele setzen muss: entsprechend informieren und zu verantwortlicher Reife erziehen. Notwendig ist vor allem, dass die an geeigneter Stelle gebotene Information korrekt und vollständig ist, jenseits unbegründeter Ängste und Hoffnungen. Die Würde des Menschen als Person erfordert ferner, dass ihm durch eine spezifische Erziehung geholfen werde, in seiner Liebesfähigkeit zu wachsen und zu reifen. Nur mit Hilfe einer Information und Erziehung, die klar und freudig den geistigen Wert der sich schenkenden Liebe als grundlegenden Sinn des Daseins zurückgewinnen hilft, ist es möglich, dass die Heranwachsenden und Jugendlichen die notwendige Kraft zur Überwindung gefährlicher Verhaltensweisen aufbringen. Eine erzieherische Hinführung zu gelöstem und ernsthaftem Leben mit der eigenen Sexualität und die Vorbereitung auf eine verantwortliche und treue Liebe sind wesentliche Aspekte dieses Weges zur vollen persönlichen Reife. Eine Vorbeugung hingegen, die von egoistischen Motiven und Denkweisen ausginge, die mit den vorrangigen Werten des Lebens und der Liebe unvereinbar sind, wäre nicht nur unzulässig, sondern auch widersprüchlich, weil sie das Problem nur umgeht, ohne es an der Wurzel zu fassen.

Daher liegt es der Kirche, der sicheren Auslegerin des Gesetzes Gottes und "Expertin in Menschlichkeit", am Herzen, nicht nur eine Reihe von "Nein" zu bestimmten Verhaltensweisen auszusprechen, sondern vor allem einen für die Person sinnvollen Lebensstil anzubieten. Sie empfiehlt mit Nachdruck und Freude ein positives Ideal, in dessen Perspektive die moralischen Verhaltensnormen zu verstehen und anzuwenden sind.

Als tiefe Verletzung der Würde der Person und damit als moralisch unerlaubt erweist sich im Licht eines solchen Ideals das Angebot einer Vorbeugung der Aids - Krankheit, das auf Mittel und Werkzeuge zurückgreift, die den authentischen menschlichen Sinn der Sexualität verletzen und ein Trostpflaster sind für jene inneren Schwierigkeiten, bei denen die Verantwortung der einzelnen und der Gesellschaft auf den Plan gerufen ist. Die rechte Vernunft kann nicht zulassen, dass die Schwäche der menschlichen Natur nicht Grund zu verstärkter Anstrengung, sondern Vorwand zum Nachgeben wird, das zum moralischen Niedergang führt.

6. An zweiter Stelle wird eine konstruktive Vorbeugung, die vor allem bei den jungen Generationen den vollen Sinn des Lebens und die begeisternde Anziehungskraft der hochherzigen Hingabe wieder aufzubauen sucht, gewiss auch größeren und umfassenderen Einsatz zur Hilfe für die Aids-Kranken auslösen. Sie haben, trotz der Besonderheit ihrer pathologischen Situation, wie jeder andere Kranke das Recht, von der Gemeinschaft angemessene Hilfe, achtungsvolles Verständnis und volle Solidarität zu erhalten. Die Kirche, die nach dem Beispiel ihres göttlichen Stifters und Meisters die Hilfe für die Leidenden immer als grundlegendes Element ihrer Sendung angesehen hat, fühlt sich auf diesem neuen Feld menschlichen Leidens als erste aufgerufen, weil sie sich bewusst ist, dass der Mensch "ein besonderer Weg" ihres Lehramtes und ihres Dienstes ist.

Daher haben nicht wenige Bischofskonferenzen in verschiedenen Teilen der Welt Schreiben veröffentlicht und konkrete Weisungen erlassen, um bei der Vorbeugung von Aids und der Betreuung der davon Betroffenen eine Pastoral der Hoffnung in Gang zu setzen, sie zu verbessern und zu intensivieren, zuweilen durch die Errichtung entsprechender spezialisierter Pflegezentren.

Im Geist der Gemeinschaft mit der ganzen Kirche sowie mit zuversichtlicher und intensiver Anteilnahme ergreife auch ich gern diese Gelegenheit, meine Stimme mit der der anderen Hirten zu vereinigen und jeden aufzurufen, seiner eigenen Verantwortung gerecht zu werden.

7. Ich wende mich vor allem in echter Mitsorge an die Aids-Kranken.

Brüder und Schwestern in Christus, ihr kennt die ganze Bitterkeit des Kreuzweges. Denkt nicht, ihr seid verlassen! Die Kirche ist euch als Sakrament des Heiles nahe, um euch auf eurem schweren Weg zu stützen. Sie empfangt viel von eurem Leid, wenn es im Glauben ertragen wird; sie ist euch nahe durch den Trost der tatkräftigen Solidarität ihrer Glieder, damit ihr nie die Hoffnung verliert. Vergesst nicht die Aufforderung Jesu: "Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen" (Mt 11,28).

Mit euch, meine Lieben, sind die Männer der Wissenschaft und bemühen sich unermüdlich, diese schwere Krankheit einzudämmen und zu bezwingen; mit euch sind alle, die in der Ausübung ihres Pflegeberufes oder in freier Entscheidung, getragen vom Ideal der menschlichen Solidarität, euch mit vollem Eifer und allen Mitteln helfen möchten.

Ihr könnt eurerseits der Gemeinschaft, zu der ihr gehört, etwas sehr Bedeutsames bieten. Eure Anstrengung, eurem Leiden einen Sinn zu geben, ist für alle ein kostbarer Hinweis auf die höchsten Werte des Lebens und eine vielleicht entscheidende Hilfe für alle, die der Verzweiflung nahe sind. Verschließt euch nicht, sondern sucht die Hilfe eurer Brüder anzunehmen.

Jeden Tag erhebt die Kirche ihr Gebet für euch zum Herrn, zumal für jene, die verlassen und einsam ihre Krankheit tragen müssen; sie betet für die Waisen, die Schwächsten und Ärmsten, die der Herr uns gelehrt hat, als Erste in seinem Reich zu betrachten.

8. Ich wende mich dann an die Familien. Dort ist die erste Schule des Lebens und der Formung der Kinder zu persönlicher Verantwortung unter allen Aspekten, auch dem, der mit den Problemen der Sexualität verbunden ist.

Liebe Eltern, ihr könnt die erste und wirksamste Vorbeugung leisten, wenn ihr eure Kinder richtig informiert und sie darauf vorbereitet, sich im sozialen und persönlichen Bereich verantwortlich für die richtigen Verhaltensweisen zu entscheiden.

Was die Familien betrifft, die selbst das AIDS - Drama erleben, so möchte ich, dass sie das teilnahmsvolle Verständnis des Papstes fühlen, der um die schwierige Sendung weiß, zu der sie berufen sind. Ich bitte den Herrn, er möge ihnen die notwendige Hochherzigkeit schenken, nicht eine Aufgabe abzulehnen, die sie einmal vor Gott und der Gesellschaft als unwiderruflich übernommen haben. Der Verlust der Geborgenheit in der Familie ruft den AIDS - Kranken eine Verminderung oder sogar ein Erlöschen jener psychologischen und geistigen Immunität hervor, die sich zuweilen als nicht weniger wichtig als die physische erweist, um die Widerstandsfähigkeit des Menschen zu unterstützen. Vor allem die im Zeichen des christlichen Ehebundes gegründeten Familien haben die Sendung, ein deutliches Zeugnis ihres Glaubens und ihrer Liebe zu geben und ihren Angehörigen nicht zu verlassen, sondern ihm fürsorgliche Pflege und liebevolle Anteilnahme angedeihen zu lassen.

9. Lehrer und Erzieher lade ich ein, in enger Verbindung mit den Familien eine angemessene und ernsthafte Lebensformung der Heranwachsenden und Jugendlichen zu fördern. Vor allem in den katholischen Schulen muss Sorge dafür getragen werden, dass die Gesundheitserziehung organisch geplant und in ihr harmonisch die Elemente der Vorbeugung mit den moralischen Werten verbunden werden, um die Jugendlichen auf einen korrekten Lebensstil vorzubereiten als hauptsächlichen Garanten für den Schutz der eigenen Gesundheit und der der anderen.

Als Erzieher tragt ihr die Verantwortung, die jungen Generationen zu einer authentischen Kultur der Liebe anzuleiten, indem ihr euch selbst als Führer und treues Vorbild der hohen Ideale anbietet, die dem Leben Sinn geben.

10. Zu den Jugendlichen jeder Altersstufe und Lebenslage aber sage ich: Sorgt dafür, dass euer Durst nach Leben und Liebe der Durst nach einem lebenswerten Leben und einer aufbauenden Liebe ist. Die notwendige Vorbeugung gegen die Gefahr von AIDS soll nicht aus der Furcht erwachsen, sondern eine bewusste Entscheidung für eine gesunde, freie und verantwortliche Lebensführung sein. Lehnt Verhaltensweisen ab, die von Verschwendung, Gleichgültigkeit und Egoismus geprägt sind. Seid vielmehr Vorkämpfer beim Aufbau einer gerechten Sozialordnung, auf die sich eure zukünftige Welt gründen soll.

Pflegt hochherzig und kreativ immer neue Formen der Solidarität. Lehnt jede Form der Ausgrenzung ab, und seid den Unglücklichen nahe, jenen, die leiden; pflegt die Tugenden der Freundschaft und des Verständnisses, lehnt dagegen jede Gewalt gegen euch selbst und andere ab. Eure Kraft sei die Hoffnung und euer Ideal die universale Ausbreitung der Liebe.

11. An die Regierenden und die für das öffentliche Leben Verantwortlichen richte ich den dringenden Aufruf, die neuen, durch die Verbreitung von AIDS entstandenen Probleme mit allen Kräften anzugehen. Die Dimensionen, die die Krankheit angenommen hat und wahrscheinlich noch annehmen wird, wie auch ihre enge Verbindung mit gewissen Verhaltensweisen, die sich auf die zwischenmenschlichen und sozialen Beziehungen auswirken, erfordern, dass die Staaten rechtzeitig und mutig mit klaren Vorstellungen und korrekten Initiativen ihre gesamte Verantwortung wahrnehmen. Die gesundheitlichen und sozialen Behörden haben die Aufgabe, das Gesamtprogramm der Bekämpfung von AIDS und Drogenabhängigkeit aufzustellen und durchzuführen; innerhalb dieses Programms muss jede rechte Initiative von einzelnen, Gruppen, Verbänden und sonstigen Stellen zur Vorbeugung, Heilung und Rehabilitierung anerkannt, koordiniert und unterstützt werden.

Die Bekämpfung von AIDS erfordert ebenso eine Zusammenarbeit zwischen den Völkern: und da die Frage nach Gesundheit und Leben sich allen Menschen stellt, darf keine politische oder wirtschaftliche Berechnung die Staaten bei ihrem Einsatz spalten, denn sie sind gemeinsam zu einer Antwort auf die Herausforderung durch AIDS aufgerufen.

12. Den Wissenschaftlern und Forschern gilt mein Beifall für ihre lobenswerten Anstrengungen; ich lade sie ferner ein, ihre Arbeit auszuweiten und zu koordinieren, weil sie für die AIDS - Kranken und für die ganze Menschheit eine Quelle der Hoffnung ist. Wie schon gesagt wurde, "es wäre illusorisch, die moralische Neutralität der wissenschaftlichen Forschung und ihrer Anwendungen zu fordern ... Daher erfordern Wissenschaft und Technik aus ihrer innersten Bestimmung heraus die unbedingte Achtung der grundlegenden Kriterien der Moral: Sie müssen also im Dienst der menschlichen Person stehen, ihrer unveräußerlichen Rechte sowie ihres wahren und ganzheitlichen Wohls gemäß dem Plan und dem Willen Gottes" (Instruktion Donum vitae, Nr. 2).

Heute fehlen noch sicher wirksame Impfstoffe und Medikamente gegen den AIDS-Virus; so bleibt nur zu wünschen, dass die wissenschaftliche und pharmakologische Forschung bald das ersehnte Ziel erreicht. An die Tür Ihrer Fachkenntnis und Sensibilität, verehrte Wissenschaftler und Forscher, klopft eine flehende Menschheit, die eine Antwort des Lebens vor allem von Ihrer Zusammenarbeit und Hingabe erwartet.

13. Im Warten auf die entscheidende Entwicklung lade ich die Ärzte und alle im Gesundheitswesen Tätigen, die in diesem schwierigen Berufssektor wirken, ein, ihren Dienst als Zeugnis helfender Liebe zu gestalten.

Wie ich in Phönix, USA, zu den Mitgliedern der katholischen Gesundheitsverbände gesagt habe, "seid ihr, einzeln und gemeinsam, der lebendige Ausdruck des Gleichnisses vom Barmherzigen Samariter". Daher darf eure Fürsorge keinerlei Diskriminierung kennen! Wißt, das Vertrauen, das der kranke Mitmensch in euch setzt, anzunehmen, richtig zu deuten und zu bewerten. Sucht immer durch eure Hilfe jener geheimnisvollen und doch so menschlichen psychischen und geistigen Sphäre nahezukommen, der die lebendige und heilende Kraft entspringen kann, die dem Kranken hilft, auch in seiner Situation den Sinn des Lebens und die Bedeutung seines Leidens zu erkennen.

Ihr aber, freiwillige Krankenhelfer, die ihr in immer größerer Zahl euer Fachwissen und eure Verfügbarkeit in den Dienst der AIDS-Kranken stellt oder in der vorbeugenden Erziehung tätig seid, vereint und koordiniert eure Kräfte, bildet euch weiter und fördert auch in der Öffentlichkeit die Sensibilisierung der sozialen Gemeinschaft für die Probleme, die mit der Wirklichkeit und Gefahr durch AIDS verbunden sind. Seid das Sprachrohr für die Ängste, Bedürfnisse und Erwartungen jener, die ihr betreut.

14. An die Brüder im Priesteramt, an die Ordensmänner und -frauen, an erster Stelle an jene unter ihnen, die sich der Pastoral des Krankendienstes widmen, richte ich den dringenden Appell, Boten des Evangeliums für das Leiden in der heutigen Welt zu sein. Die Geschichte der kirchlichen Pastoral im Krankendienst kennt beispielhafte Gestalten von Priestern, Ordensmännern und -frauen, die der Lehre und Wirklichkeit der Liebe durch die Betreuung der Leidenden zur Ehre gereichen.

Wenn euer Wirken, liebe Brüder und Schwestern, wirklich glaubwürdig und wirksam sein soll, muss es ständig vom Glauben getragen und vom Gebet genährt werden. Ihr habt die Nachfolge Christi zum einzigen Ideal eures Lebens gemacht; fühlt euch daher aufgerufen, Jesus, den Arzt für Leib und Seele, gegenwärtig zu machen. Mögen die von euch betreuten Kranken in euch die Nähe Jesu und die wachsame und mütterliche Anwesenheit der heiligen Jungfrau spüren.

Nehmt großmütig den Aufruf eurer Hirten an; liebt und fördert den Krankendienst ; handelt im Zeichen der Selbstverleugnung und der Liebe, damit "das Kreuz Christi nicht um seine Kraft gebracht wird" (1 Kor 1,7). Bleibt den "Letzten" und Verlassenen nahe. Übt die Gastfreundschaft, fördert und unterstützt alle Initiativen, die im Dienst an den Leidenden die Größe und Würde der menschlichen Person und ihrer ewigen Bestimmung herausstellen. Seid Zeugen der Liebe der Kirche zu den Leidenden und ihres Vorzugs für die vom Übel meistbetroffenen Menschen.

15. Endlich lade ich alle Gläubigen ein, ihr Gebet zum Herrn des Lebens zu erheben, er möge der Menschheit helfen, auch aus diesem neuen drohenden Unglück Nutzen zu ziehen. Möge Gott die Gläubigen über das wahre und letzte Warum ihrer Existenz erleuchten, damit sie immer und überall Boten der Hoffnung sind, die nie stirbt. Möge der Mensch von heute lernen, vor dem Herrn die Worte des Ijob zu wiederholen: "Ich habe erkannt, dass du alles vermagst; kein Vorhaben ist dir verwehrt" (Ijob 42,2). Wenn wir heute noch angesichts der auf uns lastenden Geißel von AIDS nach einem wirksamen Heilmittel suchen, so vertrauen wir darauf, dass mit Gottes Hilfe am Ende doch das Leben über den Tod und die Freude über das Leid siegen werden.

Mit diesem Wunsch rufe ich auf euch und alle, die ihre Kräfte in den Dienst der überaus edlen Sache stellen, für die ihr euch zu diesem Kongress versammelt habt, den Segen des allmächtigen Gottes herab.